Internationale Katzenausstellung Lausen
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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN Internationale Katzenausstellung Lausen 4. und 5. November 2017, besucht am 5. November 2017 I. Allgemeines Die internationale gerichtete Katzenausstellung in Lausen wurde vom Katzenclub beider Basel organisiert und fand in der Mehrzweckhalle Stutz statt. Gemäss Ausstellungskatalog wurden an den beiden Ausstellungstagen insgesamt 245 Katzen der Rassen Exotic Kurzhaar, Perser, Ragdoll, Heilige Birma, Maine Coon, Neva Masquerade, Norwegische, Waldkatze, Sibirer, Türkisch Angora, Bengal, Britisch Langhaar, Britisch Kurzhaar, Burma, Kartäuser, Ägyptische Mau, Abessinier, Ba- linese, Devon Rex, German Rex, Orientalisch Langhaar, Orientalisch Kurzhaar, Siam, Somali, Sphynx und Thai ausgestellt. Die Atmosphäre an der Ausstellung war ruhig und die Temperatur mit etwa 23 °C für die Katzen in einem angenehmen Bereich. Die Hygiene an der Ausstellung war sehr gut und es roch kaum nach Katzenurin. 1
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN Die Katzen hielten sich, wie für Ausstellungen üblich, in Einzelkäfigen (70 x 70 x 70 cm) oder in Doppelkäfigen (140 x 70 x 70 cm) auf. Obligatorisch mussten die Käfige über eine Unterlage sowie über Vorhänge verfügen, wobei nicht näher erläutert wurde, wie diese Vorhänge anzubringen waren. Ausserdem wurde empfohlen, den Katzen Wasser sowie eine Katzentoilette anzubieten. Es verfüg- ten dann auch sämtliche Käfige über eine Unterlage sowie Vorhänge, wobei diese leider häufig nur Dekoration waren und keinerlei Sichtschutz für die Katzen boten. Auch die empfohlene Katzento- ilette und das Wasser waren bis auf wenige Ausnahmen vorhanden. Leider verzichteten die Orga- nisatoren weiterhin darauf, von den Ausstellern zu verlangen, dass sämtliche Käfige über eine Rückzugsmöglichkeit verfügten. Das Richten der Katzen fand auf der Bühne der Mehrzweckhalle statt und war für Zuschauer nicht zugänglich. Die Katzen wurden meist von den Ausstellern zum Richten gebracht. Entweder verbrachten sie danach die Wartezeit bis zur Beurteilung auf dem Arm des Ausstellers oder sie wurden in einen der Wartekäfige neben den Richtertischen gebracht. Leider waren diese Käfige auch in Lausen ohne jegliche Einrichtung. Es gab keine Unterlagen, keinen Sichtschutz und keine Rückzugsmöglichkeiten. In diesen Wartekäfigen verbrachten die Katzen bis zu 15 min. Das Richten selbst dauerte im Schnitt etwa 5 min. Auf der Bühne der Ausstellungshalle fand das Richten der Katzen statt. Zutritt hatten hier nur Züchter und Richter. 2
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN II. Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gut gefallen hat • Umgang der Richter mit den Katzen: Sämtliche Richter zeigten am Besuchstag einen ruhigen, schonenden Umgang mit den Katzen und gingen sehr professionell vor. So gab es dann auch einige Katzen, die das Richten verhältnismässig ruhig und entspannt über sich ergehen liessen. Behutsamer und professioneller Umgang der Richterin (links im Bild) mit der Katze während des Richtens. • Umgang der Züchter mit ihren Katzen: Erfreulicherweise gab es an der Ausstellung in Lausen eini- ge Tierhalter, die mit ihren Katzen spielten oder sie streichelten und ihnen so die lange Aufent- haltszeit an der Ausstellung angenehmer und abwechslungsreicher gestalteten. • Käfige mit weicher Unterlage: Sämtliche Käfige verfügten, der Ausstellungsvorschrift entspre- chend, über eine weiche Unterlage. • Gut eingerichtete Käfige: Einige gut eingerichtete Ausstellungskäfige mit Rückzugsmöglichkeit, Katzenbett, erhöhter Liegefläche, Spielzeug, Katzentoilette sowie Futter und Wasser fielen po- sitiv auf. Bei diesen Käfigen standen erfreulicherweise nicht die Optik und der bunte Dekor im Vordergrund sondern das Wohlbefinden der Tiere. Die Tierhalter orientierten sich an den Bedürf- nissen der Katzen. 3
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN Gut eingerichteter Ausstellungskäfig mit Rückzugsmöglichkeit, Wasser, Futter, Spielzeug und einem Katzenbett. • Ruhige und entspannte Katzen: An der Katzenausstellung in Lausen schien der Grossteil der Kat- zen gut mit den Gegebenheiten zurechtzukommen. Viele Tiere zeigten sich ruhig und entspannt und an die Ausstellungssituation gewöhnt. Entspannte Katze, die lang ausgestreckt auf 4 dem Rücken liegend im Käfig ruhte.
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN III. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS besuchten Ausstellung (Oberglatt 2017) verbessert hat • Weniger beobachtete Katzen, die mit der Ausstellungssituation überfordert waren: Im Vergleich zur letzten Ausstellung schien es erfreulicherweise etwas weniger Katzen zu geben, die mit den Bedingungen vor Ort überfordert waren. Wir beurteilen es grundsätzlich positiv, wenn Züchter darauf verzichten, ängstliche und überforderte Tiere an eine Ausstellung mitzunehmen. Diese beiden Katzen schienen trotz des fehlenden Rückzugs entspannt. • Wenig übermässiges Zurechtmachen: In Lausen konnte nur selten beobachtet werden, dass Kat- zen über das Bürsten hinaus zurechtgemacht wurden. Ob dieses übermässige Zurechtmachen tatsächlich weniger verbreitet war oder einfach mehr im Verborgenen stattfand, war schwer zu beurteilen. Puder- und Spraydosen, die bei einigen Katzenhaltern herumstanden, zeigten aber, dass nicht alle Züchter von diesen Praktiken abliessen. 5
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN IV. Was sich im Vergleich zur letzten vom STS besuchten Ausstellung (Oberglatt 2017) nicht verbessert oder gar verschlechtert hat • Vertreter von Extremzuchten: Ein hoher Anteil, ca. 20 %, der Katzen an der Ausstellung gehörten Rassen an, die den Extremzuchten zugeordnet werden, wie z. B. stark brachycephale Perser und Exotic Shorthair, aber auch Devon Rex und Sphynx-Katzen. Perserkatze mit Extremzuchtmerkmalen: massiv verkürzte Nase und konkaves Gesichtsprofil. Sphynx-Katze, die neben der fehlenden Körperbehaarung auch eine übermässige 6 Faltenbildung aufwies.
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN • Fehlende Rückzugsmöglichkeiten: In etwa 50 % der Katzenhaltungen an der Ausstellung in Lausen, verfügten die Tiere über keine oder nur ungenügende Rückzugsmöglichkeiten. Rückzugsmöglichkeiten in Unterkünften und Gehegen müssen gemäss Tierschutzverordnung jedem Tier – auch an Ausstellungen – zur Verfügung gestellt werden. Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben dürfen nur nach Genehmigung durch das kantonale Veterinäramt gestattet werden. Diese beiden Katzen fühlten sich ohne Rückzug sichtlich unwohl. Sie kauerten sich in die Ecke des Käfigs. Die Katze links im Bild versuchte wenigstens hinter ihrer Käfiggenossin etwas Deckung zu finden. Diese Katze ruhte mangels Alternative in ihrer Katzentoilette. 7
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN Diese Katze duckte sich mit maximal geweiteten Pupillen ängstlich in die Ecke des Käfigs. Mit einem geeigneten Rückzug hätte man diesem Tier den Aufenthalt an der Ausstellung sicher etwas erträglicher machen können. • Kein Wasser und keine Toilette: Einige Halter boten ihren Katzen kein Wasser und keine Katzen- toilette an, obwohl dies von den Organisatoren empfohlen wurde und gemäss Tierschutzverord- nung grundsätzlich zur Verfügung stehen muss. • Mit der Ausstellungssituation überforderte Katzen: Einige Katzen waren offensichtlich mit der Ausstellungssituation überfordert. Sie reagierten auf die Belastungen z. B. mit ständigem Miauen, aufgerissenen Augen und stark geweiteten Pupillen, geduckter Körperhaltung und einer sehr hohen Atemfrequenz. So hatten dann auch mehrere Katzen einen hohen Cat Stress Score (CSS) 1 von 4 (stark gespannt). Bei mindestens 2 Tieren erreichte er mit 6 (verängstigt) gar den höchsten Stresslevel. 8 1 Kessler & Turner (1997)
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN Diese Katze war im Wohlbefinden beeinträchtigt und zeigte ihre Überforderung durch ständiges Miauen. Diese Britisch Kurzhaar zeigte während der Ausstellung Maulatmung und mit gegen 200 Atemzügen pro Minute eine sehr hohe Atemfrequenz. 9
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN Bengalkatze in ihrem Ausstellungskäfig ohne jegliche Rückzugs möglichkeiten. Dieselbe Katze, laut Ausstellungsprogramm ein etwa halbjähriges Tier, litt offensichtlich unter der Ausstellungssituation. Der auf den Untergrund gepresste Körper, die aufgerissenen Augen mit den maximal geweiteten Pupillen sowie die nach hinten gelegten Ohren sprachen eine unmissverständliche Sprache. Besonders unverständlich, dass ein solch junges, offensichtlich verängstigtes Tier ohne jede Rückzugsmöglichkeit ausharren musste. • Wartekäfige ohne Rückzug und Unterlage: Im Richterbereich mussten die Katzen auch an dieser Ausstellung bis zu 15 Minuten in einem Käfig ausharren, der über keinerlei Einrichtung verfügte – also nicht einmal über eine Unterlage oder einen Sichtschutz. Viele Katzen verhielten sich in 10 dieser Umgebung folglich unruhig und verängstigt.
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG LAUSEN V. Fazit Das Ausstellungsreglement verlangte von den Ausstellern in Lausen, wie auch an anderen Ausstel- lungen üblich, lediglich, dass die Käfige mit einer Unterlage und Vorhängen ausgestattet waren. Ausserdem empfahlen die Verantwortlichen, den Tieren Wasser und eine Katzentoilette zur Verfü- gung zu stellen. Unsere Beobachtungen zeigten aber, dass diese Vorschriften für das Tierwohl nicht ausreichend waren und zudem nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprachen. Des Weiteren wurden die Minimalanforderungen des Reglements nicht in allen Fällen eingehalten. Gerade der fehlende Rückzug in etwa der Hälfte aller Käfige stellte ein grosses Problem dar. Zwar gab es Katzen, die offenbar an die Ausstellungssituation gewohnt und charakterlich so veranlagt waren, dass sie auch ohne Rückzugsmöglichkeit auskamen. Andererseits verfügten aber praktisch alle verängstigten Katzen, die an der Ausstellung beobachtet werden konnten, über keinerlei Sicht- schutz oder Rückzugsmöglichkeiten. Aus diesem Grund fordert der Schweizer Tierschutz STS die Verantwortlichen auf, ihr Ausstellungsreglement anzupassen und den Rückzug in jedem Käfig zwingend zu verlangen. Die Änderungen der Tierschutzbestimmungen verlangen ab März 2018, dass Tiere, die mit der Ausstellungssituation überfordert sind, vom Veranstaltungsort entfernt und entsprechend gepflegt und versorgt werden müssen (Art. 103a). Zudem sind nur mehr kurzzeitige geringfügige Abweichungen von den Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung an Tieraus- stellungen erlaubt. Dem ist in den Ausstellungsreglementen Rechnung zu tragen. Selbes gilt für die Wartekäfige im Richterbereich, die zwingend mit Unterlagen und Sichtschutz bzw. Rückzugs- bereich ausgestattet werden müssten. Auch in Lausen wurden Katzen ausgestellt, die unter der Ausstellungssituation so litten, dass sie von ihren Besitzern gar nicht erst hätten ausgestellt werden sollen. In einem Fall konnte über einen längeren Zeitraum eine etwa eineinhalbjährige Britisch Kurzhaar Katze beobachtet werden (Seite 9, unten), die auf der Seite liegend eine Atemfrequenz von gegen 200 Atemzügen pro Mi- nute zeigte (bei einer ruhenden Katze liegt die Atemfrequenz etwa bei 20 – 40 Atemzügen pro Minute). Ausserdem zeigte sie Maulatmung, was bei Katzen eher selten auftritt, und wenn, dann im Zusammenhang mit einer Erkrankung, Überhitzung oder Stress steht. Auf unsere Frage hin, wieso dieses Tier so atme, gab die Besitzerin zur Antwort, dass es der Katze zu heiss sei, mit dem Tier ansonsten aber alles in Ordnung sei. Erfahrungsgemäss haben Kurzhaarkatzen bei Temperatu- ren von 23 °C kaum Probleme mit der Thermoregulation. Hier dürfte primär die stark belastende Ausstellungssituation die Ursache gewesen sein. Der STS fordert die Ausstellungsverantwortlichen und jeden einzelnen Aussteller auf, dringend dafür zu sorgen, dass sämtliche Katzen an der Aus- stellung auf Stresssymptome (erhöhte Atemfrequenz bei ruhenden Tieren, Maulatmung, nach hin- ten gelegte Ohren, auf den Boden gepresster, geduckter Körper, aufgerissene Augen mit geweiteten Pupillen, Speicheln etc.) überprüft werden. Aussteller, deren Katzen sich trotz Rückzugsmöglich- keiten nicht beruhigen, sollten in Zukunft nicht mehr ausgestellt werden dürfen bzw. müssten das Ausstellungsgelände verlassen. Leider war der Anteil an Rassevertretern mit extremen Zuchtmerkmalen (Perser und Exotisch Kurzhaar mit stark verkürzter Nase und Sphynx- sowie Rexkatzen mit verkümmerten oder fehlenden Schnurrhaaren) an dieser Ausstellung sehr hoch. Der STS fordert, auf das Präsentieren und insbe- sondere auf das Prämieren solcher belasteter Tiere zu verzichten, um der Züchtung von immer extremeren Körpermerkmalen entgegenzuwirken. Die Tatsache, dass Rassen mit Extremzuchtmerk- malen an Ausstellungen präsentiert werden, kann beim Publikum zur falschen Annahme führen, dass es sich hierbei um unproblematische, gesunde Rassen handle und die Anschaffung solcher Tiere erstrebenswert sei. sts@tierschutz.com · www.tierschutz.com 11
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