Ist-Analyse Prävalenz der Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen in NRW - Gutachten
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Ist-Analyse Prävalenz der Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen in NRW Gutachten im Auftrag der Enquete-Kommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in NRW“ erstellt von PD Dr. Ursula Härtel, MPH
2 Inhalt 0 Zusammenfassung.......................................................................................................... 3 1. Einleitung ....................................................................................................................... 6 2. Vorgehensweise ............................................................................................................. 6 3. Mortalitätsvergleiche NRW – BRD ............................................................................... 7 3.1 Ischämische Herzkrankheiten ........................................................................................ 7 3.2 Zerebrovaskuläre Mortalität ......................................................................................... 11 3.3. Letalität nach Herzinfarkt und Schlaganfall................................................................ 13 4. Morbiditätsvergleiche NRW – BRD ............................................................................ 16 4.1. Einleitung ..................................................................................................................... 16 4.2 Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen aufgrund von ischämischen Herzkrankheiten ........................................................................................................... 17 4.3 Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen aufgrund von zerebrovaskulären Erkrankungen ............................................................................................................... 21 4.4 Lebenszeit-Prävalenz Zustand nach Herzinfarkt (Ergebnisse der Bevölkerungssurveys) 24 4.4 Lebenszeit-Prävalenz: Zustand nach Schlaganfall (Ergebnisse der Bevölkerungssurveys). ................................................................................................. 25 5. Prävalenz koronarer Risikofaktoren in NRW und der BRD ........................................ 26 5.1 Diabetes........................................................................................................................ 26 5.2 Hoher Blutdruck........................................................................................................... 28 5.3 Hypercholesterinämie................................................................................................... 30 5.4 Übergewicht ................................................................................................................. 33 5.5 Zigarettenrauchen......................................................................................................... 35 5.6 Einnahme von oralen Kontrazeptiva (Antibabypille) .................................................. 37 5.8 Frauenspezifische Schutzfaktoren................................................................................ 40 6. Soziale Lage und Herz-Kreislaufrisiken ...................................................................... 42 7. Geschlechtsspezifische Aspekte der medizinischen Versorgung................................. 43 7.1 Behandlung im Akutkrankenhaus ................................................................................ 43 7.2 Geschlechtsspezifische Herzinfarkt-Symptomatik und Behandlungsbeginn............... 45 7.3 Inanspruchnahme von Reha-Maßnahmen .................................................................... 48 8. Empfehlungen im Hinblick auf die Leitfragen der Enquete-Kommission .................. 54
3 0 Zusammenfassung Hintergrund Die vorliegende Ist-Analyse zur Prävalenz von Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen in Nordrhein-Westfalen wurde im Auftrag der Enquete-Kommission „Zukunft einer frauenge- rechten Gesundheitsversorgung in NRW“ erstellt. Im Rahmen dieser Analyse sollten nach Vorgaben der Kommission eine Reihe von Fragen geklärt werden, die über die reinen Präva- lenzfeststellungen hinausgehen. Von zentralem Interesse waren insbesondere die ge- schlechtsspezifischen Unterschiede in der Morbidität und Mortalität an Herz- Kreislauferkrankungen (einschließlich Schlaganfall) und der Vergleich zwischen Nordrhein- Westfalen und der Bundesrepublik insgesamt. Verglichen werden sollten außerdem die ge- schlechtsspezifischen und regionalen Unterschiede in den klassischen physischen und ver- haltensbedingten koronaren Risikofaktoren. Spezielle Fragen bezogen sich auf frauenspezi- fische Risiken wie die Einnahme von oralen Kontrazeptiva und die unterschiedlichen Sym- ptomwahrnehmungen bei akuten koronaren und zerbrovaskulären Ereignissen. Zusätzlich sollten die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Art und Umfang der angewandten dia- gnostischen und therapeutischen Fragen im Krankheitsfall geklärt werden und etwaige Diffe- renzen in der Inanspruchnahme von Rehabilitationsmaßnahmen. Vorgehensweise Zur Klärung der Prävalenzunterschiede in der Mortalität und Morbidität wurden zunächst die Routinestatistiken des Statistischen Bundesamts und der Landesämter (LÖGD) analysiert und - wo es nötig war - zusätzliche Auswertungen durchgeführt. Anschließend wurden die methodisch vergleichbaren Ergebnisse des Bundesgesundheitssurveys und des nordrhein- westfälischen Zusatzsurveys im Hinblick auf „Lebenszeitprävalenzen“ und die klassischen koronaren Risikofaktoren analysiert. Außerdem wurden auf der Basis des Public Use files noch einige zusätzliche Auswertungen durchgeführt und bei Fragen, die sich nicht auf der Basis der Routinestatistiken und Survey-Ergebnisse klären ließen, weitere wissenschaftliche Literaturrecherchen gemacht. Zentrale Ergebnisse Grundsätzlich war schon bei der Analyse der Routinestatistiken festzustellen, daß ge- schlechtsspezifische Vergleiche mit Daten, die nicht im Hinblick auf geschlechtsspezifische Fragestellungen aufbereitet wurden, selbst bei gleicher Erhebungsmethodik außerordentlich schwierig zu sind. Diese Schwierigkeiten betreffen unterschiedliche Altersgruppeneinteilun- gen, unterschiedliche ICD-Kodierungen (ICD10 oder ICD9) und unterschiedliche Krankheits- gruppen-Einteilungen. Noch komplexer werden die Probleme, wenn verschiedene Survey- Ergebnisse oder weitere Studien einbezogen werden.
4 Mit diesen Voraussetzungen „im Hinterkopf“ kann vorläufig folgendes festgestellt werden: Morbidität und Mortalität Während sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Morbidität und Mortalität in der BRD und in Nordrhein-Westfalen ähnelten, fiel für Männer und Frauen in NRW auf, daß bei den ischämischen Herzkrankheiten sowohl die Sterberaten als auch die Erkrankungsra- ten bei den über 55jährigen tendenziell höher lagen als in Deutschland insgesamt. Innerhalb der Frauen waren ebenfalls die Unterschiede in den höheren Altersgruppen größer als in den niedrigeren. Im Kontrast dazu zeigte sich bei den zerebrovaskulären Erkrankungen eine um- gekehrte Tendenz, obwohl diese nicht so ausgeprägt war wie bei den ischämischen Herzer- krankungen. Hier lagen die Prävalenzen in der BRD in den höheren Altersgruppen tenden- ziell höher als bei den vergleichbaren Altersgruppen in Nordrhein-Westfalen. Beim speziellen Vergleich der Morbiditäts- und Mortalitätsrisiken von Männern und Frauen war festzustellen, daß sich zwar die bekannten höheren relativen Risiken der Männer in allen Altersgruppen zeigten, daß aber in den hohen Altersgruppen (über 75) die absolute Anzahl der Erkrankungsfälle bei Frauen dramatisch hoch war – und zwar bei den koronaren Herzer- krankungen ebenso wie bei den zerebrovaskulären Erkrankungen. So betrug beispielsweise 1999 die absolute Anzahl Krankenhausfälle infolge von zerebrovaskulären Erkrankungen bei den über 75jährigen Frauen in NRW 30.433, bei den über 75jährigen Männern 14.350. Da es in Nordrhein-Westfalen kein bevölkerungsbezogenes Herzinfarktregister gibt, lagen zur frühen Letalität nach Herzinfarkt keine Angaben vor. Ob die Ergebnisse des Augsburger Herzinfarktregisters, in dem Frauen in jedem Stadium des akuten Herzinfarktes eine höhere Letalität aufwiesen als Männer bleibt offen. Zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Entstehung und Verlauf von zerebrovaskulären Erkrankungen gibt es in Deutschland zur Zeit noch weniger Informationen. Klassische Risikofaktoren Wie schon angemerkt, war der Vergleich der Prävalenz der klassischen Risikofaktoren zwi- schen Nordrhein-Westfalen und der BRD aus methodischen Gründen schwieriger als die Morbiditäts- und Mortalitätsanalysen. Unabhängig von den regionalen und geschlechtsspezi- fischen Unterschieden fiel in Nordrhein-Westfalen der hohe Anteil an regelmäßigen Zigaret- tenraucherinnen in den jüngeren Jahren auf, der bis zum Alter von 50 Jahren kaum abnimmt. Da gerade in diesen Jahrgängen Frauen auch häufig orale Kontrazeptiva einnehmen (Anti- baby-Pille) kann hier von einer besonderen Risikogruppe in Bezug auf ein erhöhtes Throm- bose- und eventuell auch Herzinfarktrisiko (je nach Alter der Frauen) gesprochen werden. Nach den Ergebnissen des Bundesgesundheitssurveys (eigene Zusatzauswertungen) sind
5 30 bis 40% derjenigen Frauen, die regelmäßig die „Pille“ einnehmen auch regelmäßige („täg- liche„) Zigarettenraucherinnen. Hinsichtlich der physischen Risikofaktoren Diabetes mellitus und Hypertonie waren Männer in der BRD und in NRW bis zum Alter von etwa 60 Jahren und bei der Hypercholesterinämie bis zum Alter von 50 Jahren häufiger betroffen als Frauen, während diese Unterschiede in den höheren Jahrgängen nicht mehr vorhanden waren bzw. Frauen deutlich häufiger betrof- fen waren (insbesondere bei der Hypercholesterinämie, beim Diabetes und beim starken Übergewicht Zusammenhang umkehrte. Bei Frauen in der BRD fiel der hohe Anteil stark übergewichtiger (BMI über 30kg/m2) in den Altersgruppen über 60 Jahren auf, der sich aller- dings in Nordrhein-Westfalen so nicht abbildete (möglicherweise, weil hier das Körperge- wicht nicht gemessen, sondern erfragt wurde). Bei der Einschätzung der Prävalenz der Hy- percholesterinämie zeigte sich, daß mit den Selbstangaben zur „Lebenszeitprävalenz“ die tatsächliche Prävalenz auf der Basis der gemessenen Werte insbesondere von älteren Frau- en (über 60) erheblich unterschätzt wird. Medizinische Versorgung und Rehabilitation Noch nicht komplett Schlussfolgerungen und konkrete Empfehlungen Muß noch überarbeitet werden. Kommt morgen
6 1. Einleitung 2. Vorgehensweise Zunächst wurden auf der Basis von Routinestatistiken des Statistischen Bundesamtes und des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung (veröffentlicht durch das LÖGD) die Mortalitäts- und Morbiditätsvergleiche zwischen der BRD insgesamt und Nordrhein- Westfalen, differenziert nach Geschlecht und Altersgruppen durchzuführen. Im Gegensatz zu anderen Datenquellen haben diese Statistiken den Vorteil, dass sie in der Regel ein metho- disch einheitliches Vorgehen haben, so dass verschiedene Regionen, Alters- und Ge- schlechtsgruppen und Zeitpunkte der Erfassung relativ gut miteinander vergleichbar sind. Da diese Routinestatistiken in bezug auf die Morbidität nur eingeschränkt vorliegen, wurde zur Analyse der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Morbidität an Herz- Kreislauferkrankungen und der Prävalenz der klassischen koronaren Risikofaktoren zusätz- lich auf Ergebnisse des Bundesgesundheitssurvey und des entsprechenden NRW- Zusatzsurveys zurückgegriffen. Diese beiden Surveys gingen nach ähnlichen Methoden vor, wurden im etwa gleichen Zeitraum durchgeführt und schließen die gleichen Altersgruppen (Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren) ein. Leider lagen für die hier inte- ressierenden Vergleiche noch nicht alle Ergebnisse vor bzw. waren nur eingeschränkt zu nutzen, da die bisherigen Veröffentlichungen von Bund und Land in ihrer Darstellung variie- ren und einige Zusatzauswertungen nötig machten. Trotz dieser Schwierigkeiten wurde den Bundesgesundheitssurvey-Ergebnissen beim Vergleich von Prävalenzen der Vorrang einge- räumt, da andere regionale Bevölkerungsstudien (wie etwa die Augsburger Kora-Studie) schon wesentlich länger zurückliegen und mit anderen Erhebungsmethoden und Altersgrup- pen gearbeitet haben. Dennoch gestaltete sich auch bei den methodisch einheitlich durchgeführten Ge- sundheitssurveys die Analyse der geschlechtsspezifischen Unterschiede als unerwartet schwierig, da die veröffentlichten Ergebnisse zwar nach Geschlecht und Alter unterschieden, aber bei den altersspezifischen Prävalenzen Männer und Frauen in der Regel wieder zu- sammengefasst wurden, so daß geschlechtsspezifische Alterseffekte nicht beurteilt werden konnten. In diesen Fällen wurde von der Gutachterin versucht, die fehlenden Informationen direkt bei den Autoren der Publikationen einzuholen. Bei allen Fragestellungen, für die keine Informationen aus den statistischen Bundes- und Landesämtern und den genannten Gesundheitssurveys zu verwenden waren, wurden die Ergebnisse einschlägiger deutscher und internationaler Studien recherchiert. Dies betraf insbesondere die Fragen nach der Wirkung spezifischer Risiko- und Schutzfaktoren auf das Koronar- Erkrankungsrisiko von Frauen und die Fragen nach den geschlechtsspezifischen Unterschieden in Diagnose, Therapie und Rehabilitation bei Herz-Kreislauferkrankungen.
7 3. Mortalitätsvergleiche NRW – BRD 3.1 Ischämische Herzkrankheiten Zu den ischämischen Herzkrankheiten zählen der Herzinfarkt (ICD9: 410) und sonstige ischämische Herzkrankheiten (ICD9: 411-414), die durch Einengung oder Verschluss von Herzkranzgefäßen verursacht werden. Aufgrund der neuen Einteilung nach ICD10 wird der akute Herzinfarkt mit I21 kodiert und die ischämischen Herzkrankheiten insgesamt mit I20- I25. Da die Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes seit 1999 die ICD10 ver- wendet, beruhen die folgenden Mortalitätsvergleiche auf dieser Kodierung, die Vergleiche der Krankheitsraten (Morbiditätsraten) allerdings nach wie vor auf der ICD9. In Abb. 1 bis 4 werden zunächst die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Mortalität an akutem Herzinfarkt und ischämischen Herzkrankheiten für die BRD insgesamt und für NRW dargestellt, in den Abbildungen 5 bis 6 noch einmal gesondert die Vergleiche von Frauen in der BRD und Frauen in NRW. Beim Vergleich von Abb. 1 und 2 (BRD und NRW) fällt auf, daß sowohl die Männer als auch die Frauen in Nordrhein-Westfalen ab einem Alter von etwa 55 Jahren höhere Sterberaten an akutem Herzinfarkt aufweisen als in der BRD insgesamt. So versterben beispielsweise in der BRD in der Altersgruppe 70 bis 74 Jah- re 452 Männer und 186 Frauen pro 100.000 Einwohner an einem akuten Herzinfarkt und in NRW 517 Männer und 202 Frauen pro 100.000 in der gleichen Altersgruppe. Diese Tendenz bleibt auch in den höheren Altersgruppen erhalten, während die geschlechtspezifischen Un- terschiede in der BRD und in NRW in etwa gleich sind. So beträgt das Verhältnis der Sterbe- raten von Männern zu Frauen bei den 65-69jährigen etwa 3 zu 1, bei den 75-79jährigen etwa 2 zu 1 und verringert sich in den höheren Altersklassen noch stärker. Dies gilt sowohl für die BRD als auch für NRW. Bei den ischämischen Herzkrankheiten insgesamt erscheinen die Unterschiede zwi- schen der BRD und NRW etwas geringer, bleiben aber der Tendenz nach erhalten (Abb. 3 und 4). In Abb. 5 und 6 wird der Vergleich zwischen den Frauen noch einmal gesondert dar- gestellt. Hier wird deutlich, daß die Unterschiede zwischen Frauen in der BRD und Frauen in Nordrhein-Westfalen bei den Herzinfarkten stärker ausgeprägt sind als bei den ischämischen Herzkrankheiten insgesamt und daß die Unterschiede in den höheren Altersgruppen größer sind als in den niedrigeren Altersgruppen. So versterben in der Altersgruppe 75 bis 79 Jahre in Nordrhein-Westfalen 382 Frauen und in der BRD 343 Frauen (jeweils pro 100.000 Ein- wohner) an einem akuten Herzinfarkt, was relativ gesehen eine etwa 10% höhere Sterblich- keit der Frauen in NRW bedeutet, während die altersspezifischen Mortalitätsraten bei den über 80jährigen Frauen in NRW um etwa 20% höher liegen als in der BRD insgesamt.
8 Abb. 1: Mortalität an akutem Herzinfarkt (ICD10:I21) pro 100.000 Einwohner in der BRD 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 2000 1800 1600 Männer BRD Frauen 1405 1400 1278 1200 1144 pro 100.000 977 1000 862 800 686 573 600 452 400 301 343 175 186 200 62 101 102 2 1 6 2 20 5 38 7 13 23 45 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002, Sonderauswertung Abb. 2: Mortalität an akutem Herzinfarkt (ICD10: I21) pro 100.000 Einwohner in NRW 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 2000 1800 1748 1600 1528 1491 1400 1181 1200 Männer Frauen 1025 1000 763 800 675 600 517 382 400 335 185 202 200 105 110 34 7 67 51 2 1 6 3 17 5 15 24 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002, Sonderauswertung
9 Abb. 3: Mortalität an ischämischen Herzkrankheiten insgesamt: ICD10:I20-I25)) pro 100.000 Einwohner in der BRD 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 6500 6000 5704 5357 5500 5000 4500 4012 4000 pro 100.000 3500 Männer Frauen 3001 3000 2539 2500 2000 1630 1561 1500 920 828 1000 554 300 392 500 159 191 3 1 9 3 26 6 53 11 96 20 36 82 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002, Sonderauswertung Abb. 4: Mortalität an ischämischen Herzkrankheiten insgesamt: ICD10:I20-I25)) pro 100.000 Einwohner in NRW 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 6500 6000 5694 5684 5500 5000 4500 4105 4000 pro 100.000 Männer Frauen 3500 3049 3000 2689 2500 2000 1714 1580 1500 975 1000 844 572 303 408 500 152 39 194 3 1 9 3 21 6 47 10 95 22 84 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002, Sonderauswertung
10 Abb. 5: Mortalität an akutem Herzinfarkt (ICD10:I21) pro 100.000 Einwohner: Vergleich Frauen in der BRD mit Frauen in NRW 1999 nach Altersgruppen. 1600 1491 1400 1200 1144 1025 1000 pro 100.000 862 Frauen BRD Frauen NRW 800 675 573 600 382 400 343 186202 200 102110 23 24 45 51 1 1 2 3 5 5 7 7 13 15 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002 Abb. 6: Mortalität an ischämischen Herzkrankheiten insgesamt: ICD10:I20-I25))) pro 100.000 Einwohner: Vergleich Frauen in der BRD mit Frauen in NRW 1999 nach Altersgruppen. 6500 6000 5694 5357 5500 5000 4500 4000 pro 100.000 3500 Frauen BRD Frauen NRW 3049 3001 3000 2500 2000 1714 1630 1500 1000 828844 392408 500 82 84 191194 1 1 3 3 6 6 11 10 20 22 36 39 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002
11 3.2 Zerebrovaskuläre Mortalität Die bedeutendste klinische Manifestation zerebrovaskulärer Erkrankungen ist der Schlagan- fall. Jährlich erleiden ihn in der Bundesrepublik fast 500.000 Menschen und etwa 100.000 versterben daran (Gesundheitsbericht für Deutschland 1998, S. 165). Bluthochdruck, Rau- chen, Diabetes, Übergewicht und physische Inaktivität gelten als die wichtigsten Risikofakto- ren für Männer und Frauen. Allerdings scheint das Rauchen für Frauen mit einem signifikant höheren Schlaganfallrisiko verbunden zu sein als für Männer, und auch der Effekt des Diabe- tes ist – ähnlich wie im Falle der koronaren Herzkrankheit - bei Frauen stärker (Bronner et al. 1995, Wyller 1999). Der Vergleich der alters- und geschlechtsspezifischen Sterblichkeit an einer zerebrovaskulä- ren Erkrankung (ICD10: I60-I69) in Deutschland und Nordrhein-Westfalen wurde wiederum auf der Basis von Informationen des Statistischen Bundesamtes von Oktober 2002 vorge- nommen. Abb. 7 stellt die Schlaganfall-Mortalität, differenziert nach Geschlecht und Alters- gruppen für die BRD insgesamt dar, Abb. 8 für Nordrhein-Westfalen und Abb. 9 vergleicht noch einmal die Frauen in der BRD mit den Frauen in NRW. Während bis zum Alter von 65 Jahren für Männer und Frauen die Schlaganfallmortali- tät in der BRD und in NRW sehr ähnlich ist, liegen die Mortalitätsraten in den höheren Al- tersgruppen in Nordrhein-Westfalen tendenziell niedriger als in der BRD gesamt (Abb. 7 und 8). In der Altersgruppe 85-89 verstarben im Jahre 1999 in der BRD 2113 Männer und 1900 Frauen (jeweils pro 100.000 Einwohner in dieser Altersgruppe) an einer zerebrovaskulären Erkrankung gegenüber 1884 Männern und 1687 Frauen in Nordrhein-Westfalen. Beim Vergleich der Frauen (Abb. 9) fällt auf, daß im Gegensatz zu den koronaren Herzkrankheiten der Tendenz nach die Schlaganfall-Mortalität der Frauen in Nordrhein- Westfalen ab dem 70. Lebensjahr niedriger liegt als die Schlaganfall-Mortalität der Frauen in der BRD, wobei die relativen Unterschiede in der Altersgruppe 75 bis 79 am größten sind. In dieser Altersgruppe haben Frauen in der BRD ein um etwa 17% höheres Schlaganfallmorta- litätsrisiko als Frauen in Nordrhein-Westfalen (Ratio: 1,17), während in den übrigen Alters- gruppen die Unterschiede geringer sind. Es ist anzunehmen, daß wir es bei der Schlaganfall- Mortalität mit so genannten konkurrierenden Risiken zu tun haben, d. h. Frauen in NRW ver- sterben möglicherweise seltener an Schlaganfall, weil in ihrer Population die koronaren Herzkrankheiten von größerer Bedeutung für die Sterblichkeit sind. Warum das so ist, müss- te genauer untersucht werden.
12 Abb. 7: Mortalität infolge zerebrovaskulärer Erkrankungen (ICD910:I60-I69) pro 100.000 Ein- wohner in der BRD 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 3600 3279 3200 2966 2800 2400 2113 pro 100.000 2000 Männer Frauen 1900 1600 1210 1200 999 800 646 462 306 400 15885 190 2 2 3 3 7 6 12 9 19 14 35 19 73 35 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002 Abb. 8: Mortalität infolge zerebrovaskulärer Erkrankungen (ICD910:I60-I69) pro 100.000 Ein- wohner in NRW 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 3600 3200 3078 2800 2378 2400 pro 100.000 2000 Männer Frauen 1884 1687 1600 1200 1110 888 800 572 396 400 282 168 3 2 3 2 6 7 10 11 18 14 34 19 73 34 14480 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002
13 Abb. 9: Mortalität infolge zerebrovaskulärer Erkrankungen (ICD910:I60-I69) pro 100.000 Ein- wohner: Vergleich Frauen in der BRD mit Frauen in NRW 1999 nach Altersgruppen. 3600 3279 3200 3078 2800 Frauen BRD Frauen NRW 2400 pro 100.000 2000 1900 1687 1600 1200 999 888 800 462396 400 190168 35 34 85 80 2 2 3 2 6 7 9 11 14 14 19 19 0 r 34 39 44 49 54 59 64 69 74 79 84 89 te äl s s s s s s s s s s s s bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi d un 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002, Sonderauswertung 3.3. Letalität nach Herzinfarkt und Schlaganfall Letalität nach Herzinfarkt Seit Beginn der 90er Jahren haben sich zahlreiche epidemiologische und klinische Studien mit der Frage befasst, ob Frauen nach einem Herzinfarkt oder einem akuten koronaren Er- eignis eher versterben bzw. ein höheres Letalitätsrisiko aufweisen als Männer. Die Ergebnis- se differieren je nach Region, Studiendesign, Altersgruppen, Diagnosekriterien und dem Be- obachtungszeitraum bzw. ob kurzfristige oder langfristige Überlebensraten untersucht wur- den. In der Mehrheit der epidemiologischen Studien wurde bisher das kurzfristige Überle- ben nach Herzinfarkt untersucht (z.B. die 24-Stunden- und 28-Tage-Sterblichkeit). Während bevölkerungsbasierte Studien normalerweise in ihre Sterblichkeitsberechnungen auch dieje- nigen Personen einbeziehen, die nach dem Auftreten von Herzinfarktsymptomen kein Kran- kenhaus erreicht haben, also bereits vor der Einweisung in ein Krankenhaus verstorben sind, befassen sich klinisch-epidemiologische Studien vorwiegend mit Patienten, die ein Kranken- haus eingeliefert werden konnten. Sie lassen also die vorher verstorbenen Personen außer acht.
14 Aus dem internationalen WHO-MONICA-Projekt (MONICA = Monitoring of trends and deter- minants in Cardiovascular Diseases), an dem von 1985 bis 1995 21 Länder mit über 30 Po- pulationen beteiligt waren, wissen wir, daß in der Mehrzahl der untersuchten Regionen die kurzfristige Sterblichkeit (28-Tage-Letalität) der Frauen nach erlittenem Herzinfarkt höher war als diejenige der Männer. Allerdings gab es erhebliche regionale Unterschiede und sogar einige Regionen, in denen die 28-Tage-Letalität der Frauen niedriger lag als diejenige der Männer, beispielsweise in Nordkarelien (Finnland) und in Halifax (Kanada), (vgl. Tunstall- Pedoe et al. 1999). Da zur Zeit in Nordrhein-Westfalen kein bevölkerungsbezogenes Herzinfarktregister e- xistiert und auch kein vollständiges Krankenhausregister, auf dessen Basis systematische Untersuchungen zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Krankenhausletalität durchgeführt wurden, muß zur Beantwortung dieser Fragestellung auf Daten aus dem MO- NICA-Herzinfarktregister der Region Augsburg zurückgegriffen werden. Die Region Augs- burg wurde von der Gesundheitsberichterstattung des Bundes als Modellregion für die BRD ausgewählt, da es hierzulande derzeit das einzige bevölkerungsbasierte Herzinfarkt-Register ist. Obwohl auch die regionalen Augsburger Ergebnisse nur mit Vorbehalt auf die BRD oder Nordrhein-Westfalen zu übertragen sind, geben sie doch einige wichtige Aufschlüsse im Hinblick auf die Unterschiede in der Letalität nach Herzinfarkt bei Männern und Frauen, die auch für NRW genauer untersucht werden müssten. Tab. 1: Anzahl an Herzinfarkt Erkrankte und Letalität (Anteil der Verstorbenen in %) je nach Stadium des Herzinfarktes in den Jahren 1985/88 und 1995/97 (Männer und Frauen, Alter 24 bis 74 Jahre). Ergebnisse des Augsburger Herzinfarktregisters. Erkrankte und Verstorbene (nach Männer Frauen Stadium) 1985/88 1995/97 1985/88 1995/97 Anzahl Erkrankte N = 2.773 N = 1.760 1.107 779 Davon Verstorbene in % % % % % Prähospitalstadium 31,3 35,1 37,8 40,1 Frühes Hospitalstadium (1.Tag) 24,6 28,1 33,4 39,2 Spätes Hospitalstadium 10,2 7,6 * 13,7 12,0 * (2.-28.Tag) Gesamt 28-Tage Überlebende 46,5 43,1 35,8 32,1 28-Tage Verstorbene 53,5 56,9 64,2 67,9 Quelle: Statistisches Bundesamt, www.gbe-bund.de, 30.9.2002 * Signifik. Abnahme der Letalität nur im späten Hospitalstadium Aus Tab. 1 ist ersichtlich, daß im Jahre 1995/97 35,1% der Männer und 40,1% der Frauen mit akutem Herzinfarkt bereits vor der Einweisung in ein Krankenhaus verstorben sind. Von
15 denjenigen, die den ersten Tag im Krankenhaus überlebt haben, versterben innerhalb von 28 Tagen „nur noch“ 7,6 % der Männer und 12,0 % der Frauen. Von allen Erkrankten, ein- schließlich derjenigen, die kein Krankenhaus erreicht haben, versterben 67,9% der Frauen und 56,9% der Männer innerhalb von 28 Tagen nach Infarkt. Die Sterblichkeit der Frauen liegt in jedem Stadium höher als die Letalität der Männer; ob dieser Unterschied im Jahre 1997-97 statistisch signifikant ist, war auf der Basis der Tabelle des Statistischen Bundes- amts nicht festzustellen. Für Frauen und Männer ist auffallend, daß sich die Letalität im frühem Stadium des Herz- infarktes von 1985/87 bis 1995/97 kaum verändert hat. Im Prähospitalstadium und innerhalb des ersten Tages im Krankenhaus ist sie sogar angestiegen (obwohl nicht statistisch signifi- kant). Erst im späten Hospitalstadium (2.-28.Tag) zeigt sich von 1985/87 bis 1995/97 eine Abnahme der Letalität, die statistisch signifikant ist. Abgesehen von dieser Letalitätsabnah- me im späten Krankenhausstadium, ist es erstaunlich, daß die Letalitätsraten der Frauen immer noch sehr viel höher liegen als die Sterblichkeit der Männer nach Infarkt, obwohl von Seiten des Herzinfarktregisters Augsburg immer wieder hervorgehoben wird, daß sich die Akutbehandlung von Männern und Frauen im Gegensatz zu früher nicht mehr unterscheidet (Löwel et al. ). Zur Akutbehandlung und Symptomwahrnehmung siehe Kapitel 7.2. Letalität nach Schlaganfall Im Unterschied zum Herzinfarkt scheint die kurzfristige Letalität nach Schlaganfall (innerhalb des ersten Tages) gering zu sein, allerdings versterben je nach Alter und Schwere des Schlaganfalls auch hier zwischen 5 und 25% der Patienten innerhalb des ersten Monats (Gesundheitsbericht für Deutschland 1998, S. 167). Im Gegensatz zu der mittlerweile großen Zahl an Studien (zumindest international), die sich mit geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der koronaren Herzkrankheit befas- sen, steht die Forschung im Hinblick auf zerebrovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Schlaganfall, noch am Anfang. Hier scheint in der Medizin die Auffassung zu überwiegen, daß es keine bedeutenden geschlechtsspezifischen Unterschiede in Entstehung und Verlauf des Schlaganfalls gibt, abgesehen vom durchschnittlich höheren Erkrankungs- und Sterbeal- ter der Frauen. Publikationen zu geschlechtsspezifischen Untersuchungen im Hinblick auf die Letali- tät und langfristigen Prognosen nach Schlaganfall gibt es nach meiner Kenntnis auf deut- scher Ebene zur Zeit noch nicht. Allerdings sind laut mündlicher Auskunft des Krankenhaus- Schlaganfall-Registers Westfalen-Lippe (Koordinator K. Berger, Universität Münster) einige Veröffentlichungen zu diesem Thema in Vorbereitung. Gut geeignet für geschlechtsspezifi- sche Fragestellungen wäre auch das Schlaganfallregister Erlangen, das nicht nur Kranken- hausfälle, sondern auch ambulant versorgte Patienten einschließt. Hier gibt es zwar schon Publikationen über Inzidenz und Langzeitprognosen bei verschiedenen Subtypen des i-
16 schämischen Schlaganfalls, aber in den Analysen wurde bisher nur nach Geschlecht adjus- tiert, aber mögliche geschlechtsspezifische Unterschiede nicht gezielt untersucht (Kolo- minsky-Rabas et al. 2001). Aus internationalen Studien gibt es in der Zwischenzeit vermehrt Hinweise auf ge- schlechtsspezifische Unterschiede bei der Schlaganfall-Morbidität und der Versorgung. So scheinen ähnlich wie beim Herzinfarkt auch die Schlaganfallsymptome bei Frauen nicht so typisch verlaufen wie bei Männern, wodurch wahrscheinlich der Schlaganfall bei Frauen leichter fehldiagnostiziert wird, was wiederum verbunden ist mit verspäteter oder gar keiner Behandlung gegen Schlaganfall (Labiche et al. 2002). In weiteren Studien wurde gezeigt, daß ältere Patienten seltener wegen eines Schlaganfalls hospitalisiert werden und manche „stroke units“ Patienten über 70 sogar aus- schließen. Da Frauen auch beim Schlaganfall ein höheres Erkrankungsalter haben, bedeutet dies, daß wesentlich mehr Frauen als Männer von der Krankenhausbehandlung ausge- schlossen werden (Wyller TB 1999). Ob dies für Deutschland auch so gilt, kann derzeit nicht gesagt werden. 4. Morbiditätsvergleiche NRW – BRD 4.1. Einleitung Im Gegensatz zum Vergleich von Todesursachen und Sterberaten, für die in der Regel rela- tiv gut validierte Daten aus der Routinestatistik vorliegen, gestaltete sich der Vergleich von Morbiditätsunterschieden bzw. Erkrankungsraten erheblich schwieriger. In der Regel werden die bundesweiten Erkrankungsraten geschätzt auf der Basis von regionalen Krankheitsregis- tern, die zum Teil unvollständig sind oder auf der Basis von Krankenhausregistern und Kran- kenkassendaten. Letztere geben zwar wertvolle Hinweise auf die häufigsten Krankheitsdiag- nosen von Patienten, die in ärztlicher Behandlung sind, liefern jedoch nur unzureichende Informationen über die tatsächlichen Krankheitsraten in der Bevölkerung, da nicht behandel- te oder unentdeckte Krankheiten auf diese Art nicht erfasst werden, ganz zu schweigen von der subjektiven gesundheitlichen Lebensqualität. Eine wichtige neue Datenbasis bildet der Bundesgesundheitssurvey von 1998, in dessen Rahmen mit Hilfe von Fragebogen zum Selbstausfüllen und ärztlichen Interviews eine Stichprobe von etwa 7000 Personen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes befragt und auch verschiedene physische Messungen durchge- führt wurden (z.B. Blutdruck, Körpergröße und Gewicht und Laborwerte). Angelehnt an den Bundesgesundheitssurvey wurde in Nordrhein-Westfalen ein Zusatzsurvey (mit zusätzlich 749 Probanden) durchgeführt, damit auch für NRW repräsentative Aussagen über die Häu-
17 figkeit von Krankheiten und den Gesundheitszustand der Bevölkerung gemacht werden kön- nen. Da der NRW-Survey allerdings nur auf Befragungen, nicht auf zusätzlichen physi- schen Messungen und Laborwerten beruht, sind die Prävalenzen der klassischen physi- schen Risikofaktoren zum Teil nur schwer zu vergleichen, zumal die veröffentlichten Präva- lenzen aus dem Bundesgesundheitssurvey in der Regel auf den gemessenen Werten basie- ren (z.B. den gemessenen Blutdruckwerten und den gemessenen Cholesterinwerten). Im Zusammenhang mit der Herzinfarkt- und Schlaganfallmorbidität bei Frauen ergab sich zudem das Problem, daß die Bevölkerungssurveys diejenigen Altersgruppen, in denen bei Frauen die höchsten Erkrankungsraten liegen, nicht zureichend erfassen. Hinzu kommt die Tatsache, daß die Teilnahmeraten der Frauen in höheren Altersgruppen in der Regel sehr niedrig sind. So betrug im Bundesgesundheitssurvey die Teilnahmerate der 70-bis 79jährigen Frauen nur 50%, was wahrscheinlich zu einer Unterschätzung der Krankheitsprä- valenzen führt, da die Teilnehmer an Gesundheitssurveys eher gesünder sind als die Nicht- teilnehmer. Für den hier gewünschten NRW-BRD-Vergleich erschien es am sinnvollsten, die ge- schlechtsspezifischen Unterschiede bei der Herzinfarkt- und Schlaganfallmorbidität zunächst mit Hilfe der Krankenhausdiagnosestatistik durchzuführen, da diese sehr gut vergleichbar ist und auch die höchsten Altersgruppen einbezieht. Außerdem gibt die Statistik der diagnose- bezogenen Krankenhauseinweisungen wertvolle Einsicht in den aktuellen und etwaigen zu- künftigen Versorgungsbedarf nach Geschlecht und Alter. Im vorliegenden Fall mussten allerdings wieder eigene Altersgruppenberechnungen vorgenommen werden, da die BRD-Raten nur in 10-Jahres-Altersgruppen vorlagen und die NRW-Raten in 5-Jahres-Altersgruppen. 4.2 Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen aufgrund von ischämischen Herzkrankheiten Die folgenden Darstellungen beruhen für die BRD auf Daten des Statistischen Bundesamtes (Zweigstelle Bonn) und für Nordrhein-Westfalen auf der Krankenhausdiagnosestatistik des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik (veröffentlicht vom LÖGD). Eigene Be- rechnungen (Zusammenfassen von Altersgruppen für NRW) wurden mit Hilfe der Demogra- phischen Basistabelle 1999 (LÖGD) vorgenommen. In Abb. 10 und Abb. 11 ist zunächst die Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen infolge eines akuten Herzinfarkts dargestellt. Ähnlich wie bei der Mortalität an akutem Herzin- farkt sind auch bei den Krankenhausfällen die Raten pro 100.000 Einwohner in Nordrhein- Westfalen verglichen mit der BRD insgesamt, leicht erhöht (insbesondere bis zum Alter von 65 Jahren) – und zwar bei Männern und Frauen, während die geschlechtsspezifischen Un-
18 terschiede etwa gleich sind. Das heißt sowohl in der BRD als auch in NRW ist das Verhältnis der Krankenhausraten von Männern zu Frauen infolge von Herzinfarkt in den jüngeren Al- tersgruppen (unter 55 Jahren) etwa 4-5 zu 1, bei den 55-64jährigen etwa 3:1, bei den 65- 74jährigen 2:1 und in den höheren Altersgruppen 1,6:1. Der gesonderte Vergleich für Frauen (Abb. 12) zeigt, daß in den Altersgruppen 35 bis unter 55 Jahren die Krankenhausfallraten der Frauen in Nordrhein-Westfalen etwa 20% hö- her liegen als die Krankenhausfallraten der Frauen in der BRD gesamt, während die Raten in den höheren Altersgruppen darüber annähernd gleich sind. Um zu verdeutlichen, daß die relativen Morbiditäts-Raten die geschlechtsspezifischen Prävalenzen („burden of disease“) infolge von Herzinfarkt in den höheren Altersgruppen nur unzureichend abbilden, wird in Abb. 13 die absolute Anzahl Krankenhausfälle infolge von Herzinfarkt für Männer und Frauen in Nordrhein-Westfalen gegenübergestellt. Danach ist bis zum Alter von 75 Jahren die Anzahl der betroffenen Männer bzw. der Krankenhausfälle in jeder Altersgruppe wesentlich höher als die der Frauen. Ab dem 75ten Lebensjahr, mitbe- dingt durch das höhere durchschnittliche Erkrankungsalter der Frauen und ihre höhere Le- benserwartung, verdoppelt sich allerdings die Anzahl der weiblichen Krankenhausfälle von 3.166 bei den 65-74jährigen Frauen auf 5.763 bei den über 75jährigen (Anzahl der „männli- chen“Krankenhausfälle in dieser Altersgruppe: n = 3.828).
19 Abb. 10: Krankenhausfälle1) infolge von akutem Herzinfarkt (ICD9: 410) pro 100.000 Einwohner in der BRD 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 1200 1049 1000 800 703 pro 100.000 639 Männer Frauen 600 413 400 327 235 200 132 83 56 16 4 18 0 25 bis unter 35 bis unter 45 bis unter 55 bis unter 65 bis unter 75 Jahre und 35 Jahre 45 Jahre 55 Jahre 65 Jahre 75 Jahre älter 1) Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten, einschließlich Sterbefälle Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002 Abb.11: Krankenhausfälle 1) infolge von akutem Herzinfarkt (ICD9: 410) pro 100.000 Einwohner in Nordrhein-Westfalen 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 1200 1047 1000 Männer Frauen 800 742 652 pro 100.000 600 464 400 336 273 200 141 98 68 19 4 22 0 25 bis unter 35 bis unter 45 bis unter 55 bis unter 65 bis unter 75 Jahre und 35 Jahre 45 Jahre 55 Jahre 65 Jahre 75 Jahre älter 1) Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten, einschließlich Sterbefälle Quelle: LÖGD, eigene Altersgruppenberechnungen
20 Abb. 12: Krankenhausfälle infolge von Herzinfarkt (ICD9:410) pro 100.000 Einwohner: Vergleich Frauen in der BRD mit Frauen in NRW 1999 nach Altersgruppen. 700 652 639 600 Frauen BRD Frauen NRW 500 pro 100.000 400 327 336 300 200 132 141 100 56 68 18 22 4 4 0 25 bis unter 35 35 bis unter 45 45 bis unter 55 55 bis unter 65 65 bis unter 75 75 Jahre und Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre älter 1) Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten, einschließlich Sterbefälle Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002, LÖGD, eigene Altersgruppenberechnungen Abb. 13: Absolute Anzahl Krankenhausfälle infolge von akutem Herzinfarkt (ICD9: 410) in Nordrhein-Westfalen 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 7000 6000 5667 5763 5446 5000 Absolute Anzahl Fälle Männer Frauen 4000 3828 3166 3005 3000 2000 1701 1430 1000 754 266 303 56 0 25 bis unter 35 bis unter 45 bis unter 55 bis unter 65 bis unter 75 Jahre und 35 Jahre 45 Jahre 55 Jahre 65 Jahre 75 Jahre älter 1) Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten, einschließlich Sterbefälle Quelle: LÖGD, eigene Altersgruppenberechnungen
21 4.3 Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen aufgrund von zerebrovaskulä- ren Erkrankungen Ebenso wie bei der Mortalität an Schlaganfall wird auch bei der Krankenhausmorbidität deut- lich, daß die Raten für Männer und Frauen in der BRD in jeder Altersgruppe (außer in der der jüngsten) etwas höher liegen als in Nordrhein-Westfalen (Abb. 14 und 15). Am größten sind diese Unterschiede zwischen den Ländern in der höchsten Altersgruppe. Hier liegt die Krankenhausrate der Männer in der BRD um etwa 12 % höher als in NRW und die Kranken- hausrate der Frauen in der BRD um etwa 12% höher als in Nordrhein-Westfalen Sowohl in der BRD als auch in NRW haben die sehr jungen Frauen (unter 35) leicht höhere Krankenhausraten infolge von zerebrovaskulären Erkrankungen als Männer, wäh- rend danach die Männer häufiger betroffen sind. Die größten geschlechtsspezifischen Unter- schiede sowohl in der BRD als auch in NRW existieren in der Altersgruppe 55 bis 64 Jahre. In dieser Altersgruppe sind zum Beispiel Männer in NRW mit einer Krankenhausrate von 812 pro 100.000 Einwohnern fast doppelt so häufig betroffen wie Frauen mit einer Rate von 427 pro 100.000 Einwohnerinnen, während in den höheren Altersgruppen diese Unterschiede wieder geringer sind und bei den über 75jährigen kaum noch vorhanden. Im Kontrast zu den Krankenhausraten pro 100.000 Einwohner, bei denen Männer häufiger betroffen sind als Frauen, zeigt der Vergleich der absoluten Anzahl Krankenhausfäl- le infolge einer zerebrovaskulären Erkrankung bei den über 75jährigen ein anderes Bild (Abb. 17). So wurden in Nordrhein-Westfalen in dieser Altersgruppe 30.433 Frauen mit einer zerebrovaskulären Diagnose in ein Krankenhaus eingewiesen, verglichen mit 14.350 Män- nern über 75. Das heißt, das altersspezifische relative Erkrankungsrisiko der Männer ist zwar höher, aber die absolute Anzahl der Krankenhausfälle ist bei den Frauen über 75 Jahren doppelt so hoch, was natürlich erhebliche Konsequenzen für die geschlechtsspezifische Pri- mär- und Sekundärprävention und die medizinische Versorgung haben müßte.
22 Abb. 14: Krankenhausfälle infolge zerebrovaskulärer Erkrankungen (ICD9: 430-438) pro 100.000 Einwohner in der BRD 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 5000 4420 4500 3963 4000 3500 3000 pro 100.000 Männer Frauen 2500 2103 2000 1500 1343 1000 854 453 500 306 200 16 19 34 39 96 85 0 15 bis unter 25 bis unter 35 bis unter 45 bis unter 55 bis unter 65 bis unter 75 Jahre 25 Jahre 35 Jahre 45 Jahre 55 Jahre 65 Jahre 75 Jahre und älter Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002 Abb. 15: Krankenhausfälle infolge zerebrovaskulärer Erkrankungen (ICD9: 430-438) pro 100.000 Einwohner in Nordrhein-Westfalen 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 5000 4500 3926 4000 3442 3500 3000 pro 100.000 2500 Männer Frauen 1908 2000 1500 1196 1000 812 427 500 291 89 181 16 19 30 34 75 0 15 bis unter 25 bis unter 35 bis unter 45 bis unter 55 bis unter 65 bis unter 75 Jahre 25 Jahre 35 Jahre 45 Jahre 55 Jahre 65 Jahre 75 Jahre und älter
23 Abb. 16: Krankenhausfälle infolge zerebrovaskulärer Erkrankungen (ICD9: 430-438) pro 100.000 Einwohner: Vergleich Frauen in der BRD mit Frauen in NRW 1999 nach Altersgruppen. 4500 3963 4000 3442 3500 Frauen BRD Frauen NRW 3000 pro 100.000 2500 2000 1500 1343 1196 1000 453 427 500 200 181 19 19 39 34 85 75 0 15 bis unter 25 bis unter 35 bis unter 45 bis unter 55 bis unter 65 bis unter 75 Jahre 25 Jahre 35 Jahre 45 Jahre 55 Jahre 65 Jahre 75 Jahre und älter 1) Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten, einschließlich Sterbefälle Quelle: Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Okt. 2002, LÖGD, eigene Altersgruppenberechnungen Abb. 17: Absolute Anzahl Krankenhausfälle infolge zerebrovaskulärer Erkrankungen (ICD9: 430-438) in NRW 1999 nach Geschlecht und Altersgruppen. 35000 30433 30000 25000 Absolute Anzahl Fälle 20000 Männer Frauen 14575 14350 15000 11253 9539 10000 5140 5000 3212 1300 1049 1994 154 177 421 453 0 15 bis unter 25 bis unter 35 bis unter 45 bis unter 55 bis unter 65 bis unter 75 Jahre 25 Jahre 35 Jahre 45 Jahre 55 Jahre 65 Jahre 75 Jahre und älter 1) Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten, einschließlich Sterbefälle
24 4.4 Lebenszeit-Prävalenz Zustand nach Herzinfarkt (Ergebnisse der Bevölke- rungssurveys) Die folgenden Morbiditätsvergleiche beruhen auf Ergebnissen aus dem Bundesgesundheits- survey und dem nach gleichen Befragungsmethoden durchgeführten NRW-Survey. Bei den für das Bundesgebiet publizierten Prävalenzen sind im Gegensatz zum NRW-Survey die schriftlichen Selbstangaben durch ärztliche Interviews validiert worden (Wiesner et al. 1999). Nach Wiesner et al. (aaO) stimmten jedoch beim Herzinfarkt die Angaben der Probanden im Selbstausfüllbogen fast vollständig mit ihren Angaben im ärztlichen Interview überein, so daß diese Ergebnisse durchaus vergleichbar sein müssten. In beiden Surveys wurde im Selbstausfüllbogen eine Liste chronischer Krankheiten vorgegeben (unter anderem auch Herzinfarkt und Schlaganfall), und es wurde gefragt, ob jemand jemals eine dieser Krankheiten hatte. Die Teilnehmer konnten dann bei jeder Krank- heit Ja, Nein oder Weiß nicht ankreuzen. Abb. 18: Prävalenz Zustand nach Herzinfarkt (pro 1000 Einwohner) nach Geschlecht und Al- tersgruppen in der BRD1) und in NRW. Ergebnisse der Gesundheitssurveys.2) BRD NRW 250 250 200 200 Männer 200 Männer Frauen Frauen 147 150 150 100 80 100 64 55 50 40 41 38 45 50 33 14 25 12 4 5 6 0 0 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 Altersgruppen Altersgruppen 1) Quelle Wiesner et al. 1999, 2) Gesundheitsbericht: Gesundheitssurvey NRW 2002. Wie zu sehen, kamen in den Survey-Populationen bei den befragten Frauen unter 50 Jahren praktisch keine früheren Herzinfarkte vor, was natürlich mit dem Stichprobenumfang zu tun hat. Erstaunlicherweise sind auf der Basis dieser Befragung die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Nordrhein-Westfalen in den Altersgruppen 50-59 und 60-69 wesentlich ge- ringer als in der BRD gesamt, während bei den 70jährigen die Herzinfarkt-Prävalenzen der westfälischen Männer scheinbar sprunghaft ansteigen, während sich die Häufigkeit bei den Frauen kaum verändert.
25 Dieses Ergebnis ist auf methodische Probleme zurückzuführen, da ein derartiger Sprung sehr unplausibel ist und auch im Gegensatz zu den Ergebnissen der Krankenhausfallstatistik steht (vgl. Abb. 11), nach der die Herzinfarktmorbiditätsraten auch in NRW mit dem Alter wesentlich stetiger ansteigen, während sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede ver- ringern. Die NRW-Ergebnisse in dieser Abbildung sollten daher vor einer genaueren Daten- prüfung nicht weiter interpretiert werden. 4.4 Lebenszeit-Prävalenz: Zustand nach Schlaganfall (Ergebnisse der Bevölkerungssurveys). Ein ähnliches Problem wie bei der Lebenszeitprävalenz nach Herzinfarkt gibt es im Falle des NRW-Surveys auch bei den Schlaganfallprävalenzen (Abb. 20). Auch hier erscheinen die Prävalenzen der Männer (die bei den 70-79jährigen fast doppelt so hoch sind wie in der BRD) wenig plausibel und stimmen nicht mit den Tendenzen in den Krankenhausfallzahlen (Abb. 15) überein. Hier müßte ebenfalls vor einer weiteren Diskussion eine Überprüfung der Daten stattfinden. Abb. 20: Prävalenz Zustand nach zerebrovaskulärer Erkrankungen (pro 1000 Einwohner) nach Geschlecht und Altersgruppen in der BRD 1) und in NRW 2). Ergebnisse des Bundes- Gesundheitssurveys. BRD NRW 200 200 175 175 150 150 Männer 150 Männer Frauen Frauen 125 125 100 84 100 75 75 69 75 50 33 36 50 31 20 25 25 11 1 3 3 2 5 5 7 7 0 0 0 0 0 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 Altersgruppen Altersgruppen 1) Quelle Wiesner et al. 1999, 2) Gesundheitsbericht: Gesundheitssurvey NRW 2002.
26 5. Prävalenz koronarer Risikofaktoren in NRW und der BRD Für den Vergleich der koronaren Risikofaktoren von Männern und Frauen wurden im wesent- lichen die Ergebnisse des Bundesgesundheitssurvey 1998 und des Nordrhein-Westfälischen Zusatzsurveys herangezogen, da diese zumindest bei der Befragung der Surveyteilnehmer mit gleichen Methoden und Altersgruppen gearbeitet haben. Allerdings wurden im Bundes- gesundheitssurvey zusätzlich zur schriftlichen Befragung der Probanden ärztliche Interviews und physische Messungen (Blutdruck, Körpergrösse und Gewicht) durchgeführt sowie La- borparameter erhoben. Da die veröffentlichten Ergebnisse des Bundesgesundheitssurveys sich im Hinblick auf die physischen Risikofaktoren vor allem auf die gemessenen Werte und nicht auf die Befragungsergebnisse beziehen, sind leider auch diese Vergleiche mit Vorbe- halten zu betrachten. Hinzu kommt, daß im BRD-Survey die Teilnahmerate der Frauen in der höchsten Al- tersgruppe sehr niedrig war. Sie betrug bei den 70-79jährigen Frauen nur 50,4 % (Männer 67,7%) und in NRW bei den 70-79-jährigen Frauen 66 % (Männer 63,3%). 5.1 Diabetes Aus epidemiologischen Studien ist bekannt, daß Diabetes mellitus für Frauen ein stärkerer Risikofaktor für die Entstehung einer koronaren Herzerkrankung ist als für Männer. In jünge- ren Jahren (vor der Menopause) verlieren Frauen praktisch ihren östrogenbedingten Vorteil gegenüber Männern, wenn sie unter Diabetes leiden. In der Nurses Health Study z.B. wiesen Frauen mit Diabetes ein siebenfach höheres Risiko auf, eine akute koronare Herzkrankheit zu erleiden als Frauen ohne Diabetes (Wenger 1996). Und aus dem Herzinfarktregister Augsburg wird berichtet, daß Diabetiker im Falle eines Infarktes in jedem Versorgungsstadi- um ein um 50% erhöhtes Sterberisiko aufweisen als Nichtdiabetiker (Löwel et al. 2000). Letz- teres gilt für Frauen und Männer. Die folgende Graphik zeigt die Häufigkeit des Diabetes mellitus in der BRD und in NRW auf der Basis der Selbstangaben der Survey-Teilnehmer. In beiden Surveys wurde den Teil- nehmern eine Liste mit chronischen Krankheiten vorgelegt (die unter anderem auch „Zucker- krankheit“, Diabetes mellitus) enthielt und es wurde gefragt: „Welche der folgenden Krank- heiten hatten Sie jemals?“ Auf diese Weise sollte die „Lebenszeit-Prävalenz“ festgestellt werden. Allerdings wurden laut Thefeld (1999) im Falle des Bundesgesundheitssurveys die schriftlichen Selbstangaben zum Diabetes durch ärztliche Interviews validiert. Die Ergebnis-
27 se der schriftlichen und mündlichen Befragung schienen sich jedoch nicht signifikant zu un- terscheiden. Abb. 21: Lebenszeit-Prävalenz des Diabetes mellitus (in %) nach Geschlecht und Altersgrup- pen auf der Basis von Selbstangaben. Ergebnisse des Bundesgesundheitssurveys1) und des NRW-Surveys 2) % % BRD NRW 25 25 19,4 20 Männer 20 Männer 16,4 Frauen Frauen 15 12,9 13 15 13 12,5 11,4 10 8 10 8,8 6,5 6,3 4,5 5 2,6 2,8 5 2 2,3 0,6 1,3 1,2 0,5 0 0 18-39 40-49 50-59 60-69 70-79 18-39 40-49 50-59 60-69 70-79 Altersgruppen Altersgruppen 1) Datenquelle: Thefeld W, 1999; 2) Gesundheits-Bericht NRW 2002 Obwohl sich in der obigen Abbildung die Gesamtprävalenzen der Männer und Frauen in der BRD und in NRW nicht stark unterscheiden, sind die altersspezifischen Ergebnisse sehr in- konsistent. So sind beispielsweise in Nordrhein-Westfalen in der Altersgruppe 50-59 Frauen und Männer mit etwas über 6% etwa gleich häufig von Diabetes betroffen, während im Bun- desgesundheitssurvey 8% der Männer und nur 2,8% der Frauen angeben, jemals Diabetes gehabt zu haben. Und in der Altersgruppe 40 bis 49 haben Frauen in der BRD eine doppelt so hohe Diabetes-Prävalenz wie Männer, während dieses Verhältnis in NRW umgekehrt ist. In der Altersgruppe 70 bis 79 zeigt sich sowohl in der BRD als auch in NRW, daß Frauen deutlich häufiger betroffen von Diabetes betroffen sind als Männer. Ob die beobachteten Inkonsistenzen je nach Altersgruppe auf unterschiedlichen Responseraten oder anderen methodischen Unterschieden beruhen, müßte noch genauer untersucht werden. Der bisherige Vergleich läßt noch keine validen Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Prävalenz von Diabetes zu.
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