jamais les premiers - auf ewig die ersten! - Faszination ...
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Fan-Szene „On y met le feu!“: „Wir tragen das Feuer in die Kurve…“ Foto: Stadionwelt À jamais les premiers – auf ewig die ersten! Olympique Marseille gewann als erster französischer Club den Europapokal der Landes- meister. Die Ultras Marseille trugen als erste die italienische Art Stimmung zu machen in die französischen Stadien. In Marseille ist immer alles ein bisschen größer als anderswo in Frankreich – dementsprechend selbstbewusst präsentiert sich die Fanszene. O M ist nicht nur – nach Titeln ge- gastfreundlich, sind, gut feiern können tor dabei ist der Club. Er repräsentiert die rechnet – der sportlich erfolg- und immer ein wenig übertreiben. Mar- Stadt nicht nur, er eint sie: OM ist Marseil- reichste Verein in Frankreich, er seille selbst sieht sich dagegen als typi- le, Marseille ist OM. Vom Jugendlichen ist auch der größte und populärste. Mar- sche Hafenmetropole des Mittelmeers: aus den sozialen Brennpunkten über den seille, das ist aber auch der Skandalclub, weltoffen, handelstüchtig und im Laufe Handwerker bis zum Lokalpolitiker und der als amtierender Europapokalsieger der Jahrhunderte in der Lage, viele hun- der Oberschicht: alle stehen hinter dem zwangsweise in die zweite Liga zurück- derttausend Neuankömmlinge in die Verein, alle nden sich im Stadion wie- gestuft wurde, dem Manipulationen aller Stadt zu integrieren. Hier ist man zuerst der. Christian Bromberger, ehemaliger Art von Doping bis Bestechung immer Marseiller, und dann Franzose oder was Professor für Volkskunde an der Univer- wieder unterstellt und in einem Fall auch auch immer der Pass besagt. sität der Provence, spricht gar von einem nachgewiesen wurden. Der Leidenschaft „stabilisierenden Faktor für den sozialen seiner Anhänger hat das keinen Abbruch „Fiers d’être marseillais“ Frieden in der Stadt, einem Symbol des getan – im Gegenteil. Stolz, Marseiller zu sein – Commando Ultra starken Gemeinschaftsgefühls, das die Es passt ja auch zu gut ins Bild, dass Gegensätze überdeckt.“ das übrige Frankreich von der Stadt hat: „Die Stadt ist wie ein Schwamm, sie Die Zahlen sprechen Bände: 49.900 dreckig, heruntergekommen, eine Haupt- saugt alle auf“, schreibt der Historiker Zuschauer besuchten diese Saison im stadt des Verbrechens, oder aber zumin- Jean Contrucci, „und sie produziert im- Schnitt die Spiele im Stade Vélodrome dest der „Maggeleien“, wo die Menschen mer neue Marseiller.“ Ein wichtiger Fak- – der mit Abstand höchste Zuschauer- 112 Stadionwelt Juni /Juli 2006
Fan-Szene Olympique Marseille – Racing Straßburg (2005/2006) Foto: Nicolas Deltort schnitt in Frankreich. 41.000 Dauerkar- rebellische, überbordende, laute Stadt, Umzüge von der Süd- in die Nordkurve tenbesitzer vermeldet der Club, auch das drückt sich am schönsten im Stade Vélo- über den Eckblock – letzteres damals eine ein Rekord auf nationaler Ebene. drome aus: OM ist der Motor der Stadt strategische Entscheidung, da der Block Bei soviel Leidenschaft verwundert es und umgekehrt!“, heißt es im Buch zum der Führungskamera des Fernsehens nicht, dass die Geburtsstunde der fran- 15-jährigen Jubiläum der Gruppe. genau gegenüberlag und so TV-Präsenz zösischen Ultrabewegung auf den Stu- garantierte. fen des alten „Stade Vél“ schlug – und „Fierté, ferveur, fidelité!“ Heute sind die Territorien in beiden Marseille heute nicht nur zahlenmäßig Stolz, Leidenschaft, Treue – Dodger‘s Kurven fest abgesteckt, jede Gruppe hat die größten Gruppen stellt. Weit über die ihre festen Plätze; Gruppenlogos und Hälfte der Dauerkarten, etwa 28.000, wer- Es war ein kleines Häuein Fans, Grafti markieren die Blockeingänge. den über die „Associations des Suppor- ein Freundeskreis eher, das sich in der Man bleibt unter sich – in der Regel ver- ters“ verkauft, die registrierten Fanclubs. Saison 1983/84 – OM stieg gerade aus irrt sich kein Mitglied in den Bereich ei- Ein Teil davon ist traditionell orientiert, der zweiten Liga wieder auf – um den ner anderen Gruppe. Obwohl man nach wie der „Club Central des Supporters“, italienischstämmigen Marco Valora zu- außen hin, zum Beispiel bei Auswärts- der älteste Fanzusammenschluss in Mar- sammenfand, um den Kurven des meist spielen oder gegenüber dem Verein weit- seille, oder die „Amis de l’OM“, und be- halbleeren und wenig stimmungsvollen gehend als geschlossene Szene auftritt schränken sich weitgehend auf Fahrten- Stadions neues Leben einzuhauchen. und auf Führungsebene auch Kontakt organisation und Kartenweitergabe. Vorbild: die Ultras von Juventus Turin, hält, unterscheidet sich die Mentalität der Den überwiegenden Teil jedoch, mit die Valora bei zahlreichen Spielbesuchen einzelnen Gruppen doch deutlich und je- insgesamt gut 20.000 eingetragenen Mit- beeindruckt hatten. Trommeln, Fahnen der „macht sein eigenes Ding“. gliedern, stellen die fünf Ultragruppie- und Dauersupport waren in den franzö- rungen von Winners bis Fanatics. Der sischen Stadien der 80er ein unbekanntes „Y a pas d’arrangement“ Name „Ultras“ gebührt dabei allerdings Phänomen, und sie stießen auch in Mar- Keine Kompromisse – MTP ausschließlich der Gruppe, mit der 1984 seille nicht überall auf Gegenliebe. Zahl- alles begann: dem „Commando Ultra reiche Zuschauer beschwerten sich beim Ein entsprechendes Bild bietet sich am ’84“ bzw. „Ultras Marseille“. Sie bestä- Verein über den Lärm (!), vor allem aber Spieltag. Fünf Stunden vor Anpff dürfen tigen die Einschätzung von Christian auch über die Sichtbehinderungen, denn die Supporter ins Stadion, um ihren Teil Bromberger: „Wenn man bei uns etwas für die Ultras war klar: Wir stehen! Das des Spiel vorzubereiten, etwa 50 Mitglie- liebt, dann übertreibt man dabei immer, Stade Vélodrome war allerdings damals der pro Gruppe erhalten Einlass. Zielstre- aber vielleicht ist es gerade das, was OM schon ein reines Sitzplatzstadion, und big suchen sie ihren Sektor auf, als ers- so weit gebracht hat. Marseille, diese so folgten im Laufe der Jahre zahlreiche tes werden die Anlagen aufgebaut � Stadionwelt Juni /Juli 2006 113
Fan-Szene – und zwar bei jeder Gruppe. So grenzt Das „Local“, das gruppeneigene Fan- man sich zunächst musikalisch ab: Dröh- haus im Viertel Belle de Mai, ist mehr als nen beim Commando Ultra härtere Töne Materiallagerraum und Anlaufstelle: Bei à la „Los Fastidios“ aus den Boxen, eröff- den Winners lebt man den Gruppenge- nen die Winners jeden Arbeitseinsatz mit danken nicht nur am Spieltag, sondern „Comandante Che Guevara“ und „Bella sieben Tage die Woche 24 Stunden am Ciao“, während bei den MTP der Hip- Tag. Zwei Jahre lang wandelten sie in Hop Marseiller Prägung vorherrscht. Eigenarbeit eine ehemalige Lagerhalle in Derweil werden die mitgebrachten ihr Wohn-, Spiel- und Arbeitshaus um. Utensilien ausgeladen, überprüft und ver- Im bunt ausgemalten Obergeschoss teilt; darüber hinaus verfügt jede Gruppe Auch die Kleinen packen an… Foto: N. Deltort trifft man sich an der Bar, es gibt eine In- am Eingang ihres Blocks über einen Ma- ternetecke und eine Großleinwand, auf terialcontainer. „Aber da wird nur Klein- wer vorbeikommt…“, erklärt Yves, Grün- der die Spiele im Bezahlfernsehen über- kram gelagert, die wichtigen Sachen las- dungsmitglied der Winners und heute tragen werden – Service für Gruppenmit- sen wir nicht im Stadion. Man weiß ja nie, eine Art Alterspräsident. Er organisiert glieder, die nicht auswärts fahren oder den Aufbau, weist die Jüngeren ein und wacht darüber, dass alle sich beteiligen. „Guck mal nach drüben in die andere Kurve, die sind noch nicht mal halbfertig, aber da sitzt schon die Hälfte rum – das passiert bei uns nicht“, bemerkt er. Die Disziplin ist strikt bei den Win- ners, wer sich nicht genügend einbringt, dem wird nahegelegt, die Gruppe zu verlassen. „Die Gruppe ist alles, und wir wollen Werte vermitteln: Respekt, Freundschaft, Gruppengefühl – wir ha- ben auch eine erzieherische Funktion“, fährt Yves fort. „Wenn die Kleinen ins ,Local‘ kommen, dann bringen wir ihnen erst mal bei, alle zu grüßen – das gehört sich einfach so. Aber wenn sie gut mit- arbeiten, dann dürfen sie auch während des Spiels mal ans Mikro. So binden wir Anlagenaufbau beim CU’84 Foto: Stadionwelt sie nach und nach in die Gruppe ein.“ Ultra-familiär bei den Dodger’s Foto: Stadionwelt Freunde & Feinde Es gibt keine generellen Fanfreundschaf- Ähnlich äußert sich Lionel Tonini, Präsident man mag sich nicht. Spiele in Saint-Étienne ten, Kontakte sind eher gruppenspezi- der Yankees: „Wir hatten lose Kontakte nach gelten als Risikospiele, es kam in den letz- fisch. Commando Ultra pflegt sehr enge Neapel, aber uns ist die ganze Szene in Itali- ten Jahren wiederholt zu Scharmützeln. Beziehungen zu den Ultras Tito Cucchiaro- en zu gewalttätig geworden. Also bleiben wir ni von Sampdoria; Banner und Fahnen bei- lieber für uns – Marseille und sonst nichts.“ Girondins de Bordeaux: Ende der 80er der der Gruppen sind häufig in beiden Kurven sportliche Hauptrivale, verschärfte sich der zu sehen, es gibt einen regen Austausch Die Feindschaften sind dafür ausgeprägt Konflikt durch die persönliche Feindschaft mit vielen Besuchen. Daneben waren im und zum Teil Jahrzehnte alt: zwischen den Clubpräsidenten Bez und CU’84-Sektor auch schon Fahnen zahlrei- Tapie in den 90ern beträchtlich. Trotz Bor- cher anderer Gruppen zu sehen, u.a. Nürn- AS Saint-Étienne: Eine in den 60er- und 70er- deaux’ Weigerung, das Gäste-Kartenkontin- berg und St. Pauli, was den Ultras Marseil- Jahren sportlich begründete Rivalität, respek- gent zur Verfügung zu stellen, gelangten im le in Frankreich den Ruf eingetragen hat, tiert man sich heute als Gegner. Die Marseiller Oktober 1989 200 Ultras ins Stadion. Zehn „es mit jedem zu treiben“. Gruppen erkennen die Leistungen der „Sté- Jahre später stören die Marseiller Anhänger Winners und Dodgers hegen Sympathien phanois“, insbesondere ihre Choreos, an, aber die Gedenkminute für Claude Bez mit einem für den „Club des Volkes“ Genoa 1893 Spottlied auf den „Duc de Bordeaux“ – „es und seine Fans. In Frankreich versteht gibt eben Hass, der unvergänglich ist“, kom- man sich gut mit den Fans aus Lens, die mentiert das Commando Ultra. Spiele in als gastfreundlich und feierfreudig gelten. Bordeaux sind Hochrisikospiele, bei denen Grundsätzlich heißt es bei den Winners geschlossene Anreise Pflicht ist. allerdings: „Wir suchen nicht nach Freund- schaften (Ausnahme: Argentinien, Kon- Toulon: In den 80ern das Hassderby takte zu Newell’s Old Boys werden gerade schlechthin hat sich die Feindschaft durch aufgebaut, Verbindungen zu Boca Juniors den Abstieg Toulons in die 3. Liga überlebt. gesucht) – aber die Leute kommen ständig Den Derbyplatz übernommen hat OGC Nizza, bei uns gucken. Dann sind wir gastfreund- dessen teilweise rechts orientierte Ultras lich, und das war’s“. Auswärts in Bordeaux Foto: curva-massilia.com häufig die Auseinandersetzung suchen. 114 Stadionwelt Juni /Juli 2006
Fan-Szene Pokalfinale 2006 gegen Paris Saint-Germain: Geschlossener Auftritt beider Marseiller Kurven im Stade de France Foto: Schorre Eine ganz besondere Feindschaft: Paris Saint-Germain Was den Anhängern beider Lager heute als „ewige Feindschaft“ des Volkes, Hauptstadt contra Provinzmetropole, Norden versus gilt, ist auf den Rängen zunächst ein harmloses Duell. Man sucht Süden, bürgerlich & schick gegen proletarisch & arm. ein Gegengewicht zum sportlich allzu dominanten Marseille jener Die Beziehungen verschlechtern sich rapide, gewalttätige Zwi- Jahre, und PSG wird von Canal+ (der Sender verkaufte erst kürzlich schenfälle häufen sich. 1997 setzt der Kop of Boulogne ein Kopf- seine Anteile am Club) und der Liga gezielt dazu aufgebaut. geld auf Rashid Zeroual, Capo der Winners, aus; im Jahr 2000 ver- Mitte der 80er Jahre gibt es erstmals Spannungen zwischen den letzt ein PSG-Anhänger im Prinzenpark Yankees-Mitglied Geoffroy mehr dem englischen Stil verpflichteten Pariser Supportern und Dilly schwer, als er eine herausgerissene Sitzschale vom Oberrang den italienisch geprägten Marseillern; die politischen Differenzen in den Gästeblock wirft. Die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen zwischen den rechtsextremen Teilen des Kop of Boulogne und dem sich Jahr um Jahr, bis hin zu Auswärtsfahrverboten. links orientierten Commando Ultra tun ein Übriges. Es gibt heute kein Spiel, das Frankreich mehr in Atem hält, die Während die sportliche Rivalität sich verschärft, kochen beide neutralen Zuschauer, ebenso wie die Sicherheitskräfte, ganz zu Clubführungen, vor allem aber Tapie, der inzwischen in die Politik schweigen von den Fans beider Vereine, die sich jedes mal aufs gegangen ist, die Emotionen hoch. In der Folge werden die Be- Neue zu Höchstleistungen herausgefordert fühlen – nicht nur auf gegnungen zu einem Kulturkampf stilisiert: Plastikclub gegen Club den Rängen. aus anderen Gründen nicht ins Stadion zum Pokalnale angefertigt; der Stoff Kleinartikeln sowie eigene Getränkestän- können. Auswärtige Gruppenmitglieder, stammt vom größten Trikot der Welt, de in den Kurven aufgestockt werden. die zum Heimspiel kommen, oder Gäste das wir vor einigen Jahren mal präsen- Tapie, der Geschäftsmann, brachte mit können in einem Zimmer nebenan über- tiert haben“, führt Yves nicht ohne Stolz viel Geld den sportlichen Erfolg – aber als nachten. Darüber hinaus gibt es Büros die Sammlung vor. Für solche Arbeiten machtbewusster Politiker verstand er es für drei feste Mitarbeiter, zwei davon So- werden Schneider oder Segelmacher be- auch, sich die Gunst der aktiven Fans zu zialarbeiter, die der französische Staat im auftragt, Material wird gern im großen sichern. Mit seiner volkstümlichen Art, Rahmen von Gewaltpräventionsprojek- Stil gekauft: „Uns fehlten letztens noch einem stets offenen Ohr und Zuwendun- ten und Maßnahmen für soziale Brenn- ein paar Bahnen Folie für Fähnchen, aber gen für die Fans scharte er die Szene hin- punkte bezahlt. wir haben dann gleich ein Großgebinde ter sich. „Es würde zu weit gehen zu be- Das Erdgeschoss dient als Arbeitsbe- genommen – wir werden es schon ir- haupten, dass Tapie die Ultras ,erfunden‘ reich. Hier werden die Choreos vorberei- gendwann brauchen.“ hat, wie manchmal zu hören war, aber tet, gerade wurde eine neue Projektions- Geld spielt keine Rolle, „aber bei uns er hat den Aufstieg der verschiedenen wand eingezogen – das Materiallager hat wird alles in die Gruppe und den Sup- Gruppen sehr gefördert“, sagt Nicolas die Ausmaße eines kleinen Baumarkts. port gesteckt“, betont Yves, implizierend, Deltort, freier Sportjournalist. „ Die Fan- „Hier sind unsere Blockfahnen, die größ- dass das nicht bei allen Gruppen – fast szene hat ihm viel zu verdanken, weil er te misst 120 x 40 m. Die haben wir jetzt alle verfügen über ähnliche Einrichtun- großzügig war und den sportlichen � gen – so sei. „À la vie, à la mort pour mon club!“ Auf Leben und Tod für meinen Club“ – MTP Seit Bernard Tapie, damals Präsident von Olympique, 1991 den Fanvereini- gungen den Dauerkartenverkauf über- trug, ist nicht nur deren Größe explodiert, sie verfügen auch über vergleichsweise großzügige Mittel, die durch das übliche Bunte Mischung MTP Foto: Stadionwelt Merchandising mit Kleidung, Fotos und Choreovorbereitung bei den Yankees Foto: Stadionwelt Stadionwelt Juni /Juli 2006 115
Fan-Szene Erfolg gebracht hat, und sie nennen ihn noch heute respektvoll den ,Boss‘.“ Als OM im September 1993 wegen des gekauften Spiels in Valenciennes der Ausschluss aus dem Europapokal drohte, organisierten alle Gruppen ge- meinsam eine Demo auf der Canebière, der Hauptstraße und Herzschlagader Marseilles. Auch nach dem Zwangsab- stieg in der Folgesaison stellten sie sich bedingungslos hinter ihren Präsidenten und seine Version vom Komplott, das in Olympique Marseille – Paris Saint-Germain (1996/97) Foto: Archiv Paris angezettelt worden sei: Marseille sei „denen da oben“ zu erfolgreich und zu mächtig geworden – der Club hatte 1993 die fünfte Meisterschaft in Folge eingefahren, die der Verband OM jedoch niemals zuerkannte. „Marseillais avant tout“ Marseiller vor allem – Fanatics Die „Wir-gegen-den-Rest-der-Welt“- Haltung ist ein zentraler Bestandteil der Mentalität der Stadt und damit auch der Fanszene. Droht Ungemach von außen, insbesondere aus der Hauptstadt, machen alle Gruppen gemeinsam Front – auch wenn sonst Zusammenarbeit eher nicht Olympique Marseille – Paris Saint-Germain (2004/2005) Foto: Fabian Schwab stattndet. Bei Choreos spricht man sich zwar gelegentlich ab, zumindest zwischen dem jeweiligen Ober- und Unterrang, aber meist laufen die „Shows“ in den ein- zelnen Blöcken und Kurven unabhängig voneinander. So scheiterten auch diverse Versuche, eine übergreifende Fan-Organi- sation zu schaffen – mal an persönlichen Eitelkeiten, mal an der Einstellung zum Geld oder an der zur Politik. „Die gesamte Szene tendiert eher nach links“, sagt Nicolas Deltort, „aber unter- schiedlich ausgeprägt. Die Politik spielt nicht wirklich eine große Rolle in den Kur- ven, aber man identiziert sich mit Ikonen wie Che und grenzt sich deutlich von den rechtsorientierten Gruppen in Paris oder Uefa-Cup 2005/2006, 1/16-Finale: Olympique Marseille – Bolton Wanderers Foto: Gerhard Rudolf, Wien Italien ab.“ Während für die Winners An- tifaschismus Programm ist und man im Pokalhalbfinale 2006: Olympique Marseille – Stade Rennes Foto: South Winners ’87 „Local“ auch gelegentlich politischen und sozialen Organisationen Raum für Ver- anstaltungen bietet, halten die Yankees die Politik komplett aus der Kurve her- aus. „Fußball soll ein Fest sein, und sonst nichts“, meint ihr Präsident, Lionel Tonini. MTP betont seine offene Haltung ge- genüber allen, gleich welcher Herkunft, die Gruppenfarben sind ebenso bunt wie die Mitglieder gemischt, die Stimmung und der Auftritt anarchischer. „Zu uns kön- nen alle kommen, wir gucken nicht nach Hautfarbe, Religion, Herkunft oder sonst irgendwas, Hauptsache, sie wollen Spaß haben und OM supporten – guck dich um, unsere Leute: alles durcheinander. Dafür stehen unsere Farben! Die anderen grenzen sicher auch keinen aus, aber deren Grup- 116 Stadionwelt Juni /Juli 2006
Fan-Szene pen sind homogener“, meint Jamel, seit Mannschaft sich nicht genug reinhängt, drei Jahren Präsident der Gruppe. Wo sich wird schnell Druck ausgeübt: Pfeifkonzer- die Winners Che Guevara als Maskottchen ten und eindeutigen Bannern folgen dann gewählt haben, als politisches Symbol und schon mal Streiks über komplette Spiele; weil sie sich den argentinischen Support nützt alles nichts, scheut man auch vor ra- zum Vorbild nehmen, ziert bei den MTP biateren Maßnahmen nicht zurück. Bob Marley die Fahne; wo im Oberrang ge- Die Unzufriedenheit ist auch aktuell genüber Disziplin und Respekt als zentra- zu spüren – das verlorene Pokalnale le Werte vermittelt werden, herrscht hier steckt allen noch in Knochen. Die Stim- Fotos: Stadionwelt buntes, fröhliches Chaos. mung beim Spiel gegen Straßburg, nach Bei den Dodgers geht es eher familiär deutschen Maßstäben knapp unterhalb Depé – eine Legende zu. Die 67-jährige Colette, Mitgründerin von Hexenkessel anzusiedeln, beurteilen „Wer Depé war? Depé war einfach Depé. der Gruppe, bringt inzwischen schon die Marseiller einstimmig als mittelmä- Eine Legende. So wie Depé wollten alle ihren Enkel mit ins Stadion – Ultras als ßig. „Gegen einen Absteiger zwei Punkte sein. Er ist unser Vorbild.“ Es fällt Jamel, Drei-Generationen-Projekt. „Ich bin ein verschenkt, und damit wahrscheinlich dem heutigen Präsidenten der MTP nicht bisschen ruhiger geworden“, meint sie, den Champions-League-Platz, das Finale leicht, den Gründer der Gruppe zu be- „beim Pogo bin ich nicht mehr mittendrin. gegen Paris verloren – wir sind einfach schreiben. Der Respekt und die Ehrfurcht Aber reizen tut’s mich schon manchmal alle angekotzt“, lautet der Tenor. Die sind allerorten zu spüren, egal wen man noch…“ „Dafür singst du doch immer Stimmung dürfte sich seither nicht ver- fragt, egal in welcher Kurve oder Gruppe: am lautesten“, fällt ihre zwei Jahre ältere bessert haben, denn bei der letzten Partie Depé ist das Idol. Der Held. Kollegin Gilda ein, „du kannst doch gar in Bordeaux verspielte das Team noch 1987/88, bei seinem ersten Spiel im Vélo- nicht anders, als vorne mit dabei sein!“ den sicher geglaubten Uefa-Cup-Platz. drome findet sich Patrice de Péretti mitten – auch auswärts natürlich. Ursprünglich Während man mit der Mannschaft im Winners-Block wieder und ist sofort von bei den Yankees, verließen sie die Gruppe hadert, ist das Verhältnis zur Clubfüh- der Leidenschaft infiziert. Schnell wird er rung gespalten. Präsident Pape Diouf zu einem der Capos; sein Markenzeichen: wird von den Fans geschätzt: Seit er vor Oberkörper frei. Immer. Ob bei –5 Grad kurzem Olympiques B-Mannschaft zum beim Europapokalspiel in Moskau oder in Spiel nach Paris schickte, nachdem PSG der Augustsonne im Vélodrome. Er ist im- den OM-Anhängern das Kartenkontin- mer dabei. Immer. Von 1991 an verpasst gent verweigert hatte (siehe Stadionwelt er kein Spiel mehr, ob international, Liga, Nr. 17), hat er bei ihnen einen besonders Pokal oder Freundschaftsspiel. dicken Stein im Brett. „Er macht klare Seine Leidenschaft ist unbändig und anste- Ansagen und versucht nicht, uns zu ma- ckend, er gilt den anderen als Marseilles Fan nipulieren. Er hat keine Angst vor uns, Nr. 1. Bernard Tapie, der Clubpatron, schenkt deswegen sagt er, was er denkt. Die Be- ihm persönlich seine Europapokalsiegerme- ziehungen sind klar und ehrlich, man daille und lädt ihn zum Weltpokalfinale nach Politisch engagiert: Winners-Spruchbänder gegen die respektiert sich gegenseitig“, bestätigt Tokio ein – eine Fahrt, die aufgrund der Sank- Aufhebung des Kündigungsschutzes für Berufsanfänger Rashid Zeroual, Vizepräsident der Win- tionen gegen den Club nie stattfand. Foto: curva-massilia.com ners. Robert Louis-Dreyfus, dem der Nach sechs Jahren bei den Winners und im Streit um Ausrichtung und Mittelver- Club gehört, ist dagegen für die meisten dem Zwangsabstieg von OM ist es für Depé wendung und gründeten 1992 die Dod- Anhänger ein rotes Tuch. Sie werfen Zeit, Neuland zu erschließen: Er will das Feu- gers; den Namen übernahmen sie von ihm zu wenig Präsenz und zu viele lee- er in die Nordkurve tragen und gründet Mar- einer Abspaltung der Yankee-Armee im re Versprechen vor, die Jahre ohne Titel seille Trop Puissant, Marseille übermächtig. amerikanischen Bürgerkrieg. Ihr Engage- und schlagkräftige Mannschaft werden Kein unpassender Name, denn als er kurz ment gilt neben OM vor allem karitativen hauptsächlich ihm angelastet. vor einem Zweitligaspiel von der Polizei in Zwecken: so sammeln sie u.a. jedes Jahr Gewahrsam genommen wird, weigert sich im Rahmen der Aktion „1 Kdo pour un „Un Mythe, une Foi, un Combat“ OMs Mannschaft zum Spiel anzutreten. Ta- minot“ Geschenke für Kinder, die sonst Ein Mythos, ein Glaube, ein Kampf – CU’84 pie erreicht schließlich seine Freilassung. nichts zu Weihnachten bekommen. Als er nach sieben Jahren an der Spitze der Ihre eigene Schlagkraft – gelegentlich MTP am 28. Juli 2000 stirbt, hinterlässt er „Une volonté: vaincre. auch im Wortsinne – beweist die Szene eine Gruppe mit fast 3.000 Mitgliedern – Une passion: l’OM“ nun schon seit über zwei Jahrzehnten und eine Lücke, die seitdem niemand füllen Ein Ziel: Siegen. Eine Leidenschaft: OM – Winners auf den Rängen. Sie hat sich eine starke konnte und wollte. Zu Ehren des „Fou torse Stellung erarbeitet, wird landesweit (au- nu“, des „Oberkörper-frei-Verrückten“ be- So sehr sich ihr Engagement und ihr ßer vielleicht in Paris), als größte und lei- nannten die Supporter die Nordkurve in Vi- Stil im Einzelnen unterscheiden, von den denschaftlichste respektiert; ihre Stimme rage Depé um. Ein Gedenkstein erinnert an Spielern und dem Club erwarten alle das wird nicht nur im Verein, sondern auch die Legende der Marseiller Ultrabewegung. Gleiche wie von sich selbst: Immer al- bei der Liga gehört (so meldete sich an- les zu geben. „Ein Spieler kann schlecht lässlich der PSG-Kartenaffäre sogar der sein, oder mal einen schlechten Tag ha- Ligavorsitzende persönlich bei Rachid ben – kein Problem. Aber das Trikot muss Zeroual, dem Vize-Präsidenten der Win- klatschnass sein, wenn er vom Platz geht. ners, um den Standpunkt der OM-Fans Wer nicht kämpft, wird hier nicht akzep- in Erfahrung zu bringen) – gute Aussich- tiert“, erklärt Yves von den Winners ka- ten also für weitere Gipfelstürme. Wenn tegorisch. Die Szene hat bei jedem Skan- denn die Mannschaft mal mitspielen dal zum Club gestanden, aber wenn die würde…���Helga Wolf Stadionwelt Juni /Juli 2006 117
Fan-Szene SOUTH WINNERS ’87 – Kaotic Group Gegründet: 1987 Mitglieder: 5.500, 1 Sektion in Nordfrankreich: „Winners 51“ Logo: Che Guevara, Gremlins, Bull Dog Im Stadion: Oberrang Virage Sud Fanhaus: 100, rue Loubon, Marseille Internet: www.sw87.com Von Jugendlichen aus dem 2. und 3. Aron- dissement Marseilles gegründet, geht der Name auf ihr erstes Banner „Win for us!“ und den Wechsel vom Eckblock in die Südkurve zurück. 1989, beim Heimspiel gegen PSG, ziehen sie demonstrativ ihre Bomberjacken verkehrt herum an, um den Skinheads vom Pariser Kop of Boulogne ihre antifaschisti- sche Haltung zu demonstrieren. Aus dem Orange der umgedrehten Jacken wird nach und nach die offizielle Farbe der Gruppe, die nicht nur Schals, T-Shirts und Jacken prägt, 20 Jahre Commando Ultra: Jubiläumschoreo gegen Metz 2004 Foto: CU’84 sondern auch Choreos und Banner. Sie sind damit die einzige Gruppe in Europa mit ei- Die „Associations de des Vereins, dem Name und Totenkopflogo ner eigenen, von den Vereinsfarben (Weiß zu martialisch erschienen, offiziell in „Ultras und Hellblau) abweichenden Farbe. Mehre- Supporters“ Marseille“ um. 1984 mit 50 Mitgliedern ge- re Jahre mit den Ultras und den Fanatics zu Alle Gruppen sind gesetzlich eingetragene startet, hatte die Gruppe 1990 bereits über den „Supporters Phocéens“ zusammenge- Vereine, die Vorsitzenden werden in der Re- 1.000 Mitglieder. Zum 15-jährigen Beste- schlossen, scheitert die Zusammenarbeit gel vom Vorstand und den aktiven Mitglie- hen erschien die Chronik „Ultras Marseille am Ende am Streit um den Standplatz im dern gewählt. – l’histoire depuis 1984“ mit zahlreichen Stadion. Die Winners sind heute nicht nur Fotos. Neben ihrem Fanhaus betreibt das die größte Gruppe, sondern betrachten sich CCS (Club Central Des Supporters) Commando die „Boutique Virage Sud“, in auch als Motor der Marseiller Fanszene. Gegründet: 1972 dem nicht nur die eigenen Merchandising- Mitglieder : 2.000 in 18 Sektionen artikel verkauft werden (es gibt eine eigene FANATICS (inkl. 1 in den USA) Ultras-Marseille-Kollektion von adidas), son- Gegründet: 6. April 1988 Im Stadion: Oberrang außen, beide Kurven dern auch Fanartikel des Vereins. Lange Zeit Mitglieder: 1.500 Treffpunkt: Brasserie des Allées, die führende Gruppe steht sie zurzeit vor ei- Logo: Drache 45, allée Léon Gambetta, Marseille nem Generationenwechsel. Im Stadion: Oberrang rechts Virage Depé Internet: www.ccs-marseille.com Fanhaus: 98, rue Stanislas Torrents, Marseille Der älteste Fanzusammenschluss über- YANKEE NORD Internet: www.fanatics-marseille.net haupt wurde 1972 zunächst unter dem Gegründet: 1987 Die Fanatics sind eine „Kneipengründung“ Namen „Club des Supporters Marseillais“ Mitglieder: 5.000 und treten 1988 beim Europapokalhalbfi- ins Leben gerufen und bot als erster organi- Im Stadion: Unterrang Virage Depé nale gegen Ajax Amsterdam erstmals in Er- sierte Auswärtsfahrten an. Gründer Jacques Fanhaus: 11, rue venture, Marseille scheinung. Von der Nordkurve wechseln sie Pélissier, genannt „Pelo“ galt als eine Art Internet: www.yankee-nord.com bald auf die Südtribüne, wo sie sich mit den Original der Marseiller Fanszene, der schon Vor 19 Jahren von einem Freundeskreis um Winners und den Ultras zu den „Supporters die goldenen Zeiten der 70er miterlebt hat- die Brüder Lionel und Mikael Tonini gegrün- Phocéens“ zusammenschließen. Nach inter- te, alle Statistiken und Geschichten rund um det, rekrutieren sich die Yankees anfangs nen Konflikten droht die Gruppe fünf Jahre OM im Kopf hatte. Für die Ultragruppen war aus den Vierteln im Norden Marseilles. Aus später zu zerfallen, die Beziehungen zur rest- er „ein Fan aus einer anderen Generation“, diesem Grund und weil ihr Standplatz im Sta- lichen Fanszene sind gespannt. Nach der was den Respekt nicht minderte. Nach sei- dion ebenfalls im Norden ist, wählen sie ih- Rückkehr in die Nordkurve stabilisieren sich nem Tod am 5. Januar verabschiedeten ihn ren Namen in Anlehnung an die Nordstaatler die Fanatics wieder und eröffnen 1999 ihr im darauffolgenden Heimspiel beide Kurven im amerikanischen Bürgerkrieg. Gleichzeitig eigenes Fanhaus. Heute ist in der kleinsten mit zahlreichen Bannern. grenzen sie sich damit vom Commando Ultra aller Marseiller Gruppen kaum noch jemand ab, in dessen Reihen häufiger konföderier- von den Gründungsmitgliedern aktiv. COMMANDO ULTRA ’84 (Ultras Marseille) te Flaggen zu sehen sind. Wie die meisten Gegründet: 31. August 1984 Gruppen überschreiten sie erstmals Anfang Mitglieder: 4.500 in 20 Sektionen der 90er-Jahre die 1.000-Mitgliedermarke; in Frankreich, 1 Sektion in der Schweiz heute sind sie die zweitgrößte Gruppe. Ihre Logo: Totenkopf, Blitze schleudernde Mentalität orientiert sich eher an den franzö- Faust des Zeus sischen Rugbyfans: „Im Stadion gibt es 90 Im Stadion: Unterrang Virage Sud Minuten lang nur OM, aber nach dem Spiel Fanhaus: 46, bd Michelet, Marseille muss man gemeinsam Party machen kön- Internet: www.ultras-marseille.com nen“, sagt Lionel Tonnini. „Was den Support Älteste Ultragruppierung, nicht nur in Mar- angeht, betrachten wir uns auf jeden Fall als seille, sondern in ganz Frankreich. 1985 Ultras, aber Fußball muss ein Fest bleiben. benannte sich das Commando auf Druck Das vergessen zu viele Leute heutzutage.“ Hommage für „Pélo“ Foto: curva-massilia.com 118 Stadionwelt Juni /Juli 2006
Fan-Szene DODGERS CLUB DES AMIS DE L’OM seit letztem Jahr unter der Regie der Win- Gegründet: 26. Mai 1992 Mitglieder: 3.550 ners, seitdem ins Heft integriert: Mitglieder: 2.500 in 12 Sektionen Treffpunkt: Restaurant Chez Albert, Massalia 2600, Supporters Magazin mit Im Stadion: Unterrang Virage Depé Plan de Campagne, Cabriès Newsseiten aller Gruppen Fanhaus: 3, place Joseph Étienne, Marseille Traditioneller Fanclub, der sich auf Kar- Internet: www.dodgers1992.com tenverkauf und Fahrtenorganisation be- Gegründet von einem Teil der ehemaligen Füh- schränkt. Der Kern steht im Außenblock des rungscrew der Yankees mussten die Dodgers Oberrangs in der Südkurve; seine Mitglieder anfangs hart um ihre Anerkennung sowohl verteilen sich aber auf alle Tribünen. beim Verein als auch in der Kurve kämpfen – nicht nur im übertragenen Sinne. Zahlrei- che karitative Aktionen prägen vor allem auf Zuschauerschnitt Initiative ihres Vizepräsidenten mit dem hüb- 2000 D1 51.918 schen Spitznamen „XIII“ (die Nummer des 2001 D1 50.785 Départements Bouches-du-Rhône, in dem 2002 L1 50.072 Marseille liegt) das Gruppenleben. So sam- 2003 L1 50.813 melten sie in der Vergangenheit Geld für die In den beiden Jahren nach dem Gruppenfanzines: Renovierung der „Bonne-Mère“ (die Kathe- Zwangsabstieg: Le magazine des Ultras, Ultras Marseille drale ist das Wahrzeichen von Marseille), und 1995 D2 18.794 Fanatics Massilia, Fanatics aktuell zu Gunsten hilfsbedürftiger Kinder im 1996 D2 17.959 Révolution Orange, South Winners Senegal und in Rosario (Argentinien). Beson- (auch online verfügbar) derheit: Ihre Internetseite ist als einzige auch O.D.E.C (On doit être capable), MTP in provenzalischer Sprache verfügbar. Das Stadion Stade Vélodrome, 60.000 Sitzplätze, zuletzt umgebaut für die WM 1998. Die Supporter Lieblingslieder trauern noch heute der Stimmung im alten, Hissez haut, les drapeaux viel engeren Stade Vélodrome nach. Immer (auf die Melodie von „Santiano“) wieder ein Thema, besonders in Wahlkampf- Allez l’OM, allez marseillais, zeiten: eine Überdachung des Stadions. Ur- allez OM, allez Marseiller sprünglich vorgesehen, wird sie von den Fans hissez haut, les drapeaux. seit langem gefordert, bislang vergeblich. Hisst die Fahnen hoch Tous unis sous les mêmes couleurs, Kartenverkauf / Alle vereint unter denselben Farben le virage reprendra en coeur, Mitgliedschaft stimmt die Kurve im Chor ein: Allez l’OM, allez marseillais, „Es ist eure Kurve, also kümmert euch auch Allez OM, allez Marseiller drum!“, dekretierte Bernard Tapie, als er den hissez haut, les drapeaux. Fanvereinigungen den Verkauf der Dauerkar- Hisst die Fahnen hoch Auswärts in St. Étienne Foto: Fabes ten für die Kurven übertrug. Jede Gruppe Tous unis sous les mêmes couleurs, verkauft für ihren Sektor. Niedrige Dauer- Alle vereint unter denselben Farben MTP (Marseille Trop Puissant) kartenpreise sind eines der Hauptanliegen le virage chante avec ferveur. Gegründet: 1994 der Marseiller Fans, tatsächlich gehören sie Singt die Kurve voller Leidenschaft Mitglieder: 3.000 zu den günstigsten in ganz Frankreich. Ak- Logo: Krake tuell verkauft OM die Dauerkarten für 100 Aux armes! Im Stadion: Oberrang links, Virage Depé Euro an die Gruppen, die dann beim Wei- (Wechselgesang zwischen den Kurven) Fanhaus: 24–31, rue des Trois Mages, terverkauf eigene Beiträge aufschlagen. So Aux Armes, aux Armes Marseille zahlt man bei den Winners zusätzlich 15 Zu den Waffen, zu den Waffen! [die ersten Als nach dem Zwangsabstieg der Glaube an Euro Mitgliedsbeitrag und 15 Euro für das Worte der Marseillaise, frz. Nationalhymne] den Club und die Fanunterstützung bröckeln, Abo des Fanmagazins. Wer eine Dauerkarte Nous sommes les marseillais gründet der legendäre Depé, ein ex-Winner, über die Gruppen bezieht, ist automatisch Wir sind die Marseiller MTP, um ein Zeichen zu setzen – und um die Mitglied; man kann jedoch auch ohne Kar- Et nous allons gagner leidenschaftliche Stimmung der Südkurve tenkauf Mitglied werden. Und wir werden siegen auch in den Norden zu tragen. Bei den Aus- Die meist sehr limitierten Auswärtskarten Allez l’OM, allez l’OM wärtsfahrten in triste Zweitligastadien „am werden anteilmäßig nach Größe an die Grup- Allez l’OM, allez l’OM Arsch der Welt“ macht die Gruppe schnell pen verteilt und über diese verkauft; Rest- auf sich aufmerksam, nach dem Wiederauf- karten gehen über OM an den gastgebenden Zahlreiche weitere Lieder, zum Teil auch als stieg zwei Jahre später steigen die Mitglie- Verein zurück. mp3, auf www.om-passion.com/chants derzahlen rasant an. In Zusammenarbeit mit der „Caravane des Quartiers“ bemühen sie sich, besonders Jugendliche aus sozialen Fanzines Internetseiten Brennpunkten in die Gruppe zu integrieren. Fanmagazine: www.ohaime.com Aus den 10 Mitgliedern sind heute 3.000 OM Plus, landesweit vertriebenes Fanma- www.curva-massilia.com geworden, die Basis der Gruppe ist aber im- gazin, Auflage: 40.000, zwei feste Mitarbei- www.om-passion.com mer noch das Viertel La Plaine, wo sich auch ter. Ehemals das Fanmagazin des Clubs, www.supporters-de-marseille.com das Fanhaus befindet. erscheint nach finanziellen Schwierigkeiten www.opiom.net Stadionwelt Juni /Juli 2006 119
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