Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker

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Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
Kamme
 Scharoun Ensemble Berlin

 Dienstag
 05.10.21

ermusik
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
Kammermusiksaal

                                                                                 Dienstag, 05.10.21, 20 Uhr

                                                                                 Serie Philharmonische Kammermusik
                                                                                 Scharoun Ensemble Berlin:
                                                                                 Wolfram Brandl Violine
                                                                                 Christophe Horák Violine
                                                                                 Julia Gartemann Viola
                                                                                 Claudio Bohórquez Violoncello
                                                                                 Peter Riegelbauer Kontrabass
                                                                                 Alexander Bader Klarinette
                                                                                 Markus Weidmann Fagott
                                                                                 Stefan de Leval Jezierski Horn

                                                                                 Majella Stockhausen Klavier

AUSSERGEWÖHNLICHER KLANG –
   EINZIGARTIGES ERLEBNIS
Tauchen Sie ein in die C. Bechstein Welt und begeben Sie sich
  auf eine Klangreise in unser C. Bechstein Centrum Berlin.                      Kirill Petrenko
                                                                                 Chefdirigent und künstlerischer Leiter
                                                                                 der Berliner P­ hilharmoniker

                                                                                  Andrea Zietzschmann
            C. Bechstein Centrum Berlin · Kantstraße 17 · 10623 Berlin
                                                                                  Intendantin der Stiftung Berliner
    Telefon +49 (0)30 2260 559 100 · berlin@bechstein.de · bechstein-berlin.de   ­Philharmoniker
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
Franz Schreker (1878 –1934)
                                                      Der Wind
                                                      Tanz-Allegorie nach einer Dichtung von Grete Wiesenthal
                                                      für V
                                                          ­ ioline, Klarinette, Horn, Violoncello und Klavier
                                                      Dauer: ca. 10 Min.

                                                      Egon Wellesz (1885 –1974)
                                                      Oktett op. 67
                                                      für Klarinette, Fagott, Horn, zwei Violinen, Viola, Violoncello
                                                      und Kontrabass

                                                      1. Andante – Allegretto
                                                      2. Adagio
                                                      3. Presto – Trio
                                                      4. Andante con moto
                                                      5. Allegretto – Presto
                                                      Dauer ca. 30 Min.

                                                      Pause

                                                      Ludwig van Beethoven (1770 –1827)
                                                      Septett Es-Dur op. 20
                                                      für Klarinette, Horn, Fagott, Violine, Viola, Violoncello
                                                      und ­Kontrabass

                                                      1. Adagio – Allegro con brio
                                                      2. Adagio cantabile
                                                      3. Tempo di Menuetto – Trio
                                                      4. Tema con variazioni: Andante
                                                      5. Scherzo: Allegro molto e vivace
                                                      6. Andante con moto alla marcia – Presto
Fotoaufnahmen,                Die Stiftung Berliner
Bild- und Tonaufzeich­       ­Philharmoniker          Dauer: ca. 40 Min.
 nungen sind nicht            wird gefördert durch:
­gestattet. Bitte schalten
Sie vor dem Konzert
Ihre Mobiltelefone aus.

      2            Saison 2021/22                          3              Programm
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
Auf- und Umbrüche
Drei Wegbereiter der Wiener Musik

                                           Wiener Moderne
                                           in einer Grafik von
                                           Koloman Moser, 1904
                                           (Ausschnitt)

Wien ist zugleich ein Ort der Tradition und der
Avantgarde. Das Scharoun Ensemble stellt zwei
Komponisten vor, die maßgeblich am musikalischen
Aufbruch dieser Stadt in das 20. Jahrhundert mit-
wirkten: Franz Schreker und Egon Wellesz. Sie beide
starteten erfolgreiche Karrieren, bis sie sich antisemi-
tischer Verfolgung durch die Nationalsozialisten
ausgesetzt sahen. Am heutigen Abend sollen sie im
Zuge des Saisonschwerpunkts »Lost Generation«
gewürdigt werden, der sich den zu Unrecht ver­
gessenen Komponisten zwischen Spätromantik
und Moderne widmet. Am Ende des Abends steht
­Ludwig van Beethoven auf dem Programm, der
 hundert Jahre vor Schreker und Wellesz ebenfalls
 ein musikalischer Wegbereiter Wiens war.

   4      Saison 2021/22
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
»Ordnung ist, wo nichts ist«, spottete Bert Brecht in seinen
                                                       posthum erschienenen Flüchtlingsgesprächen. Sein bit-
                                                       terer Hohn galt der deutschen Gründlichkeit, mit der die
                                                       Nazis ihr Vernichtungswerk vollzogen. Indem Millionen
                                                       Menschen ums Leben kamen, starben auch ihre Ideen,
                                                       Hoffnungen und Träume – alles, was im geistigen Leben,
                                                       in Kunst und Kultur Ausdruck und Gestalt hätte finden
                                                       können. Die Liste ermordeter, verfolgter und ins Exil ge-
                                                       triebener Musiker ist unübersehbar lang – Juden zumeist,
                                                       doch oft auch politisch Unerwünschte oder als »entartet«
                                                       gebrandmarkte »Neutöner«.
                                                            Zu letzteren wurden die erfolgreichen österrei-
                                                       chisch-jüdischen Komponisten Franz Schreker und Egon
                                                       Wellesz erklärt, obwohl der eine als Spätromantiker
                                                       allenfalls zum Impressionismus strebte, der andere das
                                                       Problem der Modernität zu lösen versuchte, indem er
                                                       aus traditionellen Quellen schöpfte. Ihre Gegensätzlich-
                                                       keit wirft ein Schlaglicht auf die Buntheit und Vielfalt des
                                                       künstlerischen Schaffens im ersten Drittel des vorigen
                                                       Jahrhunderts, die nach dem Kulturbruch des Zweiten
                                                       Weltkriegs nicht wiederzubeleben war.

                                                            Die Buntheit von Expressionismus,
                                                            Dada, Neoklassizismus und Agitprop war
                                                            nach dem Kulturbruch des Zweiten Welt-
                                                            kriegs nicht wiederzubeleben.
                                                            Eine veränderte Ästhetik ging über sie hinweg,
                                                       härter und schneller, humor- und kompromissloser als
                                                       diejenige der sinnlichen oder rebellischen Experimentier­
                                                       freude in allen Stilen und Genres, zwischen Expressionis­
                                                       mus, Dada, Neoklassizismus und Agitprop. Wer über-
                                                       lebt hatte, konnte häufig an frühere Erfolge nicht mehr
                                                       anknüpfen, erlebte unter dem strengen Urteil der
                                                       Nachkriegsavantgarde quasi eine zweite Vertreibung.
Musik am Abend, Gemälde von Conrad Felixmüller, 1925   Mit Recht lässt sich so auf die Generation der zwischen
                                                       1880 und 1920 geborenen Komponisten Gertrude Steins
                                                       Begriff der »Lost Generation« anwenden. Sie im Konzert-
                                                       saal wieder zu Wort kommen zu lassen, ist Anliegen des
                                                       gleichnamigen Saisonschwerpunkts der Berliner Philhar-
                                                       moniker.

     6         Saison 2021/22                               7        Werkeinführungen
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
Franz Schreker
Der Wind

Unfassbar, dass die Werke Franz Schrekers nur langsam
auf die Opernbühnen zurückkehren. Der ferne Klang,
Irrelohe und Der Schatzgräber waren S­ ensationserfolge,
ihre Aufführungszahlen übertrafen diejenigen von
Richard Strauss. 1920 wurde Schreker als Direktor an die
Berliner Akademische Hochschule für Musik berufen –
hier und als Leiter einer Meisterklasse an der Akademie
der Künste war er ein gefragter Kompositionslehrer.
Ständige Angriffe der NS-Kulturpolitik zwangen ihn zur
Niederlegung dieser Ämter, zuletzt 1933. Nur ein Jahr
später erlag er 56-jährig einem Herzinfarkt.
      Die Tanz-Allegorie Der Wind ist ein typisches Bei-
spiel für die Suche nach neuen Ausdrucksformen im Wien
der Jugendstilepoche: Bild und Klang, Kammermusik und
Pantomime vermischen sich hier auf ganz eigenartige
Weise. Die Tänzerin Grete Wiesenthal hatte 1908 die
Kunstschau der Wiener Secession bereits mit Schrekers
Pantomime Der Geburtstag der Infantin nach Oscar
Wilde eröffnet. Der Erfolg ließ sie daraufhin ein eigenes
Prosa-Szenario für den 30-jährigen Komponisten ver-
fassen, in dem sie ihre berühmten Schwungbewegungen             Die Tänzerin Grete Wiesenthal, von der die Prosavorlage zu Schrekers Der Wind
besonders eindrucksvoll präsentieren konnte.                    stammt. Holzschnitt von Erwin Lang, 1910

    Die Tanz-Allegorie Der Wind ist ein typisches
    Beispiel für die Suche nach neuen Aus­drucks­­
    formen im Wien des Jugendstils.
     Im selben Jahr schrieb Arnold Schönberg, mit dem
Schreker damals in intensivem Austausch stand, sein
zweites Streichquartett, an dessen Ende eine Sopran-
stimme »luft von anderem planeten« fühlt. Auch Schreker
bewegt sich in seiner Musik am Rande der Atonalität,
wenn auch weniger radikal. Kreisende Doppelgriff­
figuren des Klaviers, irisierende, ineinander fließende
Harmonien, weiträumig gewundene, sich kräuselnde

    8         Saison 2021/22                                9           Werkeinführungen
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
Linien von Violine und Klarinette in raffinierten, orchestral
wirkenden Mischungen deuten eher auf impressionis-
                                                                Egon Wellesz
tische Naturschilderungen à la Debussy hin. Triller und         Oktett op. 67
Tremoli zeichnen das Brausen und Flüstern des Windes,
das Zittern der Bäume im Sturm, schwere chromatische
Akkordgänge die Zuspitzung der Gefahr in fast szeni-
scher Plastizität.

              
              Entstehungszeit                                   Nicht nur die Nazis verunglimpften Schrekers sinnliche
              1909                                              Klangsprache als »sexualpathologisch«, schmähten ihn
              Uraufführung                                      den »Magnus Hirschfeld der Opernbühne«. Dass er wie
              2. März 1909 im Wiener Raimund-Theater mit        der Berliner Sexualforscher auf der Basis der Freudschen
              ­Musikern des hauseigenen Orchesters              Theorie unbewusste, erotisch angetriebene Prozesse auf
                                                               musikalischer Ebene zu durchleuchten versuchte, krei-
                                                                deten ihm auch andere an. So kritisierte Egon Wellesz
                                                                die »Überfülle des Klangs, Überladung des Details, [das]
                                                                Übermaß an Psychologie« als »Verfallserscheinungen«.
                                                                Knapp zehn Jahre jünger als Schreker, erschien Wellesz
                                                                nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs das »roman­
                                                                tische Empfinden« überholt; ähnlich wie Busoni strebte
                                                                er nach einer »Jungen Klassizität«. Mozart war sein Ideal,
                                                                doch nicht retrospektiv: »Es gibt in der Kunst kein Zurück,
                                                                sondern nur ein Vorwärts.« So blieb er auch Strawinskys
                                                                Neoklassizismus gegenüber skeptisch. Der promovierte
                                                                Musikwissenschaftler Wellesz zog seine Inspiration aus
                                                                der Erforschung der byzantinischen Musik – schon 1932
                                                                hatte er dafür die Ehrendoktorwürde der Universität
                                                                Oxford erhalten, wo er nach seiner Emigration 1938 als
                                                                anerkannter Forscher wirken konnte.

                                                                    Wellesz hielt romantisches Empfinden für
                                                                    überholt und strebte nach Klassizität.
                                                                     Die Entstehung des Oktetts op. 67 verdankt sich
                                                                einem Gastspiel der Wiener Philharmoniker in London,
                                                                bei dem Musiker des Orchesters Wellesz um ein Stück
                                                                baten, das man zusammen mit dem Schubert’schen
                                                                Oktett aufführen könne. Das Werk, 1949 bei den Salz-
                                                                burger Festspielen uraufgeführt, entspricht formal einem
                                                                fünfsätzigen Divertimento nach klassischer Tradition. Sein
                                                                Leitstern ist neben Schuberts Oktett auch Beethovens
                                                                Septett, und wie diese Werke beginnt Wellesz mit einer
                                                                langsamen Einleitung, einer Aufschichtung von Quinten

     10        Saison 2021/22                                       11        Werkeinführungen
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
in den Streichern. Wie ein spröde-dramatisches Motto
                                                                    durchzieht sie den ersten Satz, taucht in unterschied-
                                                                    lichen Streicher-Bläser-Kombinationen immer wieder
                                                                    auf. Zwischen diesen Zäsuren entfaltet sich ein energi-
                                                                    sches, kontrapunktisch geführtes Allegro, ein wenig an
                                                                    Hindemith oder auch den kollegial verbundenen Freund
                                                                    Bartók erinnernd, dessen Volksmusik-Studien Wellesz
                                                                    nacheiferte.
                                                                          Der Einfluss des Byzantinischen zeigt sich immer
                                                                    wieder in langen, einstimmigen Melodielinien, welche
                                                                    das komplexe Geschehen durchbrechen und strukturie-
                                                                    ren; so auch im feierlichen Unisono-Beginn des Adagios
                                                                    in den tiefen Streichern, der sich expressiv verdichtet.
                                                                    Die beiden langsamen Sätze umschließen ein rasantes
                                                                    Scherzo, von einer burschikosen Klarinette angeführt und
                                                                    rhythmisch scharf akzentuiert. Mit dem Oktett passte sich
                                                                    Wellesz, der im Exil einige Jahre als Komponist verstummt
                                                                    war, sicher einem traditionelleren Geschmack an, doch
                                                                    findet er eine überzeugende individuelle Lösung, auch
                                                                    indem er den heiteren Grundgestus immer wieder dra-
                                                                    matisch-melancholisch hinterfragt.

                                                                                 
                                                                                 Entstehungszeit
                                                                                 1948/49
                                                                                 Uraufführung
                                                                                 25. August 1949 im Rahmen der Salzburger Festspiele
                                                                                 durch das Wiener Oktett
                                                                                 
Der junge Egon Wellesz in einem Porträt von Oskar Kokoschka, 1911

     12         Saison 2021/22                                          13        Werkeinführungen
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
Ludwig van Beethoven
                                                Septett op. 20

                                                Beethovens Septett op. 20 entstand in zeitlicher und
                                                gedanklicher Nähe zur Ersten Symphonie und zum
                                                Ersten Klavierkonzert. Zusammen präsentierte er die
                                                drei ­Werke – die wichtigsten Produktionen seiner frühen
                                                ­Wiener Jahre – in seinem ersten eigenen Konzert am
                                                 2. April 1800, wobei das Septett der längste Programm-
                                                 punkt war. Als Vorbild hatte dem jungen Komponisten
                                                 Mozarts bewundertes Divertimento Es-Dur KV 563 ge-
                                                 dient, ein Streichtrio, dem er auch in seinem eigenen Trio
                                                 op. 3 nacheiferte.
                                                       Indem er im Septett die Besetzung Violine, Viola und
                                                 Violoncello um einen Kontrabass erweiterte und dieser
                                                 Streichergruppe ein Bläsertrio aus Klarinette, Horn und
                                                 Fagott gegenüberstellte, knüpfte er nicht nur an die Se-
                                                 renadentradition des 18. Jahrhunderts an, sondern schuf
                                                 zugleich einen äußerst beweglichen Klangappa­rat, der
                                                 sich sowohl solistisch einsetzen als auch zu o
                                                                                              ­ rchestraler
                      Beethoven zur Zeit         Fülle steigern ließ. Schon Mozart hatte die leichten Unter­
                      der Entstehung des         haltungsformen als Laboratorium für symphonische
                      Septetts, Punktierstich
                      von Johann Joseph
                                                 Experimente benutzt; Beethoven begründete geradezu
                      Neidl                      eine Form der symphonischen Kammermusik zur Erpro­
                                                 bung von Dialogstrukturen und Klangmischungen.
                                                 Schubert und Brahms folgten ihm auf diesem Weg, und
                                                 auch Egon Wellesz sprach bei seiner Oktettbesetzung
                                                 von einem »Miniaturorchester« und ließ eine reiche sym-
                                                 phonische Produktion folgen.

                                                    Ist das Septett Beethovens
                                                    »Nullte« ­Symphonie?
                                                    Auch in der Satzanlage folgt Beethoven Mozart:
                                                Nach einem Allegro und Adagio in Sonatenform schlie-
                                                ßen zwei Tanzsätze einen Variationensatz ein, gefolgt
                                                vom ausladend-übermütigen Finale. Allerdings mit einer
                                                Neuerung: dem gemächlichen Tempo di Menuetto,
                                                dessen Thema Beethovens Klaviersonate op. 49 Nr. 2

14   Saison 2021/22                                 15        Werkeinführungen
Kammer - ermusik - Scharoun Ensemble Berlin Dienstag 05.10.21 - Berliner Philharmoniker
entnommen ist, steht nicht ein weiteres Menuett, sondern
die »wilde Jagd« eines vom Horn angeführtes Scherzos
gegenüber. Vergangenheit und Zukunft treffen hier
unmittelbar aufeinander – denn das Scherzo sollte das
Menuett dauerhaft verdrängen, und der Septettsatz
wirft seine Schatten auf die Scherzi der Dritten und Sieb-
ten Symphonie voraus. Auch das Prinzip der langsamen
Einleitung, die hier in die raschen Ecksätze mal besinn-
lich, mal gewichtig einführt, hat Beethoven in der Ersten

                                                                   Klassik
Symphonie wieder angewandt, während das Adagio als
Vorbild des langsamen Satzes der Vierten gilt.
      Kann man also das Septett als Beethovens »­ Nullte«
bezeichnen? An Popularität jedenfalls übertraf sein zu
seinen Lebzeiten meistgespieltes Stück alle anderen
Werke so weit, dass das Thema des Andante con varia-

                                                                   erleben
zioni 1838 in einer Volkliedsammlung als »Niederrheini-
sches Volkslied« auftauchte. Den Meister ärgerte später
die Beliebtheit seines Frühwerks, in dem er selbst »viel
natürliche Empfindung«, aber »wenig Kunst« erblickte. Ein
Ausspruch, der zeigt, dass auch Genies irren können.

                                          Isabel Herzfeld

              
              Entstehungszeit
              1799
              Uraufführung
              am 20. Dezember 1799 in einem privaten Konzert des
              Geigers Ignaz Schuppanzigh; die erste öffentliche
              Aufführung folgte am 2. April 1800 im Wiener Hof-
              burgtheater im Rahmen einer von Beethoven veran-
              stalteten »Akademie«.
              
                                                                                     Unterstützen Sie uns beim Kauf
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                                                                                     Philharmonie und Kammermusiksaal
                                                                                     oder bei der Förderung besonderer
                                                                                     musikalischer Projekte.

                                                                                     Wir freuen uns auf Sie!
                                                                                     Freunde der Berliner Philharmoniker e. V.
                                                                                     berliner-philharmoniker.de/freunde
    16        Saison 2021/22                                       17   Werkeinführungen
Scharoun Ensemble Berlin

Das Scharoun Ensemble Berlin verdankt seine Existenz
Franz Schuberts Oktett in F-Dur. Um diese geniale Kom-
position einzustudieren und aufzuführen, gründeten
einige junge Philharmoniker 1983 ein Ensemble und
machten Hans Scharoun, den Architekten der Philhar-
monie Berlin, zum Namensgeber. »Wir wollten einen
prägnanten Begriff, mit dem wir ein markantes Profil ent-
wickeln konnten, der aber gleichzeitig einen gewissen
Bezug zur Philharmonie hat«, erinnert sich Kontrabassist
und Gründungsmitglied Peter Riegelbauer. Heute ge-
hört das Scharoun Ensemble dank seines unverwechsel-
baren Timbres, in dem Streicher und Bläser zu einem
ideal ausbalancierten Gesamtklang verschmelzen, zu
den erfolgreichsten Kammermusikgruppen der interna-
tionalen Musikszene. Seit 2005 kuratiert es das von ihm
gegründete Zermatt Festival. Das Scharoun Ensemble
versteht sich als flexible Gruppe, sowohl hinsichtlich sei-
ner Besetzung – die klassische Oktettformation wird bei
Bedarf verkleinert oder erweitert – als auch bezüglich
des Repertoires. Dessen Eckpfeiler sind Schuberts ­Oktett
und Beethovens Septett, insgesamt jedoch reicht es
von Kompositionen des Barock bis zu zeitgenössischen
­Stücken. Gerade die Zusammenarbeit mit großen Kom-
 ponistinnen und Komponisten unserer Zeit empfinden
 die Musikerinnen und Musiker als inspirierend, und so
 nimmt die Neue Musik einen großen Raum in den Kon-
 zerten des Scharoun Ensembles ein, das u. a. Werke von
 Hans Werner Henze, Pierre Boulez, Wolfgang Rihm und
 Jörg Widmann initiiert und uraufgeführt hat.

    18      Saison 2021/22                                    19   Scharoun Ensemble Berlin
© Conny Maier, Courtesy of König Galerie

                                                                                                                                                                                                                           © A Gentil Carioca, Maxwell Alexandre
Blick auf die Conditio humana
Artists of the Year 2021 der Deutschen Bank
im PalaisPopulaire

Die Auszeichnung „Artist of the Year“ der Deutschen Bank wird zehn
Jahre alt. Junge Künstler*innen, die mit Papier oder Fotografie
arbeiten, werden seit 2010 durch Ankäufe ihrer Werke für die
Sammlung Deutsche Bank, einen Katalog und Einzelausstellungen
einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Anlässlich des
Jubiläums werden erstmals drei Künstler*innen ausgezeichnet,
die jetzt mit neuen Werken im PalaisPopulaire zu sehen sind. Das                                                                                                                        gewalt und schwarze Identität. Virtuos in der Farbgebung, kraftvoll und
Besondere: Alle drei kamen über ungewöhnliche Wege zur Kunst,                                                                                                                           nicht ohne Ironie knüpft die Berlinerin Conny Maier an die Traditionen
reflektieren elementare Themen wie Gemeinschaft, Spiritualität                                                                                                                          der französischen Fauvisten und des deutschen Expressionismus an.
und Umweltzerstörung. Der 30-jährige Maxwell Alexandre stammt                                                                                                                           Im Zentrum ihrer Malerei-Installation steht ein riesiges, im wahrsten
aus Rio de Janeiros größter Favela. Seine Gemälde, Performances                                                                                                                         Sinne überwältigendes Triptychon, dem sie den Titel „Dominanz“
und Installationen kreisen um Rassismus, Musik, Religion, Polizei-                                                                                                                      gegeben hat. Und genau darum geht es auch in ihren Bildern: um
                                                                                                                                                                                        den Konflikt zwischen moderner Zivilisation und Natur, die Frage, wer
                                                                                                                                                                                        wen beherrscht, die Oberhand behält. Der taiwanesische Künstler
                                                                                                                                                                                        Zhang Xu Zhan fertigt für seine Filme und Installationen filigrane
                                                                                                                                                                                        Figuren und Landschaften aus Pappmaschee an. Sein immersiver
                                                                                                                                                                                        Kosmos ist von märchenhaften Wesen, singenden Tieren und Pflanzen
                                                                     © Zhang Xu Zhan, courtesy of the artist and Project Fulfill Art Space

                                                                                                                                                                                        sowie Naturgeistern bevölkert – und transformiert alte Fabeln für das
                                                                                                                                                                                        Internetzeitalter. Drei Statements zur Conditio humana, die radikales
                                                                                                                                                                                        Um- und Neudenken einfordern.

                                                                                                                                                                                        Deutsche Bank „Artists of the Year“ 2021
                                                                                                                                                                                        Maxwell Alexandre – Conny Maier – Zhang Xu Zhan
                                                                                                                                                                                        Bis zum 7. Februar 2022

                                                                                                                                                                                        PalaisPopulaire
                                                                                                                                                                                        Unter den Linden 5, 10117 Berlin
                                                                                                                                                                                        db-palaispopulaire.de
Konzerttipps

                                                                                                                                Daniil Trifonov spielt Bachs »Kunst der Fuge«
                                                                                                                                Die Musik von Johann Sebastian Bach ist für Starpianist

Frank Peter Zimmermann – eine musikalische                                                                                      Daniil Trifonov eine Herzensangelegenheit. In u­ nserer ­Reihe
                                                                                                                                Klavier erleben wir den russischen Pianisten ­des­wegen
                                                                                                                                ­ausschließlich als Bach-Interpreten – mit einem der heraus­
Freundschaft                                                                                                                    forderndsten Werke, die uns der ­Thomas­­kantor hinter-
                                                                                                                                lassen hat: der Kunst der Fuge. Es sei dies eine Mu­sik – so
                                                                                                                                Trifonov –, die zwar mathematisch und kontra­­­­­punktisch
Frank Peter Zimmermann zählt zu den langjährigen Weggefährten der Berliner Philharmoniker,                                       konzipiert ist, die man aber auch »zum Schweben« bringen
die in der Zusammenarbeit immer wieder besondere Impulse setzen und anregende Perspektiven                                       müsse. Entsprechend beschwingt, transparent und spiele-
eröffnen. Seine Auftritte knüpfen einen roten Faden zwischen Generationen von Musikerinnen und                                   risch klingt Bachs Werk unter seinen Händen.
Musikern – kaum ein für das Orchester prägender Dirigent dieser Jahre hat nicht mit dem Ausnah-
megeiger zusammengearbeitet.                                                                                                    Mo    25.10.21    20 Uhr

Die exklusive Edition präsentiert nun mit Violinkonzerten von Beethoven, Bartók und Berg vier                                   Großer Saal
herausragende Momentaufnahmen dieser intensiven musikalischen Freundschaft.                                                     Daniil Trifonov Klavier

                                                                                                                                Karten von 31 bis 76 Euro

                                                                                                                                Renaud Capuçon und die Karajan-Akademie
                                                                                                                                Ein heiter-melancholisches Programm mit dem franzö-
                                                                                                                                sischen Geiger Renaud Capuçon und der Karajan-Aka-
                                                                                                                                demie: Für den heiteren Aspekt sorgen zwei Werke
                                                                                                                                Wolfgang Amadeus Mozarts, dessen Violinkonzert Nr. 3
                                                                                                                                G-Dur und seine »Haffner-Symphonie« die Wiener Klassik
                                                                                                                                von ihrer lichten Seite zeigen. Melancholisch hingegen
                                                                                                                                geben sich Richard Strauss’ Metamorphosen, in denen der
                                                                                                                                Komponist die Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg
                                                                                                                                betrauert.

                                                                                                                                Sa    30.10.21    20 Uhr

                                                                                                                                Kammermusiksaal
                                                                                                                                Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker
                                                                                                                                Renaud Capuçon Violine und Leitung
Berliner Philharmoniker    Ludwig van Beethoven       Alban Berg                Béla Bartók
Frank Peter Zimmermann     Konzert für Violine und    Konzert für Violine und   Konzert für Violine und                         Karten von 15 bis 35 Euro
                           Orchester D-Dur op. 61     Orchester »Dem Andenken   Orchester Nr. 1 Sz 36
                           Kadenzen: Fritz Kreisler   eines Engels«             Konzert für Violine und
2 CD · 1 Blu-ray           Daniel Harding             Kirill Petrenko           Orchester Nr. 2 Sz 112
                                                                                Alan Gilbert

                   Jetzt erhältlich unter
                   berliner-philharmoniker-recordings.com
                   und im Shop der Philharmonie Berlin
                                                                                                            23   Konzerttipps

Ticketverkauf
• online unter berliner-philharmoniker.de
• t elefonisch unter +49 30 254 88-999
   Montag – Freitag 9 –16 Uhr
• a n der Konzertkasse der Philharmonie
    Montag – Freitag 15–18 Uhr
    Samstag, Sonntag und an Feiertagen 11–14 Uhr


                                                                                                                          Hier spielen
                                                                                                                          wir nur für
                                                                                                                          Sie
                                                    
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Redaktion: Tobias Möller (V. i. S. d. P.)
Mitarbeit: Stephan Kock, Anne Röwekamp,
Hendrikje Scholl · Porträt Scharoun Ensemble:
Nicole Restle · Abbildungen: S. 5 Heritage
Images / Fine Art Images / akg-images, S. 6
akg-images / © Conrad Felixmüller / VG Bild-
Kunst, S. 9, S. 14 akg-images, S. 12 Artimages /
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­Dario Acosta (o.), Marc Ribes (u.) · Artwork:
 Studio Oliver Helfrich · Layout: Stan Hema                                                                                                       Jetzt in
 Satz: Bettina Aigner · Herstellung: Reiter-Druck,                                                                                                Hi-Res
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Einzelheftpreis: 3 Euro                                                                          der Digital Concert Hall
PH 10, 2021/22
                                                                                                                                    digitalconcerthall.com
      24          Saison 2021/22
15.9.2021 – 7.2.2022

                                           Deutsche Bank
                                           “Artists of the Year”
                                                      MA XWELL
                                                      ALEXANDRE
                                                      CONNY
© Conny Maier. Courtesy of König Galerie

                                                      MAIER
                                                      ZHANG XU
                                                      ZHAN
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