Kampfdrohnen für die Bundeswehr? - Nomos eLibrary
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For u m Kampfdrohnen für die Bundeswehr? Die Republik diskutiert über Drohnen – genauer: über Verteidigungsminister Thomas de Maizière und das millionenschwere Beschaffungsdebakel beim Euro Hawk. Allerdings droht der Streit über politische Verantwortung, administrative Mängel und persönliche Versäumnisse eine grundlegende Debatte zu ersticken: Braucht die Bundeswehr solche Aufklärungssysteme? Der Minister liebäugelt sogar mit der Anschaffung von Kampfdrohnen. Bis Ende des Jahres hält er eine Auswahlentscheidung für möglich, die dem neuen Bundestag zur Bewilligung vorlegt werden könne. Solche Waffen seien – wie anderes Militärgerät auch – ethisch neutral. Das mag auf den ersten Blick empören. Schließlich handelt es sich um jene Systeme, die die USA zur gezielten Tötung von Terrorverdächtigen einsetzen. Auf den zweiten Blick erscheint die Kampfdrohnen-Option nur konsequent. Denn die Bundeswehr ist seit Jahren eine Armee im Einsatz. Und verdienen ihre Soldaten und Soldatinnen nicht den bestmöglichen Schutz – auch durch unbemannte Waffensysteme? S+F hat hierzu kontroverse Stimmen eingeholt: Der erste Beitrag gibt die Sicht eines hochrangigen Beamten aus dem Verteidigungsministerium wieder. Danach beziehen Politiker Stellung. Dabei kommt sowohl ein Befürworter als auch ein Kritiker der Anschaffung von Kampfdrohnen zu Wort. Abschließend problematisieren zwei Wissenschaftler und eine Wissenschaftlerin sicherheitspolitische, ethische und völker rechtliche Implikationen unbemannter Waffensysteme. Die Debatte darf nicht auf die Frage militärischer Funktionalität verkürzt werden. Sabine Jaberg Zur Zukunft der Drohnen Flugkörpers. Gleichzeitig ermöglicht diese Agilität einen Ab bruch der Bekämpfung durch eine Flugwegänderung weg vom Ulrich Schlie Ziel, wenn dies durch eine plötzliche Veränderung der Lage erforderlich wird – beispielsweise durch das Eintreten unbe Drohnen haben gegenwärtig mediale Konjunktur. Von einer teiligter Personen in den Wirkradius der Waffe. Aus diesem echten gesellschaftlichen Debatte freilich, wie sie der Bun Grund ist der Waffeneinsatz von bewaffneten UAS auch einem desminister der Verteidigung, Dr. Thomas de Maizière, wie Einsatz von Mörsern, Artillerie und ungelenkten Flugkörpern derholt gefordert hat, sind wir noch immer ein gutes Stück vorzuziehen. Bewaffnete UAS können darüber hinaus einen entfernt. Die Aufregung um die Entscheidung, das Euro- erkannten Gegner reaktionsschnell und präzise und skalierbar Hawk-Programm nicht weiter zu verfolgen und die Spekula bekämpfen, auch dann, wenn er sich in unmittelbarer Nähe tionen um eine künftige Entscheidung der Bundesregierung, zu eigenen Kräften, zu Zivilpersonen oder eigenen Einrich Drohnen zu beschaffen, haben vielmehr eine Entrüstungs tungen befindet. spirale in Gang gesetzt, die Gefahr läuft, den Blick auf das Einsatzerfahrungen der Nutzer von bewaffneten UAS zeigen, Wesentliche zu verstellen. Dabei kommt insbesondere zu dass eine ein bis zwei Sekunden dauernde zeitliche Verzö kurz, dass es in der Geschichte der Kriegführung seit jeher gerung des Lagebildes durch die SATCOM-Verbindung vom Innovationssprünge gegeben hat. Im vergangenen Jahrhun UAS zum verantwortlichen Offizier und zurück für den Einsatz dert haben etwa die Entwicklung des Panzers oder auch des unerheblich ist. Auch beim Waffeneinsatz von bemannten Flugzeugs die Kriegführung regelrecht revolutioniert. Heute Luftfahrzeugen aus lassen sich zeitliche Verzögerungen des verändern die Miniaturisierung technischer Systeme und die Lagebildes aufgrund der Funk-/ Datenverbindung nicht aus Entwicklungen im Bereich unbemannter Systeme die mili schließen. Sie dürfen kein Hindernis für einen Waffeneinsatz tärischen Möglichkeiten und Fähigkeiten. Freilich gilt, dass darstellen. nicht die Einsatzmöglichkeiten oder -fähigkeiten von Waffen systemen entscheiden, sondern der Primat der Politik gilt und Gerade für Zugriffsoperationen der Spezialkräfte sind UAS die Gesetze den Rahmen für den Einsatz bewaffneter Gewalt unverzichtbar. UAS können beispielsweise weit im Vorfeld vorgeben. einer Zugriffsoperation das Zielgebiet überwachen, die Ziel personen aufklären, zu deren Identifizierung beitragen und Für eine effektive und verzugslose Bekämpfung gegnerischer auch während der Zugriffsoperation durch die Bereitstellung Kräfte – unter Vermeidung von Opfern in der Zivilbevölke von Sensordaten in Echtzeit effektiv unterstützen. Darüber rung – sind bewaffnete Unmanned Aerial Systems (UAS) auf hinaus ermöglichen ausschließlich UAS die weitere Beobach grund ihrer Verweildauer und Präzisionsfähigkeit in Ver tung auch nach Ende einer Operation. Überdies können bindung mit einer skalierbaren Waffenwirkung, oftmals die festgehaltene und gespeicherte Daten die Einhaltung oder einzige erfolgversprechende Möglichkeit, eigene Kräfte wirk Verletzungen von Einsatzregeln dokumentieren. Bei Bedarf sam zu unterstützen. Für das Erreichen der erforderlichen Prä stehen die gewonnenen Aufklärungsergebnisse auch den zu zision zur Zielerfassung und -verfolgung sind sowohl für das ständigen Ermittlungsbehörden zu einer Strafverfolgung zur UAS als auch für die Bewaffnung eine leistungsfähige Senso Verfügung. rik, eine stabile Datenverbindung und ein hochentwickelter Suchkopf der Waffe notwendig. Zudem erfordert die effektive Auch in der heutigen Einsatzwirklichkeit der deutschen Bekämpfung von beweglichen Zielen eine hohe Agilität des Bundeswehr sind Drohnen nicht mehr wegzudenken. Die https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 S+F (31. Jg.) 3/2 013 | 175 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. 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For u m | Kiesewetter, Kampfdrohnen für die Bundeswehr? Ja – zum Schutz der Soldaten! Bundeswehr setzt heute unbewaffnete, unbemannte Luft eines Kampfflugzeuges in den wenigen Sekunden des Zielan fahrzeuge der Medium Altitude Long Endurance (MALE)-Klasse flugs möglich ist. vom Typ Heron 1 seit März 2010 u.a. erfolgreich in Afgha Auch im asymmetrischen Gefecht sind die Regeln des Völ nistan ein. Diese unbewaffneten UAS wie Heron 1 dienen der kerrechts nicht außer Kraft gesetzt. Grundsätzlich regelt das kontinuierlichen Aufklärung und Überwachung zum Schutz geltende humanitäre Völkerrecht den Einsatz unbemannter unserer Soldaten am Boden, sie verfügen über eine geringe Luftfahrtsysteme im bewaffneten Konflikt umfassend und optische und akustische Signatur, die sie für einen Gegner angemessen. Eine Neuregelung, etwa durch einen Vertrag, ist ohne geeignete technische Hilfsmittel nahezu unbemerkbar völkerrechtlich nicht erforderlich. machen. Unter anderem verpflichtet Artikel 36 des Ersten Zusatzproto Geltende Grundlagen und Grundsätze für Einsätze der Bun kolls zu den Genfer Abkommen die Vertragstaaten, „bei der deswehr werden durch bewaffnete Drohnen nicht verändert. Prüfung, Entwicklung, Beschaffung und Einführung neuer Gezielte Tötungen – unerheblich, ob als Folge von Drohnen Waffen oder neuer Mittel und Methoden der Kriegsführung einsätzen oder anderen bewaffneten Mitteln – verstoßen ge festzustellen, ob ihre Verwendung stets oder unter bestimmten gen deutsches Recht und Gesetz. Weder der Auftrag noch die Umständen, gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts Einsatzpraxis der Bundeswehr könnten damit in Verbindung verstößt“. Insbesondere ist hier zu prüfen, ob eine Waffe oder gebracht werden. eine Methode oder ein Mittel der Kriegführung geeignet ist, Die Aufgabe der Bundeswehr besteht vielmehr darin, deutsche überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verur Soldatinnen und Soldaten am Boden durch eine kontinuier sachen, oder ob sie grundsätzlich nur so eingesetzt werden liche Aufklärung und Überwachung zu schützen. Erreicht wird können, dass keine Unterscheidung zwischen militärischen dies durch die sehr lange Stehzeit derartiger Systeme im Ein Zielen und der Zivilbevölkerung möglich ist. Eine generelle satzraum, wodurch weite Räume überwacht werden können Anwendbarkeit der Regelung des Art. 36 des Ersten Zusatz Durch diese Fähigkeit ist zudem sichergestellt, dass Aufklä protokolls in Bezug auf UAS besteht nicht. Die in der völ rungsergebnisse in Echtzeit an die Truppe am Boden übermit kerrechtswissenschaftlichen Diskussion vereinzelt vertretene telt werden können. Auf diese Weise erfolgen beispielsweise Auffassung, wonach es sich bei UAS um stand alone weapons lebensrettende Frühwarnungen. Im Auslandseinsatz entfal oder (als Gesamtsystem betrachtet) um eine neue Methode ten unbemannte Aufklärungsflugzeuge ihren ganzen Nutzen, bzw. ein neues Mittel der Kriegführung handele, wird von der etwa um unsere Patrouillen in Afghanistan vor Hinterhalten Bundesregierung in Übereinstimmung mit der überwiegenden oder Sprengfallen zu warnen. Die Kommandeure vor Ort in Auffassung anderer Staaten abgelehnt. Afghanistan haben seit März 2010 immer wieder bestätigt, Drohnen entbinden nicht den Menschen von seiner Verant dass sich die Sicherheitslage für die eigenen Kräfte im Ein wortung, im Gegenteil: Sie erhöhen die Verantwortung für satzgebiet aufgrund des Drohneneinsatzes bereits spür- und den Einsatz militärischer Gewalt, weil sie Komplexität und messbar verbessert hat. Wirkung erhöhen, aber sie erschließen auch die Perspektive Oft taucht die Frage auf, ob der Schutz der Soldaten nicht auch größeren Schutzes und sie sollten uns veranlassen, in stär mit den bereits vorhandenen Waffensystemen der Bundeswehr kerem Maße als bisher unseren Fokus auf die doppelte Di gewährleistet werden kann. Zunächst gilt: Die Aufklärungslei mension von Diplomatie und Kriegführung als aufeinander stung, die mit einem UAS HERON 1 im Afghanistaneinsatz bezogene Elemente der Strategie zu richten. erreicht wird, könnte theoretisch auch mit bemannten Auf Dr. Ulrich Schlie, Historiker, ist Ministerialdirektor und Politischer klärungsflugzeugen sichergestellt werden. Dies wäre allerdings Direktor im Bundesministerium der Verteidigung. Der Beitrag gibt mit erheblich höherem Aufwand, mehr Kosten und mit einem die Meinung des Autors wieder. deutlich größeren Risiko für Mensch und Material verbunden. Im Vergleich zu den Möglichkeiten bewaffneter Drohnen wür de eine Luftnahunterstützung durch Kampfflugzeuge in den Kampfdrohnen für die Bundeswehr? meisten Situationen viel zu lange dauern: Bis ein Kampfflug zeug angefordert ist, Anflug und Einweisung in die Situation Ja – zum Schutz der Soldaten! am Boden und auf das Ziel erfolgt sind, verstreicht wertvolle Roderich Kiesewetter Zeit. Eine Unterstützung durch eine Panzerhaubitze wäre in vielen Fällen weder ausreichend präzise noch skalierbar, um Im Zuge der Euro-Hawk-Debatte sind Aufklärungs- und ohne Gefahr für eigene Kräfte und Unbeteiligte eingesetzt zu Kampfdrohnen in den Fokus der politischen Diskussion ge werden. rückt. Allerdings ist die Debatte in vielen Fällen durch begriff Im Vergleich dazu steht dem Operateur einer Drohne durch liche Unschärfen oder Emotionalisierungen des Sachverhaltes die lange, kontinuierliche Überwachung ein sehr viel größeres („Killer-Drohnen“) gekennzeichnet. Der langfristige strate Zeitfenster zur Verfügung, um die Lage zu erfassen und zu gische Nutzen des Erwerbs von Kampfdrohnen und ihr Bei beurteilen, sodass Fehler infolge des sogenannten Battle-Stress trag zum Schutz deutscher Soldatinnen und Soldaten werden oder aufgrund einer Fehlinterpretation der Situation vermie kaum thematisiert. Es existiert eine Leerstelle im öffentlichen den werden können. Das damit verbundene Zeitfenster er Diskurs. Hierzu möchte ich drei Punkte aufführen, die aus möglicht dem Operateur auch die gebotene Überprüfung der meiner Sicht die Notwendigkeit von Drohnen für die Bun Zielbekämpfung auf bessere Weise, als dies etwa dem Piloten deswehr begründen. 176 | S+F (31. Jg.) 3/2013 https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
Nouripour, Kampfdrohnen für die Bundeswehr? Nein! | For u m Erstens: In den USA haben militärische Publikationen (wie Entwicklung. So sind unsere Verbündeten – insbesondere etwa Parameters des Strategic Studies Institute in Carlisle) die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel – führend in die Drohnen-Debatte stark mitgeprägt und den Erfahrungen Forschung und Entwicklung von unbemannten Flugkörpern. dienender Soldatinnen und Soldaten eine Stimme gegeben. Aber auch Staaten wie China und Russland interessieren sich Bei uns ist ein solcher zivil-militärischer Dialog weniger für die Technologie, was eine Reihe von Problemen für die entwickelt. Aus diesem Grund fehlen uns Informationen, Zukunft aufwirft. Mit den historischen Erfahrungen der nu welche konkreten Vorteile Kampf- und Aufklärungsdrohnen klearen Proliferation vor Augen stellt sich etwa die Frage, wie im Einsatz bieten. So ermöglichen Unmanned Aerial Vehicles hoch im Falle der Drohnen das Risiko der Etablierung von (UAVs) inmitten eines Krisengebiets schnelle Territorialson Proliferationsnetzwerken ist, durch die technische Blaupau dierung und damit auch einen längeren Reaktionszeitraum sen oder Bauteile in die Hände von instabilen Staaten oder gegenüber Bedrohungen. Durch Kampfdrohnen können nichtstaatlichen Akteuren gelangen können. Der jüngste Ab zudem besonders gefährliche Einsätze vom Mensch an die schuss einer – wenn auch vergleichsweise provisorischen – Maschine delegiert werden, was ebenfalls dem Schutz un Drohne der Hisbollah auf israelischem Territorium sowie die serer Soldatinnen und Soldaten dient. Diese Argumente für Verbindung zu Teheran illustriert die sicherheitspolitischen den Einsatz von Kampfdrohnen wiegen schwer. Die Bun Risiken, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deswehr definiert sich ihrem Leitspruch nach als Dienerin zunehmend zu erwarten sind. In diesem globalen Kontext Deutschlands, sie verdient im Gegenzug den besten Schutz, kann Deutschland nicht einfach auf einer Politik der splendid der innerhalb eines Konfliktgebiets für sie gewährleistet wer isolation beharren. Drohnen sind sicherheitspolitische Reali den kann. Dieser Auftrag stellt im Kontext der modernen tät. Unser Handeln muss diese neuen Rahmenbedingungen Kampfeinsätze der Bundeswehr eine Herausforderung dar. anerkennen. Klassische Konfliktstrukturen – Symmetrie der partizipie Diesen drei Aspekten der Drohnen-Debatte, die aus meiner renden Parteien sowie örtliche und zeitliche Begrenzung der Sicht zu wenig beleuchtet werden und die eine Notwen Kampfhandlungen – werden zunehmend obsolet, stattdessen digkeit zum Schutz deutscher Soldaten begründen, möchte befinden sich asymmetrische Konflikte und irreguläre Krieg ich als Mitglied des Deutschen Bundestages abschließend führung auf dem Vormarsch. In den Zeiten von Selbstmord einen weiteren Punkt hinzufügen: Unser Parlament besitzt attentaten und Improvised Explosive Devices (IEDs) verlieren ein umfassendes Instrumentarium, um den tatsächlichen etablierte Konzepte des Truppenschutzes an Effektivität. Einsatz von Drohnen einhegen und kontrollieren zu Deutschlands Politik zum Schutz seiner Soldaten und Solda können. So hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière tinnen kann aus diesem Grund nicht allein reaktiv bleiben. bereits deutlich gemacht, dass in einem ersten Schritt die Der Einsatz von Kampfdrohnen ermöglicht es, gezielt Bedro Mandatierung durch eine Bundestagsabstimmung stehen hungen auszuschalten, bevor sie das Leben deutscher Solda muss, bevor dann die Anwendung robuster Maßnahmen ten und Soldatinnen und unschuldiger Zivilisten gefährden. erfolgt. Die parteiübergreifende Diskussion im Parlament Zur erhöhten Schutzleistung trägt auch bei, dass UAVs in stellt die Transparenz des Prozesses sicher. Sie garantiert auch, Echtzeit Informationen zum Gebiet liefern, in dem deutsche dass eine Vielzahl variierender Perspektiven Gehör findet. Soldaten operieren. Bedrohungen können somit sehr früh Im internationalen Vergleich, etwa mit den USA, wo diese erkannt werden. Bisher musste bei Gefahr aufwendig Luftun Entscheidungen in einem informellen Rahmen innerhalb des terstützung angefordert werden – mit einem Zeitbedarf von National Security Council getroffen werden, präsentiert sich ein 20 bis 30 Minuten. In der Zwischenzeit bis zum Eintreffen solcher Arbeitsmodus als vorbildlich. der Kampfflugzeuge sind deutsche Soldatinnen und Soldaten Roderich Kiesewetter MdB ist Mitglied des Auswärtigen Ausschus in Lebensgefahr. Mit bewaffneten Drohnen kann die Ein ses und des Europaausschusses des Deutschen Bundestages. Er ist satztruppe unmittelbar nach Erkennung der Bedrohung den Obmann der CDU/CSU-Fraktion für Abrüstung, Rüstungskontrolle Gegner bekämpfen, ohne Zeitverzug und hochpräzise ohne und Nichtverbreitung. Seit 2011 ist Oberst a.D. Kiesewetter Präsi sogenannte Kollateralschäden. dent des Reservistenverbandes. Zweitens: In der aufgeheizten Debatte sollte weiterhin darauf hingewiesen werden, dass Drohnen keine neue ethische Di mension der Kriegführung eröffnen. Etablierte Distanzwaffen, Kampfdrohnen für die Bundeswehr? wie etwa Cruise Missiles, sind ebenfalls dadurch definiert, dass Schütze und Zielobjekt nur indirekt miteinander konfrontiert Nein! sind. Kampfdrohnen repräsentieren zwar auf technologischer Omid Nouripour Ebene eine bedeutsame Innovation, aus militärischer Perspek tive dagegen stellen sie nur eine taktische Adaption dar, die Sind unbemannte Luftfahrzeuge die Technologie der Zu höhere Präzision und Effizienz garantiert. Die Kontinuität kunft? Folgt man der gegenwärtigen Debatte, drängt sich liegt dabei in der Tatsache, dass die letzte Entscheidung über diese Schlussfolgerung auf. Und es ist unbestreitbar, dass un den Einsatz von Zwangsmaßnahmen immer noch beim Men bemannte Systeme zahlreiche nützliche Fähigkeiten haben: schen selbst liegt. Sie können (und das betrifft auch unbemannte See- oder Drittens: Die Festlegung der deutschen Position muss immer Landsysteme) dorthin vordringen, wo Menschen nur schwer auch mit Blick auf das internationale Umfeld erfolgen. Droh Zugang haben. Sie können beispielweise bei Naturkatastro nen sind global auf dem Vormarsch – eine unumkehrbare phen Eingeschlossene oder Verschüttete aufspüren und bei https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 S+F (31. Jg.) 3/2 013 | 177 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
For u m | Nouripour, Kampfdrohnen für die Bundeswehr? Nein! der Bergung behilflich sein. In der Forschung und im Umwelt Drohnen, die sich auf Verkehrsflughöhe bewegen, nur mit schutz erfassen unbemannte Systeme Daten in unwirtlichen vorläufigen Zulassungen in gesperrten Lufträumen. Eine In Gegenden. Gerade der Technologiestandort Deutschland ist in tegration in den zivilen Luftraum ist bisher nur Zukunftsmu diesen Bereichen sehr aktiv und alles andere als rückständig. sik und in absehbarer Zeit nicht zu realisieren. Selbst in den Einsatzgebieten gibt es hier Defizite. Dies zeigt ein kürzlich Auch die Bundeswehr nutzt bereits heute unbewaffnete un veröffentlichtes Video vom Beinahezusammenstoß einer Lu bemannte Systeme. In Afghanistan leisten die Drohnen Luna, na-Überwachungsdrohne der Bundeswehr mit einem zivilen Heron oder Aladin einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Airbus über Kabul oder auch die vielen, bislang zum Glück Soldatinnen und Soldaten sowie der Zivilbevölkerung. Nun glimpflich verlaufenen Zwischenfälle mit amerikanischen sollen auch für die Bundeswehr bewaffnete Drohnen ange Drohnen. schafft werden. Man hat den Eindruck, dass diesem Wunsch, um jeden Preis die neueste militärische Technologie zu be Auch bewaffnete, ferngesteuerte Drohnen sind Teil der Streit sitzen, die „anrührend optimistische“ Prämisse unterliegt, kräfte vieler Länder. Aus rechtlicher Sicht ist der Einsatz von „Maschinen könnten das vom Menschen gemachte Problem Kampfdrohnen in bewaffneten Konflikten im Rahmen des des Krieges lösen“.1 Diese Prämisse wurde in der Geschichte humanitären Völkerrechts im Grundsatz zulässig. Doch ha militärischer Innovation stets aufs Neue widerlegt. ben die Kampfdrohnen einer äußerst bedenklichen Praxis Vorschub geleistet: den so genannten gezielten Tötungen. Deshalb lehnen Bündnis 90/DIE GRÜNEN die Beschaffung Während des von George W. Bush ausgerufenen „War on von Kampfdrohnen für die Bundeswehr ab. Mit seiner bei Terror“ wurde gegen Terroristinnen und Terroristen teilweise läufigen Bemerkung von der „ethischen Neutralität“ von nicht strafrechtlich vorgegangen, sondern es wurden ohne Drohnen wollte Verteidigungsminister Thomas de Maizière jegliches juristisches Verfahren willkürlich Personen zum Ab anscheinend sogar die Debatte über grundsätzliche ethische schuss freigegeben. Präsident Barack Obama setzte diese Praxis Fragen und die Folgen des Einsatzes dieser Waffen umgehen. in Form von overseas contingency operations, dem Einsatz von Das ist verantwortungslos. Spezialkräften und bewaffneten Drohnen außerhalb bewaff Den äußersten Punkt in dieser Debatte markieren bewaffnete neter Konflikte, fort und erweiterte sie erheblich. Allein in und autonome Systeme, also Waffen, die (im Gegensatz zu Pakistan kamen bei den Einsätzen von Kampfdrohnen für ge den heute geläufigen, ferngesteuerten Systemen) ohne direkte zielte Tötungen nach bisherigen Schätzungen zwischen 400 Einwirkung durch den Menschen Waffengewalt ausüben. Sie und 900 Zivilisten ums Leben, darunter bis zu 200 Kinder.2 werfen weitere Fragen auf: Kann das Programmieren von Diese Operationen sind geheimdienstgeführt und damit der Codezeilen über das Leben von Menschen entscheiden? Die öffentlichen Kontrolle weitestgehend entzogen, sie verletzen Antwort sollte ein klares Nein sein. Wie autonome Systeme die territoriale Souveränität der betroffenen Staaten, und sie reagieren, wenn sie keine oder unzureichende Handlungsop legen bei der Zielauswahl die höchst fragwürdige Prämisse tionen haben, ist offen. Das ist ein Risiko, das schon bei unbe zugrunde, dass alle männlichen Erwachsenen in der Nähe waffneten Systemen kritisch betrachtet werden muss und bei eines auserwählten Ziels ebenfalls getötet werden dürfen. Das bewaffneten Systemen keinesfalls tolerierbar ist. Bündnis 90/ belegt, dass die politische Hemmschwelle für den Einsatz mi DIE GRÜNEN setzen sich daher für eine internationale Äch litärischer Gewalt jenseits klassischer bewaffneter Konflikte tung von autonomen bewaffneten Systemen ein. Sie ähneln sinkt, da nun Einsätze möglich sind, die vorher wegen der in vielerlei Hinsicht Selbstschussanlagen oder Antipersonen Gefährdung eigener Soldatinnen und Soldaten nicht möglich minen, die zu Recht schon heute völkerrechtlich geächtet waren, über die wenig bis gar nicht medial berichtet wird und werden. für deren Fehlschläge oder sogenannte Kollateralschäden nie mand belangt wird. Dieser vermeintliche Schutz der Solda Unbewaffnete unbemannte Systeme dagegen, erscheinen uns tinnen und Soldaten ist aber nicht auf die Einsatzrealität in heute in gewissem Sinne schon als Selbstverständlichkeit. Aber den Auslandseinsätzen der Bundeswehr übertragbar, wie im die Diskussion um die finanziellen, technischen und rechtli Folgenden noch genauer dargelegt wird. chen Probleme mit dem Euro Hawk oder auch die Debatte um Diese Praxis hat den Einsatz von Kampfdrohnen im Allge die Überwachungsdrohnen der Bahn haben gezeigt, dass wir meinen diskreditiert, auch unabhängig von völkerrechtlichen die vielfältigen Herausforderungen, die selbst mit diesen Sys Erwägungen. Ist ein Staat in der Lage und willens, jenseits temen einhergehen, noch lange nicht ermessen haben. eines Krieges militärische Gewalt anzuwenden, und kann er Welche Auswirkungen hat es auf uns und unsere Gesell diese Gewalt auch ohne das Risiko eigener Verluste ausüben, schaft, wenn unbemannte Systeme über uns kreisen, mit uns unterminiert er seine eigene Glaubwürdigkeit: „Die Fähigkeit, interagieren oder wir uns gar von ihnen abhängig machen? seine Ziele durch den Einsatz militärischer Gewalt zu errei Welchen rechtlichen Rahmen müssen wir auch für bereits chen, aber ohne das Risiko, eigene Verluste zu erleiden, ist vorhandene unbemannte Systeme finden? Das Zulassungsde zugleich ein taktisches Mittel und eine unhaltbare politische bakel um den Euro Hawk hat gezeigt, dass es in diesem Bereich Position. Kein Staat wird einem anderen Staat mit dieser Fä nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit Nachhol higkeit vertrauen.“3 bedarf bei der Schaffung eines rechtlichen Rahmens für den Einsatz von unbemannten Systemen gibt. Bisher fliegen alle 2 Vgl. http://www.thebureauinvestigates.com/category/projects/drones/, zu- letzt abgerufen am 07. Juni 2013. 3 Kahn, Paul W., „The Paradox of Riskless Warfare“, Yale Faculty Scholarship 1 Swift, Daniel, „Conjectural Damage. A history of bombing“, in: Harper’s Series, Paper 326, http://digitalcommons.law.yale.edu/fss_papers/326, zu Magazine, Nov. 2011, S. 65. letzt abgerufen am 06. Juni 2013. 178 | S+F (31. Jg.) 3/2013 https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
Niklas Schörnig, Kampfdrohnen – ein sicherheitspolitischer Bumerang? | For u m Zusätzlich zu diesen ethischen Überlegungen stellt sich für nom über den Waffeneinsatz gegen Menschen entschei die Bundeswehr aber noch eine ganz pragmatische Frage: den können. Die Überlegungen der deutschen Regierung, Wozu braucht unsere Armee überhaupt bewaffnete Droh die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen auszustatten, nen? Minister de Maizière und führende Militärs sprechen scheinen hiervon jedoch nicht beeindruckt. Denn Vertei davon, dass durch ihre Beschaffung eine Fähigkeitslücke ge digungsminister Thomas de Maizière besteht darauf, dass schlossen werde. Verdeutlicht wird dies meist anhand des die Entscheidung über einen Waffeneinsatz bei der Bundes Beispiels, dass ein durch Drohnen aufgeklärtes Ziel ohne wehr am Ende immer ein Mensch treffe. Es bestehen aber Zeitverzug bekämpft werden könne. Dem liegt ein Missver Zweifel, ob diese Einstellung über Zeit Bestand haben wird. ständnis zugrunde: Auch wenn die Bundeswehr über bewaff Denn die Entscheidung, sich jetzt bewaffnete Drohnen zu nete Drohnen verfügte, könnten diese keinesfalls sämtliche beschaffen, ist ein erster Schritt auf eine schiefe Ebene, an Patrouillen der Bundeswehr begleiten. Auch bewaffnete deren Ende die entmenschlichte Kriegführung wartet. Die Drohnen müssten also durch die Anforderung von Luftun von den Regierungsparteien beschlossene Verschiebung der terstützung zunächst zur Gefahrenstelle fliegen. Da die US- endgültigen Entscheidung ermöglicht nun die dringend Amerikaner heute bereits einen Teil dieser Luftunterstützung für die Bundeswehr in Afghanistan stellen und dafür auch notwendige Denkpause, um die sicherheitspolitischen, völ Drohnen einsetzen, müssten diese, wenn sie hier wirklich ei kerrechtlichen und ethischen Implikationen aktueller und nen Vorteil hätten, häufig für die Unterstützung der Bundes besonders auch zukünftiger Drohnenrüstung noch einmal wehr eingesetzt worden sein. Das aber ist nicht der Fall, wie grundsätzlich zu hinterfragen. die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische In der bisherigen Debatte haben Verteidigungsminister de Anfrage (BT-Drs. Nr. 17/13655) belegt: Lediglich zweimal Maizière und seine Unterstützer vermeintlich gute Argu wurden deutsche Soldaten durch bewaffnete US-Drohnen mente für die Beschaffung eigener Kampfdrohnen auf ih in Afghanistan unterstützt. Damit schrumpft die behauptete rer Seite: Diese, so heißt es erstens, seien kostengünstiger Fähigkeitslücke schnell massiv ein. als bemannte Systeme; sie übten zweitens einen abschre Um eine schnelle Luftunterstützung im Einsatz gewährlei ckenden Effekt auf Aufständische aus; sie seien drittens sten zu können, werden bereits seit Jahrzehnten Unsummen mit dem Völkerrecht vereinbar; und viertens schützten sie ausgegeben, um Flugzeuge und Hubschrauber zu entwickeln, sowohl Zivilisten als auch Soldatinnen und Soldaten bes die auch bei Einsätzen der Bundeswehr die Soldatinnen und ser als andere Systeme. Allerdings sind all diese Argumente Soldaten am Boden unterstützen können. Nach Jahren der angreifbar. Verzögerung durch ein ineffektives Beschaffungswesen sind diese Systeme jetzt schrittweise verfügbar. Lohnt es sich, – Entgegen der oft formulierten Behauptung handelt es sich diese Investitionen durch die Anschaffung eines unsicheren, bei Drohnen keineswegs um preiswerte Waffen. Für die teuren, rechtlich und ethisch fragwürdigen neuen Systems von der Luftwaffe präferierte MQ-9 Reaper („Sensenmann“) nun obsolet zu machen? schätzen Beobachter die Stückkosten auf bis zu 30 Millio nen US-Dollar, Tendenz steigend. Das ist zwar deutlich gün Vor diesem Hintergrund der ungeklärten ethischen, mora stiger als ein Eurofighter (über 100 Mio. Euro), dieser ist lischen und technischen Fragen sowie des fehlenden Be aber anders als die hochgradig spezialisierte Reaper vielfältig darfs lehnen Bündnis 90/DIE GRÜNEN die Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr ab. Es bleibt dabei: einsetzbar. Maschinen können das vom Menschen gemachte Problem – Auch die von US-Befürwortern gehegte Hoffnung, die Tali des Krieges nicht lösen. Viel wichtiger ist es, wieder an ban würden angesichts der permanenten Bedrohung durch einer nachhaltigen Friedenspolitik zu arbeiten, die sich Kampfdrohnen ihre Waffen frustriert niederlegen, ist wider ernsthaft mit den Ursachen von Kriegen auseinandersetzt legt. Seit 2009 fliegt die US Air Force nach eigenen Angaben und frühzeitig auf Prävention und politische Instrumente jährlich über 200 Drohnenangriffe in Afghanistan, ohne setzt. dass sich die Sicherheitslage vor Ort entscheidend verbes Omid Nouripour ist seit September 2006 Mitglied des Bundes sert hätte. Wirksame Abschreckung sieht anders aus. tages. Seit 2009 ist er sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion – Recht hat der Minister allerdings mit seiner Einschätzung, Bündnis 90/Die Grünen. dass zumindest die aktuellen, ferngesteuerten Kampfdroh nen nicht gegen Völkerrecht verstoßen – sofern man sie nur im Rahmen völkerrechtlich zulässiger bewaffneter Konflikte Kampfdrohnen – ein einsetzt und auf die von den USA praktizierten „gezielte Tö sicherheitspolitischer Bumerang? tungen“ verzichtet. Aber das bedeutet nicht, dass die Waffe zwingend angeschafft werden muss. Niklas Schörnig – Das Argument des Schutzes von Zivilisten und der eigenen Am 23. April startete in London die von einer breiten Grup Soldatinnen und Soldaten besitzt jedoch das meiste Ge pe internationaler Nichtregierungsorganisationen getragene wicht. Ob das neue Waffensystem tatsächlich zivile Opfer Campaign to Stop Killer Robots. Sie fordert das Verbot von verhindert, ist zumindest fraglich. Zwar spricht die Theo militärisch genutzten unbemannten Systemen, die auto rie für höhere Präzision, seriöse Quellen rechnen aber mit https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 S+F (31. Jg.) 3/2 013 | 179 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
For u m | Niklas Schörnig, Kampfdrohnen – ein sicherheitspolitischer Bumerang? mindestens 16 Prozent zivilen Opfern bei den vermeintlich bewaffneter Drohnen durch technische Maßnahmen ge „chirurgischen“ Drohnenangriffen der USA in Pakistan.1 stört und so der Abbruch einer wichtigen Mission erzwun gen wird. Beide Probleme lassen sich lösen, wenn Kampf Die eigenen Soldatinnen und Soldaten, das ist unbestritten, drohnen in nicht allzu ferner Zukunft autonom über den dürfen bei Auslandsmissionen von ihrer Regierung den best Waffeneinsatz entscheiden. Schon das Gerücht, ein Staat möglichen Schutz erwarten. Drohnen können etwa das Leben beschreite diesen Weg, dürfte ausreichen, um andere zum von Piloten schützen, da diese sich gar nicht mehr in Gefahr Nachziehen zu bewegen – das entspricht der bekannten Lo begeben müssen. In der Praxis erweisen sich die aktuellen Sys gik von Rüstungsdynamiken. Ob es aber ethisch vertretbar teme aber noch viel zu anfällig für gegnerische Luftabwehr, und völkerrechtlich zulässig ist, eine Maschine über Leben um bemannte Kampfjets bereits vollständig ersetzen zu kön und Tod entscheiden zu lassen, ist mehr als fraglich. Zumin nen. Die Möglichkeiten ihres Einsatzes sind folglich noch be dest die Initiatoren der eingangs genannten Kampagne sind grenzt. Und, ja, bewaffnete Drohnen können in bestimmten sich einig, dass eine entmenschlichte Kriegführung unter Szenarien einen Beitrag zu besserem Schutz für Soldatinnen allen Umständen verhindert werden muss. Noch reden Be und Soldaten am Boden leisten – speziell wenn diese in einen fürworter bewaffneter Drohnen diese Szenarien als science Hinterhalt geraten und zeitnah Feuerschutz benötigen. Für fiction klein. Aber wie beim hochfrequenten Aktienhandel viele andere Szenarien reichen bemannte Systeme allerdings werden die maßgeblichen Akteure, versklavt von ihrer sich aus, und es wäre noch zu prüfen, ob die Einsatzpraxis der selbst auferlegten Logik, zwangsläufig daran arbeiten, den Bundeswehr die Anschaffung unbewaffneter Systeme wirklich noch so kleinsten Vorteil zu ihren Gunsten auszunutzen zwingend notwendig macht. und die Technologie entsprechend immer weiter vorantrei Was in der aktuellen Debatte aber noch weitgehend fehlt, sind ben – vorausgesetzt, man lässt sie gewähren. Noch gar nicht Antworten auf unbequeme sicherheitspolitische Fragen: Er angesprochen wurde in diesem Zusammenhang die Gefahr höht z.B. die zunehmende räumliche Distanz westlicher Trup eines Krieges „aus Versehen“, die dann entsteht, wenn unbe pen vom Schlachtfeld nicht die Gefahr von Terroranschlägen mannte Systeme verschiedener Staaten aufeinandertreffen, im Entsendeland? Es gilt inzwischen als gesichert, dass z.B. die jeweils auf Basis für den Gegner unbekannter Algorith die radikal-islamische Hamas und Hisbollah Drohnen besitzen men über den Waffeneinsatz entscheiden. und gegen Israel einsetzen. Verschiedene Experten haben vor dem Hintergrund all die Weitere, bislang nicht diskutierte Fragen lauten, welche Aus ser berechtigten Bedenken angemahnt, die Bundesregierung wirkungen der aktuelle weltweite „Drohnenboom“ hat. Schon solle auf bewaffnete Drohnen verzichten und sich stattdes längst ist der Besitz von Drohnen nicht mehr das Monopol sen für ein Verbot dieser Waffen stark machen. Gelänge es, westlicher Staaten. Inzwischen verfügen bereits mehr als 80 solch ein Verbot international zu etablieren, wäre langfristig Staaten über unbemannte Flugsysteme verschiedener Größen; vermutlich sowohl den deutschen Sicherheitsinteressen als und es werden immer mehr. Noch sind die meisten Drohnen auch den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr mehr nicht bewaffnet. Das könnte sich aber in wenigen Jahren än gedient als mit der Beschaffung solcher Systeme. Gleichzeitig dern. Dann wäre aus dem vermeintlichen Vorteil ganz schnell würde auch das ethisch hochproblematische Szenario auto ein erheblicher Nachteil geworden, wenn der Gegner es ver nom tötender Kampfroboter vermieden. Denn der heutige steht, die neue Waffe innovativer als man selbst einzusetzen. Verzicht auf bewaffnete Drohnen wäre der stärkste Garant, In diesem Zusammenhang drängen sich zwei weitere Fragen die Entwicklung hin zu autonomen bewaffneten Drohnen auf: Welche Gefahren bestehen für deutsche Soldatinnen zu unterbinden. Allerdings spricht leider einiges dafür, dass und Soldaten im Einsatz, wenn auch der Gegner über solche die Chance, bewaffnete Drohnen grundsätzlich zu ächten, Waffenverfügt? Und welche vermuteten Auswirkungen hat schon verpasst ist. die Verbreitung bewaffneter Drohnen schon jetzt auf hoch Deshalb muss die Frage nun lauten, wie die absehbaren gerüstete, konfliktträchtige Regionen? Diesen sicherheitspo sicherheitspolitischen Gefahren und ethischen Probleme ei litischen Fragen müssen sich die Befürworter bewaffneter ner unkontrollierten Drohnenverbreitung und die Trends zur Drohnen stellen. Bewaffnung und Autonomie zumindest eingehegt werden Die von Human Rights Watch koordinierte internationale können. Zunächst gilt es nationale und internationale Export Kampagne gegen autonome Kampfsysteme rückt nun ei richtlinien umgehend zu verschärfen. Gleichzeitig müssen nen weiteren, sehr gewichtigen Aspekt in den Fokus: Wo national und im Bündnis klare und sehr eng begrenzte Ein hin führt die absehbare technologische Entwicklung, zu satzregeln formuliert werden, die auf internationaler Ebene der bewaffnete Drohnen nur den ersten Schritt darstellen? einen normativen Rahmen für zulässige Einsätze bewaffneter Kritiker befürchten starke Tendenzen zugunsten autonom Drohnen abstecken. Dies könnte z.B. eine Selbstverpflichtung kämpfender Systeme. Sollen Drohnen bemannte Flugzeuge umfassen, bewaffnete Drohnen nur für den Schutz eigener ersetzen, und darauf läuft die aktuelle Rüstungsentwicklung Bodentruppen (close-air-support) einzusetzen und „gezielte hinaus, müssen Entscheidungen in Sekundenbruchteilen Tötungen“ mit Drohnen explizit als völkerrechtswidrig zu erfolgen – z.B. im Luftkampf. Dies kann die bei aktuellen rückweisen. Systemen noch praktizierte Fernsteuerung nicht mehr lei Schließlich muss, so wie es die Campaign to Stop Killer Robots sten. Auch besteht bei ihr die Gefahr, dass das Steuersignal fordert, alle verfügbare Energie in ein internationales Ver 1 Vgl. http://www.thebureauinvestigates.com/2012/07/02/resources-and- bot autonomer bewaffneter Systeme investiert werden. An graphs/. Zugriff: 14.5.2013. der aktuellen Drohnenrüstung erschreckt vor allem, dass 180 | S+F (31. Jg.) 3/2013 https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
Koch, Kampfdrohnen – ethisch neutrale Waffen? | For u m die technologischen Trends wie Automatisierung oder auch Gegner. Wenn also Drohnen zur eigenen Verteidigung oder die zunehmende Miniaturisierung der Drohnen einer be zum Schutz Dritter oder zur Wahrung des Rechts eingesetzt lastbaren Verifikation von Rüstungskontrollabkommen er werden, so könnte man behaupten, sie seien ein Instrument heblich erschweren. Umso wichtiger ist deshalb, umgehend unter anderen, das vielfach den Vorzug verdiene, auf jeden normative Pflöcke einzurammen. Das wäre das Mindeste, Fall seien sie selber „ethisch neutral“. was ein verantwortungsvoller Umgang mit den Gefahren Wahrscheinlich sind Drohnen und von Drohnen abgeschos der Drohnenrüstung gebietet. Andernfalls wächst das Ri sene Raketen tatsächlich in der einen oder anderen Situation siko, dass sich die bewaffnete Drohne zum sicherheitspo eines bewaffneten Konflikts das vorzugswürdige militärische litischen, völkerrechtlichen und ethischen Bumerang ent Instrumentarium, wenn sie etwa ohne Lasten für andere zum wickelt. Schutz von Soldatinnen und Soldaten beitragen. Aber sind Dr. Niklas Schörnig ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hes sie wirklich „ethisch neutral“? Die Phrase von der ethischen sischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK). Neutralität tut so, als handele es sich bei Drohnen um Werk zeuge wie etwa Schraubenzieher. Schraubenzieher können für gute und für schlechte Zwecke eingesetzt werden: Mit ihnen Kampfdrohnen – ethisch neutrale kann man z.B. einen Defibrillator oder eine Bombe reparie ren. Der Handlungszweck bestimmt die ethische Qualität des Waffen? Gebrauchs des Schraubenziehers. Aber ist das bei Waffen oder Bernhard Koch Waffensystemen genauso? Natürlich kann eine Schusswaffe auch zum Nüsseknacken verwendet werden, aber die meisten Leser werden das doch für abwegig halten. Jedenfalls wird sich An den bewaffneten unbemannten Luftfahrzeugen, den so niemand zum Aufbrechen von Walnüssen eine Walther PPK genannten Kampfdrohnen, vermissen manche Militärethiker kaufen. Waffen sind auf Gewaltanwendung ausgelegt. Wenn genau das: das Element des Kampfes. Die Drohne oder die von wir aber davon ausgehen, dass Gewalt – wie oben gesagt – ihr abgeschossene Rakete kämpft ja nicht, sie ist eine Maschi „grundsätzlich illegitim“ (und nur in bestimmten Fällen legi ne, die auf Bedienung oder Programm reagiert. Sie handelt tim) ist, dann sind Waffen nicht ethisch neutral. Es gibt eine also nicht selbst, sondern hängt von den Handlungen weit Präsumtion gegen Waffen und Waffensysteme, ganz gleich, ob entfernter Personen ab. Diese Personen kämpfen aber auch es sich um Kleinwaffen oder Flugzeugträgersysteme handelt. nicht, sondern schicken die Maschine vor, so dass sie zwar an Selbst in einer moralisch idealen Welt werden die Menschen dere schädigen, selbst aber nicht geschädigt werden können. noch Schraubenzieher gebrauchen können, aber Waffen ge Ein derart asymmetrisches Waffensystem scheint dem klas hören nicht in eine solche Welt. sischen Kriegsparadigma zu widersprechen, das – ähnlich wie bei einem Boxkampf – den „Kombattanten“ aller Kriegspar Ethik, die auf konkrete Anwendungsfragen zielt, kommt teien gleiche Rechte zubilligte (z.B. straffreie Schädigung des nicht ohne die Hilfe empirisch arbeitender Wissenschaften Gegners, Gefangenenstatus), aber auch gleiche Lasten aufer weiter, denn auf der rein analytischen Ebene lässt sich richti legte (insbesondere die Gefahr, getötet zu werden). Schließlich gerweise immer einwenden, dass ein Gegenstand seine ethi hat man die gleichverteilten Schädigungsrechte immer auch sche Qualität erst aus seinem Gebrauch bezieht. Auch die als normativen Spiegel der gleichverteilten Risiken bei den amerikanische Waffenlobby behauptet ja, Waffen seien nur Kämpfenden gesehen. Drohneneinsatz ist also gar kein „rich Instrumente, die je nach Verwendung guten oder schlechten tiger Krieg“ mehr. Zum Glück, könnte man antworten, denn Zwecken dienten. Man dürfe nicht gleich unterstellen, dass das klassische Kriegsparadigma widerspricht unseren grund jeder Waffenbesitzer Schusswaffen zu verbrecherischen Zie legenden Moralvorstellungen. Töten und Getötetwerden ist len benutze. Was spräche also dagegen, dass jeder eine Pistole kein Sport, zu dem man sich verabreden könnte oder dürfte, zu Hause hat? Schließlich kann man sich selbst und andere sondern bitterer Ernst. Sich für ein solches Unternehmen zu mit der Waffe schützen. Theoretisch ist das Argument nicht vereinbaren, erscheint uns heute – ähnlich wie das Duell – als leicht zu bezwingen, denn in der Tat sollte man nicht vor recht pervers. schnell mit Unterstellungen arbeiten. Aber man sollte doch auch auf die empirische Forschung achten. Wenn dort, wo Wenn Gewalt grundsätzlich illegitim ist, kann sie nur noch ein Großteil der Bevölkerung private Schusswaffen besitzt, als verteidigende Gegengewalt gerechtfertigt werden: entwe die Zahl der Verbrechen mit Schusswaffen signifikant höher der als Selbstverteidigung oder als Form der Rechtswahrung. ist als dort, wo es kaum privaten Schusswaffenbesitz gibt, so Beides sind normativ asymmetrische Konstellationen, und so kann das auch dem theoretischsten unter den Ethikern nicht könnte man doch mit gutem Recht vertreten, dass die Asym gleichgültig sein. metrie der Drohnenkriegführung eben nur die Asymmetrie der unterschiedlichen Legitimität der Konfliktparteien wider Man muss sich klar vor Augen halten, dass die globale Anwen spiegelt. Die illegitim kämpfende Partei ist der Angreifer, der dung von unbemannten, aber bewaffneten Luftfahrzeugen Rechtsbrecher, der im Grunde gar nicht kämpfen dürfte, ganz diese Welt und das, was wir bislang als Gefühl von Sicherheit gleich welche Waffen er verwendet. Die legitim kämpfende erlebt haben, deutlich verändern wird. Bewaffnete Drohnen Partei, also der Verteidiger, der Rechtsschützer darf hingegen können viel länger ohne Zwischenstopps Gebiete kontrol alle legitimen Mittel wählen. Ein Mittel wird aber nicht da lieren als dies zum Beispiel mit bemannten Flugzeugen der durch illegitim, dass es diejenigen, die es in Selbstverteidigung Fall ist. Wissenschaftler von der Stanford University und der oder Rechtswahrung anwenden, selbst besser schützt als den New York University School of Law haben untersucht, was die https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 S+F (31. Jg.) 3/2 013 | 181 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. 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For u m | Haedrich, Kampfdrohnen – Flug in die völkerrechtliche Verbotszone? Dauerüberwachung für die Menschen in Pakistan bedeutet, Anstrich zu geben. Letztlich ist das ein Missbrauch von Ethik die in Gebieten wohnen, die ständig von bewaffneten Droh für einen politischen Zweck. nen überflogen werden.1 Die Folge davon ist eine permanente Dr. Bernhard Koch ist Projektleiter „Ethik in bewaffneten Kon Furcht vor einem Drohnenschlag. Das verängstigt, ja terro flikten“ am Institut für Theologie und Frieden in Hamburg und risiert und traumatisiert die Bevölkerung, und wenn es tat Lehrbeauftragter für Philosophie an der Goethe-Universität Frank sächlich zu einem Drohnenangriff kommt, liegt die Zahl der furt am Main. zivilen Opfer meist deutlich höher als es die Zahlen der Regie rung der Vereinigten Staaten ausweisen. Die Bundesregierung weist es weit von sich, dass auch die Bundeswehr Drohnen zu Kampfdrohnen – Flug in die Dauerüberwachungen und gezielten Tötungen einsetzt oder einsetzen wird. Dem kann man durchaus Glauben schenken. völkerrechtliche Verbotszone? Aber schon die bloße Nachfrage nach bewaffnungsfähigen Drohnen wird ihren Teil dazu beitragen, dass mehr Drohnen Martina Haedrich produziert werden, die Modellauswahl größer wird und letzt lich auch die Proliferation zunimmt. Es ist in einem sorgfäl Völkerrechtlicher Bewertungsmaßstab für Kampfdrohneneinsätze tigen politischen, öffentlichen und transparenten Prozess zu ist das humanitäre Völkerrecht in Gestalt der vier Genfer klären, ob jene Welt, zu der wir hier einen Beitrag leisten, Konventionen aus dem Jahre 1949 und die Zusatzprotokolle diejenige ist, in der wir leben wollen. I und II für internationale und nichtinternationale bewaffnete Konflikte von 1977 (im Folgenden ZP I und ZP Vielleicht wird man auf lange Sicht die Integration von be II).Hinzu kommen das in bewaffneten Konflikten geltende waffneten Drohnen in das militärische Arsenal nicht aufhal Völkergewohnheitsrecht sowie das allgemeine Völkerrecht ten können. Daraus folgt aber nicht, dass man mit der An mit dem Gewaltverbot, der Achtung der Souveränität schaffung nicht noch warten könnte, bis mehr und bessere und territorialen Integrität sowie dem internationalen empirische Studien zur Wirkung von Drohneneinsätzen auf Menschrechtsschutz. Art. 3 der Genfer Konventionen erstreckt Freund und Gegner vorliegen. Nicht warten sollte man dage die Einhaltung eines menschenrechtlichen Mindeststandards gen mit Überlegungen, in welcher Weise man ein sinnvolles ausdrücklich auf nichtinternationale bewaffnete Konflikte und moralisch durchdrungenes Reglement für den Einsatz und das ZP II konkretisiert diesen Schutz für Opfer von bewaffneten (und unbewaffneten) Drohnen auf wehr nichtinternationaler Konflikte noch einmal (Art 1 Abs. 1). rechtlicher, humanitär-völkerrechtlicher und völkerstraf In bewaffneten Konflikten erfolgende Tötungen sind an dem rechtlicher Ebene gewinnen kann. Gerade im Völkerrecht ist hierfür geltenden humanitären Völkerrecht als lex specialis die Frage, wozu man bewaffnete unbemannte Luftfahrzeuge zu messen, das Tötungen nur unter bestimmten Vorausset einsetzen darf, noch immer sehr umstritten. Wenn deutsche zungen rechtfertigt. Unterhalb der Schwelle bewaffneter Konflikte Regierungsvertreter betonen, dass die Bundeswehr Drohnen erfolgende Kampfdrohneneinsätze mit dem Zweck, Tötungen nur „nach Recht und Gesetz“ einsetzen werde,2 wollen sie von mutmaßlichen Terroristen vorzunehmen, beurteilen sich zum Beispiel signalisieren, dass man „gezielte Tötungen“, wie jedoch nach den strengeren Maßgaben des internationalen sie die Vereinigten Staaten durchführen, ausschließt. Aber ge Menschenrechtsschutzes im Rahmen des allgemeinen Völker rade diese „targeted killings“ halten die Regierungsjuristen der rechts. Hier greift insbesondere Art. 6 der Konvention über USA für gesetzes- und rechtskonform. Auch wenn ihre Argu bürgerliche und politische Rechte, der Tötungen ohne recht mente für viele Völkerrechtler schwach klingen mögen – es ist lichen Grund und ohne Gerichtsurteil verbietet. Gezielte Tö zu befürchten, dass die Praxis der USA doch völkergewohn tungen mutmaßlicher Terroristen außerhalb bewaffneter Kon heitsrechtliches Gewicht erlangt, wenn nicht andere Staaten flikte sind danach grundsätzlich völkerrechtswidrig. ihren abweichenden Rechtsstandpunkt als opinio juris deutlich Bei Kampfdrohneneinsätzen verbinden sich zwei Eigenschaf machen. Bislang hört man von der Bundesregierung zu den ten, die ihnen eine besondere Stellung verleihen, nämlich Mit gezielten Tötungen allerdings in diesem Sinne erstaunlich tel und Methode der Kriegführung gleichermaßen zu sein. Das Trä wenig. gersystem wird mit Waffen bestückt, die durch Fernsteuerung Kann man also Kampfdrohnen als „ethisch neutral“ bezeich vom Boden zum Zielort gelenkt werden. Damit fallen Kampf nen? Für einen Ethiker sind nicht Dinge vorrangiger Gegen drohneneinsätze unter Art. 35 ZP I, wonach die Konfliktpar stand ethischer Beurteilung, sondern Handlungen und unter teien kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Mittel und Umständen Charaktere oder Tugenden. Dinge sind gut oder Methoden besitzen (Art. 35 Abs. 1). Vielmehr verbietet ihnen schlecht, nützlich oder unnütz erst entsprechend der Ziele, Art. 35 Abs. 2, solche Mittel und Methoden zu verwenden, die die sich ein Handelnder in Handlungen setzt, in denen diese geeignet sind, überflüssige Verletzungen und unnötige Leiden Dinge gebraucht werden. Die Rede von „ethisch neutralen zu verursachen. Drohnen“ bedeutet also einen Kategorienfehler, der im poli Die Bestimmung des Rechtsstatus des Steuerungspersonals, d.h. tischen Diskurs eingesetzt wird, um einer bestimmten Hand der Personen, die die Steuerung der Kampfdrohnen überneh lung, nämlich dem Erwerb von Drohnen, einen ethischen men, beurteilt sich danach, ob diese Personen unmittelbar oder mittelbar an Kampfhandlungen teilnehmen. Dabei 1 www.livingunderdrones.org. 2 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-usa-genehmigen- sollte den Auslegungsregeln der Interpretativen Leitlinie des drohnen-verkauf-an-deutschland-a-897281.html (Abruf 10.5.2013). Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) gefolgt 182 | S+F (31. Jg.) 3/2013 https://doi.org/10.5771/0175-274x-2013-3-175 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 21.02.2022, 18:41:47. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
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