Kartoffeln à la Gen-Carte
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Kartoffeln à la Gen-Carte Wenn Kulturpflanzen Opfer von Krankheitserregern werden, kann das verheerende Folgen für die Welternährung haben. Christiane Gebhardt und ihre Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung suchen daher im Erbgut der Kartoffeln nach Genen, mit deren Hilfe sich sowohl Resistenzen als auch bestimmte Qualitätsmerkmale leichter züchten lassen. TEXT INGA RICHTER Foto: Kai Weinsziehr 18 MaxPlanckForschung 1 | 09
FOKUS_Expedition Zukunft A uch wenn gentechnische und Knollen verfaulen, weshalb man Aus Amerika eingeschleppte Kartoffel- Methoden der Pflanzen- auch von der Kraut- und Knollenfäu- krankheiten führten dann in der Mitte zucht schon etliche Erfolge le spricht. des 19. Jahrhunderts zu verheerenden beschert haben – um die Jens Lübeck ist Zuchtexperte bei Missernten; Millionen Menschen ver- Ernährung der Weltbevöl- SaKa und prüft soeben die Erntebe- hungerten, vor allem in Irland, wo die kerung zu gewährleisten, bedarf es wei- richte: Tatsächlich konnten die Ertrags- Abhängigkeit von der Kartoffel beson- terer Forschungsanstrengungen: „Eine quoten 2020 um 40 Prozent gesteigert ders groß war. „Auch heute noch kön- noch effektivere Produktion von Kul- und der Einsatz von Pflanzenschutzmit- nen die Ernteverluste durch die Kraut- turpflanzen ist unabdingbar angesichts teln erheblich reduziert werden. Waren und Knollenfäule bis zu 100 Prozent der wachsenden Weltbevölkerung“, er- bis vor wenigen Jahren noch acht bis 14 betragen, sofern nicht eine breite Palet- klärt Maarten Koornneef, Direktor am Fungizidgaben notwendig, so sind es in te an Fungiziden eingesetzt wird“, sagt Max-Planck-Institut für Züchtungsfor- diesem Jahr nur zwei gewesen. In Zu- Jens Lübeck. Allein in Deutschland kos- schung in Köln. sammenarbeit mit dem Max-Planck- tet dies die Landwirte jährlich 88 Milli- Derzeit leben mehr als 6,7 Milliar- Forschungsteam von Christiane Geb- onen Euro. Darüber hinaus belasten die den Menschen auf der Erde; jede Sekun- hardt ist es dem Züchter gelungen, chemischen Schädlingsbekämpfungs- de kommen durchschnittlich fünf hin- wichtige Resistenzgene gegen die Kraut- mittel Grundwasser und Böden und zu. Um mit dieser Zunahme Schritt zu und Knollenfäule aufzuspüren und die wirken sich nachteilig auf die Artenviel- halten, muss die weltweite Nahrungs- damit ausgestatteten Kartoffelpflanzen falt aus. mittelproduktion steigen. Nur etwa ein erfolgreich weiter zu vermehren… Doch Fünftel der Erdoberfläche kann aber als noch ist die Forschung nicht so weit. MENDEL REVOLUTIONIERT DIE potenzielle Agrarfläche dienen; de facto Nach Weizen, Reis und Mais ist die PFLANZENZÜCHTUNG sinkt die Fläche je Person zur Nahrungs- Kartoffel die viertwichtigste Nutzpflan- produktion seit Jahren sogar aufgrund ze. Wenn auch kein Allheilmittel, so Vor diesem Hintergrund wäre es ein der Ausweitung von Wohnsiedlungen könnte der Kartoffelanbau in vielen Fortschritt, wenn es gelänge, ertrag- und Verkehrswegen. Und das bedeutet: Ländern der Welt, wo Mangel- und Fehl- reiche und gleichzeitig schädlingsresis- Die Erträge pro Flächeneinheit müssen ernährung verbreitet sind, doch einen tente Kartoffelsorten wie die eingangs gesteigert werden. Teil der Ernährungsproblematik lösen erwähnte Fantasiesorte „Sternstunde” helfen. Etwa 325 Millionen Tonnen der zu züchten. Der klassische Weg der ZUKUNFTSVISIONEN verschiedenen Sorten werden derzeit Züchtung ist dabei nach wie vor be- FÜR DEN KARTOFFELANBAU weltweit pro Jahr geerntet. Sie sind das schwerlich, wenn auch nicht mehr so Ergebnis jahrhundertelanger Auslese- langwierig wie vor etwa 10 000 Jahren, Ein Zukunftsszenario, an dem die For- züchtung. Schon die von den Ur- als unsere Vorfahren begannen, sess- scher arbeiten, könnte wie folgt aus- einwohnern Südamerikas kultivierten haft zu werden und essbare Wildpflan- sehen: Bei der SaKa Pflanzenzucht Kartoffeln waren hoch entwickelt, ver- zen anzubauen. Im Laufe der Zeit lern- GbR in Windeby in Schleswig-Holstein schiedensten Anbaulagen und unter- ten sie, gut schmeckende Exemplare dreht sich alles um Solanum tuberosum, schiedlichen Verwendungszwecken an- von bitter schmeckenden zu trennen, die Kartoffel. Ihr neuester Züchtungs- gepasst und weit entfernt von den oder ertragreiche von denen, die nur erfolg heißt „Sternstunde”. Diese Sor- hochgradig giftigen Wildformen mit mickerig wuchsen, und sie fanden he- te weist nicht nur einen deutlich hö- winzigen Knollen. raus, dass die Weiterzucht von Indivi- heren Nährstoffgehalt auf, sondern ist In Europa wurde die Kartoffel im duen mit günstigen Eigenschaften die auch resistent gegenüber dem größten 19. Jahrhundert zum Hauptnahrungs- besseren Ernteergebnisse erbrachte. Widersacher der Kartoffel, dem Pilz mittel. Denn neben den notwendigen „Die wissenschaftliche Pflanzen- Phytophthora infestans. Phytophthora Kalorien liefert sie auch Spurenelemente, zucht und die damit realisierbaren Er- lässt die oberirdischen Pflanzenteile Vitamine und hochwertiges Eiweiß. tragssteigerungen in der Landwirtschaft 1 | 09 MaxPlanckForschung 19
KARTOFFELANBAUFLÄCHE & ERNTEMENGE 8.732.961 7.473.628 wurden erst durch Mendel revolutio- niert“, erzählt Christiane Gebhardt. Als Johann Gregor Mendel 1866 in den Gärten der Abtei St. Thomas in Alt Brünn die Pollen rot blühender Erbsen- pflanzen auf die Narben weiß blü- hender übertrug, bezogen sich seine Versuche auf äußerlich erkennbare Merkmale, die Phänotypen. Der später als Vater der Genetik be- 41.2 titelte Mönch wusste noch nichts von den molekularen Geheimnissen der Nukleinsäuren, deren Aufbau und Wir- kungsweise. Nichtsdestotrotz formulier- te er die ersten Regeln über das Wirken jener wahren Herrscher des Lebens, der 1.541.498 Gene – und gab der Züchtung damit 17.4 16.3 15.7 963.766 neue Impulse: Endlich konnten durch 10.8 615.878 systematische Kreuzung die Eigen- schaften von vielen verschiedenen Pflanzenindividuen in einem einzigen Nachkommen vereinigt werden. n a ka a a ie p ik ik INDIVIDUALITÄT: DER KLEINE, ri ro an er er Af Eu am m ze ABER FEINE UNTERSCHIED da O in n/ or te N ie La As Doch nach wie vor müssen jene Nach- kommen, die die gesuchte Kombinati- Anbaufläche (Hektar) Erntemenge (Tonnen/Hektar) on der Eigenschaften der Eltern aufwei- sen, in mehreren Zyklen ausgewählt werden. Das kann bei einer Selektion auf Resistenz durch die Auswahl der nicht vom Krankheitserreger befal- lenen Pflanzen im Gewächshaus oder im Feld geschehen – befallene Pflan- KARTOFFELPRODUKTION WELTWEIT (Menge in Mio. Tonnen) zen erkennt das geschulte Auge schon aufgrund welker Blätter oder abgestor- bener Pflanzenteile. Andere Merkmale, 350 wie beispielsweise der Nährstoffgehalt, 300 lassen sich nicht so einfach selektie- Quelle Grafiken: FAOSTAT / Umsetzung: Designergold 250 ren. Ideal wäre es daher, wenn man die 200 Veranlagungen der Pflanze direkt an ihren Genen ablesen könnte, sozusa- 150 gen ohne den Umweg über den Phä- 100 notyp. Ein großer Teil der zeitaufwen- 50 digen züchterischen Selektionsarbeit würde dann entfallen. 0 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 Gene bestimmen, welche Merkmale eine Pflanze aufweist: ob sie schnell oder langsam wächst, tolerant gegenüber Tro- ckenperioden ist oder robust gegenüber entwickelte Länder Entwicklungsländer weltweit bestimmten Pflanzenkrankheiten und welche Inhaltsstoffe sie aufweist. Doch 20 MaxPlanckForschung 1 | 09
FOKUS_Expedition Zukunft selbst nach 30 Jahren Genomforschung an Pflanzen will sich das Geheimnis der genetischen Vielfalt noch nicht so leicht lüften lassen. Natürlich weiß man längst, dass die Karten der Vererbung stets durch die Neukombination von Ei- und Samenzelle der Eltern neu gemischt wer- den, und auch, dass von allen Genen unterschiedliche Ausfertigungen existie- ren, die Allele. Aber: „Kartoffeln haben nur ein Mal Sex im Leben“, erklärt Lübeck. „An- schließend läuft die Vermehrung vege- tativ über die Knollen“, so der Züchter. Bei derartigen Klonen erfolgt keine wei- tere Neukombination der Chromo- somen. Doch weshalb enthalten dann Knollen einer Sorte viel Stärke, während ein Geschwisterklon weniger produ- ziert, weshalb ist ein Klon resistenter ge- gen Phytophthora als ein anderer? Gebhardt erklärt das so: „Der kleine Unterschied zwischen den Individuen einer Art sind Punktmutationen.“ Der englische Fachbegriff dafür: Single Nuc- leotide Polymorphism (SNP). Dabei han- delt es sich um einzelne, zufällige Basenaustausche, die bei der Verdopp- lung der DNA-Sequenz immer wieder auftreten – auch wenn sich der Orga- nismus asexuell vermehrt. „Im mensch- lichen Genom ist etwa eine von 1000 Basen verändert, im Kartoffelgenom ist es ungefähr eine von 50“, erläutert die Forscherin. MARKER FÜR DIE SUCHE NACH GÜNSTIGEN GENEN Foto: MPI für Züchtungsforschung (unten), Frank Vinken (oben) Die meisten dieser Mutationen haben keinen Effekt; einige aber können ne- gative Konsequenzen nach sich ziehen, andere dagegen begünstigen positive Eigenschaften. Und nach genau die- sen positiven Punktmutationen läuft die Fahndung in Köln auf Hochtouren. Angesichts von einer Milliarde Basen- paaren und etwa 30 000 Genen im Kar- oben Die Vermehrung von Kartoffeln erfolgt vegetativ über die Knollen. toffelgenom ist diese Suche allerdings unten Das Prinzip der Marker-gestützten Züchtung: Von dem Gen für die Schalenfarbe gibt es sehr mühevoll. zwei Ausprägungen (Allele). Je nachdem, welches Allel vorliegt, ist die Schale der Kartoffel rot oder weiß. Die Zahlen 1 und 0 symbolisieren einen DNA-Marker, der mit dem Mit ihren genetischen Analysen Genort für die Schalenfarbe gekoppelt ist. Dabei steht die 1 für rote Schalenfarbe, die möchte Gebhardt die Grundlagen schaf- 0 für weiße Schalenfarbe. Die Abbildung zeigt anschaulich, dass mithilfe des Markers fen für eine Marker-gestützte Selektion, die Schalenfarbe mit hoher Sicherheit vorhergesagt werden kann. 1 | 09 MaxPlanckForschung 21
FOKUS_Expedition Zukunft links Christiane Gebhardt, Forschungsgruppenleiterin in der Abteilung von Maarten Koorneef am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, prüft die Banden auf einem Agarose-Gel. rechts Die aus einer Kartoffel isolierte DNA wird mittels PCR (Polymerasekettenreaktion) vermehrt und von sogenannten Restriktionsenzymen in kleinere Fragmente geschnitten. rechts Von unterschiedlichen Kartoffelsorten stammende DNA-Proben werden für die unten Gel-Elektrophorese aufbereitet. kurz MAS (marker assisted selection). Reissorte, die unempfindlicher gegen Voraussetzung für MAS ist die Ent- Überschwemmungen ist, aber: „Präzisi- wicklung diagnostischer Genmarker – onszüchtung im Zusammenhang mit künstlich hergestellte DNA-Schnipsel, der Kartoffel verlangt mehr“, so Lübeck. welche spezifische DNA-Abschnitte ab- Die Genetik der Kartoffel ist nämlich bilden und diese sichtbar machen, weitaus komplexer. Während Tomaten ‚markieren’. Diese DNA-Abschnitte sind und Reis nur zwei Chromosomensätze wie Landmarken über das Erbgut der und eine oder zwei Varianten (Allele) Pflanzen verteilt. In der Regel zeigen sie pro Gen aufweisen, besitzt die Kartoffel keine phänotypische Ausprägung. Ent- vier Chromosomensätze mit bis zu vier scheidend ist, dass sie sich in der Nähe verschiedenen Allelen pro Gen. Darü- sogenannter Quantitative Trait Loci, ber hinaus werden die gesuchten Eigen- kurz QTL, befinden und somit einen schaften nur in den seltensten Fällen Hinweis auf die Existenz bestimmter durch ein Gen allein manifestiert. Gene geben können. „Mehr als 50 Gene können ein Resis- tenzmerkmal bedingen, das wir daher PRÄZISIONSZÜCHTUNG als quantitatives Merkmal bezeichnen“, SPART ZEIT UND KOSTEN sagt Gebhardt. Die zehn wichtigsten da- von zu kennen wäre fantastisch. Mithilfe der künstlichen DNA-Schnipsel Die Molekularbiologin zeigt auf eine lässt sich das Genom der Pflanze nach Deutschlandkarte, die sich breitflächig bestimmten Genvarianten absuchen, an der Wand des Flurs im Institut er- deren Existenz oder Nichtexistenz auf streckt. „Wir konstruieren neue Karten“, die zu untersuchende Eigenschaft des so Gebhardt. Die Erde sei inzwischen lebenden Pflanzen-Individuums hin- vollständig vermessen, nun seien die weist. Die Analyse des pflanzlichen Erb- Genome an der Reihe. In ihrem Büro guts dient dazu, passende Kreuzungs- hängen schematische DIN-A4-Abbil- partner zusammenzuführen und die dungen der zwölf Kartoffelchromo- richtigen Nachkommen auszuwählen. somen an der Wand, lange Stäbchen, Diese Vorgehensweise wird mit den Be- auf denen grüne oder blaue Balken ein- griffen ‚Präzisionszüchtung’, Precision- gezeichnet sind: Das sind bereits identi- Breeding, oder ‚Marker-gestützte Züch- fizierte QTL. Sie bezeichnen Bereiche tung’ umschrieben. Die Vorteile von der DNA, die Gene enthalten, für die in MAS liegen darin, dass theoretisch be- vorangegangenen Studien ein messbarer reits bei Keimlingen festgestellt werden Einfluss auf die Ausprägung eines phä- kann, ob sie das gewünschte Merkmal notypischen Merkmals nachgewiesen besitzen oder nicht. Die zeitaufwendige werden konnte. züchterische Selektionsarbeit entfällt, Dünne Pfeile umgeben die schema- die Kosten sinken, der Pestizideinsatz tisierten Chromosomen sowie verschie- Fotos: Frank Vinken wird minimiert. Theoretisch. denfarbige Kombinationen aus Buch- Zwar konnten zur Freude der Ketch- staben und Zahlen. GPA5 steht dort up-Industrie durch dieses Verfahren beispielsweise in Rot, R1 in Grün oder schon Tomaten mit erhöhtem Zucker- GP179 in Schwarz. „Die schwarzen Be- gehalt gezüchtet werden sowie eine schriftungen bezeichnen DNA-Marker 1 | 09 MaxPlanckForschung 23
oben: Auf den zwölf Chromosomen der Kartoffel konnten die Forscher bereits verschiedene Bereiche mit Genen identifizieren, die beispiels- weise für die Abwehr bestimmter Fraßfeinde eine Rolle spielen. links: Am Computer überprüfen die Forscher, wie unterschiedlich weit die DNA-Fragmente bei der Gel-Elektrophorese gewandert sind. wirkungen des Pathogens auf jede ein- zelne Pflanze über ein paar Wochen bewerten zu können. Die Benotung er- folgt von 1 bis 9 – quantitative Eigen- schaften lassen sich nur in mehreren Zwischenstufen erfassen; selten sind Merkmale so reinrassig oder auch mo- nogen wie das Merkmal der Blütenfar- be von Mendels Erbsen. Die 1 stellt die schlechteste Note dar, die entspre- chende Pflanze wäre demnach höchst anfällig gegenüber Phytophtora. Die gefriergetrockneten Blätter rei- ohne besondere biologische Bedeu- Resistenz gegen Pilze. Um eine Ver- sen 532 Kilometer durch Deutschland tung“, erklärt Gebhardt. Sie gehören knüpfung solcher Genkarten mit den und werden im Labor in Köln aufberei- dennoch zum Grundgerüst der Genkar- Feldpflanzen herstellen zu können, er- tet. Teilstücke der isolierten DNA wer- Fotos: Frank Vinken (mitte), MPI für Züchtungsforschung (oben) ten – vergleichbar mit den Höhen- und hält die Kölner Arbeitsgruppe Proben- den mittels der PCR (engl. Polymerase Breitengraden auf einer Weltkarte. material von Pflanzenzuchtunterneh- Chain Reaction), einer Art biochemi- men wie der SaKa Pflanzenzucht GbR scher Kopiermaschine, vermehrt. An- GENKARTEN FÜR EINE in Windeby. schließend zerschneiden Restriktions- ENTDECKUNGSREISE IM GENOM Dort wird eine Versuchspopulation enzyme die DNA an Stellen mit einer von durchschnittlich 200 Individuen spezifischen Basenabfolge. Oder eben Eine solche Genkarte kann für jedes im Frühjahr ins Feld gepflanzt. Die Mit- nicht – wenn nämlich in dieser Basen- Chromosom der Kartoffel erstellt wer- arbeiter schneiden von jeder der durch- abfolge ein SNP vorliegt, ein einzelner den. Die Marker sind auf ihr wie die nummerierten Pflanzen ein frisches Fie- Basenaustausch. Das führt dann dazu, Perlen auf einer Schnur aufgereiht. derblatt für die DNA-Isolation ab. dass bestimmte DNA-Fragmente bei Dazwischen müssen dann die Eigen- Danach werden die Pflanzen weiter be- diesem Individuum länger werden. In schaften lokalisiert werden: In Rot er- obachtet, ob ein Befall mit Schädlingen der anschließenden Gel-Elektrophore- scheinen hier zum Beispiel Genorte, wie Phytophthora erfolgt. Ansonsten se wandern sie – angetrieben durch ein die für die Resistenz gegen Nematoden wird durch künstliche Infektion nach- elektrisches Feld – langsamer als die eine Rolle spielen, in Grün jene für die geholfen, um die phänotypischen Aus- kürzeren Fragmente. Betrachten wir 24 MaxPlanckForschung 1 | 09
FOKUS_Expedition Zukunft unseren Marker für die Resistenz, so be- vor Kurzem nur wenige diagnostische Jahren das Kartoffelgenom komplett wegt sich zum Beispiel ein für das Marker bekannt, mit deren Hilfe mono- entschlüsselt sein wird. Das wird für die Merkmal ungünstiges Fragment weiter gene Merkmale identifiziert werden Suche nach weiteren Genen eine große als ein günstiges. konnten, so brachte das Forschungs- Hilfe sein. Jens Lübeck geht davon aus, Ob günstig oder nicht, kann aller- programm GABI (Genomanalyse im bi- dass bald weitere Marker für Resistenz- dings erst durch den Abgleich mit den ologischen System Pflanze) in den ver- gene gefunden werden. Der Blick auf Dokumentationen der Züchter über gangenen acht Jahren einen kräftigen die Genkarte im Büro von Christiane die zugehörigen Versuchspflanzen ge- Schub. Die vom Bundesministerium für Gebhardt stimmt ihn optimistisch. So- klärt werden. Diese prüfen die Quali- Bildung und Forschung (BMBF) geför- mit könnte es in Zukunft tatsächlich tät der Versuchspflanzen und deren derten Projekte ermöglichten die Zu- „Kartoffeln à la Gen-Carte“ geben. Knollen. Solche phänotypischen Un- sammenarbeit von Forschungszentren tersuchungen müssen öfter durchge- wie dem Kölner Max-Planck-Institut führt werden, an verschiedenen Orten mit Pflanzenzuchtunternehmen und zu verschiedenen Zeiten, über mehre- förderten so erstmalig diagnostische GLOSSAR re Jahre. Schließlich kann die Wirkung Marker zur Identifizierung polygener von Genen überhaupt nur in Reaktion Eigenschaften der Kartoffel zutage. Phänotyp / phänotypische Ausprägung auf eine bestimmte Umwelt sinnvoll „Einer der bisher größten Erfolge für äußerlich erkennbares Merkmal eines definiert werden. die wirtschaftlich relevanten Zuchtpro- Organismus, das von den Genen und der Umwelt beeinflusst wird. gramme ist ein molekularer Marker, der FINANZIELLER SCHUB Resistenz gegen den Nematoden Globo- Genotyp der individuelle Satz an Genen, den ein FÜR MEHR KOOPERATIONEN dera pallida diagnostiziert“, sagt Lü- Organismus besitzt. beck. Die Zysten dieses Fadenwurms Marker Zu den Auswertungen von Geno- und können bis zu 20 Jahre im Boden über- generell: ein biochemisches Hilfsmittel, Phänotyp gesellt sich die statistische dauern. Werden Kartoffelpflanzen auf um bestimmte Eigenschaften zu ermitteln; Berechnung, um einen Zusammen- einer befallenen Fläche angebaut, drin- hier speziell: ein DNA-Abschnitt, der sich hang zwischen Merkmalen und DNA- gen die Larven in die Wurzeln ein, be- an eine bekannte und genau lokalisierte Abschnitten herzustellen. Tausende rauben sie ihrer Nährstoffe und lassen Sequenz im Erbgut anlagert und so bei der Suche nach Genen hilft. Banden werden so per Assoziations- die Pflanzen dadurch verhungern. analyse daraufhin geprüft, mit wel- MAS kurz für marker assisted selection: chen Eigenschaften sie korrelieren. Im ERSTE ERFOLGE IM KAMPF Suche nach züchtungsrelevanten Erfolgsfall heißt es, die Pflanzen weiter GEGEN FRASSFEINDE Merkmalen mithilfe von Genmarkern. zu vermehren, deren Laboranalysen Quantitative Trait Locus Mapping den phänotypischen und statistischen Im Kampf gegen die zahlreichen Feinde eine Methode, um die Genorte zu finden, Vergleichen standgehalten haben, und der Kartoffel gibt es weitere Erfolge zu die ein Merkmal beeinflussen. abzuwarten, ob sich der erwünschte vermelden: „Inzwischen haben wir ein Erfolg einstellt. erstes Gen für die Feldresistenz gegen „Züchtung ist ein recht träger Damp- Kraut- und Knollenfäule entdeckt“, er- fer“, sagt Lübeck. Ein Zuchtgang von klärt Gebhardt. Das Gen trägt das Kürzel nur einer Kartoffelsorte nimmt etwa StAOS2 (für Solanum tuberosum Allene zehn Jahre in Anspruch. MAS könnte Oxide Synthase 2). Die Züchtungsfor- diesen Prozess beschleunigen. Waren bis scherin spekuliert, dass in etwa fünf 1 | 09 MaxPlanckForschung 25
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