Kaum eine Region bietet genügend einfache Jobs

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Kaum eine Region bietet genügend einfache Jobs
IAB Kurzbericht
Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
                                                                                                              11/2014

  In aller Kürze                       Arbeitsmarktchancen von Geringqualifizierten
„„ Nahezu jeder zweite Arbeitslose
in Deutschland kann mangels hö­
herer Qualifikation nur Helfertätig­
                                       Kaum eine Region bietet
keiten ausüben. Dabei entspricht
nur jeder siebte Arbeitsplatz diesem   genügend einfache Jobs
Niveau.
                                       von Dieter Bogai, Tanja Buch und Holger Seibert
„„ Die Beschäftigungsperspektiven
von gering qualifizierten Arbeits­
losen sind regional sehr unter­
                                       Auf dem deutschen Arbeitsmarkt gilt            renzen nicht zueinander. Bauer und Gartner
schiedlich. In Ostdeutschland, im
Ruhrgebiet und in zahlreichen Groß-    nach wie vor: Je höher die Qualifikation,      (2014) zeigen, dass je nachdem, wie breit
städten haben sie besonders große      desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit,     die beruflichen Segmente definiert sind,
Schwierigkeiten, passende Stellen      arbeitslos zu sein und desto höher ist der     bis zu 45 Prozent der Arbeitslosigkeit mit
zu finden.                             Lohn. Vergleicht man die Qualifikations-       einem solchen Mismatch erklärt werden
„„ Dagegen ist der Arbeitsmarkt für    anforderungen, die an Beschäftigte ge-         können.
Helfer vor allem in einigen indus­     stellt werden, mit den Qualifikationsprofi-      Mit dem Wandel zur Informations- und
triell geprägten Regionen Bayerns      len der Arbeitslosen, zeigen sich allerdings   Wissensgesellschaft sind Arbeitsplätze mit
und Baden-Württembergs sowie           erhebliche Diskrepanzen. Diese bestätigen      niedrigen Qualifikationsanforderungen in
in einigen ländlichen Regionen von
                                       nicht nur das besonders hohe Arbeitslo-        den vergangenen Jahrzehnten hierzulande
Rheinland-Pfalz und Niedersachsen
                                       sigkeitsrisiko von Geringqualifizierten, sie   massiv abgebaut worden. Verlierer dieses
wesentlich günstiger.
                                       machen auch deutlich, dass diese Risiken       Prozesses sind gering qualifizierte Erwerbs­
„„ Regionale Mobilität von Arbeits­
                                       regional unterschiedlich verteilt sind.        personen, die den gestiegenen Anforderun-
losen kann angesichts des deutli­
chen Angebotsüberhangs im Hel­                                                        gen der Betriebe nicht mehr gerecht wer-
ferbereich insgesamt nur wenig         Die Beschäftigungs- und Verdienstaussich­      den und die deshalb in besonderem Maße
zum Arbeitsmarktausgleich beitra­      ten fallen je nach Bildungsabschluss einer     von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Zudem
gen. Eine bessere Qualifizierung       Erwerbsperson sehr unterschiedlich aus (We-    verläuft die Erwerbsintegration in Deutsch-
und die Reduzierung von gering         ber/Weber 2013; Schmillen/Stüber 2014).        land über berufsfachliche Arbeitsmärkte
qualifizierten Neuzugängen in die      Einerseits finden gering qualifizierte Ar-     und selbst bei der Besetzung von Einfach-
Arbeitslosigkeit bleiben in der Ar­
                                       beitslose schwer eine Beschäftigung, an-       arbeitsplätzen wird häufig ein Berufsab-
beitsmarktpolitik vorrangig.
                                       dererseits klagen viele Arbeitgeber über       schluss als Zeichen für eine hohe Leistungs-
„„ Darüber hinaus ist gerade für
                                       Schwierigkeiten, geeignete Bewerber für        fähigkeit erwartet.
Per­sonen mit multiplen Vermitt­
                                       ihre vakanten Stellen rekrutieren zu können.     Im Folgenden geht es darum, wie An-
lungshemmnissen z. B. eine länger­
fristig angelegte Unterstützung der    Eine solche Situation wird als Mismatch        gebot und Nachfrage in verschiedenen
betrieblichen Eingliederung durch      bezeichnet: Arbeitsangebot und Arbeits-        Arbeitsmarktsegmenten zusammenpassen.
individuell abgestimmte Coaching­      nachfrage passen aufgrund von qualifikato-     Dabei wird nach Personengruppen und
hilfen ratsam.                         rischen, beruflichen oder regionalen Diffe-    verschiedenen Landesteilen differenziert.
Kaum eine Region bietet genügend einfache Jobs
Besonderes Augenmerk gilt den Beschäftigungsper-          kräfte, (3) Spezialisten und (4) Experten (vgl. Ta-
                                spektiven von Personen, die aufgrund ihrer geringen       belle 1). Das Anforderungsniveau beschreibt neben
                                Qualifikation zumeist nur Aussicht auf Helfertätig-       der Beruflichkeit als horizontale Dimension, die
                                keiten haben.                                             Komplexität von Berufen als vertikale Dimension
                                                                                          (Bundesagentur für Arbeit 2011). Jedem Beruf ist
                                „„ Berufe, Tätigkeiten und                                in der KldB 2010 eine der vier genannten Qualifi-
                                   Qualifikationen                                        kationsanforderungen zugeschrieben. Entscheidend
                                Mit der Einführung der Klassifikation der Berufe          ist dabei, welche Qualifikationen üblicherweise für
                                (KldB) 2010 der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist es      den jeweiligen Beruf erforderlich sind, nicht aber der
                                seit Kurzem möglich, die Berufe nach vier Anforde-        konkrete Bildungsabschluss einer Person, die diesen
                                rungsniveaus zu unterscheiden: (1) Helfer, (2) Fach-      Beruf ausübt. Eine entsprechende Zuordnung liegt
                                                                                          sowohl in den Beschäftigungsdaten als auch in den
                                                                                          Arbeitslosendaten vor.
      i    Anforderungsspezifische Arbeitslosenquote – Definition                            Für die Beschäftigten melden die Arbeitgeber den
           und Berechnung
                                                                                          jeweils ausgeübten Beruf. Damit können die unter-
    Für die Analysen werden nur Arbeitslose und sozialversicherungspflichtig Be-          schiedlichen Anforderungsniveaus der ausgeübten
    schäftigte (ohne Auszubildende und geringfügig Beschäftigte) im Alter von 25          Tätigkeiten als Indikator für die Qualifikationsnach-
    bis 64 Jahren und mit gültigen Angaben zum Anforderungsniveau ausgewählt.
                                                                                          frage der Unternehmen interpretiert werden. Eine
    Da für die Anforderungsniveaus keine Bezugsgrößen vorliegen, wird die anforde-
    rungsspezifische Arbeitslosenquote (ALQN) lediglich auf die Zahl der Arbeitslosen     Abbildung der Qualifikationsanforderungen über die
    (ALN) und die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (SVBN) im jewei-         offenen Stellen eignet sich nur bedingt als Alter-
    ligen Anforderungsniveau (N) bezogen und nach der folgenden Formel gebildet:          native, denn die der BA gemeldeten offenen Stel-
                                                 ALN                                      len erfassen nicht alle Vakanzen. Zudem variiert die
                                 ALQN =
                                           ALN + SVBN                                     Beteiligung der BA am Stellenbesetzungsprozess
    Zum Vergleich: Die amtliche Arbeitslosenquote enthält als Bezugsgröße im              stark nach Qualifikationsanforderungen, Branchen
    Nenner alle zivilen Erwerbspersonen, also neben sozialversicherungspflichtig          und Regionen, sodass bei dieser Vorgehensweise ein
    Beschäftigten und Arbeitslosen auch Selbstständige, mithelfende Familienan-           unvollständiges und verzerrtes Bild der Arbeitsnach-
    gehörige, geringfügig Beschäftigte, Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Mehr-        frageseite zugrunde liegen würde.
    aufwandsentschädigung, auspendelnde Grenzarbeitnehmer und Beamte. Daher
                                                                                             Bei den Arbeitslosen wird im sogenannten Pro-
    liegt die in diesem Bericht errechnete spezifische Arbeitslosenquote entspre-
    chend höher. Beträgt die amtliche Arbeitslosenquote der 25- bis 64-Jährigen           filing unter anderem der Zielberuf des Kunden er-
    z. B. im Juni 2013 bundesweit 7,0 Prozent, wären es unter Verwendung lediglich        mittelt. Dabei handelt es sich um das aufgrund der
    der Arbeitslosen und Beschäftigten als Bezugsgröße 8,7 Prozent.                       individuellen Qualifikation realisierbare Ziel bei der
    In der regionalen Analyse wird die anforderungsspezifische Arbeitslosenquote          Jobsuche. Dieser Beruf wird durch die Arbeitsver-
    auf der Kreisebene betrachtet. In 17 der insgesamt 402 Kreise liegen für mehr         mittler in Abstimmung mit den Arbeitsuchenden in
    als 25 Prozent der Arbeitslosen keine Angaben zum Zielberuf vor. Die entspre-         den Daten vermerkt. Er bildet damit den aktuellen
    chenden Kreise (vgl. Tabelle unten und graue Schraffierung in Abbildung 4 auf
                                                                                          individuellen Bildungsstand ab und ist in der Summe
    Seite 6) sind deshalb aus der Analyse ausgeschlossen. Bei diesen Kreisen handelt
    es sich um solche, in denen zugelassene kommunale Träger mit den Aufgaben der         der Zielberufe aller Arbeitslosen ein Indikator für die
    Grundsicherung für Arbeitsuchende betraut sind. Aufgrund deren uneinheitlicher        Qualifikation des Bestandes an Arbeitslosen.
    Meldeverfahren kommt es in einigen dieser Kreise zu größeren Meldeproblemen.             Auch der formale berufliche Bildungsabschluss
    Insgesamt weisen die Arbeitslosendaten in 5,5 Prozent der Fälle ungültige Werte       der Beschäftigten und der Arbeitslosen ist in der Be-
    beim Zielberuf auf.
                                                                                          schäftigungs- bzw. Arbeitslosenstatistik der BA er-
     Kreise, die wegen unvollständigen Bildungsangaben in den Arbeitslosendaten           fasst. Allerdings liegen in der Beschäftigtenstatistik
     aus den Analysen ausgeschlossen wurden                                               inzwischen für fast 20 Prozent der Meldungen keine
     Landkreis/Kreisstadt                                           Bundesland            verwertbaren Bildungsdaten mehr vor. Die Angaben
     Nordfriesland, Schleswig-Flensburg                             Schleswig-Holstein    zum Anforderungsniveau der ausgeübten Berufe, die
     Soltau-Fallingbostel, Verden, Grafschaft Bentheim, Osnabrück   Niedersachsen
                                                                                          nach der Umstellung auf die neue Klassifikation seit
     Mülheim an der Ruhr, Solingen, Düren, Minden-Lübbecke          Nordrhein-Westfalen
                                                                                          Ende 2012 nun zuverlässig und umfänglich gemeldet
     Wiesbaden, Bergstraße, Main-Kinzig-Kreis                       Hessen
     Tuttlingen                                                     Baden-Württemberg
                                                                                          werden, sind damit eine neue Quelle zur Ermittlung
     Schweinfurt                                                    Bayern                des qualifikatorischen Mismatches auf dem Arbeits-
     St. Wendel                                                     Saarland              markt. Tabelle 2 zeigt, dass das berufliche Anforde-
     Anhalt-Bitterfeld                                              Sachsen-Anhalt        rungsniveau erwartungsgemäß in hohem Maße mit
                                                                                          dem Bildungsstand der Beschäftigten zusammen-

2    IAB-Kurzbericht 11/2014
Kaum eine Region bietet genügend einfache Jobs
hängt. Zugleich wird aber auch deutlich, dass einer-
                                                          Tabelle 1
seits ein vorhandener Abschluss kein Garant für das
                                                          Anforderungsniveaus von Berufen
Erlangen einer qualifizierten Tätigkeit ist und dass es
andererseits auch zahlreiche Personen gibt, denen es                                     Kurz-
                                                           Niveau Bezeichnung                               Anforderungsniveau
                                                                                         beschreibung
gelingt, ohne formale Bildungsabschlüsse in höhere
                                                               1      Helfer- und        Helfer             Einfache, wenig komplexe (Routine-)Tätig-
Segmente des Arbeitsmarktes vorzudringen.                             Anlern-                               keiten; kein formaler beruflicher Bildungs-
  Im Folgenden wird für die verschiedenen Anfor-                      tätigkeiten                           abschluss oder einjährige (geregelte) Berufs-
                                                                                                            ausbildung
derungsniveaus eine spezifische Arbeitslosenquote
                                                               2      Fachlich           Fachkraft          Fundierte Fachkenntnisse und Fertigkeiten;
gebildet und nach unterschiedlichen individuellen
                                                                      ausgerichtete                         Abschluss einer mindestens zweijährigen
und regionalen Merkmalen betrachtet. Die Berech-                      Tätigkeiten                           Berufsausbildung oder vergleichbare Quali-
nung der hier verwendeten Arbeitslosenquoten wird                                                           fikation

im Infokasten auf Seite 2 näher erläutert.                     3      Komplexe           Spezialist         Spezialkenntnisse und -fertigkeiten, gehobene
                                                                      Spezialisten-                         Fach- und Führungsaufgaben; Meister- oder
                                                                      tätigkeiten                           Technikerausbildung oder gleichwertiger
                                                                                                            Fachschul- oder Hochschulabschluss
„„ Beschäftigte – Viele Fachkräfte,
                                                               4
   weniger Helfer                                                     Hoch komplexe Experte                 Sehr hohes Kenntnis- und Fertigkeitsniveau,
                                                                      Tätigkeiten                           Leitungs- und Führungsaufgaben; mindestens
                                                                                                            vierjährige Hochschulausbildung oder ent-
Der deutsche Arbeitsmarkt ist ein Fachkräftemarkt,                                                          sprechende Berufserfahrung
der viele Positionen für qualifizierte und hoch quali-
                                                          Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2011, S. 27 f.                                             © IAB
fizierte Arbeitskräfte bereithält, aber nur wenige für
gering qualifizierte (Solga 2005). So üben im Juni
2013 86 Prozent der 25- bis 64-jährigen sozialver-        Tabelle 2
sicherungspflichtig Beschäftigten berufliche Tätig-       Berufliche Anforderungsniveaus1) und Bildungsabschlüsse von
keiten aus, die in Bezug auf ihre Qualifikationsan-       sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Arbeitslosen
forderungen mindestens einen Facharbeiterabschluss        25- bis 64-Jährige im Juni 2013, Anteile in Prozent
vor­aussetzen. Lediglich 14 Prozent gehen Helfer- und
                                                                   Anforderungsniveau
Anlerntätigkeiten nach (vgl. Abbildung 1, Seite 4).                         der Berufe                                                   keine       Ins-
                                                                                          Helfer      Fachkraft Spezialist Experte
   Die Qualifikationsanforderungen der von Männern         Qualifikation                                                                Angabe     gesamt
                                                           der Personen
und Frauen ausgeübten Tätigkeiten unterscheiden
                                                                                            Beschäftigte (ausgeübter Beruf)
sich in Westdeutschland stärker als in Ostdeutsch-         ohne abgeschlossene
                                                                                            22,0           6,2         2,8        2,2        0,0       7,4
land. Im Westen sind 16 Prozent der Frauen in Hel-         Berufsausbildung
fertätigkeiten zu finden, aber nur 13 Prozent der          betriebliche/
                                                                                            44,7          74,1       65,1        28,7        0,0      62,1
                                                           schulische Ausbildung
Männer. Als Experten oder Spezialisten arbeiten            akademische
                                                                                              1,3          4,3       21,2       60,4         0,0      13,8
jeweils 16 Prozent der westdeutschen Männer, wäh-          Ausbildung
rend es westdeutsche Frauen in diesem Segment                  keine Angabe                 32,0          15,4       10,9         8,7    100,0        16,7
nur auf jeweils 11 Prozent bringen. Im Osten be-           sozialversicherungspfl.
                                                                                           3,657       15,034       3,523     3,532      0,136     25,882
steht zwar auf den höheren beruflichen Positionen          Beschäftigte in Mio.

ebenfalls ein Vorsprung der Männer, allerdings fällt                                                Arbeitslose (Zielberuf)
                                                           ohne abgeschlossene
dieser deutlich geringer aus als im Westen. Helfertä-      Berufsausbildung
                                                                                             64,1         28,7       13,5         7,3       34,7      42,1
tigkeiten üben ostdeutsche Männer mit 13 Prozent           betriebliche/
                                                                                            31,4          65,9       63,9        21,9       23,7      46,2
genauso häufig aus wie ostdeutsche Frauen.                 schulische Ausbildung
                                                           akademische
   Die deutlichsten Unterschiede beim Anforde-             Ausbildung
                                                                                              1,5          2,8       20,4       68,5         4,8       7,1
rungsniveau zeigen sich, wenn die Beschäftigten
                                                               keine Angabe                   3,0          2,6         2,2        2,3       36,9       4,6
nach Staatsangehörigkeit verglichen werden: Wäh-
rend nur 12 Prozent (Ost) bzw. 13 Prozent (West) der       Arbeitslose in Mio.             1,110         1,068      0,132      0,151     0,143      2,604
Beschäftigten mit deutscher Staatsangehörigkeit           1)
                                                               Bei den Beschäftigten ist es das Anforderungsniveau des ausgeübten Berufs,
als Helfer arbeiten, sind es bei denen ohne deut-              bei den Arbeitslosen dasjenige des Zielberufs.
schen Pass 34 Prozent im Westen und 30 Prozent            Lesebeispiel: Im Juni 2013 gab es in Deutschland 3,657 Mio. sozialversicherungspflichtig
                                                          Beschäftigte in Helferberufen. Von ihnen besitzen 22,0 Prozent keine abgeschlossene
im Osten. In Westdeutschland finden Beschäftigte          Ausbildung, 44,7 Prozent einen betrieblichen oder schulischen Ausbildungsabschluss und
ohne deutsche Staatsbürgerschaft mit 10 Prozent           1,3 Prozent einen akademischen Abschluss. Für 32,0 Prozent fehlen die Bildungsangaben.
                                                          Quelle: Beschäftigungsstatistik und Arbeitslosenstatistik der BA (Data-Warehouse;
auch deutlich seltener Zugang zu Tätigkeiten auf          Zugriff: Januar 2014); eigene Berechnungen.                                                 © IAB
Expertenniveau. Dagegen sind in Ostdeutschland

                                                                                                                              IAB-Kurzbericht 11/2014         3
Kaum eine Region bietet genügend einfache Jobs
sogar 18 Prozent der nicht-deutschen Beschäftig-                         zu finden sind als unter den jüngeren. Dies spiegelt
                                      ten als Experten tätig. Dieser Sachverhalt ist in der                    zumindest teilweise den qualifikatorischen Wandel
                                      Bundeshauptstadt weniger stark ausgeprägt als in                         auf dem Arbeitsmarkt in den letzten Dekaden wider.
                                      Ostdeutschland insgesamt und verweist auf die sehr                       Da es heute zunehmend weniger einfache Berufs-
                                      selektive Zuwanderung von Migranten in die ost-                          positionen gibt, sind jüngere Beschäftigte dement-
                                      deutschen Bundesländer. In Westdeutschland sind                          sprechend dort immer seltener zu finden. Gleichwohl
                                      die Zahlen hingegen noch ein Resultat der Anwer-                         dominieren auch unter den älteren Beschäftigten
                                      bepolitik der 1960er Jahre, in denen man verstärkt                       eindeutig Berufspositionen mit höherem Anforde-
                                      ungelernte Arbeitskräfte für die damals boomende                         rungsniveau.
                                      Industrie rekrutiert hat. Unzureichende Integrati-                          Schließlich bestehen auch ausgeprägte regionale
                                      onsbemühungen und die Tatsache, dass Deutsch-                            Differenzen. So erweisen sich verdichtete Regionen
                                      land ein Land ist, in dem sich soziale Ungleichheit in                   als solche mit einem erkennbar höheren Anforde-
                                      hohem Maße über die Generationen vererbt, haben                          rungsniveau am Arbeitsmarkt. In den deutschen
                                      dafür gesorgt, dass diese Diskrepanzen auch heute                        Großstädten mit mindestens 100.000 Einwohnern
                                      noch so deutlich zu Tage treten. Allerdings stellt sich                  sind im Durchschnitt nur 12 Prozent der Beschäftig-
                                      die Situation der Neuzuwanderer inzwischen weni-                         ten als Helfer, aber 34 Prozent als Spezialisten oder
                                      ger dramatisch dar (Seibert/Wapler 2012).                                Experten beschäftigt. In den übrigen Regionen sind
                                        Betrachtet man verschiedene Altersgruppen, so                          hingegen im Durchschnitt 16 Prozent der Beschäf-
                                      fällt auf, dass unter den älteren Beschäftigten etwas                    tigten als Helfer und nur 23 Prozent als Spezialisten
                                      mehr Helfer und weniger Spezialisten oder Experten                       oder Experten tätig.

    Abbildung 1                                                                                            Abbildung 2
    Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach dem                                                     Arbeitslose nach dem Anforderungsniveau des Zielberufs
    Anforderungsniveau des ausgeübten Berufs                                                               Juni 2013, Anteile in Prozent
    Juni 2013, Anteile in Prozent

                                Helfer        Fachkraft               Spezialist                 Experte       Helfer               Fachkraft     Spezialist                   Experte

                Insgesamt      14                     58                           14             14                     45                                43                      5 6   Insgesamt

                                           Nach Geschlecht und Region                                                        Nach Geschlecht und Region
              Männer, West     13                 55                           16                 16                    40                            46                       7     7   Männer, West
               Frauen, West    16                          62                           11         11                        52                                 39                 4 5   Frauen, West
                Männer, Ost    13                     60                           13             14                38                                50                        6    6   Männer, Ost
                 Frauen, Ost   13                     61                            12            13                         50                                 40                 4 5   Frauen, Ost

                                      Nach Staatsangehörigkeit und Region                                           Nach Staatsangehörigkeit und Region
             Deutsche, West    13                  59                              15             14                    41                             45                      6     7   Deutsche, West
    Nicht-Deutsche, West              34                             49                      7        10                           63                                     31        23   Nicht-Deutsche, West
               Deutsche, Ost   12                  61                              13             14                    42                             47                          5 6   Deutsche, Ost
         Nicht-Deutsche, Ost         30                         44                 8             18                               60                                 30            4 6   Nicht-Deutsche, Ost

                                                   Nach Alter                                                                            Nach Alter
               25–34 Jahre     13                  59                              14             15                     47                                 42                  4 7      25–34 Jahre
               35–44 Jahre     13                  58                              14             14                         49                             41                     5 6   35–44 Jahre
               45–54 Jahre     15                     58                            14            13                     47                                 43                     5 5   45–54 Jahre
         55 Jahre und älter     16                     58                           12            13                38                                48                       7     7   55 Jahre und älter

                                            Nach Agglomerationsgrad                                                               Nach Agglomerationsgrad
               Großstädte1)    12                54                           16                 18                      46                                40                  5    8    Großstädte1)
           übrige Regionen     16                       61                              12         11                    45                                45                      5 5   übrige Regionen

     mindestens 100.000 Einwohner.
    1)

    Abweichungen von 100 % durch Runden der Zahlen.
    Quelle: Beschäftigungsstatistik und Arbeitslosenstatistik der BA (Data-Warehouse; Zugriff: Januar 2014), eigene Berechnungen.                                                                      © IAB

4        IAB-Kurzbericht 11/2014
„„ Arbeitslose – Viele Helfer, weniger                                      doppelt so häufig nach Spezialisten- und Experten-
   Fachkräfte                                                               tätigkeiten wie jene in Westdeutschland.
                                                                              Betrachtet man die Arbeitslosen nach Alter, sind
Die Auswertung der Anforderungsniveaus der Ziel-                            deren Qualifikationsprofile in den Gruppen zwischen
berufe von Arbeitslosen ergibt ein völlig anderes                           25 und 54 Jahren relativ gleich verteilt. Knapp die
Bild als bei den Beschäftigten. Von den 25- bis                             Hälfte von ihnen ist auf der Suche nach Helferjobs.
64-jährigen Arbeitslosen sind bundesweit 45 Pro-                            In der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen hingegen sind
zent aufgrund ihrer geringen Qualifikation auf die                          es nur noch 38 Prozent. Ursächlich für den geringe-
Suche nach Helfertätigkeiten beschränkt (vgl. Ab-                           ren Helferanteil in dieser Gruppe – bei gleichzeitig
bildung 2). Weitere 43 Prozent suchen nach einer                            überdurchschnittlich hohem Helferanteil unter den
Arbeit als Fachkraft und lediglich 5 bzw. 6 Prozent                         älteren Beschäftigten – könnte sein, dass ältere Hel-
nach einer Spezialisten- bzw. Expertentätigkeit.                            fer ihren Arbeitsplatz seltener verlieren als jüngere.
   Arbeitslose Frauen sind sowohl in Ost- als auch                          Es kann aber auch ein Hinweis darauf sein, dass sich
in Westdeutschland mit 50 und 52 Prozent deutlich                           gering qualifizierte Ältere aufgrund ihrer schlech-
häufiger auf der Suche nach Helfertätigkeiten als                           teren Aussichten am Arbeitsmarkt häufiger bereits
Männer mit 38 und 40 Prozent. Ursache könnte un-                            vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben.
ter anderem eine Entwertung einstmals erworbener
Qualifikationen aufgrund von Erwerbsunterbrechun-
                                                                            „„ Wo es die Geringqualifizierten
gen in der Familienphase sein.
                                                                               besonders schwer haben
   Auch Arbeitslose ohne deutsche Staatsangehö-
rigkeit suchen überdurchschnittlich häufig nach                             Vergleicht man die spezifischen Arbeitslosenquoten
Tätigkeiten mit niedrigen Qualifikationsanforderun-                         für die vier Anforderungsniveaus (vgl. Infokasten
gen. Hier sind sogar 60 Prozent in Ost- und 63 Pro-                         auf Seite 2), zeigt sich, dass Arbeitslosigkeitsrisiken
zent in Westdeutschland auf der Suche nach einer                            im Bereich der Helfer durchweg häufiger sind als im
Arbeit als Helfer. Neben einem tatsächlich niedri-                          Bereich der (hoch) Qualifizierten (vgl. Abbildung 3).
gen Bildungsstand kann in dieser Gruppe auch die                            In Ostdeutschland, wo der Arbeitsmarkt noch im-
Nichtanerkennung der im Ausland erworbenen Bil-                             mer wesentlich angespannter ist, liegt die Arbeits-
dungsabschlüsse zu einer Beschränkung der Jobsu-                            losenquote im Helferbereich bei fast 35 Prozent. Im
che auf Helfertätigkeiten führen. Zugleich suchen                           Westen fällt sie mit knapp 22 Prozent zwar deutlich
nicht-deutsche Arbeitslose in Ostdeutschland etwa                           geringer aus, der relative Abstand zu den Quoten für

  Abbildung 3
  Spezifische Arbeitslosenquoten1) nach dem Anforderungsniveau der Berufe                                                       Helfer
  Juni 2013, in Prozent                                                                                                         Fachkraft
                                                                                                                                Spezialist
                                           34,4
                                                                                                                                Experte
                                                                                                                                Insgesamt
                                                                             28,5

          21,6                                                                                              22,0

                                                                     13,2                             8,0                                13,2
                                                  10,3
                                    8,0
                                                                                    7,1                             6,8
                 6,0                                     5,7   5,9                        3,4   4,3
                              3,8                                                                                         4,0    4,2
                       3,3

                       West                              Ost                        Großstädte2)                   Übrige Regionen

   1)
        zur Berechnungsgrundlage vgl. Infokasten auf Seite 2.
   2)
        mindestens 100.000 Einwohner.
   Quelle: Beschäftigungsstatistik und Arbeitslosenstatistik der BA (Data-Warehouse; Zugriff: Januar 2014),
   eigene Berechnungen.                                                                                                                   © IAB

                                                                                                                                                  IAB-Kurzbericht 11/2014   5
die Berufe mit höherem Anforderungsniveau ist aber                     Auch zwischen den Bundesländern – und mehr noch
                                    vergleichbar mit dem im Osten. Zu ähnlichen Ergeb-                     zwischen den einzelnen Kreisen –­sind große Un-
                                    nissen kommen Weber und Weber (2013) bei ihrer                         terschiede zu beobachten. In 37 der 77 Kreise bzw.
                                    Analyse der qualifikationsspezifischen Arbeitslosig-                   kreisfreien Städte Ostdeutschlands liegt die Ar-
                                    keitsrisiken: Unter den Personen ohne abgeschlos-                      beitslosenquote im Helfersegment bei mindestens
                                    sene Berufsausbildung betrug die Arbeitslosenquote                     34 Prozent (vgl. Abbildung 4, dunkelorange mar-
                                    im Jahr 2011 demnach 17,8 Prozent in West- und                         kierte Flächen). In weiteren 23 ostdeutschen Kreisen
                                    31,8 Prozent in Ostdeutschland.                                        erreicht sie mindestens 25 Prozent. In Westdeutsch-
                                      Große regionale Unterschiede in der Arbeitslosen-                    land findet sich insbesondere in den altindustriellen
                                    quote der Helfer zeigen sich nicht nur zwischen Ost                    Räumen im und um das Ruhrgebiet eine Reihe von
                                    und West, sondern auch zwischen Großstädten und                        Kreisen mit sehr ungünstiger Arbeitsmarktlage für
                                    den übrigen Regionen in Deutschland. Liegt ihre Ar-                    arbeitslose Helfer. In Gelsenkirchen, Herne, Duisburg,
                                    beitslosigkeit in den Großstädten bei fast 29 Prozent,                 Recklinghausen, Dortmund und Oberhausen liegt die
                                    so fällt sie in den übrigen Regionen um gut 6 Pro-                     Arbeitslosenquote der Helfer bei über 40 Prozent. Die
                                    zentpunkte geringer aus.                                               insgesamt ungünstigere Situation in den Städten ist
                                                                                                           in dieser kleinräumigen Betrachtung ebenfalls zu er-
                                                                                                           kennen: Unter den bundesweit 54 Kreisen bzw. kreis-
    Abbildung 4                                                                                            freien Städten mit einer Helferarbeitslosenquote von
    Spezifische Arbeitslosenquoten im Bereich der Helferberufe                                             mindestens 34 Prozent befinden sich 26 Städte.
    im Juni 2013
    in Prozent
                                                                                                           „„ Wo sich Arbeitsplätze für
                                                                                                              Helfer finden
                                    Schleswig-Holstein

                                                           Mecklenburg-Vorpommern                          Trotz des Trends zur Höherqualifizierung weisen be-
                                            Hamburg                                                        stimmte Wirtschaftszweige einen beachtlichen An-
                                Bremen                                                                     teil an Arbeitsplätzen mit relativ geringen Qualifika-
                                                                                                           tionsanforderungen auf. Dabei sind insbesondere die
                                          Niedersachsen                        Berlin                      Arbeitnehmerüberlassung, Reinigungs- und Wach-
                                                                              Brandenburg                  dienste, der Agrarsektor und das Gastgewerbe zu
                                                            Sachsen-Anhalt                                 nennen. Absolut betrachtet stellt aber das Produzie-
                                                                                                           rende Gewerbe gut ein Viertel dieser Arbeitsplätze,
         Nordrhein-Westfalen                                                                               gefolgt von den unternehmensnahen Dienstleistun-
                                                                              Sachsen
                                                                                                           gen Logistik und Reinigung mit gut einem Fünftel.
                                 Hessen               Thüringen                                            Zudem bestehen Potenziale in der Gesundheitsver-
          Rheinland-Pfalz                                                                                  sorgung und der sozialen Arbeit.
                                                                                                              Die regional unterschiedliche Branchenstruktur
                                                                                                           spiegelt sich auch in der Arbeitslosenquote im Helfer-
          Saarland                                                                                         bereich wider. Ein besonders positives Bild zeichnet
                                                                                                           sich in Baden-Württemberg und vor allem in Bayern
                                                                  Bayern
                            Baden-Württemberg
                                                                                                           ab. Von insgesamt 34 Kreisen mit einer Arbeitslosen-
                                                                                                           quote der Helfer von unter 10 Prozent befinden sich
                                                                                                           29 im Freistaat, vier in Baden-Württemberg (Boden-
                                                                                                           seekreis, Hohenlohekreis, Enzkreis, Ravensburg) und
                                                                                                           einer in Niedersachsen (Wolfsburg). Im bayerischen
                                                                                                           Landkreis Eichstätt liegt die Arbeitslosenquote im
    Spezifische Arbeitslosenquote             unzuverlässige Angaben (17)          15 bis unter 25 (125)   Helfersegment bei lediglich 5,2 Prozent. Viele dieser
    in Prozent                                                                     25 bis unter 34 (88)
                                             unter 10                  (34)                                Kreise sind Standorte von Großunternehmen des Ver-
    ( ) Anzahl der Kreise                    10 bis unter 15           (84)        34 und mehr      (54)
                                                                                                           arbeitenden Gewerbes. Hier kann es zu selbstverstär-
                                                                                                           kenden positiven Effekten für die Beschäftigungssitu-
    Quelle: Beschäftigungsstatistik und Arbeitslosenstatistik der BA (Data-Warehouse;
    Zugriff: Januar 2014), eigene Berechnungen.                                                   © IAB    ation von Helfern kommen: Produktionsprozesse, an
                                                                                                           denen sowohl geringer als auch höher Qualifizierte

6     IAB-Kurzbericht 11/2014
gemeinsam beteiligt sind, können die Beschäfti-          im Helferbereich arbeitslos. Gleichzeitig bietet der
gungschancen von Personen mit niedrigem Qualifi-         Arbeitsmarkt für Helfer an Standorten mit industri-
kationsniveau langfristig verbessern (Schlitte 2010).    ellen Betrieben und unternehmensnahen Dienstleis-
  Neben den genannten, fast ausschließlich in Süd-       tungen in einigen süddeutschen Regionen mit gerin-
deutschland zu findenden Kreisen, ist die Situation      ger Bevölkerungsdichte durchaus gute Bedingungen.
für Helfer insbesondere in einigen ländlich gepräg-         In den kommenden eineinhalb Dekaden ist zu-
ten westdeutschen Landkreisen von Rheinland-Pfalz,       mindest kein weiterer massiver Abbau an Stellen
Hessen und Niedersachsen relativ günstig. Hier           für Ungelernte zu erwarten. Zwar geht der Bedarf
dürften jedoch die Beschäftigungsbedingungen der         an Arbeitskräften ohne eine abgeschlossene Berufs-
Helfer durch unstetigere Beschäftigungsverhältnis-       ausbildung bis 2030 noch zurück, bleibt aber auf
se und geringere Entlohnung um einiges schlech-          substanziellem Niveau (Helmrich et al. 2012; Zika et
ter ausfallen als in den süddeutschen Regionen. In       al. 2012). Derzeit existiert ein Kern von rund 4 Mil-
Ostdeutschland zeigt sich lediglich in Thüringen ein     lionen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen
etwas positiveres Gesamtbild. Hier befindet sich mit     mit Helferanforderungen. Diese werden besonders
Sonneberg (10,6 %) auch der einzige ostdeutsche          im Produzierenden Gewerbe sowie in den unterneh-
Kreis mit einer Arbeitslosenquote im Helfersegment       mens- und personenbezogenen Dienstleistungen
von unter 15 Prozent.                                    auch zukünftig benötigt.
  Insgesamt steht die spezifische Arbeitslosenquo-          Gleichwohl bleibt das Ungleichgewicht im Helfer-
te der Helfer in einem engen positiven Zusammen-         segment aber zentrale arbeitsmarkt- und bildungs-
hang mit der allgemeinen Arbeitslosenquote. Sie ist      politische Herausforderung. Regionale Mobilität
dort am niedrigsten (höchsten), wo die allgemeine        von Arbeitslosen kann angesichts des insgesamt
Arbeitslosenquote besonders niedrig (hoch) ausfällt.     deutlichen Angebotsüberhangs nur relativ wenig
Der entsprechende Korrelationskoeffizient liegt bun-     zum Arbeitsmarktausgleich beitragen. Die gravie-
desweit bei über 0,9 und ist hochsignifikant. In pros-   renden Beschäftigungsprobleme der Geringquali-
perierenden Regionen ist der Arbeitsmarkt also auch      fizierten lassen sich nur langfristig lösen. Dabei ist
für Personen mit geringen Qualifikationen aufnah-        die Anhebung des Bildungsniveaus zentral für die
mefähig. Hingegen stehen Regionen mit schlechter         künftige Beschäftigungsfähigkeit von Personen mit
Arbeitsmarktlage vor einer besonderen Herausforde-       geringer Qualifikation. Hierzu gehören auch und vor
rung: Sie müssen eine hohe Arbeitslosenquote bei         allem präventive Maßnahmen, wie die Vermeidung
ungünstiger Qualifikationsstruktur im Arbeitslosen-      von Schul- und Ausbildungsabbrüchen, eine besse-
bestand und wenigen vorhandenen Arbeitsplätzen           re Berufsorientierung sowie die gezielte Fort- und
im Helferbereich abbauen. Dies ist beispielsweise        Weiterbildung. Entsprechende Maßnahmen sollten
in Berlin der Fall, wo die allgemeine Arbeitslosen-      insbesondere auch arbeitslosen Frauen, und hier
quote im Juni 2013 11,6 Prozent betrug, während es       vor allem Berufsrückkehrerinnen zugutekommen.
im Bundesdurchschnitt 6,6 Prozent waren. Zugleich        Das gilt ebenso für arbeitslose Ausländer, ggf. un-
lag die Arbeitslosenquote der Helfer mit gut 38 Pro-     ter Berücksichtigung ihrer im Ausland erworbenen
zent weit über dem bundesweiten Durchschnitt von         Vorqualifikation. Dabei sollten Geringqualifizierten
23,1 Prozent.                                            berufsanschlussfähige Teilqualifikationen und Kom-
                                                         petenzen vermittelt werden, damit sie sich sukzessi-
                                                         ve dem Fachkraftniveau annähern.
„„ Fazit
                                                            Zudem gilt es, im Vermittlungsprozess zu prüfen,
Ein großer Teil der Arbeitslosigkeit in Deutschland      ob die individuelle Leistungsfähigkeit eines Arbeits-
steht mit einer unzureichenden Qualifikation der         losen trotz formal fehlender Übereinstimmung mit
Betroffenen im Zusammenhang. Fast die Hälfte der         dem Anforderungsniveau eines Arbeitsplatzes ei-
Arbeitslosen ist aufgrund zu geringer Bildungsab-        nen Vermittlungsvorschlag im Einzelfall nicht doch
schlüsse bei der Arbeitsuche auf einfache Tätigkei-      rechtfertigt. Schließlich kann die Schaffung zusätz-
ten beschränkt, die auf den jeweiligen regionalen        licher befristeter Beschäftigungsgelegenheiten für
Arbeitsmärkten zumeist nur in geringem Umfang            Personen mit multiplen Vermittlungshemmnissen
nachgefragt werden.                                      gerade in den Regionen sinnvoll erscheinen, in de-
  In Ostdeutschland ist die Lage besonders prekär. In    nen die Arbeitslosenquote im Helferbereich beson-
vielen Kreisen ist dort über ein Drittel der Menschen    ders hoch ausfällt.

                                                                                                              IAB-Kurzbericht 11/2014   7
Literatur
                                   Bauer, Anja; Gartner, Hermann (2014): Mismatch-Arbeits-
                                     losigkeit: Wie Arbeitslose und offene Stellen zusam-
                                     menpassen. IAB-Kurzbericht Nr. 5.
                                   Bundesagentur für Arbeit (2011): Klassifikation der Berufe
                                     2010 – Band 1: Systematischer und alphabetischer Teil
                                     mit Erklärungen. Bundesagentur für Arbeit: Nürnberg.
                                   Helmrich, Robert; Zika, Gerd; Kalinowski, Michael; Wol-
                                     ter, Marc Ingo; Bott, Peter; Bremser, Felix; Drosdowski,
                                     Thomas; Hänisch, Carsten; Hummel, Markus; Maier, To-
                                     bias; Schandock, Manuel (2012): Engpässe auf dem Ar-
                                     beitsmarkt: Geändertes Bildungs- und Erwerbsverhalten
                                     mildert Fachkräftemangel. Neue Ergebnisse der BIBB-
                                     IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen bis zum
                                     Jahr 2030. BIBB-Report Nr. 18.
                                   Schlitte, Friso (2010): Qualifikatorische Trennung in der
                                     Produktion: Ein Nachteil für gering Qualifizierte? HWWI
                                     Insights Nr. 2.
                                   Schmillen, Achim; Stüber, Heiko (2014): Lebensverdienste
                                     nach Qualifikation: Bildung lohnt sich ein Leben lang.
                                     IAB-Kurzbericht Nr. 1.
                                   Seibert, Holger; Wapler, Rüdiger (2012): Zuwanderung
                                     nach Deutschland: Aus dem Ausland kommen immer
                                     mehr Akademiker. IAB-Kurzbericht Nr. 21.
                                   Solga, Heike (2005): Ohne Abschluss in die Bildungsge-
                                     sellschaft. Die Erwerbschancen gering qualifizierter Per-
                                     sonen aus soziologischer und ökonomischer Perspektive.
                                     Barbara Budrich: Opladen.
                                   Weber, Enzo; Weber, Brigitte (2013): Qualifikation und
                                    Arbeitsmarkt: Bildung ist der beste Schutz vor Arbeits-
                                    losigkeit. IAB-Kurzbericht Nr. 4.
                                   Zika, Gerd; Helmrich, Robert; Kalinowski, Michael; Wolter, M.
                                      Ingo; Hummel, Markus; Maier, Tobias; Hänisch, Carsten;
                                      Drosdowski, Thomas (2012): Qualifikations- und Berufs-
                                      feldprojektionen bis 2030: In der Arbeitszeit steckt noch
                                      eine Menge Potenzial. IAB-Kurzbericht Nr. 18.

    Dr. Dieter Bogai                                              Dr. Tanja Buch                                               Dr. Holger Seibert
    ist wissenschaftlicher Mitarbeiter                            ist wissenschaftliche Mitarbeiterin                          ist wissenschaftlicher Mitarbeiter
    im Regionalen Forschungsnetz                                  im Regionalen Forschungsnetz                                 im Regionalen Forschungsnetz
    „IAB Berlin-Brandenburg“.                                     „IAB Nord“.                                                  „IAB Berlin-Brandenburg“.
    dieter.bogai@iab.de                                           tanja.buch@iab.de                                            holger.seibert@iab.de

    Impressum  IAB-Kurzbericht Nr. 11, Juni 2014  Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, 90327 Nürn­berg
     Redaktion: Elfriede Sonntag, Martina Dorsch  Graphik & Gestaltung: Monika Pickel  Druck: Vormals Manzsche Buch­druckerei und Verlag, Regensburg  Rechte:
    Nach­druck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB  Bezug: IAB-Bestellservice, c/o W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619
    Biele­feld; Tel. 0911-179-9229 (es gelten die regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de
     IAB im Internet: www.iab.de. Dort finden Sie u. a. diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download  Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942  ISSN
    0942-167X

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