MEHRFACHBESCHÄFTIGUNGEN IN DEUTSCHLAND - Struktur, Arbeitsbedingungen und Motive - Hans-Böckler-Stiftung

Die Seite wird erstellt Len Hiller
 
WEITER LESEN
REPORT
Nr. 48, März 2019

MEHRFACHBESCHÄFTIGUNGEN
IN DEUTSCHLAND
Struktur, Arbeitsbedingungen und Motive
Sebastian Graf, Jutta Höhne, Alexander Mauss, Karin Schulze Buschoff

AUF EINEN BLICK                                       Arbeitsbedingungen im Vergleich
                                                      Angaben von Mehrfachbeschäftigten, in Prozent
                                                      Im Hauptjob                                       Im Nebenjob
Seit 2003 haben sich die Zahl und der Anteil der
Erwerbstätigen in Deutschland, die neben ihrer
Haupttätigkeit noch mindestens einer weiteren Be-        90 %         ... bin ich krankenversichert.       28 %
schäftigung nachgehen, mehr als verdoppelt. Im
europäischen Vergleich ist dieser Anstieg einzig-
artig. Haupt- und Nebentätigkeiten unterscheiden
                                                         63 %         ... kann ich mich weiterbilden.      26 %
sich deutlich, z.B. hinsichtlich Branchen, Berufen,
Qualifikationsanforderungen, Arbeitszeiten und
Weiterbildungsmöglichkeiten. Häufige Motive für
die Ausübung mehrerer Jobs sind finanzielle Grün-        48 %         ... habe ich eine betriebliche       12 %
                                                                          Interessenvertetung.
de und Aspekte der sozialen Absicherung.

                                                         12 %         ... erhalte ich Aufträge             18 %
                                                                          per Online-Plattform.

                                                         13 %         ... arbeite ich auf Abruf.           46 %

                                                      Quelle: Online Erhebung Mauss-Research
INHALT

                                                                                        Arbeit auf Abruf – 8
                         Struktur – 3
                                                                                        Aufträge via Online-Plattform – 8
                         Beruflicher Status – 3
                                                                                        Zusammenfassung:
                        Tätigkeitsbereich – 4                                           Arbeitsbedingungen im Vergleich – 9

                         Qualifikationsanforderungen – 5                                Motive für Mehrfachbeschäftigung – 9

                         Arbeitsbedingungen – 6                                         Entwicklung der beruflichen Situation – 11
                         Einkommen – 6
                                                                                        Fazit – 12
                         Arbeitszeiten – 6
                         Krankenversicherung – 8
                         Weiterbildungsmöglichkeiten – 8
                         Betriebliche Interessenvertretung – 8

                         Immer mehr Menschen in Deutschland haben mehr tätigkeit als Beamte, Selbständige oder mithelfen-
                         als einen Job. Im Jahr 2017 gingen über drei Milli- de Familienangehörige nicht bekannt ist  2.
                         onen Arbeitnehmer mehr als einer Erwerbstätigkeit     Im Vergleich zum Jahr 2016 war Mehrfachbe-
                         nach. Laut Berechnungen des IAB, die auch Beam- schäftigung 2003 nur halb so verbreitet: Damals
                         te und Selbstständige berücksichtigen, haben sich hatten lediglich 4,4 Prozent der Beschäftigten
                         die Anzahl und der Anteil der Mehrfachbeschäftig- mehr als einen Job. Der erhebliche Anstieg der
                         ten an allen Beschäftigten im Zeitraum 2003 bis Mehrfachbeschäftigungen fällt zeitlich zusammen
                         2017 mehr als verdoppelt (IAB Kurzbericht 22/2017). mit der im Rahmen der Hartz-Gesetzgebung 2003
                         Im Jahr 2017 waren insgesamt 3,3 Millionen Men- eingeführten Anhebung der Verdienstgrenzen von
                         schen mehrfachbeschäftigt. Die meisten von ihnen Minijobs von 325 auf 450 Euro sowie der Befreiung
                         übten neben ihrer sozialversicherungspflichtigen von der Sozialversicherungspflicht und der Einkom-
                         Hauptbeschäftigung einen geringfügig entlohnten menssteuer. Seither wird ein Minijob, der neben
                         Nebenjob aus (BA 2018): 2,7 Millionen Erwerbs- einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäf-
                         tätige wählten diese Kombination. Aber auch die tigung ausgeübt wird, nicht mehr zur Hauptbe-
                         Selbstständigkeit als Nebentätigkeit hat an At- schäftigung dazugezählt und ist nicht mehr abga-
                         traktivität gewonnen: Eine zweite Erwerbstätigkeit benpflichtig. Diese Regelung ist im internationalen
                         wird deutlich häufiger in Form einer selbstständi- Vergleich einzigartig.
                         gen Beschäftigung ausgeübt als eine erste (oder       Bis dato gibt es nur wenig ausführliche Informa-
                         einzige) Erwerbstätigkeit (Suprinovič und Norkina tionen, Daten oder Analysen über die Mehrfachbe-
                         2015). Während die Anzahl der Selbstständigen im schäftigten. Das betrifft insbesondere die verschie-
                         Haupterwerb in den letzten Jahren rückläufig war, denen Kombinationen von abhängiger und selbst-
                         nahm sie im Nebenerwerb zu. Die Verbindung von ständiger Erwerbsarbeit. Der vorliegende Report
                         Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung soll dazu beitragen, diese Lücke zu schließen.
                         als Bestandteil von Erwerbsbiografien hat in den      Der Mangel an Informationen resultiert auch
                         letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen daraus, dass quantitative Sekundäranalysen auf
                         (Kay, Schneck und Suprinovič 2018).                 der Basis von bestehenden Erhebungen und Mei-
                            Laut Beschäftigungsbericht der Bundesagentur nungsumfragen zum Thema Mehrfachbeschäfti-
                         für Arbeit gingen 2016 8,3 Prozent der Beschäftig- gung oftmals dadurch eingeschränkt sind, dass
                         ten mindestens einem Nebenerwerb nach.  1 Aller- zwar genaue Angaben über die Haupterwerbstätig-
                         dings sind Beamte, Selbständige und mithelfende keit vorliegen, aber nur rudimentäre Informationen
                         Familienangehörige im Meldeverfahren zur Sozi- über die zweite oder eine weitere Erwerbstätigkeit
                         alversicherung nicht erfasst und tauchen damit in abrufbar sind. Weiterhin sind genauere Analysen
                         der Beschäftigungsstatistik nicht auf. Daher bildet
                         diese Zahl nicht den Gesamtumfang von Mehr-
                         fachbeschäftigung ab: So kann es etwa unter den
                         ausschließlich geringfügig Beschäftigten der BA- 2 Im Unterschied zur Beschäftigungsstatistik der BA um-
                                                                               fasst die Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bun-
                         Statistik Personen geben, deren zweite Erwerbs-       desamtes auch die Haupt- und Nebenerwerbstätigkeit
                                                                                           Selbstständiger. Trotzdem weist sie einen geringeren
                                                                                           Anteil von Erwerbstätigen mit mehreren Tätigkeiten nach.
                                                                                           Hintergrund sind methodische und konzeptionelle Unter-
                                                                                           schiede der Statistiken: Während die Arbeitskräfteerhe-
                          1 Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik –            bung auf die Auskunft der Befragten zurückgreift, basiert
                            Mehrfachbeschäftigung (2016), https://statistik.arbeits-       die Beschäftigungsstatistik der BA auf den gesetzlich vor-
                            agentur.de/Statischer-Content/Grundlagen/Methodenbe-           geschriebenen Meldungen zur Sozialversicherung. (Vgl.
                            richte/Beschaeftigungsstatistik/Generische-Publikationen/      Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung vom 29. April
                            Methodenbericht-Mehrfachbeschaeftigung.pdf                     2015– 155/15).

WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 2
bestimmter Formen (z. B. Kombinationen aus ab-          Der Großteil der Befragten (93 Prozent) geht
hängiger und selbstständig ausgeübter Haupt- und zwei Erwerbstätigkeiten nach. Immerhin sieben
Nebenerwerbstätigkeit) aufgrund kleiner Fallzahlen Prozent geben an, mehr als zwei Erwerbstätigkei-
nur begrenzt möglich. Auch über die Motive für die ten auszuüben. In der Befragung wurden die Teil-
Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit ist nur we- nehmer/innen gebeten, ihren beruflichen Status
nig bekannt.                                         in ihrer Haupt- bzw. Nebentätigkeit anzugeben.
   Um diese Lücke zu schließen, hat das WSI im Die Entscheidung, welche ihrer Tätigkeiten sie als
Rahmen eines Forschungsprojektes ein zweistufi- Haupt- und welche als Nebentätigkeit einstufen,
ges Forschungsdesign gewählt. Auf der Basis einer wurde den Befragten bewusst selbst überlassen –
Online-Befragung wurde zunächst ein Überblick ohne dies an die Anzahl der Arbeitsstunden oder
über die Struktur von Haupt- und Nebentätigkeiten, den Verdienst zu koppeln. Die überwiegende Mehr-
Arbeitsbedingungen, Zufriedenheiten und Motiven heit (82 Prozent) sieht sich in ihrer Haupttätigkeit
von Mehrfachbeschäftigten erstellt. Rekrutiert wur- als Arbeitnehmer/in bzw. Beamter/Beamtin. 15 Pro-
den die Befragten der Online- Umfrage durch ein zent der Befragten sind laut eigener Angabe Selbst-
Access-Panel. Dieser Weg wurde gewählt, weil bei ständige (s. Abb. A1 im Anhang). Alle anderen Ka-
einer „klassischen“ Zufallsauswahl der Anteil die- tegorien sind nur sehr vereinzelt genannt worden.
ser Gruppe an der Bevölkerung so gering ist, dass       In der Nebentätigkeit zeigt sich ein anderes
er gar nicht hätte befragt werden können. Dieser Bild: Nur die Hälfte der Befragten (51 Prozent) ist
Überblick kann zwar nach engeren statistischen im Nebenjob Arbeitnehmer/in bzw. Beamter/Be-
Maßgaben nicht als repräsentativ bezeichnet wer- amtin. Fast ebenso häufig (45 Prozent) sind sie im
den, die Ergebnisse sind aber mit anderen statis- Nebenjob selbstständig bzw. Freiberufler  3 (s. Abb.
tisch-repräsentativen Erhebungen zum Thema A2 im Anhang). Oft spiegelt sich der berufliche Sta-
Mehrfachbeschäftigung hinsichtlich grundlegen- tus in der Haupttätigkeit auch im Nebenjob wider:
der soziodemografischer Verteilungen vergleich- So sind hauptberufliche Arbeitnehmer/innen auch
bar. Geringfügig gewichtet wurden die Daten nach                                                             Abbildung 1‌
Geschlecht und dem Qualifikationsniveau, um die
Vergleichbarkeit mit repräsentativen Erhebungen
zu gewährleisten. In einem zweiten Schritt wurden Wie würden Sie Ihren beruflichen Status bei der Haupt-
von den 545 Befragten, die im September 2017 an bzw. Nebentätigkeit beschreiben?
der Online-Befragung teilgenommen hatten, nach Angaben in Prozent
bestimmten Kriterien 30 Personen ausgewählt, mit
denen im November 2017 leitfadengestützte Ein-
zelinterviews geführt wurden. So konnten vertie-
                                                                  Haupttätigkeit:                         56
fende Erkenntnisse über die Arbeitsbedingungen                 Arbeitnehmer/-in,
von Mehrfachbeschäftigten in Haupt- und Neben-          Beamter/Beamtin (n=448)                      41
tätigkeit, über ihre Motive sowie über ihre berufli-
che Entwicklung und soziale Absicherung beige-
steuert werden. Der vorliegende Report bezieht
sich ausschließlich auf die Online-Befragung. Die                 Haupttätigkeit:              25
                                                               Selbstständige/-r,
vollständige Studie, die auch die Ergebnisse der           Freiberufler/-in (n=82)                           72
qualitativen Befragung und einem ausführlichen

                                                             –
Methodenbericht umfasst, wird als WSI-Study
veröffentlicht. Vorgestellt werden im Folgenden
zentrale Befunde aus der Online-Umfrage unter
Mehrfachbeschäftigten.                                     Nebentätigkeit: Arbeitnehmer/-in, Beamter/Beamtin
                                                                     Nebentätigkeit: Selbstständige/-r, Freiberufler/-in
                                                             n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren,
                                                             die einem Nebenerwerb nachgehen

                                                             Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research

STRUKTUR                                                      3 Diese Werte weichen etwas von den Daten des Statis-
                                                                tischen Bundesamtes 2015 ab, die unter den Mehrfach-
Beruflicher Status                                              beschäftigten im Nebenjob 60,5 Prozent Arbeitnehmer/
                                                                innen sowie 38,1 Prozent Selbstständige ausweisen.
                                                                Die Abfrage des statistischen Bundesamtes ist mit der
Wie viele Nebenjobs üben Mehrfachbeschäftigte                   WSI-Umfrage vergleichbar, da beide auf Selbstauskunft
aus? Und welche Beschäftigungsform wählen sie                   zurückgreifen und nicht auf Meldungen zur Sozialversi-
                                                                cherung. Zur Auswahl stehen die Kategorien: Arbeitneh-
dafür? Ausgehend von der Beschäftigtenstruktur                  mer/in, Selbstständige ohne Beschäftigte; Selbstständige
insgesamt ist dabei vor allem die Unterscheidung                mit Beschäftigten; Mithelfendes Familienmitglied. Für
zwischen abhängiger Beschäftigung (als Arbeit-                  den Vergleich in dieser Umfrage wurden die Kategorien
                                                                Selbstständige mit bzw. ohne Beschäftigte zusammen-
nehmer/in bzw. Beamter/Beamtin) und Selbstän-                   gefasst. URL:

                                                                                                                           WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 3
Abbildung 2‌
                         in ihrer Nebentätigkeit häufiger als Arbeitnehmer/-
                         innen (56 Prozent) angestellt und weniger häufig
                         selbstständig (41 Prozent). Noch deutlicher zeigt     Tätigkeitsbereiche
                         sich der Zusammenhang unter den hauptberuflich        Angaben in Prozent
                         Selbstständigen: Sie sind nebenberuflich beson-
                         ders häufig gleichfalls selbstständig (72 Prozent),
                         und seltener abhängig beschäftigt (25 Prozent).            Bildung und Soziales*                           22
                                                                                                                         14
                            Die Entscheidung pro oder contra Selbständig-
                         keit im Nebenjob wird von Geschlecht, Alter und            Büro-Dienstleistungen                      19
                                                                                                                     7
                         Qualifikation beeinflusst: In der Nebentätigkeit
                         sind Männer (52 Prozent) häufiger selbstständig            Einfache (ungelernte)                 15
                                                                                              Tätigkeiten                                      39
                         erwerbstätig als Frauen (38 Prozent), und ältere
                         Befragte (50 Jahre und älter) sind häufiger selbst-        Handel und Finanzen                  14
                         ständig (52 Prozent) als Befragte unter 30 Jahren                                           7
                         (32 Prozent). Darüber hinaus hängt die Beschäf-                                                 13
                                                                                   Handwerk und Technik
                         tigungsform in der Nebentätigkeit auch vom for-                                             7
                         malen Bildungsabschluss ab: Je höher die formale                                            8
                                                                                  Kreatives und Lifestyle*
                         Bildung, desto eher üben die Befragte mit Neben-                                                      18
                         erwerb diesen in Form einer selbstständigen Tätig-                                          7
                                                                                 Leitung und Organisation
                                                                                                                 4

                                                                               – –
                         keit aus.

                        Tätigkeitsbereich                                              Hauptätigkeit             Nebentätigkeit
                                                                               *Summierung der Anteile basiert auf nicht-gerundeten Werten;
                                                                               offene Abfrage; Mehrfachnennungen möglich.
                        In einem weiteren Schritt wurden die Befragten         n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren,
                        gebeten, ihre berufliche Tätigkeit genauer zu be-      die einem Nebenerwerb nachgehen
                        schreiben, ohne dass dafür Antwortkategorien vor- Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research
                        formuliert wurden. Die Angaben lassen sich grob in
                        sieben Kategorien einteilen. Die Unterschiede zwi- Angestellte, enthalten. Ein geringer Prozentsatz
                        schen Haupt- und Nebentätigkeit fallen durchaus ist im Finanzbereich tätig, wie zum Beispiel als
                        beträchtlich aus:                                    Bankkaufmann/-frau, Finanzberater/in oder Fach-
                                                                             wirt im Bereich Steuern und Versicherungen.
                        Haupttätigkeit                                         Die Kategorie Handwerk und Technik setzt sich
                        Gut ein Fünftel der Befragten kann im Hauptjob in aus Tätigkeitsfeldern zusammen, die unterschied-
                        der Kategorie Bildung und Soziales verortet wer- liche Qualifikationsniveaus voraussetzen. So sind
                        den. Hierzu zählen die Sektoren Pflege und Betreu- hier einerseits hoch qualifizierte technische Berufe
                        ung, Erziehung und Schule, Forschung und Wis- wie Ingenieurswesen oder Informationstechnik (IT),
                        senschaft sowie Polizei und Feuerwehr.               andererseits klassische Arbeiterberufe aus dem
                           Fast ebenso häufig erbringen die Befragten in Bereich Handwerk, Technik und Bau enthalten.
                        ihrer Haupttätigkeit klassische Büro-Dienstleistun- 8 Prozent der genannten Haupttätigkeiten lassen
                        gen in einem Angestelltenverhältnis. Hierzu zählen sich grob dem Kreativgewerbe zuordnen. Darunter
                        Befragte aus der Buchhaltung, einfache Bürokräfte, fallen kreative Tätigkeiten wie Gestaltung, Medien,
                        Assistenz-Tätigkeiten oder Verwaltungsfachange- Marketing oder Fotografie, sowie Tätigkeiten aus
                        stellte im öffentlichen Dienst.                      dem Bereich Lifestyle wie bspw. Fitnesstrainer
                           15 Prozent der Befragten arbeiten in Berufen, die   Schließlich findet sich in der Umfrage eine rela-
                        als einfache und – größtenteils – ungelernte Tätig- tiv kleine Gruppe an Personen, die besondere Lei-
                        keiten bezeichnet werden können. Darunter fallen tungs- bzw. Managementpositionen in Wirtschaft
                        Verkäufer/innen sowie Helfertätigkeiten im Bereich und Organisationen bekleiden. Darunter werden
                        Transport und Logistik, wie Fahrer/innen, Zusteller/ vor allem Berater/innen und Projektmanager aus
                        innen oder Lagerist/innen. Zudem werden hierun- Organisationen subsumiert. Aufgrund der hoch-
                        ter Angestellte in Reinigungsdiensten bzw. haus- qualifizierten Prägung dieser Gruppe werden auch
                        wirtschaftliche Dienstleistungen, Servicekräfte aus Jurist/innen dieser Kategorie zugeordnet.
                        Gastronomie sowie Beschäftige im Sicherheitsge-
                        werbe subsumiert.
                           Eine weitere Kategorie fasst Tätigkeiten zusam-
                        men, die im Bereich Handel und Finanzen (14 Pro-
                        zent) zu verorten sind. Hierunter sind vor allem
                        Tätigkeiten aus dem kaufmännischen Bereich,
                        wie Vertrieb, Außendienst oder kaufmännische

WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 4
Nebentätigkeit                                      Bei drei Viertel der Befragten zeigt sich keine Kon-
In der Nebentätigkeit übt ein großer Teil der Be- gruenz in Haupt- und Nebentätigkeit, weil die Ne-
fragten (39 Prozent) hingegen eher einfache, un- bentätigkeit sowohl in einer anderen Branche als
gelernte Tätigkeiten aus. Darunter fallen vor allem auch in einem anderen Berufsfeld verortet wird.
Helfertätigkeiten im Bereich Transport und Logis- Somit bleiben nur 15 Prozent der Befragten im
tik, Angestellte in Reinigungsdiensten bzw. haus- Nebenjob bei dem, was sie beruflich auch in ihrer
wirtschaftliche Dienstleistungen (10 Prozent) sowie Haupterwerbstätigkeit tun.
Servicekräfte aus der Gastronomie. Etwas selte-
ner sind es Verkäufer/innen oder Beschäftigte im
Sicherheitsgewerbe.
   Mit deutlichem Abstand folgen Tätigkeiten aus
dem Kreativgewerbe bzw. Lifestyle (knapp ein QUALIFIKATIONSANFORDERUNGEN
Fünftel) – auch wenn diese im Vergleich zur Haupt-
tätigkeit deutlich häufiger vertreten sind. 13 Pro- Der hohe Anteil von Helfertätigkeiten an den Ne-
zent gehen demnach in ihrer Nebentätigkeit einer benjobs lässt große Unterschiede im Hinblick auf
kreativen Arbeit nach. Weitere 5 Prozent üben ne- die Qualifikationsanforderungen nach Haupt- und
benberuflich Tätigkeiten aus, die eher mit dem Be- Nebenerwerb erwarten. Die Antworten bestätigen,
griff Lifestyle assoziiert werden.                  dass die formalen Qualifikationsanforderungen in
   Im Vergleich zu den Haupttätigkeiten sind Be- der Haupttätigkeit deutlich höher sind als in der
rufe aus dem Bereich Bildung und Soziales in den Nebentätigkeit:
Nebentätigkeiten deutlich seltener (14 Prozent),       Nur 10 Prozent der Befragten benötigen für ihre
wobei Tätigkeiten im Bereich Pflege und Betreuung Haupttätigkeit keine Berufsausbildung. Für die Ne-
weiterhin vor den Bereichen Erziehung und Schule bentätigkeit hingegen braucht mehr als die Hälfte
sowie Forschung und Wissenschaft verortet wer- (59 Prozent) keinen beruflichen Abschluss. 59 Pro-
den können.                                         zent geben an, dass für ihre Haupttätigkeit eine ab-
   Nebenjobs in den übrigen Kategorien sind schon geschlossene Berufsausbildung notwendig ist. Für
eher die Ausnahme: Darunter fallen Handwerk und die Nebentätigkeit ist das nur für rund ein Viertel
Technik, Handel und Finanzen sowie einfache Büro- (26 Prozent) erforderlich. Knapp ein Drittel (31 Pro-
Dienstleistungen. Nebentätigkeiten mit besonde- zent) arbeitet hauptberuflich in einem Job, in dem
ren Leitungs- bzw. Managementfunktionen kom- ein (Fach-)Hochschulstudium erforderlich ist. In
men kaum vor.                                       14 Prozent der Fälle wird ein (Fach-)Hochschulstu-
                                                    dium für die Nebentätigkeit vorausgesetzt.
Überschneidungen von Haupt- und Nebentätigkeit
Lediglich bei jeweils etwa einem Fünftel der Be-
fragten sind Haupt- und Nebentätigkeit derselben                                                                                                            Abbildung 4‌
Branche bzw. demselben Beruf zuzuordnen.
                                                       Abbildung 3‌
                                                                      Welche Ausbildung/Qualifikation wird üblicherweise für Ihre Haupt-
                                                                      bzw. Nebentätigkeit benötigt?
Sind Haupt- und Nebentätigkeit in derselben Branche                   Angaben in Prozent
bzw. im gleichen Beruf?
Angaben in Prozent

                                                                                                                         10
                                                                        Keine Berufsausbildung (Helfertätigkeit)
           Andere Branche /                                                                                                                                   59
                                                       74
              anderer Beruf

           Andere Branche /
                                   4                                                                                                                          59
              gleicher Beruf
                                                                             Abgeschlossene Berufsausbildung
                                                                                                                                      26
           Gleiche Branche /
                                   6
               anderer Beruf

                                                                                                                                           31
           Gleiche Branche /                                                Hochschul-/Fachhochschulstudium
                                       15                                                                                     14
               gleicher Beruf

n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren,
die einem Nebenerwerb nachgehenx
Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research
                                                                      – –    Hauptätigkeit             Nebentätigkeit
                                                                      n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren, die einem Nebenerwerb nachgehen
                                                                      Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research

                                                                                                                                   WSI Report Nr. 48, März 2019    Seite 5
ARBEITSBEDINGUNGEN                                                          Vereinbarte und reale Arbeitszeiten in der
                                                                                                     Haupttätigkeit
                         Einkommen                                                                   Im Durchschnitt stehen bei den Befragten
                                                                                                     33,3 Stunden pro Woche im Arbeitsvertrag. Der
                        Die im Hauptjob erzielten monatlichen Brutto-Ge-                             Median liegt aber bei 38 Stunden – d. h., einige Be-
                        hälter der Befragten verteilen sich relativ gleichmä-                        fragte haben sehr niedrige vertraglich vereinbarte
                        ßig entlang der vorgegebenen Kategorien – auffäl-                            Arbeitszeiten angegeben. Knapp ein Viertel (23 Pro-
                        lige Ausreißer sind nicht zu erkennen. Allerdings                            zent) der Befragten ist der Kategorie vollzeitferne
                        ist der Anteil an Befragten mit einem Brutto-Gehalt                          Teilzeit zuzuordnen: Ihre vertraglich vereinbarte
                        über 3.500 Euro relativ gering.                                              Wochenarbeitszeit in der Haupttätigkeit beträgt
                           In der Nebentätigkeit zeigt sich ein anderes Bild:                        weniger als 30 Wochenarbeitsstunden. Mehr als
                        Zwei Drittel der Befragten verdienen damit brutto                            ein Drittel (36 Prozent) haben dagegen im Hauptjob
                        450 Euro oder weniger. Das bedeutet für die ab-                              Verträge für 40 Stunden oder mehr. Ein Zweitjob ist
                        hängig Beschäftigten einen Minijob. Bei weiteren                             somit also nicht vorrangig eine Option für Erwerbs-
                        17 Prozent beträgt das monatliche Gehalt zwischen                            tätige, die im Hauptjob Teilzeit beschäftigt sind (s.
                        451 und unter 1.000 Euro. Lediglich ein Zehntel                              Abb. A3 im Anhang).
                        der Befragten erzielt aus der Nebentätigkeit brutto                             Wirklich gearbeitet wird aber mehr: Im Vergleich
                        1.000 Euro oder mehr pro Monat.                                              zu dem vertraglich vereinbarten Volumen (Median:
                                                                                      Abbildung 5‌   38 Stunden) sind die tatsächlichen Arbeitszeiten
                                                                                                     in der Haupttätigkeit deutlich länger: Der Median
                                                                                                     liegt um 2 Stunden höher, d. h. bei 40 Stunden. Die
Wie hoch ist Ihr durchschnittliches monatliches Brutto-Gehalt (d. h. bevor Steuern                   Differenz zwischen realer und vertraglich verein-
und Abgaben abgezogen werden) in Ihrer Haupt-/Nebentätigkeit?                                        barter Wochenarbeitszeit zeigt, dass die Hälfte der
Angaben in Prozent                                                                                   Befragten (50 Prozent) exakt wie vertraglich verein-
                                                                                                     bart arbeitet  4 (s. Abb. A4 im Anhang).
                                       2                                                                42 Prozent der Befragten leisten in ihrem Haupt-
      450 Euro oder weniger                                                           66             job mehr Wochenarbeitsstunden als vertraglich
                                                    11                                               vereinbart: 17 Prozent in einem moderaten Bereich
     451 bis unter 1.000 Euro                             17
                                                                                                     zwischen +1 und +4 Stunden. Weitere 15 Prozent
   1.000 bis unter 1.500 Euro                        14
                                            5                                                        arbeiten zwischen 5 und 9 Stunden mehr pro Wo-
                                                         16                                          che als im Arbeitsvertrag festgehalten. Ein wei-
   1.500 bis unter 2.000 Euro           3                                                            teres Zehntel gibt sogar an, zwischen 10 und 19
   2.000 bis unter 2.500 Euro                        13                                              (8 Prozent) bzw. 20 und mehr Stunden (2 Prozent)
                                    1
                                                                                                     über das vertraglich vereinbarte Pensum hinaus zu
   2.500 bis unter 3.000 Euro                        13
                                    1                                                                arbeiten.
   3.000 bis unter 3.500 Euro                       11
                                   0
                                                                                                     Vereinbarte und reale Arbeitszeiten in der
   3.500 bis unter 4.000 Euro               6                                                        Nebentätigkeit
                                   0
                                            5
                                                                                                     Gut ein Fünftel der Befragten (22 Prozent) gibt an,
   4.000 bis unter 5.000 Euro      0                                                                 in der Nebentätigkeit kurzzeitig beschäftigt zu sein,
        5.000 Euro und mehr             3                                                            d. h. höchstens drei Monate oder 70 Arbeitstage
                                   0
                                                                                                     pro Kalenderjahr für die Nebentätigkeit aufzubrin-
               keine Angabe                 5

– –
                                                8                                                    gen. Demgegenüber arbeiten 78 Prozent der Be-
                                                                                                     fragten mehr als drei Monate bzw. 70 Tage pro Jahr
                                                                                                     in ihrer Nebentätigkeit.
       Hauptätigkeit             Nebentätigkeit                                                         Die für die Nebentätigkeit vertraglich verein-
n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren, die einem Nebenerwerb nachgehen                  barten Wochenarbeitszeiten sind erwartungsge-
Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research                                                 mäß deutlich geringer als in der Haupttätigkeit.
                                                                                                     Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit liegt hier im

                         Arbeitszeiten
                                                                                                      4 An dieser Stelle wird die reale Arbeitszeit nicht anhand
                         Wie sehen die Arbeitszeiten von Mehrfachbeschäf-                               der Kategorien dargestellt, die bei der Darstellung der
                                                                                                        vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten verwendet worden
                         tigten aus? Ist ein Zweitjob vor allem eine Option                             sind. Ein Vergleich der Prozentwerte dieser Kategorien
                         für Teilzeitbeschäftigte? Investieren Selbständige                             zwischen vertraglich vereinbarter und realer Arbeitszeit
                         mehr Stunden in ihre Erst- bzw. Zweitjobs als ab-                              wäre irreführend, da die Kategorie „Keine Arbeitszeit
                                                                                                        vertraglich vereinbart“ bei den realen Arbeitszeiten nicht
                         hängig Beschäftigte? Um diese Fragen zu beant-                                 vorhanden ist und daher die einzelnen Kategorien nicht
                         worten, sollten die Teilnehmer/innen zunächst of-                              vergleichbar sind. Daher wird im Folgenden die Differenz
                         fen, d. h. ohne vorgegebene Antwortkategorien an-                              aus realer und vertraglich vereinbarter Arbeitszeit auf
                                                                                                        Individualebene dargestellt. Hierbei werden die Personen,
                         geben, wie hoch ihre vertraglich vereinbarten und                              die „keine Arbeitszeit vertraglich vereinbart“ haben, sepa-
                         ihre realen Arbeitszeiten sind.                                                rat dargestellt.

WSI Report Nr. 48, März 2019    Seite 6
Abbildung 6‌

Nebentätigkeit: Wie viele Stunden arbeiten Sie durchschnittlich pro Woche in Ihrer Nebentätigekeit,
einschließlich regelmäßiger Mehr-/Überstunden und Bereitschaftszeiten?
Angaben in Prozent

                                                                                                                       24
  weniger als 5 Stunden                                     9
                                                                                                        21

                                                                                                                                      32
        5 bis 9 Stunden                                                                                                     27
                                                                                                                                 31

                                                                                              19
             10 Stunden                                                                                           23
                                                                                              19

                                                                                    16
      11 bis 19 Stunden                                                                            20
                                                                                         17

                                                            9
  20 Stunden und mehr                                                                                        22
                                                                   11

–      Arbeitnehmer/-in, Beamter/Beamtin (n=448)
       Gesamt
                                                                               –
n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren, die einem Nebenerwerb nachgehen

Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research
                                                                                    Selbstständige/-r, Freiberufler/-in (n=82)

Mittel bei 8 Stunden (Median), im Durchschnitt bei exakt so viele Stunden pro Woche wie vertraglich
8,6 Stunden (Mittelwert). Knapp die Hälfte der Be- auch vereinbart (in der Haupttätigkeit traf das nur
fragten (47 Prozent) muss laut Arbeitsvertrag weni- auf 50 Prozent der Befragten zu). Der Anteil der-
ger als 10 Stunden pro Woche arbeiten. Bei 22 Pro- jenigen, die im Zweitjob mehr als vertraglich ver-
zent sind es weniger als 5 Stunden, bei 26 Prozent einbart (18 Prozent) arbeiten, ist deutlich geringer
sind es zwischen 5 und 9 Stunden, die vertraglich (-25 Prozentpunkte) als im Hauptjob. 8 Prozent
fixiert sind (s. Abb. A5 im Anhang). Etwa ein Fünf- kommen auf bis zu 4 Stunden mehr. 10 Prozent ar-
tel (18 Prozent) der Befragten gibt an, in der Neben- beiten mindestens 5 Stunden länger als vertraglich
tätigkeit 10 Arbeitsstunden pro Woche vertraglich vereinbart. 16 Prozent der Befragten haben in ihrer
vereinbart zu haben. Fast ebenso häufig (19 Pro- Nebentätigkeit keine Arbeitszeit vertraglich verein-
zent) sind bei den Befragten mehr als 10 Stunden bart (s. Abb. A6 im Anhang).
im Arbeitsvertrag festgeschrieben. 16 Prozent der
Befragten haben in ihrer Nebentätigkeit keine Ar- Reale Arbeitszeit nach Status in Haupttätigkeit
beitszeit vertraglich vereinbart.                           Wer im Hauptjob selbstständig ist, arbeitet weniger
    Die Diskrepanz zwischen Vertrags-Soll und Ar- Stunden als Arbeitnehmer/innen. In der Nebentä-
beitszeit-Ist fällt in der Nebentätigkeit nicht so groß tigkeit ist es jedoch genau andersherum: Befragte,
aus wie im Erstjob. Vertraglich vereinbarte und re- die in ihrem Nebenjob selbstständig sind, arbeiten
ale Wochenarbeitszeiten sind im Mittel identisch deutlich mehr (Median: 10 Stunden) als Befrag-
(Median: beide 8 Stunden). Diese Werte decken te, die in ihrer Nebentätigkeit Arbeitnehmer/innen
sich in etwa mit den Erhebungen des Statistischen (8 Stunden) sind.
Bundesamtes von 2015, wonach Erwerbstätige im
Nebenjob im Durchschnitt 8,5 Stunden arbeiten.  5           Reale Gesamtarbeitszeit
    Bei den realen Arbeitszeiten im Nebenjob zeigt Summiert man die reale Wochenarbeitszeit in
sich im Vergleich zur Haupttätigkeit ein – aus Ar- Haupt- und Nebentätigkeit, dann arbeiten die Be-
beitnehmer/innensicht – positiveres Bild: 63 Pro- fragten im Mittel (Median) 46 Stunden pro Woche.
zent der Befragten arbeiten in ihrer Nebentätigkeit Knapp ein Viertel der Befragten arbeitet weniger
                                                            als 40 Stunden pro Woche. Bei 11 Prozent sind es
                                                            weniger als 30 Stunden, bei weiteren 12 Prozent
  5 https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Presse- sind es zwischen 30 und 39 Stunden.
    mitteilungen/2015/04 PD15_155_132.html

                                                                                                                                      WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 7
Weit über die Hälfte der Befragten arbeitet                        geben an, dass sie sich in ihrer Haupttätigkeit im
                        mehr als 40 Stunden pro Woche: Etwa ein Fünftel                       Rahmen der Arbeitszeit weiterbilden können. In
                        kommt auf 40 bis 44 Stunden pro Woche in Haupt-                       den Nebentätigkeiten ist dies deutlich seltener ver-
                        und Nebentätigkeit, ein weiteres Fünftel auf bis zu                   breitet: Nur etwa ein Viertel der Befragten kann
                        49 Stunden. 37 Prozent der Befragten sind 50 Stun-                    sich bei der Nebentätigkeit während der Arbeitszeit
                        den oder mehr mit ihren beruflichen Tätigkeiten be-                   weiterbilden. Bei einer Verschränkung der beiden
                        schäftigt, 13 Prozent sogar 60 Stunden oder mehr.                     Fragen zeigt sich, dass sich insgesamt 69 Prozent
                                                                                              der Befragten bei ihrer Haupt- und/oder Nebentä-
                                                                                              tigkeit im Rahmen der Arbeitszeit weiterbilden kön-
                                                                               Abbildung 7‌   nen. Knapp einem Drittel ist diese Option in beiden
                                                                                              Tätigkeiten verwehrt (s. Abb. A8 im Anhang).

                         Wie viele Stunden arbeiten Sie durchschnittlich pro Woche in
                         Ihrer Haupt- bzw. Nebentätigkeit, einschließlich regelmäßiger        Betriebliche Interessenvertretung
                         Mehr-/Überstunden und Bereitschaftszeiten?
                         Angaben in Prozent                                                   Knapp die Hälfte der befragten Mehrfachbeschäf-
                                                                                              tigten werden weder in der Haupt- noch in der Ne-
                                                                                              bentätigkeit von einem Betriebs- bzw. Personalrat
                           Weniger als 30 Stunden              11                             vertreten  6. Bei der anderen Hälfte der Befragten
                                                                                              gibt es einen Betriebs- oder Personalrat – entwe-
                                  30 bis 39 Stunden             12                            der nur in der Haupttätigkeit (39 Prozent) oder – für
                                                                                              rund ein Zehntel – sowohl im Haupt- als auch im
                                  40 bis 44 Stunden                      19                   Nebenjob. Eine betriebliche Interessenvertretung
                                                                                              allein in der Nebentätigkeit ist die Ausnahme (das
                                  45 bis 49 Stunden                           21              gilt lediglich für 3 Prozent der Befragten; s. Abb. A9
                                                                                              im Anhang).
                                  50 bis 59 Stunden                                24

                                                                                              Arbeit auf Abruf
                               60 Stunden und mehr                  13

                                                                              Auch bei der Frage danach, ob die Befragten auf
                                                                              Abruf arbeiten, zeigen sich große Unterschiede
                         n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren,  zwischen Haupt- und Nebentätigkeit. Im Hauptjob
                         die einem Nebenerwerb nachgehen                      sind 14 Prozent der Befragten auf Abruf tätig, im
                         Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research Zweit- oder Drittjob sind es hingegen 47 Prozent,
                                                                              also deutlich mehr. Kombiniert man die Aussagen
                                                                              zu Haupt- und Nebentätigkeiten, dann zeigt sich,
                         Krankenversicherung                                  dass etwa die Hälfte aller Befragten Arbeit auf Ab-
                                                                              ruf leistet: in der Haupt- und/oder in der Neben-
                         Erhoben wurde auch, ob die Befragten über ihre tätigkeit. Bei den meisten (38 Prozent) trifft dies
                         Haupt- und/oder Nebentätigkeit krankenversichert ausschließlich auf die Nebentätigkeit zu. Lediglich
                         sind. 91 Prozent der Befragten geben an, über 5 Prozent arbeiten nur in ihrer Haupttätigkeit auf
                         Haupt- und/oder Nebentätigkeit krankenversichert Abruf. Etwa ein Zehntel arbeitet sowohl in Haupt-
                         zu sein. Gut ein Viertel der Befragten ist sowohl als auch in Nebentätigkeit auf Abruf (s. Abb. A10
                         über Haupt- als auch über Nebentätigkeit kranken- im Anhang).
                         versichert. Weit über die Hälfte der Befragten ist
                         hingegen nur über die Haupttätigkeit krankenver-
                         sichert. Ein Prozent zahlt nur dank der Nebentä- Aufträge via Online-Plattform
                         tigkeit in die Krankenversicherung ein. Schließlich
                         gibt rund ein Zehntel der Befragten an, weder über Gut ein Zehntel (12 Prozent) der Befragten gibt an,
                         Haupt- noch über Nebentätigkeit krankenversichert dass ihnen in ihrer Haupttätigkeit Aufträge über
                         zu sein (s. Abb. A7 im Anhang).                      eine Online-Plattform vermittelt werden. Bezogen
                                                                              auf die Nebentätigkeit ist es fast ein Fünftel (18 Pro-
                                                                              zent), die Aufträge via Online-Plattform erhalten.
                         Weiterbildungsmöglichkeiten

                         Wie steht es um Weiterbildung in Haupt- und Ne-                       6 Dieser Wert ist etwas niedriger als der durch repräsenta-
                         bentätigkeit? Erwartungsgemäß gibt es die Mög-                          tive Betriebserhebungen gemessene Wert: Danach sind
                         lichkeit dazu deutlich häufiger in den Haupt- als in                    im Jahr 2017 60 % der Beschäftigten im Westen und 67 %
                                                                                                 der Beschäftigten im Osten in Betrieben ohne einen Be-
                         den Nebentätigkeiten. Zwei Drittel der Befragten                        triebs- oder Personalrat beschäftigt (Ellguth und Kohaut
                                                                                                 2018: 299)

WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 8
Abbildung 8‌
   Bei einer Verschränkung der beiden Fragen zeigt
sich, dass insgesamt etwa ein Viertel (24 Prozent)
in Haupt- und/oder Nebentätigkeit Aufträge über Unterschiede in den Arbeitsbedingungen zwischen Haupt- und Nebentätigkeiten
Online-Plattform entegegennehmen. Bei 5 Prozent Angaben in Prozent
der Befragten trifft dies sowohl in Haupt- als auch
in Nebentätigkeit zu. Bei 7 Prozent erfolgt dies nur
in der Haupttätigkeit, bei 12 Prozent ausschließlich                           Krankenversicherung                                        90
in der Nebentätigkeit.                                                                                              28
   Diese Beschäftigungsform betrifft also weniger
                                                                      Weiterbildungsmöglichkeiten                                   63
Befragte: Gut drei Viertel der Befragten (76 Prozent)                                                              26
werden keine Aufträge über eine Online-Plattform
vermittelt, weder in Haupt- noch in Nebentätigkeit               Betriebliche Interessenvertretung                           48
                                                                                                             12
   Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede
anhand des beruflichen Status in der Haupttätig-        Arbeitszeit: Anteil, die mehr als vertraglich                     42
keit: Hauptberuflich Selbstständige bekommen                                     vereinbart arbeiten            17
deutlich häufiger Aufträge über Online-Plattformen
                                                                    Aufträge über Online-Plattform           12
vermittelt (30 Prozent), als Arbeitnehmer/innen                                                                 18
(9 Prozent).
   Ein ähnliches Bild zeichnet sich für die Neben-                                  Arbeit auf Abruf         13
                                                                                                                            46

                                                              – –
tätigkeit ab: Nebenberuflich Selbstständige bekom-
men wiederum deutlich häufiger Aufträge über
Online-Plattformen vermittelt (29 Prozent), als ne-
benberufliche Arbeitnehmer/innen (8 Prozent).                Hauptätigkeit                Nebentätigkeit
   Diejenigen Befragten, die in Haupt- und/oder Sortierung nach Differenz zwischen Haupt- und Nebentätigkeiten (absteigend);
                                                      n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren, die einem Nebenerwerb nachgehen
Nebentätigkeit Aufträge über eine Online-Plattform
erhalten, sollten in einem weiteren Schritt angeben, Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research
ob es sich um ortsunabhängige Dienstleistungen
handelt, d. h. die Befragten können die Dienstleis-
tungen erbringen, wo sie möchten, oder ob es um MOTIVE FÜR
ortsgebundene Dienstleistungen geht, bei denen
der Ort der Dienstleistung vorgegeben ist (z. B.
                                                      MEHRFACHBESCHÄFTIGUNG
Gastgewerbe, Personenbeförderung und Liefer-
dienste oder haushaltsnahe Dienstleistungen).         Einkommen, Absicherung, Selbstverwirklichung,
   Bei denjenigen Befragten, die in ihrer Haupt- soziale Einbindung … die Entscheidung für einen
tätigkeit Aufträge via Online-Plattform vermittelt Zweitjob kann sehr unterschiedliche Gründe ha-
bekommen, handelt es sich bei über der Hälfte ben. In der Umfrage wurden die Teilnehmer/innen
(57 Prozent) um ortsunabhängige Dienstleistungen. gebeten, zwölf ausgewählte Aspekte danach zu
Unter den Befragten, die im Nebenjob Aufträge via bewerten, wie wichtig oder unwichtig sie für die
Online-Plattform übernehmen, ist dieser Anteil hö- Aufnahme einer Nebentätigkeit waren. Die folgen-
her: Etwa zwei Drittel (67 Prozent) dieser Gruppe de Auswertung orientiert sich daran, wie viele Be-
führen ortsunabhängige Dienstleistungen aus.          fragte den jeweiligen Punkt als sehr wichtig bzw.
                                                      wichtig eingeordnet haben.
                                                         Finanziellen Aspekten wird eine sehr hohe Re-
Zusammenfassung:                                      levanz zugesprochen: Demnach ist für 67 Prozent
Arbeitsbedingungen im Vergleich                       der Befragten das lukrative Einkommen durch die
                                                      Nebentätigkeit und für 51 Prozent die Erfüllung von
Insgesamt unterscheiden sich die Arbeitsbedingun- besonderen Konsumwünschen entscheidend ge-
gen zwischen Haupt- und Nebentätigkeit erheblich: wesen. Fast ebenso häufig geben die Befragten an,
Krankenversicherung, Weiterbildungsmöglichkei- dass sich die Aufnahme der Nebentätigkeit eher
ten sowie eine gesetzliche Interessenvertretung ha- aus einer finanziellen Notwendigkeit heraus erge-
ben die Befragten in ihrem Hauptjob viel häufiger ben hat: Für 53 Prozent der Befragten sind finan-
als in ihrer Nebentätigkeit.                          zielle Schwierigkeiten bzw. Nöte ausschlaggebend
   Überstunden werden vor allem im Hauptjob ge- gewesen. 24 Prozent konnten keine Vollzeitstelle
leistet: Der Anteil derjenigen, die mehr als vertrag- finden und haben daher die Nebentätigkeit aufge-
lich vereinbart arbeiten, ist in der Haupttätigkeit nommen, um finanziell aufzustocken.
deutlich größer als in der Nebentätigkeit.               Eine ähnlich hohe Relevanz wird der sozialen
   Die Vermittlung von Aufträgen über Online-Platt- Absicherung durch Haupt- bzw. Nebentätigkeit
formen ist hingegen etwas häufiger bei Nebentä- beigemessen. 64 Prozent geben an, dass die So-
tigkeiten. Auch Arbeit auf Abruf ist ein Phänomen, zialversicherung durch die Haupttätigkeit ein aus-
das verstärkt in den Nebentätigkeiten auftritt.       schlaggebender Grund zur Aufnahme der Nebentä-

                                                                                                                WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 9
tigkeit gewesen ist – bei der Ausübung eines nicht- Wunsch nach mehr zeitlicher Flexibilität nachkom-
                         versicherungspflichtigen Nebenjobs wird also die men zu können. 21 Prozent geben an, dass die feh-
                         Einbeziehung in die Sozialversicherung durch den lende zeitliche Auslastung in ihrer Haupttätigkeit
                         Hauptjob gewährleistet. Knapp die Hälfte der Be- der Grund war.
                         fragten hat dies sogar als sehr wichtig (46 Prozent)   Zusätzlich wurden die Teilnehmer/innen in einer
                         eingestuft. Deutlich seltener wird die Sozialversi- offenen Abfrage gebeten, die Gründe für die Aus-
                         cherung durch die Nebentätigkeit (18 Prozent) als übung mehrerer Tätigkeiten zu formulieren.
                         relevante Größe erachtet. Fast genauso wichtig         Wenig überraschend zeigt sich, dass Befragte,
                         sind soziale Aspekte: Für 58 Prozent ist die Zusam- die aufgrund finanzieller Engpässe eine Nebentä-
                         menarbeit und Kommunikation mit anderen Men- tigkeit aufgenommen haben, häufig ein niedrige-
                         schen entscheidend gewesen. Knapp die Hälfte res Haushaltsnettoeinkommen haben. Allerdings
                         der Befragten (48 Prozent) hat die Nebentätigkeit hängt der Wunsch nach mehr Geld nicht allein mit
                         aufgenommen, um anderen Menschen helfen zu dem bestehenden Einkommen zusammen – so-
                         können.                                              wohl niedrigere als auch höhere Einkommensgrup-
                            An vierter Stelle rangieren zwei Aspekte, die pen haben dieses Argument angeführt.
                         die persönliche Weiterentwicklung der Befragten        Darüber hinaus haben Befragte mit niedrige-
                         betreffen. Zum einen verfolgen die Befragten mit ren formalen Bildungsabschlüssen die finanzi-
                         der Nebentätigkeit die Verwirklichung einer Leiden- elle Notwendigkeit deutlich häufiger betont als
                         schaft (55 Prozent). Zum zweiten hat etwa ein Drit- Hochschulabsolvent/innen.
                         tel der Befragten (32 Prozent) eine Nebentätigkeit     Beim Aspekt „Spaß und Interesse“ zeigt sich ein
                         aufgenommen, um sich weiterzubilden bzw. die gegenteiliges Bild. Dieser wurde von Hochschul-
                         beruflichen Perspektiven zu erweitern. Schließlich absolvent/innen ebenso wie von Gutverdienern
                         wird durch zwei Aspekte die Work-Life-Balance der deutlich häufiger angeführt als von Befragten mit
                         Befragten adressiert. 45 Prozent haben demnach Hauptschulabschlüssen bzw. Geringverdienern.
                         eine zweite Tätigkeit aufgenommen, um ihrem
                                                                                                                                                          Abbildung 9‌

                         Wie wichtig waren die folgenden Gründe bei Ihrer Entscheidung, eine oder mehrere Nebentätigkeiten aufzunehmen?
                         Angaben in Prozent

                                           Lukratives Einkommen durch die Nebentätigkeit                    26                                  42

                                               Finanzielle Not/Finanzielle Schwierigkeiten                  24                        29

                                             Erfüllung von besonderen Konsumwünschen                  17                         35

                               Konnte keine Vollzeitstelle finden und musste aufstocken          10              14

                                               Sozialversicherung durch die Haupttätigkeit                             46                            18

                                              Sozialversicherung durch die Nebentätigkeit    6              12

                                      Zusammenarbeit und Kommunikation mit anderen
                                                                                                            24                             34
                                                                        Menschen

                                  Die Möglichkeit, anderen Menschen helfen zu können                   19                        29

                               Verwirklichung einer Leidenschaft (Selbstverwirklichung)                     26                         28

                                  Möglichkeit der Weiterbildung/Erweiterung beruflicher
                                                                                                 11                   21
                                                                         Perspektiven

                                              Der Wunsch nach mehr zeitlicher Flexibilität            16                    29

                         – –
                                     Fehlende zeitliche Auslastung in der Haupttätigkeit     5              16

                                 sehr wichtig             wichtig
                         Sortierung nach Summe aus „sehr wichtig/wichtig“, jeweils größte Ausprägung pro Kategorie (absteigend);
                         n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren, die einem Nebenerwerb nachgehen

                         Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research

WSI Report Nr. 48, März 2019    Seite 10
Abbildung 10‌

Warum üben Sie mehrere Tätigkeiten aus? Was war der Grund für die Aufnahme der zweiten Tätigkeit?
Angaben in Prozent

                                           Mehr Geld                                                                              45
                              Geld nicht ausreichend                                     20
                               Spaß/Interesse/Hobby                                      20
                                        Abwechslung                    6
                       Gelegenheit/Angebot erhalten                5
                                  Frei verfügbare Zeit         3
                           Persönliches Engagement             3
                       Job aus Gewohnheit behalten             3
             Vereinbarkeit Haupt- und Nebentätigkeit           3
                                  Keine Vollzeitstelle     2

Offene Abfrage – Mehrfachnennungen möglich; n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren, die einem Nebenerwerb nachgehen
Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research

ENTWICKLUNG DER BERUFLICHEN SITUATION
Sieben von zehn Befragten sind der Ansicht, dass                               Diejenigen Befragten, die zukünftig eine Verän-
sie ihre derzeitigen Tätigkeiten so oder in ähnlicher                       derung ihrer beruflichen Situation beabsichtigen,
Form zukünftig beibehalten werden. Drei von zehn                            wurden gebeten, ihre Veränderungswünsche in ei-
äußern demgegenüber die Absicht, ihre aktuelle                              ner offenen Abfrage näher erläutern. Die meisten
berufliche Situation in Zukunft verändern zu wollen.                        nannten finanzielle Aspekte (19 Prozent): Sie erach-
14 Prozent möchten sich stärker auf die Haupttätig-                         ten eine Veränderung als finanziell attraktiver bzw.
keit, weitere sieben Prozent stärker auf die Neben-                         notwendig. Fast ebenso viele (17 Prozent) führen
tätigkeit konzentrieren. Knapp ein Zehntel möchte                           bessere berufliche Perspektiven als ausschlagge-
sich zukünftig insgesamt beruflich umorientieren.                           bend ins Feld.

                                                                                                                                  Abbildung 11‌

Entwicklung berufliche Situation: Was denken Sie, wie wird sich Ihre berufliche Situation in absehbarer Zukunft entwickeln?
Angaben in Prozent

           Ich werde meine derzeitigen Tätigkeiten so
                                                                                                                                       70
                   oder in ähnlicher Form beibehalten

                 Ich werde mich zukünftig stärker auf
                                                                           14
                      die Haupttätigkeit konzentrieren

                    Ich werde mich künftig stärker auf
                                                                   7
                      die Nebentätigkeit konzentrieren

    Ich werde mich zukünftig insgesamt umorientieren                   9

n=545, Grundgesamtheit: Erwerbstätige ab 16 Jahren, die einem Nebenerwerb nachgehen
Quelle: Eigene Berechnungen; Erhebung Mauss-Research

                                                                                                                                   WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 11
FAZIT                                                 ten pro Woche 50 Stunden oder mehr. Ein Viertel
                                                                               arbeitet zwischen 50 und 59 Stunden in der Woche,
                        Die mehrfachbeschäftigten Teilnehmer/innen der         weitere 13 Prozent 60 Stunden und mehr.
                        Online-Befragung wurden gebeten, die Zuordnung            Der Großteil der Befragten (63 Prozent) gibt an,
                        ihrer Mehrfachbeschäftigungen in Haupt- und Ne-        über die Haupttätigkeit krankenversichert zu sein.
                        bentätigkeit selbst vorzunehmen: Das Ergebnis ist,     Ebenso groß ist der Anteil derjenigen, die als Grund
                        dass die Haupttätigkeit größtenteils als abhängige     für die Mehrfachbeschäftigung die Sozialversiche-
                        Beschäftigung beschrieben wird, die Nebentätig-        rung durch die Haupttätigkeit anführen. Knapp die
                        keit dagegen in etwa zu gleichen Teilen als selbst-    Hälfte der Befragten stuft die „Sozialversicherung
                        ständig bzw. als abhängig beschäftigt.                 durch die Haupttätigkeit“ als Grund für die Ent-
                           In den Nebentätigkeiten sind besonders stark        scheidung zur Mehrfachbeschäftigung sogar als
                        einfache, meist ungelernte Arbeiten vertreten, aber    sehr wichtig ein. Von fast jedem fünften Befragten
                        auch Tätigkeiten in den Bereichen Gestaltung, Me-      wird die Sozialversicherung durch die Nebentätig-
                        dien oder Marketing und dem Bereich Bildung und        keit als wichtig oder sehr wichtig erachtet.
                        Soziales. Die formalen Qualifikationsanforderungen        Der sozialen Absicherung durch die Haupt- bzw.
                        sind in der Haupttätigkeit höher als in der Neben-     Nebentätigkeit wird bei der Frage nach den Mo-
                        tätigkeit. Bemerkenswert ist, dass die Nebentätig-     tiven somit eine große Bedeutung beigemessen.
                        keit im Vergleich zur Haupttätigkeit meist sowohl in   Ebenso deutlich zeigt sich die Relevanz finanzieller
                        einer anderen Branche als auch in einem anderen        Aspekte (Schmidt und Voss 2014). Für zwei Drittel
                        Berufsfeld angesiedelt sind. Die ausgeübten Berufe     der Befragten ist das lukrative Einkommen durch
                        und auch das Anforderungsniveau der ausgeübten         die Nebentätigkeit als Motiv für die Mehrfachbe-
                        Tätigkeiten liegen in Haupt- und Nebenjob oftmals      schäftigung wichtig oder sehr wichtig, über die
                        weit auseinander.                                      Hälfte nennen sogar „finanzielle Not“ oder „finanzi-
                           Haupt- und Nebentätigkeit unterscheiden sich        elle Schwierigkeiten“ als wichtigen oder sehr wich-
                        hinsichtlich der formalen Qualifikationsanforde-       tigen Grund.
                        rungen, aber auch hinsichtlich der Arbeitszeiten          Jede/r dritte Befragte äußert die Absicht, die ei-
                        und Überstunden. In der Haupttätigkeit liegt die       gene berufliche Situation in Zukunft verändern zu
                        vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit der Be-      wollen.
                        fragten im Schnitt bei 33 Stunden, in der Nebentä-        Finanzielle Not als häufiges Motiv für die Ne-
                        tigkeit bei 8 Stunden. 42 Prozent der Befragten be-    bentätigkeit und die Bedeutung der sozialen Absi-
                        richten, in der Haupttätigkeit mehr Wochenarbeits-     cherung als Grund zur Aufnahme einer Nebenbe-
                        stunden zu leisten als vertraglich vereinbart, aber    schäftigung verweisen auf die Probleme, mit de-
                        nur 17 Prozent in der Nebentätigkeit. Allerdings ist   nen Mehrfachbeschäftigte konfrontiert sind. Dies
                        dabei der aus arbeitsrechtlicher Sicht problemati-     betrifft insbesondere die Minijobber/innen. Steuer-
                        sche Umstand zu bedenken, dass 16 Prozent der          und abgabenrechtliche Regelungen machen diese
                        Befragten angeben, in der Nebentätigkeit über-         Beschäftigungsform für Nebenjobs attraktiv. Die
                        haupt keine vertragliche Regelung über die Arbeits-    Kehrseite sind Lücken in der sozialen Absicherung,
                        zeit getroffen zu haben.                               insbesondere niedrige Rentenanwartschaften, ge-
                           Auch bei der Frage danach, ob die Befragten         ringe Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegs-
                        auf Abruf arbeiten, zeigen sich große Unterschie-      chancen sowie erhebliche Defizite bei arbeitsrecht-
                        de zwischen Haupt- und Nebentätigkeit. 14 Prozent      lichen Regelungen. So werden für Minijobs gelten-
                        der Befragten geben an, in ihrer Haupttätigkeit auf    den Regelungen, zum Beispiel zur Lohnfortzahlung
                        Abruf zu arbeiten. Demgegenüber geben 47 Pro-          im Krankheitsfall sowie zur Urlaubs- und Feiertags-
                        zent der Befragten an, in ihrer Nebentätigkeit auf     bezahlung, in der Praxis oftmals nicht eingehalten
                        Abruf tätig zu sein. Auch die Vermittlung von Auf-     (IAB-Kurzbericht 18/2015). Beklagt wird weiterhin
                        trägen über Online-Plattformen findet häufiger in      die häufige Umgehung vom gesetzlich vorgesehe-
                        den Nebentätigkeiten statt.                            nen Mindestlohn bei Minijobs (Pusch und Seifert
                           Weiterbildungsmöglichkeiten konzentrieren sich      2017).
                        deutlich auf die Haupttätigkeit: 64 Prozent der Be-       Vor dem Hintergrund der Kritik der arbeitsmarkt-
                        fragten berichten, dass bei der Haupttätigkeit im      und gesellschaftspolitischen Wirkungen und
                        Rahmen der Arbeitszeit Möglichkeiten der Wei-          Fehlanreize sind vielfältige Vorschläge zur Reform
                        terbildung bestehen, aber nur 25 Prozent der Be-       der Minijobs unterbreitet worden (Walwei 2018).
                        fragten berichten dies über die Nebentätigkeit. Für    Auch der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
                        knapp ein Drittel (31 Prozent) besteht weder in der    und SPD enthält einige eher versteckte Neurege-
                        Haupt- noch in der Nebentätigkeit die Möglichkeit      lungen bezüglich der geringfügigen Beschäftigung
                        der Weiterbildung im Rahmen der Arbeitszeit.           (Mini-Jobs) sowie für den Bereich der Gleitzonen-
                           In Bezug auf Arbeits- und Gesundheitsschutzas-      beschäftigung (Midi-Jobs) – mit jeweils völlig kon-
                        pekte sind die häufig überlangen Wochenarbeits-        trärer Wirkung bzw. Zielrichtung hinsichtlich der
                        zeiten der Mehrfachbeschäftigten bedenklich: Sub-      Belastung der Beschäftigten sowie deren sozialer
                        sumiert man die Arbeitszeiten in Haupt- und Ne-        Absicherung. Ein Teil der geringfügig Beschäftigten
                        bentätigkeiten, dann leisten ein Drittel der Befrag-   wird bei Umsetzung des Vertrags schlechter ge-

WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 12
stellt, während Geringverdiener andererseits wie- rufsständischen Versorgungswerken) abgesichert
derum durch eine Ausdehnung der Gleitzone bei sind. Grundsätzlich sollen Selbstständige zwischen
den Sozialabgaben weiter entlastet werden sollen der gesetzlichen Rentenversicherung und – als
(Steffen 2018). Der Koalitionsvertrag sieht vor, den Opt-out-Lösung – anderen geeigneten insolvenz-
Pauschalbeitrag des Arbeitgebers zur Rentenversi- sicheren Vorsorgearten wählen können. Wobei
cherung für die rund 140.000 Zeitungsboten für die diese insolvenz- und pfändungssicher sein und in
Dauer von fünf Jahren bis 2022 von 15 auf fünf Pro- der Regel zu einer Rente oberhalb des Grundsiche-
zent abzusenken. Der Beitragsanteil zur Rente be- rungsniveaus führen müssen.“ (Koalitionsvertrag,
trägt für die betroffenen Beschäftigten statt bisher Randziffer 4306 ff.). Noch offen ist die konkrete
3,6 Prozent damit künftig 13,6 Prozent. Für versi- Ausgestaltung dieser im Koalitionsvertrag festge-
cherungspflichtige Minijobber/innen bedeutet dies legten Altersvorsorgepflicht für Selbstständige und
bei einem Monatsbrutto von 450 Euro eine (Net- die Frage, inwiefern nebenberuflich Selbststän-
to-)Lohnkürzung von zehn Prozent; viele werden dige betroffen sein werden. Von elementarer und
sich künftig zu Lasten ihrer sozialen Absicherung existentieller Bedeutung wird es sein, bei der kon-
von der Versicherungspflicht befreien lassen. Das kreten Ausgestaltung der Beitragsbemessung die
Vorhaben steht in Widerspruch zu dem an anderer häufig geringen und unregelmäßigen Einkommen
Stelle des Vertrages gegebenen Versprechen: »Ge- der „kleinen“ und teilzeitbeschäftigten Selbststän-
ringverdienerinnen und Geringverdiener werden digen zu berücksichtigen. Analog zu den abhängig
wir bei Sozialbeiträgen entlasten« (Steffen 2018).    Beschäftigten sollten die Selbstständigen nicht
   Die Ankündigung, Geringverdiener/innen ent- den vollen Beitragssatz leisten müssen. Für den
lasten zu wollen, bezieht sich allein auf die Midi- bei paritätischer Beitragszahlung quasi fehlenden
Jobs bzw. die Gleitzonenbeschäftigung. Das mit hälftigen Arbeitgeberbeitrag sollte es einen sozia-
Jahresbeginn 2019 in Kraft getretene Rentenpaket len Ausgleich geben, etwa in Form einer Steuerbe-
der Bundesregierung sieht vor, dass die Gleitzone, günstigung oder in Form einer Auftraggeberabga-
die heute oberhalb der Minijobs bei 450,01 Euro be (Schulze Buschoff 2018).
beginnt und bei 850 Euro endet, beginnend ab Juli        Weiter vorangeschritten ist die Planung der Neu-
bis 1300 Euro ausgedehnt werden soll. Das hat zur regelung der Beiträge in der Kranken- und Pflege-
Folge, dass Beschäftigte bis zu dieser Höhe nur re- versicherung für Selbstständige. Hierzu heißt es
duzierte Beiträge zahlen müssen. Der Beitrag steigt im Koaltionsvertrag: „… die Mindestkrankenver-
ab 450 Euro langsam an, erst ab 1300 Euro wird sicherungsbeiträge für kleine Selbstständige“ sol-
der volle Beitrag von rund 20 Prozent des Brutto- len reduziert werden. (Koalitionsvertrag, Randzif-
lohns fällig. Bei mehreren Beschäftigungsverhält- fer 4313 ff.) Hintergrund der Neuregelung ist der
nissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt Umstand, dass die Beiträge der Selbstständigen
maßgebend.                                            in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht am
   Eine Entlastung niedriger Einkommen ist not- Realeinkommen bemessen wurden, sondern mit
wendig und sinnvoll. Aber die Ausweitung der einem ‘angenommenen Mindesteinkommen’ fest-
Gleitzone ist der falsche Weg. Sie entzieht der So- gelegt wurden, das oftmals faktisch nicht erreicht
zialversicherung Einnahmen zulasten der übrigen wurde. Laut dem „Gesetz zur Beitragsentlastung
Beitragszahler und -zahlerinnen. Dabei ist die Ent- der Versicherten in der Gesetzlichen Krankenver-
lastung für den/die Einzelne/n kaum spürbar. Bei sicherung“ (kurz: GKV-VEG für „GKV-Versicherten-
Einkommen von 1000 Euro bis 1300 Euro liegt sie entlastungsgesetz“) ist die Mindestbemessungs-
nur bei 10 Euro monatlich. Haushalte mit geringem größe für hauptberuflich Selbstständige von 2.284
Einkommen werden so nicht ausreichend entlastet. auf 1.142 Euro halbiert worden. Das Gesetz ist am
Notwendig sind somit vielmehr zielgenaue Refor- 01. 01. 2019 in Kraft getreten.
men im Niedriglohnsektor, die Haushalte mit gerin-       Die nun nur noch rund 150 Euro niedriger liegen-
gen Einkommen deutlich entlasten, wie es z. B. der de Mindestbemessungsgrenze für „nebenberuflich
DGB-Vorschlag zum Arbeitnehmer-Entlastungsbe- Selbstständige“ wird im Gesetzesentwurf nicht er-
trag über Steuern vorsieht: Niedrigverdiener sollen wähnt. Haupt- und nebenberuflich Selbstständige
dem Vorschlag zufolge quasi als „negative Einkom- zahlen nach der Reform fast denselben Mindest-
menssteuer“ einen Entlastungsbetrag ausgezahlt beitrag (Unterschied von nur ca. 20 Euro). Die Be-
bekommen (Bach et al. 2018).                          messungsgrundlage der Beiträge sollte wie bei den
   Auch für Mehrfachbeschäftigte, die eine abhän- abhängig Beschäftigten auch das reale Erwerbs-
gige mit einer selbstständigen Tätigkeit kombinie- einkommen sein, um insbesondere nebenberuf-
ren, könnten Neuregelungen relevant werden, die lich Selbständige zu entlasten. Hier besteht noch
im Koalitionsvertrag festgehalten sind. Die Koali- Handlungsbedarf.
tionspartner haben eine Altersvorsorgepflicht für        Handlungsbedarf besteht auch hinsichtlich der
Selbstständige beschlossen: „Um den sozialen Alterssicherung. Zwar ist im Koalitionsvertrag fest-
Schutz von Selbstständigen zu verbessern, wollen geschrieben, dass eine Neuregelung der Altersvor-
wir eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvor- sorgepflicht für Selbstständige „in Regel zu einer
sorgepflicht für alle Selbständigen einführen, die Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus füh-
nicht bereits anderweitig obligatorisch (z. B. in be- ren muss“, allerdings bedarf es hier der Konkreti-

                                                                                               WSI Report Nr. 48, März 2019   Seite 13
Sie können auch lesen