KI-BASIERTE SERVICES INTELLIGENT GESTALTEN - EINFÜHRUNG DES KI-SERVICE-CANVAS

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KI-BASIERTE SERVICES INTELLIGENT GESTALTEN - EINFÜHRUNG DES KI-SERVICE-CANVAS
KI-BASIERTE SERVICES
INTELLIGENT GESTALTEN
EINFÜHRUNG DES KI-SERVICE-CANVAS
KI-BASIERTE SERVICES INTELLIGENT GESTALTEN - EINFÜHRUNG DES KI-SERVICE-CANVAS
KI-BASIERTE SERVICES INTELLIGENT
GESTALTEN
EINFÜHRUNG DES KI-SERVICE-CANVAS

Autoren und beteiligte Organisationen
Prof. Dr. Nils Urbach, Prof. Dr. Björn Häckel, Peter Hofmann, Lukas Fabri, Sebastian Ifland, Philip Karnebogen,
Stefanie Krause, Luis Lämmermann, Dominik Protschky, Moritz Markgraf, Lukas Willburger

Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT
Projektgruppe Wirtschaftsinformatik
Wittelsbacherring 10
95444 Bayreuth

Technologietransferzentrum „Data Analytics“, Hochschule Augsburg
Äbtissin-Gunderada-Straße 4
86609 Donauwörth

Universität Bayreuth
Wittelsbacherring 10
95444 Bayreuth

Frankfurt University of Applied Sciences
Nibelungenplatz 1
60318 Frankfurt

Disclaimer
Dieses White Paper wurde nach bestem Wissen und unter Einhaltung der nötigen Sorgfalt erstellt.
Die genannten Organisationen, ihre gesetzlichen Vertreter und/oder Erfüllungsgehilfen übernehmen keinerlei Garan-
tie dafür, dass die Inhalte dieses White Papers gesichert, vollständig für bestimmte Zwecke brauchbar oder in sonsti-
ger Weise frei von Fehlern sind. Die Nutzung dieses White Papers geschieht ausschließlich auf eigene Verantwortung.
In keinem Fall haften die genannten Organisationen, ihre gesetzlichen Vertreter und/oder Erfüllungsgehilfen für jegli-
che Schäden, seien sie mittelbar oder unmittelbar, die aus der Nutzung des White Papers resultieren.

Empfohlene Zitierweise
Urbach, N., Häckel, B., Hofmann, P., Fabri, L., Ifland, S., Karnebogen, P., Krause, S., Lämmermann, L., Protschky, D.,
Markgraf, M. und Willburger, L. (2021) KI-basierte Services intelligent gestalten – Einführung des KI-Service-Canvas.
Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT,
Hochschule Augsburg, Universität Bayreuth, Frankfurt University of Applied Sciences, Bayreuth, Augsburg und Frank-
furt.

Bildquellen
© www.shutterstock.de, www.stock.adobe.com

KI-basierte Services intelligent gestalten | 2
KI-BASIERTE SERVICES INTELLIGENT GESTALTEN - EINFÜHRUNG DES KI-SERVICE-CANVAS
Inhaltsverzeichnis

Management Summary ......................................................................... 5

Einleitung ............................................................................................... 6

Einführung des KI-Service Canvas ........................................................ 8
     Der KI-basierte Service ..................................................................................................................... 10
     Die organisationale Integration ........................................................................................................ 14
     Die Integration in die Wertschöpfung .............................................................................................. 16

Unsere Erfahrungen aus der Praxis .................................................... 18
     Erfahrungen auf dem Weg zum ersten Anwendungsfall.................................................................. 19
     Erfahrungen auf dem Weg vom Anwendungsfall zum Minimal Viable Service ................................. 20
     Erfahrungen auf dem Weg zum Deployment des KI-basierten Services ............................................ 21
     Erfahrungen auf dem Weg zur Datenstrategie ............................................................................... 22

Anknüpfungspunkte ........................................................................... 24

                                                                                              KI-basierte Services intelligent gestalten | 3
Management Summary

    Was ist eigentlich KI?
    Die Idee, Maschinen (d.h. Computer) zu entwickeln, die Probleme auf intelligente Art und Weise
    lösen, gibt es bereits seit den 1950er-Jahren. In der Vergangenheit haben allerdings eine begrenzte
    Verfügbarkeit von Daten sowie eine geringe Leistung von Prozessoren derartige Ideen
    ausgebremst. Heute können intelligente Maschinen in einem breiten Spektrum an Anwendungen
    eingesetzt werden; von der Wahrnehmung von Objekten (z.B. Schildererkennung im Auto) bis hin
    zur Komposition von Musik. Technisch wird dies heutzutage maßgeblich durch den Einsatz von
    Machine Learning umgesetzt. Im Rahmen des Machine Learning erlernt ein Computer auf Basis von
    Trainingsdaten neue Funktionen, indem dieser versucht, von den Trainingsdaten zu generalisieren.
    Im Gegensatz zum regelbasierten Programmieren müssen zur Entwicklung von Machine-Learning-
    Anwendungen also keine Regeln (z.B. Bedingungen) im Vorfeld bestimmt und für verschiedenste
    Situationen ausspezifiziert werden. Nach dem aktuellen Stand der Technik können Machine-
    Learning-Anwendungen nur für spezifische Aufgaben (z.B. Schildererkennung) trainiert werden. Ihr
    Auto wird also so schnell keine eigene Musik komponieren.

KI-basierte Services intelligent gestalten | 4
Management Summary

Die unternehmerische Relevanz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist durch Erfolgsgeschichten aus diversen
Branchen untermauert. Der erfolgreiche Einsatz von KI ist jedoch keineswegs ein Selbstläufer. So bestim-
men die Fähigkeiten eines Unternehmens, KI-basierte Services innovativ zu gestalten und in deren
organisationale Wertschöpfung zu integrieren, dessen Wettbewerbsfähigkeit. Aufbauend auf den Kompe-
tenzen und praktischen Erfahrungen der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, dem
Technologietransferzentrum Data Analytics der Hochschule Augsburg, der Universität Bayreuth sowie der
Frankfurt University of Applied Sciences stellen wir in dieser Studie das KI-Service-Canvas vor und geben
einen kurzen Einblick in die KI-Praxis.
Das KI-Service-Canvas erlaubt es Unternehmen, KI-basierte Services sowohl aus einer Innovations- als auch
Technologie-Perspektive zu beschreiben, zu bewerten und auszugestalten. So bieten wir ein Werkzeug,
welches entlang des gesamten Innovationsprozesses eingesetzt werden kann. Mit der konsequenten
Nutzung des KI-Service-Canvas können Unternehmen einen Blindflug in der Entwicklung von KI-basierten
Services vermeiden. Durch eine ganzheitliche Betrachtung werden Fragestellungen von der
Infrastrukturebene über die Prozess-/Systemebene bis hin zur Geschäftsebene beantwortet. Ferner geben
wir durch die Ergänzung von Erfahrungsberichten aus unseren Forschungs- und Praxisprojekten einen Ein-
blick in die praktische Anwendung von KI.

                                           Prof. Dr. Nils Urbach
                                           Professur für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Digital Business & Mobilität
                                           Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT,
                                           Frankfurt University of Applied Sciences
    © Björn Seitz – kontender.Fotografie

                                           Prof. Dr. Björn Häckel
                                           Professur für Digitale Wertschöpfungsnetze
                                           Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT,
                                           Hochschule Augsburg
    © Björn Seitz – kontender.Fotografie

Management Summar

                                                                                       KI-basierte Services intelligent gestalten | 5
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

                        1
Einleitung

                                        Einleitung

KI-basierte Services intelligent gestalten | 6
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jah-       organisationale Wertschöpfung bestmöglich
ren für vielfältige Schlagzeilen gesorgt, die von         integrierbar sind.
technischen Forschungsdurchbrüchen über viel-
                                                          In einer solchen ganzheitlichen Betrachtung
versprechende Innovationen bis hin zu ethischen
                                                          müssen diverse Fragestellungen von der
und sozialen Bedenken reichen. Die unterneh-
                                                          Infrastrukturebene über die System- und
merische Relevanz von KI wurde maßgeblich
                                                          Prozessebenen bis hin zur Geschäftsebene
durch Performancezuwächse im Machine
                                                          behandelt werden. So gilt es nicht nur, eine
Learning (v.a. Deep Learning), die praktische
                                                          technische Problemlösung zu finden, sondern KI-
Verfügbarkeit von Daten und den Abbau von
                                                          basierte Services gesamtheitlich als
Anwendungsbarrieren geschaffen. Die
                                                          organisational zu integrierendes Konzept zu
Einstiegshürden in die Anwendung von KI sind
                                                          verstehen. Zum einen verfolgt die
dabei für Unternehmen vermeintlich niedrig.
                                                          organisationale Integration das Ziel,
Neben eigens anzuwendenden OpenSource
                                                          datenbasierte Geschäftsmodelle auf die
Frameworks wie PyTorch und Keras stehen auch
                                                          Unternehmensstrategie auszurichten. Zum
ausgereifte Cloud-Services und KI-Plattformen
                                                          anderen sollte durch die Gestaltung von
bereit. Das Rennen um neue
                                                          Prozessen und komplementären
Wettbewerbsvorteile ist eröffnet.
                                                          Informationssystemen eine Integration in das
Das Erfüllen der oftmals hohen Erwartungen an             Wertschöpfungsnetzwerk angestrebt werden.
den Einsatz von KI ist jedoch keineswegs ein
                                                          Angesichts der sowohl tief als auch breit in die
Selbstläufer. Um das erhoffte Potential zu errei-
                                                          Organisation wurzelnden Fragestellungen bedarf
chen, müssen Unternehmen sowohl die Wer-
                                                          es einer systematischen Herangehensweise, um
tentstehung gezielt fördern als auch Faktoren
                                                          die Wertentstehung gezielt zu fördern. Um diese
abbauen, die diese einschränken. Es bedarf dazu
                                                          Komplexität zu meistern, haben wir unsere
einer unternehmensindividuellen Identifizierung,
                                                          Kompentenzen gebündelt und die gesammelten
Bewertung, Konzeption und Entwicklung von KI-
                                                          Erfahrungen in einem KI-Service-Canvas
basierten Services. Daher reicht es nicht aus, KI-
                                                          zusammengetragen. Das KI-Service-Canvas
basierte Services eines anderen Unternehmen zu
                                                          erlaubt es Unternehmen, KI-basierte Services
kopieren, um langfristig im Wettbewerb zu
                                                          sowohl aus einer Innovations- als auch
bestehen. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Un-
                                                          Technologie-Perspektive zu beschreiben, zu
ternehmens wird vielmehr durch dessen Fähig-
                                                          bewerten und auszugestalten. In die
keit bestimmt, den Innovationsprozess rund um
                                                          Entwicklung des KI-Service-Canvas ist unsere
das Thema KI umfassend zu gestalten. Dabei be-
                                                          langjährige, interdisziplinäre Forschungs- und
steht die Herausforderung darin, zunächst zu
                                                          Praxiserfahrung in den Bereichen Digital
bewerten, an welcher Stelle und in welcher
                                                          Innovation und Digital Transformation sowie
Form KI einen Mehrwert in der Wertschöpfung
                                                          unsere Methodenkompetenz in den Bereichen
liefern kann. Anschließend gilt es den
                                                          Data Science und KI eingeflossen.
antizipierten Nutzen auch tatsächlich im
Unternehmen zu realisieren, indem KI-basierte
Services entwickelt werden, welche in die

                                                         Geschäftspotential

    Integration in die                                                           Organisationale
     Wertschöpfung                           KI-basierter                          Integration
  Gestaltung von Prozessen und                                                Ausrichtung datenbasierter
        komplementären                         Service                        Geschäftsmodelle auf den
     Informationssystemen                                                       Unternehmenskontext

                          Daten

Abbildung 1: KI-basierte Services als organisational integriertes Konzept

                                                                     KI-basierte Services intelligent gestalten | 7
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

                        2
Einführung des KI-Service Canvas

                                        KI-Service-Canvas

KI-basierte Services intelligent gestalten | 8
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Das KI-Service Canvas
Das KI-Service-Canvas (siehe Abbildung 2) bietet den lückenlosen Brückenschlag von Daten über den KI-
basierten Service bis hin zum Geschäftspotential. Dabei wird im Besonderen darauf Wert gelegt, dass sich
der KI-basierte Service in die Organisation sowie die Unternehmensumwelt integriert. Vom Product Owner
bis zum Data Scientist – das KI-Service-Canvas bietet eine gemeinsame Sprache, um Fortschritte zu
dokumentieren und wichtige Fragestellungen beantworten zu können. In den folgenden Kapiteln werden
die einzelnen Bestandteile erläutert und durch Erfahrungsberichte veranschaulicht.

                                       Organisationale Integration
  Organisationale Readiness                                                               Business-Alignment
  Bin ich bereit dafür?                                                                          Passt das zu mir?

                                            KI-basierter Service
                              Nutzen
                              Welches Problem löse ich wie?
            Input                                                                               Output
  Daten                                                                                Geschäftspotential
                                                                                      Geschäftspotential
  Welche Daten brauche                                                                 X? und wo entsteht
                                                                                      Wie
  ich?                                                                                Geschäftspotential?

                              Gesellschaftliche Themen
                              Darf ich das? Ist das richtig?

                              Pipeline
                              Wie integriere ich Daten und
                              KI-Methoden zu einem KI-basierten Service?

                                       Wertschöpfungssystem
  Partner                              Wie erfolgt die Integration ins                                   Kunden
  Wer sind meine Schlüsselpartner?     Wertschöpfungssystem?                            Wer sind meine Kunden?
                                     Integration in die Wertschöpfung

Abbildung 2: KI-Service-Canvas

                                                                         KI-basierte Services intelligent gestalten | 9
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Der KI-basierte Service                               unberührte Daten in ihren spezifischen Domä-
                                                      nen besitzen. Durch einen frühen Markteintritt
Der Zweck eines KI-basierten Services besteht         können KI-basierte Services schnell weitere Da-
darin, einen Mehrwert für das Unternehmen             ten sammeln, welche wiederum zu deren Ver-
oder seine Kunden zu generieren. Durch eine lü-       besserung genutzt werden können und so zu
ckenlose Dokumentation werden die Wirkungs-           einem für andere Unternehmen nur schwer ein-
zusammenhänge in der Werterstellung                   holbaren Vorsprung führen. Unsere Erfahrung
transparent, sodass die Werterstellung sowohl         zeigt jedoch auch, dass die vorhandenen Daten
qualitativ als auch quantitativ beschrieben wer-      aufgrund von Datenqualitätsproblemen in aller
den kann. Der Bereich der Wertentstehung ist          Regel nicht ohne eine gezielte Vorverarbeitung
dabei über den gesamten Innovationsprozess            oder gar Anpassung der Datensammelstrategie
hinweg relevant, um wertbasierte Entscheidun-         eingesetzt werden können.
gen in der Entwicklung und Anwendung von KI-          Um das Feld zum Input im KI-Service-Canvas
basierten Services zu treffen.                        auszufüllen, sind je nach Anwendungsfall und
Input: Welche Daten brauche ich?                      Unternehmen unterschiedliche Schritte notwen-
                                                      dig. Diese reichen von der Identifizierung und
Daten sind die Grundlage der KI-Funktionalität.       Bewertung von Datenquellen bzw. Datensätzen
So stellt sich die zentrale Frage: Welche Daten       über die Konzeption eines Datenframeworks bis
werden zur Realisierung eines spezifischen KI-        hin zur Ausarbeitung einer Datenstrategie. Zu-
basierten Services benötigt? Dies mag zwar auf        dem kann die Erfüllung der Anforderungen an
den ersten Blick trivial klingen, jedoch steckt die   strategisch relevante Daten beurteilt werden.
Herausforderung im Detail. Die zur Beantwor-
tung zu beschreibenden Eigenschaften reichen             Anforde-
                                                                                Beschreibung
von der Datenverfügbarkeit bis hin zur benötig-           rung
ten Datenqualität. Ein KI-basierter Service kann,
nicht zuletzt, auch an den Daten scheitern, wes-                        Werthaltige Daten
halb eine genaue Betrachtung der bestehenden                            ermöglichen die Umsetzung
                                                        Werthaltig-
Datengrundlage unerlässlich ist. Vor allem beim                         von KI-basierten Services,
                                                           keit
Machine Learning ist die Verfügbarkeit und ge-                          die zu Effizienz- oder Effekti-
eignete Zusammensetzung der Daten eine we-                              vitätssteigerung führen.
sentliche Voraussetzung für das erfolgreiche                            Daten sollten unter aktuellen
Trainieren und Anwenden von Machine Learn-                              und potenziellen Wettbewer-
ing-Modellen.                                           Seltenheit
                                                                        bern nicht oder nur
Ähnlich zu anderen Unternehmensressourcen,                              selten vorhanden sein.
entscheidet die Datenverfügbarkeit nicht nur
                                                                        Die Beschaffung von Daten
über die Funktionalität eines KI-basierten Ser-
                                                                        durch andere Unternehmen
vices, sondern bedingt auch das resultierende          Immobilität
                                                                        sollte nicht möglich oder zu
Geschäftspotential. So können seltene oder
                                                                        kosten- bzw. zeitintensiv sein.
schwer kopierbare Daten durch einzigartige KI-
basierte Services zum nachhaltigen Wettbe-               Bedingte       Daten sollten durch andere
werbsvorteil werden. Wir fassen die Anforderun-         Imitierbar-     Unternehmen nur schwer
gen an strategisch relevante Daten unter                   keit         repliziert werden können.
Berücksichtigung etablierter Konzepte der Res-
sourcentheorie in Tabelle 1 zusammen. Das ver-                          Die Vorteilhaftigkeit eines Da-
                                                         Bedingte
meintliche Geschäftspotential von Daten sollte                          tensatzes sollte nicht durch
                                                        Substituier
jedoch nicht dazu führen, ungesteuert Daten zu                          einen anderen Datensatz sub-
                                                          barkeit
sammeln. Das unkontrollierte Sammeln von Da-                            stituierbar sein.
ten führt zu hohen Aufwänden und der Ver-             Tabelle 1: Strategisch relevante Daten
nachlässigung der eigentlich strategisch
relevanten Daten.
Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmen
strategisch relevante, aber oftmals auch

KI-basierte Services intelligent gestalten | 10
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Nutzen: Welche Probleme löse ich wie?                         Unserer Erfahrung nach bieten sich zur Spezifi-
                                                              zierung dieses Feldes vor allem Stakeholder-
Als Mehrzwecktechnologie schließt KI unter-                   zentrierte Analysemethoden an. Zudem emp-
schiedlichste Funktionalitäten ein. So beschreibt             fiehlt es sich, die Wurzel eines Problems oder ei-
dieses Nutzen-Feld des KI-Service-Canvas die er-              ner Chance zu verstehen (z.B. mittels einer Root-
folgskritische Übersetzung von technischen                    Cause-Analyse) und nicht nur deren Symptome
Funktionalitäten in ökonomischen Nutzen. So ist               zu beschreiben.
eine technische Lösung zu finden, die am besten
zum individuellen Problem passt. Es stellt sich die           Aus der Technologieperspektive heraus sollte zu-
Frage: Welches Problem löse ich wie?                          dem geprüft werden, ob zur Lösung eines Prob-
                                                              lems auch ein einfacheres Verfahren (z.B. ein
Es gilt demnach, die Problemlösungslogik eines                bewährter regelbasierter Algorithmus) eingesetzt
KI-basierten Services zu beschreiben, um die                  werden kann.
Wertentstehung zu spezifizieren. Dazu sollten
die Probleme (und Chancen) mit den identifizier-              Das vielfältige Angebot an technischen Möglich-
ten Lösungen abgeglichen werden. Hierzu kann                  keiten bedarf somit einer systematischen und
zum Beispiel eine Problemlösungsmatrix (siehe                 dennoch offenen Herangehensweise, um die
Abbildung 3) eingesetzt werden. In der Anwen-                 Komplexität der Lösungsfindung zu reduzieren.
dung der Problemlösungsmatrix kann sowohl                     Hierbei bieten sich unterschiedliche Formate wie
aus einer Domänenperspektive (d.h. Lösung exis-               Innovation Sprints oder Proof-of-Concept-Sprints
tierender Probleme) als auch Technologieper-                  an, welche auf erprobten Methoden aufsetzen.
spektive (d.h. Wahrnehmung neuer
Möglichkeiten) vorgegangen werden. Die tech-
nische Funktionalität wird in der Problemlö-
sungsmatrix in greifbare KI-Funktionen
übersetzt. Zur Beschreibung der Domäne kön-
nen individuelle Gliederungsansätze verfolgt
werden. So können zum Beispiel unterschiedli-
che Prozesse unterschieden werden.

                                              Prozess A            Prozess B                …

                             Wahrnehmen

                                Erkennen
                                            Lösung existierender
             KI-Funktionen

                                 Erklären
                                            Probleme
                              Entscheiden

                             Vorhersagen
                                                                       Wahrnehmen neuer
                              Generieren
                                                                           Möglichkeiten
                                 Handeln

Abbildung 3: Funktionsweise der KI-Prozess-Matrix (Problemlösungsmatrix)

                                                                        KI-basierte Services intelligent gestalten | 11
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Gesellschaftliche Themen:                                         Pipeline: Wie integriere ich Daten und
Ist das richtig? Darf ich das?                                    KI-Methoden zu einem KI-basierten Service?
Um ethische, rechtliche und soziale Implikatio-                   Die IT-Infrastruktur ist im Kontext von KI-basier-
nen in der Wertentstehung früh identifizieren                     ten Services keineswegs als Standardprodukt an-
und adressieren zu können, finden diese im KI-                    zusehen. Es gilt eine IT-Infrastruktur im Sinne
Service-Canvas Platz. Die Entwicklung und In-                     einer datenverarbeitenden Pipeline zu konzipie-
tegration eines KI-basierten Services sollte – un-                ren, die performant, skalierbar, wirtschaftlich
serer Auffassung nach – stets aus diesen drei                     und sicher ist. So stellt sich die Frage: Wie integ-
Perspektiven beleuchtet werden.                                   riere ich Daten und KI-Methoden zu einem KI-
                                                                  basierten Service?
So muss der KI-basierte Service im Einklang mit
bestehenden gesetzlichen Regulatorien und kon-                    Eine Ende-zu-Ende-Integration eines KI-basierten
form mit geltenden Standards der jeweiligen                       Services aus einer Pipeline-Perspektive ist in Ab-
Branche sein. Auch die Kunden der Organisation                    bildung 4 veranschaulicht. Beginnend mit der
müssen offen und bereit für den Umgang mit                        Bereitstellung der Daten gilt es die Datenquellen
KI-basierten Services und Entscheidungen sein.                    (z.B. Sensoren, Dokumentbibliotheken, Unter-
Verstößt der Einsatz von KI-Technologien gegen                    nehmensanwendungen) sowie deren Schnittstel-
geltendes Recht oder industrielle Standards,                      len zu spezifizieren. Hierbei empfehlen wir, über
führt das neben juristischen Sanktionen auch zu                   die betrachtete Pipeline eines einzelnen KI-ba-
einem Vertrauensverlust gegenüber Mitarbeiten-                    sierten Services hinaus die Schnittstellen in die
den, Lieferanten und/oder Kunden. Nur durch                       IT-Landschaft des Unternehmens bzw. des Wert-
eine enge Abstimmung der verschiedenen betei-                     schöpfungsnetzwerks auszugestalten. So kön-
ligten Akteure inklusive externer Anspruchsgrup-                  nen unter anderem Synergie-Effekte gehoben
pen wie beispielsweise Kunden und Lieferanten                     und Komplexität aufgrund von Insellösungen
kann KI nicht nur innerhalb der Organisation,                     vermieden werden. Die Konzeption einer unter-
sondern auch im gesamten Werkschöpfungs-                          nehmensübergreifenden Bereitstellung von Da-
netzwerk einen Mehrwert schaffen.                                 ten (z. B. zur Datenkollaboration) verschärft die
                                                                  Anforderungen an die IT-Sicherheit.
Um dieses Feld des KI-Service-Canvas auszufül-
len, sind Fragestellungen über die ökonomische                    Zudem sind alte Sicherheitsparadigmen auf-
oder technologische Perspektive hinaus zu be-                     grund der wachsenden Anzahl an internetfähi-
antworten. Hierzu sollten Gespräche mit Verant-                   gen Geräten (IoT) und steigenden Bedrohung
wortlichen innerhalb der Organisation (z.B.                       von Hackerangriffen zumeist nicht mehr ausrei-
Mitarbeitende, Betriebsrat, Ethikrat) oder mit                    chend. Aus diesem Grund denken wir bereits bei
Dritten (z. B. Universitäten, Kanzleien) geführt                  der Erstellung der Datenpipeline in unserem KI-
werden. Teilweise erleichtern auch die bereits im                 Canvas die sicherheitsbezogenen Aspekte direkt
Vorfeld festgelegten KI-Richtlinien die Evaluation                mit. Beim Umgang mit Daten und neuen Tech-
eines Anwendungsfalls aus der rechtlichen, sozi-                  nologien ist von Anfang an zu berücksichtigen,
alen und ethischen Perspektive.                                   wie sich diese in die IT-Infrastruktur eingliedern
                                                                  und welche Sicherheitsmechanismen nötig sind.

       Bereitstellung        Strukturierung       Aufbereitung       Anwendung von       Integration als
         der Daten              der Daten          der Daten          (KI-)Methoden          Service

              z.B.                 z.B.                 z.B.                z.B.                z.B.
            Sensorik           Datenmodelle           Feature            Neuronales          Predictive
                                                    Engineering            Netz             Maintenance

Abbildung 4: Ende-zu-Ende-Integration aus einer Pipeline-Perspektive

KI-basierte Services intelligent gestalten | 12
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Die oftmals unstrukturiert vorliegenden Daten        sicherheitsbezogener sowie ökonomischer
sollten sodann in eine für den KI-basierten Ser-     Perspektive. Konkrete Maßnahmen können
vice sinnvolle Datenstruktur überführt werden.       hierbei vielfältig sein und reichen von der
Hierbei gilt es die Anforderungen an die Daten-      Ableitung des Bedarfs an Rechenleistung über
struktur multikriteriell abzuleiten. So hängt die    die Konzeption von Technologieschnittstellen bis
zu wählende Datenstruktur nicht nur von den          hin zu Penetrationstests.
bereitgestellten Daten (z.B. Datenmenge), son-
                                                     Output: Geschäftspotential: Wie und wo
dern auch von der weiteren Verarbeitung in der
                                                     entsteht Geschäftspotential?
Pipeline und somit auch den Einsatzbedingun-
gen des KI-basierten Services ab.                    Die durch KI-Anwendungen entstandene Funkti-
Nun können die Daten im nächsten Schritt auf-        onalität führt jedoch nur dann zu Geschäftspo-
bereitet werden. Dieser Schritt umfasst zum Bei-     tential, wenn die Funktionalität nicht von den
spiel die Korrektur fehlerhafter Datenpunkte         (strategischen) Wettbewerbsfaktoren eines Un-
oder das Feature Engineering. Unserer Erfahrung      ternehmens entkoppelt ist. So gilt es an dieser
nach ist dieser Schritt sehr zeitintensiv und be-    Stelle zu beantworten, wie und wo Geschäftspo-
darf eines umfassendes Datenverständnisses.          tential entsteht. Ein Wettbewerbsfaktor kann
                                                     seinen Ursprung in der Organisation oder ihrem
Nachdem die Daten aufbereitet wurden, können         Umfeld haben und beschreibt, wie Wettbe-
KI-Methoden angewendet werden. Wir empfeh-           werbsvorteile erlangt werden können. Auf diese
len bei der Ableitung von Anforderungen an die       Weise erfasst und betrachtet dieses Feld die Ent-
Pipeline zwischen der Entwicklungs- und Pro-         stehung von Geschäftspotentialen unter Berück-
duktiv-umgebung zu unterscheiden (z.B. höhere        sichtigung der damit verbundenen Risiken. Es
Anforderungen an die Rechenleistung beim Trai-       gilt demnach den (erwarteten) Erfolg zu be-
ning von Machine-Learning-Modellen).                 schreiben, um KI-Projekte zielgerichtet steuern
Zuletzt gilt es, die technischen Funktionen in ei-   zu können. So ist gerade dieses Feld für wertori-
nen KI-basierten Service zu integrieren. Dies um-    entierte Entscheidungen im Innovationsprozess
fasst im Wesentlichen die Gestaltung der             unerlässlich. Eine fehlende Betrachtung würde
Interaktion des Nutzers mit der jeweiligen An-       zu einem Blindflug in der Werterstellung führen.
wendung oder die Einbettung in bestehende            In der Beschreibung der Entstehung von Ge-
Services oder Produkte.                              schäftspotential ist eine Quantifizierung über die
Zur Spezifikation der gesamten Pipeline bedarf       qualitative Beschreibung hinaus in einer frühen
es sowohl einer Erhebung der Anforderungen an        Phase des Innovationsprozesses oftmals nicht
die Pipeline des KI-basierten Services sowie der     möglich oder zweckdienlich (u.a., weil wesentli-
Beschreibung der komplementär zu nutzenden           che Informationen fehlen). Zur qualitativen Be-
Technologien. Gerade die Kombination von KI-         schreibung der Entstehung von
Methoden und konventionellen Methoden                Geschäftspotential greifen wir auf ein selbstent-
bewähren sich in der Praxis. So werden KI-           wickeltes Effekt-Pfad-Modell zurück. Das Effekt-
Methoden beispielsweise im Sinne einer               Pfad-Modell erlaubt es, die Entstehung von Ge-
Machine Economy mit den Technologien der
                                                     schäftspotential in einem strukturierten Ursache-
Internet-of-Things-Bewegung (z.B.
                                                     Wirkungs-Netzwerk ableiten zu können. Dieses
Sensorsysteme, Edge Computing) sowie
Distributed-Ledger-Technologien (z.B.                Modell kann im weiteren Verlauf des Innovati-
Blockchain) kombiniert1. Zur Spezifizierung der      onsprozesses auch als Grundgerüst für quantita-
Pipeline empfehlen wir eine umfassende               tive Schätzungen eingesetzt werden.
Betrachtung aus konzeptioneller,

1
 Mehr zu Machine Economy finden Sie in Urbach
et al. (2020) „The Advance of the Machines: Vision
und Implikationen einer Machine Economy“, ver-
fügbar unter: https://www.fit.fraunhofer.de/con-
tent/dam/fit/de/documents/Machine-
Economy_Whitepaper_2020.pdf.

                                                              KI-basierte Services intelligent gestalten | 13
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Die organisationale Integration                                        Organisationskultur

KI-basierte Services können nicht einfach von ei-
nem zum anderen Unternehmen kopiert wer-
den. Im Gegenteil, KI-basierte Services müssen
gezielt auf den Unternehmenskontext ausgerich-         Daten                                        Ressourcen

tet werden, um eine Entkopplung des KI-basier-
ten Services von der übrigen Organisation zu
vermeiden. So ist zum einen die organisationale
Readiness zu berücksichtigen, um erfolglose
Umsetzungsversuche zu vermeiden und frühzei-
tig Maßnahmen ergreifen zu können. Zum an-
                                                           Strategie                          Kompetenzen
deren ist das Business-Alignment in der
Ausgestaltung von KI-basierten Services zu be-                          Benchmark       Ist
rücksichtigen. Eine erfolgreiche KI-Integration
richtet sich daher neben technischen Faktoren        Abbildung 5: Organisationale Readiness
vor allem an den Gegebenheiten der
betrachteten Organisation aus.                       Die Faktoren Strategie sowie Daten berücksichti-
Organisationale Readiness: Bin ich bereit da-        gen wir dabei explizit in eigenen Feldern des KI-
für?                                                 Service-Canvas. So kommen wir der Bedeutung
                                                     einer passenden strategisches Ausrichtung im
Selbst bei erfolgreicher Integration von KI-         Feld zum Business Alignment nach. Die Daten
Projekten aus technologischer Sicht, können KI-      werden im Feld zum Input detailliert beschrie-
Projekte dennoch in der Organisation scheitern.      ben. Die übrigen Faktoren (d.h. Organisations-
Das Themengebiet der organisationalen Readi-         kultur, Ressourcen und Kompetenzen) sind
ness befasst sich deshalb mit der Beurteilung, in-   innerhalb dieses Feldes zu beschreiben.
wieweit ein Unternehmen bereit ist, den KI-
basierten Service aus organisationaler Sicht zu      Die Organisationskultur befasst sich mit der kul-
entwickeln oder zu integrieren. Im Fokus stehen      turellen Bereitschaft sowie deren Beweggrün-
fünf Bereiche (siehe Abbildung 5).2                  den, KI-Verfahren zu nutzen bzw. zu deren
                                                     Entwicklung beizutragen. Hierbei spielt jedoch
                                                     nicht nur die generelle Bereitschaft zur Nutzung
                                                     von KI-Verfahren eine Rolle. So sind beispiels-
                                                     weise auch Faktoren wie die Akzeptanz von Feh-
                                                     lern während der Entwicklung und Einführung
                                                     von KI oder die Bereitschaft unterschiedlicher
                                                     Unternehmenseinheiten zur Kollaboration zu be-
                                                     rücksichtigen. Neben der geeigneten Unterneh-
                                                     menskultur ist es wichtig, passende
                                                     Kompetenzen im Unternehmen aufzubauen.
                                                     Hierbei zeigt unsere Erfahrung, dass ein interdis-
                                                     ziplinäres Team mit Kompetenzen aus den Berei-
                                                     chen Data Science, Data Engineering,
                                                     Anwendungsentwicklung, Projektmanagement
                                                     und Anwendungsdomäne anzustreben ist. Hilf-
                                                     reich sind zudem Wissen über die Strukturen

2
 Eine Übersicht der AI-Readiness-Faktoren finden
Sie in Jöhnk et al. (2021) „Ready or Not, AI
Comes— An Interview Study of Organizational AI
Readiness Factors“, verfügbar unter:
https://link.springer.com/article/10.1007/s12599-
020-00676-7.

KI-basierte Services intelligent gestalten | 14
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

und Stakeholdern des Unternehmens. Hinsicht-
lich der zur Verfügung stehenden Ressourcen
sollten beispielweise Budget, qualifiziertes Perso-
nal sowie IT-
Infrastruktur vorhanden sein.
Um sicherzustellen, dass die Organisation bereit
ist, den KI-basierten Service aus organisationaler
Sicht zu entwickeln und zu integrieren, empfeh-
len wir im Verlauf des Innovationsprozesses Rea-
diness Checks (mit zunehmender Detaildichte)
durchzuführen und entsprechende Implikationen
daraus zu ziehen. So können Verzögerungen in
der Entwicklung oder Anwendung von KI-basier-
ten Services durch das frühzeitige Ergreifen von
Maßnahmen vermieden werden.

                                                      KI-basierte Services intelligent gestalten | 15
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Business Alignment: Passt das zu mir?                            Die Integration in die Wertschöpfung
Neben der organisationalen Readiness sollte
                                                                 Neben der organisationalen Integration sollte
auch das Business Alignment des KI-basierten
                                                                 der KI-basierte Service auch in dessen Umwelt
Services evaluiert werden, um die nachhaltige
                                                                 integriert werden. Hierzu empfehlen wir die
Wertgenerierung sicherstellen zu können. In die-
                                                                 Wertschöpfungsaktivitäten aus einer Netzwerk-
sem Feld wird demnach beantwortet, ob der KI-
                                                                 perspektive zu betrachten.
basiertes Service zur strategischen Ausrichtung
des Unternehmens passt.                                          Wertschöpfungssystem: Wie integriere ich
                                                                 den Service in das Wertschöpfungssystem?
Wie in dem für KI angepassten Strategic Align-
ment Model (siehe Abbildung 6) verdeutlich, gilt                 Die durch das Lösen eines oder mehrerer Prob-
es, sowohl den strategischen Fit als auch die                    leme gewonnene Funktionalität muss nun in ei-
funktionale Integration zu beschreiben. Der stra-                nen Service übersetzt werden; d.h. Nutzen im
tegische Fit zeigt auf, wie gut sich die Infrastruk-             Wertschöpfungssystem durch Funktionalität stif-
tur sowie die jeweiligen Prozesse in die                         ten. Die zentrale Fragestellung ist somit, wie der
Geschäfts- bzw. KI-Strategie integrieren lassen.                 KI-basierte Service in das Wertschöpfungssystem
Eine KI-Strategie fördert sowohl das Business A-                 integriert werden sollte. Wir empfehlen, das
lignment als auch die Geschwindigkeit zukünfti-                  Wertschöpfungssystem als soziotechnisches Sys-
ger KI-Initiativen. Die funktionale Integration                  tem aus einer technischen Teilkomponente (z. B.
beschreibt hingegen die Einbettung der KI-Stra-                  intelligentes Produktionssystem) und einer sozia-
tegie in die Geschäftsstrategie sowie auf operati-               len Teilkomponente (z. B. Mitarbeitende in der
ver Ebene das Ineinandergreifen von                              Produktion) aufzufassen.
organisationaler sowie KI-relevanter Infrastruktur
und Prozesse.                                                    Es gilt in diesem Feld des KI-Service-Canvas dem-
                                                                 nach herauszuarbeiten, an welcher Stelle des so-
Um dieses Feld auszufüllen, sollte also geprüft                  ziotechnischen Systems die technischen
werden, ob der KI-basierte Service inhaltlich und                Möglichkeiten Nutzen entfalten und wie die
zeitlich im Einklang mit der Unternehmensstrate-                 Schnittstellen innerhalb dieses soziotechnischen
gie oder, falls vorhanden, der KI-Strategie steht.               Systems ausgestaltet werden sollten. Die neu ge-
Zum anderen sollte die funktionale Integration                   wonnene Funktionalität sollte jedoch keines-
beurteilt werden. Letztendlich kann dies auch zu                 wegs dem bisherigen Wertschöpfungssystem
einer Anpassung der strategischen Ausrichtung                    übergestülpt werden. Unsere Erfahrung zeigt,
führen, um den Veränderungen der Wertver-                        dass eine Rekonfiguration des Wertschöpfungs-
sprechen von KI-basierten Services Rechnung zu                   system (z. B. durch Prozessanpassungen) in vie-
tragen. Zudem sollte der KI-basierte Service vor                 len Fällen sinnvoll und notwendig ist. Nicht
dem Hintergrund der Geschäftsmodelllogik des                     zuletzt können gänzlich neue digitale Prozess-
Unternehmens beurteilt werden.                                   konstellationen möglich werden. Ein besonderes

                                            Geschäftsstrategie                  KI-Strategie

                          Strategischer
                               Fit

                                              Organisationale                   KI-relevante
                                             Infrastruktur und               Infrastruktur und
                                                  Prozesse                        Prozesse

                                                          Funktionale Integration

Abbildung 6: Strategisches Alignment Model für KI in Anlehnung an Henderson und Venkatraman (1993)

KI-basierte Services intelligent gestalten | 16
KI-basierte Services von A bis Z gestalten: Das KI-Service-
Canvas

Augenmerk sollte auch auf die Zusammenarbeit          und beschrieben werden. Hierzu bedarf es im
in Mensch-Maschine-Teams gelegt werden.3              Vorfeld einer Analyse der benötigten Ressour-
                                                      cen, Services oder Kompetenzen, um den KI-ba-
Um dieses Feld des KI-Service-Canvas auszufül-
                                                      sierten Service erfolgreich entwickeln und/oder
len, empfehlen wir eine zweiseitige Herange-
                                                      anwenden zu können. Dieser Bedarf ist sodann
hensweise: Zum einen sind die Anforderungen
                                                      in Anforderungen an den Partner zu überführen.
des Wertschöpfungssystems an den KI-basierten
                                                      In einem zweiten Schritt empfiehlt es sich, das
Service zu erheben. Zum anderen gilt es anders-
                                                      Wertschöpfungs-netzwerk umfassend zu cha-
herum, den Anspruch des KI-basierten Services
                                                      rakterisieren (z. B. Abhängigkeiten, Risiken).
an das Wertschöpfungssystem zu spezifizieren.
Um beide Seiten in Einklang zu bringen, emp-          Kunden: Wer sind meine Kunden?
fiehlt sich eine nutzerzentrierte Erhebung der
funktionalen und nicht-funktionalen Kundenan-         Eine kundenzentrierte Entwicklung und Integra-
forderungen, eine Analyse der Ist-Prozesse sowie      tion von KI-basierten Services ist ein wesentlicher
eine Erarbeitung von Soll-Prozessen.                  Katalysator für die Wertentstehung und kann
                                                      verhindern, dass am Kunden vorbei entwickelt
Partner: Wer sind meine Schlüsselpartner?             wird. Zudem ermöglicht ein gutes Kundenver-
                                                      ständnis, die Wachstumspfade für die Anwen-
Der Weg zur Integration KI-basierter Services
                                                      dung KI-basierter Services zu kennen (z. B.
muss nicht allein beschritten werden. Es gilt eine
                                                      Ausweitung auf weitere Kundensegmente oder
Antwort darauf zu finden, wer Schlüsselpartner
                                                      Prozesse). Als Kunden des KI-basierten Services
sein könnte.
                                                      sind hierbei auch die eigenen Mitarbeitenden
Dies erlaubt es, die Integration von Partnern (z.     anzusehen, sofern der KI-basierte Service unter-
B. andere Abteilungen, Lieferanten) sowie Kun-        nehmensintern (z. B. für Fertigungsprozesse) ein-
den in die eigene Wertschöpfung zu betrachten.        gesetzt wird.
Externe Partner können beispielsweise Lücken in
                                                      Die Antwort auf die Frage, wer die Kunden des
der Bereitstellung von Daten, aber auch in den
                                                      KI-basierten Services sind, sollte eine umfangrei-
Kompetenzen und Ressourcen der eigenen Or-
                                                      che Charakterisierung des Kunden sowie dessen
ganisation ausfüllen. Darüber hinaus bieten KI-
                                                      Aufgaben umfassen. Sofern die Kunden verstan-
Plattformen (z. B. Microsoft Azure ML, Google’s
                                                      den werden, kann das gesammelte Wissen in
AI Plattform) ganzheitliche Angebote, um sich
                                                      Anforderungen an die Entwicklung und Integra-
auf die Anwendung von KI-Verfahren anstatt
                                                      tion KI-basierter Services einfließen. Um dieses
Grundlagenforschung und Infrastrukturbetrieb
                                                      Feld auszufüllen gilt es zunächst, alle relevanten
zu konzentrieren. Das zu lösende Problem sollte
                                                      Kundengruppen des KI-basierten Services zu
jedoch keineswegs einfach ausgelagert werden,
                                                      identifizieren. Sofern alle Kundengruppen identi-
da domänen- oder unternehmensspezifisches
                                                      fiziert wurden, können unterschiedliche Metho-
Wissen eine wichtige Rolle in der Problemlösung
                                                      den eingesetzt werden, um die Kunden zu
einnimmt. Neben der Nutzung von Diensten
                                                      verstehen. Hierbei haben wir gute Erfahrungen
großer Technologieunternehmen sollten Unter-
                                                      in der Charakterisierung des Kunden in Form
nehmen aber auch Startups, Forschungseinrich-
                                                      von Personas gesammelt. Personas fassen die Ei-
tungen und Unternehmen, welche ähnliche Ziele
                                                      genschaften des Kunden (z.B. Bedürfnisse, Ziele)
verfolgen, als Kooperationspartner in Erwägung
                                                      umfassend als fiktive Nutzer zusammen. Darüber
ziehen. So bietet es sich unter anderem an, in
                                                      hinaus bietet sich die Jobs-to-be-done-Denk-
öffentlichen Forschungsprojekten in Konsortien
                                                      weise an, um die Aufgaben (jobs) der Kunden zu
zusammenzuarbeiten.
                                                      erfassen.

Um dieses Feld auszufüllen, sollten zunächst re-
levante Partner (intern und extern) identifiziert

3
  Mehr zur Mensch-KI-Interaktion finden Sie in Alan
et al. (2019), verfügbar unter:
https://www.fim-rc.de/wp-content/uplo-
ads/2020/02/Studie_Mensch-KI-Interak-
tion_Fraunhofer-EY.pdf.

                                                                KI-basierte Services intelligent gestalten | 17
Mit Erfahrung aus der Praxis: Anwendung des KI-Service-
Canvas

                       3
Unsere Erfahrungen aus der Praxis

                                       Unsere Erfahrungen

KI-basierte Services intelligent gestalten | 18
Mit Erfahrung aus der Praxis: Anwendung des KI-Service-
Canvas

Das KI-Service-Canvas dient als konzeptioneller Rahmen, der individuell vom Anwender ausgefüllt werden
kann. So kann es einen KI-basierten Service entlang des gesamten Innovationsprozesses von der ersten
Idee, über die Konzeption und Pilotierung bis zur Skalierung über einen Piloten hinaus begleiten. Im Fol-
genden stellen wir unsere Erfahrungen aus der Praxis an beispielhaften Projekten dar und zeigen auf, wie
das KI-Service-Canvas eingesetzt werden kann.

Erfahrungen auf dem Weg zum ersten                              auszugrenzen. In jedem Entwicklungszyklus ka-
Anwendungsfall                                                  men neue Informationen hinzu. Während der
                                                                Identifizierung und Konzipierung der Anwen-
Unsere Erfahrungen aus der Praxis zeigen, wie                   dungsfälle nahmen die einzelnen Themenfelder
sich das KI-Service-Canvas nahtlos in unsere wis-               des KI-Service-Canvas eine unterschiedliche Rolle
senschaftlich hergeleitete Innovationsmethode                   ein.
(siehe Abbildung 7) integrieren lässt.4 Im Folgen-              Die Themenfelder des KI-basierten Services (d. h.
den teilen wir unsere Erfahrungen aus einem                     Input, Nutzen, Wertschöpfungssystem, IT-Infra-
beispielhaften Projekt. Das Projekt zielte darauf               struktur und Geschäftspotential) waren der Kern
ab, KI-Anwendungsfälle im Controlling zu iden-                  der Identifizierung von Anwendungsfällen. Als
tifizieren, auszugestalten und zu priorisieren.                 zentrales Element wurde auf eine KI-Prozess-

                       KI                              KI
                   Experiment                      Experiment

                                                                                          Veränderungs-
                           1. Entwicklungszyklus          n. Entwicklungszyklus            management

                                                                                               Projekt-
                                                                                           management
                Eingrenzen                     Eingrenzen
                                                                                  Einführen
               & Vorbereiten                  & Vorbereiten

Abbildung 7: Agile Methode zur Identifizierung von KI-Anwendungsfällen

So starteten wir im ersten Entwicklungszyklus                   Matrix (siehe Abbildung 3) zurückgegriffen.
mit der schnellen und oberflächlichen Sammlung                  Diese wurde mit Hilfe von Papierkarten an einer
von Informationen, um eine erste Einschätzung                   einige Quadratmeter großen Wand installiert
für die unterschiedlichen Themenfelder zu ge-                   und über mehrere Monate hinweg kontinuierlich
winnen. Im Verlauf der agilen Methodenanwen-                    gepflegt. Mittels verschiedener Workshop-For-
dung konnten immer mehr Informationen zur                       mate konnten sodann Probleme und Lösungen
Beschreibung und Evaluation der Anwendungs-                     in dieser Struktur ermittelt und verbunden wer-
fälle gesammelt werden. Diese Informationen                     den. Die hierbei identifizierten Problem-Lösungs-
haben es erlaubt, die Anwendungsfälle fundiert                  paare wurden anschließend hinsichtlich ihrer
und trotz alledem effizient zu evaluieren und bei               technischen Umsetzbarkeit (z. B. Datenverfüg-
Bedarf von einer weiteren Betrachtung                           barkeit, Komplexitätsrestriktionen in der

4
  Die vollständige Beschreibung der Innovations-
methode finden Sie in Hofmann et al. (2020) „KI-
Anwendungsfälle zielgerichtet identifizieren“, ver-
fügbar unter: https://link.springer.com/ar-
ticle/10.1365/s35764-020-00257-z

                                                                         KI-basierte Services intelligent gestalten | 19
Mit Erfahrung aus der Praxis: Anwendung des KI-Service-
Canvas

Anwendungslandschaft) geprüft. Anschließend         datenbasiert vorhergesagt werden. Während das
galt es die Integration in das Wertschöpfungs-      Konzept von Predictive Maintenance weitestge-
system durch die Erhebung von Anforderungen         hend klar ist, zeigt unsere Erfahrung, dass auf
an die Anwendung sowie die Anpassung be-            dem Weg zum Minimal Viable Service (MVS) ei-
troffener oder die Konzeption neuer Prozesse si-    nige Stolpersteine warten. Unsere Empfehlun-
cherzustellen. Hinsichtlich des                     gen im Umgang mit diesen Herausforderungen
Geschäftspotentials wurden unter anderem die        möchten wir im Folgenden vorstellen:
Investitionsrendite und der Zeitraum bis zum
                                                    In kleinen Schritten dazulernen
Nutzeneintritt als quantitative Bewertungskrite-
rien herangezogen.                                  Im Sinne einer agilen Anwendungsentwicklung
                                                    empfiehlt es sich, bereits früh einen MVS anzu-
Die im Projekt verfolgte Methode zur Identifizie-
                                                    gehen. Dieser ist oftmals mehr wert als zunächst
rung von Anwendungsfällen sieht ebenfalls vor,
                                                    vermutet, da oftmals bereits ein Bruchteil der
die Integration in die Organisation und Ser-
                                                    Daten (z. B. Produktnutzungsdaten) ausreichen,
viceumwelt mitzudenken. Dabei hat sich vor al-
                                                    um eine wesentliche Funktionalität zu erreichen.
lem der offene Austausch gegenüber internen
                                                    Es muss demnach nicht immer gleich der ganze
Partnern als auch Kunden als erfolgskritisch her-
                                                    Blumenstrauß an Datenquellen (z. B. Sensorda-
ausgestellt. So war beispielsweise der aktuelle
                                                    ten) einbezogen werden. So müssen es auch
Stand der KI-
                                                    nicht immer neue Daten sein; oft stecken in be-
Prozess-Matrix zu jederzeit für alle mitarbeiten-
                                                    reits vorhandenen Daten Informationen, um
den Personen einsehbar. Im Projekt wurde sich
                                                    erste Problemlösungen zu ermöglichen.
rege mit diversen Stakeholdern ausgetauscht,
um jederzeit sicherzustellen, dass eine Integra-    Im KI-Service-Canvas sollte daher auch festge-
tion der Anwendungsfälle erfolgreich ablaufen       halten werden, welche Daten bereits zur Verfü-
wird. Der Idee einer kundenzentrierten Produkt-     gung stehen und welche Problemlösungen einer
entwicklung folgend wurden die Anforderungen        frühen Implementierung bedürfen. Unsere Er-
der jeweiligen Kunden eines KI-Anwendungsfalls      fahrungen haben zudem gezeigt, dass man auf
eingängig ausgearbeitet. Im Speziellen wurde        dem Weg zu einem MVS noch vieles dazulernen
ein Value-Proposition-Canvas durchgeführt, um       kann, sodass das KI-Service-Canvas als lebendes
die Anwendungsbereiche aus Kundensicht zu           Dokument verstanden werden sollte.
analysieren.
                                                    Den Mehrwert von Daten verstehen
                                                    Die Bedeutung von Daten für KI-basierte Ser-
Erfahrungen auf dem Weg vom Anwen-                  vices ist offenkundig. Es geht jedoch in der Um-
dungsfall zum Minimal Viable Service                setzung eines Anwendungsfalls nicht nur darum
                                                    zu verstehen, welche Daten vorhanden sind,
Im Rahmen des öffentlich geförderten For-           sondern auch um deren Mehrwert. Das willkürli-
schungsprojekts „Datenbasierte Services für In-     che Datenhalten führt zu unnötigen Kosten und
dustrieunternehmen“ (DaSIe) werden mit Hilfe        lähmender Komplexität. Wir empfehlen daher,
eines übergreifenden Forschungs- und Entwick-       den Mehrwert der einzubeziehenden Daten im
lungsansatzes innovative Analytics-Lösungen         KI-Service-Canvas festzuhalten.
und datenbasierte Geschäftsmodellinnovationen       Gerade der Mehrwert von Textdaten (z. B. Ser-
entwickelt, die es bayerischen Unternehmen er-      viceberichte der Techniker) wird unterschätzt.
möglichen, ihre Wettbewerbsfähigkeit in zuneh-      Mit Hilfe von Verfahren des Natural Language
mend digitalisierten, globalen                      Processing können Informationen aus diesen Da-
Wertschöpfungsnetzen weiter zu steigern.            ten zugänglich gemacht und somit zur weiteren
In einem Teil des Forschungsprojekts wird der       Verarbeitung genutzt werden. Um den Mehr-
Anwendungsfall des Predictive Maintenance           wert von Daten besser einschätzen zu können,
konkretisiert. Das Konzept des Predictive Main-     haben sich Datenexperimente als besonders viel-
tenance nutzt eine kontinuierliche, intelligente    versprechend herausgestellt. Im übertragenen
Analyse von Systemen (z.B. maschinentechni-         Sinn können Datenexperimente als Probeboh-
sche Anlagen), um automatisiert Wartungsarbei-      rungen verstanden werden. So können mit über-
ten zu planen. Somit soll Wartungsbedarf            schaubarem Aufwand erste Erkenntnisse
                                                    gewonnen werden.

KI-basierte Services intelligent gestalten | 20
Mit Erfahrung aus der Praxis: Anwendung des KI-Service-
Canvas

Der Mehrwert von Daten muss jedoch nicht so-        werden. So kann eine nachhaltig konzipierte
fort gehoben werden. Auch wenn der exakte           Deployment-
Mehrwert von Daten noch nicht ersichtlich ist,      Strategie zum Beispiel die Erweiterung von Funk-
aber vermutet wird, können Daten vorsorglich        tionalitäten erleichtern oder neue Paradigmen
gesichert werden. Hierzu empfehlen wir auf ge-      wie das kontinuierliche Lernen ermöglichen.
eignete Lösungen zurückzugreifen (z. B. Ama-
                                                    Serviceorientierte Architekturen nutzen
zon Glacier), die das Speichern bzw. Archivieren
von Daten kostengünstig ermöglichen.                Langfristig ist es oft sinnvoll, einen KI-basierten
                                                    Service als (Micro)Service in eine Serviceorien-
KI nicht zum Selbstzweck anwenden
                                                    tierte Architektur (SOA) einzubetten, welche
In der Umsetzung der Pipeline haben wir festge-     zentral koordiniert wird (Orchestration). Neben
stellt, dass es nicht gleich KI-Methoden sein       der Konzeption des KI-basierten Services im en-
müssen. Bereits mit einfachen Analysemethoden       geren Sinn, kommen so der ganzheitlichen Spe-
(z. B. Regressionen oder Clustering) konnten        zifikation seiner Schnittstellen
viele Problemlösungen abgebildet werden. Wir        (Datenschnittstellen, Programmierschnittstellen
empfehlen bei der Gestaltung der Pipeline, KI       etc.) eine gesonderte Bedeutung zu.
nicht zum Selbstzweck zu verankern, sondern in
                                                    Um in einer SOA verteilte Funktionalitäten zu
Abhängigkeit von der konkreten Problemstel-
                                                    nutzen, ist es wichtig, die Schnittstelle zu defi-
lung auch konventionelle Methoden einzuset-
                                                    nieren. Ein modularer Aufbau von Services mit
zen. Entsprechend können im KI-Service-Canvas
                                                    einheitlichen Programmierschnittstellen sorgt da-
auch Methoden-
                                                    für, dass eigenständige Prozesse kommunizieren
Alternativen oder Evolutionsstufen festgehalten
                                                    können. Standardisierte Schnittstellen helfen da-
werden.
                                                    bei, Services zu nutzen ohne über Details zu de-
                                                    ren Implementierung verfügen zu müssen. Es
                                                    hat sich gezeigt, dass Containerisierung dabei
Erfahrungen auf dem Weg zum Deploy-                 eine vielversprechende Technik ist, um mehrere
ment des KI-basierten Services                      Applikationen auf demselben Host sicher zu tes-
                                                    ten und zu betreiben.
Bei der Entwicklung KI-basierter Services ist es
unserer Erfahrung nach wichtig, das spätere         Schnittstellen mit kleinstmöglichen Auswir-
Deployment bereits zu Beginn mitzudenken. Be-       kungen implementieren
sonders wenn KI-basierte Services Teil einer grö-   Mithilfe einer SOA können Services einfacher im-
ßeren Service-Landschaft sind, hat es sich als      plementiert werden. Ist allerdings noch keine
sinnvoll erwiesen, eine Deployment-Strategie zu     SOA vorhanden bzw. nicht alle Legacy-Systeme
entwickeln, um Einzelentscheidungen zu vermei-      Teil davon, kann beispielsweise auch eine Robo-
den und Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Im       tergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) 5 ver-
Rahmen unserer Zusammenarbeit mit Startups          wendet werden. Dabei führt die RPA den KI-
wie credium erforschen wir die Konzeptionie-        basierten Service aus, ohne dass ein komplexes
rung und Umsetzung von Deployment-Strate-           Schnitt-
gien praxisnah und anwendungsorientiert.            stellenprojekt nötig ist.
Unsere Empfehlungen möchten wir im Folgen-
den vorstellen:                                     Frühzeitiges Testen in der Produktivumge-
                                                    bung
Deploymentanforderungen nachhaltig den-
ken                                                 Das frühzeitige Testen in der Produktivumge-
                                                    bung während der Entwicklung ist unserer Er-
Anforderungen an das Deployment des KI-ba-          fahrung nach essenziell. Dadurch können
sierten Services sollten nachhaltig gedacht         Probleme rechtzeitig erkannt und angemessen

5
  Mehr zu RPA finden Sie in Hofmann et al. (2019)
„Robotic process automation”, verfügbar unter:
https://link.springer.com/article/10.1007/s12525-
019-00365-8

                                                              KI-basierte Services intelligent gestalten | 21
Mit Erfahrung aus der Praxis: Anwendung des KI-Service-
Canvas

reagiert werden, bevor der gesamte Service auf
falschen Annahmen aufgebaut wird. Beim Tes-
ten sollte systematisch auf Realwelttauglichkeit
geprüft werden, um mögliche Fehlerquellen aus-
zuschließen.
Erfahrungen auf dem Weg zur
Datenstrategie

Unseren Erfahrungen nach haben Unternehmen
oft keinen umfassenden Überblick, welche Da-                             Interviews zu
ten wo anfallen, für welche Anwendungen sie                            Datenursprüngen,
genutzt und wo sie abgelegt werden. Um einen                            Anwendungen
KI-basierten Service erfolgreich zu entwickeln                              führen
und zu implementieren, muss jedoch verstanden
werden, welche Daten in welcher Qualität ver-                     Systemland-
fügbar sind und an welcher Stelle sie in welcher                   schaft und
Form benötigt werden. Darüber hinaus kann                         Datenflüsse
                                                                  analysieren
eine Datenstrategie die Grundlage zur Entwick-
lung gänzlich neuer datenbasierter Geschäfts-
modelle sein. Zur Entwicklung einer
Datenstrategie hat sich das im Folgenden darge-                         Zielbild ableiten
stellte Vorgehen (siehe Abbildung 8) als erfolgs-                         und Lücken
                                                                         identifizieren
versprechend herausgestellt.
Um einen guten Überblick über bestehende An-
wendungen und Datenflüsse zu erhalten, ist es
unserer Erfahrung nach wichtig, zunächst mit-
                                                                 Datenstrategie
hilfe von Interviews Datenursprünge und An-                       entwickeln
wendungen zu identifizieren. Sind alle
Datenursprünge bekannt, sollte eine technische
Analysephase und schließlich eine Modellierung
der Datenflüsse folgen. Hier ist zu empfehlen,
die Ergebnisse übersichtlich in einer Systemland-   Abbildung 8: Vorgehen bei der Entwicklung ei-
karte zu dokumentieren. Mithilfe einer Daten-       ner Datenstrategie
flussanalyse kann dann das Zielbild abgeleitet
werden. So treten durch eine detaillierte Analyse
der bestehenden Systemlandschaft Schwächen
und Stärken ans Licht. Auf Basis eines umfang-
reichen Zielbildes und Abgleichs mit dem Ist-Bild
kann dann eine nachhaltige Datenstrategie ent-
wickelt werden. Dabei ist die Datenstrategie auf
die Unternehmensstrategie abzustimmen.

KI-basierte Services intelligent gestalten | 22
Mit Erfahrung aus der Praxis: Anwendung des KI-Service-
Canvas

 Fazit
 In diesem White Paper wurde das KI-Service-Canvas vorgestellt,
 welches auf Grundlage unserer Forschungs- und
 Praxiserfahrung entwickelt wurde und in unseren Projekten
 eingesetzt wird. Das KI-Service-Canvas unterstützt Anwender
 dabei, KI-basierte Services sowohl aus einer Innovations- als
 auch Technologie-Perspektive zu beschreiben, zu bewerten und
 auszugestalten. Hiermit bieten wir ein Werkzeug, welches
 entlang des gesamten Innovationsprozesses eingesetzt werden
 kann. So wird durch eine konsequente Nutzung des KI-Service-
 Canvas ein Blindflug in der Entwicklung von KI-basierten
 Services vermieden. Durch eine ganzheitliche Betrachtung
 werden Fragestellungen von der Infrastrukturebene über die
 System- und Prozessbenenen bis hin zur Geschäftsebene
 beantwortet. Durch die Ergänzung von Erfahrungsberichten aus
 unseren Forschungs- und Praxisprojekten haben wir einen
 kleinen Einblick in die KI-Praxis gegeben.

                                                              KI-basierte Services intelligent gestalten | 23
Anknüpfungspunkte

                       4
                       5
Anknüpfungspunkte

                                       Handlungsfelder
                                       Anknüpfungspunkte

KI-basierte Services intelligent gestalten | 24
Anknüpfungspunkte

              KI-Labor der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer
              FIT
              Die Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT betreibt ein
              KI-Labor, welches sich im Rahmen verschiedener Projekte und Initiativen
              mit Realweltproblemen sowohl in öffentlich geförderten Grundlagenfor-
              schungsprojekten als auch in angewandten Forschungsprojekten mit In-
              dustriepartnern beschäftigt. Die Projektgruppe Wirtschaftsinformatik
              arbeitet hierzu eng mit dem Kernkompetenzzentrum Finanz- & Informati-
              onsmanagement, den Universitäten Augsburg und Bayreuth sowie der
              Hochschule Augsburg zusammen. Das KI-Labor unterstützt Unternehmen
              bei der Gestaltung von
              KI-basierten Innovationen sowie der KI-Transformation. Zu dem Bereich
              KI-Innovationen zählen beispielsweise die Entwicklung und Bewertung
              von
              KI-Anwendungsfällen, der dafür notwendigen Datenaufbereitung und
              -analyse sowie die prototypische Entwicklung und Integration von Ma-
              chine Learning-Anwendungen unter gleichzeitiger Berücksichtigung ethi-
              scher, rechtlicher und sozialer Rahmenbedingungen. Das KI-Labor verfolgt
              dabei stets die aktuellen technischen Entwicklungen. Darüber hinaus wer-
              den für die KI-Transformation gemeinsam mit Unternehmen die notwen-
              digen
              Voraussetzungen geschaffen.
              Weitere Informationen unter:
              https://www.fim-rc.de/kompetenzen/kuenstliche-intelligenz

              Technologietransferzentrum „Data Analytics“
              Das im Rahmen der Hightech Agenda Bayern geförderte Technologie-
              transferzentrum (TTZ) „Data Analytics“ der Hochschule Augsburg verfolgt
              das Ziel, insbesondere mittelständische Unternehmen bei der digitalen
              Transformation zu unterstützen und somit deren internationale Wettbe-
              werbsfähigkeit zu steigern. Im engen Zusammenspiel zwischen Forschung
              und Praxis werden KI- und datengestützte Methoden für industrielle An-
              wendungsbereiche sowie darauf aufbauende, datengetriebene Geschäfts-
              modelle und Dienstleistungen entwickelt. Das TTZ Data Analytics stellt
              eine gemeinsame Plattform für den engen Austausch zwischen Unterneh-
              men, Start-ups und Wissenschaftlern in Bayern und speziell in Bayerisch-
              Schwaben dar und arbeitet in der anwendungsnahen Forschung eng mit
              der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT zusammen.
              Weitere Informationen unter:
              https://www.hs-augsburg.de/ttz-data-analytics

                                                 KI-basierte Services intelligent gestalten | 25
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