Kinder im öffentlichen Raum
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22 Stadt Foto: Musisch Kreative Werkstatt Erfahrungen einer Kinderbeauftragten Kinder im öffentlichen Raum Kinder im öffentlichen Raum? – Was bedeutet das? Während für Erwachsene der Vor allem aber enthält die Handreichung öffentliche Raum relativ einfach zu definieren ist, braucht es für Kinder einen Grundsatzblätter zu den Kinderrechten, Perspektivenwechsel! Denn für sie beginnt – zumal, wenn sie noch sehr jung sind zum Kinderspiel, zum Nachbarschaftsrecht, – der öffentliche Raum bereits an der Wohnungstüre. Zum „kinderöffentlichen und sie bietet Hinweise, wie sich Konflikte Raum“ gehören also schon der Hausflur, der Hauseingang, der Hof, der Spielplatz konstruktiv lösen lassen. der Wohnanlage oder das „Abstandsgrün“, das Wohnumfeld. Erwachsene bezeich- Diese Informationen - und die damit nen das eher als „halböffentlichen“ oder gar noch privaten Raum. einhergehende Stärkung des Selbstbewusst- seins von Kindern und Familien - haben sich Erst mit zunehmendem Alter erschließen Aspekten der Nutzung kinderöffentlicher und bewährt: Nach Veröffentlichung der Hand- sich Kinder den erweiterten öffentlichen auch anderer öffentlicher Räume zu tun. reichung sind die Anfragen zu Konflikten Raum, und das höchst unterschiedlich. im Wohnumfeld zunächst stark zurückge- Neben dem Wohnumfeld sind für Kinder Jeder einzelnen Anfrage gangen. besonders wichtig die „kinderöffentlichen wird nachgegangen Räume“ Schule, Schulhof, Schulweg, Kinder- Kinderwirklichkeit und tagesstätte, Sportverein und Freizeitstätte. Wie kann das Büro der Kinderbeauftrag- kinderöffentliche Räume heute Vermutlich sind sie weitaus bedeutsamer als ten darauf reagieren? Zunächst bearbeiten „richtige“ öffentliche Plätze, Straßen, Grün- wir die einzelnen Anfragen, fragen nach, Bei der „Bundeskonferenz der Kinderin- anlagen oder andere Orte des öffentlichen informieren, klären rechtliche Rahmenbe- teressenvertretungen“ in Salzgitter Ende Raumes. Hier verbringen sie den größten dingungen, geben Tipps, wie sich Kinder und November 2011 warnten viele der Teilneh- Teil des Tages. Familien selbst helfen können, und beraten. menden vor einer besorgniserregenden Ent- So versuchen wir, dazu beizutragen, dass sich wicklung: Es wird zwar allgemein begrüßt, Kinderspiel und „Kinderlärm“ die Situation für die Kinder und Familien dass Ganztagsschulen und Ganztagsbetreu- wesentlich für „kinderöffentlichen unmittelbar verbessert. ung ausgeweitet werden. Doch sollte man Raum“ dabei nicht die aus dem Blick verlieren, um Von Einzelanfragen zu stadtweiten die es dabei geht – die Kinder! Die Kinder- In „kinderöffentlichen Räumen“ spielen Impulsen und Initiativen beauftragten aus vielen deutschen Städten vor allem zwei Aspekte eine wichtige Rolle: plädierten deshalb dafür, bundesweit und auf „Spiel“ und „Kinderlärm“. Spielend und sich Darüber hinaus werden regelmäßig alle kommunaler Ebene die Qualität von Schulen bewegend nutzen Kinder diese Räume – und Anfragen statistisch ausgewertet. So lässt und Betreuungseinrichtungen verstärkt aus dabei treffen sie sich besonders gerne mit sich erkennen, welche Themen Münchner Kinderperspektive zu „prüfen“: Wie kind- anderen Kindern. Das geht nicht immer ge- Kinder und Familien vorrangig beschäfti- gerecht sind sie und wie wohl fühlen sich räuschlos vor sich. Mit anderen Worten: Wir gen, mit welchen Fragen und Problemen sie die Mädchen und Jungen in diesen „kinder- haben es – nicht nur, aber doch oft – auch sich auseinandersetzen, welche Defizite öffentlichen Räumen“? Dabei sind Kinder mit „Konflikten“ zu tun: mit Nutzungskon- es gibt. unbedingt zu beteiligen! flikten, mit Nachbarschaftskonflikten, mit Weil mehr als 50 Prozent aller Anfragen mit Einen Beleg für die Notwendigkeit dieses Machtkonflikten und mit der Verdrängung dem kinderöffentlichen Raum „Wohnumfeld“ Perspektivenwechsels gibt es auch in Mün- von Schwächeren durch Stärkere. Und häufig zu tun hatten, haben wir die „Post von der chen: Etliche Anträge beim letzten Kinder- auch mit Informations- und Kommunikati- Kinderbeauftragten“ entwickelt, eine Hand- und Jugendforum im Rathaus drehten sich onsproblemen. reichung, die juristisch fundiert, aber doch um die Verbesserung der „Wohlfühl-Qualität“ Rund die Hälfte aller Anfragen und Be- gut verständlich Handlungsoptionen für die in der Schule: Es ging um saubere Toiletten, schwerden an die Ombudsstelle des Büros der häufigsten Konfliktfelder im Wohnumfeld Wasserspender und (besonders häufig!) um Kinderbeauftragten haben mit diesen beiden aufzeigt. Spielmöglichkeiten. 8|11
Stadt 23 Zwei neue Ansätze, um „Kinderor- te“ in München sichtbar zu machen Wichtige „kinderöffentliche Räume“ auf Kinderfreundlichkeit zu prüfen, ist das eine. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass sich die Bildungs- und Betreuungseinrichtungen verstärkt in den Stadtteil und die ganze Stadt öffnen, insbesondere, wenn sich Kinder dort den größten Teil des Tages aufhalten. Gemeinsam mit Kindern sollte verstärkt der öffentliche Raum erkundet, entdeckt, bewertet und natürlich auch „angeeignet“ werden. Das Büro der Kinderbeauftragten hat deshalb gemeinsam mit vielen Kooperations- partnern (nicht zuletzt dem Kreisjugendring) 2011 zwei Initiativen gestartet, um den Auch auf der Straße bewegen sich Kinder, konkurrieren aber häufig mit Autofahrern. kinderöffentlichen Raum zu stärken, um Manchmal braucht es Aktionen wie eine Geschwindigkeitsmessung der Polizei mit Kinderorte besser ins Bewusstsein zu rücken Kindern, um auf die Belange der Heranwachsenden aufmerksam zu machen. und somit auch besser erreichbar zu machen und durch Kinder nutzen zu lassen. Spiellandschaft Stadt, der Bezirksausschuss, die REGSAM-Fachbasis, Kindertagesstätten, „Schätze“ im kinderöffentlichen Kinderorte im Stadtteil sichtbar die Stadtbibliothek sowie vereinzelt Schulen Raum entdecken machen! - Pilotprojekt zum - und natürlich viele Kinder. Weltkindertag in Laim „Kinderorte in München sichtbar ma- Orte zum Toben und Menschen chen!“ – unter diesem Motto startete am 30. „Also ich find‘s toll, dass ich hier mal zum Loben November außerdem der „Münchner Spiele- meine Meinung sagen darf, ob das Spielen in Schatz“. Er führt an 73 wichtige Kinderorte meiner Gegend gut ist! Ich glaube nicht, dass Alle Personen und Orte, die der kritischen in München, eine Schatz-Karte gibt erste Erwachsene das so gut können wie Kinder. Bewertung durch die Kinder-Jury stand- Hinweise, wo sie zu finden sind. Dort sind hielten, bekamen auf dem Weltkindertag Sammel-Karten mit unterschiedlichsten feierlich eine Urkunde oder ein Gütesiegel Spielideen zu ergattern. Jedes Kind, jede verliehen. Um Verbesserungen der anderen Familie hat so Gelegenheit, unsere Stadt „kinderöffentlichen Räume“ will sich nun der mit ihren vielen „Kinderorten“ spielerisch Bezirksausschuss verstärkt kümmern. kennenzulernen. Zweite Pilotphase „Kinderorte im Jana Frädrich, Kinderbeauftragte Stadtteil sichtbar machen“ startet der Landeshauptstadt München 2012 E-Mail: kinderbeauftragte.soz@muenchen.de www.muenchen.de/kinderbeauftragte Nach dem Auftakt in Laim soll der „er- weiterte Weltkindertag“ auch in anderen * Die Landeshauptstadt München hat die Münchner Stadtbezirken umgesetzt werden. UN-Kinderrechtskonvention als Kommu- Kinder-Stadtteil-Forscher unterwegs: Bewerbungen für eine zweite Pilotphase ne freiwillig anerkannt und zu einer der Spielplätze im öffentlichen Raum wer- werden bis Mitte Dezember 2011 entgegen Grundlagen der städtischen Kinder- und den genauso unter die Lupe genommen genommen. Familienpolitik gemacht. und auf Kinderfreundlichkeit unter- sucht wie halböffentliche und private Spielräume. Wer denkt denn schon daran, dass wir zum ein Beispiel auf Bäume klettern wollen und auf Jedes Kind hat Recht auf Spiel, d Ku ltur. dem Spielplatz deshalb auch Kletterbäume Freizeit, Ruhe un -Konvention brauchen?“ - Ferdinand (10 Jahre) ist ein be- (Artikel 31 der UN des Kindes) über die Rechte geistertes Mitglied der Laimer Kinderjury. Zwei Tage lang war er zusammen mit an- deren 8- bis 13-Jährigen in Laim unterwegs, Mach mit beim Münchner Spiele-Schatz! um kinderfreundliche Erwachsene zu inter- Lerne ein Jahr lang mit dem Münchner Spiele-Schatz unsere Stadt kennen und sammle viele Spiel- viewen und öffentliche oder private Spielorte ideen dabei! 73 warten auf dich und deine Familie, an mindestens 73 Kinder-Orten in München. unter die Lupe zu nehmen. Vorher konnten Nähere Informationen: www.muenchen.de/kinderbeauftragte alle Kinder aus dem Bezirk mehrere Wochen lang auf hervorragende und weniger gute „Kinderorte im Stadtteil“ hinweisen. Dieses Alle Materialien zum Mitspielen: breit angelegte Projekt zur Förderung der Kinderbeauftragte der Landeshauptstadt München Beteiligung bei der Spielraumentwicklung Severinstraße 2, 81541 München von Kindern dauerte vom Weltspieltag (28. Kinder- und Familieninformation im Rathaus Marienplatz 8 (Stadt-Information) Mai) bis zum Weltkindertag (20. September). Beteiligt waren die Arbeitsgemeinschaft LHM_11006_RZ_Anzeige_111122.indd 2 22.11.11 17:07 8|11
24 Stadt Gibt es Perspektiven für die Münchner Jugend, die Stadt gleichberechtigt nutzen zu können? Jugend in der Stadt Es braucht einen gesellschaftlichen Konsens darüber, dass die Jugend als Teil der Gesellschaft selbst bestimmte Bedürfnisse hat und diese auch ausle- ben darf. Jede Lebensphase hat ihre eigene Ausprägung. Nur wird dies von den Erwachsenen, die mit ihrer Sicht der Dinge das Zusammenleben bestim- men, eingeengt gesehen. Dabei stehen die Bedürfnisse der Erwachsenen im Privatleben, in der Arbeitswelt, im Bildungswesen bis hin zu Architektur und Städtebau im Vordergrund. Hinzu kommen die Einhaltung verschiedener Gesetze und Normen, die Selbstver- wirklichungsideen der Planer und In- vestoren, die Wünsche der Politik, die Maßgaben der wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen und Foto: Musisch Kreative Werkstatt die Nachbarinteressen. Alles spricht heute von Partizipation, sie hat in der Stadtgesellschaft allerdings auch Grenzen. Demokratische Mitwirkung gibt es erst ab 18 Jahre, Antragsrechte in Bürgerversammlungen oder beim Bezirks- ausschuss gibt es für unter 18-Jährige auch nicht. Jugendliche, die sich meist schon Damit sind wir an einem Punkt angekom- auf, die durch den demografischen Wandel als gleichberechtigte Erwachsene sehen, men zu fragen, inwieweit Partizipation dafür entstanden sind. Eines davon ist das Hand- haben nur mittelbar über „großzügigerwei- sorgen kann, dass insbesondere den Inter- lungsfeld „Raum“. Zur Konkretisierung se“ eingeführte Partizipationsmethoden essen Jugendlicher genügend Raum in der und praktischen Umsetzung der Leitlinie die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern. gestalteten und sich weiter entwickelnden im Handlungsfeld Raum ist das Leitprojekt Was dann berücksichtigt wird, obliegt dann Stadt eingeräumt wird. Deutlich werden die „Kinder- und familienfreundliches Wohnen“ wiederum dem formalen Verfahren, das von Probleme und Konflikte mit den Lebensge- im Jahr 2007 begonnen worden. Mittlerweile Erwachsenen vollzogen wird. wohnheiten der Jugendlichen besonders im liegen Ergebnisse von Untersuchungen in Die Stadtentwicklungskonzeption PER- öffentlichen Raum. München ist eine der Münchner Stadtteilen vor, die auch konkret SPEKTIVE MÜNCHEN befasst sich auch mit am höchsten verdichtet gebauten Städte zu Jugendbelangen Aussagen treffen. Wich- diesen Fragen. Sie zeigt Perspektiven für die Deutschlands. Hinzu kommt, dass bei der tig dabei ist, dass zum Wohnen nicht nur wirtschaftliche, soziale, räumliche und regio- Gestaltung der Freiflächen für Erholung und die Wohnung, sondern auch das nutzbare nale Entwicklung der Stadt auf. Die demogra- Stadtdurchgrünung, aber auch bei der Gestal- Wohnumfeld und die ergänzenden quartiers- fische Entwicklung und die sich wandelnden tung der Aufenthaltsflächen wie insbesonde- und stadtteilbezogenen Angebote für Kinder, Lebensweisen der Münchner Bevölkerung re die repräsentativen Plätze vor Einkaufs- Jugendliche und Familien gehören. einschließlich der der Jugendlichen werden zentren oder in der Mitte der Wohnquartiere Im Abschlussbericht von Empirica (2008) dabei beleuchtet. Ziel ist es auch, eine stärkere und Stadtteile jugendadäquates Mobiliar für die Wüstenroth-Stiftung heißt es zum sozialräumliche Polarisierung zu vermeiden. nicht oder ungenügend berücksichtigt wurde Wohnumfeld in Bezug auf die Jugend: „Da Wichtig dabei ist, dass auf der einen Seite bzw. wird. Es ist ja kein neues Phänomen, dass Jugendliche i.d.R. Orte aufsuchen, die re- durch kontinuierliche Information durch Erwachsene bzw. Berufstätige und Kinder in lativ weit vom Elternhaus entfernt sind die Stadtentwicklungs- und Stadtplanung den Abendstunden zu Hause sind, während (keine soziale Kontrolle), sollten hier ent- Transparenz und Vertrauen geschaffen wer- Jugendliche in den späteren Abend- und sprechende Orte (mit den Jugendlichen den. Sie sind Grundlage für einen erfolgrei- teilweise Nachtstunden sich draußen in gemeinsam) geplant werden, so dass keine chen Dialog der zahlreichen privaten und öffentlichen Räumen treffen – mit den Ne- unnötigen Konflikte entstehen. Wenn dies öffentlichen Akteure der Stadtentwicklung. beneffekten Lärm, Verunreinigung, teilweise nicht geschieht, besteht die Gefahr, dass Prägendes Merkmal der PERSPEKTIVE MÜN- auch Sachbeschädigung usw. Kinderspielplätze oder Bushaltestellen von CHEN ist daher eine kontinuierliche, breit Betrachtet werden deshalb im Folgenden Jugendlichen frequentiert werden, wodurch angelegte Öffentlichkeitsarbeit, um das zwei wesentliche Handlungsfelder, in denen Konflikte mit den eigentlich vorgesehenen Interesse aller Bürgerinnen und Bürger von in München versucht werden soll, zu mehr Nutzergruppen vorprogrammiert sind.“ Diese jung bis alt an einem engagierten Dialog über jugendadäquatem Planen und Bauen sowie Erfahrung zeigt sich auch in München. die Zukunft Münchens zu fördern. gesellschaftlichem Miteinander zu kommen. Im Abschlussbericht des Münchner Gut- Auf der anderen Seite braucht es in kon- achtens von empirica (Sept. 2008) wird kreten Projekten, nach Maßgabe der spezi- Kinder- und familienfreundliches zusätzlich festgehalten: „Bei Angeboten fischen Rahmenbedingungen, Information Wohnen für Jugendliche reicht es nicht, Freiflächen und Beteiligung der Bürger/innen und für zur Verfügung zu stellen. Speziell in ‚über- die Berücksichtigung der Belange der Kinder Die Leitlinie Kinder- und Familienpolitik forderten Nachbarschaften’ (z.B. Probleme und Jugendlichen entsprechende Partizipa- der PERSPEKTIVE MÜNCHEN greift mit ih- mit Arbeitslosigkeit) sind konkrete Projekte tionswege. ren Leitprojekten wichtige Aufgabenfelder mit Jugendlichen notwendig. Die Gruppe der 8|11
Stadt 25 „freien Radikalen“ können nicht über Schu- über alle gesellschaftlichen Schichten. Den werden. Hier können die Ergebnisse des len oder Freizeiteinrichtungen gewonnen Bedarfen und Gewohnheiten kann zwar Bundesmodellprogramms „Wir kümmern uns werden …“ durch stadtplanerische oder gestalterische selbst“ zu neuen Wegen für eine frühzeitige Des Weiteren heißt es: „Die in den drei Maßnahmen begegnet werden. Nötig ist aber und niedrigschwellige Konfliktbearbeitung untersuchten Stadtvierteln einstimmig geäu- ein gesamtstädtisches Vorgehen. einbezogen werden. ßerte Unzufriedenheit mit den Aufenthalts- möglichkeiten für Schulkinder von 12 bis Mediation im öffentlichen Raum Abschließende Betrachtung 13 Jahren und für Jugendliche ab 14 Jahren zeigt, worauf man bei einer kinder- und ju- Ein Ergebnis der Untersuchungen im Rah- Die Landeshauptstadt München hat im gendfreundlichen Gestaltung der Stadtviertel men des Leitprojekts „Kinder- und familien- Jahr 2010 aufgrund der Ergebnisse des achten muss: freundliches Wohnen“ ist, dass unbedingt Leitprojekts einhellig Empfehlungen für ■ Bei Neubaugebieten sollten Angebote für in Bezug auf die nachbarschaftlichen und kinder- und familienfreundliches Wohnen Jugendliche, auch wenn der Anteil der Ju- quartiersbezogenen Konflikte durch nicht beschlossen. Die Empfehlungen enthalten gendlichen bei Erstbezug noch gering ist, gesellschaftskonforme Nutzung der Spiel-, rund 150 Kriterien für die Bereiche Wohnung, eingeplant werden (Flächenpotentiale). Bewegungs- und Aufenthaltsflächen ver- Wohnumfeld, Nachbarschaft, Quartier und ■ Es reicht nicht aus, wenn Jugendtreffs stärkt Anstrengungen unternommen werden Stadtteil. Die Belange der Jugendlichen stadtübergreifend vorhanden sind. In den sollten. sind entsprechend der oben zitierten Er- Stadtvierteln vor Ort müssen Treffpunkte Das Sozialreferat wurde mit dem Bericht gebnisse aus den Gutachten berücksichtigt. für Jugendliche integriert werden. Es geht zum Leitprojekt im Jahr 2010 beauftragt, Wir können hoffen, dass mit der Umsetzung nicht um aufwändige Trefforte, sondern zur Schulung von 13 ehrenamtlichen Medi- der Empfehlungen die Stadt auch jugend- eher um flexible Angebote, die je nach ator/inn/en die Personalkapazität für das freundlicher wird. Auf dem Weg dahin sind Veränderung der Altersstruktur angepasst Konflikt- und Mediationsmanagement - Stelle Jugendliche einzubeziehen, aktivierende werden können. für Gemeinwesenmediation – SteG - im Amt Methoden der Beteiligung sind anzuwenden ■ In den Stadtvierteln mit einem hohen für Wohnen und Migration um 10 Wochen- - allerdings generationenübergreifend, denn Anteil Jugendlicher müssen – v.a. wenn stunden zu erhöhen. Bei den Bemühungen, funktionierende Nachbarschaften und Stadt- es sich um benachteiligte Nachbarschaften Nachbarschaften und Netzwerkbildung zu teile brauchen alle Beteiligten: von jung bis handelt – Aufenthaltsmöglichkeiten für fördern, ist außerdem REGSAM einzubinden. alt, Politik, Verwaltung, Öffentlichkeit, alle Jugendliche v.a. bei schlechtem Wetter SteG vermittelt bei Konflikten im gesamten gesellschaftlichen Vereine, Initiativen und angeboten werden. Stadtgebiet, v.a. in den Bereichen Nach- Gruppen. ■ In Stadtteilen mit vielen Jugendlichen barschaft, Wohnumfeld, Stadtteil, Schule, ohne finanzielle Mobilität muss es auch Kindertagesstätten und Ausbildung. Daneben Kurt Damaschke Angebote geben, wie z.B. Disko oder Ju- bietet SteG Fortbildungen und Workshops, Stellvertretender Bereichsleiter HA I/21 gendclub.“ z.B. zum Thema „präventives Konfliktma- Soziale Grundsatzfragen, Infrastruktur und nagement“ auch im interkulturellen Kontext PERSPEKTIVE MÜNCHEN Nicht nur Jugendliche ohne entsprechende an. Ziel ist es, dass Konfliktparteien selbst Kinder-, Jugend- und Familienbeauftragter des finanzielle Mittel nutzen die öffentlichen eine einvernehmliche Lösung finden und Referats für Stadtplanung und Bauordnung Räume. Die Gewohnheiten verteilen sich Institutionen in ihrer Arbeit unterstützt Projekt „Schwarz-Weiß-Buch“ Platz da! - Raum in der Stadt „Mach sichtbar, was vielleicht ohne dich nie wahrgenommen worden wäre“. (Robert Bresson) Rückblick: 2009 kaperten Jugendliche unter dem Motto „Platz da!“ den Münchner Odeonsplatz, um mit einem „Sleep-in“ auf die Situation junger Menschen in der Lan- deshauptstadt hinzuweisen und für eine jugendfreundlichere Stadt zu kämpfen. Sie forderten ihr Recht auf einen Platz im öf- fentlichen Raum und selbstverantwortlich gestaltbare Freiräume ein. Foto: Tom Rausch 2011 wurde „Platz da!“ mit dem Foto-Pro- jekt „Schwarz-Weiß-Buch“ weitergeführt. Die Thematik ist nicht minder aktuell: Der Wandel und zunehmende Verlust von Wohn- Der Schwarz-Weiß-Truck am Stachus Raum, LebensRaum, SpielRaum und Freiraum für junge Menschen in München. Freiräume finden und wo dies nicht möglich ist, ein mediengeneriertes Bild - als kriminelle Idee des politischen Foto-Projekts war, durch was ihnen nicht gefällt an unserer Stadt und Schläger auf, oder sie werden als angepasst Gegenüberstellung von Extremen, durch „ne- wo etwas verbessert werden sollte. betrachtet und fallen schlicht nicht aus dem gativ-positiv-Fotopaare“, den Jugendlichen Neben diesen Ergebnissen - den Fotos - Rahmen und damit auch nicht auf, werden als eine Möglichkeit zu geben, ihre differenzierte waren auch andere Aspekte tragend: Gerade unkritisch und nicht kreativ-produktiv in der Sicht auf München, auf ihre Lebenswelt zu in München ist die Sicht auf Jugendliche oft Stadtgesellschaft gesehen. Das Projekt wollte zeigen und zu verdeutlichen, was ihnen in geprägt durch Extreme: Sie werden entwe- hier eine entschiedene Gegenposition ein- ihrer Umgebung gefällt, wo sie als Jugendliche der als störend empfunden, fallen - durch nehmen und den jungen Münchner/inne/n 8|11
26 Stadt eine Basis dafür bieten: Jugendliche sind durchaus kritische Rezipienten ihrer Le- bensumgebung und kreative Gestalter ihrer Umwelt, die Platz im öffentlichen Raum einnehmen möchten. Das Projekt wollte den Jugendlichen ein Sprachrohr sein für die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensumgebung und dabei verdeutlichen, dass Partizipation etwas nützt – um auf Missstände aufmerksam zu machen und den Münchner/inne/n andere Bilder der Jugend zu zeigen. Auf jugendpolitischer Sicherer Platz - gefährlicher Platz Ebene bieten die Ergebnisse gutes Ausgangs- material, um mit Stadtplaner/inne/n und Des Weiteren prägen Bilder und Medien Einrichtungen. Das Bedürfnis der Jugendli- Politiker/inne/n ins Gespräch über eine unsere Gesellschaft wie nie zuvor und sind im chen, hier erwünscht zu sein und sich frei jugendfreundliche Stadtentwicklung zu Alltag Jugendlicher fest verankert. Das Pro- bewegen zu können wurde deutlich. kommen. jekt konnte diese Voraussetzungen nützen, Überraschend häufig wurden Grünflächen, die web2.0-Partizipation in die Projektarbeit Parks und Natur in München fotografiert und Die Umsetzung einbeziehen. Die Website hatte dabei vor- positiv bewertet! rangig eine qualitative Herangehensweise; Neben allgemeinen, stadtteilbezogenen Die Dokumentation des „jungen Münchens“ die Bilder und deren Aussage, die Gedanken Bildern erreichten uns auch Fotos zu be- geschah mittels Fotografie. Die Bilder wurden und Kommentare der Jugendlichen standen stimmten Themen. Mit viel Engagement be- zunächst auf der Homepage www.platzda. im Vordergrund. Zusätzlich aber konnten die teiligte sich z.B. die Gruppe „Rassismus und info gesammelt. Das Projekt richtete sich an Bilder in einer München-Karte lokalisiert Diskriminierung in München“ im politischen Jugendliche zwischen 14 und 26 Jahren aus und hinterlegt werden, so dass ein virtueller Feld oder die Gruppe der „Sozialen Rehabilita- Freizeitstätten, Verbänden, dem schulischen Stadtplan ein Teil der Sozialraumrecherche tion“, die auf die städtischen Missstände für Kontext und natürlich an Einzelpersonen. war. Wichtig war außerdem die Zuordnung der Jugendliche mit Behinderung hinwies. Auch Begleitet wurde die Aktionsphase durch eine Fotografien zu Stadtbezirken, mit denen sich das Thema Naturschutz wurde behandelt. Vielzahl von Workshops. die Jugendlichen stark identifizierten. Unter dem Nickname „preal“ erreichte uns Die Dokumentation mittels Fotografie er- eine Vielzahl von Fotos aus dem Leben eines möglichte es vielen Jugendlichen, am Projekt Das Ergebnis und die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings teilzunehmen: Zum einen spricht Fotografie mobile Ausstellung in München, der den Betrachtenden völlig als visuelle Ausdrucksform direkt an, unab- neue, schockierende Einblicke in eine sonst hängig von etwaigen Sprachbarrieren. Sie Bei Beendigung der Foto-Phase Ende Juli abgeschottete Welt ermöglichte und sie für schafft es, ohne Worte etwas zu erzählen und waren 180 Bildpaare auf der Website einge- die dortigen Probleme sensibilisierte. kann so eine nonverbale Brücke zwischen gangen. Die höchste Beteiligung konnte bei Ein schöner Abschluss war die mobile unterschiedlichen Lebenswelten sein. den Freizeitstätten verzeichnet werden. Aber Ausstellung im Herbst. Ziel war es, durch Zum anderen kam es nicht auf eine tech- auch aus dem schulischen Kontext, z.B. vom Partizipation Jugendlicher die Öffentlich- nisch perfekte Umsetzung an, das Projekt Gisela-Gymnasiums oder der Hauptschule keit auf Missstände und „Wohlfühl-Orte“ in wollte vielmehr Raum für den individuellen am Winthirplatz, erreichten uns Bildpaare der Stadt aufmerksam zu machen und zur Blickwinkel bieten und somit auch einen – ebenso von einzelnen Jugendlichen. Diskussion anzuregen. Um diese Öffentlich- Zugang zu jugendlichen Wahrnehmungskri- Die meisten Bilder zeigen einen allge- keit zu erreichen, wurden die Fotos in einer terien eröffnen. meinen Einblick in die direkte Umgebung Wanderausstellung an zentralen Plätzen Jugendliche sollten an die Öffentlichkeit innerhalb des Stadtteils und die dortige den Münchner/inne/n vorgestellt und auf tragen, was sie beschäftigt und wie sie ihre Lebenswelt der jungen Fotograf/inn/en. einer Leinwand gebührend präsentiert. Umwelt wahrnehmen - Fotografie vermag Die Erlebniswelt scheint also vor allem der Durch schriftliche Kommentare konnten dies, denn sie setzt eine intensive Ausein- Nahraum zu sein. Viele Jugendliche haben auch die Passanten ihre Sicht verdeutlichen andersetzung mit der Umgebung und deren hier deutlich und auch sehr praxisnah zum und festhalten, was ihnen in ihrem Stadt- Wahrnehmung voraus; die Kamera bietet die Ausdruck gebracht, wo sie unzureichende viertel gefällt und was dringend verbessert Möglichkeit einer neuen Sicht aus einem Voraussetzungen vorfinden und was sie als werden sollte – und dieses Angebot wurde anderen Blickwinkel. positiv in ihrer Umgebung sehen. rege genutzt! Rückmeldungen zum Projekt „Wenn man sich die Zeit nimmt, um den Auffällig waren die monetären Vorausset- kamen hier ganz unvermittelt: einige der Lebensraum zu erforschen, versteht man zungen für eine Teilhabe am urbanen Raum jungen Fotograf/inn/en kamen, um ihre plötzlich, was er mit einem macht. Dabei und die Möglichkeit einer Ausweitung der ei- Bilder Freunden zu zeigen, Passant/inn/en kann die Kamera die Zeugin des Erlebten genen Lebenswelt. Sind diese Voraussetzungen nahmen sich Zeit, die Bilder zu betrachten sein“, schrieb die Mitarbeiterin ein Freizeit- nicht gegeben, verweilen die Jugendlichen oft und zu kommentieren und einige kamen, stätte über ihre Foto-Aktion. in Gelegenheitsstrukturen auch außerhalb von nachdem sie von der Ausstellung gelesen hatten, gezielt, um die jugendliche Sicht auf ihren Stadtteil zu sehen. Motivierend waren auch die Gespräche mit gerade älteren Münchner/inne/n, die sich sehr interessiert zeigten und vor Ort verblüfft waren, welche Fotos sie hier sehen konnten – die ein neues, kritisches, vielseitiges Bild eines jungen Münchens sahen und deren Bild der Münchner Jugendlichen sich dabei auch ein Stück wandelte! Kathrin Bautz, Guten Appetit!? Projekt Schwarz-Weiß-Buch, KJR 8|11
Stadt 27 „Wer will fleißige Handwerker sehn,...“ Kinder bauen „ihre“ Stadt Insgesamt 40 Kinder – aus verschie- denen Gruppen der Musisch Kreativen Werkstatt und Schülerinnen und Schü- lern aus den Ganztagesklassen der Grundschule an der Walliser Straße – bauten in einem gemeinsamen Projekt mit „ihre“ Stadt aus Ton. Mit großem Erfolg wurde das Ergebnis im Mai 2011 in einer viertägigen Ausstellung in der Grundschule präsentiert. Rund 350 Fotos: Musisch Kreative Werkstatt Gäste, Lehrkräfte und Klassen bewun- derten das Kunstwerk. Die Reaktionen waren überwältigend: „So etwas haben wir noch nie gesehen“, „Erstaunlich was die Kinder mit diesem Werk ge- schaffen haben“ und „Da bekomme ich auch gleich Lust, mit Ton zu arbeiten“, äußerten sich die Besucher/innen. Wer bereit ist, gedanklich oder stimmhaft, integrieren. Der Plantreff der LHSt München Was im Ergebnis zu sehen war, mochte das Kinderlied „Wer will fleißige Handwerker bietet Münchner Schülerinnen und Schülern erstaunen. Auch wenn vielen Gebäuden der sehn, der muss zu uns Kindern gehen“ anzu- hier jährlich eine große Plattform zur aktiven rechte Winkel fehlt und manches verspielter stimmen, bekommt in vielerlei Hinsicht ein Mitwirkung an den schwierigen Prozessen der und bunter erscheint als in der Realität, passendes Bild vom lustvollen Prozess der Gestaltung und Entwicklung einer sozialen waren die Kinder nicht von der Motivation Entstehung dieser Stadt, die aus unzähligen Stadt. Die jungen Stadtbewohner/innen fin- geleitet, eine phantastische Vision einer selbstgefertigten Tonziegeln im buchstäbli- Stadt darzustellen. Vielmehr entstand ein chen Sinn „Stein auf Stein“ aus dem Boden Xaver, Simon: „Jede Stadt braucht realitätsnahes Abbild des Lebensumfelds wuchs. ein Fußballstadion.“ von Stadtkindern. Ein Umfeld, das die Er- wachsenen ihren Bedürfnissen entsprechend Janis, Tobias: „Unsere Kirche ist den kreative und originelle Ausdrucksformen gestalten und den Kindern nur eine Chance ein Ort für alle Religionen.“ dafür, wie sie „ihre Stadt“ wahrnehmen, wie offeriert: in einem mühevollen Prozess der sie sie sich wünschen oder was sie zu ihrer Selbstaneignung zu lernen, sich darin zu- Zu Wohnhäusern mit Vorgärten fügten Verbesserung selbst beitragen können. Die rechtzufinden. sich ein Geisterturm, ein Spiralhaus, ein beteiligten Kinder wurden für ihr kreatives Flughafen mit Tower, ein Fußballstadion, eine Werk von der Jury mit dem zweiten Platz Jessika: „Wir brauchen noch Kirche für alle Religionen, Spielplätze und ausgezeichnet und „ihre“ Stadt wurde im Brücken, um über die Straße zu Bäume, Straßen und Brücken, ein Schwimm- Plantreff öffentlich ausgestellt. kommen.“ bad, eine Konzertwiese, eine Bushaltestelle, diverse Fahrzeuge und vieles mehr – nur auf Julian: „In meinem Haus wohnen Beeinflusst es unsere Sichtweise, wenn wir die Idee, eine Schule zu bauen, kam keines die Geister.“ sehen, wie Kinder ihrer Vorstellung von einer der Kinder. lebenswerten Stadt gestalterisch Ausdruck Die Stadt aus Ton wurde als gruppenü- verleihen, die so sehr mit der der Erwach- Eva-Maria: „Mein Springbrunnen bergreifendes, gemeinschaftliches Projekt senen übereinstimmt? Welche erstaunliche soll immer sprudeln.“ gestaltet. Kleine Gruppen von zwei bis drei Anpassungsleistung haben Kinder dabei Kindern bauten an einzelnen Gebäuden. Wa- bereits im Grundschulalter vollbracht? Während einzelne Gebäude zu einer ganzen ren längere Bauzeiten erforderlich, wurden Stadt zusammenwuchsen, sprudelten die sie von anderen Kleingruppen fertiggestellt Candas: „Ich kenne alle Haltestel- Ideen immer weiter, bis die Gruppe nach einer oder farblich vervollständigt. Diese Herange- len der U3. Ich liebe Straßenbah- dreimonatigen Schaffenszeit beschloss, das hensweise machte es möglich, unterschied- nen. Unsere Stadt braucht eine Projekt abzuschließen. Die Objekte wurden lichen Begabungen individuell gerecht zu Straßenbahnlinie 4.“ nur partiell glasiert und die Tonsteine nicht werden und bewirkte eine außergewöhnliche verstrichen. Dadurch ist der Prozess der Dynamik, die diesem Projekt in allen Phasen Steht die Lern- und Anpassungsbereit- Herstellung gut sichtbar und gibt dem Werk eigen war. schaft der Kinder auf einer Seite der Bilanz, seinen besonderen Charme. sollte sie auf der anderen Seite vom Willen der Erwachsenen, sich für die Bedürfnisse Tobias: „Auf der Konzertwiese der Kinder zu interessieren, ausgeglichen spielt gerade eine Band.“ werden. Eine „kindergerechte Stadt“ ist ohne die Bereitstellung aktiver Beteiligungsfor- Nachdem die Ausstellung in der Grund- men an Gestaltungsprozessen für Kinder schule so erfolgreich war, bot sich unverhofft nicht realisierbar. Das zeigen sie uns mit die Gelegenheit, das Projekt beim Münchner diesem Projekt. Schulwettbewerb zur Stadtentwicklung ein- zureichen, der seit diesem Jahr verstärkt dar- Artur Bürgel, auf setzt auch Beiträge aus außerschulischen Musisch Kreative Werkstatt, KJR Bildungsbereichen in den Wettbewerb zu 8|11
28 Stadt Neuer Jugendverband im KJR - Free Arts of Movement e.V. Gemeinsam für die individuelle Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum Freiheit und Unabhängigkeit sind Be- griffe, die mit der modernen westlichen Kultur untrennbar verwoben sind. Von daher verwundert es nicht, wenn die in- dividuelle Unabhängigkeit in alle All- tagsbereiche diffundiert und von den Individuen auch eingefordert wird. Diese Tendenz hält auch in der Welt des Sports Einzug und verwirklicht sich in der Form neuer Trendsportarten wie Parkour, Tricking, Slacklining, X-Diving, Breakdance, u.v.m. Diese verschiedenen Bewegungsfor- men haben eine große und entscheidende Gemeinsamkeit: sie teilen das Konzept einer „freien Bewegungskunst“ und damit be- stimmte gemeinsame Eigenschaften wie: die kreative und individuelle Gestaltung der Be- wegungen, die zunehmende Unabhängigkeit von Sportanlagen sowie die weitestgehende Unabhängigkeit der Ausübung von Geräten oder Mitspielenden. Die Ausübung dieser Dis- Selbstbeherrschung und Selbstmotivation Und damit sind wir wieder am Anfang und ziplinen verändert nicht nur die körperliche einhergeht. Gerade diese Kompetenzen sind es bei der großen Gemeinsamkeit, welche die Dimension des Menschen, sondern die Prakti- dann also auch, die Parkour für den modernen „freien Bewegungskünste“ verbindet: die zierenden beginnen ihr Umfeld mit „anderen Menschen so attraktiv und wertvoll machen: individuelle Gestaltungs- und Ausübungs- Augen“ zu sehen. Dies kann man nicht nur die Praktizierenden lernen nicht nur, sich freiheit, die dem Anspruch des modernen frei und sicher in ihrem Umfeld zu bewegen, Menschen nach Individualität und Unab- sondern sie lernen darüber hinaus, eigene hängigkeit gerecht werden und diesen oft Grenzen zu erfahren, diese zu respektieren erst praktikabel machen. Diese Bewegungs- und sie schließlich zu überwinden. Parkour formen zu etablieren, sie zu fördern und generiert also nicht nur eine bisher ungekann- weiterzuentwickeln ist das Anliegen des 2008 te individuelle Bewegungsfreiheit im öffentli- gegründeten Vereins „Free Arts of Movement chen Raum, sondern liefert ganz automatisch e.V.“ (FAM). FAM ist hauptsächlich in Mün- auch noch die geistige Stärke, in unserer chen, aber auch im süddeutschen Raum und modernen Gesellschaft mental zu überleben vereinzelt sogar im hohen Norden (Berlin) und Selbstverantwortung zu übernehmen. tätig und umfasst mittlerweile rund 120 Wenn also ein Parkour-Läufer seine Welt mit Mitglieder. Die Vereinsaktivitäten bestehen anderen Augen sieht, so geht es dabei nicht aus dem Angebot eines regelmäßigen Hal- auf die bloße Ausschau nach „potenziell- nur um die physische Bewegungsfreiheit, die lentrainings in der Schleißheimer Straße, beturnbaren“ Übungsgeräten abtun, sondern ihm Parkour liefert, sondern es geht vor allem einem Outdoortrainingsangebot, diversen sollte versuchen, dessen tiefere Dimension auch um die individuelle geistige Freiheit, Fortbildungen und Workshops sowie der nachzuvollziehen. Dazu ist ein kleiner Exkurs selbst zu entscheiden, selbst zu definieren, regelmäßigen Präsenz auf öffentlichen Ver- in die Welt des Parkour unabdinglich: wie man sich durch sein Umfeld bewegt. anstaltungen wie bspw. dem Sportfestival auf Parkour ist die Kunst der „effizienten Fort- dem Königsplatz oder dem Outdoorfestival bewegung“, die es streng genommen gibt, seit im Olympiastadion, der Etablierung eines der Mensch begann, sein natürliches Umfeld methodischen Lehr- und Übungsstandards zu erkunden, denn wer nicht in der Lage ist, durch Unterstützung der deutschlandweit effi zient vor Gefahren zu fl iehen, hat auf ersten Parkourtrainerausbildung und der Dauer keine Überlebenschance. Die Moderne jährlichen Ausrichtung der sog. FAM-Jam, gewährt dem Menschen eine oft fragwürdige bei der weit über hundert sportbegeisterte Gewalt über die Natur, und Flucht ist in un- Jugendliche aus den verschiedenen oben seren Breitengraden zu einem irrelevanten genannten „freien Bewegungskünsten“ für Relikt geworden, das nur im Spiel der Kinder ein Wochenende zusammenkommen, um ge- noch seine Berechtigung findet. Der moderne meinsam zu trainieren, sich auszutauschen Mensch ist zunehmend dabei, seine angebore- und ein gute Zeit miteinander zu verbringen. nen Fähigkeiten zugunsten der Anforderun- Besonders freuen sich die Mitglieder von FAM gen der modernen Industriegesellschaft zu über die kürzlich erfolgte Aufnahme in den verlernen. Doch gerade junge Menschen sehen Kreisjugendring München-Stadt und blicken sich einer immer stärkeren mentalen Belas- der Kooperation mit den über 60 anderen tung ausgesetzt. In diesem Kontext ist es von Verbandspartnern erwartungsvoll entgegen. entscheidender Bedeutung, dass der Erwerb Mehr Infos zu FAM unter www.famjam.org körperlicher Kompetenzen immer mit der Aus- bildung mentaler Stärken wie Selbstvertrauen, Christian Schmid, FAM 8|11
Stadt 29 Sport in der Stadt Von Radlrowdys und Traceuren Zunehmend verlagern sich sportliche Aktivitäten mitten in die Stadt. Dies führt zu interessanten und spannenden Entwicklungen, die hier - mangels Wis- sen - gar nicht alle aufgeführt werden können. Skateboarden, BMX, Citygolf, Bumerang und Hackysack - es gibt so viele irre Sportarten für die Stadt. Der Radlrowdy I Es ist super, dass immer mehr Leute mit dem Rad fahren. Sie tun dies nicht nur auf dem gemütlichen Hollandrad, sondern mit wesentlich flotteren Geräten. Das führt schon bei normaler Fitness schnell zu Ge- schwindigkeiten um 30 km/h. Das Münchner Radwegenetz ist allerdings weder auf die hohe Anzahl der Radfahrer noch für die gefahrenen Geschwindigkeiten ausgelegt. Es gibt natürlich auch Wahnsinnige auf zwei Rädern, aber in München überwiegt der tägliche Wahnsinn einer unzureichend ausgebauten Radinfrastruktur. Die große polizeiliche und mediale Hetzjagd auf alle Radler des letzten Sommers wurde wohl von der Automobilindustrie gesponsert. Der Bund Naturschutz www.bn-muenchen. de weist mit seiner Aktion „Münchens wahn- Foto: Yvonne Koch witzigste Radlerfallen“ auf die täglichen Pro- bleme beim Radfahren, Kurioses, Gefährliches und erhebliche bauliche Mängel hin. Der Radlrowdy II Eigentümern und der Polizei. Ganz legal wird Seiltanzen sehr ähnlich ist, benötigt wird. Mountainbikefahren ist erst am Berg so es wohl nie werden, aber es gibt schon ein paar In der Regel werden in München Lowlines, richtig sinnvoll. München ist zwar die Berg- ganz ordentliche und von den Eigentümern Rodeolines oder Jumplines gespannt. Keine steigerhauptstadt Deutschlands, aber an geduldete Spots. Damit diese erhalten bleiben, Ahnung, was das ist? Dann einfach mal in den stadtnahen Bergen nicht reich gesegnet. gibt es aus der Szene heraus seit diesem Jahr Englischen Garten gehen und zuschauen oder Weder der Müllberg, Olympiaberg noch der den Münchner Bouldering Appell der Regeln bei YouTube „slackline“ eingeben. Stress gibt Perlacher Muggl wollen richtig alpine Ge- für das Stadtbouldern aufstellt und Selbst- es bei diesem Sport eigentlich sehr selten. fühle aufkommen lassen. Daher fährt der beschränkungen der Kletterer festlegt (siehe Die Sportler/innen sollten aber auf einen Mountainbiker zum Training gerne an der http://buildering-muenchen.de). entsprechenden Baumschutz achten, damit Isar. Mountainbiken macht erst auf den Trails, dies auch in Zukunft so bleibt. wo Fahrtechnik und Geschicklichkeit richtig Der Traceur launig trainiert werden können, richtig Spaß. Sport in der Stadt - Das SUP Grad blöd, dass es sich hier um ein Natur- Im Unterschied zum Kletterer ist der schutzgebiet und ab Grünwald sogar um ein Traceur nicht so auf die Senkrechte fixiert. Schon sehr cool ist “stand up paddling” Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet handelt. Es Parkour kann grundsätzlich überall in urba- (SUP). Im Prinzip muss man sich dazu nur ist absolut unverständlich, warum es bis heute nem Umfeld praktiziert werden. Der Traceur auf ein Longboard (Wellensurfen) stellen nicht gelungen ist, hier eine, die Freizeit- und überwindet dabei alles Mögliche. In der Stadt und mit einem langen Paddel Gas geben. Das Naturschutzinteressen berücksichtigende können dies Pfützen, Papierkörbe, Bänke, geht auch ganz prima auf der Isar oder auf Regelung zu finden. Einige legale Isartrails Blumenbeete und Mülltonnen ebenso sein wie einem der Seen rund um die Stadt. Neidische verbunden mit einem Befahrungsverbot für Bauzäune, Mauern, Litfaßsäulen, Garagen. Blicke und eine ganz neue Sicht auf München die restlichen Flächen wäre eine für alle Seiten Zum unverbindlichen Zusehen empfiehlt sich sind garantiert. Die SUP-Boards gibt es zu- akzeptable und umsetzbare Lösung. Liebe die Münchner Freiheit oder für ausführlichere dem aufblasbar und damit wunderbar zum Landeshauptstadt München: So schwer kann Informationen die Homepage des neuen KJR- Transportieren in der Stadt. Wer es selbst mal das doch nicht sein, oder? Mitgliedsverbands „free arts of movement“ ausprobieren will, wendet sich am besten an www.famjam.org (s. Artikel S. 28) das Erlebnispädagogische Zentrum Tchaka Citybouldern (www.tchaka.de) Sport in der Stadt - Die Slackline Klettern an Gebäuden und Kunstwerken Gerhard Wagner, macht Spaß und ist eine gute und vor allem Zwei Bäume und ein Flachband mit hoher Abteilung Jugendarbeit, KJR kostenlose Trainingsmöglichkeit. Es führt Reißfestigkeit und ein Spannsystem sind leider gelegentlich zu Schwierigkeiten mit den alles, was für diesen Balancesport, der dem 8|11
30 Stadt Neue Antworten auf eine alte Frage Wem gehört die Stadt 2.0? Das Internet in der Hosentasche verän- dert die Stadt. Wer heute noch zu den Leuten gehört, die über Handys in der Trambahn meckern, der hat wohl eine der bemerkenswertesten Entwicklun- gen in der Menschheitsgeschichte seit der Erfindung des Buchdrucks verpasst oder ordnet sie zumindest nicht richtig ein. Was zuerst mit einer Verbreitung des Telefonierens inklusive grausamer Klingel- töne und einer massiven Verschiebung des Verhältnisses von „öffentlich“ und „privat“ begann, produziert mittlerweile ganz neue Gesellschaften. Während die urbanauten und auch viele andere Leute, die sich mit dem öffentlichen Raum in der Stadt beschäftigen, ursprüng- Foto: urbanauten lich zu den Skeptikern der diversen mobilen Kommunikations-Spielformen gehörten, ist für uns in den letzten Jahren klar geworden, dass sich mit den mobilen Kommunikati- Flash Mob „SLEEP IN“ im Haus der Kunst (im Hintergrund ein Werk von AiWeiWei) onsmöglichkeiten und dem Internet in der Hosentasche ganz neue Freiräume für öffent- und vom Stadtrat beschlossene Kunsthappe- der erste große Ausbruch einer neuen Organi- liches Leben erschließen lassen. nings durchführen wollten, aber sie aufgrund sationsform im Netz, die unsere Städte ganz der Intervention der Genehmigungs- und schnell real verändern wird. Facebook-Partys Der „öffentliche Zwischenraum“ Sicherheitsbehörden oder auch privater Ei- waren eine andere Form. Dabei handelt es sich gentümer nicht durchführen durften. um nicht mehr und nicht weniger als einen Eingeladen zum SPIELART Theaterfestival Gleichzeitig stellten wir fest, dass wir nicht öffentlich angelegten Termin auf Facebook, im Winter 2009, hatten wir dann endlich die einzigen sind, die in diesem virtuell- zu dem merkwürdigerweise mehrere tausend die Möglichkeit, unsere abstrakten Über- realen Wilden Westen experimentieren und Jugendliche zusagen und in erheblichen legungen über die befreiende Wirkung des nachdenken. Bei der urbanauten-Tagung Teilen auch real erscheinen. ubiquitären Internets in der überregulierten „Die Vermessung des Urbanen 3.0“ in der Ev. Vorgängerformate waren die Flashmobs. Enge der Stadt (die in München manchmal Akademie Tutzing hatten wir aufgrund der In der Zeit vor der „Mobilmachung“ des besonders eng ist) zu testen. Mit einer Se- großartigen Unterstützung durch das „Jun- Internets wurden via E-Mail-Listen spon- rie von Kunsthappenings unter dem Titel ge Forum“ der Akademie die Möglichkeit, tane Begegnungen an skurrilen Orten mit „Moment of Starling >>> SMS an 11832 >>> Dutzende Denker und Praktiker aus dem seltsamem Inhalt organisiert. Weltberühmt Follow @TWTflash“ betraten wir gemeinsam „Zwischenraum“ einzuladen. wurde hier der „Grand Central Freeze“, bei mit jeweils 300 bis 400 Teilnehmenden an dem mehrere hundert Menschen spontan den vier Abenden den „öffentlichen Zwischen- Twitter-Revolutionen New Yorker Hauptbahnhof zum Erstarren raum“, ein Raum, der entsteht, wenn die und Facebook-Partys brachten (http://youtu.be/jwMj3PJDxuo). Menschen gleichzeitig im virtuellen und Tausendfach ist das inzwischen weltweit realen öffentlichen Raum präsent sind und Während wir noch über unser vermeintlich wiederholt worden. Ebenfalls in New York kommunizieren können. elfenbeinturm-künstlerisch unrelevantes nahm die „Occupy Wall Street“-Bewegung Möglich wurde das, weil alle Teilnehmenden Thema des „öffentlichen Zwischenraums“ ihren Ausgang, nicht umsonst erfunden von gleichzeitig via SMS, Twitter und Facebook tagten, tauchte im Laufe des Wochenendes den linken Päpsten der viralen Werbung von in einer Kommunikations-Wolke miteinander plötzlich die Nachricht auf, dass der tunesi- „adbusters“. Im Netz koordinierte Aufstände, verbunden waren und so untereinander kom- sche Präsident Ben-Ali aufgrund der massiven die sich gerne in Form von Zeltstädten in der munizieren und Informationen austauschen Proteste vor allem der Jugend des Landes realen Stadt niederschlagen, hat es nicht nur konnten. Koordiniert wurde die Kommunika- geflohen sei. Einer unzufriedenen jungen in Stuttgart, Frankfurt, Tel Aviv oder Madrid tions-Wolke des mobilen Flashmobs aus einer Generation gelang es offenbar, mit Hilfe der gegeben, sondern auch in mehreren hundert geheimen Zentrale in der Stadt. Wichtig war neuen Freiheit im Netz und mit dem Netz auf anderen Städten weltweit. uns das, weil wir nach Jahren der Auseinan- dem Smartphone, sich zu organisieren, und Mit diesem Phänomen beschäftigt sich dersetzung um Genehmigungen endlich ein schon stürzt die erste Regierung. Was danach auch die nächste Tagung der urbanauten künstlerisches Format für Interventionen im kam, ist Geschichte. Diktatorische Regime in in der Ev. Akademie in Tutzing unter dem öffentlichen Raum entwickeln wollten, das Ägypten und Libyen wurden hinweggefegt. Titel „Revolution im Zwischenraum“ von 23. ohne Genehmigungen auskommt. Ganz Nordafrika und der halbe Nahe Osten bis 25. März 2012. Mehr Informationen zur So stürmten hunderte Teilnehmende kur- scheinen in einem von virtuell-realen Mög- Tagung und den Projekte der urbanauten im zerhand die Fünf Höfe im Feierabendtrubel, lichkeiten katalysierten Umbruch hin zu und über den „öffentlichen Zwischenraum“ den Altstadtring während des Berufsverkehrs, mehr Demokratie unterwegs zu sein. Was am finden sich unter www.urbanaut.org. das Haus der Kunst oder die Sicherheitszone Ende dabei herauskommt, kann noch keiner vor dem US-Konsulat (http://youtu.be/ vorhersagen. Ulrike Bührlen und Benjamin David, vkU8OtJqQdQ). Alles Orte, wo wir in den Vor- Doch auch in den westlichen Städten geht die urbanauten jahren bereits vom Kulturreferat geförderte die Entwicklung weiter. Stuttgart 21 war nur 8|11
Stadt 31 Praxisbeispiele aus der offenen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen München neu entdecken Die Jahresthemen der UN-Dekade haben KJT Zeugnerhof das Ziel, Aktivitäten zu den jeweiligen Themen zu generieren und zu fokussie- Die Stadt, in der wir leben ren, Partner zu finden und zu vernetzen. Das Dekadethema für das Jahr 2011 ist Wie lernen Kinder und Teenager Neues Irrwegen und zu noch mehr Spaß. das Thema „Stadt“. Ein spannendes The- über den Stadtteil, in dem sie leben? Die- Bei der Stadtteilerkundung erlebten die ma, das im Hinblick auf Nachhaltigkeit se Frage beschäftigte das Team vom KJT Kinder und Teenager die Geschichte Berg nicht gleich plausibel erscheint. In der Zeugnerhof. Die Teilnehmenden sollten am Laims. Zu Fuß erkundete die Gruppe Stadt aber verdichten sich Herausforde- aktiv ihren Stadtteil erkunden und dabei zusammen mit einer Stadtführerin Berg rungen der nachhaltigen Entwicklung. Wissenswertes erfahren. am Laim. Lebendige Erzählungen von Ob Mobilität oder Flächenverbrauch und Mit Hilfe des Kinderstadtteilplans Berg wichtigen geschichtlichen Hintergründen, -gestaltung, Klimaschutz oder Demogra- am Laim und verschiedenen versteckten so zum Beispiel über das Schulleben in der phie, alle diese Handlungsfelder spielen Hinweisen fanden die Entdecker/innen bei Mädchenrealschule und von der Zeit des im Lebensraum Stadt eine große Rolle. einer Stadtteilrallye neben einem Schatz zweiten Weltkriegs, fesselten die Zuhö- Bildung für nachhaltige Entwicklung auch neue Orte und Plätze, die für Kinder renden, so dass zwei Stunden wie im Flug (BNE) kann am Beispiel Stadt zahlreiche und Teenager interessant sind. Sie übten vergingen. Aspekte der Nachhaltigkeit thematisie- alle das Lesen eines Stadtplans, und die ren und dabei auch Kompetenzen wie die Frage, wie der Plan gehalten werden muss, Birgit Stieler, KJT Zeugnerhof, KJR Fähigkeit zur Partizipation vermitteln. um ans Ziel zu kommen, führte zu einigen Mit dem Intermezzo auf Entdeckungsreise in München Der Landtag ist keine Kirche Die Jugendlichen haben sich in ihrem Stadtteil meist gut eingerichtet. Oft reicht für sie ein durchlaufender Autobahnabschnitt, um ihren Lebensraum selbst einzugrenzen. Die genutzte Infrastruktur erweitert sich vielleicht noch in den Bereich ihrer U-Bahn- Stammstrecke. Die Millionenstadt in ihrer ganzen Dimen- sion liegt nicht selten abseits ihres täglichen Aktionsradius. Als das Intermezzo mit Jugend- lichen letztes Jahr zu Besuch im Bayerischen Landtag war, wurde dieser von einigen bis dato als Kirche wahrgenommen. Was im Verständnis der dort Tätigen vielleicht nicht vollkommen falsch war. Andere historische Stätten, nam- hafte Gebäude und herausragende Ereignisse sind im Erfahrungshorizont der Jugendlichen oft kein Thema. Dieses Jahr wollten wir hier an einem späteren Termin die Altstadt. Vom Qualität des heutigen Parks von allen Seiten ein wenig nachbessern und uns in großem Fußabdruck des Teufels über die Fahrt auf den kennenzulernen. Im Informationszentrum Stil in dieses Millionendorf begeben, um den Rathausturm, den Besuch im Bürgermeister- wurden wir bereits erwartet und der Pressefilm Jugendlichen als Bürger und Bürgerinnen ihre Büro und die Fotosafari auf den Alten Peter aus dem Jahr 1972 sorgte dann auch für einiges Stadt etwas näherzubringen. Als Grundlage bis hin zur exotischen Einkaufszetteltour über Schmunzeln bei den videoclipverwöhnten diente auch der ausgerufene Schwerpunkt den Viktualienmarkt und der großen Brotzeit Gästen. Und für andächtiges Schweigen bei BNE Stadt. Zur ersten Entdeckungstour galt am Jüdischen Zentrum am St. Jakobs-Platz war der Passage über das Attentat – war man doch es, sechzehn Fahrräder und ihre dick bepack- alles dabei. Mit der begeisterten Feststellung, gerade noch am Ort des Geschehens gestanden. ten Besitzer/innen über einen Bahnsteig zu dass es in der City mehr gibt als den McDonalds Mit dem Abschied vom Olympiapark endete verteilen, um sie dann per U-Bahn in Richtung am Stachus und man neben Cheeseburgern dann auch das Programm für Fürstenrieder Ju- Englischer Garten zu bringen. Eine zweiteilige auch Wasabi-Käse und mit Honig gefüllte gendliche, ihre Stadt als einen Ort zu begreifen Rallye führte sie dort sowohl in den Süd- als Bio-Gummibärchen essen kann. und zu erleben, der eine interessante, durchaus auch den eher unbekannten Nordteil, um Die letzte Tour führte kreuz und quer durch erkundenswerte Geschichte vorzuweisen hat. Pflanzen, Tiere, Geschichte und Möglichkei- die olympische Geschichte der Stadt. Der Vor- Und an dem es Plätze gibt, die es sich zu sehen ten des größten europäischen Stadtgartens mittag wurde dem Dorf gewidmet. Vom bunten lohnt. Wo Orte abseits der wohl vertrauten spielend zu erforschen. Um diese mit einer Treiben der Student/inn/enwohnungen bis U-Bahn-Stationen für Abwechslung und auch nervenaufreibenden Isardurchquerung an hin zur Gedenkstätte am zentralen Ort des mal Sprachlosigkeit oder Nachdenklichkeit vorher installierten Seilen zu krönen. Zum Attentats 1972 an der Connollystraße 31. Ein sorgen. In diesem Sinne wird das Intermezzo Grillen fanden sich dann alle erschöpft im Geschehen in der Geschichte der Stadt, das die Stadtreisen für Jugendliche im nächsten Nachtlager am Rumfordschlössl ein, wo noch den Jugendlichen völlig unbekannt war und Jahr mit neuen Zielen fortsetzen. Die bereits mal die Erlebnisse Revue passierten, und von sie sehr nachdenklich stimmte. Über die Au- besuchten gibt es dann als Konzeptvorlagen wo die Aktion am nächsten Tag nach dem tobahnbrücke und den Coubertinplatz führte für Multiplikator/inn/en. Frühstück mit der Rückfahrt zum Intermezzo nachmittags der Weg zu den Sportstätten. Bei ihr Ende fand. Die zweite Gruppe erkundete bestem Wetter gab es genug Möglichkeiten, die Heiko Neumann, Intermezzo, KJR 8|11
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