Klima, Klimaschutz, Klimawandel(anpassung) - Gunter Sperka 8.10. 2020 - Uni Salzburg
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Wovon ist in diesem Teil der Vorlesung die Rede? Das Klimasystem der Erde Klimamodelle – Szenarien Klimawandelfolgen Klimaschutz – wer, warum, wie, wann Klimawandelanpassung Was tut Salzburg
Wetter Als Wetter (v. althochdeutsch wetar = Wind, Wehen) bezeichnet man den Zustand der Atmosphäre über einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit z.B. hier und jetzt. Das Wetter ist in Raum und Zeit höchst variabel. Davon zu unterscheiden ist Witterung: Zustand der Atmosphäre über einem bestimmten Ort charakteristisch für ein kürzeres Zeitintervall von z.B. einigen Tagen bis zu einer Jahreszeit
Klima Unter "Klima" versteht man das durchschnittliche Wetter einschließlich seiner Extremwerte über einen längeren Zeitraum an einem bestimmten Ort
Das Klima der Erde historisch M e n s c h h e i t Massiver CO2-Anstieg (Vulkane) Kaltzeiten („Eiszeiten“) des Quartärs – Pole eisfrei, weite Wüsten - Im Schnitt 4-5° C kälter als heute: Eispanzer über der Stadt Salzburg Meteoriteneinschlag Neolithische Revolution Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:All_palaeotemps.png Industrielle Revolution
Langfristige Einflüsse Strahlungsintensität der Sonne Plattentektonik Gebirgsbildung/Verwitterungsprozesse Vulkane Astronomische Zyklen Eisbedeckung/Albedorückkopplungen Leben/Bewuchs Klimagase …
Treibhauseffekt und Treibhausgase Quelle: Wikipedia
Treiber des Klimasystems Quelle: bine.info
Treibhauseffekt und Treibhausgase Treibhausgase sind strahlungsbeeinflussende Gase in der Atmosphäre. – die einfallende (kurzwellige) Sonnenstrahlung wird als (langwellige) Wärmestrahlung von der Erdoberfläche wieder abgegeben – Treibhausgase absorbieren einen Teil dieser Strahlung – dadurch ist die Atmosphärentemperatur höher als ohne Treibhausgase Der Treibhauseffekt ist daher die Wirkung von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf die Temperatur in der Atmosphäre. Dadurch stellen sich höhere Temperaturen ein, als sich ohne Treibhauseffekt einstellen würden. Der natürliche Treibhauseffekt macht etwa 33 K aus und ermöglicht eine globale Mitteltemperatur von ca 15°C Der anthropogene Treibhauseffekt bezeichnet jenen zusätzlichen Effekt, der durch menschliche Aktivitäten verursacht wird
Die wichtigsten Treibhausgase H20 (Wasserdampf) ist das wichtigste (natürliche) Treibhausgas CO2 (Kohlendioxid) CH4 (Methan) O3 (Ozon) (wird nicht direkt emittiert) N2O (Lachgas) (H)FCKW SF6
Entwicklung der Treibhauskonzentrationen nach IPCC (2013)
Natürlich oder menschgemacht? GDWV: Grad des wissenschaftlichen Verständnisses Quelle IPCC
Ein Blick in die (Klima)zukunft?
Klimamodelle Globale Klimamodelle sind komplexe physikalische Modelle, die das Klimasystem in vereinfachter Form abbilden. Heute sind Klimamodelle gekoppelte Atmosphäre- Ozean-Modelle (AOGCM, atmosphere-ocean general circulation/global climate models) Klimamodelle bestehen aus mehreren unabhängigen Modulen, welche die verschiedenen Einzelteile des Klimasystems repräsentieren
Klimamodelle II Atmosphäre Ein meteorologisches Modell simuliert ein- und ausgehende Strahlung, Lufttemperatur, Niederschlag, Luftdruck, Wind, relative Feuchte und Geopotenzial. Ozean Das Ozeanmodell enthält Meeresströmungen, ozeanische Sedimente, Meeresorganismen und verschiedene Darstellungen von Hochsee und Küstenregionen. Chemie Mehrere Modelle simulieren chemische Reaktionen in der Atmosphäre und im Ozean. Dazu gehören etwa die Kreisläufe von Kohlenstoff und Schwefel. Kryosphäre Eigene Modelle stellen die Aufbau- und Abschmelzprozesse des Meereseises und der Eisschilde in den Polar- und Bergregionen dar. Landoberfläche Ein Landoberflächenmodell beinhaltet Vegetation, Bodeneigenschaften und Grundwasser.
Klimamodelle III Klimamodelle bilden heute mit guter Genauigkeit die historische Entwicklung ab, die man aus Messungen oder „Proxyindikatoren“, wie etwa Sedimenten, Eisbohrungen, Baumringen etc kennt. Viele Details des Bildes sind aber noch unscharf – zB die Eis- und Ozeandynamik, Details der Wolkenbildung und des Effektes von Bewölkung, Kurzzeitereignisse für eine bessere regionale Auflösung müssen die globalen Modelle mit regional parametrisierten Modellen gekoppelt werden Mit den Österreichischen Klimaszenarien 2015 gibt es eine hervorragende aktuelle Grundlage in Österreich
Klimaszenarien Um Aussagen über künftige Entwicklungen machen zu können, bedarf es Annahmen über die künftige Entwicklung der Zusammensetzung der Atmosphäre (Treibhausgasemissionen, auch –senken) Diese hängen ab zB von Entwicklungen bei – Energieträgermix – Bevölkerung – Wirtschaft/Transportwesen – Bewaldung/Entwaldung – Landnutzungsänderungen Damit werden verschiedene „Weltmodelle“ gespeist, deren Ergebnisse wiederum in Klimamodelle eingehen
Klimaszenarien II Klimaszenarien beschreiben daher mögliche Zukünfte und sind keine Prognosen Je nach getroffenen Annahmen ergeben sich unterschiedliche Temperaturverläufe in den einzelnen Klimamodellen Die aktuellsten Klimaszenarien sind jede des 5. Sachstandsberichtes des IPCC, die auf „repäsentativen Emissionsverläufen“ (RCP) aufbauen.
Die IPCC-Szenarien Quelle: IPCC, AAR5
Temperaturentwicklung bei verschiedenen Szenarien (Quelle: IPCC, AR5, 2014) 25
Am Beispiel Salzburg Lebenszeit 2018 Lebenszeit 1985 ~Süditalien heute Lebenszeit 1950 ~Gardasee heute 2050
Zwischenfazit Das Klima der Erdatmosphäre wird durch verschiedene natürliche Einflüsse langfristig verändert kurz- und mittelfristig ist der Gehalt an Treibhausgasen und die dadurch geänderte Strahlungsbilanz ausschlaggebend für die seit Beginn der Industrialisierung beobachteten Klimaveränderungen ist überwiegend der menschliche Einfluss verantwortlich.
Auswirkungen des Klimawandels
Rückgang des arktischen Eises Eisausdehnung in der Arktis im Sommerminimum 2016. Zum Vergleich die mittlere Eisgrenze im Sommerminimum der Jahre 1981- 2010 (goldene Linie). Grafik: NASA.
Rückgang der Eismasse Grönlands
Anstieg des Meeresspiegels Quelle: University of Colorado.
Kipppunkte im Klimasystem Das Klimasystem reagiert bei bestimmten Größenordnungen des Temperaturanstiegs - den Kipp-Punkten - mit starken Veränderungen im System. Zu diesen Veränderungen gehören: –abrupte Klimaänderungen –unumkehrbare (irreversible) Prozesse –langfristige, starke Klimaänderungen
Kipppunkte II Graphik: Misereor nach WWF und Umweltbundesamt
2°-Ziel – keine absolute Schranke IPCC WG2
Was beobachten wir in Österreich? Zunahme der Temperatur Zunahme der Variabilitäten Änderung der Niederschlagsmuster Abnahme der Tage mit Schneebedeckung Veränderung des Grund- und Oberflächenwasserdargebotes Änderung der Vegetation und der Tierwelt derzeit ist ein großer Teil der beobachteten Veränderungen noch innerhalb der natürlichen Variabilität
Klimawandel in Salzburg Bedeutende Schadenereignisse in Österreich 1980 – 2018 Die 10 teuersten Ereignisse für die Gesamtwirtschaft Gesamtschäden Versicherte Schäden in Mio. EUR in Mio. EUR Datum Ereignis Region Originalwerte Originalwerte Todesopfer Mühlviertel, Waldviertel, Krems, Salzburg, St. 12.-20.8.2002 Überschwemmung 2.500 410 9 Pölten, Schwertberg, Hallein, Mariapfarr Oberösterreich, Niederösterreich, Melk, 30.5.-5.6.2013 Überschwemmung 870 235 5 Emmersdorf, Salzburg, Vorarlberg, Tirol Mühlviertel, Waldviertel, Schwertberg, 8.-10.8.2002 Überschwemmung 610 Grafenwörth, Jettsdorf, Zöbing Tirol, Innsbruck, Wörgl, Reutte, St. Anton, 21.-24.8.2005 Überschwemmung 512 105 4 Landeck, Weiz, Graz, Vorarlberg, Gasen April - Okt 2018 Dürre Oberösterreich 500 230 Niederösterreich, Gmünd, Salzburg, Flachau, 7.-16.2.2006 Winterschaden 460 300 1 Tirol July - Aug 2013 Dürre Burgenland, Niederösterreich, Salzburg 400 1.-2.3.2008 Wintersturm Emma Tirol, Kitzbühel, Salzburg, St. Pölten 350 190 4 Salzburg; Niederösterreich, Linz, Flachgau, 23.-24.7.2009 Unwetter, Hagel 350 220 Wien 18.-19.1.2007 Wintersturm Kyrill Salzburg, Ober- und Niederösterreich 310 200 Quelle: Munich Re, NatCatSERVICE, 2019
Was erwarten wir in den nächsten Jahrzehnten in Ö weiterer Temperaturanstieg tendenziell trockenere und wärmere Sommer (Zunahme an Hitzeperioden und Dürren; Sommer 2003 wird sozusagen zum Normalsommer) Zunahme der Wetterkapriolen Änderungen des Abflussgeschehens Zunahme von Extremereignissen Weiteres, beschleunigtes Abschmelzen der Gletscher Probleme im Wintertourismus regionale Probleme in der Trinkwasserversorgung und der Landwirtschaft
Österreichische Klimaszenarien 2015 2021-2050 | RCP8.5 2071-2100 | RCP8.5 Ø +1,4°C für das gesamte Ø +4,1°C für das gesamte Bundesland Bundesland
Klimaschutz – was ist zu tun und warum?
Was ist eigentlich das Ziel? Die Erde soll vor einer „gefährlichen anthropogen verursachten“ Änderung des Klimasystems geschützt werden Das 2°-Ziel Verpflichtungen aus dem Paris-Abkommen Konsequenzen daraus
Das 2°-Ziel Das 2°-Ziel ist eine politische Festlegung der maximal tolerablen mittleren Erderwärmung Es wird angenommen, dass bei Einhaltung dieses Zieles die Schäden durch den Klimawandel beherrschbar bleiben und es zu keinen unkontrollierten Änderungen des Klimasystemes kommt Bei 2°C kommt es aber schon zu massiven Auswirkungen, zB auf niedrigliegende Inselstaaten ( diese fordern max. 1.5 °)
Verursacher weltweit
Verursachergruppen weltweit Quelle IPCC AR5
Treibhausgase Salzburg
Was muss geschehen? die globalen Emissionen müssen beginnen, zwischen 2015 und 2021 zu sinken bis 2050 müssen die globalen Emissionen um mindestens 90 % im Vergleich zu 2005 reduziert werden, soll das Zwei-Grad-Ziel nicht überschritten werden Ö: -36% (ausg. Emissionshandel) bis 2030 (Entwurf effort sharing decision) (Basis 2005) Ö: langfristig (bis 2050) weitestgehende Decarbonisierung des Energie/Transportsystemes
CO2-Budget (Einhaltung 2°C Ziel mit ca 66% Wahrscheinlichkeit) Umgerechnet auf die Reserven bedeutet dies, dass im globalen Kontext etwa ein Drittel der Ölreserven, die Hälfte der Erdgasreserven und mehr als 80 % der Kohlereserven nicht verbrannt werden dürfen!!!
Klimawandelanpassung Möglichkeiten und Grenzen
Das Unbeherrschbare vermeiden – das Unvermeidbare beherrschen H. J. Schellnhuber, PIK
Klimawandelanpassung – Bereiche auf regionaler Ebene Schutz vor Naturgefahren Gesundheits- und Sozialwesen Land- und Forstwirtschaft Trinkwasserversorgung Städtischer Bereich – „Hitzeinseln“ Wirtschaft Energieversorgung Technische Infrastruktur, Transportwege Tourismus … ABER: technische, wirtschaftliche, soziale Grenzen der Anpassung!
Geoengineering – diskutierte Ansätze Beeinflussung der Sonneneinstrahlung (Solar Radiation Management (SRM)) –Einbringen von Aerosolen in die obere Atmosphäre (zB SO2, Al…) –Sonnensegel, transparente Scheiben im Weltall Reduzierung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal (CDR)) –Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre –„Düngung“ der Meere –CCS (Carbon Capture and Storage)
Geoengineering Quelle: Geoengineering monitor
Die persönliche Ebene… …am Beispiel Flugreisen Arctic sea ice is retreating rapidly, raising prospects of a future ice-free Arctic Ocean during summer. Since climate-model simulations of the sea-ice loss differ substantially, we here use a robust linear relationship between monthly-mean September sea-ice area and cumulative CO2 emissions to infer the future evolution of Arctic summer sea ice directly from the observational record. The observed linear relationship implies a sustained loss of 3 ± 0.3 m2 of September sea-ice area per metric ton of CO2 emission. Based on this sensitivity, Arctic sea-ice will be lost throughout September for an additional 1000 Gt of CO2 emissions. Most models show a lower sensitivity, which is possibly linked to an underestimation of the modeled increase in incoming longwave radiation and of the modeled Transient Climate Response. Dirk Notz1,*, Julienne Stroeve2,3 See all authors and affiliations Science 03 Nov 2016:
Zwischenfazit das 2° Ziel hat sich als brauchbare wissenschaftliche und politische Handlungsleitplanke erwiesen auch eine Begrenzung des Temperaturanstieges bedingt Anpassungsmaßnahmen die Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme ist bei raschem weiteren Temperaturanstieg überfordert massive Degradation der Lebensgrundlagen droht (technische) Anpassungsmaßnahmen haben Grenzen Geoengineering ist weder ausgereift, noch politisch akzeptabel und birgt unwägbare Risken es bedarf einer schnellen, massive Reduktion der Emissionen und gleichzeitigen Anpassungsmaßnahmen
Klima- und Energiestrategie SALZBURG 2050 Masterplan Klima + Energie 2030
Klima- und Energiestrategie SALZBURG 2050 Klima- und Energiestrategie SALZBURG 2050: Masterplan Klima + Energie 2030
Zielpfad 2030 Gesamtemissionen
Herzlichen Dank für Ihre Geduld!
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