KODIERLEITFADEN FÜR INTENSIVMEDIZINSCHE ZUSAMMENHÄNGE DRG-SYSTEM 2019 - MedInfoWeb

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KODIERLEITFADEN
FÜR INTENSIVMEDIZINSCHE
ZUSAMMENHÄNGE

DRG-SYSTEM 2019

AUTOREN:

Dominik Lindner & Marcel Louis
Privatinstitut für Klinikmanagement GmbH
KODIERLEITFADEN FÜR INTENSIVMEDIZINSCHE ZUSAMMENHÄNGE DRG-SYSTEM 2019 - MedInfoWeb
Jan Spierling
Manager
Reimbursement & Health Economics
                                   VORWORT

                                   Sehr geehrte Leserin,
                                   sehr geehrter Leser,

                                   das G-DRG-System 2019 stellt vieles auf den Kopf und bei
                                   1.318 Fallpauschalen, rund 13.500 kodierbaren Diagnose-
                                   Codes (ICD) und ca. 31.000 kodierbaren Operationen- und
                                   Prozeduren-Schlüsseln (OPS) geht der Überblick schnell ver-
                                   loren.

                                   In der intensivmedizinischen (Komplex)Behandlung von
                                   Patientinnen und Patienten und deren Abrechnung begegnet
                                   uns sicher eines der diffizilsten Aufwands- und Abrechnungs-
                                   dokumentationssysteme innerhalb des deutschen Fallpau-
                                   schalensystems. Neben relevanten Beatmungsdauern, deren
                                   Intervallen und Abgrenzungen, sind die Scoringsysteme
                                   SAPS und TISS zur Dokumentation von Krankheitsschwe-
                                   re und Behandlungsaufwand zu nutzen, sowie Infektionen
                                   unterschiedlicher Genesen exakt zu dokumentieren und
                                   schließlich aufwandsäquivalent abzurechnen. Am Beispiel der
                                   Sepsis zeigt sich exemplarisch, dass der klassifikatorische
                                   Umgang im G-DRG System 2019 nicht analog zum medizi-
                                   nischen Umgang (hier über SOFA Kriterien mit Fokussierung
                                   auf Organdysfunktionen) ist, was den Zugang zur Thematik
                                   weitergehend erschwert und Ihrer besonderen Aufmerksam-
                                   keit bedarf.
                                   Eine systematische Übersicht zur Einarbeitung in diese The-
                                   matiken fehlte bisher, sodass dieser Leitfaden Sie durch die
                                   wichtigsten Informationen rund um die Themen Beatmung
                                   und Intensivmedizin im G-DRG Jahr 2019 führt.

                                   Die in den Beispielen kalkulierten DRG-Erlöse beziehen sich
                                   auf die Bewertungsrelation in der Hauptabteilung, multipli-
                                   ziert mit dem Bundesbasisfallwert aus 2019 in Höhe von
                                   3.544,97 €. Eine Anpassung an Ihren landesindividuellen
                                   Basisfallwert ist daher empfehlenswert.

                                   Bitte erlauben Sie mir den Hinweis, dass dieser Leitfaden
                                   trotz größtmöglicher Sorgfalt keinen Anspruch auf Richtigkeit
                                   und Vollständigkeit erhebt. Besonders weil dies eine Erstauf-
                                   lage ist, freue ich mich auf Ihre Hinweise, Fallbeispiele oder
                                   Kritik und wünsche Ihnen nun viel Erfolg bei der Anwendung
                                   der Informationen.

                                   Schreiben Sie mir dazu doch einfach eine E-Mail:
                                   jan.spierling@medtronic.com.

                                   Jan Spierling
                                   Manager Reimbursement & Health Economics
KODIERLEITFADEN FÜR INTENSIVMEDIZINSCHE ZUSAMMENHÄNGE DRG-SYSTEM 2019 - MedInfoWeb
ABKÜRZUNGS
VERZEICHNIS

ASB          Assisted Spontaneous Breathing                    LBFW             Landesbasisfallwert

BBFW         Bundesbasisfallwert                               MDK Medizinischer Dienst der Kranken-
                                                               		versicherungen
BWR          Bewertungsrelation
                                                               MRSA Methicillin-resistenter Staphyloccus
CC           Komplikationen und/oder Komorbi-                  		aureus
             ditäten
                                                               MVD              Mittlere Verweildauer
CPAP         Continuous Positive Airway Pressure
                                                               ND               Nebendiagnose
DIMDI        Deutsches Institut für Medizinische
             Dokumentation und Information                     OGVD             Obere Grenzverweildauer

DRG          Diagnosis Related Group                           OPS Operationen- und Prozeduren-
                                                               		schlüssel
EBM          Einheitlicher Bewertungsmaßstab
                                                               OR-Prozedur Operating Room-Prozedur
FPV          Fallpauschalenvereinbarung
                                                               PCCL             Patient Clinical Complexity Level
G-DRG        German Diagnosis Related Group                    		               (Patientenbezogener klinischer
                                                               		               Gesamtschweregrad)
GOÄ          Gebührenordnung für Ärzte
                                                               SAPS		           Simplified Acute Physiology Score
HA           Hauptabteilung
                                                               SIRS		 Systemisches inflammatorisches
HD           Hauptdiagnose                                     		Response-Syndrom

HFNC          High-Flow Nasal Cannulae                         SOFA		 Sequential Organ Failure
                                                               		Assessment
ICD          International Statistical Classifica-
             tion of Diseases and Related Health               TISS 		 Therapeutic Intervention Scoring
             Problems
                                                               		System
InEK         Institut für das Entgeltsystem im
                                                               UGVD            Untere Grenzverweildauer
             Krankenhaus
                                                               ZE               Zusatzentgelt
IntK          Intensivmedizinische Komplex-
              behandlung

Rechtlicher Hinweis:
Alle Angaben sind Empfehlungen von Medtronic, beziehen sich ausschließlich auf von Medtronic vertriebene Produkte und
Therapien und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit.
Die verwendeten Kodierbeispiele lassen keine allgemein gültigen Rückschlüsse auf deren Anwendung zu. Informationen
über die Anwendung bestimmter Produkte und Therapien von Medtronic finden Sie in der jeweiligen Gebrauchsanweisung.
Medtronic übernimmt daher in diesem Zusammenhang keine Haftung.

INHALTS
VERZEICHNIS
1. Einleitung & Überblick 										                                                    5

    1.1    Einführung in die Abrechnung stationär versorgter Fälle in Deutschland 		    5

      1.2    Abbildung der Intensivmedizin im DRG-System 2019 					                     6

      1.3    Intensivmedizinisch relevante Produkte						                               7

2.    Kodierung in der Intensivmedizin 								                                         9

      2.1    Maschinelle Beatmung								                                               9

		           2.1.1   Art der Beatmung 		         				                                   9

		           2.1.2   Beginn der Beatmung 							                                        9

		           2.1.3   Dauer der Beatmung 							                                        10

		           2.1.4   Ende der Beatmung							                                          11

		 2.1.5 Beispiele								                                                             12

		 2.1.6 Weaning als OPS-Code						                                                    13

      2.2    Intensivmedizinische Komplexbehandlung					                               14

		           2.2.1   TISS und SAPS								                                             14

		           2.2.2   Beispiele 								                                                17

      2.3    Infektionen									                                                      18

		           2.3.1   Bakteriämie 								                                              19

		           2.3.2   Sepsis, SOFA & SIRS							                                        20

		           2.3.3   Sepsis/ SIRS								                                              21

		           2.3.4   Resistente Erreger richtig verschlüsseln 				                     24

      2.4    Häufige ICDs in der Intensivmedizin 			           		                      24

      2.5    Häufige OPS in der Intensivmedizin 					                                  27

3.    Literatur- & Quellenverzeichnis 							                                          29
KODIERLEITFADEN FÜR INTENSIVMEDIZINSCHE ZUSAMMENHÄNGE DRG-SYSTEM 2019 - MedInfoWeb
1. EINLEITUNG
   & ÜBERBLICK
1.1 Einführung in die Abrechnung stationär versorgter Fälle in Deutschland

Mit Verabschiedung des §17 b im Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Kranken-
hauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) im Jahr 2000, wurde die Einführung eines durchgängigen und pau-
schalierenden Abrechnungssystems für stationäre Behandlungsfälle bundesweit verbindlich ab dem Jahr 2004
festgelegt.

Dabei sollen medizinisch ähnliche Kasuistiken mit homogenem Kostenhintergrund auf der Basis einer fundierten
Kostenträgerrechnung identifiziert, in Fallgruppen zusammengefasst und einheitlich vergütet werden.

Die statistisch belastbare und jährlich neue Umsetzung der wichtigen Kalkulationshintergründe dieses Systems ist Aufgabe
des Institutes für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) in Siegburg.

So entsteht, zum Jahreswechsel aktualisiert, ein Katalog erlösrelevanter Tatbestände auf Ebene der Fallpauschalen,
den sog. DRGs (Diagnosis Related Groups) und ergänzenden Zusatzentgelten (ZE).

Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Dabei erfolgt die Zuordnung eines bestimmten
Behandlungsfalles in die zugehörige DRG mit Hilfe eines zertifizierten Zuordnungsprogramms, dem sogenannten Grouper.
Dabei sind unter anderem die Eingabe von Operationen- und Prozedurenschlüssel nach §301 SGB V (OPS-301), die amt-
liche Klassifikation für Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland (ICD 10-GM) sowie weitere
Tatbestände relevant. Das gesamte DRG-System ist zunächst in unterschiedlichen Hauptdiagnosekategorien
(Major Diagnosis Category -MDC) aufgeteilt.

Für die endgültige Zuordnung der Fallpauschalen in der Intensivmedizin sind Beatmungszusammenhänge mit nach
Abrechnungsvorgaben zählbaren Stunden und komplexe Fallkonstellationen (komplizierende Konstellationen) von
besonderer Bedeutung.

Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung (Kodierung) haben die Vertragspartner auf Bundesebene sog.
Kodierrichtlinien verfasst. Die Anwendung dieser Kodierrichtlinien sowie des ICD-10-GM und des OPS-301 erfolgt dabei eng
am Wortlaut der normativen Vorgaben.

Für das Jahr 2019 liegen insgesamt 1.318 Fallpauschalen (DRG) vor, von denen viele intensivmedizinisch versorgte Fälle
abbilden.

Jeder DRG ist ein individuelles Kostengewicht (sog. Bewertungsrelation - BR) zugewiesen. Um die tatsächliche Erlöshöhe
einer Fallpauschale in Euro zu ermitteln, wird die Bewertungsrelation mit einem Erlösfaktor, dem Basisfallwert, multipliziert.
Als Basisfallwert ist in den nachfolgend dargestellten Beispielen der Bundesbasisfallwert des Jahres 2019 mit 3.544,97 €
zugrunde gelegt. Jedes Bundesland handelt einen eigenen Basisfallwert aus. Dieser kann sich vom durchschnittlichen Bun-
desbasisfallwert unterscheiden.

                                                                                                                                 5
KODIERLEITFADEN FÜR INTENSIVMEDIZINSCHE ZUSAMMENHÄNGE DRG-SYSTEM 2019 - MedInfoWeb
1.2         Abbildung der Intensivmedizin im DRG-System 2019

Für die Abbildung von intensivmedizinischen Leistungen stehen im System grundsätzlich zwei Erlöstatbestände zur
Verfügung.

Zum einen wird jedem Patienten pro Krankenhausaufenthalt immer eine Fallpauschale (DRG) zugeordnet.

Zum anderen werden einzelne im Verlauf eines Aufenthalts möglicherweise auftretende, besonders kostenauf-
wendige Tatbestände in zusätzlicher Weise ergänzend zur Fallpauschale entgolten. Diese Zusatzentgelte (ZE)
können sowohl teure Medikamente, Blutprodukte, medizinische Produkte und weitere Anteile im Behandlungsver-
lauf abbilden und werden in der Regel über Prozedurenschlüssel (OPS-301) definiert und verschlüsselt. Sie werden
in der Abrechnung separat ausgewiesen.

Die hier betrachteten, wesentlichen intensivmedizinischen Zuordnungstatbestände können, besonders bei kürzeren
Verweildauern, auch außerhalb ausschließlich spezifisch intensivmedizinischer Fallpauschalen erlösrelevant sein.

Beispiel einer spezifisch intensivmedizinischen Fallpauschale in der Prä-MDC (A09A, 2019).

 A09A (2019)

 Beatmung > 499 Stunden oder > 249 Stunden mit int. Komplexbeh. > 2352 / 1932 / 2208 P., mit angeb.Fehlbild. od.
 Tumorerkr., Alter < 3 J. oder mit hochkompl. Eingr. oder mit kompl. OR-Proz. oder int. Komplexbeh. > 1764 / 1932 / - P. und
 Alter < 16 Jahre

 Bewertungsrelation: 33,76

 Erlös: 119.678,18 €
Tabelle 1: Beispiel einer spezifischen intensivmedizinischen Fallpauschale

Schon der Worttext der Bezeichnung weist auf intensivmedizinisch relevante Kriterien hin (Beatmung; Intensivmedizinische
Komplexbehandlung).

Im Folgenden werden die wesentlichen Tatbestände der intensivmedizinischen Kodierung dargestellt und anhand von
Beispielen verdeutlicht.

Es besteht kein Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Eine eigene Recherche in den definierten Regelwerken ist
daher immer zu empfehlen. Alle Beispiele stellen jeweils den betrachteten Tatbestand explizit dar und erheben keinen
Anspruch auf vollumfängliche Kodierung und werden bei einer Verweildauer ohne Zu- und Abschläge dargestellt.

                                                                                                                               6
1.3     Intensivmedizinisch relevante Produkte

         BEATMUNG MIT DEM PURITAN BENNETT™ 980

                                     Das Universal-Beatmungsgerät Puritan Bennett™980 unterstützt sowohl
                                     die Anwender als auch die Patienten auf der Intensivstation dabei eine einfache,
                                     sichere und intelligente Beatmung zu gewährleisten.

                                     Einfach
                                      	
                                       Innovative Benutzeroberfläche
                                      	
                                       Hochgradig individualisierbares Display
                                      	
                                       Intuitive Bildschirmnavigation

                                     Sicher
                                      	
                                       Einzigartige Funktion zur Sicherheit der Beatmung
                                      	
                                       Integriertes Filtrationsystem für die Ausatmung

                                     Intelligent
                                      	
                                       Abstimmung auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten durch
                                       fortschrittliche Synchronisierungsinstrumente
                                      	
                                       Bietet die passende Atmungsunterstützung

                                     Unsere Synchronisierungsinstrumente passen sich den individuellen Bedürfnissen
                                     Ihres Patienten an und bieten die passende Atmungsunterstützung – von der Initiie-
                                     rung bis zum Abschluss.

Abbildung 1:
PB980 Beatmungsgerät

Puritan Bennett™ 980
Der Puritan Bennett™ 980 führt alle fünf Millisekunden
Hunderte von Berechnungen durch, um sich optimal
auf die Bedürfnisse des Patienten abzustimmen und
so unterstützend dazu beizutragen, dass der Patient
den Flow und das Volumen bekommt, das er braucht.
Immer dann, wenn er es braucht. Von Atemzug zu
Atemzug. Mit der PAV™+ Beatmungsart bestimmt
der Patient die Häufigkeit, Tiefe und Intervalle seiner
Atemhübe.

Das Echtzeit-Feedback über die Atemarbeit ermöglicht
dem Arzt, den Patienten auf einem beständigen Niveau
der Atemarbeit zu halten. Dadurch wird die Gefahr
einer Atemmuskelatrophie verringert und gleichzeitig
die Möglichkeit geschaffen, ausreichend Arbeit abzu-
geben, um eine Ermüdung zu verhindern.                       Abbildung 2:
                                                             PB980 Display zeigt Synchronität zwischen Patient und
                                                             Beatmungsgerät

Lesen Sie mehr über unsere Beatmungsgeräte und Lösungen für die Anästhesie und Intensivmedizin
hier: Puritan Bennett auf den Internetseiten von Medtronic

                                                                                                                          7
PATIENTENMONITORING MIT BIS UND INVOS

                                                                       INVOS™-System
                                                                       Das INVOS™-System ist für die Messung von Änderungen der
                                                                       regionalen zerebralen Sauerstoffsättigung vorgesehen, um
                                                                       das Gehirn und lebenswichtigen Organe vor einer Hypoxie zu
                                                                       schützen. Durch dieses Verfahren können Rückschlüsse auf
                                                                       eine angemessene zerebrale Perfusion gezogen werden.
                                                                       Das INVOS™-System kann somit dazu beitragen, PatientIn-
                                                                       nen vor irreversiblen Hirnschäden oder anderen Komplikatio-
                                                                       nen zu schützen, die lebenslange Folgen haben und zusätz-
                                                                       liche Kosten nach sich ziehen können.
                                                                       Die Messung erfolgt über nicht-invasive Optoden.

                                                                       Lernen Sie mehr über das Invos™-System:
                                                                       Produktinformationen auf den Webseiten: TrustInvos.com

          Abbildung 3:
          Invos 7100™ Optoden und Monitor Vorverstärkern

        BIS™-System
        Das BIS™-System ist ein zerebrales Monitoringsystem
        zur Überwachung der Sedierungs- bzw. Hypnosetiefe.
        Das Bispectral Index™-(BIS)-Monitoring ist eine kalkulierte
        EEG-Variable, die mit dem hypnotischen Zustand der Patient-
        Innen korreliert. Die Ableitung des EEG-Signals erfolgt über
        einen nicht-invasiven Stirnsensor.
        Das Signal des prozessierten EEGs wird in spektrale Wellen-
        anteile zerlegt.
        Der BIS ist eine dimensionslose Zahl. Der Bereich erstreckt
 KODIERUNG
        sich von 0 bis 100, wobei 100 »wach« bedeutet und 0 bei
 UND VERGÜTUNG
 IN DER einem isoelektrischen EEG angezeigt wird.
 STATIONÄREN
 VERSORGUNG
        Lernen Sie mehr über das BIS™-System:
 2019 BIS Monitoring auf den Internetseiten von Medtronic
                                                                          Abbildung 4:
                                                                          BIS™ Elektroden und Monitor

 superDimension™

          Den Kodierleitfaden für Invos™ und BIS™ sowie weitere
          Kodierleitfäden zu den Medtronic Produkten und Therapien
                                                                          Reimbursement
          finden sie auf unserer Webseite:                                und Gesundheits-
                                                                          ökonomie
                                                                                             KODIERUNG UND VERGÜTUNG
          www.medtronic-reimbursement.de                                  Erläuterung und
                                                                                             IN DER STATIONÄREN VERSORGUNG
                                                                          Kodierung von
                                                                          INVOS™ und BIS™

                                                                          Komplizierende     INVOS™                        BIS™
                                                                          Konstellation im
                                                                          Überblick
                                                                                             Zerebrale und somatische      Sedierungstiefe- und
                                                                                             Sauerstoffsättigungsmessung   Hypnosetiefemessung

                                                                          Kodierbeispiele

                                                                          Weitere
                                                                          Indikationen für
                                                                          den Einsatz von
                                                                          INVOS™

                                                                          Kurzüberblick
                                                                          G-DRG-Vergü-
                                                                          tung 2019

                                                                          Literatur

                                                                                                                                                  2019

                                                                                                                                                         8
perDimension™                                                            INVOS™
ektromagnetische Navigation                                              Intrazerebrale Sauerstoff-
2. KODIERUNG
   IN DER INTENSIVMEDIZIN
Dieses Kapitel zur Kodierung und Vergütung gliedert sich in vier Themenbereiche, begonnen beim Thema Beatmung, wird
über die Intensivmedizinische Komplexbehandlungen und dem Umgang mit Infektionen bis hin zu einer Übersicht über
häufig verwendete Codes zur Verschlüsselung von Diagnosen und Prozeduren ein Überblick über die Thematik gegeben.

2.1     Maschinelle Beatmung

Die in der Abrechnung anzusetzende Anzahl von Beatmungsstunden ist ein wesentlicher Zuordnungsfaktor in der
Erlösermittlung bei intensivmedizinisch versorgten Patienten.
Dabei wird das für die Abrechnung relevante Vorgehen bei der Erfassung in den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 2019
(spezielle Kodierrichtlinie „Maschinelle Beatmung“ 1001l) festgelegt.

2.1.1 Art der Beatmung

 Die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 2019 definieren die maschinelle Beatmung (künstliche Beatmung) als
 „…Vorgang bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden…“
 Zunächst muss demnach festgestellt werden, ob überhaupt eine maschinelle Beatmung im Sinne der DRK vorliegt. Dabei
 gelten Beatmungsformen, bei denen keine Gasvolumina in die Lunge bewegt werden (z.B. reines CPAP), zunächst
 grundsätzlich nicht als zählbare Beatmungsform im Sinne der DKR.
 Die Bezeichnung NIV (nicht invasive Ventilation) ist für die Kodierung völlig ohne Bedeutung. Es muss immer der tatsäch-
 lich angewandte Beatmungsmodus im Sinne der DKR betrachtet werden.

Im Falle der Entwöhnung (Weaning) kommen abweichende Regeln zum Tragen. Diese werden im Weiteren dargestellt.

 Zusätzlich ist zu beachten, dass für das Vorliegen einer maschinellen Beatmung nach DRK eine Intubation oder
 Tracheostomie nicht zwingend erforderlich ist. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beat-
 mung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheostomie einge-
 setzt werden. High-Flow-Systeme wurden nur in der Einführungsphase zur Beatmung gerechnet. Inzwischen zählen diese
 Systeme nicht mehr zur Beatmungszeit dazu. Allerdings spielen die High-Flow-systeme im Weaning eine gewisse Rolle.

2.1.2 Beginn der Beatmung

Liegt eine maschinelle Beatmung nach der Definition der DKR vor, ist im nächsten Schritt der Beginn der Beatmung zu
ermitteln. Dabei sind zwei Situationen zu unterscheiden:

1. D
    er Patient ist bereits zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme maschinell beatmet.
   Als Beginn der Beatmung wird dann der Zeitpunkt der stationären Aufnahme gewertet.
   Dieser Zeitpunkt (meist Einlesen der Krankenversichertenkarte) muss dokumentiert werden. Die erste schriftlich doku-
   mentierte Zeit im KIS (Krankenhaus Informationssystem) wird zugrunde gelegt. Diskrepanzen führen zu Irritationen und
   werden nicht immer zu Gunsten des Krankenhauses ausgelegt.

                                                                                                                            9
2.	Der Patient wird erst im stationären Verlauf beatmungspflichtig. In diesem Fall beginnt die Beatmungsdauer mit dem
    Beginn der maschinellen Beatmung, d.h. mit der Beatmung mittels Maske (Präeoxygenierung) und nicht erst mit der
    Intubation. Die Beatmung ist minutengenau zu dokumentieren. Zusätzlich muss in diesem Fall noch der Zugangsweg
    kodiert werden.

Tabelle mit OPS-Codes zur Darstellung des Zugangsweges

  OPS-Code              Beschreibung

  8-701                 Einfache endotracheale Intubation

  8-704                 Intubation mit Doppellumentubus

  8-706                 Anlegen einer Maske zur maschinellen Beatmung

  5-311                 Temporäre Tracheostomie

  5-312                 Permanente Tracheostomie

Tabelle 2: OPS Kodierung des Zugangsweges

Ausnahme:
Eine entscheidende Ausnahme zu dieser Regelung stellt der Beginn der Beatmung im Rahmen einer OP dar.
Eine im OP begonnene Beatmung ist nur dann zu kodieren, wenn das Beatmungsintervall länger als 24 Stunden dauert.
Als Beatmungsintervall ist nach den Vorgaben der DKR ein fortlaufendes, als Beatmungszeit zu zählendes Zeitintervall zu
verstehen.

2.1.3 Dauer der Beatmung

Liegen mehrere Beatmungsperioden vor, werden alle Beatmungsintervalle minutengenau addiert, die Gesamtdauer wird auf
die volle Stunde aufgerundet. Auch Weaningphasen gelten grundsätzlich als Teil der Beatmungsintervalle und werden inklusi-
ve der reinen Spontanatmungszeiten des Patienten mitgezählt.

Im Weaningverlauf können dabei Beatmungszeiten unter CPAP/ASB oder CPAP mit Druckunterstützung in vollem Umfang
zu den Beatmungszeiten hinzugezählt werden. Für den speziellen Fall einer Entwöhnung mit reinem Masken-CPAP gelten
abweichende Regeln, die unten beschrieben werden.

Dabei können variierende Beatmungszeiten zum Teil erheblich erlösrelevant im DRG-System wirken. Hierbei kommt es
jedoch in der Zuordnungslogik zu Erlössprüngen, die sich nicht auf jede einzelne Beatmungsstunde, sondern auf definierte
Zeitintervalle beziehen.
Eine erste Erlösrelevanz kann dabei bei mehr als 24 abgerechneten Beatmungsstunden entstehen.
Weitere mögliche Erlössprunge in Bezug auf abgerechnete Beatmungszeiten können bei der Überschreitung der
59h-; 95h-; 179h-; 249h-; 499h-; 999h-; 1799h-Grenze entstehen (siehe Beispiele unten).

Eine stabile respiratorische Situation liegt vor, wenn ein Patient über einen längeren Zeitraum (siehe unten) vollständig
und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet.

Eine definierte Dauer der vollumfänglichen Übernahme der Atemfunktion in der Beatmung vor Beginn der Weaningphase
existiert nach den Vorgaben der DKR nicht.
Das BSG hat dazu mit Urteil vom 19.12.2017 (B 1 KR 18/17 R) ausgeführt, dass die Entwöhnung im Sinne der DKR 1001h
eine Gewöhnung an die maschinelle Beatmung voraussetzt.
Eine Mindestzeitdauer für die Gewöhnung an eine maschinelle Beatmung hat das BSG in dem Urteil nicht definiert.

Zu den in der Abrechnung mitzuzählenden längsten Spontanatmungsperioden im Weaning führt die DKR (1001l)
folgendes aus:

  Abrechenbare Spontanatmungszeiten im Weaning werden wie folgt definiert:
    	 Patienten, die (inklusive Entwöhnung) bis zu 7 Tage beatmet wurden: max. 24 Stunden
   Für
   	 Patienten, die (inklusive Entwöhnung) mehr als 7 Tage beatmet wurden: max. 36 Stunden
    Für

                                                                                                                            10
Fallbeispiel: Abrechenbare Spontanatmungszeiten

Beispiel 1

Ein Patient wird seit dem 05.07. beatmet. Am 10.07. um 12:00 Uhr endet die letzte maschinelle Atemunterstützung mit dem
Ziel die Atemunterstützung einzustellen. Am 11.07. benötigt der Patient wegen respiratorischer Instabilität um 10:00 Uhr
wieder maschinelle Atemunterstützung (innerhalb des definierten Zeitraums von 24 Stunden bei Beatmung bis zu 7 Tagen).
Bei der Berechnung der Gesamtbeatmungsdauer wird auch das beatmungsfreie Zeitintervall vom 10.07. um 12:00 Uhr bis
zum 11.07. um 10:00 Uhr für die Beatmungsperiode berücksichtigt.

                              Beatmung                 Spontanatmung                  Beatmung
                                                          < 24 Std.
                     5.7.                        10.7.               11.7.
                                                12 Uhr              10 Uhr

                                        Spontanatmung zählt zur Gesamtbeatmungszeit

Beispiel 2

Ein Patient wird seit dem 05.07. beatmet. Am 10.07. um 12:00 Uhr endet die letzte maschinelle Atemunterstützung mit dem
Ziel die Atemunterstützung einzustellen. Am 11.07. wird um 12:00 Uhr festgestellt, dass der Patient respiratorisch stabil ist
und suffizient spontan atmet (Ende des definierten Zeitraums von 24 Stunden bei Beatmung bis zu 7 Tagen). Die Berech-
nung der Beatmungsdauer endet am 10.07. um 12:00 Uhr. Wird der Patient zu einem späteren Zeitpunkt (nach 11.07., 12:00
Uhr) wieder beatmungspflichtig, beginnt eine neue Beatmungsperiode.

                              Beatmung                 Spontanatmung                  Beatmung
                                                          > 24 Std.
                                 5.7.            10.7.               11.7.
                                                12 Uhr              12 Uhr
                                                       Spontanatmung
                            Beatmungszeit           keine Beatmungszeit              Beatmungszeit

Auch der besondere Fall einer Entwöhnung unter Maskenzugang im reinen CPAP Modus findet in der DKR Beachtung.
Dabei sind alle anderen Vorgehensweisen (z.B. CPAP-ASB) explizit nicht gemeint.

Im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch
Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung ist eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich, wenn die Spontan-
atmung des Patienten insgesamt mindestens 6 Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt wurde.

2.1.4 Ende der Beatmung

Die Berechnung der Dauer der Beatmung endet nach DKR mit einem der folgenden Ereignisse:

	Extubation,
 	dem Ende der maschinellen Beatmung (ggf. unter Betrachtung von Weaningzeiten),
 	der Entlassung oder Verlegung (auch intern) des Patienten,
 	dem Tod des Patienten.

Das Ende der maschinellen Beatmung wird also definiert als Extubation oder Ende der Beatmung (auch beim Ende der
Weaningphase). Dabei ist wichtig, dass das Ende der Entwöhnung nur retrospektiv nach Eintreten einer stabilen respiratori-
schen Situation festgestellt werden kann. Eine stabile respiratorische Situation liegt vor, wenn ein Patient über einen längeren
Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet (DKR 1001h).

Für die Berechnung der Beatmungsdauer gilt als Ende der Entwöhnung dann das Ende der letzten maschinellen Unterstüt-
zung der Atmung.

                                                                                                                             11
2.1.5 Beispiele

Beispiel 1

Ein Patient mit der Hauptdiagnose Pneumonie wird seit dem 05.07.19, 14:00 Uhr bis zum 06.07.19, 13:10 Uhr durchgehend
beatmet (der Beatmungsmodus entspricht der Definition der DKR). Danach ist eine spontane Atmung möglich. Es werden
24 Stunden Beatmung in der Abrechnung angesetzt.

  Code                   Beschreibung

  Diagnose

  J18.9                  Pneumonie nicht näher bezeichnet

  Beatmung

    24 Stunden

  DRG                    Beschreibung                                         Relativgewicht

                         Infektionen und Entzündungen der
                         Atmungsorgane ohne kompl. Diagnose, ohne
                         äußerst schwere CC oder ein Belegungstag,
  E79D                                                                        0,775
                         außer bei Para- / Tetraplegie, ohne best. mäßig
                         aufwendige Behandlung, Alter > 0 J., ohne äußerst
                         schwere od. schwere CC od. Alter >13 J.

  Erlös:                                                                     2.747,35 €
Tabelle 3: Beispiel Beatmungsstunden 24 Std.

Beispiel 2

Derselbe Patient wird nun seit dem 05.07.19 14:00 Uhr bis zum 06.07.19 14:10 Uhr durchgehend maschinell beatmet.
Danach ist eine spontane Atmung möglich. Es werden 25 Stunden Beatmung in der Abrechnung angesetzt.

  Code                   Beschreibung

  Diagnose

  J18.9                  Pneumonie nicht näher bezeichnet

  Beatmung

    25 Stunden

  DRG                    Beschreibung                                         Relativgewicht

                         Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane
                         mit Beatmung > 24 Stunden, mehr als 2
  E40C                                                                        2,386
                         Belegungstage, mit komplexer Prozedur, ohne
                         äußerst schwere CC, außer bei Para- / Tetraplegie

  Erlös:                                                                     8.458,30 €
Tabelle 4: Beispiel Beatmungsstunden 25 Std.

                                                                                                                   12
Beispiel 3

Nun wird der Patient seit dem 05.07.19 14:00 Uhr bis zum 08.07.19 20:10 Uhr durchgehend beatmet.
Danach befindet sich der Patient am 09.07.19 um 23:00 Uhr zum letzten Mal im Rahmen eines Weanings unter CPAP (ASB)
an der Beatmungsmaschine. Es werden 105 Stunden Beatmung in der Abrechnung angesetzt.

  Code                  Beschreibung

  Diagnose

  J18.9                 Pneumonie nicht näher bezeichnet

  Beatmung

   105 Stunden

  DRG                   Beschreibung                                          Relativgewicht

                        Beatmung > 95 Stunden mit bestimmter OR-
                        Prozedur oder kompliz. Konstellation, ohne
                        äußerst schwere CC, verstorben oder verlegt <
  A13H                                                                        3,728
                        9 Tage oder ohne best. OR-Proz., ohne kompliz.
                        Konst., Alter > 15 J., ohne kompliz. Diagnose oder
                        Proz., ohne äuß. schw. CC

  Erlös:                                                                     13.215,65 €
Tabelle 5: Beispiel Beatmungsstunden 105 Std.

  Intervallanteil           Modus /DKR                Beatmungsbeginn                 Beatmungsende     Zeit

  1                         Bewegung Gase             05.07. 14:00                    08.07. 20:10      78h 10min

  2                         Weaning                   08.07. 20:11                    09.07. 23:00      26h 50min

                                                                                      Gesamt            105 h

Tabelle 5-a: Beatmungsstunden im Beispiel 3

Beatmungsstunden können dabei an harten Grenzen innerhalb der DRG-Systematik erhebliche Erlössprünge in der
Abrechnung auslösen.

2.1.6       Weaning als neuer OPS

Ab 01.01.2019 wurde ein neuer OPS-Schlüssel für die Anzahl der Tage der Entwöhnung im OPS-Katalog eingeführt.
Mindestmerkmale

 M
  	 indestens ein täglich dokumentierter Spontanatmungsversuch (inklusive Atemunterstützung mit z.B. CPAP oder HFNC)
  oder schriftlicher Begründung bei Nichtdurchführung oder Versagen des Spontanatmungsversuches.

 	Ein Weaningprotokoll pro Behandlungstag (Mindestanforderung: Dokumentation von Beatmungsstrategie,
  Sedierung, Monitoring)
  Als Behandlungstage gelten alle Tage ab Beginn der Beatmung, an denen mindestens ein Spontanatmungsversuch durch-
  geführt wurde oder für die eine schriftliche Begründung der Nichtdurchführung oder des Versagens des täglichen Spon-
  tanatmungsversuches vorliegt.

Tage, an denen kein Spontanatmungsversuch unternommen wurde und keine schriftliche Begründung der
Nichtdurchführung oder des Versagens des täglichen Spontanatmungsversuches vorliegt, sind nicht zu zählen.
Tage ohne eine (intermittierende) maschinelle Beatmung sind nicht zu zählen. Die Einleitung einer häuslichen maschinellen
Beatmung während desselben stationären Aufenthaltes ist gesondert zu kodieren (8-716 ff.).
                                                                                                                        13
OPS-Code               Beschreibung

  8-718.0                Mindestens 1 bis höchstens 2 Behandlungstage

  8-718.1                Mindestens 3 bis höchstens 5 Behandlungstage

  8-718.2                Mindestens 6 bis höchstens 10 Behandlungstage

  8-718.3                Mindestens 11 bis höchstens 20 Behandlungstage

  8-718.4                Mindestens 21 bis höchstens 40 Behandlungstage

  8-718.5                Mindestens 41 bis höchstens 75 Behandlungstage

  8-718.6                Mindestens 76 Behandlungstage
Tabelle 6: Übersicht OPS 8-718 für das Weaning

Der in 2019 erstmals zu kodierende OPS-Code zum Weaning besitzt keine Erlösrelevanz. Es ist von Beginn an auf die korrek-
te Erfassung zu achten, da der Schlüssel im Kontext der Abrechnungsüberprüfung seitens der Kostenträger für die Weiter-
entwicklung des DRG-Systems wichtig wird.

2.2       Intensivmedizinische Komplexbehandlung

Um die Krankheitsschwere und die Behandlungsintensität bei intensivmedizinisch versorgten Patienten besser kalkulieren
und dann erlösrelevant im DRG-System abbilden zu können, wird auf spezifische Scoring-Systeme zurückgegriffen.
Diese werden nachfolgend beschrieben.

2.2.1 TISS und SAPS

Im DRG-System werden als Grundlage eines tagesbezogenen Bepunktungsschemas zur Abbildung von Krankheitsschwere
und Behandlungsaufwand folgende Orginal-Scores in abgewandelter, zusammengefügter Form verwendet.

TISS 10 - Therapeutic Intervention Scoring System

 	Erfassung der pflegerischen und therapeutischen Arbeitsleistungen

SAPS II - Simplified Acute Physiology Score

 	Einschätzung der Krankheitsschwere intensivmedizinischer Patienten

Sie dienen der täglichen Erfassung kriterienbezogener Scoringpunkte (s, u.), die dann zu einem Gesamtpunktwert
aufsummiert werden.

                                                                                                                         14
Kriterien TISS/ SAPS

Der Bei der Berechnung der täglichen SAPS II werden die folgenden Kriterien berücksichtigt (linke Spalte).
Aus dem TISS-28 werden lediglich die 10 aufwendigsten Merkmale täglich erfasst (rechte Spalte).

  SAPS II Variablen                                      TISS Parameter

  Herzfrequenz [1/min]                                   Apparative Beatmung

  Systolischer Blutdruck [mmHg]                          Infusion multipler Katecholamine (>1)

  Körpertemperatur [°C]                                  Flüssigkeitsersatz in hohen Mengen (>5 l/24 Std.)

  PaO2/FiO2* [mmHg]                                      Peripherer arterieller Katheter

  Ausfuhr Urin [l/d]                                     Linksvorhof-Katheter / Pulmonalis-Katheter

  Harnstoff im Serum [g/l]                               Hämofiltration / Dialyse

  Leukozyten [10³/mm³]                                   Intrakranielle Druckmessung

  Kalium im Serum [mmol/l]                               Behandlung einer metabolischen Azidose / Alkalose

  Natrium im Serum [mmol/l]                              Spezielle Interventionen auf der ITS (z.B. Tracheotomie, Kardioversion)

  Bicarbonat im Serum [mmol/l]                           Aktionen außerhalb der Station (Diagnostik / Operation)

  Bilirubin im Serum [µmol/l]

Tabelle 7: Übersicht SAPS 2 Variablen & TISS Parameter
* Erhebung nur im Falle der maschinellen Beatmung

Der Gesamtpunktwert des Falles definiert einen intensivmedizinischen Komplex-OPS. Dieser OPS unterscheidet sich nach den
klinikindividuell vorliegenden Struktur- und Personalvoraussetzungen und der Erwachsenen- und pädiatrischen Versorgung.

  OPS 8-98d              Intensivmedizinische Komplexbehandlung im Kindesalter (Basisprozedur)

 D
  	 ie patientennahe Pflege erfolgt durch Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-innen mit einer Fachweiterbildungsquo-
  te im Bereich Pädiatrische Intensivpflege von 40 %. Sofern die Fachweiterbildung für die Pflege noch nicht vorliegt, ist zur
  Aufrechterhaltung bereits bestehender Versorgungsangebote übergangsweise bis zum Jahresende 2019 eine vergleich-
  bare fünfjährige Erfahrung in der pädiatrischen Intensivpflege ausreichend
 	Die Behandlung erfolgt auf einer für die Behandlung von intensivpflichtigen Kindern und Jugendlichen spezialisierten
  Einheit unter fachärztlicher Behandlungsleitung: Leitung und Stellvertretung werden entweder durch Fachärzte für Kinder-
  und Jugendmedizin/Kinderchirurgie mit der Zusatzweiterbildung Pädiatrische Intensivmedizin wahrgenommen oder
  durch einen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin/Kinderchirurgie mit der Zusatzweiterbildung Pädiatrische/ Kinder
  chirurgische Intensivmedizin und einen Facharzt für Anästhesie mit der Zusatzweiterbildung Intensivmedizin und mindes-
  tens 2 Jahren Erfahrung in der intensivmedizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen
 K
  	 ontinuierliche 24-stündige Überwachung (Monitoring von mindestens folgenden Parametern: Herzfrequenz, EKG, Blut-
  druck, Sauerstoffsättigung, Temperatur, Urinausscheidung) und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pfle-
  gepersonal und Ärzten, die in der pädiatrischen Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten
  kennen
 	Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein
 	Folgende Dienstleistungen/Konsiliardienste stehen zur Verfügung (eigene Abteilung oder fester Kooperationspartner mit
  kurzfristiger (max. 30-minütiger) Einsatzbereitschaft: Kinderchirurgie, Kinderkardiologie, Radiologie mit Computertomo-
  graphie und/oder Magnetresonanztomographie und Erfahrung in der Beurteilung von kinderradiologischen Fragestellun-
  gen, Neuropädiatrie, Labor und Mikrobiologie
 	24-Stunden-Verfügbarkeit von röntgenologischer und sonographischer Diagnostik und bettseitiger Routinelabordiag-
  nostik (z.B. Blutgasanalysen, Bestimmung von Elektrolyten, Laktat)
 	Spezielle intensivmedizinische Prozeduren wie Transfusion von Plasma und Plasmabestandteilen, Plasmapherese und
  Immunadsorption, Maßnahmen im Rahmen der Reanimation u.a. sind gesondert zu kodieren

                                                                                                                                   15
OPS 8-98f       Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) sog. Super-SAPS

 	Kontinuierliche 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und
   Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen
 	Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“, der den überwiegenden Teil
   seiner ärztlichen Tätigkeit auf der Intensivstation ausübt
 E	 in Facharzt mit der Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“ (die Behandlungsleitung oder ein anderer Facharzt mit der
   Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“) muss werktags (Montag bis Freitag) zwischen 8 und 18 Uhr mindestens 7 Stunden
   auf der Intensivstation anwesend sein. Außerhalb dieser Anwesenheitszeit muss ein Facharzt mit der Zusatzweiterbildung
   „Intensivmedizin“ innerhalb von 30 Minuten am Patienten verfügbar sein
 	Ein Facharzt mit der Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“ (die Behandlungsleitung oder ein anderer Facharzt mit der
   Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“) muss täglich mindestens eine Visite durchführen
 	Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein. Der Arzt der Intensivstation kann
   zu einem kurzfristigen Notfalleinsatz innerhalb des Krankenhauses (z.B. Reanimation) hinzugezogen werden
 2	 4-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum:
 	Apparative Beatmung • Nicht invasives und invasives Monitoring
 	Kontinuierliche und intermittierende Nierenersatzverfahren
 	Endoskopie des Gastrointestinaltraktes und des Tracheobronchialsystems
 	Intrakranielle Druckmessung oder Hybrid-Operationssaal für kardiovaskuläre Eingriffe
	Transösophageale Echokardiographie
 	24-stündige Verfügbarkeit von drei der folgenden vier Verfahren im eigenen Klinikum:
 	Radiologische Diagnostik mittels CT und MRT
 	Interventionelle Kardiologie mit Akut-PTCA
 	Interventionelle (Neuro)radiologie mit akuter endovaskulärer Therapie von Gefäß- und Organverletzungen und/oder
   zerebralen Gefäßverschlüssen
	Laborleistungen
 	Mindestens 6 von den 8 folgenden Fachgebieten sind innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus als klinisch
   Konsiliardienste (klinikzugehörig oder aus benachbarten Kliniken) verfügbar: Kardiologie, Gastroenterologie, Neurologie,
   Anästhesiologie, Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie
 	Tägliche Verfügbarkeit (auch am Wochenende) von Leistungen der Physiotherapie
 	Die Anzahl der Aufwandspunkte errechnet sich aus der Summe des täglichen SAPS II (ohne Glasgow Coma Scale) über
   die Verweildauer auf der Intensivstation (total SAPS II) plus der Summe von 10 täglich ermittelten aufwendigen Leistungen
   aus dem TISS-Katalog über die Verweildauer auf der Intensivstation
 	Die zu verwendenden Parameter des SAPS II und des TISS sind im Anhang zum OPS zu finden
 	Spezielle intensivmedizinische Prozeduren, wie Transfusion von Plasma und Plasmabestandteilen, Plasmapherese und
   Immunadsorption, Maßnahmen im Rahmen der Reanimation u.a. sind gesondert zu kodieren
 	Diese Codes sind für Patienten, die bei stationärer Aufnahme das 14. Lebensjahr vollendet haben, anzugeben

  OPS 8-980       Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur)

 K
  	 ontinuierliche 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und
  Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen
 	Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“
 E
  	 ine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein. Der Arzt der Intensivstation kann
  zu einem kurzfristigen Notfalleinsatz innerhalb des Krankenhauses (z.B. Reanimation) hinzugezogen werden
 	Die Anzahl der Aufwandspunkte errechnet sich aus der Summe des täglichen SAPS II (ohne Glasgow Coma Scale) über
  die Verweildauer auf der Intensivstation (total SAPS II) plus der Summe von 10 täglich ermittelten aufwendigen Leistungen
  aus dem TISS-Katalog über die Verweildauer auf der Intensivstation
 	Die zu verwendenden Parameter des SAPS II und des TISS sind im Anhang zum OPS zu finden
 S
  	 pezielle intensivmedizinische Prozeduren, wie Transfusion von Plasma und Plasmabestandteilen, Plasmapherese und
  Immunadsorption, Maßnahmen im Rahmen der Reanimation u.a. sind gesondert zu kodieren
 	Diese Codes sind für Patienten, die bei stationärer Aufnahme das 14. Lebensjahr vollendet haben, anzugeben

Hinweis:
Die gesamten Kriterien sind im Anhang des OPS-Katalog 2019 zu finden.

                                                                                                                         16
2.2.2 Beispiele

Beispiel 1

Ein Patient mit einer schweren Pneumonie wird im Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung zwei Tage intensivmedizi-
nisch versorgt. Es werden 97 Aufwandspunkte ermittelt. Der OPS 8-980.0 wird angesetzt. Es erfolgt keine Beatmung.

  Code                   Beschreibung

  Diagnose

  J18.9                  Pneumonie nicht näher bezeichnet

  Prozeduren

  8-980.0                Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur): 1 bis 184 Aufwandspunkte

  Beatmung

          -

  DRG                    Beschreibung                                                           Relativgewicht

                         Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane ohne kompl.
                         Diagnose, ohne äußerst schwere CC oder ein Belegungstag, außer
  E79D                                                                                          0,775
                         bei Para- / Tetraplegie, ohne best. mäßig aufwendige Behandlung,
                         Alter > 0 J., ohne äußerst schwere od. schwere CC od. Alter >13 J.

   Erlös:                                                                                       2.747,35€
Tabelle 8: Intensivmedizinische Komplexbehandlung 1

Beispiel 2

Der Patient mit einer schweren Pneumonie wird im Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung acht Tage intensivmedizi-
nisch versorgt. Es werden 382 Aufwandspunkte ermittelt. Der OPS 8-980.11 wird angesetzt. Es erfolgt keine Beatmung.

  Code                  Beschreibung

  Diagnose

  J18.9                 Pneumonie nicht näher bezeichnet

  Prozeduren

                        Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur): 185 bis 552 Aufwandspunkte: 369 bis 552
  8-980.11
                        Aufwandspunkte

  Beatmung

          -

  DRG                   Beschreibung                                           Relativgewicht

                        Bestimmte andere Infektionen und Entzündungen
  E77E                                                                         1,973
                        der Atmungsorgane, Alter > 9 Jahre

   Erlös:                                                                      6.994,23 €
Tabelle 9: Intensivmedizinische Komplexbehandlung 2

                                                                                                                          17
Beispiel 3

Der Patient mit einer schweren Pneumonie wird im Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung zwölf Tage intensivmedi-
zinisch versorgt. Es werden 562 Aufwandspunkte ermittelt. Der OPS 8-980.20 wird angesetzt. Es erfolgt keine Beatmung.

  Code                  Beschreibung

  Diagnose

  J18.9                 Pneumonie nicht näher bezeichnet

  Prozeduren

                        Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur): 553 bis 1104 Aufwandspunkte: 553 bis 828
  8-980.20
                        Aufwandspunkte

  Beatmung

  -

  DRG                   Beschreibung                                         Relativgewicht

                        Intensivmedizinische Komplexbehandlung > 588 /
                        552 / 552 Aufwandspunkte oder hochaufwendiges
  E36Z                                                                       7,691
                        Implantat bei Krankheiten und Störungen der
                        Atmungsorgane.

   Erlös:                                                                    27.264,34 €
Tabelle 10: Intensivmedizinische Komplexbehandlung 3

Es zeigt sich, dass die sorgfältige Erfassung und Kodierung intensivmedizinischer Behandlung, auch bei nicht beatmeten
Patienten bereits erhebliche Erlösauswirkungen haben kann. Die Kombination mit signifikanten Beatmungsstunden kann
diesen Effekt noch verstärken.

2.3         Kodierung von Infektionen

Auch die Kodierung von Infektionen folgt einem strengen Regelwerk, welches wie folgt aufgebaut ist. Es ist gemäß DKR
D012i stets zunächst ein

  Ätiologie
   	         Code (Diagnose mit einem Kreuz „†“aus dem Kapitel A und Kapitel B des ICD-10-GM Katalogs), beispielsweise
   für eine Candida-Meningitis (B37.5†) und anschließend (Achtung: die Reihenfolge ist wichtig und muss eingehalten
   werden) ein

  Manifestations
   	                Code (ICD-10-GM Code mit einem Stern “*“) hier entsprechend etwa eine Meningitis bei andernorts
   klassifizierten Mykosen kodiert mit dem Code G02.1*) anzugeben.

Diese Regel ist als „Kreuz-Stern-Regel“ zur Doppelkodierung bekannt (Vgl. DKR D012f).
Ein Blick in die Vorschriften der DKR zu diesem Thema ist an dieser Stelle äußerst ratsam.

 	Im Zusammenhang mit Infektionen tauchen wiederkehrend einige Begriffe auf, deren Bedeutung in der unten stehenden
  Tabelle übersichtsartig usammengefasst ist, um Ihnen den Einstieg in die Thematik zu erleichtern.

                                                                                                                           18
Übersicht: Zentrale Begriffe im Zusammenhang mit Infektionen (aus klassifikatorischer Sicht)

  Bakteriämie                                  Vorkommen lebensfähiger Backterien im Blut

  Systemic Inflammatory                        Generalisierte hyperinflammatorische Reaktion verschiedener Ursachen
  Response Syndrome (SIRS)                     (z.B. Infektion, Verbrennung, Trauma)

  Sepsis                                       SIRS hervorgerufen durch eine Infektion

  Schwere Sepsis                               Sepsis mit Organdysfunktionen

  Septischer Schock                            Sepsis mit Schock
Tabelle 11: Übersicht über zentrale Begriffe im Zusammenhang mit Infektionen

Die hier übersichtsartig dargestellten Begriffe werden in den folgenden Abschnitten in den Zusammenhang zur Beat-
mungs- und Intensivmedizin und der entsprechend korrekten Kodierung gesetzt. Zum Zweck der Übersichtlichkeit
sind einige Zusammenhänge auch hier verkürzt dargestellt, sodass eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den
Themen empfohlen wird.

2.3.1 Bakteriämie

Die Bakteriämie ist gekennzeichnet durch das Vorkommen lebensfähiger Bakterien im Blut. Da die Bakteriämie mit einer
Ausnahme (s. Ausnahme) nicht mit den Codes für eine Sepsis kodiert wird, ist hier einmal mehr Ihre Aufmerksamkeit
gefordert.

Kodierung der Bakteriämie.
Die Bakteriämie ist mit einem Code aus dem Kapitel I „Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten“ und hier der
Gruppe A30-A49 für Sonstige bakterielle Krankheiten des ICD-10-GM Katalogs für Bakterielle Infektion nicht näher
bezeichneter Lokalisationen zu kodieren.

  ICD-10-GM CODE                               Beschreibung

  A49.9                                        Bakterielle Infektion, nicht näher bezeichnet inkl. Bakteriämie
Tabelle 12: ICD-10-GM Code A49.9 Bakteriämie (außer bei Meningokokken-Nachweis)

Alternativ kann ein Code verwendet werden, der spezifisch den Erreger benennt, z.B.

  ICD-10-GM CODE                               Beschreibung

  A54.9                                        Gonokokkeninfektion, nicht näher bezeichnet
Tabelle 13: ICD-10-GM Code A54.9 Bakteriämie (außer bei Meningokokken-Nachweis)

Eine Ausnahme hierzu bildet die Meningokokken-Bakteriämie. Sie wird mit einem Sepsis Code verschlüsselt:

  ICD-10-GM CODE                               Beschreibung

  A39.4                                        Meningokokkensepsis, nicht näher bezeichnet inkl. Meningokokken-Bakteriämie o n.A.
Tabelle 14: ICD-10-GM Code A39.4 Bakteriämie

                                                                                                                                    19
2.3.2 Sepsis, SOFA & SIRS

 Am Beispiel der Sepsis zeigt sich, dass Klinik und Klassifikation auch in einem regelmäßig aktualisierten und hochkom-
 plexen Kodierregelwerk nicht immer auf dem gleichen Stand sind. Die Definitionen einer systematischen Körperreak-
 tion, etwa durch veränderte Körpertemperatur, Herz- und Atemfrequenz oder Veränderungen des Blutbildes nach den
 sog. SIRS-Kriterien, ist aus medizinischer Sicht heute durch die seit 2016 existierende Sepsis Definition nicht
 mehr aktuell. Während aus medizinscher Sicht das Organversagen in den Mittelpunkt der Sepsis Diagnose ge-
 stellt wurde, gelten die SIRS-Kriterien für Kodierung im Fallpauschalensystem zunächst weiter, sodass die Kenntnis
 dieser Kriterien unabdingbar bleibt. Der Weiterentwicklung der DKR ist durch das Vorschlagsverfahren bereits Rechnung
 getragen: ein Antrag zur Anpassung des klassifikatorischen Umgangs an den medizinischen Umgang mit der Sepsis
 ist von der Deutschen Sepsis Gesellschaft e.V. (DSG) bereits beim DIMDI eingereicht. Bis zur Umsetzung gelten für die
 Kodierung aber weiterhin die seit 2007 bekannten Kriterien, die im Folgenden dargestellt werden:

Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Deutsche Sepsis-Gesellschaft
(DSG) beschreiben SIRS bzw. dessen Organkomplikationen folgendermaßen:

  	
   Die SIRS-Kriterien sind nur auf Patienten ab dem vollendeten 16. Lebensjahr (≥16 Jahre) anwendbar

  Der
   	 Nachweis der nachfolgenden Kriterien (vgl. Abbildung 5) einschließlich derjenigen der Organkomplikationen, muss im
   Einzelfall unter Würdigung ggf. anderer, gleichzeitig bestehender Krankheitszustände bewertet werden

  D
    	 ie jeweiligen Kriterien eines SIRS infektiöser Genese ohne Organkomplikation(en) (Sepsis) sowie derjenigen eines SIRS
    infektiöser Genese mit Organkomplikation(en) (schwere Sepsis) müssen maßgeblich durch die Infektion begründet sein

  	
   Dies gilt auch für die Kriterien der Organkomplikation(en) einer SIRS infektiöser Genese

  V
    	 oraussetzung für eine SIRS infektiöse Genese ist immer die Diagnose einer Infektion über den mikrobiologischen Nach-
    weis oder durch klinische Kriterien

                                                                                              SIRS

                                                                                         Mit Infektion?

                                                       nein                                                                               ja                           i     Def.: SIRS aufgrund
                                                                                                                                                                           einer Infektion = Sepsis

                                                  Ohne                                                                            Ohne                                 i      Infos zur Organdys-
                                                                                                                                                                             funktion in Tabelle 15
                                            Organkomplikation?                                                              Organkomplikation?

                                   nein                                      ja                                    nein                                           ja

                                                                                                     i   Sepsis mit Organkomplikation =
                                                                                                                Schwere Sepsis

   R65.0!                         R65.3!                                  R65.2!                                  R65.1!                                      R65.0!

  N.n. bez.                                                                                                                                         Blutkultur positiv?

                                                                                                                                                   nein                      ja
                                              Mindestens 2 Kriterien (s.u.) müssen erfüllt sein
                                                                                                                                                   Mind. 4                 Mind. 2
                                                                                                                                               Kriterien (s.u.)        Kriterien (s.u.)
                                                                                                                                               müssen erfüllt          müssen erfüllt
                                                                                                                                                    sein                    sein

                                                                                            Kriterien
                   1.   Fieber (≥ 38.0°C) oder Hypothermie (≤ 36,0°C) bestätigt durch eine rektale, intravasale oder intravesikale Messung
                   2.   Tachykardie (mit Herzfrequenz ≥ 90/min)
                   3.   Tachypnoe (≥ 20/min) oder Hyperventilation (bestätigt durch arterielle BGA mit PaCO2≤ 4,3 kPa bzw. 33mmHg)
                   4.   Leukozytose (mindestens 12000/mm3) o. Leukopenie (4000/mm3 o. weniger) o. 10% o. mehr unreife Neutrophile im Differentialblutbild

              Abbildung 5: SIRS und SEPSIS Kriterien gemäß klassifikatorischem Umgang im G-DRG System 2019

                                                                                                                                                                                                 20
Kodierung des SIRS:

Wie in Abbildung 5 zu erkennen, sind für die fünf unterschiedlichen Szenarien jeweils eigene Diagnose Codes gemäß
ICD-10-GM, hier zum Beispiel der Code R65.0! verfügbar.

Bei der Kodierung ist

 	zunächst jedoch immer ein Code für die Sepsis oder die ein SIRS nichtinfektiöser Genese auslösende Grundkrankheit,
  	gefolgt von einem Code aus R65.–! Systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] anzugeben.

Zur Angabe von Organkomplikationen, Erregern und deren Resistenzlage sind zusätzliche Schlüsselnummern zu
verwenden (vgl. Tabelle15).

Organkomplikation bei Sepsis

  Komplikation                                    ICD-10     Beschreibung

  Akute Enzephalopathie                            G93.4     Eingeschränkte Vigilanz, Desorientiertheit, Unruhe, Delirium.

                                                             Systolischer Blutdruck ≤90mmHg oder mittlerer arterieller Blutdruck
                                                             ≤70mmHg oder weniger für min. eine Stunde trotz adäquater
                                                             Volumenzufuhr; andere Schockursachen ausgeschlossen. ODER: - Für
                                                             wenigstens zwei Stunden systolischer arterieller Blutdruck ≤90mmHg bzw.
  Arterielle Hypotension;
                                                   R57.2     mittlerer arterieller Blutdruck ≤70mmHg oder notwendiger Einsatz von
  Schock
                                                             Vasopressoren, um den systolischen arteriellen Blutdruck min. 90mmHg
                                                             oder den arteriellen Mitteldruck min.70mmHg zu halten. Die Hypotonie
                                                             besteht trotz adäquater Volumengabe und ist nicht durch eine andere
                                                             Schockform zu erklären.

                                                             Abfall der Thrombozyten um mehr als 30% innerhalb von 24 Stunden oder
  Relative oder absolute
                                                  D69.58     Thrombozytenzahl ≤100000/mm³. Eine Thrombozytopenie durch akute
  Thrombozytopenie
                                                             Blutung muss ausgeschlossen sein.

                                                             PaO2 ≤10kPa (≤75mmHg) unter Raumluft oder ein PaO2/FiO2-Verhältnis
                                                             von ≤33kPa (≤250mmHg) unter Sauerstoffapplikation. Eine manifeste
  Arterielle Hypoxämie                            J96.00
                                                             Herz- oder Lungenerkrankung muss als Ursache der Hypoxämie
                                                             ausgeschlossen sein.

                                                             Eine Diurese von 0,5 ml/kg/h oder weniger für wenigstens 2 Stunden
                                                             trotz ausreichender Volumensubstitution und/oder ein Anstieg
  Renale Dysfunktion                              N17.9-
                                                             des Serumkreatinins auf mehr als 2x oberhalb des lokal üblichen
                                                             Referenzbereiches.

                                                             Base Excess ≤-5 mmol/l oder eine Laktatkonzentration über 1,5x oberhalb
  Metabolische Azidose                             E87.2
                                                             des lokal üblichen Referenzbereiches.
Tabelle 15: ICD Kodierung bei Organkomplikation bei Sepsis

2.3.3 Sepsis/ SIRS

Bereits im Absatz zu den SIRS Kriterien wurde betont, dass der klassifikatorische Umgang mit einer Sepsis vom
medizinischen Umgang mit dieser aktuell noch abweicht. Die Fokussierung auf Organversagen in der medizinischen
Sepsis Definition hat in der klassifikatorischen Definition aktuell noch keinen Einzug gefunden.

Kodierung
Wie schon in Abbildung 5 gezeigt, kann das Vorliegen einer Sepsis gemäß der SIRS-Kriterien beispielsweise einer Infektion
zugrunde liegen. Die Kodierung erfolgt dann entsprechen in der Abhängigkeit vom Vorhanden- oder Abwesendsein von
Organkomplikationen mit den ICD Codes R65.0! oder R65.1! (vgl. Abb. 5).

                                                                                                                                       21
Soll hingegen das Vorliegen einer Sepsis als Komplikation etwa nach Infusion, Transfusion, Injektion, Eingriff oder Impfung
angegeben werden, sind die folgende Schlüsselnummern zu beachten:

  ICD-10                                       Beschreibung

                                               Infektionen nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken Inkl.:
  T80.2
                                               Sepsis nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken

                                               Infektion nach einem Eingriff, anderenorts nicht klassifiziert Inkl.: Sepsis nach medizinischen
  T81.4
                                               Maßnahmen

  T88.0                                        Infektion nach Impfung [Immunisierung] Inkl.: Sepsis nach Impfung [Immunisierung]
Tabelle 16: ICD-Kodierung möglicher Komplikationen bei Sepsis

Beim Vorliegen eines septischen Schocks, ist zusätzlich folgende Schlüsselnummer zu benutzen:

  ICD-10                                       Beschreibung

  R57.2                                        Septischer Schock
Tabelle 17: ICD-Code septicher Schock

Kodierung der Sepsis: Die korrekte Reihenfolge ist zu beachten

   1. Sepsis Code
   2. SIRS infektiöser Genese mit/ohne Organkomplikation
   3. Ggf. Organkomplikation (z.B. R57.2 septischer Schock)
   4. Ggf. Resistenz. (z.B. U80.0- MRSA)

Zunächst ist ein Code für die Sepsis oder die ein SIRS nichtinfektiöser Genese auslösende Grundkrankheit anzugeben, ge-
folgt von einem Code aus R65.–! für das Systemische inflammatorische Response-Syndrom [SIRS]. Zur Angabe von Organ-
komplikationen, Erregern und deren Resistenzlage sind zusätzliche Schlüsselnummern zu verwenden, wie sie in Tabelle 16
aufgeführt sind. Treten Resistenzen auf, müssen auch diese mit angegeben werden. Eine beispielhafte Übersicht finden Sie
dazu in Tabelle 19 weiter unten.

Die schwere Sepsis wurde durch den SOFA-Score (Sequential Organ Failure Assessment) neu differenziert. Ein
Scoringsystem ermöglicht die schnelle Erkennung einer schweren Sepsis mit Organdysfunktionen. Diese Kriterien können
zusätzlich sinnvoll für den Nachweis einer schweren Sepsis sein.

Ermittlung des SOFA Scores: Medizinische Sepsis Definitionen

Die Organdysfunktion als Mittelpunkt der Sepsis spiegelt sich in der Kodierung nur bedingt wieder, ist aus medizinischer Sicht
aber seit 2016 für die Ermittlung des Mortalitätsrisikos von Patienten auf Intensivstationen elementar. Zur Beurteilung des
Mortalitätsrisikos werden sechs Organsysteme mithilfe einer Punkteskala von null für eine normale Funktion bis vier für mas-
siv eingeschränkte Funktionen bewertet.

Zu den Organsystemen gehören:

  	Atemtätigkeit
  	Zentrales Nervensystem
 	Herz-Kreislauf
 	Leberfunktion
 	Blutgerinnung
 	Nierenfunktion

Mithilfe der Beobachtung der Punkt(summen)entwicklung eines Patienten kann eine Sepsis medizinisch anhand der
Organdysfunktionen bestimmt werden.

                                                                                                                                             22
Bedeutung von Sepsis / SIRS im DRG-System

    	Explizite Sepsis-DRGs mit Nennung in DRG-Bezeichnung (vgl. Tabelle 18)
    	Sepsis als komplexe Diagnose
    	 epsis mit Wirkung über CCL-Wert auf PCCL „mit äußerst schweren CC (Complication&Comorbidity)“
     S
    	SIRS mit Wirkung über komplizierende Konstellationen

Die folgende Tabelle zeigt die expliziten Sepsis DRGs aus dem Fallpauschalenkatalog 2019. Die Erlöse sind kalkuliert mit dem
Bundesbasisfallwert 2019 i.H.v. 3.544,97€.

  DRG                    Beschreibung                                                                  Relativgewicht   Erlös

                         Sepsis mit kompliz. Konst. od. b. Z.n. Organ-Tx, mit äuß. schw.
  T60A                   CC oder intensivmedizinische Komplexbehandlung > 392/ 368/                    4,272            15.144,11€
                         -Aufwandspunkte

                         Sepsis mit kompliz. Konst. od. b. Z.n. Organ-Tx, oh. äuß. schw. CC, oh.
                         IntK > 392 / 368 / - Punkte od. oh. kompliz. Konst., auß. b. Z.n. Organ-
  T60B                                                                                                 2,782            9.862,11€
                         Tx, m. kompl. Diag. od. äuß. schw. CC, Alt. < 18 J. od. m. Para- / Tetrapl.
                         od. kompliz. ERCP od. schwerste CC

                         Sepsis m. kompliz. Konst. od. b. Z.n. Organ-Tx, oh. äuß. schw. CC, oh.
                         IntK > 392 / 368 / - Punkte od. oh. kompliz. Konst., auß. b. Z.n. Organ-
  T60C                                                                                                 2,333            8.270,42€
                         Tx, m. kompl. Diag. od. äuß. schw. CC, Alt. > 17 J., oh. Para- / Tetrapl.,
                         oh. kompliz. ERCP, oh. schwerste CC

                         Sepsis ohne komplizierende Konstellation, außer bei Zustand nach
                         Organtransplantation, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst
  T60D                                                                                                 1,955            6.930,42€
                         schwere CC, Alter < 10 Jahre oder mit intensivmedizinischer
                         Komplexbehandlung > 196 / 184 / - Aufwandspunkte

                         Sepsis ohne komplizierende Konstellation, außer bei Zustand
                         nach Organtransplantation, ohne komplexe Diagnose, ohne
  T60E                   äußerst schwere CC, Alter > 9 Jahre, ohne intensivmedizinische                1,084            3.842,75€
                         Komplexbehandlung > 196 / 184 / - Aufwandspunkte, mehr als ein
                         Belegungstag

  T60F                   Sepsis, verstorben < 5 Tage nach Aufnahme                                     0,545            1.932,01€

                         Sepsis ohne komplizierende Konstellation, außer bei Zustand
                         nach Organtransplantation, ohne komplexe Diagnose, ohne
  T60G                                                                                                 0,311            1.102,49€
                         äußerst schwere CC, Alter > 9 Jahre, ohne intensivmedizinische
                         Komplexbehandlung > 196 / 184 / - Aufwandspunkte, ein Belegungstag
Tabelle 18: Übersicht Sepsis DRGs

                                                                                                                                     23
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