E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742

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E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
leer
Universität Ulm
Institut für Anästhesiologische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung (APV)
Institutsleitung: Prof. Dr. med. Dr. h.c. Peter Radermacher

 Eekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
  auf Organmorphologie und Funktion der
Niere im Modell des septischen Schocks beim
                 Schwein

                                  Dissertation
                               Zur Erlangung des
                           Doktorgrades der Medizin
                           der Medizinischen Fakultät
                              der Universität Ulm

  leer
Vorgelegt von: Matthias Alexander Reize
                  aus Karlsruhe-Durlach
                  2019
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth

1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Dr. h.c. Peter Radermacher

2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Miriam Kalbitz

Tag der Promotion: 09.07.2021
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
Meinem Vater
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
Präambel
Teile dieser Dissertation wurden bereits in folgenden Fachartikeln veröentlicht:

Nussbaum B L, McCook O, Hartmann C, Matallo J, Wepler M, Antonucci E, Kalbitz

M, Huber-Lang M, Georgie M, Calzia E, Radermacher P, Hafner S: Left ventricular

function during porcine-resuscitated septic shock with pre-existing atherosclerosis, In-

tensive Care Med Exp 4: 14 (2016)

Riedesser S: Einuss von EMD008 auf Ischämie-/Reperfusionsschäden der Niere nach

thorakaler Aortenokklusion am Groÿtiermodell., Open Access Repositorium der Uni-

versität Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-33861 (2020)

Wepler M, Hafner S, Scheuerle A, Reize M, Gröger M, Wagner F, Simon F, Matallo J,

Gottschalch F, Seifritz A, Stahl B, Matejovic M, Kapoor A, Möller P, Calzia E, Georgie

M, Wachter U, Vogt J A, Thiemermann C, Radermacher P, McCook O: Eects of the

PPAR-β/δ agonist GW0742 during resuscitated porcine septic shock, Intensive Care

Medicine Experimental 1: 9 (2013)
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis                                                                       II

1 Einleitung                                                                                 1
   1.1   Die Sepsis und der septische Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         1

   1.2   Die Rezeptorklasse PPAR        . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    2

   1.3   Versuchsmodell     . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    4

   1.4   Zielsetzung der Arbeit     . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    6

2 Material und Methoden                                                                      7
   2.1   Verwendete Materialien und Geräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           7

   2.2   Studiendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      12

   2.3   Systemische Hämodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          16

   2.4   Systemischer Metabolismus        . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   17

   2.5   Nierenfunktion     . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   17

   2.6   Western Blot     . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   23

   2.7   Datenverarbeitung und statistische Auswertung          . . . . . . . . . . . . .   26

3 Ergebnisse                                                                                28
   3.1   Allgemeines    . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   28

   3.2   Systemische Veränderungen        . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   28

   3.3   Renale Veränderungen       . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   30

   3.4   Western Blots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      39

4 Diskussion                                                                                40
   4.1   Auswertung der Daten       . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   40

   4.2   Ursachensuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      42

   4.3   Bewertung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        49

5 Zusammenfassung                                                                           54

6 Literaturverzeichnis                                                                      56

                                              I
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
Abkürzungsverzeichnis
AKI             acute kidney injury - eine akute Einschränkung der Nie-

                renfunktion

BGA             Blutgasanalyse - ein Schnelltestverfahren für Gaspartial-

                drücke, Säure-Basen- und Elektrolyt-Haushalt

CKD             chronic kidney disease - chronische Niereninsuzienz

CLP             cecal ligation and puncture - ein Sepsismodell bei dem

                Versuchtieren das Coecum versorgende Blutgefäÿe ligiert

                werden und anschlieÿend eine Punktion des betreenden

                Darm-abschnittes erfolgt

CO              cardiac output - HZV; siehe dort

CSE             cystathionine-γ-lyase - ein Di-Hydrogen-Suld bildendes

                Enzym

DMSO            Dimethylsulfoxid - ein organisches Lösungsmittel und Trä-

                gersubstanz des untersuchten Agonisten

EDTA            Ethylendiamintetraacetat - ein chemischer Komplexbild-

                ner

EGDT            Early Goal-Directed Therapy - ein Behandlungsprotokoll

                bei Sepsis

EGTA            Ethylenglycol-bis(aminoethylether)-N,N,N´,N´-tetraessig

                säure - ein chemischer Komplexbildner

ELISA           Enzyme-linked Immunosorbent Assay - ein antikörperba-

                siertes Nachweisverfahren

EMSA            Electrophoretic Mobility Shift Assay - eine Anitätselek-

                trophorese zum Nachweis von DNA- oder RNA-bindenden

                Proteinen

                              II
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
EPO            Erythropoetin - ein Glykoprotein-Hormon, das als Wachs-

               tumsfaktor für die Bildung roter Blutkörperchen von Be-

               deutung ist

FBM-Schweine   familial hypercholesteremia, Bretoncelles, Meishan - eine

               besondere Züchtung; für Details siehe Abschnitte 1.3.1 so-

               wie 2.2.1

GCS            Glasgow Coma Scale - eine Skala zur Abschätzung einer

               Bewusstseinsstörung

GFR            glomeruläre Filtrationsrate - ein Maÿ für die Nierenfunk-

               tion

HE-Färbung     Hämatoxylin-Eosin-Färbung - eine histologisches Färbe-

               verfahren bei dem basophile Strukturen blau und acido-

               phile Strukturen rot angefärbt werden

HES            Hydroxy-Ethyl-Stärke - eine Kolloidlösung zur Anhebung

               des kolloidosmotischen Drucks im Gefäÿsystem

HF             Herzfrequenz

HZV            Herzzeitvolumen - gepumptes Blutvolumen pro Minute

iNOS           induzierbare NO-Synthase - ein Enzym, das die Bildung

               von Stickstomonoxid katalysiert

ITBV           intrathorakales Blutvolumen - ein Messparameter zur Be-

               urteilung der Volumenbelastung des Organismus

KHK            koronare Herzkrankheit - eine Gefäÿerkränkung der Herz-

               versorgenden Blutgefäÿe

MAP            mean arterial pressure - der mittlere arterielle Druck

MPAP           mean pulmonary arterial pressure - mittlerer Druck im

               pulmonalarteriellen Gefäÿsystem

                             III
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
MQTiPSS     Minimum quality threshold in pre-clinical sepsis studies

MZP         Messzeitpunkt

NGAL        neutrophilengelatinase assoziiertes Lipocalin - früher Bio-

            marker für ein akutes Nierenversagen

PAOP        pulmonary artery occluded pressure - Lungenarterienver-

            schlussdruck, entsprechend dem Druck im linken Vorhof

            und damit der linksventrikulären Vorlast

PAS         Periodic acid-Schi reaction - eine Färbetechnik mit Per-

            iodsäure und Schischem Reagenz zur Anfärbung von Gly-

            kogen, Cellulose, Glykolipiden, Muko- und Glykoprotei-

            nen sowie neutralen Mukopolysacchariden

paVK        peripher arterielle Verschlusskrankheit

PBS-Puer   phosphate-buered saline - eine Puerlösung mit einge-

            stelltem pH-Wert von 7,4

PiCCO       Pulse Contour Cardiac Output - dt. Pulskontur-Herzzeit-

            volumen; ein Messverfahren, mit dem, nach vorheriger Ka-

            librierung durch Thermodilution, anhand einer Pulskon-

            turanalyse das Herzzeitvolumen und andere Werte errech-

            net werden

PPAR        peroxisome proliferator-activated receptor - ligandenab-

            hängige Transkriptionsfaktoren

PPRE        PPAR response element - der DNA-Abschnitt an den PPAR

            binden

RXR         Retinoid-X-Rezeptoren - ligandenabhängige Transkripti-

            onsfaktoren

SDS         sodium dodecyl sulfate - Natriumdodecylsulfat, ein anio-

            nisches Tensid

                          IV
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
SIRS         systemic inammatory response syndrome - eine systemi-

             sche Entzündungsreaktion des Körpers

SOFA-Score   Sepsis-related organ failure assessment score bzw. sequen-

             tial organ failure assessment score - eine Maÿzahl zur Be-

             urteilung des Ausmaÿes einer Organschädigung bei septi-

             schen Patienten

TBS-Puer    Tris-buered saline - ein zur Lösung von Proteinen ver-

             wendeter Puer

TNF-α        Tumornekrosefaktor-α - ein Zytokin, welches bei lokalen

             und systemischen Entzündungen beteiligt ist

TR           Thyroidrezeptor - ligandenabhängige Transkriptionsfak-

             toren

ZVD          zentraler Venendruck

                          V
E ekte des PPAR β-/δ-Agonisten GW0742
1 Einleitung
Inhalt dieser Dissertation ist die Untersuchung der Eekte des PPAR-β/δ-Agonisten

GW0742 auf Organmorphologie und -funktion der Niere im Modell des septischen

Schocks beim Schwein in einem intensivmedizinischen Setting.

  Insbesondere wird hier im Bereich der Komorbiditäten Augenmerk auf den Einuss

von parallel bestehender KHK gelegt, während auch eine Vielzahl anderer Komorbidi-

täten, wie beispielsweise Erkrankungen des respiratorischen Systems oder Malignitäten,

einen ähnlichen Eekt auf die Mortalität ausüben [107].

  Unter intensivmedizinischer Therapie versteht sich in diesem Kontext die Nutzung

supportiver Maÿnahmen wie Volumengabe, sowie Administration von Vasopressoren.

Auÿerdem maschinelle Beatmung, die zusammen mit den Vorgenannten eine ausrei-

chende Oxygenierung der Gewebe zum Ziel hat.

  Patienten mit polymikrobieller Sepsis wird im Allgemeinen eine schlechtere Prognose

zugesprochen. Das betrit sowohl die Mortalität, die Häugkeit von Organversagen

bzw. die Schwere der Sepsis, als auch die Dauer des Aufenthaltes auf der Intensivstation

[91, 107, 127, 139].

1.1 Die Sepsis und der septische Schock

Sepsis ist deniert als lebensbedrohliche Organdysfunktion verursacht durch eine fehl-

geregelte Reaktion des Wirtes auf eine Infektion. (übersetzt aus Singer et al. 2016;

Seite 806 [133])

  Als Ursache einer Sepsis ist das Eindringen von Pathogenen in den Kreislauf zu

sehen. Im Rahmen dessen kommt es zur überlappenden Aktivierung pro- und anti-

inammatorischer Mechanismen [30, 150]. Darüberhinaus lässt sich eine verstärkte

Apoptose von Zellen des Immunsystems beobachten [20, 60, 147]. Die Depletion der

Immunzellen und eine Anergie der verbleibenden bedeuten eine Immunsuppression, die

den Patienten anfälliger für nosokomiale Sekundär-Infektionen macht [58, 77, 99]. Diese

Veränderungen scheinen zudem für längere Zeit (Monate bis Jahre) von Bedeutung zu

sein [23].

  Auÿerdem zeigen sich Beeinträchtigungen von nicht direkt an der Immunabwehr be-

teiligten Regelkreisen, wie kardiovaskuläre, neuronale und metabolische [133]. Erhöhte

                                           1
Gefäÿpermeabilität sowie -dilatation sorgen trotz erhöhtem Herz-Zeit-Volumen für eine

Hypotension, die wiederum gemeinsam mit einer Dysfunktion des Gerinnungssystems

eine verschlechterte Mikrozirkulation und somit Zellschäden zur Folge hat [40].

  Letztendlich kommt es zum Multiorganversagen [115]. Eine besonders häuge Kom-

plikation mit immerhin über 40 % (-67 %) Koinzidenz auf Intensivstationen ist die

akute Niereninsuzienz (AKI) [3, 41, 160]. Die Mortalität der Sepsis ist beim Vor-

liegen einer AKI um den Faktor 6 bis 8 erhöht [41]. Dabei führt eine Sepsis zum

Funktionsverlust des Nierenparenchyms. Die Ausprägung und der Schweregrad dieser

akuten Niereninsuzienz sind wiederum ein Korrelat zum Vorliegen und dem Schwere-

grad der Sepsis [39, 160]. Morbidität, Mortalität, eine zusätzlich bestehende chronische

Nierenschädigung, die Wahrscheinlichkeit für und die Dauer von Beatmung und Inten-

sivaufenthalten korrelieren ebenfalls mit dem Vorliegen und der Ausprägung einer AKI

bei Sepsis [39, 160, 161].

1.2 Die Rezeptorklasse PPAR

Bei PPAR (peroxisome proliferator-activated receptor) handelt es sich um ligandenab-

hängige Transkriptionsfaktoren. Sie stellen eine Unterfamilie in der Superdomäne der

nukleären Hormonrezeptoren dar [8, 37], die Heterodimere mit Retinoid-X-Rezeptoren

(RXR) bilden. Sie lagern sich nach Aktivierung durch einen entsprechenden Liganden

an das sog. PPRE (PPAR response element) in spezischen DNA-Regionen an, um

Genexpressionen zu stimulieren oder zu inhibieren [8, 37, 93]. Sie spielen eine wich-

tige Rolle in vielen metabolischen und immunologischen Pathways. Sie sitzen an der

Schnittstelle vieler Regulationszyklen und beeinussen diese. Ihre Deaktivierung löst

LDL-Hypertriglyceridämie und verzögerte Wundheilung aus. Ebenso treten verringer-

te Masse von weiÿem und braunem Fettgewebe in KO-Mäusen auf [43]. Desweiteren

wirken sie regulatorisch auf Zelldierenzierung und -entwicklung und spielen eine Rolle

in der Tumorgenese, der Entstehung von Hypercholesterin- und -triglyceridämie, einer

gestörten Glukosetoleranz und weiteren metabolischen und zytologischen Regelkreisen

[8, 32, 37, 78, 104, 105, 122, 144]. Damit sind sie auch an der Pathogenese kardiome-

tabolischer Erkrankungen beteiligt [21, 37, 112].

                                           2
1.2.1 PPAR-β/δ
Der Subtyp PPAR-β/δ ist einer von drei Isotypen; alpha, beta/delta und gamma. Wäh-

rend für die beiden anderen Subtypen bereits Medikamente zur Behandlung anderer

Indikationen zugelassen sind (PPAR-α: Fibrate zur Senkung der LDL-Cholesterin- und

Triglycerin-Plasmaspiegel, PPAR-γ: Glitazone zur Insulinsensitivierung bei Diabetes

mellitus Typ 2), gibt es für spezische PPAR-β/δ-Agonisten noch keine pharmakolo-

gische Zulassung. Für Endurobol (GW501516) gibt es zahlreiche Bezugsquellen im

Internet, jedoch wurde diese Substanz niemals als Arzneimittel zugelassen und steht

auÿerdem aufgrund seines karzinogenen Potentials in Kritik [74, 118]. Der Angiotensin-

Rezeptor-Antagonist Telmisartan führt ebenfalls zur Aktivierung verschiedener PPAR-

Subtypen, u.a. von PPAR-β/δ [34, 51, 81].

  PPAR-β/δ wird nahezu ubiquitär exprimiert [10, 13, 36, 63]. Als endogene Liganden

binden an die PPAR verschiedene Fettsäuren und Prostaglandine und bewirken da-

durch unter anderem eine Hemmung mehrerer pro-inammatorischer Genexpressionen

(iNOS, IL-1β, TNF-α) und des Transkriptionsfaktors NF-κB [6, 26, 31, 37, 47, 67, 143,

166]. Dadurch kann potentiell eine deutlich bessere Organfunktion in Stresssituationen

wie einer Ischämie oder Sepsis gewährleistet werden [24, 25, 63]. In ihrer Funktion als

Regulatoren der Glukoseutilisation und Insulinsensitivität sind sie ein lohnendes Ziel

zur Verbesserung der Prognose von Sepsis-Patienten [37, 152, 153, 154]. Insbesondere

bezüglich der Niere kommt die protektive Rolle von PPAR-β/δ-Agonisten zum Tragen.

Im Kaninchenmodell zeigte sich durch die gesteigerte Insulinsensitivität eine geringe-

re Schädigung der Niere [155]. Bei Ratten waren vergleichbare Eekte zu beobachten,

was sich in der verstärkten Schädigung der Niere in einer diabetischen Gruppe im

Vergleich zu normalen Tieren zeigte [22]. Bei PPAR-β/δ-KO-Mäusen waren ebenfalls

im Vergleich zu Wildtypen vermehrt Organschädigungen durch ischämischen Stress zu

beobachten [80]. In Kleintiermodellen zeigte sich eine gute Wirkung des PPAR-β/δ-

Agonisten GW0742, die mit verbesserten Werten in Physiologie sowie laborchemischen

Messwerten einherging. Durch eine verminderte Inammation und Stabilisierung des

Gerinnungssystems konnte die Organfunktion von Herz und Niere besser gewährleis-

tet werden [19, 24, 36, 46, 47, 62, 63], was direkt in einer besseren Überlebenschance

resultiert.

  Der von uns genutzte PPAR-β/δ-Agonist GW0742 hat eine ca. 1000-fache Selektivi-

                                          3
tät gegenüber PPAR-α und PPAR-γ. Er aktiviert PPAR-β/δ ohne Koaktivierung der

anderen menschlichen Subtypen [141].

1.3 Versuchsmodell

1.3.1 Tiermodelle
Der Agonist GW0742 war in Kleintiermodellen sehr erfolgreich (vgl. Abschnitt 1.2.1).

Eine weitere Evaluation soll hier an dem Menschen phylogenetisch ähnlicheren Spezi-

es durchgeführt werden. Besonders wichtig für die Evaluation der in Abschnitt 1.2.1

erwähnten Studien ist hier der Punkt, dass die genannten Versuche ohne intensivmedizi-

nische Versorgung durchgeführt wurden. Supportive Therapie kann für sich genommen

schon einen sehr starken Einuss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit in Tiermodellen

der Sepsis haben [35, 56, 95, 106]. Demnach überleben bis zu 50 % aller Versuchstiere

allein durch supportive Therapie und Antibiotika. Therapie-Ansätze, die bei ansonsten

unbehandelten Versuchstieren Erfolge zeigen, könnten im intensivmedizinischen Setting

ihre Wirkung verfehlen [56]. Kubiak et al. schlugen 2011 in einer ihrer Publikationen

eine Checkliste vor, die zur Evaluation von Tiermodellen des septischen Schocks her-

angezogen werden kann [72]. Demnach erscheint es sinnvoll, in ein Tiermodell Faktoren

wie Komorbidität und Alter einzubeziehen. Zur weiteren Beurteilung des Agonisten sol-

len in der vorliegenden Arbeit Schweine herangezogen werden. Sie weisen, insbesondere

im Vergleich zu Nagern, eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem Menschen bezüg-

lich Physiologie, Metabolismus und Anatomie auf [27, 45, 110, 140]. Beispielsweise ist

gerade die Niere, als Untersuchungsfokus dieser Arbeit, dem Menschen dahingehend

ähnlicher, dass sie polylobulär aufgebaut ist [140]. Bei Nagern sind diese unilobulär.

  Auch aus praktischen Gründen wurden hier Schweine gewählt. Sie sind gut zu instru-

mentieren und es ist möglich wiederholt und ausreichend Blutproben zu entnehmen.

Die meisten der aus Kubiak et al. 2011 [72] ersichtlichen Kriterien sind schon dadurch

erfüllt, dass Schweine als Versuchstiere genutzt werden. Weitere Punkte, wie die inten-

sivmedizinische Betreuung, die Durchführbarkeit und Reproduzierbarkeit, sowie eine

polymikrobielle Infektion sind bei diesen Tieren ebenfalls gut zu erreichen. Neben der

Variabilität bezüglich Alter, Geschlecht und genetischem Hintergrund bleibt noch die

Komorbidität. Wünschenswert wären Modelle, die entsprechend der epidemiologischen

Verteilung des Patientenkollektivs ausgerichtet sind. Gerade die Faktoren Alter, kar-

                                           4
diometabolische Vorerkrankungen und Atherosklerose sind von besonderer Bedeutung

und damit gute Ansatzpunkte ein Modell zu erstellen, welches zumindest Teile der kli-

nischen Realität gut abbildet. Thim et al. nutzten eine spezielle Züchtung, sog. FBM-

Schweine (s. Abschnitt 2.2.1), die in kurzer Zeit bei ausgeprägter Fettstowechselstö-

rung eine Koronarsklerose (s. exemplarisch Abbildung 1) entwickeln, für Forschungen

im Feld der Koronarsklerose.

Abbildung 1: Linke Koronararterie eines FBM-Schweines mit ausgeprägter Atherosklerose (HE
                2,5X); ausgeprägte, pathologische Intima-Verdickung mit Einengung des Lu-
                mens; Erstveröentlichung in [98] (Additional le 3; Ausschnitt der ursprüng-
                lichen Abbildung) unter den Bedingungen der Creative Commons Attributi-
                on License 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/); HE=Hämatoxylin-
                Eosin-Färbung, FBM=familial hypercholesterolemia Bretoncelles Meishan

  Diese Tiere sind auch für das Tiermodell eines komorbiden Patienten bei Sepsis

geeignet. Es liegt eine ubiquitäre Atherosklerose und ausgeprägte metabolische Vorbe-

                                             5
lastung, mit Werten für das Gesamt-Cholesterin im Plasma von 800 mg/dL und mehr,

vor [146]. Atherosklerose ist ein eigenständiger Risikofaktor für die Entwicklung einer

chronischen Niereninsuzienz (CKD) und erhöht durch die Vorschädigung der Niere

damit auch das Risiko einer AKI. Fettleibigkeit ist auÿerdem ein Einussfaktor für die

Entwicklung einer chronischen Niereninsuzienz [128]. Umgekehrt ist die chronische

Niereninsuzienz ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen wie

KHK, akuten Myokardinfarkt, Stroke, paVK und Herzrhythmusstörungen [9, 128].

1.3.2 Fäkale Peritonitis durch direkte Inokulation
Um eine möglichst realitätsgetreue Entwicklung der Sepsis (bspw. wie bei Anastomo-

seninsuzienz nach anteriorer Rektumresektion) zu erzeugen, bietet es sich an, eine

Peritonitis durch Inokulation von Fäces herbeizuführen. Hier besteht die Möglichkeit

autologes Material zu benutzen und es kann von einem polymikrobiellen Keimspek-

trum ausgegangen werden. Durch ein hochstandardisiertes Verfahren, auf das in Ab-

schnitt 2.2.4 im Detail eingegangen werden soll, ist hier eine Reproduzierbarkeit in der

Hinsicht gegeben, dass regelhaft eine Sepsis ausgelöst wird, deren Ausprägung inter-

individuell vergleichbar ist. Die beobachteten klinischen und apparativen Parameter

entsprechen dem Bild einer Sepsis [53, 54, 64, 70].

1.4 Zielsetzung der Arbeit

In dieser Arbeit soll das therapeutische Potential des untersuchten Agonisten GW0742

am Groÿtiermodell des komorbiden Schweins im septischem Schock beurteilt werden.

Konkret ergeben sich folgende Fragestellungen:

  1. Ist der PPAR-β/δ-Agonisten GW0742 in der Lage die extensive Immunantwort

     des Organismus einzuschränken und damit hämodynamische und metabolische

     Vorteile in der Intensivsituation zu bieten?

  2. Kann der PPAR-β/δ-Agonisten GW0742 die Entstehung einer, beim septischen

     Schock typischen, Niereninsuzienz verhindern, verzögern oder einschränken?

  3. Wenn eines der Erstgenannten zutrit, worauf sind diese positiven Eekte zu-

     rückzuführen? Im Falle eines Ausbleibens des therapeutischen Eektes, sind die

     Ursachen für dieses Therapieversagen zu ergründen.

                                           6
2 Material und Methoden
2.1 Verwendete Materialien und Geräte

2.1.1 Operationsmaterialien

 Atropin
                                                        ®, Braun, Melsungen
                                            Atropinsulfat

 Azaperon
                                                            ®
                                                    Stresnil , Janssen, Neuss

 Buprenorphin
                                                    ®
                                            Temgesic , Boehringer, Mannheim
                                                ®
                                           Freka Cyst Standard 8 cm - CH 10,
 Cystox-Katheter
                                                 Fresenius Kabi, bad Homburg

 Heparin                              Heparin-Natrium, Braun AG, Melsungen

                              HES-steril
                                         ® 6 % 200/0.5, Fresenius Kabi, bBad
 Hydroxyethylstärke
                                                                      Homburg
                                                ®
                                     ICG-Pulsion , Mulsion Medical Systems,
 Indocyaningrün
                                                                      München

                                    8,5 Magill, Mallinckrodt Medical, Athlone,
 Intubationstubus
                                                                        Ireland

                                   KCL-Lösung Fresenius, Fresenius Kabi, Bad
 Kaliumchlorid
                                                                      Homburg

                                      7,5F Multipurpose
                                                       ® A1, Cordis, Roden,
 Katheter
                                                                    Niederlande

                                      8,5F Multipurpose
                                                       ® A1, Cordis, Roden,
                                                                    Niederlande

                                  High Flow Cordis 7Fr, 527-784, Cordis Corp.,

                                                            Miami, Florida, USA

                                         Alsius-Kühlkatheter IC-3893 AE, Zoll

                                                   Circulation, California USA

                               PICCO-Katheter 5µV/V/mmHg, PV2015L20,

                                            Pulsion Medical Systems, München

                                     Thermodilkatheter 4Fr, PV2014L, Pulsion

                                                    Medical System, München

                                     Swan-Ganz Katheter 7Fr, 111F7, Edward

                                                   Lifescience, California, USA

                              7
Katheterschleuse          4F-Introducer-Set PV3240
                                                      ®, Pulsion, München
 Ketamin
                                     ®, Pharmacia & Upjohn, Erlangen
                                 Ketavet

                           Midazolam
                                     ® Ratiopharm, Ratiopharm GmbH,
 Midazolam
                                                                      Ulm

 Na-Pentobarbital
                                                  ®, Merial, Hallbergmoos
                                           Narkoren

                               Isotone Kochsalz-Lösung 0,9 % NaCl, Braun,
 Natriumchlorid-Lösung
                                                                 Melsungen
                                    ®
                           Arterenol , 25 ml, Sano-Aventis Deutschland
 Noradrenalin
                                                           GmbH, Frankfurt

 Pancuronium             Pancuronium duplex-Actavis, Actavis, Langenfeld

                                  Ringerlösung Fresenius
                                                        ®, Fresenius Kabi,
 Ringer-Lösung
                                                                  Erlangen

2.1.2 Operationsgeräte

                            Wisa Absaugpumpe W. Sauer GmbH&CoKG,
 Absaugpumpe
                                                                 Wuppertal

 Beatmungsgerät
                                                     ®
                                            Servo900B , Siemens, Erlangen

                               ABL-System 625, Radiometer, Copenhagen,
 BGA-Gerät
                                                                 Dänemark
                                           ®
                         Pulsion COLD Z-021 , Pulsion Medical Systems,
 COLD-System
                                                                  München

                            66S TM-Monitor, Hewlett-Packard, Palo Alto,
 ICU-Monitor
                                                                  CA, USA

 Infusomat                      Infusomat secura, B. Braun AG, Melsungen

                                    Datex Capnomac
                                                      ® ULT-S-3301, Datex
 Pulsoxymeter
                                 Instrumentation Corp., Helsinki, Finnland

                            66S TM-Monitor, Hewlett Packard, Palo Alto,
 Überwachungseinheit
                                                            California, USA

2.1.3 Laborgeräte

 Eismaschine                     Scotsman AF80, Frimont, Mailand, Italien

                           8
Wendt Maschinenbau GmbH und Co,
 AS-2-Färbeautomat
                                                     Georgsmarienhütte, Deutschland

                                      Sub-Cell
                                                 ® GT Basic, Bio-Rad, Hercules, CA,
 Elektrophoresekammer
                                                                                 USA

 Kühlschrank                                      Glass-Line, Liebherr, Bulle, Schweiz

 Mikroskop                                Olympus BX41, Olympus, Tokyo, Japan

                                       Bosch Mikrowellenherd 842C, Robert Bosch
 Mikrowelle
                                                                    GmbH, Gerlingen

 pH-Meter                                   Mettler MP220, MettlerToledo, Gieÿen

                                 Spectronic Genesys 2, Milton Roy, Ivyland, PA,
 Photometer
                                                                                 USA

 Pipetten                               Eppendorf Reference, Eppendorf, Hamburg

                                       Eppendorf Multipette, Eppendorf, Hamburg

                                       Hamiltonpipette #705, Hamilton Company,

                                                                     Reno, NV, USA

                                                   Consort E835, LTF Labortechnik,
 Spannungsversorgung
                                                               Wasserburg/Bodensee

 Waage                                      ScalTec SBC31, ScalTec, Heiligenstadt

 Zentrifugen                                        Biofuge 28RS, Heraeus, Osterode

                                       Hettich Rotina 38R, Hettich, Bäch, Schweiz

                                Oxygraph 2-K, Oroboros Instruments, Innsbruck,
 Respirometer
                                                                           Österreich

2.1.4 Chemikalien, Reagenzien

 Acrylamid EC-890                                       Fa. National Diagnostics, UK

 Ethanol                                                    Sigma-Aldrich, Steinheim

 HKT                                     Custodiol R, Köhler Chemie, Deutschland

 Methanol                                                   Sigma-Aldrich, Steinheim

 Na2 -EDTA                                                  Sigma-Aldrich, Steinheim

 Natriumbikarbonat                                          Sigma-Aldrich, Steinheim

 Natriumchlorid                                             Sigma-Aldrich, Steinheim

 Natriumnitrat                                              Sigma-Aldrich, Steinheim

                                  9
Natronlauge                                                 1M Merck, Darmstadt

PBS-Puer                              Invitrogen Cooperation, Paisley, Schottland

Salzsäure                                                   1M Merck, Darmstadt

Sauersto                                                 MTI Industriegase, Ulm

Sticksto                                     (gasförmig) MTI Industriegase, Ulm

Sticksto                                        (üssig) MTI Industriegase, Ulm

Tetramethylethylendiamin                                Sigma-Aldrich, Steinheim

Tris-Base                                               Sigma-Aldrich, Steinheim

Triton X-100                                            Sigma-Aldrich, Steinheim

Vanadiumchlorid                                                Merck, Darmstadt

Antikörper Western Blot:

HO-1-Primär-AK: ADI-OSA-111-F                         Enzo Life Sciences, Lörrach

HO-1-Sekundär-AK: #7076                       Cell Signaling Technology Inc., USA

iNOS-Primär-AK: 610333                     BD Transduction Laboratories, Europe

iNOS-Sekundär-AK: #7071                       Cell Signaling Technology Inc., USA

Caspase-3 Rabbit mAB (#9665)                  Cell Signaling Technology Inc., USA

Goat anti-rabbit IgG-HRP                     Santa Cruz Biotechnology, Inc., USA

(sc-2004)

Antikörper Immunhistochemie:

cleaved caspase-3 (ASP175)                    Cell Signaling Technology Inc., USA

NGAL (ABS 048-28)                                Bioporto Diagnostica, Dänemark

Rabbit polyclonal to PPAR delta                       Abcam plc, Cambridge, UK

(ab23673)

rabbit anti-Nitrotyrosine                                   Millipore, Schwalbach

Analysekits:

Gesamtprotein im Plasma           SYS1 BM/Hitachi 704/911, Roche Diagnostics,

                                                                       Mannheim

Proteingröÿenstandard                  Kaleidoscope #161-0375 Bio-Rad, München

8-Isoprostane                             EIA Kit Cayman Chemical, Ann Arbor,

                                                                  Michigan, USA

                                  10
Analysekit zum Nachweis der                 Dako REAL— Detection System, Alkaline

 Antikörperbindung                              Phosphatase/Red, rabbit, Dako Corp.

 Medien, Standardlösungen und

 Puer:

 Ammoniumpersulfat                                   1g APS in 10ml Aqua dest. lösen

 Bromphenolblau                             50 mg Bromphenolblau, 100 ml Aqua dest.

 Ponceau S                                         0,1 % Ponceau S in 5 % Essigsäure

 1M Tris-HCl                                121,14 g Tris Base, 500 ml Aqua dest. mit

                                                   32 %iger HCl auf pH 6,8 einstellen

2.1.5 Sonstige Verbrauchsmaterialien

 Adapter für Monovette                                             Sarstedt, Nürmbrecht

 Bechergläser                                                        Schott Glas, Mainz

 Deckgläser                                             Menzel-Gläser, Braunschweig

 Einmalpipettierspitzen                              Corning Incorporated, New York

 Erlenmeyerkolben                                                    Schott Glas, Mainz

 Färbeküvetten nach Hellendahl                        VWR International, Darmstadt

 Küvette 4ml 1cmx1cm, PS                                           Sarstedt, Nürmbrecht

 Micro Test Tubes 1,5 ml                                           Eppendorf, Hamburg
                                                               ® Syringes, Hamilton
                                             Hamilton Microliter
 Mikroliterspritzen
                                                               Company, Reno, USA

 Objektträger mit Mattrand                            Marienfeld, Lauda-Königshofen

 Perfusor-Spritzen 50 ml                                       Braun AG, Melsungen

 Pipettenspitzen                        VWR, VWR International GmbH, Darmstadt

 Probengefäÿe 20 ml                                                Sarstedt, Nürmbrecht

 Röntgenkassette                   Amersham Biosciences, Buckingamshire, England

 Saranfolie                                      Dow Chemical Company, Schwalbach

 Serum-Monovetten 2,7 ml LH                                        Sarstedt, Nürmbrecht

 Zentrifugenröhrchen 14 ml                                         Sarstedt, Nürmbrecht

                                       11
2.1.6 Versuchstiere
22 kastrierte, männliche FBM-Schweine, 15-30 Monate alt, medianes Gewicht: 72(65;81)kg.

2.1.7 Software

 Axio Vision Software rel. 4.8                                               Zeiss, Jena

 Excel 2010                                      Microsoft, Redmond, Washington, USA

 Sigma Plot 2002 2.03                  Systat Software Inc., Richmond, California, USA

 Sigmastat 8.0                         Systat Software Inc., Richmond, California, USA

 Windows 7                                       Microsoft, Redmond, Washington, USA

 Windows XP                                      Microsoft, Redmond, Washington, USA

 Windows 95                                      Microsoft, Redmond, Washington, USA

 Lyx 2.0.6                                                                   LYX-Team

 Latex                                                             AT X Projekt Team
                                                                   L E
                                               Donald E. Knuth, Leland Stanford Junior
 Tex
                                                   University, Stanford, California, USA

 LibreOce Calc                              The Document Foundation, Berlin, Germany

2.2 Studiendesign

2.2.1 Art und Anzahl der Versuchstiere und ethische Grundlagen
Die Versuche wurden gemäÿ den Deutschen und Europäischen Richtlinien (Directive

2010/63 EU on the protection of animals used for scientic purposes) zum Umgang

mit Labortieren durchgeführt. Das Versuchsprotokoll wurde sowohl vom Tierschutz-

komitee der Universität Ulm als auch vom Regierungspräsidium Tübingen, Baden-

Württemberg, unter der Registrierungsnummer 1024 am 24.08.2010 genehmigt.

Für die Versuchsreihe wurden 22 kastrierte, männliche FBM-Schweine im Alter von

15-30 Monaten und einem medianen (Interquartilsabstand) Gewicht von 72 (65; 81) kg

verwendet. Bei dieser Schweinerasse handelt es sich um eine Kreuzung von Rapacz-

Schweinen mit den beiden kleineren Rassen Bretoncelles und Meishan. Sie weisen

eine homozygote Mutation im LDL-Rezeptor-Gen (R84C) auf, die in Verbindung mit

hochkalorischer und cholesterinreicher Diät zu einer ubiquitären Atherosklerose mit

der Ausbildung einer KHK und ausgeprägter Fettstowechselstörung führt [90, 146].

                                        12
Durch die Kreuzung mit den beiden kleineren Rassen steht somit ein Versuchstier zur

Verfügung, das einerseits den Metabolismus eines komorbiden Patienten mit Athero-

sklerose und Fettstowechselstörung widerspiegelt und andererseits eine dem erwachse-

nen Menschen vergleichbare Thorax- und Abdomengröÿe hat. Schweine wurden deshalb

verwendet, weil sie einerseits eine bemerkenswerte Homologie bezüglich Anatomie, Phy-

siologie, Metabolismus sowie Pathophysiologie zum Menschen aufweisen. Andererseits

sollten durch die Nutzung eines Groÿtiermodells eine ausreichende Gefäÿ- und Organ-

präparation gewährleistet und es möglich gemacht werden, ausreichend Blutproben zu

entnehmen.

2.2.2 Versuchsgruppen
Die Tiere wurden zufällig auf zwei Gruppen mit n=10 bzw. n=12 Tieren verteilt, und

erhielten entweder den Agonisten (GW0742) oder die Trägersubstanz (DMSO) als Pla-

cebo. Sowohl Versuchsleiter als auch -personal waren bezüglich der Gruppenzuteilung

verblindet.

2.2.3 Versuchsaufbau, Anästhesie und chirurgische Präparation
Vorbereitungsphase     Die Tiere befanden sich bereits eine Woche vor Versuchsbeginn

im Tierforschungszentrum und wurden zur Versuchsvorbereitung einem Futterentzug

über 12h mit Wasser ad libitum ausgesetzt. Die anästhesiologische Betreuung der Tiere

begann eine Stunde vor Versuchsbeginn mit einer intramuskulären Injektion, durchge-

führt im Tierforschungszentrum Oberer Eselsberg, Oberberghof. Die Prämedikation

enthielt 5 mg/kg Azaperon. Anschlieÿend erfolgte der schlafende Transport der Tiere in

einer dafür vorgesehenen Transportbox in den Tier-OP des Instituts für Anästhesiolo-

gische Pathophysiologie und Verfahrensentwicklung (APV) in der Parkstraÿe 11, 89073

Ulm bzw. Helmholtzstr. 8/1 89081 Ulm .

Narkoseführung und supportive Therapie        Die Tiere erhielten einen periphervenö-

sen Zugang über eine der Ohrvenen und wurden noch in der Transportbox groÿzügig

präoxygeniert. Während der Einleitung erfolgte die pulsoxymetrische Überwachung der

O2 -Sättigung über einen am Schwanz angebrachten Clipsensor. Unter Oxygenierung er-
folgte die Narkose-Einleitung über den i.v.-Zugang am Ohr mit 1-2 mg/kg Propofol und

                                         13
1-2   mg/kg   Ketamin. Anschlieÿend erfolgte in Rückenlage auf dem OP-Tisch die orotra-

cheale Intubation und schlieÿlich kontrollierte Beatmung. Alle Versuchstiere bekamen

eine Magensonde zur Entlastung. Unter dem Rücken der Tiere kam die Nullelektro-

de für den intraoperativ eingesetzten Couter zu liegen. Um die Narkose aufrecht zu

erhalten, bekamen die Tiere eine Dauerinfusion von Pentobarbital (6-12 mg/kg·h) so-

wie Buprenorphin als Bolus (30         µ /kg initial; 10 µ /kg vor Beginn der Operation, dem
                                        g                   g

Auslösen der fäkalen Peritonitis und alle acht Stunden bzw. bei Bedarf, d. h. bei Ta-

chykardie, Blutdruckanstieg und anderen vegetativen Symptomen, die auf eine unzu-

reichende Analgesie schlieÿen lassen). Die notwendige Muskelrelaxation erfolgte durch

Pancuronium 1 mg/kg·h. Die während der operativen Instrumentierung vorgenommene

Standard-Einstellung des Respirators (Tidalvolumen 8 ml/kg; PEEP 10 cmH2 O ; I/E-

Verhältnis 1:1.5; Atemfrequenz abhängig vom arteriellen            pCO2   - Zielbereich 35-40 mm-

Hg) wurde im Verlauf des Versuches angepasst, um der zu erwartenden Verschlech-

terung der Lungenfunktion entgegenzuwirken. Maÿgebend war hierbei der Horovitz-
                                                                                                   pa O2
Index, also der Quotient aus arteriellem           pO2   und inspiratorischer   O2 -Fraktion   (
                                                                                                   F iO2
                                                                                                         )

nach folgendem Schema:

pa O2
                >300 mmHg: unverändert
F iO2

pa O2
F iO2
                18 mm-
   kg·h                        kg·h            kg·h
Hg), wobei darauf geachtet wurde, dass das intrathorakale Blutvolumen (ITBV) maxi-
               ml
mal 30-35         beträgt. Falls die Erhaltung des MAP auf Niveau vor Peritonitis alleine
               kg

                                                   14
durch Volumensubstitution nicht möglich war, bekamen die Tiere Noradrenalin nach

Bedarf bis zu einer maximalen Herzfrequenz (HF) von 160       min−1 .   Diese wurden als

Parameter der systemischen Hämodynamik (s. Abschnitt 2.3) registriert und verwertet.

Chirurgische Präparation      Zur Vorbereitung für die operativen Eingrie wurden die

Versuchstiere abgewaschen, rasiert, desinziert und steril abgedeckt. Bei der chirur-

gischen Präparation wurde auf das in Ulm etablierte Groÿtiermodell zurückgegrif-

fen, das teils in veränderter Form in vorherigen Studien schon zur Anwendung kam

[7, 49, 50, 90, 130, 131].

Hierbei erfolgte eine Freilegung und Kanülierung der rechten A. femoralis mit einer 7F-

Katheterschleuse, die mit einem 3F-PiCCO
                                             ®-Katheter zur kontinuierlichen Messung
des Herzzeitvolumens versorgt wurde. Die Freilegung der linken A. carotis mit Ein-

legen einer 7F-Katheterschleuse, über die unter Kontrolle der Druckkurve ein Druck-

Leitfähigkeits-Katheter bis in den linken Ventrikel vorgeschoben wurde. Weiterhin wur-

den die Vv. jugularis internae freipräpariert. In der rechten V. jugularis interna wurde

eine Katheterschleuse platziert. Diese wurde für Volumengabe und Katecholaminthe-

rapie genutzt. Es erfolgte die Einschwemmung eines Pulmonalarterienkatheters. In der

linken V. jugularis interna wurde ein Coolgard-Wärmeaustausch-Katheter platziert.

Die verwendeten Versuchstiere haben im Vergleich zu deutschen Landschweinen eine

verminderte metabolische Rate und neigen daher zur Hypothermie. Um einen Eekt auf

die Blutgerinnung und den Glukose-Stowechsel zu vermeiden, wurde mit diesem Ka-

theter sichergestellt, dass keine Hypothermie auftritt. Es wurde eine quere Laparotomie

durchgeführt. Über eine 8,5F-Katheterschleuse in der rechten V. femoralis wurde ein

4F-Katheter in die rechte V. renalis, zur Gewinnung renalvenösen Blutes, unter manu-

eller Kontrolle am Gefäÿ, vorgeschoben. Vor dreischichtigem Verschluss der Bauchdecke

wurden zwei Drainagen in die seitliche Bauchwand eingebracht. Es erfolgte auÿerdem

die Anlage eines Cystox-Katheters zur Urinableitung. Im Anschluss an den opera-

tiven Eingri schloss sich eine achtstündige Ruhephase an.

2.2.4 Induktion der fäkalen Peritonitis
Für eine gute Standardisierbarkeit, wurden bei der Abholung der Tiere die autologen

                                                          wurden in 500 ml 38 °C
                                                       g
Fäces in den Haltungsboxen der Tiere eingesammelt. 1
                                                       kg
                                                                 ml
warmer NaCl-Lösung 0,9 % gelöst und über 12 Stunden inkubiert. 3    des Überstandes
                                                                 kg

                                          15
wurden über die in der Bauchwand eingelegten Drainagen infundiert, wodurch sich eine

Vier-Quadranten-Peritonitis und daraus resultierend ein septischer Schock entwickelte

[53, 54, 64, 70].

2.2.5 Messzeitpunkte und Probenentnahme
Nach der Ruhephase wurden zunächst Ausgangsdaten erhoben, woraufhin die fäkale Pe-

ritonitis ausgelöst wurde. (s. Abschnitt 2.2.4 und Abbildung 2) Die Gabe von GW0742
       mg
0,03      (gelöst in DMSO) bzw. DMSO erfolgte 6, 12 und 18 Stunden nach Auslösen
       kg
der fäkalen Peritonitis. Die Zeit von 0-12 Stunden nach Peritonitis-Induktion wird als

Phase 1, die folgenden 12 Stunden entsprechend als Phase 2 bezeichnet. Am Ende des

Versuches wurden die Tiere in tiefer Narkose mittels Bolusgabe von Na-Pentobarbital

sowie zentralvenöser Injektion von 30 mmol Kaliumchlorid getötet.

              Abbildung 2:   Schema des Versuchsablaufes und der MZP (Messzeitpunkte)

2.3 Systemische Hämodynamik

Die Hämodynamik sowohl im groÿen als auch kleinen Kreislauf wurde mittels der In-

strumentierung und klassischem Monitoring erhoben.

Die Bestimmung der Herzfrequenz fand anhand der EKG-Ableitungen statt. Arteri-

eller, pulmonalarterieller sowie zentralvenöser Druck wurden kontinuierlich mit einem

Patientenmonitor aufgezeichnet. Der Pulmonalarterien-Verschlussdruck sowie das HZV

wurden durch eine Software-Option des Patientenmonitors bestimmt. Für das HZV

kam die Thermodilutionsmethode zum Einsatz. Des Weiteren wurde das intrathoraka-

le Blutvolumen und das extravaskuläre Lungenwasser bestimmt.

                                             16
2.4 Systemischer Metabolismus

Zur Bestimmung arterieller, renal- und gemischtvenöser Blutgaspartialdrücke, pH, Hä-

moglobin-Konzentration und Sauerstosättigung, des Weiteren der Elektrolyte, des

Blutzuckers sowie Laktatspiegels wurden BGA durchgeführt. Als Parameter für oxi-

dativen Stress durch freie Sauerstoradikale und zur Beurteilung der antioxidativen

Kapazität wurde die 8-Isoprostan-Konzentration, als Marker für Lipidperoxidation,

im Blut mittels Elisa durch Mitarbeiter der Abteilung bestimmt. Dasselbe gilt für

die renalvenösen Nitrit- und Nitratspiegel [130] und die renalvenösen Blutspiegel der

Zytokine TNF-α und IL-6, die mit kommerziell erhältlichen, schweinespezischen ELI-

SA-Kits ebenfalls durch Mitarbeiter der Abteilung nachgewiesen wurden [7, 48, 130].

Die endogene Glukose-Produktionsrate wurde ebenso wie die direkte, aerobe Glukose-

Oxidationsrate bestimmt. Zur Quantizierung wurde die stabile Isotopen-Methode mit-
                13
tels 1,2,3,4,5,6-    C6 -Glukose angewandt. Dabei wird eine denierte Menge des Isotops

infundiert und schlieÿlich im Kreislauf durch die endogen produzierte bzw. aus Glyko-

gen freigesetzte Glukose verdünnt. Aus einer entnommenen Blutprobe kann man nun

per Massenspektrometrie das Konzentrations-Verhältnis zwischen Tracer und norma-

ler Glukose bestimmen. Dies ist proportional zum Verhältnis zwischen infundierter und

produzierter Glukose. Zur Quantizierung der Glukose-Oxidation wird eine Atemluft-
                                                        13 CO
                                                             2
Probe durch Infrarot-Spektroskopie auf das Verhältnis   12 CO    untersucht. Mit dem schon
                                                             2

bekannten Verhältnis von Tracer und endogen produzierter Glukose ist berechenbar,

welcher Anteil des expiratorischen CO2 aus Glukose stammt.

2.5 Nierenfunktion

Als Marker für die, typischerweise beim septischen Schock vorliegende, AKI wur-

den Kreatinin im Urin und arteriellen Blut sowie die Elektrolyt-Konzentrationen im
                                                                                       +
Urin bestimmt. Daraus lassen sich die Kreatinin-Clearance und die fraktionelle Na -

Exkretion bestimmen, welche zuverlässige Marker für die Nierenfunktion darstellen.

Zudem wurde noch die Konzentration von NGAL im Blut bestimmt.

                                            17
2.5.1 Histologie und Immunhistochemie
Nach Versuchsende wurde den Versuchstieren die linke Niere entnommen, sagittal er-

önet, pyramidenförmige Probenstücke zugeschnitten und diese über eine Woche in

einer 4 % Formalinlösung belassen. Diese Proben enthielten Anteile von Cortex, Mark

und Papillarsystem mit angrenzendem Nierenkelch von jeweils 5mm Dicke. Nach Ab-

lauf dieser Einwirkzeit wurden die Gewebestücke dehydriert und nach Einbettung in

Paran am Mikrotom zu 2-4      µm   dicken Schnittpräparaten weiterverarbeitet, die auf

Objektträgern xiert wurden. Vor Durchführung der jeweiligen Färbungen wurden die

Proben durch drei Zyklen Xylol entparaniert, schlieÿlich durch mehrere Zyklen Etha-

nol von absteigender Konzentration rehydriert und anschlieÿend in destilliertem Wasser

vom Restalkohol befreit. Nach Beendigung des vorgegebenen Färbe-Protokolls wurden

die Proben in einer Ethanol-Reihe aufsteigender Konzentration dehydriert und für zwei

mal 5 min in Xylol eingelegt. Die Deckgläser wurden mit Neo-Mount auf den Objekt-

trägern xiert. Die Aufarbeitung und Bewertung der histologischen Präparate verlief

in Kooperation mit dem Institut für Pathologie der Universität Ulm (Leitung: Herr

Prof. Dr. med. P. Möller).

HE- und PAS-Färbung          Zur morphologischen Beurteilung der Histopathologie des

Nierengewebes zogen wir HE- und PAS-Färbungen heran. Die HE-Färbungen wurden

automatisiert durch einen HE-Automaten durchgeführt. Bei der PAS-Reaktion wur-

den die probenbeladenen Objektträger für 5 min in einer Perjodsäurelösung inkubiert.

Anschlieÿend wurden sie in mehrmals gewechseltem destilliertem Wasser gespült und

weitere 15 min unter dem Abzug in Schi 'schem-Reagenz eingetaucht. Danach folgte

ein weiterer Waschgang von 15 min unter ieÿendem Wasser. Zur Gegenfärbung mit

Hämalaun wurden die Proben 1 min eingetaucht und abschlieÿend ein letztes Mal für

10 min unter ieÿendem Wasser ausgewaschen.

Die Beurteilung des Nierengewebes im HE bzw. PAS-Schnitt bezüglich Veränderun-

gen, die auf den Ausprägungsgrad des septischen Schocks und somit auch auf eine

potentielle Wirksamkeit der Versuchssubstanz hindeuten können, erfolgte anhand hi-

stopathologischer Parameter in Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Pathologin (Fr.

Dr. Angelika Scheuerle, Sektion Neuropathologie, Universitätsklinikum Ulm). Unter-

sucht wurden der Ausprägungsgrad der glomerulären Tubularisation, die Dilatation

                                           18
und Schwellung der Bowman-Kapsel, zelluläre Ödeme der proximalen und Dilatation

der distalen Tubuli, die Anzahl der Protein-Zylinder im Tubulus-Lumen und Tubulus-

nekrosen, anhand eines Scoring-Systems, dass an Kubiaks Arbeit von 2010 angelehnt

ist und so auch schon im Institut APV angewendet wurde (vgl. Abbildung 3 und Ab-

bildung 4) [71, 90].

Zur Beurteilung der glomerulären Tubularisation, sowie der Dilatation der Bowman-

Kapsel wurden für jedes Versuchstier 50 Glomeruli im Kortex, sowie 30 im juxtame-

dullären Bereich der Nieren zufällig ausgewählt und nach diesen Kriterien beurteilt.

Dadurch ergab sich für jedes Versuchstier und jedes Kriterium ein Score in Prozent.

Die zellulären Ödeme wurden nach einem Verfahren beurteilt, in dem fünf zufällige

Bildausschnitte in vier Quadranten unterteilt wurden (s. Abbildung 5). Jeder dieser

Bildausschnitte bekam nun ein Grading entsprechend folgendem Schema:

  Grad 0: unauälliges Parenchym

  Grad 1: Vorkommen in einem Quadranten des Bildausschnittes

  Grad 2: Vorkommen in zwei Quadranten

  Grad 3: Vorkommen in drei Quadranten

  Grad 4: Vorkommen in allen vier Quadranten

  Die ermittelten Grade des Parenchymschadens aus den Bildausschnitten wurden ge-

mittelt. In entsprechender Weise wurde mit den Dilatationen und Schwellungen in den

distalen Abschnitten des Tubulussystems, aber auch mit den Tubulusnekrosen verfah-

ren.

Die Proteinzylinder wurden ausgezählt und in die Grade 0-3 eingeteilt, wobei die An-

zahl auschlaggebend war.

  Grad 0:       keine

  Grad 1:      1-10

  Grad 2:      11-50

  Grad 3:      >50 Proteinzylinder

                                         19
Abbildung 3:    Gewebsschnitte mit Beispielen von pathologischem Nierenparenchym. (HE; PAS):      A   glome-

                ruläre Tubularisation (HE, 20X),   B   Dilatation der Bowman-Kapsel (PAS, 20X),   C   Schwel-

                lung der Bowman-Kapsel (PAS, 20X),       D   zelluläre Ödeme des Tubulussystems (PAS, 10X);

                HE=Hämatoxylin-Eosin-Färbung; PAS=Periodic acid-Schi reaction

Immunhistochemische Färbungen                Nach Rehydrierung der Proben wurden diese,

um eine bessere Antikörper-Bindung zu ermöglichen, in Citrat-Puer (10 mmol/l; pH

6,0) erhitzt. Dazu wurden sie für 5 min in eine Mikrowelle bei 600 Watt gestellt. Nach

Ersetzen des verdampften Puers mit destiliertem Wasser wurde dieser Vorgang wie-

derholt. Nach einer 10-minütigen Abkühlphase bei Raumtemperatur wurden sie für

2 min in destilliertem Wasser ausgewaschen. Im weiteren Verlauf wurden die Proben in

TBS-Puer gewaschen und zwischengelagert. Die Gewebeproben wurden schlieÿlich auf

dem Objektträger mit einem hydrophoben Stift umfahren. Dieses lipohile Agens konn-

te gewährleisten, dass die aufpippetierten Substanzen sich nicht zu sehr verteilten und

                                                   20
Abbildung 4:      Gewebsschnitte mit Beispielen von pathologischem Nierenparenchym:    A   Dilatation des Tubulus-

                  systems (PAS, 10X),   B   Protein-Zylinder im Tubulus-Lumen (HE, 10X),C   Tubulusnekrosen (HE,

                  10X); HE=Hämatoxylin-Eosin-Färbung; PAS=Periodic acid-Schi reaction

die Proben während der Einwirkzeit nicht austrockneten. Um zu vermeiden, dass sich

viele unerwünschte Verbindungen bilden können und es so zu einem falsch-positiven

Ergebnis käme, wurden die Proben bei Raumtemperatur für eine Dauer von 15 min

in Ziegen-Serum inkubiert. Anschlieÿend wurde die überschüssige Flüssigkeit vom Ob-

jektträger abgegossen und die primäre Antikörper-Lösung, bestehend aus 10 ml TBS,

1   µl   Tween 20 und 1   µl   Ziegenserum 10 % mit dem entsprechenden Antikörper, aufpi-

pettiert. Nach 60-minütiger Inkubation bei Raumtemperatur wurden die Objektträger

in TBS (1 min), einer Mischung bestehend aus 10 ml TBS und 20                        µl    Tween 20 (3 min)

und schlieÿlich erneut TBS (1 min) gewaschen. Zum Nachweis der Antikörperbindung

wurde ein kommerziell erhältliches Analyse-Kit (Dako REAL— Detection System, Al-

kaline Phosphatase/Red, rabbit) genutzt. Enthalten darin sind laut Hersteller:

                                                       21
ˆ   Substanz A: biotinylierter sekundärer Antikörper Ziege/anti-Rabbit

   ˆ   Substanz B: Streptavidin-Alkaline Phosphatase

   ˆ   Substanz C, D, E: Chromogen 1, 2 und 3 ohne nähere Angabe des Inhaltsstoes

       seitens des Herstellers

   ˆ   Substanz F: gepuerte Substratlösung

   ˆ   Substanz G: Levamisol

          Abbildung 5:     Grading vier Quadranten (HE, 10X); HE=Hämatoxylin-Eosin-Färbung

  Dazu wurden die Proben mit Substanz A und Substanz B für je 30 Minuten bei

Zimmertemperatur inkubiert. Nach jedem dieser beiden Schritte folgte eine erneute

Waschung mit einem TBS/Tween 20-Gemisch. Anschlieÿend wurden 1,5 ml der Sub-

stanz F mit 2   µl der Substanz G gemischt, bevor die Substanzen C, D und E zugegeben

                                               22
wurden. Dieser Schritt dient dazu, die endogene alkalische Phosphatase zu blockieren

und somit unerwünschte Färbe-Reaktionen zu verhindern. Es folgte die Inkubation der

Proben mit dem zuvor beschriebenen Stogemisch für 15 Minuten bei Raumtempera-

tur. Zum Abschluss wurden die Proben mit einer Hämalaun-Lösung für 30 Sekunde

gegengefärbt und danach mit demineralisiertem Wasser abgewaschen.

  Laut Hersteller reagiert das den sekundären Antikörper enthaltene Reagenz gleich

gut mit den Immunglobulinen von Kaninchen und Maus, so dass nur ein Sekundäran-

tikörper für die Bindung von primären Kaninchen- oder Mausantikörpern erforderlich

ist

  Dieses Verfahren wurde für folgende Antigene angewendet:

      1. NGAL als Frühmarker für eine AKI (ABS 048-28, Cell Signaling Tech. Inc.)

      2. Nitrotyrosin als Marker für oxidativen und nitrosativen Stress (rabbit anti-Nitro-

        tyrosine, Millipore)

      3. Caspase-3 als Marker für Apoptosen innerhalb der Niere (ASP175, Bioporto Dia-

        gnostica)

      4. PPAR-β/δ-Expression im Nierengewebe (rabbit anti-PPAR-delta 1:100 #ab23673,

        Abcam plc)

Um die immunhistochemischen Präparate nicht nur qualitativ beurteilen zu können,

wurde mit der Densitometrie eine in diesem Fall zumindest semi-quantitative Ana-

lyse genutzt. Dabei wurden drei repräsentative Ausschnitte (800,000         μm²)   aus dem

angefärbten Gewebe, mittels eines von der Firma mitgelieferten Programmes, anhand

der Farbdichte im Bildausschnitt beurteilt. Es wird am Computer eine Suchmaske

darübergelegt (s. Abbildung 6), die man manuell bearbeiten kann, um somit die Berei-

che auszuwählen, die eine Antikörper-Bindung aufweisen. Die Farbdichte im gesamten

Bildausschnitt kann nun bestimmt werden.

2.6 Western Blot

Der Western-Blot ist ein Verfahren, bei dem Proteine auf Trägermembranen übertra-

gen und anschlieÿend per Antikörper nachgewiesen werden [18]. Die bei Versuchsende

                                             23
Abbildung 6:   Axioscope-Imaging (NGAL, 10X); linker Bildausschnitt nativ, rechter Bildausschnitt mit Such-

               maske; NGAL=neutrophilengelatinase-assoziiertes Lipocalin, Erstveröentlichung in [114] unter

               den Bedingungen der OPARU-Standard-Lizenz (https://oparu.uni-ulm.de/xmlui/license_v3)

entnommenen Proben aus Cortex-Gewebe der Niere wurden durch üssigen Sticksto

schockgefrostet und anschlieÿend bei -80         °C   aufbewahrt. Nachdem die Proben leicht

aufgewärmt wurden, vermischten wir diese mit kaltem PBS-Puer und Proteaseinhibi-

toren (0,1 mM Na-Vanadat, 2 mM para-Nitrophenylphosphate, 2 mM Dithiothreitol,

1 mM   β-Glycerolphosphat,    10   µM   Leuceptin sowie einer Tablette Complete) und ho-

mogenisierten die Suspension mit einem Ultra Turrax 25. Anschlieÿend setzten wir eine

1:2 Verdünnung der Proben mit zweifachem Lysepuer (50 mM TRIS-HCL; pH 7,5;

250 mM NaCl, 3 mM EDTA, 3 mM EGTA, 1 % Triton X-100, 0,5 % NP40 und 10 %

Glycerol) und Proteaseinhibitoren an und kühlten die Proben 30 min auf Eis. Nachdem

sie 30 min bei 20000 gE (4    °C)   abzentrifugiert wurden, kam der, die Proteine enthal-

tende, Überstand für zwei mal 10 sec in einen Sonicater, um weitere Membranen, die

noch in den Proben enthalten waren, zu lösen. Nachdem der Proteingehalt der Proben

photometrisch bestimmt worden war, wurden die Proben mit EMSA Puer (10 mM

Tris-HCl pH 7,9, 50 mM NaCl, 1 mM EDTA, 1 mM DTT, 20 % Glycerol und 100                                 µg
bovines Serumalbumin) auf eine Proteinkonzentration von 4 µ /µ                g   l   verdünnt. Für die

Western Blot Analysen wurden sie zusätzlich mit zwei mal Probenpuer (6 % SDS,

250 mM Tris-HCl pH 6,8; 20 % Glycerol, 6,7 %              β-Mercaptoethanol,          Bromphenolblau)

in einer 1:2 Verdünnung vermischt und bei 95           °C   für 10 min erhitzt.

                                                 24
2.6.1 Proteinauftrennung und -transfer
Es wurden Polyacrylamid-Trenngele (29:1) mit Konzentrationen von 7,5 %, 10 % und

12 % verwendet, abhängig von der Gröÿe des zu quantizierenden Proteins. In jedem

Fall wurde ein 4,5 %iges Polyacrylamidgel auf das Trenngel gegossen, das als Sam-

melgel wirken sollte. Pro Spur wurden 10       µg   Protein im Acrylamidgel aufgebracht

zuzüglich 6   µg   Precision Plus Protein Standards Kaleidoscope (Bio-Rad) als Mar-

ker. Bei Spannungen von 90 V (15 min) und anschlieÿend 180 V (ca. 45 min) er-

folgte nun die Auftrennung im SDS-Laufpuer (25 mM Tris, 190 mM Glycin, 3,5 mM

SDS). Anschlieÿend folgte bei 20 V (60 min) der Proteintransfer auf 0,45       µm   dicke

Nitrocellulose-Membranen, die zuvor mit Blotpuer (2,4 M Trisbase, 1,9 M Glycin,

64,5 mM SDS, 200 ml Methanol, destilliertes     H2 O)   getränkt wurden. Dies geschah im

Halbtrocken-Verfahren (Semi-Dry-Blotter, Bio-Rad). Die Ponceau-Färbung diente an-

schlieÿend zur Überprüfung einer gleichmäÿigen Proteinladung. Fertige Blots blockier-

ten wir für 60 min bei Raumtemperatur mit einem Blockierpuer (5 % Milchpulver,

TBS, 0,1 % Tween 20), der zugleich als Waschpuer und Antikörperdiluent diente.

  Es wurden folgende Primär-Antikörper verwendet:

   ˆ   iNOS

   ˆ   HO-1

   ˆ   cleaved Caspase-3

Der primäre Antikörper wurde über Nacht bei 4 °C inkubiert, woraufhin sechs Wasch-

gänge von je 7 min folgten. Die Inkubation mit dem sekundären Antikörper geschah

bei Raumtemperatur für die Dauer von einer Stunde. Darauf folgte ein wiederholtes

Auswaschen der ungebundenen Antikörper. Nach der Zweitantikörper-Detektion durch

das Chemolumineszenz-Reagenz Supersignal (Pierce) nach Herstellerangaben wurden

die Blots auf Agfa Cronex-5-Filme exponiert.

  Die Auswertung der Western Blots wurde mit dem Programm Image J durchgeführt,

wobei die Einstellungen so adaptiert wurden, dass ein invertiertes Bild des Röntgen-

lms entstand (s. Abbildung 7). Die Banden wurden demnach weiÿ dargestellt, der

Hintergrund schwarz. Anhand der Area, Mean gray value und integrated density

der einzelnen Banden konnte das Programm eine densitometrische Analyse erstellen.

Diese Werte wurden schlieÿlich durch den Mittelwert zweier nativ-Proben dividiert.

                                          25
Abbildung 7:    Beispiel eines Röntgenlms der Western Blot-Analyse

2.7 Datenverarbeitung und statistische Auswertung

Alle Daten in Tabellen sind als Median, sowie obere und untere Quartile dargestellt.

Ermittelt wurden auÿerdem Minimum bzw. Maximum. Sofern signikante Unterschie-

de vorliegen, sind diese in den Tabelen bzw. zugehörigen Diagrammen entsprechend

kenntlich gemacht.

Nach dem Ausschluss einer Normal-Verteilung der vorliegenden Daten mittels Kolmo-

gorov-Smirnow-Test, wurden Unterschiede innerhalb der Gruppen durch einen Fried-

mann-Test zur Rangvarianzanalyse durchgeführt. Zusätzlich wurde ein Dunn-Test mit

Bonferroni-Korrektur durchgeführt. Schlieÿlich wurde noch durch einen Rangsummen-

test nach Mann und Whitney, der dazu dient zwei unabhängige Stichproben zu ver-

gleichen, überprüft, ob es signikante Unterschiede zwischen den Ergebnissen der je-

weiligen Behandlungsarme zu gleichen Messzeitpunkten bzw. zu verschiedenen Mess-

zeitpunkten gab. Dabei wurde auch überprüft, ob Eekte innerhalb und zwischen den

Gruppen feststellbar waren, die auf die, durch uns durchgeführten, Maÿnahmen (Sepsis-

                                            26
Induktion, invasive Instrumentalisierung) zurückzuführen waren. Bei all diesen Tests

wurden p-Werte kleiner als 0,05 als signikant angenommen.

Die statistische Auswertung der Daten wurde mit Sigmastat
                                                              ®   in der Programm-

Version 2.03 durchgeführt. Zur graschen Darstellung der Ergebnisse wurde das Li-

breOce Calc in der Version 6.1.1.2 benutzt.

                                        27
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