KOFA-Personalarbeitsindex - KOFA-STUDIE 4/2021 Strategische Personalarbeit als erfolgreicher Ansatz zur Fachkräftesicherung in KMU ...

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KOFA-STUDIE 4/2021

KOFA-Personalarbeitsindex
Strategische Personalarbeit als erfolgreicher
Ansatz zur Fachkräftesicherung in KMU
Kompetenzzentrum
Fachkräftesicherung (KOFA)
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat das Institut
der deutschen Wirtschaft e. V. mit der Umsetzung, Durchführung und
Fortentwicklung des Projektes Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung
beauftragt. Das KOFA unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
dabei, Fachkräfte zu finden, zu binden und zu qualifizieren.

Folgende Angebote bietet das KOFA:

           Studien: Analysen zur Fachkräftesituation             Vorträge und Netzwerke: Austausch mit den
           in Deutschland                                        Expertinnen und Experten vor Ort

           Handlungsempfehlungen und Checklisten:                Webinare: Weiterbildung und Austausch vom
           Tipps für Ihre Personalarbeit                         Schreibtisch aus

           Praxisbeispiele: Best Practice zum Nachahmen          Newsletter: regelmäßige Infos über aktuelle
           und Weiterdenken                                      Trends im Themenfeld

           Trends: Zukunftsthemen wie digitale Bildung
           und Führung 4.0

Mehr Informationen auf
www.kofa.de

E-Mail: fachkraefte@iwkoeln.de
Telefon: 0221-4981-543

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KOFA-PERSONALARBEITSINDEX

Inhalt
      Zusammenfassung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4

1     Einleitung: Strategischer Personalarbeit und Employer Branding kommen
      eine wachsende Bedeutung zu .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 6

2 Hintergrund und Methodik der Unternehmensbefragung .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8

3 Beitrag der Personalarbeit zur Fachkräftesicherung .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 9
      3.1 Wer ist für Personalarbeit zuständig?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
      3.2 Fachkräfte finden und binden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

4     Fünf Handlungsfelder strategischer Personalarbeit .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 12
      4.1 Das eigene Unternehmen analysieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
      4.2 Als Arbeitgeber positionieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
      4.3 Beschäftigte rekrutieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
      4.4 Beschäftigte binden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
      4.5 Beschäftigte aus- und weiterbilden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
      4.6 Hemmnisse für eine Weiterentwicklung der Personalarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
      4.7 Zwischenfazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

5     Strategische Personalarbeit messbar machen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 26
      5.1 Der KOFA-Personalarbeitsindex. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
      5.2 Kleinere und mittlere Unternehmen betreiben seltener strategische Personalarbeit. . . . . . 27

6 Was kennzeichnet Unternehmen mit einer strategischen Personalarbeit? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 31

7     Die Arbeitgebermarke in KMU  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 33

8 Der Stand strategischer Personalplanung in deutschen Unternehmen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 36

9 Handlungsempfehlungen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 37

      Abbildungen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38

      Tabellen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38

      Literatur .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 39

                                                                                                               3
STUDIE 4/2021                                                                             KOFA-PERSONALARBEITSINDEX

Zusammenfassung
Sehr viele Unternehmen haben Probleme bei der                       Diese Employer Brand bündelt Stärken und Angebote, aber
Gewinnung von Beschäftigten                                         auch unternehmenskulturelle Faktoren, in einer vermarkt-
                                                                    baren Identität als Arbeitgeber. Insgesamt verfügen nur
Sieben von zehn Unternehmen hatten – unabhängig von
                                                                    fünf Prozent der Unternehmen über eine Employer Brand.
der Unternehmensgröße – im Jahr 2019 und damit vor Be-
                                                                    Während gut 37 Prozent der großen Unternehmen eine
ginn der Corona-Pandemie Probleme bei der Rekrutierung
                                                                    Arbeitgebermarke entwickelt haben, trifft dies nur auf 15
von qualifizierten Mitarbeitenden. Kleine Unternehmen
                                                                    Prozent der mittleren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäf-
berichten häufiger als große Unternehmen von deutlichen
                                                                    tigten und auf knapp 5 Prozent der kleinen Unternehmen
Rekrutierungsschwierigkeiten.
                                                                    zu.

Kleine Unternehmen sollten den demografischen
                                                                    Unternehmen, die ihre Stärken als Arbeitgeber
Wandel noch aktiver angehen und die Nachfolge-
                                                                    kennen, sind klar im Vorteil
planung intensivieren
                                                                    Wer in einem Arbeitnehmermarkt Bewerber/-innen von
In den kommenden Jahren werden altersbedingt immer
                                                                    sich als Arbeitgeber überzeugen möchte, sollte seine
mehr Arbeitnehmer/-innen in den Ruhestand gehen. Nur
                                                                    Stärken als Arbeitgeber kennen. Der Weg dahin führt über
vier von zehn kleinen Unternehmen mit weniger als 50
                                                                    die Einbindung der eigenen Mitarbeitenden, zum Beispiel
Mitarbeitenden haben jedoch die Altersstruktur der Be-
                                                                    durch Befragungen oder Workshops. Nur vier von zehn
schäftigten systematisch im Blick. Dies kann schwierig
                                                                    Arbeitgebern untersuchen aktuell die eigenen Stärken und
werden, wenn Nachbesetzungen nicht rechtzeitig ange-
                                                                    Schwächen und beziehen dabei die Mitarbeitenden mit
stoßen werden können. Zum Vergleich: Sechs von zehn
                                                                    ein. Immerhin rund 20 Prozent der Befragten geben jedoch
der mittelgroßen und gut sieben von zehn der größeren
                                                                    an, dies zu planen. Auch befasst sich nur jedes zehnte
Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden analysieren
                                                                    Unternehmen mit dem Feedback auf Bewertungsportalen
regelmäßig die Altersstruktur der Belegschaft. Eine sys-
                                                                    wie Kununu oder Glassdoor, die für die für Bewerber/-in-
tematische Nachfolgeplanung betreiben 44 Prozent aller
                                                                    nen zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Unternehmen. Zwar planen weitere 20 Prozent, dies künftig
zu tun, doch wären auch die verbleibenden 36 Prozent gut
beraten, sich frühzeitig mit der Planung der Nachfolge zu           Der KOFA-Personalarbeitsindex zeigt: Nur drei
beschäftigen.                                                       von zehn Unternehmen betreiben eine ausge-
                                                                    prägt strategische Personalarbeit
KMU könnten Stellenanzeigen und Karriereseiten                      Jedes dritte Unternehmen setzt auf eine strategische
zielführender nutzen                                                Personalarbeit, die die Säulen Analyse des eigenen Unter-
                                                                    nehmens, Positionierung als Arbeitgeber, Rekrutierung,
Gut 60 Prozent der Unternehmen informieren in Stellenan-
                                                                    Mitarbeiterbindung und Qualifizierung umfasst (siehe
zeigen über ihre Leistungen als Arbeitgeber. Ihnen gegen-
                                                                    Kasten), um den Personalbedarf zu decken. Ausgeprägt
über stehen 30 Prozent der Unternehmen, die über ihre
                                                                    strategisch aufgestellt sind per Definition in dieser Studie
Leistungen – auch auf dem klassischen Weg der Stellen-
                                                                    Unternehmen, die in allen fünf Säulen aktiv sind und
anzeige – nicht informieren. Vor allem kleine Unternehmen
                                                                    mindestens 16 der 32 abgefragten Maßnahmen umsetzen.
verpassen die Chance, sich über Stellenausschreibungen
                                                                    Diese Unternehmen nutzen die gesamte Maßnahmenviel-
als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Auf einer eige-
                                                                    falt der betrieblichen Personalarbeit in der Breite und in
nen Karrierewebsite informieren nur knapp 15 Prozent der
                                                                    der Tiefe. Immerhin 32,4 Prozent der Unternehmen betrei-
Unternehmen über sich als Arbeitgeber.
                                                                    ben grundlegende strategische Personalarbeit, in dem sie
                                                                    mindestens eine Maßnahme in jeder Säule umsetzen. 37,2
KMU sollten stärker auf Employer Branding set-                      Prozent der befragten Unternehmen verfügen über kein
zen, um Rekrutierungsprobleme zu mildern                            strategisches Personalmanagement, das heißt, sie setzen
                                                                    nicht in jeder der fünf Säulen eine Maßnahme um. Am
Maßnahmen zur Positionierung als Arbeitgeber zielen
                                                                    häufigsten vernachlässigen sie die Bereiche Qualifizierung,
darauf ab, die eigenen Stärken zu kommunizieren und im
                                                                    Analyse des eigenen Unternehmens sowie die Positionie-
Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte als attraktiver
                                                                    rung als attraktiver Arbeitgeber.
Arbeitgeber aufzutreten. Fundament der Arbeitgeberpositi-
onierung ist die Erarbeitung der eigenen Arbeitgebermarke.

                                                                4
STUDIE 4/2021                                                                          KOFA-PERSONALARBEITSINDEX

Unternehmen mit ausgeprägt strategischer Per-                    Kleine Unternehmen haben noch Potenzial beim
sonalarbeit sind digitaler und verfügen über jün-                Personalmanagement, aber auch eine gute Start-
gere Belegschaften                                               position und eine persönlichere Unternehmens-
                                                                 kultur
Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad haben
häufiger ein modernes Personalmanagement. Auffällig ist,         Viele kleine Unternehmen engagieren sich sehr für ihr Per-
dass Unternehmen mit einem höheren Anteil von unter              sonal. Über die Hälfte von ihnen hat verstanden, wie wich-
25-jährigen Beschäftigten häufiger strategische Personal-        tig eine strategische Personalarbeit ist. So decken bereits
arbeit betreiben.                                                sechs von zehn der kleinen Unternehmen die wichtigen
                                                                 Bereiche Unternehmensanalyse, Rekrutierung, Bindung
                                                                 von Mitarbeitenden, Qualifizierung und Positionierung als
Mehr personelle Ressourcen und fundierteres
                                                                 Arbeitgeber ab. Kleine Unternehmen können durch den
Fachwissen könnten der Personalarbeit einen
                                                                 engeren persönlichen Kontakt und die flachen Hierarchien
Schub verleihen
                                                                 punkten, ebenso wie durch schnelle Bewerbungsverfahren.
Viele Unternehmen erleben Hindernisse, wenn sie ihre             74,5 Prozent der kleinen Unternehmen gelingt es, innerhalb
Personalarbeit weiterentwickeln möchten. Knapp sechs             von vier Wochen einen Bewerbungsprozess abzuschließen;
von zehn Unternehmen geben an, dass ihnen personelle             bei Großunternehmen trifft dies nur zu 66,9 Prozent zu. Für
Ressourcen fehlen. Hierbei spielt eine Rolle, dass kleine        die Mitarbeitendengewinnung in Engpassberufen ist die
Unternehmen häufiger keine eigene Personalabteilung              Geschwindigkeit von Bewerbungsprozessen ein wichtiger
haben und keine Personalexperten/-innen beschäftigen,            Wettbewerbsvorteil. Zwar sind viele kleine Unternehmen in
die sich intensiv mit dem Personal- und Talentmanagement         einer guten Startposition, doch leisten zugleich 38,4 Pro-
befassen. In 91,0 Prozent der kleinen (bis 49 Mitarbeiten-       zent noch keine strategische Personalarbeit. Deshalb soll-
de) und 61,9 Prozent der mittleren (bis 249 Mitarbeitende)       ten kleine Unternehmen für sich identifizieren, in welchen
Unternehmen ist die Geschäftsführung neben vielem ande-          Bereichen der Personalarbeit individueller Nachholbedarf
ren auch für das Personalwesen zuständig. So geben KMU           besteht und vorhandene Lücken schließen.
häufiger an, dass es ihnen an Fachwissen im betrieblichen
Personalmanagement fehlt. Dies erweist sich für kleine
Unternehmen als Nachteil bei der Fachkräftesicherung.

Trotz inländischer Fachkräfteengpässe setzen
Unternehmen nur sehr selten auf die Gewinnung
internationaler Fachkräfte
Die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland nutzt
nur ein kleiner Teil der Unternehmen (5,5 Prozent, weitere
3,4 Prozent planen dies). Corona-bedingt konnte das im
März 2020 in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungs-
gesetz noch keine Wirkung entfalten. Inwiefern es sich auf
das Rekrutierungsverhalten auswirken wird, bleibt abzu-
warten.

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1. Einleitung: Strategischer Personal-
arbeit und Employer Branding kommen
eine wachsende Bedeutung zu
Der Fachkräftemangel betrifft bereits heute die meisten           um die passenden Kandidatinnen und Kandidaten bemü-
Unternehmen. In vielen Branchen, Berufen und Regionen             hen müssen. Das erfordert ein Umdenken in der Personal-
fehlt qualifiziertes Personal. Vor Beginn der Corona-Pande-       arbeit. Auf der Suche nach „High Potentials“ und den „bes-
mie waren deutschlandweit knapp 80 Prozent der Stellen            ten Köpfen“ haben die international agierenden, großen
schwer zu besetzen. Im Vergleich dazu: Im Jahr 2010               Unternehmen dies bereits vor längerer Zeit erkannt und
waren es noch knapp 25 Prozent (Burstedde/Seyda, 2020;            mit einer weiteren Professionalisierung der Personalarbeit,
weitere Zahlen dazu finden Sie auf www.kofa.de). Auch die         beispielsweise mit dem Aufbau einer Arbeitgebermarke
Auswirkungen der Corona-Krise und eine schwächelnde               (Employer Brand), reagiert. Heute sind kleine und mittlere
Konjunktur werden daran nicht grundsätzlich etwas än-             Unternehmen (KMU) gleichermaßen gefordert, neue Wege
dern, da der Fachkräftemangel durch den demografischen            zu gehen, um ihren Fachkräftebedarf zu decken. Denn
Wandel verstärkt wird. Es drängen weniger junge Men-              wenn Stellen nicht (nach-)besetzt werden können, hat dies
schen auf den Arbeitsmarkt als Ältere aus dem Erwerbs-            weitreichende Folgen für Betriebe – und letztlich auch für
leben ausscheiden. So hinterlassen die Generationen, die          den Wirtschaftsstandort Deutschland.
demnächst in Rente gehen, eine größere Lücke auf dem
                                                                  Ein strategisches Vorgehen in der Personalarbeit ist für
Arbeitsmarkt, als nachkommende Generationen schließen
                                                                  KMU eine Herausforderung. Personelle und finanzielle Res-
können (Burstedde et al., 2021).
                                                                  sourcen sind hier knapp, daneben fehlt es oft an Wissen
Durch die zunehmenden Engpässe bei qualifizierten                 über die Pflicht und Kür im Personalmanagement. Doch ein
Arbeitskräften hat sich der Arbeitsmarkt von einem Arbeit-        Umdenken lohnt sich, denn individuell auf Unternehmen
gebermarkt, in dem Unternehmen aus einer Vielzahl von             und Bewerber/-innen zugeschnittene Maßnahmen werden
Bewerbungen die Besten auswählen konnten, in einen                von Unternehmen als besonders erfolgreich bei der Rekru-
Arbeitnehmermarkt gewandelt, in dem sich die Arbeitgeber          tierung wahrgenommen (Stippler et al., 2019).

    Strategische Personalarbeit umfasst im KOFA-Ansatz fünf Handlungsfelder

    Modernes Personalmanagement muss Antworten auf vielfältige Fragen liefern: Wie können Unternehmen sicherstel-
    len, über genügend Mitarbeitende zu verfügen? Mit welcher Fluktuation müssen wir rechnen? Wie können wir unse-
    re Belegschaft kontinuierlich weiterbilden? Welche Talente sollen wir gezielt fördern? Wie gewinnen wir geeignete
    Auszubildende? Mit welchen Argumenten können wir potenzielle Bewerber/-innen auf uns aufmerksam machen?
    Strategisch ausgerichtete Personalarbeit, die sich diesen Fragen widmet, umfasst im Ansatz des Kompetenzzent-
    rum Fachkräftesicherung (KOFA) fünf Säulen:

    1. die Analyse der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens,

    2. die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber,

    3. die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden,

    4. die Bindung von Beschäftigten und

    5. die Qualifizierung.

    Ein strategisches Vorgehen wirkt stärker und nachhaltiger als unabgestimmte Einzelmaßnahmen – wie beispiels-
    weise die Personalsuche über das Schalten von Online-Stellenanzeigen oder der Auftritt bei Job-Messen. Wenn
    Unternehmen in allen fünf Bereichen strategischer Personalarbeit aktiv sind und die daraus entstehenden Synergie-
    effekte für das Unternehmen nutzen, sichern sie angesichts der vorhandenen Fachkräfteengpässe in vielen Berufen
    ihre wichtigste Ressource: qualifiziertes und motiviertes Personal.

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Ein wesentliches Element erfolgreicher Personalarbeit              Arbeitgebermarke zurückgreifen, erleichtert dies sowohl
ist der Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Brand).            die interne, auf eigene Beschäftigte ausgerichtete, als
Employer Branding bezeichnet einen Prozess, in dem                 auch die externe, auf die Gewinnung neuer Mitarbeitenden
Mitarbeitende und Unternehmensführung gemeinsam das                zielende Kommunikation.
Arbeitgeberprofil schärfen. Die herausgearbeitete Arbeit-
                                                                   Sowohl der Stand der strategischen Personalarbeit als
gebermarke – angelehnt an die Vorstellung einer Produkt-
                                                                   auch der des Employer Branding und der Ausgestaltung
marke mit besonderer Zielgruppe – bündelt die Stärken
                                                                   einer Arbeitgebermarke soll in dieser KOFA-Studie anhand
und Angebote, die spezifische Unternehmenskultur und
                                                                   repräsentativer Daten einer Unternehmensbefragung in
Werte, die das Unternehmen als Arbeitgeber auszeichnen.
                                                                   Deutschland untersucht werden.
Kann eine strategische Personalarbeit auf eine solche

    KOFA

    Das „Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA)“ wird vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW) im
    Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) umgesetzt.. Innerhalb dieses Projektes werden
    für die Zielgruppe kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in Deutschland praxisnahe und handlungsleitende In-
    formationen zu systematischer Personalarbeit und Fachkräftesicherung über die Internetseite kofa.de zur Verfügung
    gestellt. Ziel des KOFA ist es, KMU auf dem Weg hin zu einer strategischen Personalarbeit zu unterstützen und unter
    anderem Hilfestellung zum Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) zu geben.

                                                                   Kapitel 4 wirft den Blick auf die fünf Säulen der strategi-
Aufbau der vorliegenden Studie
                                                                   schen Personalarbeit und die von den Unternehmen in
Mit der vorliegenden Befragung schließt das KOFA eine              diesen Bereichen umgesetzten Maßnahmen. Dies gibt
Forschungslücke: Während Personal- und Rekrutierungs-              Aufschluss darüber, wie intensiv die Unternehmen ihre
strategien größerer Unternehmen Gegenstand zahlreicher             Personalarbeit betreiben und in welche Bereiche und
Betrachtungen sind, ist bisher wenig darüber bekannt, wie          Maßnahmen sie dabei in besonderem Maße investieren.
KMU im Wettbewerb um Fachkräfte aufgestellt sind. Dies             Darüber hinaus wird auch beleuchtet, welche Hemmnisse
ist insofern relevant, da sich kleine und mittlere Unterneh-       die Unternehmen bei der Stärkung ihrer Personalarbeit
men strukturell stark von Großunternehmen unterscheiden.           erfahren.
Abgesehen von den aktuellen Auswirkungen der Corona-
                                                                   Anschließend richten wir in Kapitel 5 den Fokus darauf,
Pandemie beeinträchtigen in den vergangenen zehn Jahren
                                                                   inwiefern die befragten Unternehmen ihre Personalarbeit
zunehmende Fachkräfteengpässe die Wettbewerbs- und
                                                                   strategisch ausrichten. Um strategische Personalarbeit
Zukunftsfähigkeit des Mittelstands. Für die vorliegende
                                                                   messbar zu machen, wurde ein Personalarbeitsindex ent-
Studie stand daher die Frage im Vordergrund, mit welchen
                                                                   wickelt, dessen Konzept im Rahmen dieses Kapitels metho-
Strategien KMU erfolgreiche Fachkräftesicherung betreiben
                                                                   disch und inhaltlich erläutert wird. Nach der Betrachtung,
können und welche Rolle dabei eine strategisch ausgerich-
                                                                   welche Unternehmen besonders häufig strategisch aufge-
tete Personalarbeit spielt.
                                                                   stellt sind, wird anhand multivariater Analysen in Kapitel 6
Anhand einer repräsentativen Unternehmensbefragung                 erörtert, welche Unternehmenseigenschaften die Chancen
wurde ein Index zu strategischer Personalarbeit erstellt,          auf eine strategische Personalarbeit erhöhen.
der Erkenntnisse darüber liefert, mit welchen Strategien
                                                                   Bevor in Kapitel 8 ein Fazit zum Stand der Personalarbeit in
Unternehmen die betriebliche Fachkräftesicherung ge-
                                                                   Deutschland gezogen wird, stellt Kapitel 7 die Situation im
stalten und wie intensiv sie sich mit dem Personalmanage-
                                                                   Hinblick auf die Arbeitgebermarke von Unternehmen dar.
ment befassen. In Kapitel 2 werden zunächst Methodik
                                                                   Dabei ist von besonderem Interesse, ob Unternehmen, die
und Hintergrund der erhobenen Befragungsdaten erläutert.
                                                                   sich in ihrer Personalarbeit strategisch ausrichten, häufiger
Im Anschluss wird in Kapitel 3 der Fokus auf die generelle
                                                                   eine Arbeitgebermarke ausbauen als nicht strategisch auf-
Lage der Personalarbeit in Unternehmen und die dabei
                                                                   gestellte Unternehmen. Abschließend folgen in Kapitel 9
wahrgenommenen Probleme aus betrieblicher Sicht gelegt.
                                                                   die aus den Befunden dieser Studie abgeleiteten Hand-
                                                                   lungsempfehlungen für Unternehmen.

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2. Hintergrund und Methodik
der Unternehmensbefragung
Die in dieser Studie präsentierten Befragungsdaten               halt einschätzt. Da die meisten Unternehmen der Grundge-
stammen aus einer von Ende Juli bis Mitte September              samtheit zwischen 1 und 49 Mitarbeitenden beschäftigen,
2020 durchgeführten Online-Befragung zum Thema                   bestimmen diese Unternehmen das Gesamtergebnis bei
„Strategische Personalarbeit und Employer Branding“ im           den verschiedenen Fragestellungen.
Rahmen des IW-Personalpanels, an der insgesamt 1.433
                                                                 Zusätzlich erfolgte im Rahmen der Hochrechnung eine
Unternehmen teilnahmen. Für die Befragungsteilnahme
                                                                 Nonresponse-Korrektur. Unter „Nonresponse-Bias“ ver-
wurden die Unternehmen zufällig in einer nach Anzahl der
                                                                 steht man die potenzielle Verzerrung von Hochrechnungs-
Beschäftigten und der Branche geschichteten Stichprobe
                                                                 ergebnissen, die entstehen kann, wenn es strukturelle
aus der Unternehmensdatenbank der IW Consult gezogen.
                                                                 Unterschiede in der Teilnahmebereitschaft zwischen
Die Erhebung der relevanten Ansprechpartner/-innen, ihrer
                                                                 verschiedenen Unternehmenstypen gibt und diese Unter-
Teilnahmebereitschaft und ihrer E-Mail-Adressen erfolgte
                                                                 schiede Einfluss auf die Ergebnisse der Befragung haben.
auf telefonischem Wege. Dadurch wird eine hohe Qualität
                                                                 Wenn beispielsweise kleine Unternehmen eine signifikant
der Antworten sichergestellt und erreicht, dass die Fragen
                                                                 geringere Teilnahmebereitschaft haben als große, werden
von Personalverantwortlichen (z. B. HR-Manager/-innen,
                                                                 erstere tendenziell unterrepräsentiert. Wenn diese unter-
Personalleiter/-innen oder Geschäftsführer/-innen) beant-
                                                                 repräsentierten Unternehmen zudem ein anderes Antwort-
wortet werden. Die Stichprobe schließt Unternehmen der
                                                                 verhalten aufweisen, können verzerrte Hochrechnungs-
Industrie (einschließlich Bauwirtschaft) und aller Dienst-
                                                                 ergebnisse entstehen. Um diese möglichen Verzerrungen
leistungsbranchen ein, die mindestens eine/-n Mitarbei-
                                                                 zu minimieren, wurde mithilfe eines ökonometrischen
tende/-n beschäftigen.
                                                                 Modells die Wahrscheinlichkeit, an der Befragung teil-
Die Verteilungen zwischen Grundgesamtheit der Unter-             zunehmen, anhand von Strukturvariablen geschätzt. Zu
nehmen in Deutschland und der Stichprobe der befragten           diesen Strukturvariablen zählen die Beschäftigtenzahl (In-
Unternehmen weichen voneinander ab. In der Stichpro-             land), das Bundesland und die Branche der Unternehmen.
be sind anteilig mehr große Unternehmen sowie mehr               Die Hochrechnungsgewichte wurden anhand dieser ge-
Unternehmen der Industrie enthalten als in der Grund-            schätzten Wahrscheinlichkeiten so korrigiert, dass Unter-
gesamtheit. Dieses Vorgehen wird bewusst gewählt, um             nehmen mit einer sehr geringen Teilnahmewahrschein-
auch bei diesen beiden Gruppen eine für die Auswertung           lichkeit, die tendenziell unterrepräsentiert sind, höher
hinreichend hohe Fallzahl zu erzielen. Um repräsentative         gewichtet werden. Die korrigierten Gewichte wurden dann
Gesamtwerte für die Grundgesamtheit (alle Unternehmen            im Rahmen eines GREG (Generalised Regression)-Modells
mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Be-            wieder an die Eckwerte aus der Grundgesamtheit kalibriert.
schäftigten) zu ermitteln, wurden die Befragungsergeb-           Abschließend wurden die Gewichte auf eine maximale
nisse nach der Unternehmensanzahl anhand von Daten               Abweichung vom Ursprungsgewicht von drei Standardab-
des Unternehmensregisters hochgerechnet. Dabei wird              weichungen beschränkt, um zu vermeiden, dass einzelne,
zwischen vier Branchen (M+E, Sonstige, Industrie und Bau,        hochgewichtete Unternehmen einen zu großen Einfluss auf
Unternehmensnahe Dienstleistungen und Gesellschafts-             die Hochrechnungsergebnisse haben. Insgesamt zeigen
nahe Dienstleistungen) und drei Mitarbeitergrößenklassen         sich nur geringe Unterschiede zwischen den Ergebnissen
(1 bis 49 Mitarbeitende, 50 bis 249 Mitarbeitende und ab         der Hochrechnung mit und ohne Non-Response-Korrektur.
250 Mitarbeitende) unterschieden. Bei einer Gewichtung           Das zeigt, dass die Qualität der Hochrechnung in frühe-
nach der Unternehmensanzahl werden kleinere Unter-               ren Wellen auch ohne Berücksichtigung der potenziellen
nehmen stärker gewichtet als große Unternehmen. Die              Non-Response gut war, und dass die Vergleichbarkeit der
Ergebnisse geben Aufschluss darüber, wie das durch-              Ergebnisse im Zeitverlauf trotz der methodischen Weiter-
schnittliche Unternehmen in Deutschland einen Sachver-           entwicklung gegeben ist.

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3. Beitrag der Personalarbeit
zur Fachkräftesicherung
Der Fachkräftemangel hat sich in Deutschland in den                             sicherung im Unternehmen. Deshalb soll in diesem Kapitel
letzten Jahren in vielen Berufen und Regionen verschärft                        ein Blick auf die generelle Lage der Personalarbeit in Unter-
(Burstedde/Seyda, 2020). Damit ist der Druck auf die                            nehmen und insbesondere der dabei wahrgenommenen
Personalarbeit gewachsen, qualifizierte Mitarbeitende                           Probleme gelegt werden, bevor in Kapitel 4 die Darstellung
zu finden und bereits beschäftigte Mitarbeitende an das                         der wichtigsten Dimensionen einer strategischen Personal-
Unternehmen zu binden. Eine strategische Personalarbeit                         arbeit und des Engagements der Unternehmen diesbezüg-
ist ein wichtiges Hilfsmittel für eine nachhaltige Fachkräfte-                  lich folgt.

3.1 Wer ist für Personalarbeit zuständig?

Im Rahmen der Befragung wurde erhoben, welche Instanz                           schnitt aller Unternehmen und für die einzelnen Unter-
der Unternehmen für die Personalarbeit zuständig ist. Ab-                       nehmensgrößen, die sich an der Zahl der Mitarbeitenden
bildung 1 zeigt die Verortung der Zuständigkeit im Durch-                       bemessen.

Abbildung 1: Verortung der Zuständigkeit für Personalarbeit nach Unternehmensgröße
Anteil der Unternehmen, in Prozent

      Gesamt          8,9                                                              89,3                                                1,7

      1 bis 49       7,2                                                               91,0                                                1,7
Mitarbeitende

   50 bis 249                          36,4                                                          61,9                                  1,7
Mitarbeitende

      ab 250                                                    74,5                                                      23,1            2,3
Mitarbeitende

                 0            10           20          30              40         50          60            70       80          90     100

                     HR-Bereich/Personalabteilung        Management/Geschäftsführung           Ein anderer Bereich

Frage: „Wer ist in Ihrem Unternehmen federführend für die Personalarbeit zuständig?“
Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.431

Im Großteil aller Unternehmen ist das Management oder                           nehmen wird die Personalarbeit von der Personalabteilung
die Geschäftsführung für die Personalarbeit zuständig.                          erledigt, dennoch ist auch bei den Unternehmen mit 50
Dies ist vor allem in kleinen Unternehmen der Fall: in 91                       bis 249 Mitarbeitenden mehrheitlich die Geschäftsführung
Prozent der Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiten-                         für Personalangelegenheiten zuständig. Nur in großen
den liegt das Personalmanagement in den Händen der Ge-                          Unternehmen wird die Personalarbeit mehrheitlich von
schäftsführung. Nur 7,2 Prozent der kleinen Unternehmen                         der Personalabteilung umgesetzt (74, 5 Prozent), während
verfügen über eine eigene Personalabteilung. Mit zuneh-                         immerhin noch 23,1 Prozent der Großunternehmen die
mender Anzahl an Mitarbeitenden steigt die Wahrschein-                          Zuständigkeit für Personalarbeit auf Management-Ebene
lichkeit, dass ein Unternehmen über einen spezialisierten                       ansiedeln.
HR-Bereich verfügt. In 36,4 Prozent der mittleren Unter-

                                                                            9
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Personalarbeit ist in kleinen und mittleren Unternehmen                        Ob sich ein Unternehmen intensiv mit strategischer
damit eine von zahlreichen Aufgaben, die die Geschäfts-                        Personalarbeit befasst, dürfte unter anderem von den Zeit-
führung im Alltag leisten muss. Unter dieser Bedingung                         ressourcen und der Spezialisierung der Zuständigen ab-
ist eine systematische Personalplanung, -rekrutierung,                         hängen. Dass insbesondere kleine, aber auch ein nennens-
-bindung und -entwicklung schwer umzusetzen. Denn häu-                         werter Teil der mittleren Unternehmen die Personalarbeit
fig fehlt es an Zeit und an spezifischem Know-how, um die                      der Geschäftsführung überlassen, könnte deshalb ein
Personalprozesse an das veränderte Umfeld eines Arbeit-                        Hemmnis für die strategische Ausgestaltung ihrer Personal-
nehmermarkts anzupassen.                                                       arbeit sein.

3.2 Fachkräfte finden und binden

Zusätzlich wurden die Unternehmen auch befragt, inwie-                         wurde gefragt, ob in den letzten Jahren Probleme bestan-
fern sie im Jahr 2019 – d. h. noch vor Eintritt der wirtschaft-                den, bereits beschäftigte Mitarbeitende langfristig an das
lichen Auswirkungen der Corona-Pandemie – Probleme                             Unternehmen zu binden. Abbildung 2 zeigt die Angabe von
hatten, neue Mitarbeitende zu rekrutieren. Außerdem                            Rekrutierungsproblemen nach Unternehmensgröße.

Abbildung 2: Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften in 2019 nach Unternehmensgröße
Anteil der Unternehmen, die 2019 Fachkräfte gesucht haben, in Prozent

      Gesamt                                                70,1                                               10,6                19,3

      1 bis 49                                              70,3                                                10,1               19,6
Mitarbeitende

   50 bis 249                                              67,8                                                   17,1                    15,1
Mitarbeitende

      ab 250                                              65,6                                                  21,0                      13,4
Mitarbeitende

                 0            10           20        30            40           50          60           70              80         90           100

                     Mittlere oder große Probleme      Geringe Probleme          Keine Probleme

Hinweis: Anteil der Unternehmen mit Problemen bei der Rekruitierung mindestens einer Qualifikationsgruppe unter den Unternehmen,
die 2019 Fachkräfte gesucht haben.
Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.228

Es wird ersichtlich, dass sieben von zehn Unternehmen                          den kleinen Unternehmen immerhin knapp 20 Prozent gar
für das Jahr 2019 über Probleme bei der Rekrutierung von                       nicht von Rekrutierungsproblemen betroffen sind, obwohl
qualifizierten Mitarbeitenden berichten. Die Mehrheit der                      sie im Jahr 2019 Fachkräfte gesucht haben. Hierbei ist
Unternehmen hatte dabei sogar – unabhängig von der                             allerdings zu berücksichtigen, dass kleine Unternehmen
Unternehmensgröße – mittlere bis große Probleme. Der An-                       deutlich weniger Personal suchen als große.
teil der Unternehmen mit mittleren oder großen Problemen
                                                                               Nur jedes zehnte Kleinunternehmen gibt an, geringe
nimmt mit steigender Unternehmensgröße leicht ab. Damit
                                                                               Probleme bei der Rekrutierung von qualifizierten Mitarbei-
einhergehend steigt allerdings der Anteil der Unternehmen
                                                                               tenden zu haben. Das könnte daran liegen, dass in kleinen
mit geringen Problemen. Es zeigt sich also nicht, dass mit
                                                                               Unternehmen weniger Stellen ausgeschrieben werden und
steigender Unternehmensgröße grundsätzlich seltener Re-
                                                                               Rekrutierungsprobleme so schneller als problematisch
krutierungsprobleme auftreten. Im Gegenteil: Mit steigen-
                                                                               wahrgenommen werden als in großen Unternehmen, etwa
der Unternehmensgröße gibt es weniger Unternehmen, die
                                                                               wenn eine Vakanz über einen längeren Zeitraum nicht be-
keine Rekrutierungsprobleme aufweisen, während unter
                                                                               setzt werden kann.

                                                                          10
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Abbildung 3: Probleme bei der Mitarbeiterbindung nach Unternehmensgröße
Anteil der Unternehmen, in Prozent

      Gesamt               8,2             20,0                         29,2                                                42,7

      1 bis 49                             19,9                          28,7                                               43,2
                           8,2
Mitarbeitende

   50 bis 249              8,6                 20,4                                   38,0                                         33,0
Mitarbeitende
      ab 250         3,2                24,5                                          40,7                                         31,6
Mitarbeitende

                 0                 10            20      30           40                 50             60           70       80          90   100

                       Ja, große          Ja, mittlere    Ja, aber nur geringe                Nein, keine Probleme

Frage: „Hatten Sie in den letzten Jahren Probleme, qualifizierte Mitarbeitende langfristig an Ihr Unternehmen zu binden?“
Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.431

Für die Fachkräftesicherung ist es neben der Rekrutierung                               lassen und damit zu einer stärkeren persönlichen Bindung
wichtig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unter-                                 an das Unternehmen beitragen. Großunternehmen sind
nehmen binden zu können. Hier wurde um eine Einschät-                                   zwar stärker von mittleren Problemen betroffen als KMU,
zung der Situation in den letzten Jahren gebeten, d.h. hier                             allerdings geben sie weniger häufig große Probleme an. So
liegt noch kein Corona-Effekt vor. Auch bei der Mitarbei­                               haben nur 3,2 Prozent der Unternehmen mit über 250 Mit-
terbindung berichten die Unternehmen von Problemen,                                     arbeitenden große Probleme mit der Mitarbeiterbindung,
die jedoch weniger stark sind als bei der Rekrutierung von                              während unter KMU mehr als doppelt so viele Unterneh-
neuen Mitarbeitenden (Abbildung 3). Zwar berichtet die                                  men von starken Problemen betroffen sind.
Mehrheit der Unternehmen – über alle Unternehmensgrö-
                                                                                        Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Unterneh-
ßen hinweg – von Problemen bei der Mitarbeiterbindung,
                                                                                        men sowohl von Problemen bei der Rekrutierung als auch
aber die meisten schätzen diese Probleme als gering ein.
                                                                                        bei der Mitarbeiterbindung berichten, wobei Schwierig-
43,2 Prozent aller Unternehmen sehen keine Probleme.
                                                                                        keiten bei der Bindung von Mitarbeitenden etwas geringer
Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden sind weni-                                ausfallen als bei der Gewinnung neuer Fachkräfte. Die in
ger stark von Problemen der Mitarbeiterbindung betroffen                                Unternehmen wahrgenommenen Rekrutierungsprobleme
als größere Unternehmen. Deutlich mehr von ihnen sehen                                  können verschiedenen Ursachen haben. Sowohl bestehen-
keine Probleme, während geringe bis mittlere Probleme                                   de Fachkräfteengpässe auf dem Arbeitsmarkt können ein
von den kleinen Unternehmen weniger häufig angegeben                                    Grund sein als auch die Attraktivität des Unternehmens
werden als von größeren. Ein Grund hierfür könnte sein,                                 und seine Position im Wettbewerb um begehrte Fachkräfte.
dass sich persönlichere Beziehungen zwischen den Mit-                                   Strategische Personalarbeit kann einigen Problemen in den
arbeitenden sowie zur Führungskraft aufgrund der kleinen                                Bereichen Rekrutierung und Mitarbeiterbindung vorbeugen
Anzahl an Beschäftigten besser realisieren und pflegen                                  und entgegenwirken.

                                                                                 11
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4. Fünf Handlungsfelder
strategischer Personalarbeit
Vor dem Hintergrund, dass viele Unternehmen über Proble-                                                                          Aktivitäten in einem Handlungsfeld können andere Berei-
me bei der Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitenden                                                                            che begünstigen. So tragen Maßnahmen in allen Hand-
berichten, gewinnt eine strategische Personalarbeit an                                                                            lungsfeldern zur Positionierung als attraktiver Arbeitgeber
Bedeutung. Modernes Personalmanagement sollte auf                                                                                 bei, etwa wenn flexible Arbeitszeiten oder Weiterbildungs-
vielseitige Bedarfe im Unternehmen flexibel ausgerichtet                                                                          angebote in Stellenanzeigen oder auf der Karriereseite
sein und vorausschauend agieren. Das Engagement der                                                                               hervorgehoben werden können. Kernziel der vorliegenden
Personalarbeit findet somit auf unterschiedlichen inein-                                                                          Studie ist es zu erfassen, inwiefern die Unternehmen in
andergreifenden Handlungsfeldern statt. Der KOFA-Ansatz                                                                           den einzelnen Handlungsfeldern mit Maßnahmen aktiv
unterteilt die strategische Personalarbeit in folgende fünf                                                                       sind und wie sich die Aktivitäten abhängig von der Zahl der
Bereiche:                                                                                                                         Beschäftigten unterscheiden. Für jedes Handlungsfeld wur-
                                                                                                                                  den jeweils fünf bis sieben zentrale Maßnahmen abgefragt.
1. die Analyse der Stärken und Schwächen des eigenen
   Unternehmens,

2. die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber,

3. die Rekrutierung neuer Mitarbeitender,

4. die Mitarbeiterbindung und

5. die Qualifizierung.

Abbildung 4: So viele Maßnahmen setzen die Unternehmen in den fünf Handlungsfeldern um
Anteil der Unternehmen, in Prozent

  30
                                                                    29,5

  25
                                                                                                                         26,1
                                                                                                                        25,5

                                                                                                                                                                                                                      24,6
                                                             22,7

                                                                                                                                                                                                               21,9

  20
                      20,8

                                                                                                                                                                             19,4
                                                                                                                                                                      19,1
               18,9

                             18,2

                                                                           18,1

                                                                                                                                                                                                                             17,6
                                                                                                                                                                                                        16,9
                                                                                                                                16,7
        16,5

  15
                                                                                                                                                                                    16,3
                                                                                                                 15,8
                                                      13,9
                                    13,4

                                                                                                                                                                                           12,5
                                           12,2

                                                                                                                                                               11,7

                                                                                                                                                                                                                                    11,5

  10
                                                                                  10,8

                                                                                                                                                                                                  8,9
                                                                                                           8,0

                                                                                                                                                   7,5
                                                                                                                                       7,3

   5
                                                                                                                                                                                                                                           4,9
                                                                                                                                                         4,7
                                                                                               1,2
                                                                                         3,4

                                                                                                                                             0,6
                                                                                                     0,4

                                                                                                                                                                                                                                                       0,4
                                                                                                                                                                                                                                                 2,3

   0
        Analyse des eigenen                                    Positionierung als                                   Rekrutierung                          Mitarbeiterbindung                                          Qualifizierung
          Unternehmens                                            Arbeitgeber

          0                   1                   2             3                   4                 5      6              7

Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.417-1.426

                                                                                                                           12
STUDIE 4/2021                                                                                                            KOFA-PERSONALARBEITSINDEX

Abbildung 4 zeigt, welcher Anteil der Unternehmen wie                                    an Unternehmen in den einzelnen Handlungsfeldern über-
viele der abgefragten Maßnahmen in den einzelnen Hand-                                   haupt nicht aktiv ist (orangefarbene Balken in Abbildung
lungsfeldern umsetzt. Zum Beispiel nutzen 29,5 Prozent                                   4). Je nach Bereich setzen 7,5 bis 16,9 Prozent keinerlei
aller Unternehmen zwei Maßnahmen zur Positionierung als                                  Maßnahme um. In der Analyse der Situation des eigenen
Arbeitgeber, während nur 0,4 Prozent alle sieben abgefrag-                               Unternehmens und der Qualifizierung ist dieser Anteil
ten Maßnahmen zur Qualifizierung der eigenen Belegschaft                                 besonders hoch. Dabei gilt eine gute Analyse der eige-
praktizieren.                                                                            nen Situation, die neben einer Bestandsaufnahme auch
                                                                                         Perspektiven für die Personalbeschaffung und damit für
Bemerkenswert im Hinblick auf das Konzept der strategi-
                                                                                         die Zukunftssicherung umfasst, als Grundpfeiler für eine
schen Personalarbeit ist es, dass ein nennenswerter Anteil
                                                                                         strategische Ausrichtung der Personalarbeit.

Abbildung 5: Anteil der umgesetzten Maßnahmen nach Handlungsfeldern und Unternehmensgröße
Durchschnittlicher Anteil an umgesetzten Maßnahmen, in Prozent aller abgefragten Maßnahmen

80

70

                                                                                                                                 69,1
60
                                                              63,7

                                                                                                                         62,9
                                                                                               62,3
                              60,6

                                                                                                                                                                58,0
50
                     56,5

                                                                                        54,6

                                                                                                           54,5

                                                                                                                  54,0
40
       45,9

                                                     45,6
              45,4

                                                                                                                                                        42,6
                                                                       41,9

                                                                                41,2

30

                                                                                                                                        30,1

                                                                                                                                                 29,4
                                       29,4

                                              28,5

20

10

 0
        Analyse des eigenen              Positionierung als                   Rekrutierung                  Mitarbeiterbindung                 Qualifizierung
          Unternehmens                      Arbeitgeber

        Gesamt              1 bis 49 Mitarbeitende            50 bis 249 Mitarbeitende                ab 250 Mitarbeitende

Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.417-1.426

In die Mitarbeiterbindung investieren Unternehmen aller                                  Dies ist wenig überraschend, da große Unternehmen über
Größenklassen am stärksten (Abbildung 5). In diesem                                      deutlich mehr Ressourcen und Spezialist/-innen im Be-
Handlungsfeld werden im Durchschnitt 54,5 Prozent der                                    reich der Personalarbeit verfügen.
abgefragten Maßnahmen umgesetzt. Der Bereich Analyse
                                                                                         Während der Abstand zwischen KMU und Großunterneh-
des eigenen Unternehmens rangiert auf Platz zwei. Hier
                                                                                         men im Bereich Mitarbeiterbindung mit 15,1 Prozentpunk-
werden durchschnittlich 45,9 Prozent der Maßnahmen um-
                                                                                         ten auffällig gering ist, liegen große Unternehmen und KMU
gesetzt, wenngleich, wie Abbildung 4 zeigt, 16,9 Prozent
                                                                                         in den Bereichen Qualifizierung (28,6 Prozentpunkte) und
der Unternehmen überhaupt nicht aktiv sind. An dritter
                                                                                         Positionierung als Arbeitgeber (35,2 Prozentpunkte) weit
Stelle folgt die Rekrutierung, sicher auch, weil viele kleine
                                                                                         auseinander. Das Muster, wonach kleine Unternehmen
Unternehmen hier nur dann aktiv werden, wenn akut neue
                                                                                         ihren Mitarbeitenden seltener Weiterbildung anbieten,
Fachkräfte gesucht werden. Die Maßnahmen in den Berei-
                                                                                         zeigt sich auch in anderen Befragungen. Aus der IW-Weiter-
chen Qualifizierung der Belegschaft und Positionierung als
                                                                                         bildungserhebung ist bekannt, dass kleine Unternehmen
Arbeitgeber werden mit durchschnittlich etwa 30 Prozent
                                                                                         seltener weiterbildungsaktiv sind, weil nicht jedes Jahr
an umgesetzten Maßnahmen deutlich seltener genutzt.
                                                                                         mindestens ein Mitarbeitender an einer Weiterbildung
Bezogen auf die Unternehmensgröße wird die Vorreiter-                                    teilnimmt. Dennoch investieren kleine Unternehmen im
funktion großer Unternehmen klar. Sie setzen in allen                                    Schnitt deutlich mehr Zeit und Geld in Weiterbildung als
Säulen durchschnittlich mehr Maßnahmen um als KMU.                                       mittlere und große Unternehmen (Seyda/Placke, 2020).

                                                                                   13
STUDIE 4/2021                                                                                                         KOFA-PERSONALARBEITSINDEX

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Maßnah-                                 größeren Anteil der Maßnahmen umsetzen. Große Unter-
men zur Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden von                               nehmen sind KMU dabei vor allem im Bereich der eigenen
allen Unternehmen als die wichtigste Säule strategischer                            Positionierung als Arbeitgeber weit voraus. Ein Grund
Personalarbeit bewertet werden und ihr Engagement in                                hierfür könnte sein, dass große Unternehmen zahlenmä-
diesem Bereich besonders hoch ist. Zudem zeigt sich,                                ßig mehr Fachkräfte rekrutieren und sich deshalb auf dem
dass größere Unternehmen über alle Säulen hinweg einen                              Arbeitsmarkt besser positionieren wollen.

4.1 Das eigene Unternehmen analysieren

Die Analyse des eigenen Unternehmens ist die erste und                              Maßnahmen abgefragt, die den Unternehmen wichtige
grundlegende der fünf Bereiche strategischer Personal-                              Informationen für die strategische Ausgestaltung der Per-
arbeit. In diesem Handlungsfeld wurden fünf zentrale                                sonalarbeit liefern.

Abbildung 6: Analyse des eigenen Unternehmens – Welche Maßnahmen werden am häufigsten umgesetzt?
Anteil der Unternehmen, in Prozent

          Wir haben eine Personalstrategie, die sich aus
                                                                                     60,0                                       7,7             27,8           4,5
                 unseren Unternehmenszielen ableitet.

                       Wir betreiben eine systematische
                                                                             44,0                                   20,1                        33,5           2,4
                                     Nachfolgeplanung.

    Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen als
Arbeitgeber und binden dabei unsere Führungskräfte ein                      42,9                               15,9                          36,8              4,4
             (z. B. durch Workshops oder Befragungen).

                        Wir untersuchen regelmäßig die
                                                                           40,3                         7,0                           49,2                     3,5
                       Altersstruktur in der Belegschaft.

         Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen
    als Arbeitgeber und binden dabei unsere Mitarbeiter
                                                                           39,7                               19,8                           36,5              4,0
                         ohne Führungsverantwortung ein
              (z. B. durch Workshops oder Befragungen).

                                                            0        10      20        30          40          50          60         70        80      90   100

                                                                Ja        Nein, ist aber geplant              Nein              Kann ich nicht beurteilen

Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“
Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.427-1.430

Die Mehrheit der Unternehmen hat – unabhängig von der                               agieren rund drei von zehn Unternehmen auf einem hart
Zahl der Beschäftigten – eine Personalstrategie, die sich                           umkämpften Arbeitsmarkt, ohne sich auf eine geeignete
aus den Unternehmenszielen ableitet (60 Prozent). Bei                               Strategie stützen zu können.
Unternehmen, die über eine Personalabteilung verfügen,
                                                                                    Eine systematische Nachfolgeplanung betreiben 44 Pro-
sind es sogar 75 Prozent. Dabei gibt es kaum Unterschiede
                                                                                    zent der Unternehmen, weitere 20 haben dies konkret
nach Unternehmensgröße (Abbildung 7). Dies belegt, dass
                                                                                    geplant. Im Hinblick auf alternde Belegschaften und die
sich auch die Mehrheit der kleinen und mittleren Unterneh-
                                                                                    demografische Entwicklung gewinnt dieses Handlungs-
men mit einer Personalstrategie und deren Beitrag zu den
                                                                                    feld an großer Bedeutung. Etwas weniger Unternehmen
Zielen des Unternehmens auseinandersetzt. Aber auch gut
                                                                                    untersuchen regelmäßig die eigene Altersstruktur, die eine
58 Prozent der Unternehmen, in denen sich das Manage-
                                                                                    wichtige Voraussetzung für eine systematische Nachfol-
ment oder die Geschäftsführung mit der Personalarbeit
                                                                                    geplanung ist, die erfasst welche Stellen unter anderem
befasst, verfügen über eine Personalstrategie. Dennoch
                                                                                    aufgrund von Renteneintritten vakant werden.

                                                                             14
STUDIE 4/2021                                                                                                  KOFA-PERSONALARBEITSINDEX

Kleine Unternehmen analysieren deutlich seltener ihre                             untersuchen, erlangen einen bedeutenden strategischen
Altersstruktur und betreiben seltener eine systemati-                             Vorteil. Die Stärken und Schwächen, aber auch Chancen
sche Nachfolgeplanung als große Unternehmen. Das ist                              und Risiken eines Unternehmens können z.B. mithilfe einer
problematisch, da in den nächsten Jahren zunehmend                                SWOT-Analyse erarbeitet werden. Mit Blick auf die Konkur-
Mitarbeitende der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhe-                          renz um knappe Fachkräfte ist es wichtig, diese zu kennen
stand gehen, für deren Nachfolge am Arbeitsmarkt nicht                            und insbesondere die Stärken des eigenen Unternehmens
ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen (Burstedde et                         intern wie extern zu kommunizieren. Denn Unternehmen
al., 2021). Den Personalbedarf zu planen, rechtzeitig Nach-                       können mit ihren Stärken bei potenziellen Bewerber/-innen
folger aufzubauen und freiwerdende Stellen frühzeitig im                          punkten. Ein Nachteil für einige Unternehmen ist es daher,
Blick zu haben ist ein Schlüssel zum Erfolg.                                      dass sie die Argumente, die aus Arbeitnehmersicht für
                                                                                  sie sprechen, weder kennen(lernen) noch kommunizieren
Mit sechs von zehn setzt sich die Mehrheit der Unterneh-
                                                                                  (siehe Kapitel 4.3). Dies deckt sich mit den Ergebnissen der
men nicht mit den eigenen Stärken und Schwächen aus-
                                                                                  KOFA-Studie 1/2019, in der ein Kernergebnis war, dass KMU
einander. Vier von zehn Unternehmen, die ihre Mitarbei-
                                                                                  ihre Stärken auf dem Arbeitsmarkt nicht in Szene setzen.
tenden einbinden, um ihre Arbeitgebereigenschaften zu

Abbildung 7: Analyse des eigenen Unternehmens – Wie viele Unternehmen setzen die Maßnahmen um?
Anteil der Unternehmen nach Unternehmensgröße, in Prozent

         Wir haben eine Personalstrategie, die sich aus unseren                                                                         65,5
                                                                                                                                      63,5
                                 Unternehmenszielen ableitet.                                                                     59,8

                                                                                                                                   59,9
           Wir betreiben eine systematische Nachfolgeplanung.                                                                  56,2
                                                                                                                  43,4

Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen als Arbeitgeber                                                                     57,5
 und binden dabei unsere Mitarbeiter ohne Führungsverantwor-                                                                   56,2
            tung ein (z. B. durch Workshops oder Befragungen).                                                  42,3

                                                                                                                                                  72,0
                                Wir untersuchen regelmäßig die
                                                                                                                                   59,9
                               Altersstruktur in der Belegschaft.                                          39,4
            Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen als
                                                                                                                    46,1
           Arbeitgeber und binden dabei unsere Führungskräfte                                                       45,9
                 ein (z. B. durch Workshops oder Befragungen).                                             39,4

                                                                    0        10        20      30         40           50       60           70          80

                                                                        ab 250 Mitarbeitende        50 bis 249 Mitarbeitende              1 bis 49 Mitarbeitende

Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“
Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.427-1.430

4.2 Als Arbeitgeber positionieren

Neben der Unternehmensanalyse ist die Positionierung                              reich Positionierung als Arbeitgeber Auskunft. Abbildung
als Arbeitgeber eine Säule der Personalarbeit, die in                             8 bietet einen Überblick über die einzelnen Maßnahmen
Zeiten des sich verstärkenden Fachkräftemangels und der                           und wie viele Unternehmen sie im Durchschnitt umsetzen,
wachsenden Konkurrenz um qualifizierte Arbeitskräfte                              während Abbildung 9 Aufschluss darüber gibt, welcher
an Bedeutung gewinnt. Im Rahmen der Befragung gaben                               Anteil der kleinen, mittleren und großen Unternehmen die
die Unternehmen zu sieben Maßnahmen aus dem Be-                                   jeweilige Maßnahme umsetzt.

                                                                             15
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Abbildung 8: Positionierung als Arbeitgeber – Welche Maßnahmen werden am häufigsten umgesetzt?
Anteil der Unternehmen, in Prozent

     Mitarbeiterempfehlungen spielen bei der Besetzung
                                                                                                       67,3                                   5,9         22,2                4,6
                 von Stellen bei uns eine wichtige Rolle.

     Wir informieren in unseren Stellenausschreibungen
                                                                                                    60,1                              5,9             30,6                    3,3
                über unsere Leistungen als Arbeitgeber.

       Wir vernetzen uns aktiv mit anderen Arbeitgebern,
                                                                             27,1                    7,7                               61,1                                   4,1
              um uns zu Personalthemen auszutauschen.

          Wir veranstalten Tage der offenen Tür und/oder
                                                                        21,0                  5,5                                 71,2                                        2,2
             beteiligen uns an Job-/Ausbildungsmessen.

        Wir haben eine eigene Karrierewebseite, auf der
               wir über uns als Arbeitgeber informieren.          14,2             6,2                                         76,9                                           2,7

      Wir befassen uns aktiv mit dem Feedback, welches
       wir auf Arbeitgeberbewertungsplattformen (z. B.
                                                                 10,1        5,7                                        76,7                                          7,5
      kununu, glassdoor) von (ehemaligen) Mitarbeitern
                              oder Bewerbern erhalten.

      Wir tragen ein Arbeitgebersiegel und/oder nehmen
an Arbeitgeberbenchmarks teil (z. B. Great Place to Work,    4,5 5,1                                                85,9                                                      4,5
                         Hertie-Siegel beruf und familie).

                                                             0          10               20         30        40   50            60           70     80          90         100

                                                                 Ja                Nein, ist aber geplant          Nein                Kann ich nicht beurteilen

Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“
Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.425-1.427

In gut zwei Dritteln der Unternehmen spielen Empfehlun-                                         Knapp zwei Drittel der großen Unternehmen positionieren
gen durch Mitarbeitende eine große Rolle bei der Stel-                                          sich auf einer eigenen Karrierewebsite. Auch hier vergeben
lenbesetzung (Abbildung 8). Die eigenen Beschäftigten                                           KMU die Chance, mit vergleichsweise geringem Aufwand,
können so zu wichtigen Markenbotschafter/-innen für                                             als Arbeitgeber sichtbarer zu werden. Die meisten Arbeit-
das eigene Unternehmen werden und bei der Gewinnung                                             nehmer/-innen suchen im Internet nach Stellenangeboten.
neuer Fachkräfte unterstützen. Weitere Informationen zu                                         Die meisten Arbeitnehmer/-innen suchen im Internet nach
Markenbotschafter/-innen aus der Belegschaft gibt die                                           Stellenangeboten. Zunehmend nutzen sie dafür nicht
KOFA-Anleitung. Bei dieser Maßnahme zeigen sich auch                                            mehr nur die bekannten Stellenbörsen (Stepstone, Indeed,
die geringsten Unterschiede nach der Anzahl der Beschäf-                                        Monster etc.), sondern bedienen sich der Google-Such-
tigten (Abbildung 9). Laut eines IAB-Kurzberichtes ist die                                      maschine um ansprechende Online-Stellenanzeigen und
Rekrutierung über Empfehlungen von Mitarbeitenden über                                          Karriereseiten zu finden. Mittelständische Arbeitgeber
alle Kanäle hinweg mit einer Erfolgsquote von 63,5 Prozent                                      sollten ihre Stellenanzeigen und ihre Karriereseiten für
der erfolgreichste Besetzungsweg (Pohlan/Rothe, 2020).                                          Suchmaschinen optimieren, um auf dem Arbeitsmarkt
                                                                                                sichtbar zu werden.
Gut 60 Prozent der Unternehmen informieren in Stellenan-
zeigen über ihre Leistungen als Arbeitgeber. Ihnen gegen-                                       Die Vernetzung mit anderen Arbeitgebern zu Personalthe-
über stehen 30 Prozent der Unternehmen, die über ihre                                           men spielt für Unternehmen eine untergeordnete Rolle: Nur
Leistungen – auch auf dem klassischen Weg der Stellen-                                          27 Prozent tauschen sich mit anderen Arbeitgebern aus,
anzeige – nicht informieren. Vor allem kleine Unternehmen                                       während die große Mehrheit der Unternehmen die Maß-
verpassen die Chance, sich über Stellenausschreibungen                                          nahme weder nutzt noch für die Zukunft plant. Wie Abbil-
als Arbeitgeber zu positionieren. Auf einer eigenen Kar-                                        dung 9 zeigt, sind große Unternehmen hier deutlich aktiver
rierewebsite informieren nur knapp 15 Prozent der Unter-                                        als KMU: 57,6 Prozent vernetzen sich zum Austausch über
nehmen über sich als Arbeitgeber. Große Unternehmen                                             Personalthemen.
setzen diese Maßnahme überdurchschnittlich häufig um:

                                                                                         16
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Auch Formate zum direkten Kontakt mit potenziellen Be-                                 berufstätige Internetnutzer (45 Prozent) liest Arbeitgeber-
werber/-innen wie Tage der offenen Tür oder die Beteili-                               bewertungen (Bitkom, 2018). Bereits jeder vierte Internet-
gung an Ausbildungsmessen werden nur selten genutzt.                                   nutzer hat die oder den eigenen Arbeitgeber schon einmal
Während durchschnittlich nur jedes fünfte Unternehmen                                  online bewertet (ebd.). Digitale Mundpropaganda über
solche Veranstaltungen umsetzt, stechen große Unterneh-                                Portale wie Kununu oder Glassdoor können glaubwürdiger
men deutlich heraus: Unter ihnen veranstalten zwei Drittel                             sein als bezahlte Werbung oder Arbeitgeberauszeichnun-
solche Informationsevents. Dabei kann der persönliche                                  gen. Zudem kann das Feedback, das Bewerber/-innen
Kontakt helfen potenzielle Beweber/-innen vom Unterneh-                                und (ehemalige) Mitarbeitende dort geben, wertvoll für
men zu überzeugen und so beispielsweise bei der Gewin-                                 die Weiterentwicklung der eigenen Personalarbeit sein.
nung von Auszubildenden hilfreich sein. Unternehmen                                    Weitere Informationen über Arbeitgeberportale vermittelt
sind gut beraten, ihre Türen und Werkstore zu öffnen und                               das KOFA-Webinar Arbeitgeberportale.
Arbeitsplätze, Mitarbeitende und Berufe vorzustellen.
                                                                                       Nur ein Bruchteil der Unternehmen greift bei der Posi-
Nur jedes zehnte Unternehmen befasst sich mit dem                                      tionierung als Arbeitgeber auf Arbeitgebersiegel zurück:
Feedback auf Arbeitgeberbewertungsportalen. Auch hier                                  nicht einmal 5 Prozent der Unternehmen verfügen über ein
sind große Unternehmen in einer Vorreiterstellung: fast 40                             Arbeitgebersiegel. Auch hier haben große Unternehmen
Prozent beschäftigen sich mit Online-Feedback. Arbeit-                                 einen Vorsprung: unter ihnen liegt der Anteil mit Arbeitge-
geberbewertungsportale gewinnen über alle Altersgrup-                                  bersiegel bei knapp 30 Prozent.
pen hinweg zunehmend an Bedeutung: Fast jeder zweite

Abbildung 9: Positionierung als Arbeitgeber – Wie viele Unternehmen setzen die Maßnahmen um?
Anteil der Unternehmen nach Unternehmensgröße, in Prozent

       Mitarbeiterempfehlungen spielen bei der Besetzung von                                                                                             82,9
                                                                                                                                                  77,4
                           Stellen bei uns eine wichtige Rolle.
                                                                                                                                        66,8

       Wir informieren in unseren Stellenausschreibungen über                                                                                                87,2
                             unsere Leistungen als Arbeitgeber.                                                                                          83,3
                                                                                                                               59,0

          Wir vernetzen uns aktiv mit anderen Arbeitgebern, um                                                                57,6
                                                                                                             37,6
                        uns zu Personalthemen auszutauschen.                                       26,4

                                                                                                                                                  76,7
                 Wir veranstalten Tage der offenen Tür und/oder                                                      44,7
                    beteiligen uns an Job-/Ausbildungsmessen.                               19,6

                   Wir haben eine eigene Karrierewebseite, auf                                                                                 73,0
                   der wir über uns als Arbeitgeber informieren.                                              38,7
                                                                                     12,7

       Wir befassen uns aktiv mit dem Feedback, welches wir auf                                               39,4
Arbeitgeberbewertungsplattformen (z. B. kununu, glassdoor) von                                 24,3
             (ehemaligen) Mitarbeitern oder Bewerbern erhalten.                  9,3

             Wir tragen ein Arbeitgebersiegel und/oder nehmen                                         29,5
             an Arbeitgeberbenchmarks teil (z. B. Great Place to                     13,1
                           Work Hertie-Siegel beruf und familie).         4,0

                                                                    0       10          20          30       40        50    60         70        80        90      100

                                                                        ab 250 Mitarbeitende                 50 bis 249 Mitarbeitende            1 bis 49 Mitarbeitende

Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“
Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.425-1.427

Kleine Unternehmen setzen alle Maßnahmen zur Positio-                                  und/oder selten Stellen im Unternehmen ausgeschrieben
nierung als Arbeitgeber seltener ein als mittlere und große                            werden. Dieses Kosten-Nutzen-Kalkül könnte auch auf die
Unternehmen (Abbildung 9). Besonders groß sind die                                     Organisation eines Tags der offenen Tür zutreffen. Größere
Unterschiede bei der eigenen Karriereseite, bei der Teil-                              und große Unternehmen bauen dadurch ihren Sichtbar-
nahme an Jobmessen sowie beim Arbeitgebersiegel. Kleine                                keitsvorteil auf dem Arbeitsmarkt gegenüber kleineren
Betriebe könnten zu der Einschätzung gelangen, dass                                    Arbeitgebern weiter aus.
eine eigene Karrierewebsite nicht lohnt, wenn nur wenig

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