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KOFA-STUDIE 4/2021 KOFA-Personalarbeitsindex Strategische Personalarbeit als erfolgreicher Ansatz zur Fachkräftesicherung in KMU
Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat das Institut der deutschen Wirtschaft e. V. mit der Umsetzung, Durchführung und Fortentwicklung des Projektes Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung beauftragt. Das KOFA unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dabei, Fachkräfte zu finden, zu binden und zu qualifizieren. Folgende Angebote bietet das KOFA: Studien: Analysen zur Fachkräftesituation Vorträge und Netzwerke: Austausch mit den in Deutschland Expertinnen und Experten vor Ort Handlungsempfehlungen und Checklisten: Webinare: Weiterbildung und Austausch vom Tipps für Ihre Personalarbeit Schreibtisch aus Praxisbeispiele: Best Practice zum Nachahmen Newsletter: regelmäßige Infos über aktuelle und Weiterdenken Trends im Themenfeld Trends: Zukunftsthemen wie digitale Bildung und Führung 4.0 Mehr Informationen auf www.kofa.de E-Mail: fachkraefte@iwkoeln.de Telefon: 0221-4981-543 twitter.com/KOFA_de facebook.com/Personalarbeit linkedin.com/company/kofa-kompetenzzentrum-fachkräftesicherung
KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Inhalt Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1 Einleitung: Strategischer Personalarbeit und Employer Branding kommen eine wachsende Bedeutung zu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2 Hintergrund und Methodik der Unternehmensbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3 Beitrag der Personalarbeit zur Fachkräftesicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.1 Wer ist für Personalarbeit zuständig?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.2 Fachkräfte finden und binden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 4 Fünf Handlungsfelder strategischer Personalarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4.1 Das eigene Unternehmen analysieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 4.2 Als Arbeitgeber positionieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4.3 Beschäftigte rekrutieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.4 Beschäftigte binden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.5 Beschäftigte aus- und weiterbilden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.6 Hemmnisse für eine Weiterentwicklung der Personalarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.7 Zwischenfazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5 Strategische Personalarbeit messbar machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5.1 Der KOFA-Personalarbeitsindex. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5.2 Kleinere und mittlere Unternehmen betreiben seltener strategische Personalarbeit. . . . . . 27 6 Was kennzeichnet Unternehmen mit einer strategischen Personalarbeit? . . . . . . . . . . . . . . . . 31 7 Die Arbeitgebermarke in KMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 8 Der Stand strategischer Personalplanung in deutschen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 9 Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Zusammenfassung Sehr viele Unternehmen haben Probleme bei der Diese Employer Brand bündelt Stärken und Angebote, aber Gewinnung von Beschäftigten auch unternehmenskulturelle Faktoren, in einer vermarkt- baren Identität als Arbeitgeber. Insgesamt verfügen nur Sieben von zehn Unternehmen hatten – unabhängig von fünf Prozent der Unternehmen über eine Employer Brand. der Unternehmensgröße – im Jahr 2019 und damit vor Be- Während gut 37 Prozent der großen Unternehmen eine ginn der Corona-Pandemie Probleme bei der Rekrutierung Arbeitgebermarke entwickelt haben, trifft dies nur auf 15 von qualifizierten Mitarbeitenden. Kleine Unternehmen Prozent der mittleren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäf- berichten häufiger als große Unternehmen von deutlichen tigten und auf knapp 5 Prozent der kleinen Unternehmen Rekrutierungsschwierigkeiten. zu. Kleine Unternehmen sollten den demografischen Unternehmen, die ihre Stärken als Arbeitgeber Wandel noch aktiver angehen und die Nachfolge- kennen, sind klar im Vorteil planung intensivieren Wer in einem Arbeitnehmermarkt Bewerber/-innen von In den kommenden Jahren werden altersbedingt immer sich als Arbeitgeber überzeugen möchte, sollte seine mehr Arbeitnehmer/-innen in den Ruhestand gehen. Nur Stärken als Arbeitgeber kennen. Der Weg dahin führt über vier von zehn kleinen Unternehmen mit weniger als 50 die Einbindung der eigenen Mitarbeitenden, zum Beispiel Mitarbeitenden haben jedoch die Altersstruktur der Be- durch Befragungen oder Workshops. Nur vier von zehn schäftigten systematisch im Blick. Dies kann schwierig Arbeitgebern untersuchen aktuell die eigenen Stärken und werden, wenn Nachbesetzungen nicht rechtzeitig ange- Schwächen und beziehen dabei die Mitarbeitenden mit stoßen werden können. Zum Vergleich: Sechs von zehn ein. Immerhin rund 20 Prozent der Befragten geben jedoch der mittelgroßen und gut sieben von zehn der größeren an, dies zu planen. Auch befasst sich nur jedes zehnte Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden analysieren Unternehmen mit dem Feedback auf Bewertungsportalen regelmäßig die Altersstruktur der Belegschaft. Eine sys- wie Kununu oder Glassdoor, die für die für Bewerber/-in- tematische Nachfolgeplanung betreiben 44 Prozent aller nen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Unternehmen. Zwar planen weitere 20 Prozent, dies künftig zu tun, doch wären auch die verbleibenden 36 Prozent gut beraten, sich frühzeitig mit der Planung der Nachfolge zu Der KOFA-Personalarbeitsindex zeigt: Nur drei beschäftigen. von zehn Unternehmen betreiben eine ausge- prägt strategische Personalarbeit KMU könnten Stellenanzeigen und Karriereseiten Jedes dritte Unternehmen setzt auf eine strategische zielführender nutzen Personalarbeit, die die Säulen Analyse des eigenen Unter- nehmens, Positionierung als Arbeitgeber, Rekrutierung, Gut 60 Prozent der Unternehmen informieren in Stellenan- Mitarbeiterbindung und Qualifizierung umfasst (siehe zeigen über ihre Leistungen als Arbeitgeber. Ihnen gegen- Kasten), um den Personalbedarf zu decken. Ausgeprägt über stehen 30 Prozent der Unternehmen, die über ihre strategisch aufgestellt sind per Definition in dieser Studie Leistungen – auch auf dem klassischen Weg der Stellen- Unternehmen, die in allen fünf Säulen aktiv sind und anzeige – nicht informieren. Vor allem kleine Unternehmen mindestens 16 der 32 abgefragten Maßnahmen umsetzen. verpassen die Chance, sich über Stellenausschreibungen Diese Unternehmen nutzen die gesamte Maßnahmenviel- als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Auf einer eige- falt der betrieblichen Personalarbeit in der Breite und in nen Karrierewebsite informieren nur knapp 15 Prozent der der Tiefe. Immerhin 32,4 Prozent der Unternehmen betrei- Unternehmen über sich als Arbeitgeber. ben grundlegende strategische Personalarbeit, in dem sie mindestens eine Maßnahme in jeder Säule umsetzen. 37,2 KMU sollten stärker auf Employer Branding set- Prozent der befragten Unternehmen verfügen über kein zen, um Rekrutierungsprobleme zu mildern strategisches Personalmanagement, das heißt, sie setzen nicht in jeder der fünf Säulen eine Maßnahme um. Am Maßnahmen zur Positionierung als Arbeitgeber zielen häufigsten vernachlässigen sie die Bereiche Qualifizierung, darauf ab, die eigenen Stärken zu kommunizieren und im Analyse des eigenen Unternehmens sowie die Positionie- Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte als attraktiver rung als attraktiver Arbeitgeber. Arbeitgeber aufzutreten. Fundament der Arbeitgeberpositi- onierung ist die Erarbeitung der eigenen Arbeitgebermarke. 4
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Unternehmen mit ausgeprägt strategischer Per- Kleine Unternehmen haben noch Potenzial beim sonalarbeit sind digitaler und verfügen über jün- Personalmanagement, aber auch eine gute Start- gere Belegschaften position und eine persönlichere Unternehmens- kultur Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad haben häufiger ein modernes Personalmanagement. Auffällig ist, Viele kleine Unternehmen engagieren sich sehr für ihr Per- dass Unternehmen mit einem höheren Anteil von unter sonal. Über die Hälfte von ihnen hat verstanden, wie wich- 25-jährigen Beschäftigten häufiger strategische Personal- tig eine strategische Personalarbeit ist. So decken bereits arbeit betreiben. sechs von zehn der kleinen Unternehmen die wichtigen Bereiche Unternehmensanalyse, Rekrutierung, Bindung von Mitarbeitenden, Qualifizierung und Positionierung als Mehr personelle Ressourcen und fundierteres Arbeitgeber ab. Kleine Unternehmen können durch den Fachwissen könnten der Personalarbeit einen engeren persönlichen Kontakt und die flachen Hierarchien Schub verleihen punkten, ebenso wie durch schnelle Bewerbungsverfahren. Viele Unternehmen erleben Hindernisse, wenn sie ihre 74,5 Prozent der kleinen Unternehmen gelingt es, innerhalb Personalarbeit weiterentwickeln möchten. Knapp sechs von vier Wochen einen Bewerbungsprozess abzuschließen; von zehn Unternehmen geben an, dass ihnen personelle bei Großunternehmen trifft dies nur zu 66,9 Prozent zu. Für Ressourcen fehlen. Hierbei spielt eine Rolle, dass kleine die Mitarbeitendengewinnung in Engpassberufen ist die Unternehmen häufiger keine eigene Personalabteilung Geschwindigkeit von Bewerbungsprozessen ein wichtiger haben und keine Personalexperten/-innen beschäftigen, Wettbewerbsvorteil. Zwar sind viele kleine Unternehmen in die sich intensiv mit dem Personal- und Talentmanagement einer guten Startposition, doch leisten zugleich 38,4 Pro- befassen. In 91,0 Prozent der kleinen (bis 49 Mitarbeiten- zent noch keine strategische Personalarbeit. Deshalb soll- de) und 61,9 Prozent der mittleren (bis 249 Mitarbeitende) ten kleine Unternehmen für sich identifizieren, in welchen Unternehmen ist die Geschäftsführung neben vielem ande- Bereichen der Personalarbeit individueller Nachholbedarf ren auch für das Personalwesen zuständig. So geben KMU besteht und vorhandene Lücken schließen. häufiger an, dass es ihnen an Fachwissen im betrieblichen Personalmanagement fehlt. Dies erweist sich für kleine Unternehmen als Nachteil bei der Fachkräftesicherung. Trotz inländischer Fachkräfteengpässe setzen Unternehmen nur sehr selten auf die Gewinnung internationaler Fachkräfte Die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland nutzt nur ein kleiner Teil der Unternehmen (5,5 Prozent, weitere 3,4 Prozent planen dies). Corona-bedingt konnte das im März 2020 in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungs- gesetz noch keine Wirkung entfalten. Inwiefern es sich auf das Rekrutierungsverhalten auswirken wird, bleibt abzu- warten. 5
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX 1. Einleitung: Strategischer Personal- arbeit und Employer Branding kommen eine wachsende Bedeutung zu Der Fachkräftemangel betrifft bereits heute die meisten um die passenden Kandidatinnen und Kandidaten bemü- Unternehmen. In vielen Branchen, Berufen und Regionen hen müssen. Das erfordert ein Umdenken in der Personal- fehlt qualifiziertes Personal. Vor Beginn der Corona-Pande- arbeit. Auf der Suche nach „High Potentials“ und den „bes- mie waren deutschlandweit knapp 80 Prozent der Stellen ten Köpfen“ haben die international agierenden, großen schwer zu besetzen. Im Vergleich dazu: Im Jahr 2010 Unternehmen dies bereits vor längerer Zeit erkannt und waren es noch knapp 25 Prozent (Burstedde/Seyda, 2020; mit einer weiteren Professionalisierung der Personalarbeit, weitere Zahlen dazu finden Sie auf www.kofa.de). Auch die beispielsweise mit dem Aufbau einer Arbeitgebermarke Auswirkungen der Corona-Krise und eine schwächelnde (Employer Brand), reagiert. Heute sind kleine und mittlere Konjunktur werden daran nicht grundsätzlich etwas än- Unternehmen (KMU) gleichermaßen gefordert, neue Wege dern, da der Fachkräftemangel durch den demografischen zu gehen, um ihren Fachkräftebedarf zu decken. Denn Wandel verstärkt wird. Es drängen weniger junge Men- wenn Stellen nicht (nach-)besetzt werden können, hat dies schen auf den Arbeitsmarkt als Ältere aus dem Erwerbs- weitreichende Folgen für Betriebe – und letztlich auch für leben ausscheiden. So hinterlassen die Generationen, die den Wirtschaftsstandort Deutschland. demnächst in Rente gehen, eine größere Lücke auf dem Ein strategisches Vorgehen in der Personalarbeit ist für Arbeitsmarkt, als nachkommende Generationen schließen KMU eine Herausforderung. Personelle und finanzielle Res- können (Burstedde et al., 2021). sourcen sind hier knapp, daneben fehlt es oft an Wissen Durch die zunehmenden Engpässe bei qualifizierten über die Pflicht und Kür im Personalmanagement. Doch ein Arbeitskräften hat sich der Arbeitsmarkt von einem Arbeit- Umdenken lohnt sich, denn individuell auf Unternehmen gebermarkt, in dem Unternehmen aus einer Vielzahl von und Bewerber/-innen zugeschnittene Maßnahmen werden Bewerbungen die Besten auswählen konnten, in einen von Unternehmen als besonders erfolgreich bei der Rekru- Arbeitnehmermarkt gewandelt, in dem sich die Arbeitgeber tierung wahrgenommen (Stippler et al., 2019). Strategische Personalarbeit umfasst im KOFA-Ansatz fünf Handlungsfelder Modernes Personalmanagement muss Antworten auf vielfältige Fragen liefern: Wie können Unternehmen sicherstel- len, über genügend Mitarbeitende zu verfügen? Mit welcher Fluktuation müssen wir rechnen? Wie können wir unse- re Belegschaft kontinuierlich weiterbilden? Welche Talente sollen wir gezielt fördern? Wie gewinnen wir geeignete Auszubildende? Mit welchen Argumenten können wir potenzielle Bewerber/-innen auf uns aufmerksam machen? Strategisch ausgerichtete Personalarbeit, die sich diesen Fragen widmet, umfasst im Ansatz des Kompetenzzent- rum Fachkräftesicherung (KOFA) fünf Säulen: 1. die Analyse der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens, 2. die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber, 3. die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden, 4. die Bindung von Beschäftigten und 5. die Qualifizierung. Ein strategisches Vorgehen wirkt stärker und nachhaltiger als unabgestimmte Einzelmaßnahmen – wie beispiels- weise die Personalsuche über das Schalten von Online-Stellenanzeigen oder der Auftritt bei Job-Messen. Wenn Unternehmen in allen fünf Bereichen strategischer Personalarbeit aktiv sind und die daraus entstehenden Synergie- effekte für das Unternehmen nutzen, sichern sie angesichts der vorhandenen Fachkräfteengpässe in vielen Berufen ihre wichtigste Ressource: qualifiziertes und motiviertes Personal. 6
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Ein wesentliches Element erfolgreicher Personalarbeit Arbeitgebermarke zurückgreifen, erleichtert dies sowohl ist der Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Brand). die interne, auf eigene Beschäftigte ausgerichtete, als Employer Branding bezeichnet einen Prozess, in dem auch die externe, auf die Gewinnung neuer Mitarbeitenden Mitarbeitende und Unternehmensführung gemeinsam das zielende Kommunikation. Arbeitgeberprofil schärfen. Die herausgearbeitete Arbeit- Sowohl der Stand der strategischen Personalarbeit als gebermarke – angelehnt an die Vorstellung einer Produkt- auch der des Employer Branding und der Ausgestaltung marke mit besonderer Zielgruppe – bündelt die Stärken einer Arbeitgebermarke soll in dieser KOFA-Studie anhand und Angebote, die spezifische Unternehmenskultur und repräsentativer Daten einer Unternehmensbefragung in Werte, die das Unternehmen als Arbeitgeber auszeichnen. Deutschland untersucht werden. Kann eine strategische Personalarbeit auf eine solche KOFA Das „Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA)“ wird vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) umgesetzt.. Innerhalb dieses Projektes werden für die Zielgruppe kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in Deutschland praxisnahe und handlungsleitende In- formationen zu systematischer Personalarbeit und Fachkräftesicherung über die Internetseite kofa.de zur Verfügung gestellt. Ziel des KOFA ist es, KMU auf dem Weg hin zu einer strategischen Personalarbeit zu unterstützen und unter anderem Hilfestellung zum Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) zu geben. Kapitel 4 wirft den Blick auf die fünf Säulen der strategi- Aufbau der vorliegenden Studie schen Personalarbeit und die von den Unternehmen in Mit der vorliegenden Befragung schließt das KOFA eine diesen Bereichen umgesetzten Maßnahmen. Dies gibt Forschungslücke: Während Personal- und Rekrutierungs- Aufschluss darüber, wie intensiv die Unternehmen ihre strategien größerer Unternehmen Gegenstand zahlreicher Personalarbeit betreiben und in welche Bereiche und Betrachtungen sind, ist bisher wenig darüber bekannt, wie Maßnahmen sie dabei in besonderem Maße investieren. KMU im Wettbewerb um Fachkräfte aufgestellt sind. Dies Darüber hinaus wird auch beleuchtet, welche Hemmnisse ist insofern relevant, da sich kleine und mittlere Unterneh- die Unternehmen bei der Stärkung ihrer Personalarbeit men strukturell stark von Großunternehmen unterscheiden. erfahren. Abgesehen von den aktuellen Auswirkungen der Corona- Anschließend richten wir in Kapitel 5 den Fokus darauf, Pandemie beeinträchtigen in den vergangenen zehn Jahren inwiefern die befragten Unternehmen ihre Personalarbeit zunehmende Fachkräfteengpässe die Wettbewerbs- und strategisch ausrichten. Um strategische Personalarbeit Zukunftsfähigkeit des Mittelstands. Für die vorliegende messbar zu machen, wurde ein Personalarbeitsindex ent- Studie stand daher die Frage im Vordergrund, mit welchen wickelt, dessen Konzept im Rahmen dieses Kapitels metho- Strategien KMU erfolgreiche Fachkräftesicherung betreiben disch und inhaltlich erläutert wird. Nach der Betrachtung, können und welche Rolle dabei eine strategisch ausgerich- welche Unternehmen besonders häufig strategisch aufge- tete Personalarbeit spielt. stellt sind, wird anhand multivariater Analysen in Kapitel 6 Anhand einer repräsentativen Unternehmensbefragung erörtert, welche Unternehmenseigenschaften die Chancen wurde ein Index zu strategischer Personalarbeit erstellt, auf eine strategische Personalarbeit erhöhen. der Erkenntnisse darüber liefert, mit welchen Strategien Bevor in Kapitel 8 ein Fazit zum Stand der Personalarbeit in Unternehmen die betriebliche Fachkräftesicherung ge- Deutschland gezogen wird, stellt Kapitel 7 die Situation im stalten und wie intensiv sie sich mit dem Personalmanage- Hinblick auf die Arbeitgebermarke von Unternehmen dar. ment befassen. In Kapitel 2 werden zunächst Methodik Dabei ist von besonderem Interesse, ob Unternehmen, die und Hintergrund der erhobenen Befragungsdaten erläutert. sich in ihrer Personalarbeit strategisch ausrichten, häufiger Im Anschluss wird in Kapitel 3 der Fokus auf die generelle eine Arbeitgebermarke ausbauen als nicht strategisch auf- Lage der Personalarbeit in Unternehmen und die dabei gestellte Unternehmen. Abschließend folgen in Kapitel 9 wahrgenommenen Probleme aus betrieblicher Sicht gelegt. die aus den Befunden dieser Studie abgeleiteten Hand- lungsempfehlungen für Unternehmen. 7
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX 2. Hintergrund und Methodik der Unternehmensbefragung Die in dieser Studie präsentierten Befragungsdaten halt einschätzt. Da die meisten Unternehmen der Grundge- stammen aus einer von Ende Juli bis Mitte September samtheit zwischen 1 und 49 Mitarbeitenden beschäftigen, 2020 durchgeführten Online-Befragung zum Thema bestimmen diese Unternehmen das Gesamtergebnis bei „Strategische Personalarbeit und Employer Branding“ im den verschiedenen Fragestellungen. Rahmen des IW-Personalpanels, an der insgesamt 1.433 Zusätzlich erfolgte im Rahmen der Hochrechnung eine Unternehmen teilnahmen. Für die Befragungsteilnahme Nonresponse-Korrektur. Unter „Nonresponse-Bias“ ver- wurden die Unternehmen zufällig in einer nach Anzahl der steht man die potenzielle Verzerrung von Hochrechnungs- Beschäftigten und der Branche geschichteten Stichprobe ergebnissen, die entstehen kann, wenn es strukturelle aus der Unternehmensdatenbank der IW Consult gezogen. Unterschiede in der Teilnahmebereitschaft zwischen Die Erhebung der relevanten Ansprechpartner/-innen, ihrer verschiedenen Unternehmenstypen gibt und diese Unter- Teilnahmebereitschaft und ihrer E-Mail-Adressen erfolgte schiede Einfluss auf die Ergebnisse der Befragung haben. auf telefonischem Wege. Dadurch wird eine hohe Qualität Wenn beispielsweise kleine Unternehmen eine signifikant der Antworten sichergestellt und erreicht, dass die Fragen geringere Teilnahmebereitschaft haben als große, werden von Personalverantwortlichen (z. B. HR-Manager/-innen, erstere tendenziell unterrepräsentiert. Wenn diese unter- Personalleiter/-innen oder Geschäftsführer/-innen) beant- repräsentierten Unternehmen zudem ein anderes Antwort- wortet werden. Die Stichprobe schließt Unternehmen der verhalten aufweisen, können verzerrte Hochrechnungs- Industrie (einschließlich Bauwirtschaft) und aller Dienst- ergebnisse entstehen. Um diese möglichen Verzerrungen leistungsbranchen ein, die mindestens eine/-n Mitarbei- zu minimieren, wurde mithilfe eines ökonometrischen tende/-n beschäftigen. Modells die Wahrscheinlichkeit, an der Befragung teil- Die Verteilungen zwischen Grundgesamtheit der Unter- zunehmen, anhand von Strukturvariablen geschätzt. Zu nehmen in Deutschland und der Stichprobe der befragten diesen Strukturvariablen zählen die Beschäftigtenzahl (In- Unternehmen weichen voneinander ab. In der Stichpro- land), das Bundesland und die Branche der Unternehmen. be sind anteilig mehr große Unternehmen sowie mehr Die Hochrechnungsgewichte wurden anhand dieser ge- Unternehmen der Industrie enthalten als in der Grund- schätzten Wahrscheinlichkeiten so korrigiert, dass Unter- gesamtheit. Dieses Vorgehen wird bewusst gewählt, um nehmen mit einer sehr geringen Teilnahmewahrschein- auch bei diesen beiden Gruppen eine für die Auswertung lichkeit, die tendenziell unterrepräsentiert sind, höher hinreichend hohe Fallzahl zu erzielen. Um repräsentative gewichtet werden. Die korrigierten Gewichte wurden dann Gesamtwerte für die Grundgesamtheit (alle Unternehmen im Rahmen eines GREG (Generalised Regression)-Modells mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Be- wieder an die Eckwerte aus der Grundgesamtheit kalibriert. schäftigten) zu ermitteln, wurden die Befragungsergeb- Abschließend wurden die Gewichte auf eine maximale nisse nach der Unternehmensanzahl anhand von Daten Abweichung vom Ursprungsgewicht von drei Standardab- des Unternehmensregisters hochgerechnet. Dabei wird weichungen beschränkt, um zu vermeiden, dass einzelne, zwischen vier Branchen (M+E, Sonstige, Industrie und Bau, hochgewichtete Unternehmen einen zu großen Einfluss auf Unternehmensnahe Dienstleistungen und Gesellschafts- die Hochrechnungsergebnisse haben. Insgesamt zeigen nahe Dienstleistungen) und drei Mitarbeitergrößenklassen sich nur geringe Unterschiede zwischen den Ergebnissen (1 bis 49 Mitarbeitende, 50 bis 249 Mitarbeitende und ab der Hochrechnung mit und ohne Non-Response-Korrektur. 250 Mitarbeitende) unterschieden. Bei einer Gewichtung Das zeigt, dass die Qualität der Hochrechnung in frühe- nach der Unternehmensanzahl werden kleinere Unter- ren Wellen auch ohne Berücksichtigung der potenziellen nehmen stärker gewichtet als große Unternehmen. Die Non-Response gut war, und dass die Vergleichbarkeit der Ergebnisse geben Aufschluss darüber, wie das durch- Ergebnisse im Zeitverlauf trotz der methodischen Weiter- schnittliche Unternehmen in Deutschland einen Sachver- entwicklung gegeben ist. 8
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX 3. Beitrag der Personalarbeit zur Fachkräftesicherung Der Fachkräftemangel hat sich in Deutschland in den sicherung im Unternehmen. Deshalb soll in diesem Kapitel letzten Jahren in vielen Berufen und Regionen verschärft ein Blick auf die generelle Lage der Personalarbeit in Unter- (Burstedde/Seyda, 2020). Damit ist der Druck auf die nehmen und insbesondere der dabei wahrgenommenen Personalarbeit gewachsen, qualifizierte Mitarbeitende Probleme gelegt werden, bevor in Kapitel 4 die Darstellung zu finden und bereits beschäftigte Mitarbeitende an das der wichtigsten Dimensionen einer strategischen Personal- Unternehmen zu binden. Eine strategische Personalarbeit arbeit und des Engagements der Unternehmen diesbezüg- ist ein wichtiges Hilfsmittel für eine nachhaltige Fachkräfte- lich folgt. 3.1 Wer ist für Personalarbeit zuständig? Im Rahmen der Befragung wurde erhoben, welche Instanz schnitt aller Unternehmen und für die einzelnen Unter- der Unternehmen für die Personalarbeit zuständig ist. Ab- nehmensgrößen, die sich an der Zahl der Mitarbeitenden bildung 1 zeigt die Verortung der Zuständigkeit im Durch- bemessen. Abbildung 1: Verortung der Zuständigkeit für Personalarbeit nach Unternehmensgröße Anteil der Unternehmen, in Prozent Gesamt 8,9 89,3 1,7 1 bis 49 7,2 91,0 1,7 Mitarbeitende 50 bis 249 36,4 61,9 1,7 Mitarbeitende ab 250 74,5 23,1 2,3 Mitarbeitende 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 HR-Bereich/Personalabteilung Management/Geschäftsführung Ein anderer Bereich Frage: „Wer ist in Ihrem Unternehmen federführend für die Personalarbeit zuständig?“ Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.431 Im Großteil aller Unternehmen ist das Management oder nehmen wird die Personalarbeit von der Personalabteilung die Geschäftsführung für die Personalarbeit zuständig. erledigt, dennoch ist auch bei den Unternehmen mit 50 Dies ist vor allem in kleinen Unternehmen der Fall: in 91 bis 249 Mitarbeitenden mehrheitlich die Geschäftsführung Prozent der Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiten- für Personalangelegenheiten zuständig. Nur in großen den liegt das Personalmanagement in den Händen der Ge- Unternehmen wird die Personalarbeit mehrheitlich von schäftsführung. Nur 7,2 Prozent der kleinen Unternehmen der Personalabteilung umgesetzt (74, 5 Prozent), während verfügen über eine eigene Personalabteilung. Mit zuneh- immerhin noch 23,1 Prozent der Großunternehmen die mender Anzahl an Mitarbeitenden steigt die Wahrschein- Zuständigkeit für Personalarbeit auf Management-Ebene lichkeit, dass ein Unternehmen über einen spezialisierten ansiedeln. HR-Bereich verfügt. In 36,4 Prozent der mittleren Unter- 9
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Personalarbeit ist in kleinen und mittleren Unternehmen Ob sich ein Unternehmen intensiv mit strategischer damit eine von zahlreichen Aufgaben, die die Geschäfts- Personalarbeit befasst, dürfte unter anderem von den Zeit- führung im Alltag leisten muss. Unter dieser Bedingung ressourcen und der Spezialisierung der Zuständigen ab- ist eine systematische Personalplanung, -rekrutierung, hängen. Dass insbesondere kleine, aber auch ein nennens- -bindung und -entwicklung schwer umzusetzen. Denn häu- werter Teil der mittleren Unternehmen die Personalarbeit fig fehlt es an Zeit und an spezifischem Know-how, um die der Geschäftsführung überlassen, könnte deshalb ein Personalprozesse an das veränderte Umfeld eines Arbeit- Hemmnis für die strategische Ausgestaltung ihrer Personal- nehmermarkts anzupassen. arbeit sein. 3.2 Fachkräfte finden und binden Zusätzlich wurden die Unternehmen auch befragt, inwie- wurde gefragt, ob in den letzten Jahren Probleme bestan- fern sie im Jahr 2019 – d. h. noch vor Eintritt der wirtschaft- den, bereits beschäftigte Mitarbeitende langfristig an das lichen Auswirkungen der Corona-Pandemie – Probleme Unternehmen zu binden. Abbildung 2 zeigt die Angabe von hatten, neue Mitarbeitende zu rekrutieren. Außerdem Rekrutierungsproblemen nach Unternehmensgröße. Abbildung 2: Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften in 2019 nach Unternehmensgröße Anteil der Unternehmen, die 2019 Fachkräfte gesucht haben, in Prozent Gesamt 70,1 10,6 19,3 1 bis 49 70,3 10,1 19,6 Mitarbeitende 50 bis 249 67,8 17,1 15,1 Mitarbeitende ab 250 65,6 21,0 13,4 Mitarbeitende 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Mittlere oder große Probleme Geringe Probleme Keine Probleme Hinweis: Anteil der Unternehmen mit Problemen bei der Rekruitierung mindestens einer Qualifikationsgruppe unter den Unternehmen, die 2019 Fachkräfte gesucht haben. Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.228 Es wird ersichtlich, dass sieben von zehn Unternehmen den kleinen Unternehmen immerhin knapp 20 Prozent gar für das Jahr 2019 über Probleme bei der Rekrutierung von nicht von Rekrutierungsproblemen betroffen sind, obwohl qualifizierten Mitarbeitenden berichten. Die Mehrheit der sie im Jahr 2019 Fachkräfte gesucht haben. Hierbei ist Unternehmen hatte dabei sogar – unabhängig von der allerdings zu berücksichtigen, dass kleine Unternehmen Unternehmensgröße – mittlere bis große Probleme. Der An- deutlich weniger Personal suchen als große. teil der Unternehmen mit mittleren oder großen Problemen Nur jedes zehnte Kleinunternehmen gibt an, geringe nimmt mit steigender Unternehmensgröße leicht ab. Damit Probleme bei der Rekrutierung von qualifizierten Mitarbei- einhergehend steigt allerdings der Anteil der Unternehmen tenden zu haben. Das könnte daran liegen, dass in kleinen mit geringen Problemen. Es zeigt sich also nicht, dass mit Unternehmen weniger Stellen ausgeschrieben werden und steigender Unternehmensgröße grundsätzlich seltener Re- Rekrutierungsprobleme so schneller als problematisch krutierungsprobleme auftreten. Im Gegenteil: Mit steigen- wahrgenommen werden als in großen Unternehmen, etwa der Unternehmensgröße gibt es weniger Unternehmen, die wenn eine Vakanz über einen längeren Zeitraum nicht be- keine Rekrutierungsprobleme aufweisen, während unter setzt werden kann. 10
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Abbildung 3: Probleme bei der Mitarbeiterbindung nach Unternehmensgröße Anteil der Unternehmen, in Prozent Gesamt 8,2 20,0 29,2 42,7 1 bis 49 19,9 28,7 43,2 8,2 Mitarbeitende 50 bis 249 8,6 20,4 38,0 33,0 Mitarbeitende ab 250 3,2 24,5 40,7 31,6 Mitarbeitende 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Ja, große Ja, mittlere Ja, aber nur geringe Nein, keine Probleme Frage: „Hatten Sie in den letzten Jahren Probleme, qualifizierte Mitarbeitende langfristig an Ihr Unternehmen zu binden?“ Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.431 Für die Fachkräftesicherung ist es neben der Rekrutierung lassen und damit zu einer stärkeren persönlichen Bindung wichtig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unter- an das Unternehmen beitragen. Großunternehmen sind nehmen binden zu können. Hier wurde um eine Einschät- zwar stärker von mittleren Problemen betroffen als KMU, zung der Situation in den letzten Jahren gebeten, d.h. hier allerdings geben sie weniger häufig große Probleme an. So liegt noch kein Corona-Effekt vor. Auch bei der Mitarbei haben nur 3,2 Prozent der Unternehmen mit über 250 Mit- terbindung berichten die Unternehmen von Problemen, arbeitenden große Probleme mit der Mitarbeiterbindung, die jedoch weniger stark sind als bei der Rekrutierung von während unter KMU mehr als doppelt so viele Unterneh- neuen Mitarbeitenden (Abbildung 3). Zwar berichtet die men von starken Problemen betroffen sind. Mehrheit der Unternehmen – über alle Unternehmensgrö- Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Unterneh- ßen hinweg – von Problemen bei der Mitarbeiterbindung, men sowohl von Problemen bei der Rekrutierung als auch aber die meisten schätzen diese Probleme als gering ein. bei der Mitarbeiterbindung berichten, wobei Schwierig- 43,2 Prozent aller Unternehmen sehen keine Probleme. keiten bei der Bindung von Mitarbeitenden etwas geringer Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden sind weni- ausfallen als bei der Gewinnung neuer Fachkräfte. Die in ger stark von Problemen der Mitarbeiterbindung betroffen Unternehmen wahrgenommenen Rekrutierungsprobleme als größere Unternehmen. Deutlich mehr von ihnen sehen können verschiedenen Ursachen haben. Sowohl bestehen- keine Probleme, während geringe bis mittlere Probleme de Fachkräfteengpässe auf dem Arbeitsmarkt können ein von den kleinen Unternehmen weniger häufig angegeben Grund sein als auch die Attraktivität des Unternehmens werden als von größeren. Ein Grund hierfür könnte sein, und seine Position im Wettbewerb um begehrte Fachkräfte. dass sich persönlichere Beziehungen zwischen den Mit- Strategische Personalarbeit kann einigen Problemen in den arbeitenden sowie zur Führungskraft aufgrund der kleinen Bereichen Rekrutierung und Mitarbeiterbindung vorbeugen Anzahl an Beschäftigten besser realisieren und pflegen und entgegenwirken. 11
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX 4. Fünf Handlungsfelder strategischer Personalarbeit Vor dem Hintergrund, dass viele Unternehmen über Proble- Aktivitäten in einem Handlungsfeld können andere Berei- me bei der Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitenden che begünstigen. So tragen Maßnahmen in allen Hand- berichten, gewinnt eine strategische Personalarbeit an lungsfeldern zur Positionierung als attraktiver Arbeitgeber Bedeutung. Modernes Personalmanagement sollte auf bei, etwa wenn flexible Arbeitszeiten oder Weiterbildungs- vielseitige Bedarfe im Unternehmen flexibel ausgerichtet angebote in Stellenanzeigen oder auf der Karriereseite sein und vorausschauend agieren. Das Engagement der hervorgehoben werden können. Kernziel der vorliegenden Personalarbeit findet somit auf unterschiedlichen inein- Studie ist es zu erfassen, inwiefern die Unternehmen in andergreifenden Handlungsfeldern statt. Der KOFA-Ansatz den einzelnen Handlungsfeldern mit Maßnahmen aktiv unterteilt die strategische Personalarbeit in folgende fünf sind und wie sich die Aktivitäten abhängig von der Zahl der Bereiche: Beschäftigten unterscheiden. Für jedes Handlungsfeld wur- den jeweils fünf bis sieben zentrale Maßnahmen abgefragt. 1. die Analyse der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens, 2. die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber, 3. die Rekrutierung neuer Mitarbeitender, 4. die Mitarbeiterbindung und 5. die Qualifizierung. Abbildung 4: So viele Maßnahmen setzen die Unternehmen in den fünf Handlungsfeldern um Anteil der Unternehmen, in Prozent 30 29,5 25 26,1 25,5 24,6 22,7 21,9 20 20,8 19,4 19,1 18,9 18,2 18,1 17,6 16,9 16,7 16,5 15 16,3 15,8 13,9 13,4 12,5 12,2 11,7 11,5 10 10,8 8,9 8,0 7,5 7,3 5 4,9 4,7 1,2 3,4 0,6 0,4 0,4 2,3 0 Analyse des eigenen Positionierung als Rekrutierung Mitarbeiterbindung Qualifizierung Unternehmens Arbeitgeber 0 1 2 3 4 5 6 7 Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.417-1.426 12
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Abbildung 4 zeigt, welcher Anteil der Unternehmen wie an Unternehmen in den einzelnen Handlungsfeldern über- viele der abgefragten Maßnahmen in den einzelnen Hand- haupt nicht aktiv ist (orangefarbene Balken in Abbildung lungsfeldern umsetzt. Zum Beispiel nutzen 29,5 Prozent 4). Je nach Bereich setzen 7,5 bis 16,9 Prozent keinerlei aller Unternehmen zwei Maßnahmen zur Positionierung als Maßnahme um. In der Analyse der Situation des eigenen Arbeitgeber, während nur 0,4 Prozent alle sieben abgefrag- Unternehmens und der Qualifizierung ist dieser Anteil ten Maßnahmen zur Qualifizierung der eigenen Belegschaft besonders hoch. Dabei gilt eine gute Analyse der eige- praktizieren. nen Situation, die neben einer Bestandsaufnahme auch Perspektiven für die Personalbeschaffung und damit für Bemerkenswert im Hinblick auf das Konzept der strategi- die Zukunftssicherung umfasst, als Grundpfeiler für eine schen Personalarbeit ist es, dass ein nennenswerter Anteil strategische Ausrichtung der Personalarbeit. Abbildung 5: Anteil der umgesetzten Maßnahmen nach Handlungsfeldern und Unternehmensgröße Durchschnittlicher Anteil an umgesetzten Maßnahmen, in Prozent aller abgefragten Maßnahmen 80 70 69,1 60 63,7 62,9 62,3 60,6 58,0 50 56,5 54,6 54,5 54,0 40 45,9 45,6 45,4 42,6 41,9 41,2 30 30,1 29,4 29,4 28,5 20 10 0 Analyse des eigenen Positionierung als Rekrutierung Mitarbeiterbindung Qualifizierung Unternehmens Arbeitgeber Gesamt 1 bis 49 Mitarbeitende 50 bis 249 Mitarbeitende ab 250 Mitarbeitende Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.417-1.426 In die Mitarbeiterbindung investieren Unternehmen aller Dies ist wenig überraschend, da große Unternehmen über Größenklassen am stärksten (Abbildung 5). In diesem deutlich mehr Ressourcen und Spezialist/-innen im Be- Handlungsfeld werden im Durchschnitt 54,5 Prozent der reich der Personalarbeit verfügen. abgefragten Maßnahmen umgesetzt. Der Bereich Analyse Während der Abstand zwischen KMU und Großunterneh- des eigenen Unternehmens rangiert auf Platz zwei. Hier men im Bereich Mitarbeiterbindung mit 15,1 Prozentpunk- werden durchschnittlich 45,9 Prozent der Maßnahmen um- ten auffällig gering ist, liegen große Unternehmen und KMU gesetzt, wenngleich, wie Abbildung 4 zeigt, 16,9 Prozent in den Bereichen Qualifizierung (28,6 Prozentpunkte) und der Unternehmen überhaupt nicht aktiv sind. An dritter Positionierung als Arbeitgeber (35,2 Prozentpunkte) weit Stelle folgt die Rekrutierung, sicher auch, weil viele kleine auseinander. Das Muster, wonach kleine Unternehmen Unternehmen hier nur dann aktiv werden, wenn akut neue ihren Mitarbeitenden seltener Weiterbildung anbieten, Fachkräfte gesucht werden. Die Maßnahmen in den Berei- zeigt sich auch in anderen Befragungen. Aus der IW-Weiter- chen Qualifizierung der Belegschaft und Positionierung als bildungserhebung ist bekannt, dass kleine Unternehmen Arbeitgeber werden mit durchschnittlich etwa 30 Prozent seltener weiterbildungsaktiv sind, weil nicht jedes Jahr an umgesetzten Maßnahmen deutlich seltener genutzt. mindestens ein Mitarbeitender an einer Weiterbildung Bezogen auf die Unternehmensgröße wird die Vorreiter- teilnimmt. Dennoch investieren kleine Unternehmen im funktion großer Unternehmen klar. Sie setzen in allen Schnitt deutlich mehr Zeit und Geld in Weiterbildung als Säulen durchschnittlich mehr Maßnahmen um als KMU. mittlere und große Unternehmen (Seyda/Placke, 2020). 13
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Maßnah- größeren Anteil der Maßnahmen umsetzen. Große Unter- men zur Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden von nehmen sind KMU dabei vor allem im Bereich der eigenen allen Unternehmen als die wichtigste Säule strategischer Positionierung als Arbeitgeber weit voraus. Ein Grund Personalarbeit bewertet werden und ihr Engagement in hierfür könnte sein, dass große Unternehmen zahlenmä- diesem Bereich besonders hoch ist. Zudem zeigt sich, ßig mehr Fachkräfte rekrutieren und sich deshalb auf dem dass größere Unternehmen über alle Säulen hinweg einen Arbeitsmarkt besser positionieren wollen. 4.1 Das eigene Unternehmen analysieren Die Analyse des eigenen Unternehmens ist die erste und Maßnahmen abgefragt, die den Unternehmen wichtige grundlegende der fünf Bereiche strategischer Personal- Informationen für die strategische Ausgestaltung der Per- arbeit. In diesem Handlungsfeld wurden fünf zentrale sonalarbeit liefern. Abbildung 6: Analyse des eigenen Unternehmens – Welche Maßnahmen werden am häufigsten umgesetzt? Anteil der Unternehmen, in Prozent Wir haben eine Personalstrategie, die sich aus 60,0 7,7 27,8 4,5 unseren Unternehmenszielen ableitet. Wir betreiben eine systematische 44,0 20,1 33,5 2,4 Nachfolgeplanung. Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen als Arbeitgeber und binden dabei unsere Führungskräfte ein 42,9 15,9 36,8 4,4 (z. B. durch Workshops oder Befragungen). Wir untersuchen regelmäßig die 40,3 7,0 49,2 3,5 Altersstruktur in der Belegschaft. Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen als Arbeitgeber und binden dabei unsere Mitarbeiter 39,7 19,8 36,5 4,0 ohne Führungsverantwortung ein (z. B. durch Workshops oder Befragungen). 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Ja Nein, ist aber geplant Nein Kann ich nicht beurteilen Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“ Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.427-1.430 Die Mehrheit der Unternehmen hat – unabhängig von der agieren rund drei von zehn Unternehmen auf einem hart Zahl der Beschäftigten – eine Personalstrategie, die sich umkämpften Arbeitsmarkt, ohne sich auf eine geeignete aus den Unternehmenszielen ableitet (60 Prozent). Bei Strategie stützen zu können. Unternehmen, die über eine Personalabteilung verfügen, Eine systematische Nachfolgeplanung betreiben 44 Pro- sind es sogar 75 Prozent. Dabei gibt es kaum Unterschiede zent der Unternehmen, weitere 20 haben dies konkret nach Unternehmensgröße (Abbildung 7). Dies belegt, dass geplant. Im Hinblick auf alternde Belegschaften und die sich auch die Mehrheit der kleinen und mittleren Unterneh- demografische Entwicklung gewinnt dieses Handlungs- men mit einer Personalstrategie und deren Beitrag zu den feld an großer Bedeutung. Etwas weniger Unternehmen Zielen des Unternehmens auseinandersetzt. Aber auch gut untersuchen regelmäßig die eigene Altersstruktur, die eine 58 Prozent der Unternehmen, in denen sich das Manage- wichtige Voraussetzung für eine systematische Nachfol- ment oder die Geschäftsführung mit der Personalarbeit geplanung ist, die erfasst welche Stellen unter anderem befasst, verfügen über eine Personalstrategie. Dennoch aufgrund von Renteneintritten vakant werden. 14
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Kleine Unternehmen analysieren deutlich seltener ihre untersuchen, erlangen einen bedeutenden strategischen Altersstruktur und betreiben seltener eine systemati- Vorteil. Die Stärken und Schwächen, aber auch Chancen sche Nachfolgeplanung als große Unternehmen. Das ist und Risiken eines Unternehmens können z.B. mithilfe einer problematisch, da in den nächsten Jahren zunehmend SWOT-Analyse erarbeitet werden. Mit Blick auf die Konkur- Mitarbeitende der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhe- renz um knappe Fachkräfte ist es wichtig, diese zu kennen stand gehen, für deren Nachfolge am Arbeitsmarkt nicht und insbesondere die Stärken des eigenen Unternehmens ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen (Burstedde et intern wie extern zu kommunizieren. Denn Unternehmen al., 2021). Den Personalbedarf zu planen, rechtzeitig Nach- können mit ihren Stärken bei potenziellen Bewerber/-innen folger aufzubauen und freiwerdende Stellen frühzeitig im punkten. Ein Nachteil für einige Unternehmen ist es daher, Blick zu haben ist ein Schlüssel zum Erfolg. dass sie die Argumente, die aus Arbeitnehmersicht für sie sprechen, weder kennen(lernen) noch kommunizieren Mit sechs von zehn setzt sich die Mehrheit der Unterneh- (siehe Kapitel 4.3). Dies deckt sich mit den Ergebnissen der men nicht mit den eigenen Stärken und Schwächen aus- KOFA-Studie 1/2019, in der ein Kernergebnis war, dass KMU einander. Vier von zehn Unternehmen, die ihre Mitarbei- ihre Stärken auf dem Arbeitsmarkt nicht in Szene setzen. tenden einbinden, um ihre Arbeitgebereigenschaften zu Abbildung 7: Analyse des eigenen Unternehmens – Wie viele Unternehmen setzen die Maßnahmen um? Anteil der Unternehmen nach Unternehmensgröße, in Prozent Wir haben eine Personalstrategie, die sich aus unseren 65,5 63,5 Unternehmenszielen ableitet. 59,8 59,9 Wir betreiben eine systematische Nachfolgeplanung. 56,2 43,4 Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen als Arbeitgeber 57,5 und binden dabei unsere Mitarbeiter ohne Führungsverantwor- 56,2 tung ein (z. B. durch Workshops oder Befragungen). 42,3 72,0 Wir untersuchen regelmäßig die 59,9 Altersstruktur in der Belegschaft. 39,4 Wir untersuchen unsere Stärken und Schwächen als 46,1 Arbeitgeber und binden dabei unsere Führungskräfte 45,9 ein (z. B. durch Workshops oder Befragungen). 39,4 0 10 20 30 40 50 60 70 80 ab 250 Mitarbeitende 50 bis 249 Mitarbeitende 1 bis 49 Mitarbeitende Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“ Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.427-1.430 4.2 Als Arbeitgeber positionieren Neben der Unternehmensanalyse ist die Positionierung reich Positionierung als Arbeitgeber Auskunft. Abbildung als Arbeitgeber eine Säule der Personalarbeit, die in 8 bietet einen Überblick über die einzelnen Maßnahmen Zeiten des sich verstärkenden Fachkräftemangels und der und wie viele Unternehmen sie im Durchschnitt umsetzen, wachsenden Konkurrenz um qualifizierte Arbeitskräfte während Abbildung 9 Aufschluss darüber gibt, welcher an Bedeutung gewinnt. Im Rahmen der Befragung gaben Anteil der kleinen, mittleren und großen Unternehmen die die Unternehmen zu sieben Maßnahmen aus dem Be- jeweilige Maßnahme umsetzt. 15
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Abbildung 8: Positionierung als Arbeitgeber – Welche Maßnahmen werden am häufigsten umgesetzt? Anteil der Unternehmen, in Prozent Mitarbeiterempfehlungen spielen bei der Besetzung 67,3 5,9 22,2 4,6 von Stellen bei uns eine wichtige Rolle. Wir informieren in unseren Stellenausschreibungen 60,1 5,9 30,6 3,3 über unsere Leistungen als Arbeitgeber. Wir vernetzen uns aktiv mit anderen Arbeitgebern, 27,1 7,7 61,1 4,1 um uns zu Personalthemen auszutauschen. Wir veranstalten Tage der offenen Tür und/oder 21,0 5,5 71,2 2,2 beteiligen uns an Job-/Ausbildungsmessen. Wir haben eine eigene Karrierewebseite, auf der wir über uns als Arbeitgeber informieren. 14,2 6,2 76,9 2,7 Wir befassen uns aktiv mit dem Feedback, welches wir auf Arbeitgeberbewertungsplattformen (z. B. 10,1 5,7 76,7 7,5 kununu, glassdoor) von (ehemaligen) Mitarbeitern oder Bewerbern erhalten. Wir tragen ein Arbeitgebersiegel und/oder nehmen an Arbeitgeberbenchmarks teil (z. B. Great Place to Work, 4,5 5,1 85,9 4,5 Hertie-Siegel beruf und familie). 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Ja Nein, ist aber geplant Nein Kann ich nicht beurteilen Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“ Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.425-1.427 In gut zwei Dritteln der Unternehmen spielen Empfehlun- Knapp zwei Drittel der großen Unternehmen positionieren gen durch Mitarbeitende eine große Rolle bei der Stel- sich auf einer eigenen Karrierewebsite. Auch hier vergeben lenbesetzung (Abbildung 8). Die eigenen Beschäftigten KMU die Chance, mit vergleichsweise geringem Aufwand, können so zu wichtigen Markenbotschafter/-innen für als Arbeitgeber sichtbarer zu werden. Die meisten Arbeit- das eigene Unternehmen werden und bei der Gewinnung nehmer/-innen suchen im Internet nach Stellenangeboten. neuer Fachkräfte unterstützen. Weitere Informationen zu Die meisten Arbeitnehmer/-innen suchen im Internet nach Markenbotschafter/-innen aus der Belegschaft gibt die Stellenangeboten. Zunehmend nutzen sie dafür nicht KOFA-Anleitung. Bei dieser Maßnahme zeigen sich auch mehr nur die bekannten Stellenbörsen (Stepstone, Indeed, die geringsten Unterschiede nach der Anzahl der Beschäf- Monster etc.), sondern bedienen sich der Google-Such- tigten (Abbildung 9). Laut eines IAB-Kurzberichtes ist die maschine um ansprechende Online-Stellenanzeigen und Rekrutierung über Empfehlungen von Mitarbeitenden über Karriereseiten zu finden. Mittelständische Arbeitgeber alle Kanäle hinweg mit einer Erfolgsquote von 63,5 Prozent sollten ihre Stellenanzeigen und ihre Karriereseiten für der erfolgreichste Besetzungsweg (Pohlan/Rothe, 2020). Suchmaschinen optimieren, um auf dem Arbeitsmarkt sichtbar zu werden. Gut 60 Prozent der Unternehmen informieren in Stellenan- zeigen über ihre Leistungen als Arbeitgeber. Ihnen gegen- Die Vernetzung mit anderen Arbeitgebern zu Personalthe- über stehen 30 Prozent der Unternehmen, die über ihre men spielt für Unternehmen eine untergeordnete Rolle: Nur Leistungen – auch auf dem klassischen Weg der Stellen- 27 Prozent tauschen sich mit anderen Arbeitgebern aus, anzeige – nicht informieren. Vor allem kleine Unternehmen während die große Mehrheit der Unternehmen die Maß- verpassen die Chance, sich über Stellenausschreibungen nahme weder nutzt noch für die Zukunft plant. Wie Abbil- als Arbeitgeber zu positionieren. Auf einer eigenen Kar- dung 9 zeigt, sind große Unternehmen hier deutlich aktiver rierewebsite informieren nur knapp 15 Prozent der Unter- als KMU: 57,6 Prozent vernetzen sich zum Austausch über nehmen über sich als Arbeitgeber. Große Unternehmen Personalthemen. setzen diese Maßnahme überdurchschnittlich häufig um: 16
STUDIE 4/2021 KOFA-PERSONALARBEITSINDEX Auch Formate zum direkten Kontakt mit potenziellen Be- berufstätige Internetnutzer (45 Prozent) liest Arbeitgeber- werber/-innen wie Tage der offenen Tür oder die Beteili- bewertungen (Bitkom, 2018). Bereits jeder vierte Internet- gung an Ausbildungsmessen werden nur selten genutzt. nutzer hat die oder den eigenen Arbeitgeber schon einmal Während durchschnittlich nur jedes fünfte Unternehmen online bewertet (ebd.). Digitale Mundpropaganda über solche Veranstaltungen umsetzt, stechen große Unterneh- Portale wie Kununu oder Glassdoor können glaubwürdiger men deutlich heraus: Unter ihnen veranstalten zwei Drittel sein als bezahlte Werbung oder Arbeitgeberauszeichnun- solche Informationsevents. Dabei kann der persönliche gen. Zudem kann das Feedback, das Bewerber/-innen Kontakt helfen potenzielle Beweber/-innen vom Unterneh- und (ehemalige) Mitarbeitende dort geben, wertvoll für men zu überzeugen und so beispielsweise bei der Gewin- die Weiterentwicklung der eigenen Personalarbeit sein. nung von Auszubildenden hilfreich sein. Unternehmen Weitere Informationen über Arbeitgeberportale vermittelt sind gut beraten, ihre Türen und Werkstore zu öffnen und das KOFA-Webinar Arbeitgeberportale. Arbeitsplätze, Mitarbeitende und Berufe vorzustellen. Nur ein Bruchteil der Unternehmen greift bei der Posi- Nur jedes zehnte Unternehmen befasst sich mit dem tionierung als Arbeitgeber auf Arbeitgebersiegel zurück: Feedback auf Arbeitgeberbewertungsportalen. Auch hier nicht einmal 5 Prozent der Unternehmen verfügen über ein sind große Unternehmen in einer Vorreiterstellung: fast 40 Arbeitgebersiegel. Auch hier haben große Unternehmen Prozent beschäftigen sich mit Online-Feedback. Arbeit- einen Vorsprung: unter ihnen liegt der Anteil mit Arbeitge- geberbewertungsportale gewinnen über alle Altersgrup- bersiegel bei knapp 30 Prozent. pen hinweg zunehmend an Bedeutung: Fast jeder zweite Abbildung 9: Positionierung als Arbeitgeber – Wie viele Unternehmen setzen die Maßnahmen um? Anteil der Unternehmen nach Unternehmensgröße, in Prozent Mitarbeiterempfehlungen spielen bei der Besetzung von 82,9 77,4 Stellen bei uns eine wichtige Rolle. 66,8 Wir informieren in unseren Stellenausschreibungen über 87,2 unsere Leistungen als Arbeitgeber. 83,3 59,0 Wir vernetzen uns aktiv mit anderen Arbeitgebern, um 57,6 37,6 uns zu Personalthemen auszutauschen. 26,4 76,7 Wir veranstalten Tage der offenen Tür und/oder 44,7 beteiligen uns an Job-/Ausbildungsmessen. 19,6 Wir haben eine eigene Karrierewebseite, auf 73,0 der wir über uns als Arbeitgeber informieren. 38,7 12,7 Wir befassen uns aktiv mit dem Feedback, welches wir auf 39,4 Arbeitgeberbewertungsplattformen (z. B. kununu, glassdoor) von 24,3 (ehemaligen) Mitarbeitern oder Bewerbern erhalten. 9,3 Wir tragen ein Arbeitgebersiegel und/oder nehmen 29,5 an Arbeitgeberbenchmarks teil (z. B. Great Place to 13,1 Work Hertie-Siegel beruf und familie). 4,0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ab 250 Mitarbeitende 50 bis 249 Mitarbeitende 1 bis 49 Mitarbeitende Frage: „Treffen folgende Aussagen auf ihr Unternehmen zu?“ Quelle: IW-Personalpanel, 2020, N= 1.425-1.427 Kleine Unternehmen setzen alle Maßnahmen zur Positio- und/oder selten Stellen im Unternehmen ausgeschrieben nierung als Arbeitgeber seltener ein als mittlere und große werden. Dieses Kosten-Nutzen-Kalkül könnte auch auf die Unternehmen (Abbildung 9). Besonders groß sind die Organisation eines Tags der offenen Tür zutreffen. Größere Unterschiede bei der eigenen Karriereseite, bei der Teil- und große Unternehmen bauen dadurch ihren Sichtbar- nahme an Jobmessen sowie beim Arbeitgebersiegel. Kleine keitsvorteil auf dem Arbeitsmarkt gegenüber kleineren Betriebe könnten zu der Einschätzung gelangen, dass Arbeitgebern weiter aus. eine eigene Karrierewebsite nicht lohnt, wenn nur wenig 17
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