Kommunal report Ihre kommunale Fragestellung - unser Lösungsansatz
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kommunal report Ihre kommunale Fragestellung – unser Lösungsansatz Kommunal Agentur NRW | Kommunalreport | Ausgabe 2.2021
2|3 Editorial Editorial Kommunalreport – Informationen für Städte und Gemeinden Liebe Leserinnen, liebe Leser, in unserer Herbstausgabe des Kommunal- bauen verbunden, damit alle wichtigen Unsere Berichte über die Entwicklung kom- reports berichten wir wieder über viele Fachleute einer Kommune ggf. mit Unter- munaler Immobilien oder die Abfallent- Einzelthemen und unterschiedliche Auf- stützung externer Fachleute Lösungen sorgung machen deutlich, wie viele Einzel- gaben, mit denen sich die Städte und Ge- finden. Wir als Kommunal Agentur NRW aspekte hier beachtet werden müssen, mit meinden in NRW allzeit auseinanderset- unterstützen Sie dabei, für die Umsetzung denen unsere Fachkolleginnen und -kolle- zen. Ihre kommunalen Fachleute beschäf- Ihrer wichtigen kommunalen Aufgaben gen sich gut auskennen. tigen sich mit unzähligen Fakten, Fragen notwendige Brücken zu bauen. und Problemstellungen in Bezug auf die Viele dieser Fragestellungen sind leichter Daseinsvorsorge und die Bereitstellung Thema im neuen Kommunalreport ist ne- zu beantworten, wenn eine funktionie- einer wünschenswerten Siedlungs- und ben der Digitalisierung selbstverständlich rende Beteiligung der Bürgerinnen und Versorgungsumgebung, bei der auch – der Klimaschutz. Dabei berichten wir u.a. Bürger gelingt. Auch dazu informieren wir noch nie so dringend wie jetzt – alle An- dazu, dass Dienstfahrräder eine bessere in dieser Ausgabe. Wir freuen uns, als Ihre forderungen an eine intakte Umwelt und Alternative zu Dienst-Pkws sind. kommunale Ansprechpartnerin mit Ihnen den Klimaschutz mit berücksichtigt wer- gemeinsam Antworten auf Ihre kommu- den müssen. Ein regelmäßiger Austausch der Klima- nalen Fragen zu finden. schutzbeauftragten in den NRW-Kommu- Um alle diese Anforderungen zu meistern, nen unterstützt dabei, Ideen und Strate- braucht es Perspektiven und Strategien, gien umzusetzen. Wir stellen sogar eine Viel Spaß beim Lesen und eine aufschluss- die durch Wissensaustausch und Zusam- Kompaktanalyse zum Klimaschutz vor, mit reiche Information! menarbeit realisiert werden können. Zu- der regional sinnvolle und angepasste sammenarbeit ist häufig mit Brücken- Maßnahmen ermittelt werden können. Ihre Kommunal Agentur NRW
Kommunalreport 2.2021 Inhalt 04 | Datenschutz und IT-Sicherheit 27 | Kommunale Beschaffung Sensibilisieren, schulen und Verantwortung Einfach besser einkaufen übernehmen Die elektronischen Kataloge Datenschutz und IT-Sicherheit der KoPart eG 08 | Bürgerbeteiligung 28 | Information Transparenz auf allen Ebenen Digitales Planen und Bauen nachhaltig managen Bürgerbeteiligung in Espelkamp Praxisforum auf der digitalBAU 2022 10 | Energieversorgung 29 | Information Nah- und Fernwärmenetz in kommunaler Hand Veranstaltungstermine der Rechtliche Grundlagen und Möglichkeiten Kommunal Agentur NRW 13 | Kompaktanalyse Klimafolgen Auf Klimawandelfolgen gezielt und wirksam reagieren Individuelle Kompaktanalyse als Teil eines Klima- folgenanpassungskonzepts Impressum Eine Information der Kommunal Agentur NRW GmbH 15 | PlattformKlima.NRW Cecilienallee 59, 40474 Düsseldorf Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung Telefon 0211 430 77 - 0, Telefax 0211 430 77 - 22 Das KlimaCafé der PlattformKlima.NRW Verantwortlich für den Inhalt 16 | Dienstrad-Leasing Dr. Ralf Togler (v. i. S. d. P.), Dr. Peter Queitsch Per Fahrrad zur Arbeit: Angestellte für den Klimaschutz begeistern Redaktion Das bietet der neue Tarifvertrag „Fahrradleasing“ Gudrun Abel, abel@KommunalAgentur.NRW 18 | Projekt- oder Immobilienentwicklung Gestaltung Strategien in der kommunalen Immobilien- liniezwei Kommunikationsdesign GbR, Düsseldorf entwicklung www.liniezwei.de Bedarfsorientierte Herangehensweise vermeidet Kostensteigerungen Produktion und Druck QUALITANER GmbH, Düsseldorf 22 | Abfallentsorgung Abfallentsorgung im permanenten Wandel Fotos Marktentwicklung, Preise und stock.adobe.com: Xaver Klaussner (1), studio v-zwoelf (4), EU-weite Ausschreibung vegefox.com (5), Drobot Dean (6), Day Of Victory Stu (8), kasto (9), tomas (10), zozzzzo (11), Photoagriculture (12), Photoagriculture (12), NiDerLander (15), contrastwerkstatt (16), milanmarkovic78 (17), H_Ko (21), Dalibor Danilovic (23), SkyLine (23), Matthias Krüttgen (24), Kzenon (25), stockpics (26), Syda Productions (26), vegefox.com (28), Jenny Sturm (29), GordonGrand (29), Ingo Bartussek (30), RioPatuca Images (30), Sauerlandpics (31), momius (31); photocase.de: Sanni Weber (2), Tatyana Aksenova (7), Michael Schnell (14), RoPix (19), steffne (20)
4|5 Datenschutz und IT-Sicherheit Sensibilisieren, schulen und Verantwortung übernehmen Datenschutz und IT-Sicherheit Nach der Bundestagswahl 2021 besteht unter allen Parteien große Einigkeit: Die Digitalisierung des Landes muss endlich Fahrt aufnehmen. In den Kommunen werden schon heute immer mehr Daten digital verarbeitet. Dies können personen- bezogene Daten wie Name und Anschrift sein, aber auch sensiblere Daten, wie Religionszugehörigkeit oder Gesundheitsdaten. Umso wichtiger ist es, dass dabei keine Datenlecks entstehen. Denn gerade in Deutschland sind Bürgerinnen und Bürger besonders sensibel, wenn es um den Schutz ihrer Daten geht. Die DSGVO schafft Sicherheit und Vertrauen Seit dem Jahr 2018 gilt in allen EU-Staaten die Datenschutz-Grund- verordnung (DSGVO). Danach trägt die Leitung von Kommunen und kommunalen Betrieben eine besondere datenschutzrecht- liche Verantwortung, sowohl für die rechtmäßige Verarbeitung von Bürgerdaten wie auch von Daten der eigenen Beschäftigten. Die konkrete datenschutzkonforme Gestaltung und Überwachung der Prozesse obliegt dann den Fachbereichsleitungen. Der betrieb- liche oder behördliche Datenschutzbeauftragte hat hierbei eine beratende und überwachende Funktion. Eine Schlüsselrolle spielt die richtige Organisation von Verant- wortlichkeiten und Vorgaben zum Datenschutz im eigenen Haus. Hierzu müssen alle datenschutzrelevanten Prozesse identifiziert und regelmäßig auf ihre rechtskonforme Durchführung über- prüft werden. Werden die Informationspflichten eingehalten? Sind Ansprechpersonen und angegebene Verarbeitungszwecke konzept sollte die Aufbewahrungsdauer aller erhobenen Daten noch aktuell? Und sind mit allen Auftragsverarbeitern die vorge- festlegen und die für die Löschung verantwortliche Stelle be- schriebenen Vereinbarungen getroffen worden? nennen. All diese Informationen werden im Verarbeitungsverzeichnis zen- Und was, wenn es doch zu einer Datenschutzverletzung kommt? tral gesammelt, welches ebenfalls mindestens einmal jährlich Dann ist das richtige Krisenmanagement gefragt. Da der Gesetz- durch die jeweiligen Fachbereiche auf seine Aktualität überprüft geber strenge Fristen gesetzt hat, müssen Notfallpläne und Prüf- werden muss. Mit der Datenschutz-Grundverordnung sind auch schemata für den Fall des Falles bereits ausgearbeitet bereit- Speicher- und Löschfristen erneut in den Fokus gerückt. Ein Lösch- liegen.
Kommunalreport 2.2021 Beschäftigte sensibilisieren, um Datenpannen zu vermeiden gen. Allerdings greift hier die sog. Öffnungsklausel. Das Landes- Damit die Notfallpläne möglichst nie gebraucht werden, müssen datenschutzgesetz NRW nimmt somit in § 32 öffentliche Stellen die Mitarbeitenden fortlaufend sensibilisiert werden – für den von Geldbußen aus; es legt allerdings auch fest, dass dies nicht Datenschutz und für die Datensicherheit. für Eigenbetriebe oder Anstalten des öffentlichen Rechts gilt, wenn diese personenbezogene Daten zu wirtschaftlichen Zwe- „Unter welcher Rechtgrundlage werden personenbezogene Daten cken oder Zielen verarbeiten. erhoben, wie sehen die Informationspflichten aus und was muss ich beim Versand von personenbezogenen Daten via E-Mail be- Was bei den möglicherweise sehr hohen Bußgeldern gegen Un- achten?“ Solche Fragen stellen sich Beschäftigte in Kommunen ternehmen in den Hintergrund getreten ist, sind die Schadenser- und kommunalen Betrieben häufig. In regelmäßigen Schulungen satzansprüche nach Art. 81 Abs. 1 DSGVO, die eine geschädigte erfahren sie, wie sie mit diesen und weiteren Fragen umgehen Person gegenüber dem Verantwortlichen oder dem Auftragsver- müssen. Die Kommunal Agentur NRW hat mit Ko-Learning DATA arbeiter geltend machen kann. ein passendes E-Learning-Angebot geschaffen. Wichtig ist, diese Voraussetzungen hierfür sind: Schulungen zu dokumentieren, um sie im Fall einer Datenpanne » Verstoß gegen Grundsätze zur Verarbeitung personenbezo- gegenüber der Landesdatenschutzbeauftragten oder im Falle gener Daten nach Art. 5 Abs. 1 DSGVO einer Klage auf Schadensersatz nachzuweisen. Bei Ko-Learning » entstandener materieller oder immaterieller Schaden DATA erhalten alle Beschäftigten nach erfolgreichem Abschluss- » schuldhafter, datenschutzrechtlicher Pflichtverstoß des Ver- test ein Zertifikat. Und die verantwortliche Person für den Daten- antwortlichen oder Auftragsverarbeiters schutz bekommt einen Überblick über die erfolgreiche Teilnahme an der Schulung. Dabei sind auch öffentliche Stellen wie Kommunalverwaltungen oder Landesbehörden nicht von Schadensersatzforderungen aus- Kein Bußgeld für öffentliche Stellen – genommen. Hierbei ist auf den Schutz von Bürgerdaten sowie Schadensersatzpflicht bleibt bestehen auf einen umfassenden organisatorischen Datenschutz zu achten, Die Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfrei- der auch Beschäftigten-, Bewerber- oder Dienstleisterdaten mit- heit sind dafür zuständig, bei Verstößen ein Bußgeld zu verhän- einbezieht.
6|7 Datenschutz und IT-Sicherheit Erste Urteile zum immateriellen Schadensersatz griffe erreichen neue Höchststände. Ziele sind vermehrt öffent- In einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung verurteilte das liche Stellen. Die Angreifer verschlüsseln die Daten auf den an- Arbeitsgericht Düsseldorf einen Arbeitgeber zu Schadensersatz, gegriffenen Rechnern und Servern mit sog. Ransomware und weil dieser dem Auskunftsanspruch des ehemaligen Arbeitneh- machen sie dadurch für deren Besitzer unbrauchbar. Mehrere mers nicht nachgekommen ist (ArbG Düsseldorf, Urteil vom Kommunen und kommunale Betriebe hatten deshalb in der Ver- 05.03.2020, 9 Ca 6557/18). gangenheit teilweise für Wochen keinen Zugriff auf ihre Systeme, IT-gestützte Aufgaben kamen fast zum Erliegen. Ein Zugriff ist Das Arbeitsgericht Darmstadt sprach einem Bewerber Schadens- häufig erst nach der Zahlung eines Lösegelds wieder möglich. Oft ersatz zu, weil das Unternehmen seine Gehaltsvorstellung an sind solche Angriffe auch gekoppelt mit dem Diebstahl großer Dritte weitergab (LG Darmstadt, Urteil vom 26.05.2020, 13 O Mengen an Daten, die unrechtmäßig weiterverkauft werden. 244/19). Die Täter setzen bei ihren Angriffen meist an der schwächsten Das Arbeitsgericht Dresden verurteilte einen Arbeitgeber, der Stelle der IT-Sicherheit an: den Mitarbeitenden. Sie werden zum Gesundheitsdaten eines Arbeitsnehmers ohne ausreichende Öffnen schädlicher E-Mail-Anhänge oder Links verleitet und ge- Rechtsgrundlage an eine Behörde weitergab (ArbG Dresden, währen den Hackern dadurch Zugriff auf das Behörden- oder Urteil vom 26.08.2020, 13 Ca 1046/20). Unternehmensnetzwerk. Auch hier ist eine regelmäßige Sensi- bilisierung der Beschäftigten wichtig, um ausgelegte Fallen zu Neu ist das Konzept des Schadensersatzes im Datenschutz nicht. umgehen. Neben grundsätzlichem Wissen zu Phishing, Social Schon nach § 7 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) konnte der Be- Engineering oder sicheren Passwörtern müssen klare Prozesse troffene Schadensersatz geltend machen. Von dieser Regelung im Fall eines vermuteten oder tatsächlichen Angriffs festgelegt wurde allerdings nur selten Gebrauch gemacht. und bekannt sein. Datenschutz ist nur so stark wie die IT-Sicherheit Dabei ist die Devise: Lieber die E-Mail einmal mehr durch die Ein zweiter großer Faktor zur Vermeidung von Datenschutzpannen IT-Abteilung auf Schadsoftware überprüfen lassen, als Hackern und Schadensersatzansprüchen ist die IT-Sicherheit. Hackeran- den Zugriff zu sensiblen Daten zu ermöglichen. Alle Beschäftig-
Kommunalreport 2.2021 ten müssen somit in der Lage sein, mögliche Phishing-Mails zu erkennen und dem Verantwortlichen im Haus sofort zu melden, bevor innerhalb von Minuten ein teilweise irreversibler Schaden Unterstützung zu Datenschutz entstehen kann. Diese Themen wurden auch in der aktualisier- ten Version des Behörden-IT-Sicherheitstrainigs BITS angepasst, und Datensicherheit bspw. an die neuen Standards des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik. Ko-Learning BITS vermittelt in einem Die zahlreichen Rechtsprechungen im Zusammenhang mit Online-Kurs Grundlagen der IT-Sicherheit. Auch hier wird der Kurs dem europäischen Datenschutzregime im Jahr 2020 machen mit einem Abschlusszertifikat beendet. deutlich: Auch zukünftig gibt es für die Kommunen organi- satorischen Anpassungsbedarf zur Sicherstellung des daten- Nicht zu unterschätzen ist bei allen Maßnahmen zur IT-Sicher- schutzkonformen Arbeitens. Die Kommunal Agentur NRW heit eine umfassende Kommunikation der Gefahren, aber auch unterstützt Sie gerne bei diesen Aufgaben. des Vorgehens der Kriminellen, um neue Tricks der Hacker abzu- wenden. So müssen IT-Verantwortliche in immer kürzeren Ab- Unsere Online-Schulungen ständen das Verhältnis von IT-technischen Einschränkungen und Mit Ko-Learning DATA schulen wir Beschäftigte u. a. zu den Arbeitserleichterungen durch zusätzliche technische Freiheiten Themen: abwägen. Eingeschränkte Voreinstellungen mindern dabei häufig » Grundbegriffe des Datenschutzes den Arbeitskomfort und die Produktivität. Das führt häufig zu » Bedingungen zur Verarbeitung von Daten Frust bei Nutzern. Umso wichtiger ist es, dass IT-Verantwortliche » Informationspflicht und Rechte betroffener Personen stetig über die Gründe der Einschränkungen informieren und » Datenschutz beim mobilen Arbeiten/Telearbeit dies in möglichst verständlicher Sprache und mit der Möglich- » Umgang mit Datenpannen keit, Rückfragen zu stellen. Mit dem Behörden-IT-Sicherheitstraining Ko-Learning BITS Datenschutz und IT-Sicherheit müssen auch schulen wir Beschäftigte u. a. zu den Themen: außerhalb des Büros gewährleistet sein » Schadsoftware Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Zahl an Heimarbeits- » Cyberangriffe plätzen und des Arbeitens von unterwegs. Organisatorische Maß- » Umgang mit E-Mails nahmen sind in beiden Fällen schwieriger einzuführen und zu » Umgang mit Passwörtern überprüfen. Das fängt bei der Lagerung analoger Akten an und endet bei der Freigabe von Videokonferenzsystemen. Mittlerweile haben viele Kommunen ihre Dienstanweisungen auf die neuen Arten des Arbeitens angepasst. Die Landesdaten- Ihr Ansprechpartner für Datenschutz: schutzbeauftragten und das Bundesamt für Sicherheit in der Julian Salandi, Tel.: 0211 430 77 - 271, Informationstechnik stellen praxisnahe Leitfäden bereit für das E-Mail: salandi@KommunalAgentur.NRW mobile Arbeiten und Entscheidungshilfen für die Beschaffung von Videokonferenzsystemen. Gerade bei Letzterem ist ebenso Ihr Ansprechpartner für IT-Sicherheit: wie bei anderen cloudbasierten Diensten die Rechtsprechung Karsten Klick, Tel.: 0211 430 77 - 107, des Europäischen Gerichtshofs zur Unwirksamkeit des Privacy E-Mail: klick@KommunalAgentur.NRW Shields und somit der Übermittlung personenbezogener Daten in die USA (EuGH, 16.07.2020, C-311/18) zu beachten.
8|9 Bürgerbeteiligung Transparenz auf allen Ebenen Bürgerbeteiligung in Espelkamp Immer mehr Menschen möchten sich an kommunalen Entscheidungspro- zessen beteiligen und fordern Transparenz auf allen Ebenen. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtern es Bürgerinnen und Bürgern, Informationen digital abzurufen und über kurze Wege mit Verwaltung und Politik in einen Dialog zu treten. Dieses bürgerschaftliche Engagement muss von der Verwaltung als Prozess erkannt und in ihr Handeln eingeplant werden. Mit Strukturen, Personal und finanziellen Mitteln. Bürgerbeteiligung planen sätzlich kann Bürgerbeteiligung in allen Prozessschritten erfol- Wesentlich für eine gute Bürgerbeteiligung ist das Vertrauen gen. Die frühe und offene Einbindung der Bürgerschaft kann der Bevölkerung in die eigene Verwaltung. Insoweit zahlen sich Spannungen verhindern oder reduzieren und mit dazu beitragen, grundsätzlich transparentes Vorgehen der Verwaltung sowie die Kommune gemeinsam für die Zukunft weiterzuentwickeln eine durchgängig gute und verlässliche Information aus. Wenn und zu rüsten. In jedem für die Bürgerschaft interessanten Projekt die Bürgerschaft ihrer Verwaltung gegenüber eher skeptisch ein- sollte vorab besprochen werden, wann und auf welchen Wegen gestellt ist, wird diese Haltung selbst dann nicht aufgegeben, jeweils miteinbezogen werden soll und kann. Bürgerbeteiligung wenn im Einzelfall eine gute Beteiligung organisiert wird. macht nur da Sinn, wo es Handlungs- und Entscheidungsspiel- räume gibt. Den Interessierten ist der Sachverhalt verständlich aufzubereiten und das Geschehen in einen Gesamtzusammenhang einzubet- Die Einbettung einer umfassenden Beteiligung ist kein leichter ten. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten der Teilhabe zu variieren, Weg. Vorbelastete Beteiligungsverfahren, etwa durch zu späte um deutlich zu machen, dass die Beteiligung als wertvoller Be- Einbeziehung, können zu Konflikten und Reibungen führen und standteil der Entscheidungsfindung gesehen wird. Digitale und die Zusammenarbeit zwischen Bürgerschaft und Verwaltung analoge, niedrigschwellige Angebote erleichtern es, sich einzu- erschweren. Die objektive und vor allem für jeden verständliche bringen. Vermittlung der Fakten, der Rechtsgrundlagen und des Umgangs mit der Entscheidung ist herausfordernd. Es braucht zeitinten- Viele Kommunen wollen wissen, wie sie ihre Bürgerbeteiligung sive, manchmal auch externe Unterstützung. Reagiert werden gestalten sollen und wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, kann mit geeigneten Instrumenten und standardisierten Pro- die Interessierten in Planungsvorhaben einzubeziehen. Grund- zessen.
Kommunalreport 2.2021 Bürgerbeteiligung am Beispiel der Stadtwerke Espelkamp Die Stadtwerke Espelkamp sind der zentrale Ver- und Entsorger für die ca. 25.000 Einwohner der Stadt Espelkamp im Kreis Minden-Lübbecke. Als 100%iger Tochtergesellschaft der Stadt wurde den Stadtwerken auch die Abwasserbeseitigung übertra- gen. In diesem Rahmen plant der Abwasserbetrieb den Bau einer Klärschlammvererdungsanlage zur Klärschlammbehandlung. Dieses Großprojekt soll frühzeitig von Maßnahmen im Rahmen der informellen Bürgerbeteiligung begleitet werden, um Befürch- tungen und Unklarheiten zum Standort und der Umweltbelas- tung im Dialog zu klären. Bewusst soll der Weg der frühen Infor- mation gegangen werden, um der Bürgerschaft zu signalisieren, dass sie sich mit ihren Argumenten in den Prozess einbringen und vorhandene Entscheidungsspielräume beeinflussen kann. Dabei wird andererseits auch klar kommuniziert, wo rechtliche, finanzielle oder tatsächliche Grenzen gesetzt sind. Die Kommunal Agentur NRW unterstützte die Stadtwerke Espel- Am Ende zeigte sich, dass vor allem das „Wer“ und das „Wie“ der kamp bei der Erstellung eines Bürgerbeteiligungskonzepts. So Zusammenarbeit bei Bürgerbeteiligungsmaßnahmen frühzeitig wurde bei einem offenen Workshop mit Vertretern aus Stadtwer- geklärt werden müssen und dafür die entsprechenden Freiräume ken und Verwaltung erarbeitet, wie sich konkrete und wertschät- zu schaffen sind. zende Bürgerbeteiligung in Espelkamp gestalten lässt. In dem Workshop ging es vor allem um geeignete Methoden und Maß- Fazit nahmen für die Beteiligung beim Neubau der Klärschlammver- Eine gute Bürgerbeteiligung muss nicht zwangsläufig teuer und erdungsanlage. Zudem wurde eine Methodik entwickelt, die sich zeitaufwendig sein. Der Schlüssel einer erfolgreichen Beteiligung auf weitere Bürgerbeteiligungsverfahren übertragen lässt. So liegt in der Kommunikation. Im Rahmen des Projekts konnten kann durch bewährte Instrumente sichergestellt werden, Proble- unter aktiver Beteiligung aller Teilnehmenden die Vorzüge einer me rechtzeitig zu erkennen und mit geeigneten Maßnahmen offenen Beteiligungskultur herausgestellt werden. Dabei ist es zu lösen. Gleichzeitig ermöglicht dies der Verwaltung, sich in besonders wichtig, dass die Beteiligung von der Bürgerschaft künftigen Verfahren aus einem Werkzeugkasten zu bedienen. sowie der Politik von Anfang an bei Planungsprozessen berück- sichtigt wird. Wenn die Beteiligten ernst genommen werden Projektablauf und Konflikte frühzeitig identifiziert und möglicherweise sogar Nachdem sich die Kommunal Agentur NRW einen Überblick über ausgeräumt werden, wächst das Vertrauen in die Verwaltung die Sachlage in Espelkamp verschafft hatte, konnte im Workshop und steigt selbst bei schwierigen Entscheidungen die Akzeptanz. mit den Stadtwerken Espelkamp exakt auf die Anforderungen des Projekts und der Beteiligten eingegangen werden. Die Ergeb- nisse wurden in einer Fotodokumentation festgehalten, die allen Beteiligten als fortzuschreibende Grundlage künftiger Beteili- gungsverfahren dienen soll. In Impulsvorträgen wurden alle Beteiligten auf den gleichen Wissensstand gebracht. Informationen für mögliche Handlungs- Fragen zum Thema beantworten Ihnen bei und Entscheidungsprozesse wurden vermittelt. Erwartungen, der Kommunal Agentur NRW: Vorkenntnisse und Ziele der Teilnehmenden flossen mit ein. Cornelia Löbhard-Mann, Tel.: 0211 430 77 - 123, So konnten Bausteine für ein Beteiligungskonzept entwickelt E-Mail: loebhard-mann@KommunalAgentur.NRW werden: » Grundlagen der Beteiligung Kristina Lütters, Tel.: 0211 430 77 - 126, » Themen- und Umfeldanalyse E-Mail: luetters@KommunalAgentur.NRW » Akteurs- und Konfliktanalyse » Handlungskonzept und Roadmap
10 | 11 Energieversorgung Nah- und Fernwärmenetz in kommunaler Hand Rechtliche Grundlagen und Möglichkeiten Für eine klimafreundliche Energieversorgung der Bevölkerung sind neue Konzepte gefragt. Nah-/Fernwärmenetze geraten zunehmend in den Fokus vieler Kommunen. Findet sich dafür kein privater Betreiber, können die Gemeinden selbst eine Versorgung aufbauen. Hierzu müssen viele rechtliche Fragen geklärt werden. Das Nah-/Fernwärmerecht umfasst alle Rechtsnormen, Zulässigkeit des Betriebs die das Nah-/Fernwärmesystem regeln: Erzeugung, Verteilung Mangels fehlender ausdrücklicher landesrechtlicher Zuweisung und Vertrieb. Dabei unterscheidet es sich von den Regelungen handelt es sich beim Betrieb eines Nah-/Fernwärmenetzes um des Energierechts der leitungsgebundenen Versorgung mit Elek- eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe. Freiwillige Aufgaben trizität und Gas. So gelten weder das Energiewirtschaftsgesetz können von Gemeinden jederzeit übernommen werden. Es be- (EnWG) noch die EU-Binnenmarkt-Richtlinien für Elektrizität und steht ein Aufgabenfindungsrecht im örtlichen Bereich, welches Gas – auch nicht analog. Es gibt kein dem EnWG vergleichbares durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht gesetzlich garan- Gesetz für ausschließlich nah-/fernwärmespezifische Sachver- tiert ist (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG), Art. 78 Abs. 2 Verfassung halte. Dadurch ist das Nah-/Fernwärmerecht über viele Rechts- des Landes NRW (LVerf NRW). Bei den freiwilligen Aufgaben ent- normen verstreut und kann durch Vertrags- oder Satzungsrecht scheiden die Kommunen selbst über das „Ob“ und „Wie“. Inner- gestaltet werden. halb der gesetzlichen Regelungen sind die Kommunen also hin- sichtlich der Umsetzung des Nah-/Fernwärmenetzbetriebes frei. Sobald eine Kommune sich dafür entschieden hat, dass sie ein kommunales Nah-/Fernwärmenetz betreiben möchte, stellt sich die Frage nach der Verantwortlichkeit und der Ausgestaltung der Beziehungen zum Endverbraucher. Verantwortlichkeit für den Betrieb Schon während der Planung und Errichtung sollte überlegt wer- den, in welchem Umfang die Gemeinde in den Betrieb des Nah-/ Fernwärmenetzes involviert sein möchte. Hier ergeben sich durch das Kommunal- und Gesellschaftsrecht viele Gestaltungsmög- lichkeiten, die an die Vorstellungen der Gemeinde und die Gege- benheiten vor Ort angepasst werden sollten. In den folgenden Darstellungen sind nur die unmittelbaren Beteiligungs- und Gestaltungsformen dargestellt. Insbesondere bleibt die Kom- mune Eigentümerin des Nah-/Fernwärmenetzes. Andere Betei- ligungs- und Gestaltungsformen, wie eine interkommunale Zu-
Kommunalreport 2.2021 sammenarbeit mit Nachbarkommunen oder Contracting- bzw. Pachtmodelle zusammen mit einem privaten Investor, sind ohne wird der externe Dienstleister im Rahmen eines Generalauftrags Weiteres ebenfalls umsetzbar. mit der Betriebsführung beauftragt. Die Gemeinde bleibt als Betriebsinhaberin Eigentümerin der Anlagen und zuständig für Will die Kommune die Verantwortlichkeit für den Betrieb des die Aufgabenerfüllung. Nah-/Fernwärmenetzes nicht an einen Dritten abgeben, hat sie diese Gestaltungsmodelle: (Überblick bei Hellermann in: » Betriebsüberlassungsmodell Hoppe/Uechtritz/Reck, Handbuch kommunale Beim Betriebsüberlassungsmodell hält sich die Gemeinde aus Unternehmen, § 7 Rn. 192ff.) dem laufenden Betrieb der Anlage heraus. Sie überlässt einem » Betrieb mit eigenen Mitteln externen Dienstleister den Geschäftsbetrieb. Dieser Dienstleister Die Gemeinde kann das Nah-/Fernwärmenetz selbst betreiben besitzt weitgehende Gestaltungsräume und kann durch ergän- oder den Betrieb und u. U. auch das Eigentum an dem Netz an zende, punktuelle Ermächtigung auch zu außenwirksamem eine neu zu gründende (kommunale) Gesellschaft übertragen. Handeln ermächtigt werden. Dies kann so weit führen, dass die Hierdurch kann die Gemeinde den Betrieb autonom betreiben Gemeinde auch ihr Weisungsrecht nicht mehr ausübt und nur und nach ihren Vorstellungen wirtschaften. Allerdings müssen noch das finanzielle Restrisiko des Dienstleisters abdeckt. Dieses auch das entsprechende Personal und die notwendigen Betriebs- Modell entlastet die Gemeinde weitestgehend vom Betrieb des strukturen vorgehalten werden. Nah-/Fernwärmenetzes, lässt ihr allerdings nur minimale Ein- griffsmöglichkeiten. » Managementmodell Beim Managementmodell werden einzelne, konkrete Dienst- Ausgestaltung der Beziehungen zum Endverbraucher leistungen an Dritte vergeben. Die Gemeinde bleibt in der Sache Möchte die Gemeinde den Betrieb des Nah-/Fernwärmenetzes dominierend, während der private Beitrag in der Einbringung von selbst verwalten, muss sie das Verhältnis zum Endverbraucher speziellem Know-how und Managementkapazitäten in jeweils ausgestalten. Auch hier gibt es einige Möglichkeiten: vergüteten Einzelleistungen besteht. Dabei werden nur einzelne Funktionen des Projektmanagements auf den externen Dienst- » Rechtsverhältnis leister übertragen, um so von dessen Sachverstand zu profitieren. Das Rechtsverhältnis zum Endverbraucher kann öffentlich-recht- lich oder privatrechtlich ausgestaltet werden. Bei einem öffentlich- » Betriebsführungsmodell rechtlichen Benutzungsverhältnis kann die Gemeinde für die im Bei einem Betriebsführungsmodell übernimmt ein externer Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung, dem Betrieb oder Dienstleister den Betrieb des Nah-/Fernwärmenetzes für die Ge- der Nutzung bzw. dem Anschluss an das Nah-/Fernwärmenetz meinde. Der Externe agiert als kommunaler Verwaltungshelfer anfallenden Kosten Benutzungsgebühren nach dem Kommunal- oder Erfüllungsgehilfe und tritt nicht in unmittelbare Rechtsbe- abgabengesetz NRW (KAG NRW) per Verwaltungsakt festsetzen. ziehungen zum Endverbraucher. Seine Befugnisse richten sich im Die Höhe dieser Gebühren ist im Rahmen einer Gebührenkalku- Einzelnen nach dem jeweiligen Betriebsführungsvertrag. Dabei lation nach gesetzlichen (betriebswirtschaftlichen) Grundsätzen
12 | 13 Energieversorgung | Kompaktanalyse Klimafolgen zu ermitteln. Zusätzlich lässt sich das Benutzungsverhältnis mit- schutzes Gebrauch“ gemacht werden kann. Nach der gesetzli- tels Satzungsregelungen und darauf beruhenden Verwaltungs- chen Konzeption des GEG wird der Klima- und Ressourcenschutz akten ausgestalten. Soweit das Verhältnis zwischen der Gemein- durch eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am End- de und den Anschlussnehmern privatrechtlich ausgestaltet wird, energieverbrauch für Wärme und Kälte stets gefördert (§ 1 Abs. 2 unterliegen diese Verträge dem Kaufrecht nach §§ 433 ff. des GEG). Es bedarf also keines tatsächlichen Nachweises mehr und Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Mithin gelten, mit Ausnahmen ist auch einer tatsächlichen Widerlegung nicht zugänglich. Der nach der Fernwärme-Versorgungsbedingungen-Verordnung (AVB- Gesetzgeber hat über die Eignung der erneuerbaren Energien FernwärmeV), die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts. Die zum (globalen) Klimaschutz vielmehr selbst abschließend ent- Gemeinde kann dann für ihre Leistung einen am Markt orientier- schieden. ten Kaufpreis festsetzen. Bei der Gestaltung hat die Gemeinde einen weiten Ermessensspielraum aufgrund der im Zivilrecht Nach § 9 Satz 4 GO NRW muss die Anschluss- und Benutzungs- geltenden Privatautonomie. satzung für den Fall der Nah-/Fernwärme zum Ausgleich von sozialen Härten angemessene Übergangsregelungen enthalten. » Anschluss- und Benutzungszwang Dafür gibt es allerdings keine konkreten Vorgaben, sodass der Um den Betrieb eines Nah-/Fernwärmenetzes wirtschaftlich zu Satzungsgeber ausreichend Gestaltungsspielraum hat. gestalten, kann vonseiten der Gemeinde zusätzlich ein Anschluss- und Benutzungszwang für das betroffene Gebiet angeordnet Fazit werden. Die Anordnung eines Anschluss- und Benutzungszwangs Der Betrieb eines Nah-/Fernwärmenetzes bringt viele rechtliche, steht dabei einer privatrechtlichen Ausgestaltung des Benut- technische und organisatorische Fragen mit sich, die vor Beginn zungsverhältnisses nicht entgegen. eines solchen Projektes sorgfältig begutachtet werden müssen. Durch die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten besteht ein Voraussetzung dafür ist die Einordnung als „öffentliche Einrich- weitgehender Handlungsspielraum, um die kommunalen Vor- tung“. Eine öffentliche Einrichtung i. S. d. § 8 Abs. 1 Gemeindeord- stellungen von einer klimafreundlichen Versorgung der Bürger nung NRW (GO NRW) ist gegeben, wenn die Gemeinde mit der zu gestalten. Die Kommunal Agentur NRW unterstützt Sie gerne Einrichtung als Folge einer gesetzlichen Verpflichtung oder frei- beratend bei der Planung eines Nah-/Fernwärmenetzes und hilft willig eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe erfüllt und bei der Umsetzung. demgemäß die Einrichtung den Gemeindeeinwohnern zur Ver- fügung stellt (OVG Münster, OVGE 24, 175). Für den Umfang des Wirkungskreises der öffentlichen Einrichtung kommt es auf den Widmungszweck der konkreten Einrichtung an. Gemäß §§ 109, 10 Abs. 2 Gebäudeenergiegesetz (GEG) i. V. m. § 9 Ihr Ansprechpartner bei der Kommunal Agentur NRW GO NRW kann „die Gemeinde bei öffentlichem Bedürfnis durch zur Nah- und Fernwärme: Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets den Anschluss an Ein- Matthias Peters, Tel.: 0211 430 77 - 162, richtungen zur Versorgung mit Fernwärme (Anschlusszwang)“ E-Mail: peters@KommunalAgentur.NRW anordnen. § 109 GEG präzisiert den öffentlichen Zweck dahinge- hend, dass von diesem zum „Zwecke des Klima- und Ressourcen-
Kommunalreport 2.2021 Auf Klimawandelfolgen gezielt und wirksam reagieren Individuelle Kompaktanalyse als Teil eines Klimafolgenanpassungskonzepts Kommunen und Landkreise reagieren mit Konzepten und Strategien auf den Klimawandel. Die Ziele der dazugehörigen öffentlichen Ausschreibungen sind jedoch meist viel zu allgemein formuliert und passen nicht zu den konkreten Anforderungen vor Ort. Die Kommunal Agentur NRW empfiehlt daher eine Kompaktanalyse der Klimafolgen. Damit wird der Kommune ihr individueller Risiko- und Handlungsrahmen aufgezeigt; inklusive Finanzierungsempfeh- lungen und Hinweisen auf betroffene Rechtsbereiche. So werden aus gutach- terlichen Empfehlungen kurzfristig realisierbare Maßnahmen. Kommunen unter Druck ten Oberflächenabflüssen und auf das Kleinklima von urbanen Der menschengemachte Klimawandel übt einen enormen Druck Räumen. Versiegelte Flächen führen durch die starke Erhöhung auf verschiedene kommunale Akteure und Bereiche aus: Betrof- des Oberflächenabflusses gleichzeitig zu einer Reduzierung der fen sind unter anderem Stadtentwicklung, Bauen & Wohnen, Grundwasserneubildung sowie der Verdunstungsleistung von Tourismus- und Freizeitwirtschaft, Industrie & Gewerbe, Wasser- Vegetation und Böden. Es kommt häufiger zu Überflutungen, wirtschaft, Verkehr & Infrastruktur, Zivil- & Katastrophenschutz, während sich der urbane Wasserhaushalt stark verändert. biologische Vielfalt & Naturschutz, Land- & Forstwirtschaft. Urbane Infrastruktursysteme werden beeinträchtigt, vor allem Vermeidung von Schäden kaum möglich durch die Verschiebung der hydrologischen Verhältnisse sowie Nach den katastrophalen Überschwemmungen in der Eifel im eine Zunahme von Dürreperioden mit hohen durchschnittlichen Sommer 2021 gerät der Umgang mit Starkregenereignissen im- Temperaturen und extremen Hitzetagen. mer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Dass die öffentlichen Entwässerungssysteme solche Regenmengen nicht aufnehmen Auswirkungen des Klimawandels können, wird von nicht fachkundigen und betroffenen Bürgern Auch in Nordrhein-Westfalen nehmen die Niederschlagsmengen sehr kritisch und emotional bewertet. Dabei können gerade stark- im Sommerhalbjahr ab, während sie im Winterhalbjahr steigen. regeninduzierte Überflutungen überall, plötzlich und z. T. sehr Gleichzeitig nehmen räumlich stark variable Starkregenereig- lokal mit variablen Ausprägungen und Schadensfolgen auftreten. nisse und lange Trockenperioden zu. Verstärkt werden diese Ef- Ein effizientes Krisenmanagement und ein ereignisspezifischer fekte durch lokale und regionale demografische Veränderungen. Bereitschaftsdienst zur Vermeidung der Schäden ist derzeit kaum Hierbei hat vor allem die zunehmende Versiegelung von Flächen möglich. Die Überflutungen sind eine Gefahr, die vor allem durch große Auswirkungen auf die Intensität von niederschlagsinduzier- Maßnahmen an der Oberfläche gelöst werden muss.
14 | 15 Kompaktanalyse Klimafolgen | PlattformKlima.NRW Wie kann die nachhaltige und agile Transformation unserer Städte und Gemeinden unter diesen Umständen gelingen? Kompaktanalyse der Klimaentwicklung liche Zusammenhänge zwischen den betroffenen Bereichen, die Ein wichtiger Schritt ist die kompakte Analyse der regionalen mit Wirkungsketten dargestellt werden können. Klimaentwicklung als Teil einer ganzheitlichen Strategie zur Klimafolgenanpassung. Die Kommunal Agentur NRW führt eine Für eine erfolgreiche Bewältigung und Prävention der Klimafolgen solche Kompaktanalyse für den Kreis Viersen durch. Zunächst müssen Schnittstellen und Wirkungsketten analysiert werden. werden bestehende Klimadaten, -signale und -informationen Anpassungsmaßnahmen werden damit bereichsübergreifend umfassend und räumlich differenziert ausgewertet. So lässt sich von allen Beteiligten akzeptiert und mitgetragen. Für die Schnitt- die regionale Klimaentwicklung faktenbasiert und quantitativ stellen werden die betroffenen Bereiche und Akteure hinsicht- bewerten. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf klar und einfach lich ihrer Betroffenheit von den Klimafolgen gruppiert. Die Wir- verständlichen Klimaparametern, wie der Niederschlags- und kungsketten ergeben sich über die fachlichen und kausalen Temperaturentwicklung. Zusammenhänge der Klimaauswirkungen. Um die Auswirkungen des Klimawandels auf die betroffenen Be- Partizipativer Prozess reiche, Akteure und Infrastruktursysteme abschätzen zu können, Als letzter Schritt der Kompaktanalyse erfolgt eine Sensitivitäts- müssen die aktuellen Klimaparameter betrachtet und zukünfti- und Vulnerabilitätsanalyse. Die Vulnerabilität ist dabei das Maß ge Entwicklungen eingeschätzt werden. Um detaillierte Aussagen der Verwundbarkeit eines Bereiches aufgrund der Klimafolgen. zur Veränderung der beschriebenen klimatischen Parameter vor Dabei werden folgende Aspekte miteinander verknüpft und be- Ort treffen zu können, müssen globale Klimamodelle regionali- wertet: siert werden. » Exposition (Art und Intensität der Klimaentwicklung) » Sensitivität (Ausmaß, zu dem ein Bereich oder Akteur durch Auswirkungen, Betroffenheiten und Schnittstellen die Klimaentwicklung beeinflusst wird bzw. darauf reagiert) Nach einer Einschätzung der regionalen Klimaentwicklung wer- » adaptive Kapazität (Anpassungsfähigkeit der Bereiche und den die Auswirkungen des Klimawandels analysiert sowie die Akteure). sich daraus ergebende Betroffenheit auf unterschiedliche Be- Die Sensitivitäts- und Vulnerabilitätsanalyse wird mit einer Viel- reiche und Akteure. Hier ergeben sich Schnittstellen und fach- zahl von Beteiligten durchgeführt. Ihre Ansprechpartner bei der Kommunal Agentur NRW: Dr. Jan Echterhoff, Tel.: 0211 430 77 - 109, E-Mail: echterhoff@KommunalAgentur.NRW Simon Knur, Tel.: 0211 430 77 - 232, E-Mail: knur@KommunalAgentur.NRW Ihr Ansprechpartner beim Amt für Technischen Umweltschutz, Kreis Viersen: Fabian Lindner, Tel.: 02162 391 206, E-Mail: fabian.lindner@kreis-viersen.de
Kommunalreport 2.2021 Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung Das KlimaCafé der PlattformKlima.NRW Die PlattformKlima.NRW der Kommunal Agentur NRW berät seit vielen Jahren Städte, Gemeinden und Kreise zur strategischen Entwicklung der Klima- schutzarbeit. Diese geförderten Leistungen nutzen zunehmend auch kleine Städte und Gemeinden. Seit dem Jahr 2019 wird direkt für zwei Jahre Personal in eingeschränkt. Durch den Umbau der BMU-Förderungen sind Verwaltungen für die Aufstellung von Klimakonzepten gefördert. die Klimaschutzmanagerinnen und -manager nun oft die einzi- Diese neuen Klimafachleute sollen dann mit geringerer externer gen Stellen, die ein Klimakonzept ausarbeiten sollen. Alle benach- Unterstützung selbstständig Klimastrategien entwickeln und barten Fachleute starteten bereits mit fertigen Klimaschutz- umsetzen. Viele der bisher rund 25 Klimaschutzmanager und konzepten und konnten so direkt mit der Umsetzung beginnen. -managerinnen sind Hochschulabsolventen im Berufseinstieg. Diesen Informationsbedarf neuer Verwaltungskräfte erfüllt das Sie sollen die Funktionsweise der Verwaltung und Mechanismen KlimaCafé seit über einem Jahr. Verschärfte Klimaziele, erneuer- der Politik schnell verstehen – und eine stadtweite, verwaltungs- te Klimaschutzgesetze, technische Vorgaben oder auch Extrem- übergreifende Klimastrategie in den Rat einbringen. Eine große wetterereignisse verändern die politischen Nachfragen an die Herausforderung für die neuen Kolleginnen und Kollegen. Daher Verwaltungen. Viele bestehende Klimakonzepte sollen ebenfalls hat die PlattformKlima.NRW alle geförderten Klimafachleute in novelliert werden – häufig mit dem Ziel der Klimaneutralität. eine NRW-weite Arbeitsgruppe eingeladen: ein digitales Treffen im „KlimaCafé“. Diese Treffen richten sich an geförderte Klima- Daher sind auch für die Wintermonate weitere Veranstaltungen schutzbeauftragte, die erstmalig Konzepte entwickeln müssen. der PlattformKlima.NRW geplant: digitale Impulsvorträge z. B. zum Bei den regelmäßigen zweiwöchentlichen Terminen können Fach- Thema Vergaberecht, aber auch coronakonforme Präsenzveran- fragen schnell und unkompliziert geklärt werden. Die Vielfalt staltungen mit Workshop-Charakter zur Klimaneutralität von der Themen ist groß: Verwaltungen oder zur Weiterentwicklung von Klimastrategien. » Grundlagen Konzeptentwicklung » Umgang mit dem Fördermittelgeber » Umsetzung erster Maßnahmen » Bürger- und Akteursbeteiligung trotz wechselnder Corona-Regeln » Öffentlichkeitsarbeit » Treibhausgasbilanzierung » Integration externer Fachreferenten Ihr Ansprechpartner für das KlimaCafé: » gegenseitige Präsentation von Ergebnissen Simon Knur, Tel.: 0211 430 77 - 232, E-Mail:knur@KommunalAgentur.NRW Die Pandemie hat den fachlichen Austausch, das Netzwerken und Fachgespräche zwischen verschiedenen Verwaltungen stark
16 | 17 Dienstrad-Leasing Per Fahrrad zur Arbeit: Angestellte für den Klimaschutz begeistern Das bietet der neue Tarifvertrag „Fahrradleasing“ Beim Dienstrad-Leasing können Interessierte sich ein neues Fahrrad oder Pedelec aussuchen und sparen im Vergleich zum Direktkauf. Das Dienstrad kann entweder komplett vom Arbeitgeber finanziert werden oder der Arbeitgeber gibt die Leasingrate über die Gehalts- umwandlung an die Beschäftigten weiter. Im Jahr 2020 gab es auf Deutschlands Straßen 5,2 Milli- onen Dienstwagen. Dem stehen rund eine halbe Million Dienst- räder gegenüber. Der neue Tarifvertrag Fahrradleasing trägt dazu bei, dass das Dienstfahrzeug der Zukunft nur noch zwei statt vier Rädern hat. Neuer Tarifvertrag Fahrradleasing Der neue Tarifvertrag bildet seit 1. März 2021 die Grundlage da- für, dass die Beschäftigten künftig einen Teil des monatlichen Entgelts für das Leasing eines Fahrrads umwandeln können. Aus diesem Tarifvertrag resultiert jedoch kein Rechtsanspruch. Der Arbeitgeber entscheidet, ob er das Fahrradleasing anbieten will. Macht er ein solches Angebot, muss er dies allen Beschäftigten ermöglichen, die in den Geltungsbereich des TV-Fahrradleasings fallen. Ablauf des Fahrradleasings Zunächst schließt der Arbeitgeber mit dem Anbieter einen Rah- menvertrag über die gesamte Abwicklung des Dienstfahrrad- Leasings ab. Der Beschäftigte kann das Fahrrad aus dem Ange- bot des Leasinggebers frei wählen, solange es einschließlich des leasingfähigen Zubehörs den Wert in Höhe von 7.000 Euro nicht
Kommunalreport 2.2021 überschreitet. Geleast werden können gemäß TV-Fahrradleasing sowie des Zubehörs. Die Vergabe erfolgt meist als offenes Verfah- Fahrräder und Pedelecs (Tretunterstützung bis 25 km/h). Mit dem ren bzw. öffentliche Ausschreibung. Unter Umständen ist auch Leasinggeber schließt der Arbeitgeber anschließend die einzelnen ein Verhandlungsverfahren denkbar. Leasingverträge ab. Diese laufen in der Regel über 36 Monate. Europaweiter Rahmenvertrag über die KoPart eG Die Beschäftigten können sich das Fahrrad in einem kooperie- Die KoPart eG beabsichtigt, in den nächsten Monaten eine Rah- renden Fahrradladen ihrer Wahl abholen. Mit dem Arbeitgeber menvereinbarung europaweit auszuschreiben. Damit können wird eine Überlassungsvereinbarung abgeschlossen, aus der sich dann alle interessierten Mitglieder Leasingverträge für ihre Tarif- die Nutzungsmodalitäten sowie die Rechte und Pflichten für die beschäftigten abschließen. Beschäftigten ergeben. Hierdurch kann der Arbeitgeber die Pflich- ten (z. B. Instandhaltungspflicht) gegenüber dem Leasinggeber Darüber hinaus bietet die Kommunal Agentur NRW die indivi- auf die Mitarbeiter übertragen. Bei einer Entgeltumwandlung duelle Betreuung einzelner Vergabeverfahren an. Sie erstellt eine wird zusätzlich der Arbeitsvertrag abgeändert, da das Gehalt um auf die jeweilige Gemeinde zugeschnittene Leistungsbeschrei- die Leasingrate gekürzt wird. bung und unterstützt bei der Entwicklung geeigneter Eignungs- und Zuschlagskriterien. Zum Leistungsumfang gehören auch die Öffentliche Ausschreibung für geeignete Anbieter Erstellung der Vergabeunterlagen, die Vergabebekanntmachung, Mittlerweile gibt es einige Anbieter am Markt, die ein Gesamt- die vergaberechtliche Bewertung der abgegebenen Angebote konzept für dienstliche Leasing-Fahrräder anbieten und sich um sowie die Vorbereitung der Vergabeentscheidung. die Abwicklung kümmern. Welcher Anbieter und welches Ange- bot passend ist, wird per öffentlicher Ausschreibung ermittelt. Ausgeschrieben werden dabei nicht die einzelnen Leasingver- träge, sondern die Rahmenvereinbarung mit dem Anbieter. Die Laufzeit ist unabhängig von denen der Leasingverträge und kann daher auch für einen längeren Zeitraum ausgeschrieben werden. Ab einem geschätzten Auftragswert oberhalb von 214.000 Euro Fragen zum Dienstrad-Leasing beantwortet Ihnen netto muss europaweit ausgeschrieben werden; bei einem ge- bei der Kommunal Agentur NRW: ringeren Auftragswert genügt eine nationale Ausschreibung. In Annkathrin Kostka-Speckamp, Tel.: 0211 430 77 - 211, die Berechnung des Auftragswertes fließen mehrere Faktoren E-Mail: kostka-speckamp@KommunalAgentur.NRW ein wie die geschätzte Anzahl der benötigten Räder, die Leasing- rate, die Laufzeit des Leasingvertrags und der Preis des Rades
18 | 19 Projekt- oder Immobilienentwicklung Strategien in der kommunalen Immobilienentwicklung Bedarfsorientierte Herangehensweise vermeidet Kostensteigerungen Für die Sanierung kommunaler Immobilien stehen erhebliche Mengen an Förder- mitteln zur Verfügung. Eingeschränkt gilt dies auch für den Neubau. Werden Bauvorhaben und Förderanträge allerdings aus einer unklaren Datenlage unter Zeitdruck und mit unvollständiger Kostenberechnung angegangen, ist das häufig der Anfang einer Leidensgeschichte mit hohem Personalaufwand und bedeutenden Mehrkosten. Übliche Projekt- oder Immobilienentwicklung Kostenberechnung deckt erste Prozessfehler auf Oft wird nach dem Veröffentlichen eines Förderprogramms der Spätestens mit der Vorlage der Entwurfsplanung Leistungspha- Bedarf an einer Schule, einem Rathaus einem Feuerwehrgeräte- se 3 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) haus oder einer Kindertagesstätte gesucht und vermeintlich und der Kostenberechnung, die die Honorargrundlage bildet, wird festgestellt. Aufgrund des zeitlichen Drucks aus den Förderpro- festgestellt, dass die Kosten bereits deutlich gestiegen sind. Doch grammen wird im Regelfall ein Architekturbüro damit beauftragt, auch diese entsprechen nicht den Kosten, die tatsächlich zu ver- den voraussichtlichen Bedarf zu konkretisieren und die voraus- anschlagen sind, wenn die Bauleistungen schlussendlich verge- sichtlichen Kosten zu ermitteln, die regelmäßig bezogen auf den ben werden. Sehr kurzfristig ist hier eine Diskrepanz von 20 bis Zeitpunkt der Vorlage der Ergebnisse ein bis drei Jahre alt sind. 40 Prozent der ursprünglich veranschlagten Kosten an „unvorher- Auf dieser Grundlage werden nun Förderanträge gestellt; aber sehbaren“ Kostensteigerungen festzustellen. auf der Basis von viel zu geringen Kosten und mit unnötigem Zeitdruck. Optimierte Projektentwicklung Wie in der Privatwirtschaft lassen sich Projekte auf der Grund- Herangehensweise nicht bedarfsorientiert lage sicherer Bedarfe entwickeln. Diese Vorgehensweise, gepaart Bei dieser Vorgehensweise ist die Immobilie häufig auf einen mit vorausschauenden Nutzungsalternativen, reduziert die Inves- nicht ausreichenden oder sogar falschen Bedarf ausgelegt. In- titionen und den folgenden Unterhaltungsbedarf, so auch Per- folge der weiteren Bearbeitung wird oft zu schnell auf die Ziele sonalkosten. des Förderprogramms reagiert und der tatsächliche Bedarf, die Möglichkeiten und der Zustand der vorhandenen Immobilien Immobilienbewirtschaftung unzureichend berücksichtigt. In der weiteren Planung werden Eine vorausschauende Immobilienbewirtschaftung wäre es, wenn die Beteiligten gehört und die Rahmenbedingungen fortgeschrie- die Kommune jederzeit umfassende Daten über den Immobilien- ben – losgelöst vom Immobilienbestand und nur mit Sicht auf stand abrufen könnte. Auf der Grundlage eines gutachterlich das geförderte Zielobjekt. bewerteten Immobilienbestandes ließe sich dann bereits vor der
Kommunalreport 2.2021 Veröffentlichung von Förderprogrammen eine Bestandsanalyse Bestandsbewertung erstellen, aus deren Ergebnis Modernisierungen, energetische Für nahezu alle Immobilien gibt es signifikante Merkmale, die Sanierungen, Erweiterungen, Umbaumaßnahmen und schließ- bezogen auf das Baujahr und die verwendeten Materialien Hin- lich auch Neubauten erkannt werden. weise geben: über Schadstoffbelastungen, Bauqualität, Unter- haltungsbedarf, Feuchteschutz, Schallschutz, Wärmeschutz, Strategisches Immobilienmanagement Konstruktion und Erweiterungsmöglichkeiten. Eine Bestandsbe- Überdies wäre es ein positiver Nebeneffekt, den Immobilienbe- wertung kann schnell im mittleren fünfstelligen Bereich liegen, stand der Kommune möglichst gering zu halten bzw. bedarfs- wobei dies nach Auffassung der Kommunal Agentur NRW für orientiert zu verändern, um den Unterhaltungsbedarf für die eine laufende Bestandserfassung nicht erforderlich ist. Über eine Objekte auf ein Minimum zu reduzieren. Denn jede neue oder gutachterliche Bestandserfassung mit einer umfassenden digi- erweiterte Immobilie erhöht die Unterhaltungskosten zu den talen Fotodokumentation kann über die DIN 276-1 ein nahezu ohnehin häufig vorhandenen überalterten oder untergenutzten hinreichender Immobilienwert dargestellt werden. Über den er- Immobilien. fassten Gebäudezustand und die aktuelle Nutzung ist es mög- lich, die zukünftige Nutzung für die nächsten zehn bis zwanzig Für all diese Themen gibt es nach wie vor Fördermöglichkeiten Jahre zu prognostizieren. des Landes, des Bundes und der Europäischen Union. Wird ein entsprechender Förderbereich aufgelegt, so kann die Gemeinde Objekte der Bestandsbewertung zügig den vorliegenden Bedarf an die Förderprogramme anpas- » Schulen sen. Da der Bedarf bereits im Vorfeld bekannt ist, kann der Antrag » Verwaltungsobjekte direkt gestellt werden. » Bauwerke der Ortsentwässerung » Kläranlage Bestandserfassung und -bewertung » Feuerwehrgerätehäuser Es ist also wichtig, die vorhandenen Immobilien über die Gebäu- » Kindergärten deunterhaltung von der Substanz her bewerten zu können. Auf » Wohnungen Grundlage dieser Substanzbewertung, die relativ einfach über » Sportanlagen eine gutachterliche Fotodokumentation erstellt werden kann, » Turnhallen werden dann die verbleibende Nutzungsdauer und Nutzungs- » Begegnungsstätten möglichkeiten des Objektes bestimmt. » Schwimmbäder
20 | 21 Projekt- oder Immobilienentwicklung Immobilienstrategie so in die Lage versetzt, flexibel auf die Fördermöglichkeiten zu Gesetzliche Vorgaben, steigende Geburtenraten und andere Ein- reagieren. Unabhängig von der Immobilienentwicklung sind flüsse machen Änderungen an Bestandsimmobilien notwendig immer Projektkosten zu ermitteln. oder zwingen zu Neubauten. Da Neubauten immer große Inves- titionen sind, sollte über die vorhandene Bestandserfassung zu- Leistungsphase „0“ als vorgezogene Findungsphase nächst geprüft werden, ob und wie die Bestandsimmobilien an des Bauherrn den Bedarf angepasst werden könnten. Die Gemeinde kann nun Die Kosten sollten so konkretisiert werden, dass die „unvorher- bei der Veröffentlichung von spezifischen Förderprogrammen den sehbaren“ Kostensteigerungen schon zu Projektbeginn erfasst aktuellen Bedarf prüfen und reagieren. werden. Es sollte eine sog. Leistungsphase „0“ eingefügt werden, bevor ein Planer sich mit dem Objekt näher beschäftigt. Die Leis- Option der Immobilienstrategie tungsphase „0“ ist eine vorgezogene Findungsphase des Bau- Kommunale Immobilien werden meistens nur auf den eigent- herrn mit einer ggf. technisch-beratenden Unterstützung. Auf lichen Nutzungsgrund hin ausgerichtet und erstellt. Dagegen Grundlage der Bedarfsermittlungen und der Förderleistungen ist es sinnvoll, etwa bei Schulen, Kindergärten, Begegnungsstät- können in dieser Phase wichtige Aspekte berücksichtigt werden: ten, Turnhallen und ausgegliederten Verwaltungseinheiten, die » Bedarfsermittlung mit den Beteiligten ggf. neu zu errichtenden Objekte bereits in der Planungsphase » Prüfen der behördlichen Auflagen so auszurichten, dass eine Anpassung an eine andere Nutzung » Kampfmitteluntersuchungen relativ einfach möglich ist. Außerdem könnten vorhandene Im- » Entwicklung von vorläufigen Raumprogrammen mobilien so umgebaut werden, dass sie auch zukünftig genutzt » Berechnung von Kosten für einen Prognosezeitraum werden können. » realistische Terminplanung » Projektvorbereitung Zwänge der Fördermittelbindung In einer Gemeinde in NRW wurde unter Inanspruchnahme von Berechnung von Kosten für einen Prognosezeitraum Fördermitteln vor 20 Jahren ein großer Schulneubau aufgelegt, Die Kommunal Agentur NRW kann auf der Grundlage von Be- der durch gesunkene Schülerzahlen heute in der Form nicht mehr darfsermittlungen, Raumprogrammen, Skizzen etc. ausreichend gebraucht wird. Da die Ausrichtung als Schule erfolgte, sind mög- genau die Kosten schätzen für die verschiedenen zeitlichen Ebe- lichen Umnutzungen sehr enge Grenzen gesetzt und naturge- nen, die den Projektbeginn, den Stand der Entwurfsplanung, den mäß ist das Objekt weiter zu unterhalten. Stand der Bauvergabe und den Stand der Abrechnung abbilden. Dafür werden die Projektkosten für den Zeitpunkt der Vergabe Kosten der Bauleistungen ermittelt, die näherungsweise die tatsächli- Anstatt die häufig zu schnell und zu grob ermittelten Kosten chen Kosten des Vorhabensträgers zeigen. Auf dieser Basis kann anzusetzen, um so die Fristen der Förderprogramme einzuhalten, der Vorhabensträger einen Zuwendungsantrag stellen, um die können auf Basis der strategischen Immobilienbewertung be- evtl. zusätzlichen und unvorhersehbaren Ausgaben möglichst darfsgerechte Kosten dargestellt werden. Die Kommune wird gering zu halten und den Eigenanteil zu reduzieren.
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