KLIMANEUTRAL WOHNEN Klimaschutz im Wärmemarkt: Wie können wir Klimaneutralität im Bereich der Wohngebäude erreichen? - nymoen strategieberatung
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KLIMANEUTRAL WOHNEN Klimaschutz im Wärmemarkt: Wie können wir Klimaneutralität im Bereich der Wohngebäude erreichen?
Klimaneutral Wohnen Klimaschutz im Wärmemarkt: Wie können wir Klimaneutralität im Bereich der Wohngebäude erreichen? Im Auftrag des Zukunft GAS e.V. Eine Studie der nymoen strategieberatung gmbh Joachimsthaler Straße 20 D-10719 Berlin Autoren: Dr. Håvard Nymoen Kathrin Graf, LL.M. Eric Niemann Marcel Kröber Berlin, den 19. Mai 2021
Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS ABBILDUNGSVERZEICHNIS 6 TABELLENVERZEICHNIS 7 1 MANAGEMENT SUMMARY 8 2 EINLEITUNG 10 3 FOKUS DER STUDIE 11 4 REGULATORIK 12 5 METHODIK – EINFÜHRUNG 14 5.1 Ermittlung von Sanierungsfahrplänen und Gesamteinsparungen 14 5.1.1 Energiebilanzierung auf Basis von GEG und technischen Normen 14 5.1.2 Finanzierung im EFH: Vollständige Kapitalflussrechnung 15 5.1.3 Finanzierung im MFH: Leitgröße Warmmietenneutralität 15 5.1.4 Optimierung der individuellen Sanierungsfahrpläne 16 5.2 Modellierung der Fallbeispiele für die Analyse 18 5.2.1 Wohngebäude 18 5.2.2 Beheizungsstruktur 18 5.2.3 Eigentümergruppen 19 5.3 Mögliche Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen 22 5.3.1 Gebäudetechnik 22 5.3.2 Gebäudehülle 23 5.3.3 Gebäudeausstattungsoptionen und Investitionskosten 24 5.3.4 Förderungen 24 5.4 Sonstige Rahmenbedingungen im Referenzszenario 26 6 ERGEBNIS: REALISIERUNG DER KLIMASCHUTZZIELE IM WOHNGEBÄUDEBESTAND 29 6.1 CO2-Einsparungen im Wohngebäudebestand 29 6.2 Simulation des Heizungsmarktes 30 6.3 Entwicklung des Endenergiebedarfs 33 6.4 Investitionen, Einsparungen und Fördervolumina 34 4 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
Inhaltsverzeichnis 7 H2-SENSITIVITÄT 36 8 EXKURS: CO2-SENKEN 39 9 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN 40 9.1 Stärkere Orientierung an der Finanzierbarkeit und an der Bezahlbarkeit 40 9.2 Machbarkeit der Umsetzung sicherstellen 40 9.3 Einsatz klimaneutraler Energieträger forcieren 40 9.4 Neubau im Wohngebäudebereich stärker anreizen 40 9.5 H2-Readyness gewährleisten 40 9.6 Stabile Förderkulisse entscheidend 41 9.7 Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft forcieren 41 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 42 LITERATURVERZEICHNIS 43 nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 5
Abbildungsverzeichnis ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: CO2-Bepreisung für Brenn- und Kraftstoffe nach dem BEHG 12 Abbildung 2: Iterativer Optimierungsalgorithmus 17 Abbildung 3: Einkommensverhältnisse von Eigentümerhaushalten in Deutschland 19 Abbildung 4: Entwicklung Bevölkerungsanzahl und Wohneinheiten in Deutschland 21 Abbildung 5: Zusammenfassung der relevanten Eingangsgrößen für den Optimierungsalgorithmus 21 Abbildung 6: Preisentwicklung der nationalen Emissionszertifikate 27 Abbildung 7: Entwicklung der CO2-Emissionen in Mio. t von 2016 bis 2050 29 Abbildung 8: Entwicklung der CO2-Einsparungen bis 2050 30 Abbildung 9: Anteil der Heizungsarten bezogen auf die Anzahl der Wohneinheiten im Wohngebäudebestand 31 Abbildung 10: Endenergieverbrauch Gase 2020 bis 2050 32 Abbildung 11: Wechsel der Beheizung von 2020 bis 2050 (Basis Wohneinheiten) 32 Abbildung 12: Entwicklung des Endenergieverbrauchs bis 2050 33 Abbildung 13: Anteil der Gebäude mit GEG-konformen U-Werten für die entsprechenden Bauteilflächen 34 Abbildung 14: Investitionen, davon energiebedingte Mehrkosten (MFH) und Einsparungen bis 2050 34 Abbildung 15: H2-Sensitivität – Entwicklung der Energieträgerverbrauchspreise im Betrachtungszeitraum (Brutto-Angabe) 36 Abbildung 16: H2-Sensitivität – Reduktionspfad der CO2-Emissionen [Mio. t] und des Endenergiebedarfs [TWh] im Wohngebäudebestand 36 Abbildung 17: H2-Sensitivität – Endenergieverbrauch Gase 2020 bis 2050 37 Abbildung 18: H2-Sensitivität – Anteil der Heizungsarten bezogen auf die Anzahl der Wohneinheiten im Wohngebäudebestand 37 Abbildung 19: H2-Sensitivität – Investitionen, davon energiebedingte Mehrkosten (MFH) und Einsparungen bis 2050 38 Abbildung 20: Kohlenstoffströme von Biomasse mit und ohne CCS 39 6 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
Tabellenverzeichnis TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Anteil der energiebedingten Mehrkosten der Maßnahmen 16 Tabelle 2: Angenommene zukünftige Beheizungsverteilung in neu gebauten EFH 19 Tabelle 3: Angenommene zukünftige Beheizungsverteilung in neu gebauten MFH 19 Tabelle 4: Wesentliche Kenngrößen der betrachteten Eigentümergruppen 20 Tabelle 5: Wesentliche Kenngrößen der betrachteten Eigentümergruppen 20 Tabelle 6: Anteilige Betriebskosten der Anlagentechnik 23 Tabelle 7: Investitionskosten der Anlagentechnik in brutto-Angaben 23 Tabelle 8: Für die Gebäudehülle grundsätzlich zur Verfügung stehende Maßnahmen 24 Tabelle 9: Investitionskosten der Maßnahmen an der Gebäudehülle (Bruttopreise) 24 Tabelle 10: Investitionskosten benötigter Gebäudeausstattungsoptionen in brutto-Angaben 25 Tabelle 11: Förderquoten für verschiedene Einzelsanierungsmaßnahmen 25 Tabelle 12: Zusammensetzung der verwendeten Gas- und Wasserstoffmixes 26 Tabelle 13: Leistungspreise leitungsgebundener Energieträger nach Wohneinheiten in brutto-Angaben 26 Tabelle 14: Arbeitspreise der betrachteten Energieträger in brutto für das Ausgangsjahr 2020 (Ausnahme H2 – 2025) und 2050 inklusive CO2-Zertfikatskosten 27 Tabelle 15: Entwicklungspfad bestimmter CO2-Emissionsfaktoren 28 Tabelle 16: Konstante CO2-Emissionsfaktoren 28 nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 7
1 Management Summary 1 MANAGEMENT SUMMARY Die Herausforderung für den Wärmemarkt ist enorm: Die maßgeblichen Ausgangsbedingungen und Annahmen Zum Erreichen der Klimaziele muss der Gebäudesektor der Studie sind wie folgt: bis spätestens 2050 komplett treibhausgasneutral sein. Der Pfad dorthin wird durch ein Zwischenziel für 2030 > Die Studie verwendet andere Bilanzierungsgrenzen als konkretisiert. So sieht der Klimaschutzplan 2050 vor, die Bundesregierung, indem sie die Emissionen der dass im Gebäudebereich bis 2030 die Emissionen auf Energieträger Strom und Fernwärme erfasst und dem 70 – 72 Mio. t CO2 reduziert werden sollen. Das bedeu- Sektor Gebäude/Wärme zuordnet tet eine Einsparung von 137 Mio. t (-67 % im Vergleich zu 1990).1 Diese Zielvorgaben aufnehmend hat sich die > Die Studie berücksichtigt Maßnahmen an der Gebäu- vorliegende Studie damit beschäftigt, wie ein konkreter dehülle, den Einsatz von Heizungs- und Lüftungstech- Weg aussehen kann, um das Ziel eines klimaneutralen nologien sowie den Einsatz unterschiedlicher fossiler Gebäudebestands zu erreichen. Dabei wurde der Fokus und Erneuerbarer Energieträger, um das Ziel eines kli- neben der technischen Machbarkeit vor allem auf die Fi- maneutralen Gebäudebestands zu realisieren nanzierbarkeit durch den Einzelnen gelegt. Denn neben der Individualität der Gebäude und der Heterogenität > Im Rahmen der Abbildung Erneuerbarer Energieträger der Eigentümer sollte die Belastungsfähigkeit der Eigen- wird ein steigender regenerativer Anteil (Biomethan und tümer und Mieter bei der Erarbeitung einer Strategie Wasserstoff) beim Gas angenommen der bis 2050 dazu zur energetischen Sanierung des Gebäudebestandes Be- führt, dass der Energieträger Gas nahezu klimaneutral ist rücksichtigung finden. > Ab 2030 besteht im Rahmen der Optimierung die Mög- Die der Studie zu Grunde liegende Optimierungsrech- lichkeit 100% Wasserstoff einzusetzen. Wasserstoff ist nung baut auf einer Nachbildung des Wohngebäudebe- insofern ein zusätzlicher Energieträger, der im Wärme- standes auf. Hierzu wurden unterschiedliche Fallbeispie- markt nutzbar ist le für ausgewählte Gebäudetypen gebildet. Maßgebend für die Fallbeispiele sind neben dem Gebäudealter, dem > Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eigentümer be- Modernisierungszustand und der Beheizungssituation stimmt sich durch das zur Verfügung stehende Haus- vor allem die finanzielle Leistungsfähigkeit des Eigen- haltseinkommen bzw. im Mehrfamilienhausbereich In- tümers. Über einen Bottom-Up-Ansatz wurde unter der standhaltungs- und Modernisierungsrücklagen Annahme begrenzter Finanzierungsmittel aber einer konstanten Förderkulisse im Rahmen einer Optimie- Die wesentlichen Ergebnisse der Studie stellen sich wie rungsrechnung die optimale Maßnahmenkombination folgt dar: (Sanierungsfahrplan) zur Realisierung der höchstmög- lichen CO2-Einsparung für jedes einzelne Fallbeispiel > Eine Realisierung des Ziels der Klimaneutralität im ermittelt. Dabei ist das Basisjahr für die Studie und da- Wohngebäudebereich bis zum Jahr 2050 ist technisch mit das Alter der Heizungsanlagen und den Gebäude- möglich und durch die Eigentümer/ Nutzer – unter zustand das Jahr 2020. Die Vielzahl der Sanierungsfahr- Zugrundelegung des aktuellen Förderkanons – auch pläne wird zusammengeführt und zeigt im Endergebnis finanzierbar. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der die realisierbaren CO2-Einsparungen bis 2050, die unter Einsatz klimaneutraler Energieträger sowie der Ein- der Annahme eines ökologisch und effizient handeln- satz von Energieträgern mit sehr geringer CO2-Inten- den Eigentümers finanziert werden können. sität. Neben einer klimaneutralen Erzeugungsstruk- tur von Strom und Fernwärme betrifft dies vor allem 1 Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimaschutzgesetz die Zusammensetzung des Gasmixes aus CO2-armen sieht der durch das Bundeskabinett verabschiedete Entwurf des Klimaschutzge- setzes bereits eine Anhebung des CO2-Einsparziels auf 65% im Jahr 2030 und die und -neutralen Gasen sowie die Option der Verwen- Realisierung der Klimaneutralität im Jahr 2045 vor. Da zum Zeitpunkt der Erstellung dung von Wasserstoff. Nur durch einen ausgewogenen der Studie entsprechende Entwicklungen noch nicht absehbar waren, geht die Studie von bisher geltenden Zielvorgaben aus. Maßnahmenmix aus Sanierung und dem Einsatz kli- 8 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
1 Management Summary maneutraler Energieträger ist das Ziel der Klimaneut- elektrische Systeme wie Luftheizungen (Zusatzheizun- ralität auch finanziell realisierbar. gen im Rahmen der Lüftungsanlagen) eine stärkere Rolle spielen werden, um die dann nur noch sehr ge- > Eine weitere Voraussetzung für die Zielerreichung ist, ringen Wärmebedarfe sicherzustellen. Ein Einsatz effi- dass für die Eigentümer eine reale Auswahlmöglichkeit zienter strombasierter Technologien findet im Bestand hinsichtlich der Maßnahmen existiert und die Eigentü- nur in Ausnahmefällen statt, da eine entsprechende Sa- mer so den individuell für sie optimierten Sanierungs- nierung der Gebäudehülle (Gebäudeeffizienz) Voraus- bzw. Maßnahmenumsetzungsplan verfolgen können. setzung für den Einbau ist. Dadurch sind diese jedoch für die Mehrheit der Eigentümer nicht finanzierbar > Die CO2-Emissionen sinken unter diesen Annahmen bzw. im Vergleich der verschiedenen Maßnahmen zu- im Betrachtungszeitraum von 2020 bis 2050 um 132 einander unattraktiv. Mio. t. Das bedeutet eine Einsparung in Höhe von 97 % im Betrachtungszeitraum. 55% der CO2-Einsparungen > Die Einsparungen an Endenergie betragen im Jahr 2050 bis 2050 entfallen dabei auf die Dekarbonisierung der im Vergleich zum Referenzjahr 2008 32 %. Die Ergeb- eingesetzten Energieträger, weitere knapp 25 % auf den nisse sind insofern mit den Tendenzen der Vorgänger- Ersatzbau, d.h. den Austausch ineffizienter Bestands- studien vergleichbar. Die Reduktionen der Endenergie gebäude durch effizienten Neubau. Einzelmaßnahmen resultieren neben den Einsparungen durch den Ersatz- wie der Heizungswechsel oder die Gebäudehüllensanie- bau vor allem aus dem Wechsel auf effiziente Heizungs- rung sorgen für ein Fünftel der Einsparungen. systeme und Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle, insbesondere an Dächern und Kellerdecken. Insgesamt > Insgesamt spielt Wasserstoff für diese Entwicklun- entsprechen in 2050 ca. 55 % der Gebäude den Anfor- gen eine wesentliche Rolle. Bis 2050 wird Wasserstoff derungen des GEG im Hinblick auf die U-Werte der Erdgas nahezu komplett substituieren und sowohl im einzelnen Gebäudeteile. Gasmix mit Biomethan oder direkt bezogen werden. Dabei werden vielfach effiziente Technologien wie Aus den Ergebnissen der Studie werden folgende Hand- Brennstoffzellen und Gas-Wärmepumpen, aber auch lungsempfehlungen abgeleitet: Brennwertkessel eingesetzt. Zudem findet Wasserstoff in der Fern- und Nahwärme- und zu Teilen auch bei > An der Finanzierbarkeit und an der Bezahlbarkeit der Stromerzeugung Anwendung. Ein deutlich wahr- orientieren nehmbarer Wasserstoffaufwuchs beginnt ab ca. 2030. Im Jahr 2035 werden knapp 60 TWh im Markt gese- > Machbarkeit der Umsetzung sicherstellen hen, die 2045 auf 215 TWh und bis 2050 auf 239 TWh ansteigen. Dies ist ein Anteil von 63,5 % des gesamten > Einsatz klimaneutraler Energieträger forcieren Endenergiebedarfs im Wohngebäudebereich. > Neubau im Wohngebäudebereich stärker anreizen > Strombasierte Technologien finden vor allem im wach- senden Neubauanteil eine wichtige Rolle. Dabei ist die > Stabile Förderkulisse bewahren eingesetzte Technologie und insbesondere der Anteil elektrischer Wärmepumpen maßgeblich von der Effi- > Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft forcieren zienz des Gebäudes abhängig. Im Rahmen der Studie wird davon ausgegangen, dass ab dem Zeitpunkt eines > H2-Readyness der verbauten Heizungssysteme wachsenden Anteils an Niedrigstenergiehäusern 2.0 gewährleisten nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 9
2 Einleitung 2 EINLEITUNG Die europäische Union hat sich im Rahmen des Green mehr Erneuerbare Energien im Wärmemarkt eingesetzt, alle Deal verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Mit für den Wärmemarkt relevanten Energieträger dekarboni- dem europäischen Klimaschutzgesetz wurden die Klima- siert und Effizienzsteigerungen durch Sanierungen der Ge- schutzziele für 2030 auf eine Emissionsminderung in Höhe bäude und Einsatz effizienter Heiztechnik realisiert werden. von 55 % angehoben. Technisch ist diese Zielerreichung wie viele Studien zeigen kein Problem. In der vorliegenden Studie liegt daher der Je nach Festlegung auf europäischer Ebene werden auch Fokus neben der technischen Machbarkeit auf der Finan- die Ziele auf nationaler Ebene noch einmal angepasst zierbarkeit für die Eigentümer und der sozialverträglichen werden müssen. Aktuell hat die Bundesregierung mit Gestaltung für die Mieter. dem Klimaschutzprogramm 2030 sektorspezifische und übergreifende Maßnahmen vorgelegt, die eine Zielerrei- Die Herausforderung für die nächsten Jahrzehnte wird chung 2030 in Höhe von 55 % weniger THG-Emissionen mithin sein, für jeden Eigentümer geeignete, weil finan- gewährleisten. Für den Gebäudesektor legt das Klima- zierbare, Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Gebäu- schutzprogramm eine THG-Minderung in Höhe von ca. debestandes bereitzustellen. Es gilt, für jedes individuelle 66 % gegenüber 1990 fest. Gebäude jeweils an die finanzielle Situation des Eigentü- mers und des Nutzers angepasste individuelle Sanierungs- Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes sind die fahrpläne zu entwickeln. Dabei sollen alle Möglichkeiten Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor seit 1990 bis der Dekarbonisierung des Gebäudebestandes in sinnvol- 2018 bereits um rund 44 Prozent gesunken2. Sie stiegen 2019 len Maßnahmenkombinationen betrachtet werden. Aus- im Vergleich zum Vorjahr allerdings wieder um 5 Mio. t auf drücklich spielen dabei auch die Nutzung der vorhande- 122 Mio. t an, so dass 2019 insgesamt eine Emissionsminde- nen Gasinfrastruktur und der Einsatz von Wasserstoff und rung von 42 % realisiert wurde. Die aktuellen Entwicklun- Biomethan ebenso wie die Dekarbonisierung der Fern- gen zeigen, dass man grundsätzlich auf dem richtigen Weg und Nahwärme eine wichtige Rolle. ist. Die Realisierung von weiteren ca. 22 %-Punkten und da- mit eine Reduktion auf 70 – 72 Mio. t im Jahr 2030 sowie die Die vorliegende Studie leistet hierzu in der Kontinuität der Realisierung eines klimaneutralen Gebäudebestands sind nsb-Wärmemarktstudien der Jahre 2014, 2015 und 2017 allerdings immense Herausforderungen für die Wohnungs- und in der Systematik der individuellen Sanierungsfahr- wirtschaft. Diese Ziele können nur erreicht werden, wenn pläne einen wichtigen Beitrag. Ziel ist es aufzuzeigen, wie die Wärmewende unter Nutzung aller Optionen sozialver- 2 UBA (2020a): Treibhausgasemissionen gingen 2019 um 6,3 Prozent zurück träglich gelingen kann. 10 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
3 Fokus der Studie 3 FOKUS DER STUDIE Unter Zugrundelegung eines Maßnahmen- und technolo- Optimierung werden wie auch in den vorangegangenen gieoffenen Betrachtungsansatzes will die vorliegende Studie Studien sowohl unterschiedlichste Anwendungstechnolo- im Rahmen einer Optimierungsrechnung aufzeigen, welche gien als auch Maßnahmen an der Gebäudehülle sowie der CO2-Einsparungen bis 2050 realisiert werden können. Sie Einsatz Erneuerbarer Energien betrachtet. soll einen Beitrag zur Diskussion um mögliche Zielerrei- chungspfade leisten und dabei nicht nur die technologische Neu in dieser Studie ist das Ziel der Klimaneutralität, wel- Realisierbarkeit, sondern auch die Finanzierbarkeit und ches dem Optimierungsalgorithmus als Zielgröße vorge- Bezahlbarkeit für Gebäudeeigentümer und -nutzer berück- geben wird. Zudem wird anders als in der Vorgängerstudie sichtigen. Zu diesem Zweck werden die Finanzierbarkeit für neben einem Gasmix-produkt die Verwendung von reinem den Eigentümer und die Sozialverträglichkeit für den Nut- Wasserstoff als Option für einen Energieträgerwechsel vor- zer als Voraussetzung für die Umsetzung von Maßnahmen gesehen. Für die Energieträger Fernwärme und Strom, die zur CO2-Einsparung festgelegt. Maßgebliche Zielgröße für ebenfalls fossile Bestandteile haben, wird eine Umstellung den Optimierungsalgorithmus ist insofern die größtmögli- auf erneuerbare Energien sowie klimaneutrale Energieträ- che finanzierbare CO2-Einsparung. ger angenommen, so dass verbleibende Emissionsfaktoren sehr gering sind. Dabei wird in dieser Studie wie in den Vorgängerstudien nach Gebäuden und damit verbundenen Parametern wie Darüber hinaus wurden Anpassungen am Technologie- Gebäudealter und typischer Baukonstruktion sowie nach portfolio vorgenommen sowie der neue regulatorische Eigentümern und deren jeweiligen Finanzierungsmög- Rahmen berücksichtigt3. Entscheidende Anpassungen am lichkeiten differenziert. Um die Sozialverträglichkeit der Modell kamen hier insbesondere aus dem Brennstoffemis- energetischen Modernisierung zu gewährleisten, wird im sionshandelsgesetz (BEHG), dem Gebäudeenergiegesetz Mehrfamilienhausbereich die Warmmietenneutralität als (GEG) und der Richtlinie Bundesförderung effiziente Ge- Maßstab für die Umsetzung von Maßnahmen gewählt. bäude (BEG). Im Einfamilienhausbereich begrenzt die finanzielle Situa- tion der Eigentümer und die Einsparungen aus Effizienz- 3 Im Rahmen der Annahmen zum Neubaustandard ab 2030 wurden weitere Verschärfungen angenommen. Darüber hinaus wurde eine Vorgabe zur Min- maßnahmen das Investitionsvermögen. Im Rahmen der desteffizienz ab 2050 festgelegt (vgl. 5.2.2 und 5.3.2) nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 11
4 Regulatorik 4 REGULATORIK Die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Wär- den Vorgaben ist nach einer Überarbeitung der geltenden memarkt haben weitreichende Änderungen erfahren. Im Regularien ab 2023 möglich. Folgenden werden die Änderungen, die für die Studie re- levant sind, kurz näher beleuchtet. Damit soll insbesonde- Die Bilanzierung der Energieeffizienz der Kraft-Wärme- re aufgezeigt werden, welche Annahmen sich auch für die Kopplung nach Stromgutschriftmethode gilt vorerst weiter, Modellierung seit der Vorgängerstudie im Jahr 2017 ver- jedoch erfolgt eine Überprüfung der Richtlinie und eine ändert haben. mögliche Änderung hin zur Carnot-Methode bis zum Jahr 2025. Einen Wechsel der Berechnungsgrundlage wird es nach Gebäudeenergiegesetz aktuellem Gesetzesstand jedoch frühestens 2030 geben8. Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) trat im November Brennstoffemissionshandelsgesetz 2020 ein Sammelgesetz zur Vereinheitlichung und Verein- fachung der geltenden Normen in Kraft. Abgelöst wurden Das seit 2021 geltende Brennstoffemissionshandelsgesetz dabei das Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die dazu ge- (BEHG) ist die gesetzliche Grundlage für die nationale Be- hörige Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneu- preisung der in den Sektoren Verkehr und Gebäude verur- erbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Als wesent- sachten CO2-Emissionen. In Form eines Zertifikathandels liche Änderung im deutschen Heizungsmarkt ergibt sich werden beim Inverkehrbringen von Kraft- und Heizstoffen daraus das grundsätzliche Verbot für den Neueinbau von entsprechend der spezifischen CO2-Emissionen die Abga- Ölheizungen ab 20264. beleistung vom Inverkehrbringenden erhoben. Im Gebäu- desektor werden somit die Emissionen der Wärmeerzeu- Des Weiteren wurden verschiedene Primärenergiefaktoren gung und der Energie- und Industrieanlagen außerhalb aktualisiert. Bei räumlichem Zusammenhang von Verbrauch des EU-ETS erfasst. Um eine Doppelerfassung nach bei- und Bezug wird der nicht erneuerbarer Anteil flüssiger und den Systemen zu vermeiden ermöglicht die Durchfüh- gasförmiger Biomasse mit einem PEF von 0,3 ausgewiesen. rungsverordnung eine Befreiung der Erwerbspflicht von Aus dem Erdgasnetz bezogenes Biomethan wird bei einer Emissionszertifikaten, wenn die Emissionen bereits durch anschließenden Verwendung in einer Brennwerttechnolo- das europäische Emissionshandelssystem erfasst sind9. gie mit einem PEF von 0,7 bewertet. Sollte stattdessen der Bezug von einer KWK-Anlage erfolgen, wird ein PEF von Mit Wirkungsbeginn des BEHG gilt für den Zertifikats- 0,5 angesetzt5. Wärmenetze, die mit Wärme aus mit Erd- wert zunächst ein Festpreissystem. Bis zum Jahr 2025 sind oder Flüssiggas betriebenen KWK-Anlagen versorgt wer- die Kosten für jede emittierte Tonne CO2 festgelegt, an- den, können einen PEF von 0,6 erhalten. schließend startet das Auktionssystem. Um ein Absinken des Preises durch eine fehlende Regulierung der Zertifi- Für Maßnahmen an der Gebäudehülle von Neubauten und katsanzahl zu verhindern, besteht im Jahr 2026 ein fester bei der Sanierung von Bestandsgebäuden gelten weiterhin Korridor von 55 bis 65 65 EUR/tCO2. die gleichen maximalen U-Werte wie nach der Norm der EnEV 20166. Eine Änderung ergab sich lediglich in der Be- FESTPREISSYSTEM AUKTION zeichnung des Neubaustandards als „Niedrigstenergiege- 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 bäude“, in Anlehnung an die EU-Verordnung7. Der Nied- 25 30 35 45 55 55–65 ? rigstenergiegebäudestandard entspricht den Werten des KfW 55 Gebäudetyps. Eine Verschärfung der dabei gelten- ABB. 1 | CO2-BEPREISUNG FÜR BRENN- UND KRAFTSTOFFE NACH DEM BEHG 4 Vgl. § 72 Abs. 4 GEG: Betriebsverbot für Heizkessel, Ölheizungen 5 Vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GEG: Primärenergiefaktoren; Anlage 4 GEG: Primär- energiefaktoren 6 Vgl. Anlage 1: Technische Ausführung des Referenzgebäudes (Wohngebäude) 8 Vgl. § 22 Abs. 5 GEG: Primärenergiefaktoren 7 Vgl. Richtlinie 2010/31/EU Artikel 9 9 Vgl. § 11 Abs. 1 BeV 2022: Vermeidung von Doppelbelastungen 12 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
4 Regulatorik Richtlinie Bundesförderung effiziente Gebäude Vorgängerprogrammen der BAFA „Heizen mit erneuerba- ren Energien“ und dem Programm „Energieeffizient Bauen Mit dem Jahreswechsel 2019/2020 wurden die Förderpro- und Sanieren“ der KfW Förderbanken. Das neue Programm gramme für Heizen mit erneuerbaren Energien und für ist unterteilt in drei Bereiche: Wohngebäude (BEG WG), Steigerung der Effizienz im Gebäudesektor angepasst, er- Nichtwohngebäude (BEG NWG) und Einzelmaßnahmen weitert und finanziell stark aufgestockt. Durch diese Maß- (BEG EM). Zur Finanzierung gibt es wie bereits bei den nahme zeigte sich ein stärkerer Förderabruf.10 Vorgänger-Förderprogrammen zwei Varianten. Die Zu- schussvariante für Einzelmaßnahmen (BEG EM) ist bereits Mit Inkrafttreten zum Januar 2021 wurde die Bundesförde- seit Januar 2021 gestartet. Die Kreditvariante für Einzel- rung für energieeffiziente Gebäude (BEG) neu aufgesetzt. maßnahmen sowie beide Varianten für Wohngebäude und Die geltenden Regelungen fußen im Wesentlichen auf den Nichtwohngebäude (BEG WG und NWG) werden ab Juli zur Verfügung stehen. Die für die Studie relevanten Förder- sätze der Einzelmaßnahmen an Gebäudehülle und Anlagen- 10 Vgl. Die Klimaschutzwirkung der Programme für energieeffizientes Bauen, Sanieren und erneuerbare Wärme der Bundesregierung (05.06.2020) technik sind im Kapitel 5.3.4 näher erläutert. nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 13
5 Methodik – Einführung 5 METHODIK – EINFÜHRUNG Das zur Neuauflage der Studie verwendete Optimierungs- Gebäude darf im Jahr nach Umsetzung der Modernisie- modell orientiert sich an der vorangegangenen Untersu- rungs- oder Sanierungsmaßnahme nicht höher sein als die chung finanzierbarer CO2-Einsparungen im Rahmen der Warmmiete des unsanierten Gebäudes unter Berücksichti- Studie „Klimaschutz im Wohngebäudebereich“ aus dem gung der Energiepreis- und CO2-Preissteigerungen. Jahr 2017. Erneut wird der gesamte Wohngebäudebestand Deutschlands für das Ausgangsjahr 2019 anhand typischer Die ausgewiesenen Ergebnisse stellen dabei keine Markt- Gebäudeklassifizierungen, Beheizungstechnologien und prognose dar, sondern sind als Ergebnis einer mathema- finanziellen Verhältnissen der Eigentümer betrachtet und tisch optimierten Simulationsrechnung zu verstehen. in Abhängigkeit der finanziellen Möglichkeiten ein Sanie- rungsfahrplan für die festgelegten Fallbeispiele bis 2050 ge- bildet. Im Unterschied zur Vorgängerstudie ist als Ziel für 5.1 ERMITTLUNG VON SANIERUNGSFAHR- den Optimierungsalgorithmus in dieser Studie das Ziel der PLÄNEN UND GESAMTEINSPARUNGEN Klimaneutralität im Jahr 2050 hinterlegt. Kernpunkt des Optimierungsalgorithmus ist die energe- Die für die Rechnung im Modell notwendigen Fallbeispie- tische Gebäudebilanzierung und -optimierung in Abhän- le bilden kurz gesagt unterschiedliche Kombinationen aus gigkeit von den unterschiedlichen finanziellen Gestal- Gebäudeklassifizierung, Heizungstechnologie und Eigen- tungsspielräumen der betrachteten Eigentümer. Unter der tümerverhältnis ab und werden gemäß den realen Häufig- Bedingung der Finanzierbarkeit prüft der Algorithmus keiten auf den Gesamtbestand verteilt. Automatisiert wird verschiedene Kombinationen für die energetische Aufwer- dann für jedes dieser Fallbeispiele ein Sanierungsfahrplan tung eines Gebäudes durch Sanierungsmaßnahmen an der bis zum Ende des Betrachtungszeitraum im Jahr 2050 er- Gebäudehülle, durch Modernisierung der Anlagentechnik stellt. Ziel dabei ist die größtmögliche CO2-Einsparung in sowie durch Einsatz CO2-armer Energieträger. Anschlie- Abhängigkeit der finanziellen Leistungsstärke der Eigentü- ßend wird die optimale zeitliche Reihenfolge der Investi- mer. Die im Zuge dieses Bottum-up-Prozesses errechneten tionen für die durchzuführenden Maßnahmen bestimmt. Sanierungsfahrpläne werden aggregiert, um die Auswir- kungen auf den gesamten Wärmemarkt abzubilden. 5.1.1 Energiebilanzierung auf Basis von GEG und technischen Normen Bei den Ein- (EFH) und Zweifamilienhäusern (ZFH) be- stimmt sich der finanzieller Handlungsrahmen aus der Ka- Die wesentlichen Zielgrößen Endenergiebedarf und CO2- pitalflussrechnung11, in der alle relevanten Kostenpunkte Emissionen werden auf Basis der Anforderungen des GEG und Einsparungseffekte der Sanierung berücksichtigt wer- sowie der DIN V 4108-6 in Kombination mit der DIN V den (Vollkostenansatz für Selbstnutzer). Den Eigentümern 4701-10 berechnet. Beim Neubau und bei der Erneuerung wird unterstellt, dass für die nötigen Sanierungsmaßnah- von Gebäudeteilen werden die nach Anlage 1 bzw. Anlage men Rücklagen gebildet werden. Zusätzlich werden 50 % 7 GEG geltenden Werte der Wärmedurchgangskoeffizien- der durch die Sanierungsmaßnahmen erzielten Einsparun- ten (U-Werte) angewendet und von einer Verwendung der gen für weitere Maßnahmen zurückgelegt. Im Bereich der „140-Prozent-Regel“ abgesehen13. Mehrfamilienhäuser (MFH) bestimmt sich die finanzielle Leistungsfähigkeit vor allem über die Instandhaltungs- Wie in der Vorgängerstudie wird bei der Bestimmung und die Modernisierungsumlage. Um eine Überbelastung der Endenergiebedarf nach gemessenen (Verbrauch) und der Mieter zu verhindern wird in dieser Studie wie auch normgerecht berechneten Energiebedarfen differenziert14. in den Vorgängerstudien das Gebot der Warmmietneut- Dabei werden die Einspareffekte nach dem theoretischen ralität12 berücksichtigt, d.h. die Warmmiete im sanierten Endenergieverbrauch berechnet. Hintergrund dafür ist der 13 Vgl. § 15 (1) GEG verweist auf Anlage 1: Technische Ausführung des Referenzge- 11 Vgl. Kapitel 5.1.2 bäudes (Wohngebäude), § 48 GEG verweist auf Anlage 7: Höchstwerte 12 Vgl. Kapitel 5.1.3 14 nsb (2017), S. 42 f. 14 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
5 Methodik – Einführung finanzielle Vorteil, der aus sich aus der höheren Energieeffi- der Investitionssumme und in Form einer Einmalzahlung zienz einer Modernisierungsmaßnahme ergibt und folglich für den Eigenkapitalanteil. Für die Höhe der Annuität der zu weiteren Einsparungen und weiteren Sanierungen führt. Fremdkapitalkosten ist dabei je nach Eigentümergruppe ein Bei Ansatz der normgerecht berechneten Energieeinsparun- unterschiedlicher Zinssatz festgelegt worden (vgl. Tabelle 4). gen wären die Energie- und damit auch die Kosteneinspa- Der Kapitalaufbau erfolgt über die Sanierungsrücklage und rungen in den meisten Fallbeispielen zu hoch und würden den Anteil der Energiekosteneinsparungen. Somit ergibt sich so die möglichen finanzierbaren Endenergieeinsparungen das Eigenkapital aus der Summe des Kontostands zu Jahres- verfälschen. Um ein realistisches Ergebnis zu erzielen wird beginn und dem beschriebenen Kapitalabfluss. Um die Be- der berechnete Endenergiebedarf mithilfe eines Korrektur- dingung der Finanzierbarkeit im Modell zu verankern, gilt faktors nach Ansatz des IWU verringert15. In der Studie wird für den Kontostand, dass dieser nicht kleiner null sein darf. fortan die korrigierte Größe “theoretischer Verbrauch“ für die weiteren Berechnungen verwendet. Die anfallenden Energiekosten ergeben sich aus dem jewei- ligen End- und Hilfsenergiebedarf und dem eingesetzten 5.1.2 Finanzierung im EFH: Vollständige Energieträger. Bei Strom-Wärme-gekoppelten Heizungsan- Kapitalflussrechnung lagen wird zusätzlich zur anteiligen Stromkosteneinsparung eine Vergütung durch die Netzeinspeisung verrechnet17. Alle Zahlungsströme und das verfügbare Eigenkapital der EFH-Eigentümer werden über eine Kapitalflussrechnung Da im Rahmen der Modellrechnung die Inflation nicht auf Jahresbasis abgebildet beginnend mit dem Jahr 2020 berücksichtigt wird, wird auch das Finanzierungsverhalten und endend mit dem Jahr 2050. der Eigentümer über den Betrachtungszeitraum als be- ständig angenommen. Wie auch in den Vorgängerstudien finanziert jeder Eigen- tümer eines EFH/ZFH die Modernisierungsmaßnahmen 5.1.3 Finanzierung im MFH: Leitgröße über ein „Konto“, welches ausschließlich die Differenz zwi- Warmmietenneutralität schen Investitionsmaßnahme und dem Status quo in Ab- hängigkeit der Energiekostensteigerung betrachtet. Mögli- Wie auch die Vorgängerstudien legt die vorliegende Studie che Einspareffekte einer Maßnahme werden immer erst im ihren Fokus auf die Finanzierbarkeit einer energetischen Sa- Folgejahr der Investition abgebildet. Zur Kapitalbildung nierung und nicht auf deren Wirtschaftlichkeit. Im Bereich dienen die folgenden drei Bestandteile: der Mehrfamilienhäuser wird dabei nicht nur die Finanzier- barkeit durch den Eigentümer betrachtet, sondern zudem > Einmalbetrag im ersten Jahr (Sparguthaben) der Mieter und seine Belastungsfähigkeit. Dies geschieht durch eine Begrenzung der umlegbaren Kosten, so dass eine > Jährliche Sanierungsrücklage, die angespart wird oder, Warmmietenneutralität gewährleistet ist. Warmmietenneu- falls nötig, für Investitionen, Zins und Tilgung zur Ver- tralität im Sinne dieser Studie bedeutet, dass die Warmmiete fügung steht in sanierten Gebäuden nicht stärker ansteigt als die Warm- miete des unsanierten Gebäudes unter Berücksichtigung > Differenz der Energie- und Betriebskosten16 (50 % der der Energiepreissteigerung. Maßstab für die Refinanzierung realisierten Einsparungen werden ebenfalls zurückge- sind insofern die im Jahr der Investition erreichten Energie- legt und stehen für Neuinvestitionen zur Verfügung) und Betriebskosteneinsparungen (Differenz zwischen Brut- to-Warmmiete ohne Sanierung und mit Sanierung im ersten Ein Kapitalabfluss findet durch die vom Optimierungsal- Jahr18). Die Autoren sind sich bewusst, dass dieses Vorgehen gorithmus ausgewählten Investitionen statt. Er äußert sich nicht der geltenden Rechtslage entspricht. Der Ansatz soll als regelmäßige Annuität für den fremdfinanzierten Anteil 17 Bei Einsatz einer KWK-Anlage können bis zu 40 % des benötigten Strombedarfs durch die KWK-Anlage gedeckt werden, zusätzlich produzierter Strom wird in 15 IWU (2011), S. 49 ff. das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist. 16 Unter „Betriebskosten“ werden Kosten für den Betrieb, Wartung und Instand- 18 Unter „Betriebskosten“ werden Kosten für den Betrieb, Wartung und Instand- haltung zusammengefasst. Als „Energiekosten“ werden die Kosten für die haltung zusammengefasst. Als „Energiekosten“ werden die Kosten für die eingesetzten Energieträger bezeichnet. eingesetzten Energieträger bezeichnet. nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 15
5 Methodik – Einführung eine Abschätzung ermöglichen, inwieweit die Zielerrei- 5.1.3.1 Ermittlung der energiebedingten Mehrkosten chung der Klimaneutralität auch unter der Bedingung der Sozialverträglichkeit und einer Auflösung des Mieter-Ver- Die Unterscheidung in instandhaltungs- und energiebe- mieter-Dilemmas möglich ist. dingte Mehrkosten erfolgt bauteilunabhängig und ist nicht in jedem Fall möglich. Beispielhaft ist hierbei die Installati- Die Refinanzierung der Investitionskosten erfolgt über ein on neuer Fenster zu nennen, da diese oft nicht „baugleich“ Konto, welches Kapitalzuflüsse über zwei Wege erfährt. ersetzt werden können und aktuelle Standardfenster auto- Neben einem Einmalbetrag im ersten Jahr (Sparguthaben) matisch auch zu einer energetischen Verbesserung führen. wird zum einen eine Instandhaltungsrücklage als prozen- In der Studie wird die Problematik durch den Ansatz der tualer Anteil der Miete angenommen, zum anderen erfolgt Kostenstudie des BMVBS vereinfacht19. Der Anteil der eine Finanzierung über die Modernisierungsumlage gem. § energiebedingten Mehrkosten für Anlagentechnik und 559 BGB. Zur Abbildung der Finanzierung werden die In- Dämmmaßnahmen ist der Tabelle 1 zu entnehmen. vestitionskosten aufgeteilt nach Kosten, die auch bei einer reinen Instandsetzung des entsprechenden Bauteils anfallen 5.1.4 Optimierung der individuellen würden (Ohnehin- oder Sowieso-Kosten) und solchen, die Sanierungsfahrpläne zu einer energetischen Verbesserung führen (energiebe- dingte Mehrkosten). Dies ist insofern notwendig, als dass Ziel des Optimierungsansatzes ist die maximale Einspa- nur die energiebedingten Mehrkosten über die Modernisie- rung von CO2-Emissionen im Jahr 2050 gegenüber dem rungsumlage auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Startjahr 2020 mit dem übergeordneten Ziel der Kli- maneutralität 2050. Grundannahme dafür ist das kosten- Um Investitionen in Sanierungsmaßnahmen anzureizen, effiziente und klimaschutzbewusste Handeln der Eigentü- wird im Modell angenommen, dass der Vermieter für sei- mer bei der Maßnahmendurchführung. Nebenbedingung nen eingesetzten EK-Anteil eine Verzinsung erhält. Dieser barwertierte Aufschlag muss aus den Einsparungen inner- 19 Vgl. BMVBS (2012), S. 29, 70. halb von zwanzig Jahren refinanziert werden. ANTEIL DER ENERGIEBE- MAßNAHMEN Der Kapitalabfluss wird wie auch bei den Eigentümern in DINGTEN MEHRKOSTEN EFH/ZFH über eine Annuität für den fremdfinanzierten Dämmung Steildach 20 % Anteil der Investitionssumme und in Form einer Einmal- Dämmung Steildach zahlung für den jeweiligen Eigenkapitalanteil abgebildet. 10 % (Gebäude ab 1995) Dämmung oberste Gleichermaßen gilt auch, dass der Kontostand über den 100 % Geschossdecke Betrachtungszeitraum nicht kleiner null sein darf. Dämmung Fassade 6 cm 30 % Dämmung Fassade 14 cm 40 % Die Energiekosten berechnen sich auf Basis des End- und Dämmung Fassade 24 cm 50 % Hilfsenergiebedarfes der Anlagen. Die resultierenden Erlöse bei stromerzeugenden Heizungen aus Einspeisung, KWKG- Dämmung Keller 100 % Erlösen sowie ggf. Mieterstrommodellen oder Ähnlichem Fenster 2-fach WSV 0% werden im MFH-Bereich jedoch nicht für die Refinanzie- Fenster 3-fach WSV 15 % rung verwendet. Bei der Belastung der Mieter mit Energie- Lüftungsanlage 100 % und Betriebskosten von KWK-Anlagen wird nur der auf die Solarthermieanlage Wärmeerzeugung entfallende Anteil angesetzt. (zur Unterstützung der 100 % Warmwasserbereitung) Die inflationsbereinigte Sichtweise führt im Bereich der Ei- in Abhängigkeit der Anlagentechnik Bestandsheizung gentümer von MFH dazu, dass keine regelmäßigen Steige- rungen bestehender oder zukünftiger Kosten wie der Netto- TAB. 1 | ANTEIL DER ENERGIEBEDINGTEN MEHRKOSTEN DER Kaltmiete oder der Betriebskosten berücksichtigt werden. MAßNAHMEN 16 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
5 Methodik – Einführung Abbruch Abbruch Ja falls 100 % erreicht falls Korridor < 0,1 % 100 % 100 % 100 % 100 % Ja 87,5 % Ja Ja Einsparziel Ja 87,5 % Nein Nein 75 % Nein 81,3 % Nein 50 % Nein Schleife 1 Schleife 2 Schleife 3 Schleife 4 Schleife n Ergebnis Iteration 1. Ziel >= 80 % 1. Zielkorridor 1. Zielkorridor 1. Zielkorridor 1. Zielkorridor Auswahl der finanzier- 2. Auswahl Maßn. 2. Auswahl Maßn. 2. Auswahl Maßn. 2. Auswahl Maßn. 2. Auswahl Maßn. baren Maßnahmen- 3. Finanzierbarkeit 3. Finanzierbarkeit 3. Finanzierbarkeit 3. Finanzierbarkeit 3. Finanzierbarkeit kombinationen mit der 4. Zielerreichung 4. Zielerreichung 4. Zielerreichung 4. Zielerreichung 4. Zielerreichung höchsten Einsparung ABB. 2 | ITERATIVER OPTIMIERUNGSALGORITHMUS ist die Sicherstellung der Instandhaltung, welche sich bei Der Optimierungsalgorithmus bedient sich der gleichen den Heizungsanlagen an den entsprechenden Sanierungs- Annahmen, Restriktionen und Nebenbedingungen, die zyklen orientiert. bereits in der Vorstudie angewendet wurden. Dies sind u.a. Über einen iterativen Prozess nähert sich der Optimie- > Deckung des Wärmebedarfs zu jedem Zeitpunkt, d. rungsalgorithmus über die Auswahl von verschiedenen h. notwendige Reinvestition in Heizungsanlagen zum Maßnahmenkombinationen und deren jeweiliger Prüfung Ende der Nutzungsdauer20 auf Finanzierbarkeit dem für die jeweilige Eigentümer- gruppe höchsten, gerade noch finanzierbaren prozentua- > Keine Investition in Maßnahmen an der Gebäudehülle len Einsparungsniveau an (vgl. Abbildung 2). Der iterative in den letzten zehn Jahren vor Abriss bei Gebäuden, die Prozess stellt über die wiederholte Anpassung des Prü- bis 2050 abgerissen werden fungsziels sicher, dass die Maßnahmenkombination ausge- wählt wird, die der jeweiligen Eigentümergruppe das Ma- > Einhaltung der Höchstwerte der Wärmedurchgangsko- ximum an erreichbaren, prozentualen Einsparungen im effizienten gemäß GEG21 bei einer Sanierung Jahr 2050 ermöglicht. Sollte das vorgegebene Gesamtziel von verschiedenen Maßnahmenkombinationen erreicht Aufgrund der beschriebenen Budgetrestriktionen ist es werden können oder unterscheiden sich mehrere finan- denkbar, dass in Einzelfällen keine Heizung in bestimmten zierbare Maßnahmenkombinationen nur unwesentlich, Gebäuden finanzierbar ist. Für diesen Fall wurden Finan- so wird jeweils die wirtschaftlichste dieser Maßnahmen- zierungshürden folgendermaßen abgesenkt, um zumin- kombinationen ausgewählt. Entscheidend hierfür ist der dest die Investition in eine neue Heizungsanlage zu ermög- Kontostand im Jahr 2050. lichen (Sicherstellung des Wärmebedarfs): Neben der Gesamtinvestitionshöhe der Maßnahmen- 1. Nicht-Durchführung einer verpflichtenden Dachsanierung kombination ist auch der Zeitpunkt der Investition für die Finanzierbarkeit entscheidend. Durch eine möglichst 2. Erhöhung des FK-Anteils für die Investition in die Hei- frühzeitige Investitionstätigkeit im Betrachtungszeitraum zungsanlage können Energie- und Betriebskosteneinsparungen gene- riert werden, die der Finanzierung späterer Maßnahmen dienen. Insofern optimiert der Algorithmus zur Realisie- rung des Hauptziels die Investitionszeitpunkte, um die Fi- 20 Der Ersatz von Heizungsanlagen, deren Nutzungsdauer in den letzten drei Jahren vor dem Ende des Betrachtungszeitraum endet, wird nicht mehr in der nanzierbarkeit einer Maßnahmenkombination zu prüfen Finanzierbarkeitsrechnung berücksichtigt 21 Anlage 7, GEG: Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten von Außenbau- und den finalen Sanierungsfahrplan zu erstellen. teilen bei Änderung an bestehenden Gebäuden. nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 17
5 Methodik – Einführung 3. Verzögerung der Reinvestition um bis zu fünf Jahre des gesamten Gebäudebestands unter Berücksichtigung von (Annahme, dass die defekte Heizung noch einen gewis- Abriss/Neubau vorgenommen (vgl. 5.2.4.) sen Zeitraum repariert werden kann) Im Zuge der Plausibilisierung des Endenergiebedarfs Sollte die Finanzierbarkeit der Heizungsanlage immer noch wurden weitere Anpassungen am Gebäudemodell vor- nicht möglich sein, wird ein Zuschuss des fehlenden Betrags genommen. So wurde Baualtersklassen-übergreifend durch Freunde/Familie/zukünftige zusätzliche Förderung angenommen, dass ein Anteil der Wohngebäude bereits angenommen. Die für diese Notfallsituationen erforderli- Teilmodernisierungen erfahren hat und ein verbesserter chen zusätzlichen Mittel werden im Rahmen der Auswer- Effizienzstandard vorliegt25. Basierend auf den mittleren tung der Ergebnisse gesondert ausgewiesen (vgl. Kapitel 6.4) Nutzungsdauern der Maßnahmen wird unterstellt, dass in diesen Gebäuden frühestens wieder ab 2030 bzw. 40 Jahre nach dem Baujahr des Gebäudes erneut Maßnahmen an 5.2 MODELLIERUNG DER FALLBEISPIELE der Gebäudehülle durchgeführt werden. Zudem wird der FÜR DIE ANALYSE Leerstand im Hinblick auf die Anzahl der Wohngebäude/ Wohneinheiten berücksichtigt. Bei der Berechnung betrachtet das Modell Wohngebäude verschiedener Baualtersklassen, die basierend auf statisti- 5.2.2 Beheizungsstruktur schen Daten unterschiedlich beheizt werden und die für die Simulation mit vier unterschiedlichen Eigentümer- Die Beheizungsstruktur im Ausgangszustand wird in gruppen kombiniert werden. Im Folgenden werden die Abhängigkeit vom Gebäudealter und üblichen Reinvesti- Annahmen und Parameter für die Modellgebäude zur tionszyklen für die Erneuerung angegeben. Öl- und gas- Ableitung des Wohnungsbestand für das Ausgangsjahr basierte Heiztechnologien sind in allen Bestandsgebäuden 2019 sowie zur Abbildung der Gebäudenutzer dargestellt. verfügbar, im Bereich der Mehrfamiliengebäude wird diese Darüber hinaus wird die Entwicklung des Wohngebäude- Stetigkeit noch um Fernwärme ergänzt. Elektrische Nacht- bestands bis 2050 beschrieben. speicherheizungen sind in bei EFH und MFH bis zu einem Baujahr von 1978 modelliert. In den neusten Gebäudety- 5.2.1 Wohngebäude pen (ab 1995) ist auch der Einsatz von Wärmepumpen, Pelletheizungen und Nah- bzw. Fernwärme in allen Kate- Für den Ist-Zustand wird, wie in der Vorgängerstudie, der gorien möglich. In den ältesten Einfamilienhäusern wird gesamte Wohngebäudebestand entsprechend der IWU zudem teilweise noch auf Holzöfen zugegriffen. Typologie modelliert. Dementsprechend wurde eine Kate- gorisierung nach Einfamilienhaus-, Reihenhaus-, Mehrfa- Die Fallzahlen der einzelnen Beheizungsarten in den be- milienhaus- und großen Mehrfamilienhausklassen in den treffenden Gebäuden werden auf Basis von Daten des sta- Baualtersklassen A bis J getroffen22. Eine weitere Unter- tistischen Bundesamtes zur Beheizung und zum Gebäu- teilung erfolgt in der Nutzungsweise des Gebäudes nach dealter abgeleitet26. Für jeden Gebäudetyp werden somit Selbstnutzer und Vermieter. Hierzu wird angenommen, dass unterschiedlich viele verschiedene Fallbeispiele auf Basis der Gesamtbestand an EFH/ZFH vollständig als selbstge- der jeweils verwendeten Heizungsanlage modelliert. nutzt betrachtet wird, der Gesamtbestand an MFH als voll- ständig vermietet23. Zur Bestimmung der Anzahl der Wohn- Alle Neubauten werden im Modell für Ein- und Mehrfa- gebäude und -einheiten wurden die Daten des statistischen milienhäuser bis 2030 nach dem Standard des Niedrigst Bundesamts genutzt24. Zudem wurde eine Fortschreibung 22 IWU (2013), S. 2 25 Es handelt sich um die konventionelle Modernisierung gemäß IWU-Gebäudety- 23 Diese Vereinfachung in der Nutzung der jeweiligen Wohneinheiten wird als pologie, vgl. IWU (2011). vernachlässigbar für das Gesamtmodell angenommen, da die angenommene 26 Vgl. Statistisches Bundesamt (2020), Bautätigkeiten Fertiggestellte Bauvorha- Nutzung jeweils der Nutzung des weitaus größten Teils der jeweiligen Gebäu- ben im Hochbau; Zur Begrenzung der zu rechnenden Fallbeispiele wurde auf deklasse entspricht und die Unterschiede in den Gesamteinsparungen auch in die separate Modellierung von Beheizungsarten mit Anteilen von knapp 5 % den beiden vorigen Studien in ähnlicher Größenordnung lagen. und weniger verzichtet. Von dieser Abgrenzung sind insbesondere Kohle- und 24 Vgl. Statistisches Bundesamt (2020), Bevölkerungsfortschreibung des Zenus, Holzöfen, teilweise auch Fernwärme (insb. in EFH/ZFH) sowie Nachtstromspei- Entwicklung Private Haushalte, 14. koordinierte Bevölkerungsvorausrechn cherheizungen betroffen 18 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
5 Methodik – Einführung energiehaus27 abgebildet. Ab 2031 BEHEIZUNGSART NIEDRIGSTENERGIEHAUS NIEDRIGSTENERGIEHAUS EFH-NEUBAUTEN (BIS EINSCHL. 2030) 2.0 (AB 2031) werden die Vorgaben noch einmal verschärft (im folgenden Niedrig Gas-BW-Kessel 10 % – stenergiehaus 2.0)28. Neben dem Brennstoffzelle 10 % 10 % spezifischen Jahres-Primärenergie- Elektrische bedarf werden für die Modellierung 50 % – Wärmepumpe folgende Vorgaben in der Behei- Hybrid 10 % – zungstechnologie festgelegt: (Gas-BW und EWP) Pelletkessel 10 % – Insbesondere im Bereich der Ein- Nahwärme (gasbasiert) 10 % – und Zweifamilienhäuser zeigt der Elektrische Luftheizung – 90 % Markt eine Tendenz zur Realisierung sogenannter teilautarker Energiever- TAB. 2 | ANGENOMMENE ZUKÜNFTIGE BEHEIZUNGSVERTEILUNG IN NEU GEBAUTEN EFH sorgungskonzepte. Diese Konzepte zeichnen sich durch die Integrati- on von Photovoltaikanlagen und BEHEIZUNGSART NIEDRIGSTENERGIEHAUS NIEDRIGSTENERGIEHAUS die intelligente Kopplung dieser mit MFH-NEUBAUTEN (BIS EINSCHL. 2030) 2.0(AB 2031) Heizsystemen wie elektrischen Wär- Gas-BW-Kessel 20 % – mepumpen oder mit der Elektromo- Elektrische Wärmepumpe 40 % – bilität aus. Da der Fokus dieser Studie auf der künftigen Wärmeversorgung Fernwärme 25 % – liegen soll, wurden die hier erwähn- Nahwärme (gasbasiert) 10 % – ten Ansätze im Rahmen der Model- Nahwärme (Holz) 5% – lierung nicht eingebunden. Elektrische Luftheizung – 100 % 5.2.3 Eigentümergruppen TAB. 3 | ANGENOMMENE ZUKÜNFTIGE BEHEIZUNGSVERTEILUNG IN NEU GEBAUTEN MFH Wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt erfolgt die Unterteilung der Eigentümer nach selbstnutzenden Wohneigentümer nach Nettohaushaltseinkommen Eigentümern und Vermietern. Bei 30% niedrig mittel hoch den Selbstnutzern erfolgt eine weitere 25% Unterteilung differenziert nach Ein- 20% kommensstufen. Basierend auf statis- tischen Daten zum Nettohaushalts- 15% einkommen wurden 3 verschiedene 10% Eigentümergruppen determiniert 5% (vgl. Abbildung 3). 0% < 900 900 bis 1.500 bis 2.000 bis 3.200 bis 4.500 bis > 6.000 In Anlehnung an Daten der Bundes- 1.500 2.000 3.200 4.500 6.000 bank29 wurden für die drei Eigentü- Einkommen* niedrig mittel hoch Durchschnitt 1.400€ 3.200€ 4.800€ relative Häufigkeit 24% 50% 26% 27 Vgl. § 15 (1) GEG verweist auf Anlage 1: Technische Ausführung des Referenzgebäudes Eigene Darstellung. Quelle: Statistisches Bundesamt (2019); (Wohngebäude) https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Tabellen/ 28 Annahme Heizwärmebedarf: 15 kWh/m² haushaltsstruktur-deutschland-nutzung-wohneinheit.html 29 Bundesbank (2013), S. 44, 50; Die Gruppe Sonsti- ge Einkommensstruktur wurde zu gleichen Teilen (je 1 %) auf die drei Einkommensbereiche verteilt ABB. 3 | EINKOMMENSVERHÄLTNISSE VON EIGENTÜMERHAUSHALTEN IN DEUTSCHLAND nymoen|strategieberatung – con|energy gruppe 19
5 Methodik – Einführung mergruppen unter den Selbstnutzern weitere Annahmen desamtes für Baufertigstellungen aktualisiert und auf das getroffen. Zum einen wurde ein anfängliches Sparvermö- Ende 2019 fortgeschrieben30. gen, das zum Anfang des Betrachtungszeitraums als Ka- pital zur Verfügung steht, festgelegt. Zum anderen wurde Für die Entwicklung des Wohnungsbestandes bis 2050 eine regelmäßige jährliche Sparrücklage, die für Investiti- wurde basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes onen (bzw. Zins und Tilgung) in Sanierung und Kessel- die Annahme getroffen, dass der Wohnungsbestand bis tausch genutzt werden kann (vergleichbar mit einer In- 2050 in etwa konstant bleibt31. Dies wird begründet mit standhaltungsrücklage), determiniert. Für die Selbstnutzer einer zurückgehenden Bevölkerung bei gleichzeitig leicht wurden die nachfolgend gelisteten Finanzierungsbedin- steigenden Anzahlen der Haushalte (siehe Abbildung 4). gungen genutzt: Zusätzlich zu den Annahmen der Entwicklung der Woh- Im Bereich der Mehrfamilienhäuser gestalten sich die nungseinheiten berücksichtigt die Studie die Wohnungsfer- Finanzierungsrahmenbedingungen hinsichtlich eigener tigstellungen der letzten fünf Jahre, um den Neubau bis 2050 Rücklagen, Verzinsung und Kreditrahmen wie folgt: abzubilden. Diese ergeben für den Zeitraum von 2015 bis 2019 einen Neubau von jährlich rund 280.000 Wohneinhei- 5.2.4 Mengengerüste der Fallbeispiele ten (+ 0,66 %)32. Die Steigerung der Wohneinheiten durch den sich aus der Fortschreibung ergebenden Neubau wird Zur Erstellung des finalen Mengengerüsts werden die durch einen entsprechenden Abriss/Leerstand33 von energe- festgelegten Eigentümergruppen den verschiedenen Ge- tisch schlechteren Gebäuden mit einem Nutzungsalter von bäuden mit der jeweiligen Bestandsheizungsanlage zuge- 60 bis 125 Jahren korrigiert. Hierzu wurden nach Baujahr ordnet. Dazu wurde die Anzahl der Gebäude und Wohn- differenzierte Abrissanteile unterstellt, so dass sich bspw. einheiten in jeder IWU-Gebäudeklasse gemäß IWU bei den Gebäuden der 1950er und 1960er Jahre höhere pro- (Basis ist der Zensus 2011) ermittelt. Die IWU-Daten zentuale Abrissquoten ergeben als bei den – zudem häufig wurden darüber hinaus mit Daten des statistischen Bun- denkmalgeschützten – Gebäuden der Vorkriegszeit. GERINGEM MITTLEREM HOHEM Über verschiedene Schlüssel erfolgt EIGENTÜMER MIT … EINKOMMEN EINKOMMEN EINKOMMEN die weitere Verteilung der Gebäude- Verfügbares, vorhandenes € 3.500 5.000 10.000 häufigkeiten auf die verschiedenen Eigenkapital Eigentümergruppen, Modernisie- Sanierungsrücklage €/a 300 600 1.200 rungszustände sowie Heizungsarten Kreditfinanzierungsquote im Bestand. Die Schlüsselung erfolgt – 33 % 33 % 33 % für Investitionen mithilfe von Daten des Statistischen Kreditzins – 3% 2% 2% Bundesamts zu Beheizungsart und Energieart34. Da die Aufteilung auf TAB. 4 | WESENTLICHE KENNGRÖSSEN DER BETRACHTETEN EIGENTÜMERGRUPPEN 30 Vgl. Statistisches Bundesamt (2019), Bauge- EIGENTÜMER MFH nehmigungen und Baufertigstellungen von Wohn- und Nichtwohngebäuden im Zeitraum Vorhandenes Kapital €/WE 2.000 1961 – 2019 31 Der modellierte Wohngebäudebestand Instandhaltungsrücklage in % der Netto-Kaltmiete % 13 % entwickelt sich von etwa 18,4 Mio. bewohnten Wohngebäuden im Jahr 2020 hin zu knapp 19,3 Mio. Gebäuden im Jahr 2050. Barwertierter Aufschlag für EK-Verzinsung – 33 % 32 Baugenehmigungen und Baufertigstellungen bis 2019 (2009 – 2019 Tab 4.4 und 4.5) der energiebedingten Mehrkosten % 55 % 33 Unter Abriss wird im Rahmen dieser Studie auch der Leerstand von Wohneinheiten durch Nicht- Kreditfinanzierungsquote für Investitionen % 66 % vermiet- bzw. -verkaufbarkeit verstanden. Somit ergeben sich ggü. den offiziellen Statistiken Kreditzins % 2,0 % höhere Zahlen an abgerissenen bzw. nicht mehr beheizten/genutzten Gebäuden. 34 Vgl. Statistisches Bundesamt (2019), Baugeneh- Annahmen nsb, abgeleitet aus GdW (2012) und BID (2016) migungen und Baufertigstellungen von Wohn- und Nichtwohngebäuden nach Art der Beheizung TAB. 5 | WESENTLICHE KENNGRÖSSEN DER BETRACHTETEN EIGENTÜMERGRUPPEN und Art der verwendeten Heizenergie bis 2019 20 Klimaschutz im Wohngebäudebereich
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