MARKTSTUDIE ZUR ENTWICKLUNG DER KRANKENKASSEN 2015 - Der Krankenkassenlandschaft im Hinblick auf Versorgungsnotwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
MARKTSTUDIE ZUR ENTWICKLUNG DER KRANKENKASSEN 2015 Der Krankenkassenlandschaft im Hinblick auf Versorgungsnotwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch vor dem Hintergrund der Flüchtlingssituation
AUSGANGSSITUATION UND ERGEBNISSE Schätzungen zufolge verdoppelt sich der Zusatzbeitrag bis müssen, da sie in den letzten Jahren Ansehen in der Bevöl- Der Gesetzgeber fordert die Sicherung der Versorgung in der sätze bietet. Hier bietet sich gerade im Bereich der Notfall- 2018 auf insgesamt 1,8 %. Ursächlich hierfür sind neben der kerung verloren hat bspw. durch die Einführung der Basis- Fläche auf hohem Niveau und eine Verstärkung der integ- und Krankenhausversorgung die Chance, angesichts der demografischen Entwicklung insbesondere die Reformen Tarife und der daraus resultierenden teilweise unklaren rativen Ansätze. Ausprägungen von Health Maintenance demografischen Entwicklung auch künftig eine hochwertige der großen Koalition, die zu erheblichen Ausgabensteige- Kostenübernahmeregelungen (Privatpatient ist nicht gleich Organization (HMO), wie in den USA oder der Schweiz, sind Gesundheitsversorgung in der Fläche sichern zu können. rungen führen. Prognosen von Wirtschaftsinstituten und Privatpatient) sowie vor allem aufgrund der Prämienstei- in ihrer jetzigen Form jedoch nur bedingt für das deutsche Die notwendige Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge Experten gehen davon aus, dass die verschiedenen Reformen gerungen in den vergangenen Jahren. Eine Abschaffung des Gesundheitssystem geeignet, da sie die Probleme der kosten- führt nicht automatisch zu weiteren Belastungen der Mehrkosten von bis zu 40 Mrd. Euro bis zum Jahr 2020 mit PKV-Systems hin zu einer Bürgerversicherung, wird jedoch intensiven Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum in Krankenkassen, da die Migranten meist jung und somit in sich bringen werden. Die Mehrbelastungen in Milliardenhöhe von den befragten Experten kurz- bis mittelfristig nicht Deutschland nicht lösen. Eine engere Abstimmung zwischen der Regel gesund sind. Die Krankheiten, die sie sich bei der müssen durch die Versicherten alleine getragen werden. erwartet, auch wenn einige Parteien dies aktuell fordern. den verschiedenen Beteiligten im Gesundheitswesen ist Flucht zugezogen haben, sind in der Regel behandelt, bevor Die dadurch steigenden Zusatzbeiträge führen zu einem Kurz- bis mittelfristig sind keine Einschnitte im gesetzlich allerdings in jedem Fall anzustreben, um die große Hetero- sie in das deutsche Gesundheitssystem kommen. Die Effekte verschärften Wettbewerb der Krankenkassen um Versi- vorgegebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken- genität in der Versorgungslandschaft in eine zukunftsfähige der Flüchtlingskrise werden sich insbesondere im Jahr 2017 cherte. Neben den Leistungs- und Qualitätsaspekten wird versicherung zu erwarten; in den nächsten 10 bis 20 Jahren Struktur zu transformieren. auswirken, wenn rund eine Million Flüchtlinge die Warte- auch der Preis ein wesentliches Kriterium im Wettbewerb um werden diese aufgrund der demografischen Entwicklung Die fortschreitende Digitalisierung bietet u.a. die große zeit von 15 Monaten überschritten haben dürften und in die die Versicherten sein. durchgeführt werden müssen. Die Differenzierung bei den Chance, die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum gesetzliche Krankenversicherung integriert werden. Auch die privaten Krankenversicherungen sind von dem Satzungsleistungen wird zwischen den Krankenkassen sicherzustellen. Zu den Telematikanwendungen mit großem weiter steigenden Ausgabenniveau massiv betroffen. Jedoch hinsichtlich Höhe, Service und Qualität in den nächsten Potenzial gehört die Telemedizin, da sie trotz räumlicher wird die PKV-Branche grundlegende Entscheidungen treffen Jahren deutlich zunehmen. Distanz zur ärztlichen Versorgung, Diagnose und Therapiean-
4 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 5 INHALT Ziele der Marktstudie 2015 6 Wettbewerbssituation in der Gesetzlichen Krankenversicherung 10 Entwicklung des Zusatzbeitrags 13 Wechselaktivitäten der Versicherten innerhalb des GKV-Systems 17 Wechselaktivitäten der Versicherten zwischen den Versicherungssystemen 19 Kosten- und Prämienentwicklung bei den Privaten Krankenversicherungen 21 Finanzreserven und Leistungsausgabenentwicklung in der GKV 24 Entwicklung Arzneimittelmarkt 26 Entwicklung Krankenhausbereich 28 Verwaltungskosten 31 Entwicklung von neuen Versorgungsmodellen 32 Digitalisierung als Chance für die Krankenkassen? 37 Versorgung der Flüchtlinge 41 Chancen und Risiken der Marktentwicklung - Zusammenfassung 43
6 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 7 ZIELE DER MARKTSTUDIE 2015 Die unabhängige BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für die Kassen notwendigen Zusatzbeiträge sind nur noch von Von 2005 bis 2014 haben sich die gesamten Gesundheits- Bis 2040 wird die Bevölkerung in Deutschland kontinuierlich hat eine Marktanalyse zur Entwicklung der GKV-Branche den Mitgliedern zu leisten und werden als einkommensab- ausgaben um ca. 36 % erhöht (von 240,4 Mrd. Euro auf 328,0 auf 76,0 Mio. Personen und bis 2050 auf 71,9 Mio. Personen durchgeführt. Für die Marktanalyse sind Branchen-Insider hängige Beiträge über den Arbeitgeber im Rahmen der Lohn- Mrd. Euro). Die höchsten Anstiege pro Jahr sind dabei auf die absinken. Der Anteil der Menschen über 67 Jahre steigt von im Rahmen einer semistrukturierten Erhebung (Telefon- und Gehaltsabrechnung abgeführt. In der Vorgängerstudie soziale Pflegeversicherung (4,2 % p.a.) und die gesetzliche 15,1 % in 2013 auf 21,5 % in 2040 an. Gleichzeitig sinkt der interview mit einer Dauer von ca. 15 bis 20 Min.) befragt 2014 erwarteten die befragten Experten mit der Einführung Krankenversicherung (4,1 % p.a.) entfallen. In 2013 und 2014 Anteil der unter 20-jährigen von 14,7 % in 2013 auf 12,6 % worden. Neben Krankenkassenvertretern sind auch Vertreter der einkommensabhängigen Zusatzbeiträge grundsätzlich sind die Ausgaben jeweils um mehr als 4 % im Vergleich zum in 2040. Der Anteil der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), Vertreter der geringere Wechselaktivitäten bei den Versicherten im Gegen- Vorjahr gestiegen. (zwischen 20 und 67 Jahren) sinkt von 51,0 Mio. in 2013 auf PKVen, Experten aus Gesundheitspolitik, der Sozial- und satz zu pauschalen Zusatzbeiträgen. In 2015 hat BDO die Der Trend der steigenden Gesundheitsausgaben wird sich 41,9 Mio. in 2040. Durch die aktuelle Flüchtlingssituation in Wirtschaftswissenschaft sowie Dienstleistungsunternehmen Wechselaktivitäten untersucht sowie die Expertenschätzung auch in den nächsten Jahren weiter fortsetzen. Experten Deutschland wird sich die demografische Struktur ändern, für die GKVen befragt worden, um eine Einschätzung durch für die zukünftigen Entwicklungen wiederholt abgefragt. erwarten bis zum Jahr 2040 einen Anstieg von jährlich 1,4 % die Auswirkungen sind jedoch noch nicht absehbar oder ein breites Spektrum von Branchenexperten zu erhalten. Den veränderten Mechanismen auf der Einnahmeseite stehen bis 2,8 % der realen Gesundheitsausgaben pro Versichertem Bevölkerungsvorausberechnungen zu entnehmen. Die befragten Teilnehmer der Marktstudie repräsentieren die seit Jahren steigenden Gesundheits- und Leistungsaus- (inflationsbereinigt). Hintergrund ist zum einen der demo- Global betrachtet bestimmen aktuell und wohl auch rund 25 % der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversiche- gaben gegenüber. Insgesamt wurden im Jahr 2014 rund 328 grafische Wandel in der Bevölkerung, zum anderen das zukünftig die folgenden Trends die Gesundheitsbranche rungen. Mrd. Euro für Gesundheitsausgaben ausgegeben. Voranschreiten des medizinisch-technischen Fortschritts. insgesamt: Das Jahr 2015 hat für die gesetzlichen Krankenversicherungen Der größte Anteil mit knapp 59 % entfällt dabei auf die zu großen Veränderungen bei den Einnahmen geführt. Seit gesetzlichen Krankenkassen. Gefolgt von den privaten Haus- DIE WACHSENDE MARKTMACHT DER PATIENTEN: DIE ZUNEHMENDE VERNETZUNG UND dem 01.01.2015 gilt ein einheitlicher Beitragssatz von 14,6 %, halten/privaten Organisationen mit einem Anteil von ca. DATENTRANSPARENZ: Über das Internet werden mehr Gesundheitsdaten frei wobei der Arbeitsgeberbeitrag auf 7,3 % festgefroren ist. Die 13,2 %. zugänglich und gleichzeitig werden Patienten stärker in Behandlungsergebnisse werden transparenter und poli- die Finanzierung der Leistung eingebunden (Gebühren tisch wird bspw. auch in Deutschland durch die große für Medikamente, Zuzahlungen, Zusatzversicherungen). Koalition die Entwicklung von Qualitätsindikatoren Abbildung 1: Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern 2014 vorangetrieben. Die Krankenkassen sind mit digitalen Neuerungen konfrontiert und müssen Datensicherheit INTEGRIERTE BEHANDLUNGSANSÄTZE: 4,5 % fortwährend garantieren. 14,8 Mrd. € öffentliche Haushalte International weist die Gesundheitspolitik vermehrt gesetzliche Krankenversicherung Konzepte auf, die die Effizienz im Gesundheitswesen 4,3 % soziale Pflegeversicherung über integrierte Versorgungsmodelle verbessern GROSSE HETEROGENITÄT IN DER VERSORGUNG 13,9 Mrd. € 13,2 % gesetzliche Rentenversicherung sollen. Regionale Gesundheitszentren sollen bspw. in UND REGIONALE UNTERSCHIEDE: 43,2 Mrd. € gesetzliche Unfallversicherung Deutschland die Behandlungswege optimieren und die Selbst in leistungsstarken Gesundheitssystemen wie private Krankenversicherung Versorgung in ländlichen Regionen sichern. Die Kran- in Deutschland hängt eine angemessene medizinische inkl. privater Pflegeversicherung kenkassen sind zunehmend Verhandlungspartner und Versorgung oft vom Wohnort ab. Mit dem Strukturfonds 8,9 % Arbeitgeber Strukturförderer. hat der Gesetzgeber in 2015 ein Instrument geschaffen, 29,3 Mrd. € private Haushalte/private Org. o.E. der zu einer besseren Verteilung der Gesundheitsange- 1,6 % GERINGE KENNTNISSE ÜBER DIE EFFEKTIVITÄT bote in der Fläche führen soll. 5,2 Mrd. € 58,5 % DER VERSORGUNGSANGEBOTE UND GERINGE 1,3 % 191,8 Mrd. € TRANSPARENZ ÜBER DIE QUALITÄT: 4,4 Mrd. € SCHLEICHENDE MONISTIK ZUR Über Evaluationsinitiativen der Krankenkassen und 7,8 % Auswahlverfahren bei der Vergabe von Projektförde- KRANKENHAUSFINANZIERUNG: 25,5 Mrd. € rungen (Innovationsfonds) werden Empirie und Evalua- Bedingt durch die zunehmend schwierige wirtschaft- tion vorangetrieben, um die Effektivität und Qualität von liche Lage der Krankenhäuser und den bestehenden Versorgungsangeboten zunehmend besser bewerten zu Investitionsstau steigen die Krankenkassen (indirekt) in Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015, Gesundheit – Ausgaben 2000 bis 2014 können. die Investitionsfinanzierung mit ein.
8 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 9 Der wirtschaftliche und öffentliche Druck auf die gesetzli- Nachfolgend werden die Ergebnisse sowie Hintergründe chen Krankenkassen wird sich erhöhen, da Finanzierungs- der strategischen und operativen Sichtweise der Markstudie Abbildung 2: Perspektivisches Spannungsfeld der Krankenkassen (Darstellung BDO) lücken nach der aktuellen Gesetzgebung ausschließlich von dargestellt: den Mitgliedern über einkommensabhängige Zusatzbeiträge • yy Fortschreibung der Krankenkassenstudie 2014 zu tragen sind. Veränderungen wird es durch die Demografie • yy Wettbewerb der Krankenkassen auch innerhalb der privaten Krankenversicherungen (PKV) yy Entwicklung des Zusatzbeitrages • • sowie der Pflege- und Rentenversicherungen geben. In 2016 yy Wechselaktivitäten der Versicherten mussten die PKVen ihre Prämien durchschnittlich um 4,1 % • • erhöhen. yy Entwicklung der PKV - Wechselaktivitäten zwischen • • den Versicherungssystemen • Die BDO Marktstudie hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwick- lung der GKV-Branche fortlaufend unter dem Aspekt yy Themenschwerpunkt 1: • des steigenden finanziellen Drucks zu eruieren. Über die Entwicklung der Leistungsausgaben und des Zusammenschau anderer Begleitforschungen und Markt- Leistungsangebotes mit dem Fokus auf der Sicherstellung beobachtungen werden die Themenkomplexe sowohl aus der Gesundheitsversorgung sowie DMP und regionalen strategischer als auch aus operativer Sicht beleuchtet. Ein Versorgungskonzepte Themenkomplex bildet die aktuelle Flüchtlingssituation sowie mögliche Auswirkungen auf die Krankenversiche- yy Themenschwerpunkt 2: Digitalisierung als Chance für die Krankenkassen? • rungen. Die befragten Teilnehmer wurden wie im letzten Jahr zu yy Themenschwerpunkt 3: allgemeinen Marktentwicklungen befragt und um eine Entwicklung der Krankenkassenlandschaft vor dem • Einschätzung gebeten, insbesondere zum Wettbewerbs- und Hintergrund der Flüchtlingssituation in Deutschland • • Fusionsverhalten der Krankenkassen, der Entwicklung des yy Ausblick: • Zusatzbeitrages, dem Wechselverhalten der Versicherten (innerhalb des GKV-Systems, Systemwechsel in die PKV), Chancen und Risiken der Marktentwicklung der Entwicklung der Leistungsausgaben in den einzelnen Segmenten sowie der Entwicklung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Als Schwerpunktthema hat BDO im Befragungsdesign zunächst die fortschreitende Digitalisierung mit Perspektiven für die Sicherstellung der Gesundheitsver- sorgung im ländlichen Raum vorgegeben; die Versor- gungs- und organisatorischen Anforderungen durch die Flüchtlingsthematik hat die Interviews allerdings über- lagert, so dass als weiteres Schwerpunktthema Erfah- rungsberichte zu der aktuellen Flüchtlingssituation abgefragt worden sind.
10 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 11 WETTBEWERBSSITUATION IN DER GESETZLICHEN KRANKENVERSICHERUNG Aktuell sind von den ca. 80,7 Mio. Versicherten in Deutsch- die sechs unterschiedlichen Kassenarten mit derzeit 116 Die zehn größten Krankenkassen sind drei Ersatzkassen AOK Plus, AOK Rheinland-Hamburg, AOK Nordwest, AOK land etwa 87 % im gesetzlichen Krankenkassensystem versi- unterschiedlichen Krankenkassen (Stand Januar 2016). Die (Techniker Krankenkasse, Barmer GEK, DAK Gesundheit), Niedersachsen) und die IKK Classic mit jeweils 1,8 bis 6,9 chert. Die rund 54,7 Mio. Mitglieder und 16,2 Mio. beitrags- Mitgliederzahl der GKV hat im Jahr 2015 mit einem Mitglie- sechs AOKen (AOK Bayern, AOK Baden-Württemberg, Mio. Mitgliedern (Stand 01.07.2015). frei mitversicherten Familienangehörigen verteilen sich auf derzuwachs von rund 1,5 Millionen deutlich zugenommen. Abbildung 4: TOP 10 Krankenkassen Abbildung 3: Versicherte 2016 im Überblick (Stand Januar 2016) Techniker-Krankenkasse (TK) 6,9 Mio. VDEK Barmer GEK 6,7 Mio. KBS 26,7 Mio. LKK DAK-Gesundheit 4,9 Mio. IKK AOK Bayern 3,3 Mio. BKK 1,7 Mio. AOK AOK Baden-Württemberg 20,7 Mio. 3,0 Mio. 0,7 Mio. 5,4 Mio. IKK classic 2,6 Mio. 1,4 Mio. 0,5 Mio. 4,1 Mio. 11,7 Mio. AOK Plus 2,3 Mio. 8,8 Mio. AOK Rheinland/Hamburg 2,0 Mio. AOK NordWest 2,0 Mio. 0,3 Mio. 6,0 Mio. 24,7 Mio. 19,2 Mio. 0,2 Mio. AOK Niedersachsen 1,8 Mio. 3,0 Mio. 1,3 Mio. 5,5 Mio. Mitglieder Mitversicherte Versicherte gesamt Zum Stichtag 1. Januar 2016 konnte die Techniker Kranken- Wechselaktivitäten zwischen den Krankenkassen. Besonders kasse mit rund 320.000 neuen Mitgliedern das größte Plus betroffen von Verlusten sind Krankenkassen, die einen verzeichnen. Die AOK Rheinland/Hamburg, AOK Plus, AOK Zusatzbeitrag über dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag Baden-Württemberg sowie die AOK Nordwest hatten einen erheben, wie z. B. die DAK Gesundheit mit rd. 184.000 Zuwachs von über 100.000 Mitgliedern. Versicherten und die IKK classic mit rd. 100.000 Versicherten. Dreizehn Krankenkassen haben jedoch in 2015 einen Kassen mit einem niedrigeren Zusatzbeitrag hingegen konnten Mitgliederverlust zu verzeichnen. Das größte Minus machte deutlich zulegen. So konnte die AOK Plus rund 165.000 die BKK Pfalz mit knapp 16.000 Mitgliedern sowie die neue Versicherte gewinnen, genauso wie einige kleinere Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Krankenkassen (z. B. hkk, Metzinger BKK). Detailliertere (SVLFG) und die Deutsche BKK mit einem Rückgang von Ergebnisse werden in der Stichtagserhebung zum 1. April 2016 je rund 10.000 Mitgliedern. In einer Befragung des WIdO (dfg Ranking nach Mitgliederzahlen) erwartet. gaben die meisten GKV-Mitglieder für ihren Wechsel In der Marktstudie wurden die Experten zum zukünftigen Leistungs- und Versorgungsaspekte und nicht allein den Wettbewerbs- und Fusionsdruck der Krankenkassen befragt, Preis oder Zusatzbeitrag als Grund an. Bis zur Einführung der sich aus den oben genannten Rahmenbedingungen ergibt. des Gesundheitsfonds im Jahr 2009 stellte insbesondere In der letzten Marktstudie ist von allen Teilnehmern der Preis ein wesentliches Kriterium bei einem Wechsel der erwartet worden, dass die Anzahl der Fusionen ansteigen Krankenkasse dar. wird. In den Jahren 2011 bis 2014 waren im Vergleich zu In diesen Zahlen ist noch nicht enthalten, wie viele Mitglieder den Vorjahren wenige Fusionen von Krankenkassen zu seit Jahresbeginn 2016 die Krankenkasse gewechselt haben, beobachten, da konjunkturabhängig viel Geld im System weil ihre Kasse den Zusatzbeitrag erhöht hat. Erste vorhanden war. In 2015 gab es bis Ende des Jahres 2015 acht Auswertungen zeigen für das erste Quartal 2016 größere Krankenkassenfusionen, weitere sind angekündigt.
12 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 13 ENTWICKLUNG DES ZUSATZBEITRAGS FUSIONEN IN 2016 Von 2009 bis 2014 hatten die Krankenkassen die Möglich- Seit dem 1. Januar 2015 können Krankenkassen zusätzlich yy BKK VBU, BKK Demag Krauss-Maffei, BKK Schleswig- keit, individuelle Zusatzbeiträge zu erheben bzw. Prämien zum festgesetzten Beitragssatz von 14,6 % einen prozen- Holstein und BKK Basell zum 01.01.2016 an Versicherte auszuschütten. In den Jahren 2010 bis 2012 tualen Zusatzbeitragssatz von ihren Mitgliedern einfor- erhoben teilweise bis zu 13 Krankenkassen einen Zusatz- dern. Für das Jahr 2015 wurde auf Basis der Empfehlung des yy BKK ProVita und BKK family zum 01.01.2016 beitrag. Dieser lag im Schnitt bei 8 EUR. Seit Ende 2012 hat GKV-Schätzerkreises ein durchschnittlicher Zusatzbeitrags- yy BKK Linde und HEAG BKK zum 01.01.2016 keine Krankenkasse mehr einen Zusatzbeitrag erhoben. satz von 0,9 % prognostiziert. Der tatsächliche durchschnitt- yy DAK-Gesundheit und BKK Beiersdorf AG zum liche Zusatzbeitragssatz lag 2015 bei 0,83 %. In den Jahren 2013 und 2014 haben im Gegensatz dazu 14 01.07.2016 bzw. 20 Krankenkassen eine Prämie im Schnitt von 80 EUR an ihre Mitglieder ausgeschüttet. GEPLANTE FUSIONEN: Abbildung 5: Zusatzbeiträge in 2015 yy Barmer GEK und Deutsche BKK zum 01.01.2017 Zusatzbeitrag AOK BKK IKK KBS LKK VdEK Gesamt in % Es wird von allen Teilnehmern der Marktstudie erwartet, in % - 2015 dass, bedingt durch den zunehmenden wirtschaftlichen nicht erhoben 1 1 0,8 % Druck, die Fusionen weiter ansteigen werden. Die Intensität 0,0% 2 2 1,6 % wird jedoch im Vergleich zu den letzten 10 bis 20 Jahren 0,3% 2 2 4 3,3 % abnehmen. Entscheidend für die Fusionen der Krankenkassen 0,35% 1 1 0,8 % ist die Finanz- bzw. Rücklagesituation der jeweiligen Kasse, 0,4% 5 1 6 4,9 % die in 2015 verschärft worden ist. Die Kassenart spielt als Voraussetzung für eine Fusion nur eine untergeordnete Rolle. 0,5% 5 5 4,1 % Auch kassenartenübergreifende Fusionen werden zukünftig 0,6% 8 2 10 8,1 % zunehmen. 0,7% 2 2 1,6 % Ein weiterer entscheidender Punkt für die Wettbewerbs- 0,7% 16 1 17 13,8 % intensität ist die Entwicklung des Zusatzbeitrages und des 0,8% 1 1 0,8 % Leistungsangebotes sowie die damit verbundenen Wechsel- 0,8% 1 12 1 1 2 17 13,8 % aktivitäten der Versicherten. 0,9% 8 35 3 46 37,4 % 1,1% 2 2 1,6 % Die befragten Experten erwarten mittel- bis lang- 1,2% 6 1 7 5,7 % fristig eine Anzahl von 80 bis 100 Krankenkassen auf 1,3% 1 1 2 1,6 % dem Markt, insbesondere bei den Krankenkassen mit Gesamt 11 98 6 1 1 6 123 100 % geringen Mitgliederzahlen werden in den nächsten Jahren infolge des wirtschaftlichen Drucks verstärkte Fusionstendenzen gesehen. Die Entwicklung hin zu einer „Einheitskasse“ wird von den Experten hingegen eher zurückhaltend und als wenig wahrscheinlich einge- schätzt, da sich hierfür derzeit kein politischer Wille abzeichnet.
14 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 15 In 2016 wird der Zusatzbeitragssatz der Krankenkassen um dem prognostizierten Zusatzbeitrag, erheben in 2016 nun durchschnittlich 0,2 % auf 1,1 % ansteigen (GKV-Schätzer- 25 Krankenkassen (21 %) einen Zusatzbeitrag, der über dem Abbildung 7: Veränderung Zusatzbeitrag 2016 zu 2015 kreis). Lagen bisher nur elf Krankenkassen (9 %) in 2015 über Zusatzbeitrag des GKV-Schätzerkreises liegt. Zusatzbeitrag AOK BKK IKK KBS LKK VdEK Gesamt in % in % - 2016 zu 2015 Abbildung 6: Zusatzbeiträge in 2016 (Stand 04.01.2016) nicht erhoben 1 1 0,8 % Zusatzbeitrag AOK BKK IKK KBS LKK VdEK Gesamt in % 0,00% 4 32 4 40 33,9 % in % - 2016 0,10% 1 1 2 1,7 % nicht erhoben 1 1 0,8 % 0,15% 1 1 0,8 % 0,00% 1 1 0,8 % 0,19% 1 1 0,8 % 0,30% 2 1 3 2,5 % 0,20% 5 28 3 36 30,5 % 0,40% 3 3 2,5 % 0,30% 15 1 1 17 14,4 % 0,50% 4 4 3,4 % 0,35% 1 1 0,8 % 0,59% 1 1 0,8 % 0,40% 4 4 3,4 % 0,60% 3 2 5 4,2 % 0,45% 1 1 0,8 % 0,70% 11 11 9,3 % 0,49% 1 1 0,8 % 0,75% 1 1 0,8 % 0,50% 1 5 1 7 5,9 % 0,80% 1 3 4 3,4 % 0,60% 1 1 1 3 2,5 % 0,90% 1 15 16 13,6 % 0,70% 2 2 1,7 % 0,99% 2 2 1,7 % 0,80% 1 1 0,8 % 1,00% 1 9 1 2 13 11,0 % Gesamt 11 93 6 1 1 6 118 100 % 1,05% 1 1 0,8 % 1,09% 1 1 0,8 % Die AOK PLUS, AOK Sachsen-Anhalt und BKK MEM mit jeweils einem Zusatzbeitrag von 0,30 % sind nur in Sachsen 0,2 % prognostiziert. Bis zum Jahr 2019 wird vom GKV- 1,10% 5 20 1 26 22,0 % (AOK PLUS), Thüringen (AOK PLUS, BKK MEM) und Sachsen- Spitzenverband eine Erhöhung des Zusatzbeitrages auf 1,20% 6 1 1 8 6,8 % bis zu 1,8 % erwartet. Dies würde eine Verdopplung des Anhalt (AOK Sachsen-Anhalt) geöffnet. Dementsprechend 1,30% 6 1 1 8 6,8 % ursprünglichen Zusatzbeitrags aus 2015 von 0,9 % (GKV- sind hier auch nur eingeschränkte Wechselaktivitäten für die 1,35% 1 1 0,8 % Schätzerkreis) bedeuten. Hintergrund der steigenden Versicherten möglich. 1,40% 1 3 1 5 4,2 % Krankenkassenbeiträge sind gemäß Expertenmeinung Insgesamt zeigt sich, dass sich die Bandbreite der Zusatz- 1,50% 1 1 2 1,7 % insbesondere die Reformen der großen Koalition, z. B. beiträge in 2016 im Vergleich zu 2015 deutlich erhöht hat. 1,70% 1 1 0,8 % das Krankenhausstrukturgesetz, das Versorgungsstär- Gab es 2015 nur 14 unterschiedliche Zusatzbeiträge von kungsgesetz, das Hospiz- und Palliativgesetz und das Gesamt 11 93 6 1 1 6 118 100 % 0,0 % bis 1,3 %, hat sich die Spannweite auf insgesamt 21 Präventionsgesetz. Die Mehrbelastungen in Milliarden- unterschiedliche Zusatzbeiträge von 0,0 % bis 1,7 % erhöht. 2015 musste nur eine der TOP 25 Krankenkassen einen auf 1,4 % (AOK Rheinland-Hamburg) bzw. 1,5 % (DAK höhe müssen - nach aktueller Gesetzeslage - durch die Zusatzbeitrag über dem Zusatzbeitrag des GKV-Schätzer- Gesundheit) anheben. Rund 1/3 der Krankenkassen haben in 2016 ihren Beitrags- Versicherten alleine getragen werden. kreises erheben (0,9 %). In 2016 jedoch müssen neun der satz nicht erhöht. Ein weiteres Drittel hat die Beiträge um die Von den 20 Krankenkassen, die den niedrigsten Zusatz- TOP 25 Krankenkassen einen Zusatzbeitrag über dem Zusatz- vom Schätzerkreis erwarteten 0,2 % erhöht. beitrag erheben, ist ein Großteil nicht bundesweit zugänglich Die Entwicklung der Leistungsausgaben war ebenfalls Thema beitrag des GKV-Schätzerkreises von 1,1 % erheben. für Versicherte. Fünf Krankenkassen sind nur betriebsbezogen der Marktstudie und wird detailliert vorgestellt. Steigende Die befragten Experten erwarten, dass der Zusatzbeitrag Den höchsten Zusatzbeitrag mit 1,7 % erhebt die Viactiv wählbar, lediglich vier Krankenkassen sind bundesweit für Gesundheits- und Leistungsausgaben sind neben den in den nächsten Jahren weiter ansteigen und sich auch die Krankenkasse (ehemals BKK vor Ort) für ihre rund 570.000 alle Versicherten geöffnet. Die Metzinger BKK, die als einzige Wechselaktivitäten der Versicherten zwischen den Kranken- Bandbreite der Zusatzbeiträge weiter erhöhen wird. Für Mitglieder (Stand: 01.07.2015). Zwei weitere große Kranken- Krankenkasse auch in 2016 keinen Zusatzbeitrag erhebt, ist kassen und den Gesetzesreformen Gründe für zukünftig 2017 wird eine weitere Steigerung der Zusatzbeiträge um kassen müssen ebenfalls überdurchschnittlich ihre Beiträge nur für Versicherte in Baden-Württemberg geöffnet. steigende Zusatzbeiträge.
16 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 17 WECHSELAKTIVITÄTEN DER VERSICHERTEN INNERHALB DES GKV-SYSTEMS Aktuell sind nach der Erhöhung der Zusatzbeiträge 2016 Die Anzahl der Mitglieder einer Kasse sowie der Gewinn von kasse ein sehr gutes Image, was neben den Prämienzah- auch die Diskussionen über eine Rückkehr zur paritätischen neuen Mitgliedern ist für die Krankenkassen neben den Morbi- lungen auch einer der Gründe für den starken Zuwachs in den Finanzierung wieder neu entfacht. Insbesondere die SPD ditätsmerkmalen der Versicherten ein wichtiges Element vergangenen Jahren war. Hier bleibt aber abzuwarten, welche spricht sich für eine Rückkehr zur einheitlichen Finanzierung für ihre Wirtschaftlichkeit. In der Marktstudie wurden zum Auswirkungen der starke Zuwachs in den vergangenen Jahren von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus. einen die Wechselaktivitäten der Mitglieder innerhalb des auf die zukünftige Kostenentwicklung haben wird. GKV-Systems und zum anderen die Systemwechsler (von Die Versichertenstruktur ist für die Kassen trotz morbidi- Die Experten aus der Marktstudie erwarten, dass mittel- und in die PKV) betrachtet. tätsorientiertem Risikostrukturausgleich immer noch ein fristig der festgelegte Einheitsbeitrag von 14,6 % ange- In den vergangenen Jahren konnten über die Erhebung von entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit. Gemäß hoben wird und ergänzend dazu der Arbeitgeberbeitrag pauschalen Zusatzbeiträgen durch einige Krankenkassen AOK Bundesverband sind gesunde Versicherte immer noch erhöht wird, um die Versicherten zu entlasten. Eine verstärkte Wechselaktivitäten festgestellt werden. Die DAK “gute Risiken“, die Anreize zur Risikoselektion sind jedoch komplette Rückkehr zur paritätischen Finanzierung wird hat bspw. 2012 500.000 Mitglieder wegen eines Zusatz- gesunken und die Verteilung ist fairer geworden. Von einigen sehr kontrovers eingeschätzt. Veränderungen bei den beitrags in Höhe von 8 Euro pro Monat und Versichertem Kassen wird eine rasche Reform des Finanzausgleichs gefor- Beitragssätzen werden jedoch erst nach der nächsten verloren. Im Gegenzug haben Krankenkassen Mitglieder dert, um die Verteilung effizienter und gerechter zu gestalten. Bundestagswahl in 2017 erwartet. hinzugewonnen, die den Versicherten Prämien oder Divi- Hintergrund sind Überzahlungen bzw. Unterdeckungen denden ausgeschüttet haben. von unterschiedlichen Kassen, die wiederum zu besonders Dieser Effekt ist in 2015 aufgrund der einkommensabhän- günstigen bzw. höheren Zusatzbeiträgen führen können. gigen Zusatzbeiträge nicht eingetreten. Diese moderaten Eine vorgeschlagene Änderung ist z. B. die Berücksichtigung Wechselaktivitäten in 2015 sind von den Experten erwartet regionaler Versorgungs- und Vergütungskriterien, um für worden und insbesondere auf zwei Gründe zurückzuführen: mehr Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen und Überzahlungen in Regionen mit besonders günstigen Ausgabenstrukturen zu 1. Vorsichtige Kalkulation des Zusatzbeitrags der vermindern. Krankenkassen in 2015 bzw. Orientierung an der Prognose des Schätzerkreises Die Wechselaktivitäten der Versicherten werden ein Krite- rium für die zukünftige Entwicklung der Zusatzbeiträge sowie 2. Preisaffine Kunden sind bereits in den Vorjahren für die Fusionen bei den einzelnen Krankenkassen sein. gewechselt Eine Studie der IGES prognostiziert für die Wechselaktivi- Bei den Versicherten sind hauptsächlich zwei Gründe neben täten der Versicherten verschiedene Szenarien in Abhängig- dem Wechsel aus “Verärgerung über die eigene Kasse“ keit der Höhe und Bandbreite der Zusatzbeiträge. entscheidend für die Wechselaktivitäten: Preis und Leistung. Leistungsaffine Versicherte können über Leistungen, die über den Regelleistungskatalog hinausgehen (z. B. Bonus- Ab 2016 rechnen die Experten mit deutlich steigenden programme, zusätzliche Vorsorgeleistungen, Vermittlungs- Wechselaktivitäten der Versicherten, da nicht nur die services für Arzt-Termine, 24-h-Service-Hotlines) gehalten Zusatzbeiträge angestiegen, sondern auch die Spann- werden. Preisaffine Versicherte konnten bisher über Prämien- weite der Zusatzbeiträge größer geworden ist. Spielte bzw. Dividendenausschüttungen gebunden bzw. geworben der Zusatzbeitrag bisher eine untergeordnete Rolle werden, zukünftig im geringeren Maße über die Höhe des gegenüber dem Leistungsangebot einer Krankenkasse Zusatzbeitrags. Ein zusätzlicher Aspekt ist, dass Versicherte, seit der Einführung des Gesundheitsfonds in 2009, die in einem Programm der Krankenkasse sind (z. B. DMP) rechnen die Experten damit, dass - auch bedingt durch oder Leistungen der Krankenkassen verstärkt in Anspruch die mediale Begleitung - steigende Wechselaktivitäten nehmen, eher selten ihre Krankenkasse wechseln. Auch das durch die Erhöhung des Zusatzbeitrags in 2016 zu beob- Alter der Versicherten spielt eine Rolle bei den Wechsel- achten sind. Die gestiegenen Zusatzbeiträge führen aktivitäten, jüngere Versicherte haben insgesamt eine zu einem gesteigerten Wettbewerb bei den Kranken- stärkere Wechseltendenz als ältere Versicherte. Auch das kassen. Neben den Leistungs- und Qualitätsaspekten Image einer Krankenkasse wird zunehmend in die Wechsel- wird nun auch der Preis ein Kriterium im Wettbewerb überlegungen einbezogen, bspw. hat die Techniker Kranken- um die Versicherten sein.
18 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 19 WECHSELAKTIVITÄTEN DER VERSICHERTEN ZWISCHEN DEN VERSICHERUNGSSYSTEMEN Nicht nur die Wechselaktivitäten der Versicherten innerhalb 2011 galt, dass das Bruttojahreseinkommen mindestens Abbildung 8: Szenarien für Mitgliederbewegungen (Quelle: iges; eigene Darstellung BDO) des GKV-Systems beeinflussen die Krankenkassen, sondern drei aufeinanderfolgende Jahre oberhalb der Versicherungs- auch die Zu- und Abgänge von Versicherten in das System pflichtgrenze liegen musste, bevor ein Wechsel in die private der Privaten Krankenversicherungen. Im Gegensatz zu den Krankenversicherung möglich wurde. Mit der Gesundheits- gesetzlichen Krankenkassen erfolgt die Beitragsberechnung reform 2011 wurde die Dreijahresfrist abgeschafft und es über individuelle Beiträge auf Basis einer Risikoberech- reicht aus, wenn das Vorjahreseinkommen über der Versiche- nung. Die Beitragsberechnung in der GKV erfolgt über das rungspflichtgrenze liegt. Die Rückkehr in die GKV ist für einen Solidarprinzip mit einer Gleichgewichtung des einzelnen Privatversicherten grundsätzlich jedoch nur möglich, wenn er Versicherten. Im Schnitt wechselten in den vergangenen vier versicherungspflichtig wird (z. B. weil sein Einkommen sinkt) Jahren ca. 0,3 % der Versicherten jedes Jahr von der GKV in oder wenn er als beitragsfreies Familienmitglied gesetzlich eine der 43 PKVen. mitversichert werden kann. Festzustellen ist, dass die Anzahl der Eintritte in die PKV trotz Senkungen der Eintrittshürde leicht zurückgegangen ist. Vor Abbildung 9: Entwicklung der Versicherungspflichtgrenze seit 2005 Tabelle 1: Szenarien für Mitgliederbewegungen (iges) 56,25 T€ Zusatzbeitrag (ZB) Konservatives Szenario Aggressives Szenario 54,90 T€ 1,5 % - 0,3 % über Ø ZB 2-3 % Mitgliederverlust 5 % Mitgliederverlust 53,55 T€ 1,2 % - Ø ZB 1 % Mitgliederverlust 2-3 % Mitgliederverlust 52,20 T€ 0,9 % - 0,3 % unter Ø ZB 1 % Mitgliedergewinn 2 % Mitgliedergewinn 50,85 T€ 49,95 T€ 0,5 % - 0,7 % unter Ø ZB 2 % Mitgliedergewinn 3 % Mitgliedergewinn 49,50 T€ 48,15 T€ 48,60 T€ 0,3 % - 0,9 % unter Ø ZB 5 % Mitgliedergewinn 8 % Mitgliedergewinn 47,70 T€ 47,25 T€ 46,80 T€ Unterstützt wird die Studie von einer aktuellen Befragung einem Einsparbeitrag von 20 EUR pro Monat (240 EUR im des WIdO, in dem die meisten GKV-Mitglieder angaben, ab Jahr) über einen Wechsel nachzudenken. 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 In den vergangenen Jahren war neben einem Rückgang 2014 lag die Anzahl der Versicherten, die in das GKV-System der Wechsel von Versicherten in die PKV eine gesteigerte zurückwechselten höher als die Anzahl der Neueintritte in Rückwechseltendenz in die GKV zu beobachten. Von 2012 bis die PKV.
20 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 21 KOSTEN- UND PRÄMIENENTWICKLUNG BEI DEN PRIVATEN KRANKENVERSICHERUNGEN In den vergangenen Jahren sind die Kosten für ambulante tagegeld) und Zahnleistungen (Zahnersatz, Zahnbehand- Abbildung 10: Wechsel zwischen GKV und PKV in Deutschland (in Tausend) Leistungen (Arztbehandlung, Arzneimittel, Heil- und Hilfs- lung, Kieferorthopädie) in den privaten Krankenversiche- mittel, Heilpraktiker, Sonstige), stationäre Leistungen (inkl. rungen deutlich gestiegen. Wahlleistung Chefarzt und Unterkunft, Ersatz-Krankenhaus- Abgänge zur GKV (in 1000) 361 362 Übertritte zur PKV (in 1000) Tabelle 2: Versicherungsleistungen der PKV 2008 bis 2014 (in Mio. EUR) 338 Versicherungsleistungen PKV nach Anstieg 2008 bis 2014 328 325 325 310 316 2008 2010 2012 2014 298 Leistungsarten (in Mio. EUR) absolut in % 288 271 275 285 Ambulante Leistungen 8.921,1 9.556,7 10.006,3 10.742,0 1.820,9 20 % 247 245 Stationäre Leistungen 5.838,5 6.425,8 6.741,1 7.084,9 1.246,4 21 % 226 234 228 232 217 Zahnleistungen 2.902,1 3.214,4 3.649,7 3.935,9 1.033,8 36 % 186 Krankentagegeld 744,5 840,2 874,3 874,5 130,0 17 % 170 160 163 151 Krankenhaustagegeld 512,4 504,3 495,4 487,2 -25,2 -5 % 130 Pflegezusatzversicherung 24,2 35,4 54,0 83,4 59,2 245 % 152 144 155 149 149 148 154 155 151 147 153 158 162 124 117 144 Sonstige Leistungen 58,3 50,5 77,9 78,1 19,8 34 % 130 130 131 109 112 Besondere Versicherungsformen 550,2 589,4 609,0 624,3 74,1 13 % 98 Gesamt 19.551,3 21.216,7 22.507,7 23.910,3 4.359,0 22 % 70 75 80 85 90 95 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 20 In 2015 sind die Ausgaben weiter angestiegen auf 25,81 Milli- gestiegen sind. Als Vergleich hierzu sind die Ausgaben in der 20 20 19 20 20 20 19 19 20 19 19 20 20 19 20 19 20 19 20 19 20 20 20 arden EUR, insbesondere die Kosten in der Pflege stiegen PKV lediglich um 22 % angewachsen. Im Bereich der GKV dabei überproportional um 8 % an. zeigt sich eine überproportionale Steigerung der Leistungs- In der PKV-Vollversicherung haben verschiedene Effekte Vergleicht man die Entwicklung der Leistungsausgaben der ausgaben im ambulanten Bereich, die auch durch den Wegfall dazu geführt, dass das Neugeschäft in der PKV in den Jahren BDO hat die Experten zum zukünftigen Wechselver- der Praxisgebühr (Ausgabenreduzierung von 2004 bis 2012) PKV mit der Entwicklung der Leistungsausgaben der GKV 2012 bis 2014 rückläufig war: halten in das PKV-System befragt. Sie gehen davon beeinflusst ist. zeigt sich, dass die Leistungsausgaben in der GKV um 28 % aus, dass die Wechseltendenzen von der GKV in das yy Steigende Entwicklung der Versicherungspflichtgrenze PKV-System eher weiterhin rückläufige bzw. stagnie- yy Steigende Anzahl sozialversicherungspflichtig Tabelle 3: Vergleich Entwicklung PKV zu GKV-Leistungsausgaben 2008 bis 2014 (in Mio. EUR) rende Tendenzen zeigen werden, bedingt durch stei- Beschäftigter aufgrund der guten Lage am gende Prämien, Unisextarife und den “schlechten Ruf“ Ambulante Stationäre Leistungsausgaben Arbeitsmarkt (mehr Beschäftigte in einem sozial- der PKVen. Insgesamt ist der Wechsel zwischen den Vergleich Entwicklung PKV Zahnleistungen Leistungen Leistungen gesamt versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis Systemen stark davon beeinflusst, in welcher familiären zu GKV-Leistungsausgaben gegenüber den Vorjahren) Situation sich der jeweilige Versicherte befindet bzw. 2008-2014 (in. Mio. EUR) PKV GKV* PKV GKV PKV GKV PKV GKV yy Abkehr der PKV-Branche von den sogenannten welche Vorerkrankungen oder welchen Morbiditäts- 2008 8.921,1 67.950,0 5.838,5 52.140,0 2.902,1 10.930,0 19.551,3 150.900,0 “Billigtarifen“ status dieser aufweist. Der Trend der Rückwechsel bei 2010 9.556,7 72.420,0 6.425,8 58.130,0 3.214,4 11.420,0 21.216,7 164.960,0 Als Ergebnis dieser Effekte ist die Anzahl der Personen mit vorhandener Möglichkeit in das GKV-System wird nach 2012 10.006,3 73.640,0 6.741,1 61.660,0 3.649,7 11.750,0 22.507,7 173.150,0 einer Krankheitsvollversicherung in der PKV zum Jahresende Einschätzung der Experten bedingt durch die weiterhin 2014 10.742,0 85.050,0 7.084,9 67.860,0 3.935,9 13.030,0 23.910,3 193.630,0 2014 auf 8,83 Millionen Personen gesunken. Auch in 2015 gute Lage am Arbeitsmarkt sowie die steigende Versi- Steigerung 2008-2010 7,1 % 6,6 % 10,1 % 11,5 % 10,8 % 4,5 % 8,5 % 9,3 % ist die Anzahl der Versicherten im vierten Jahr hintereinander cherungspflichtgrenze verstärkt zunehmen. Steigerung 2010-2012 4,7 % 1,7 % 4,9 % 6,1 % 13,5 % 2,9 % 6,1 % 5,0 % gesunken auf rund 8,79 Millionen versicherte Personen. Steigerung 2012-2014 7,4 % 15,5 % 5,1 % 10,1 % 7,8 % 10,9 % 6,2 % 11,8 % Der Beihilfemarkt hingegen ist seit Jahren stabil und wird Steigerung 2008-2014 20,4 % 25,2 % 21,3 % 30,1 % 35,6 % 19,2 % 22,3 % 28,3 % sich in den nächsten Jahren gemäß Expertenmeinung auch so fortsetzen. *Kosten für Ärztliche Behandlung, Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel, Soziale Dienste, Prävention, Selbsthilfe, Früherkennungsmaß- nahmen, Schwangerschaft / Mutterschaft
22 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 23 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 23 Die geringeren Leistungssteigerungen in der PKV gegenüber Im Gegensatz zu den gesetzlichen Krankenkassen sind jedoch der GKV führen jedoch nicht zu geringeren Beitragsstei- in den privaten Krankenversicherungen Leistungskürzungen Die Experten gehen allerdings von Veränderungen bei gerungen, denn auch die PKV-Beiträge steigen seit Jahren ausgeschlossen. den PKVen aus, um die Attraktivität der privaten Kran- überproportional an. Im Durchschnitt sind die Beiträge der kenversicherung zu steigern - beispielsweise durch eine Ein weiterer Grund für die deutlichen Preisanpassungen im stärkere Betonung der Leistungsseite. Auch hier wird Versicherten von 2000 bis 2016 um durchschnittlich 3,7 % vergangenen Jahr stellt die aktuelle Niedrigzinsphase dar. angestiegen. In 2016 haben sich die Beiträge sogar um 4,1 % das Ausgabenniveau insgesamt durch die demografi- Die Alterungsrückstellungen, die von den Versicherten zur sche Entwicklung weiter ansteigen. erhöht. Vermeidung zukünftiger Prämiensteigerungen mit einem Teil Gründe für die Steigerungen der Prämien in den letzten der Beiträge bezahlt werden, werden geringer als aktuariell Fusionen wie bei den GKVen sind jedoch in der PKV- Jahren waren insbesondere: kalkuliert verzinst. Entsprechend müssen die Versicherten Branche nicht zu erwarten, da die Abrechnungs- erhöhte Beiträge zahlen, um auf dem gleichen Niveau verbände getrennt zu führen sind und Tarife nicht ohne yy Steigende Gesundheitskosten durch z. B. neue Rückstellungen zu bilden und steigende Beiträge im Alter weiteres zusammengeführt werden können. OP-Verfahren, moderne Geräte, neue Untersuchungsmethoden und neue Medikamente abfedern zu können. Gemäß Expertenmeinung führt eine Zinssenkung von 0,1 Prozentpunkten zu einer Beitrags- Chancen wie auch Risiken für die PKVen ergeben sich aus der sowie bessere Diagnosen und Therapien erhöhung von 1-1,5 %. Zinsentwicklung für die Altersrückstellungen, die den Kosten- yy Steigende Lebenserwartung anstieg in späteren Jahren bremsen sollen. Der Rechnungszins yy Zunahme von Volkskrankheiten Eine wichtige Rolle für die Stabilität der Versicherung und die für die PKV-Versicherten wurde in den vergangenen Jahren Beitragsanpassungen in der PKV stellt auch der Anteil der Die PKV ist gesetzlich verpflichtet, jährlich die tatsächli- mit 3,5 % kalkuliert. In 2013 mussten die Prämien für die Abschluss- und Verwaltungsaufwendungen gemessen an den chen Ausgaben mit den kalkulierten zu vergleichen. Bei einer Versicherten infolge gestiegener Leistungsausgaben und der Beitragseinnahmen (Verwaltungskostenquote) dar. Fällt die Abweichung um mehr als 10 % müssen die Rechnungsgrund- schwierigen Kapitalmarktsituation aufgrund des anhaltend Verwaltungskostenquote niedrig aus, wird ein hoher Anteil lagen überprüfet werden und bei Bestätigung der Abweichung niedrigen Zinsniveaus deutlich erhöht werden. Im Neukun- der Beiträge angelegt und kommt dem Kunden zugute. In den die Beiträge angepasst werden. Kontrolliert werden die Versi- dengeschäft liegt den Tarifen entsprechend der Empfehlung vergangenen Jahren ist diese Quote im Zuge der gesetzlich cherungsunternehmen von unabhängigen Treuhändern und der Aktuarvereinigung ein Rechnungszins von 2,5 bzw. 2,75 % vorgeschriebenen Provisionsdeckelung deutlich gesunken. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), zugrunde, um die Prämienentwicklung für die Versicherten um die Richtigkeit der Prämienkalkulation sicherzustellen. aufgrund der Zinssituation zu entlasten. Eine Abschaffung des PKV-Systems hin zu einer Bürgerver- Tabelle 4: Entwicklung Abschluss-/Verwaltungsaufwendungen sicherung, wie von einigen Politikern und Branchenexperten PKV - Anteil Verwaltungs- und GKV - Anteil Netto- gefordert, wird jedoch von den befragten Experten kurz- bis Abschlussaufwendungen an Einnahmen verwaltungskosten an mittelfristig nicht erwartet. Eine Abschaffung der Koexis- Abschluss- Verwaltungs- Aufwendungen Einnahmen gesamt tenz von GKV und PKV wird in den nächsten fünf Jahren als aufwendungen aufwendungen gesamt unwahrscheinlich erachtet. Inwieweit sich aus der volatilen 2007 8,1 % 2,7 % 10,8 % 5,3 % Kapitalmarktsituation negative Auswirkungen für private 2008 8,3 % 2,6 % 10,9 % 5,1 % Krankenversicherer ergeben, bleibt abzuwarten. 2009 8,5 % 2,6 % 11,1 % 5,2 % 2010 8,0 % 2,5 % 10,5 % 5,4 % 2011 8,0 % 2,4 % 10,4 % 5,1 % 2012 7,3 % 2,5 % 9,8 % 5,1 % 2013 6,7 % 2,3 % 9,0 % 5,1 % 2014 6,4 % 2,4 % 8,8 % 4,9 %
24 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 25 FINANZRESERVEN UND LEISTUNGSAUSGABENENTWICKLUNG IN DER GKV Die Finanzreserven der gesetzlichen Krankenkassen sind bis Die Rücklagen der Krankenkassen sowie die aktuelle Die Bedingungen für die Krankenkassen werden sich durch Ein weiterer Bereich, der stark von der demografischen Ende 2015 um rund eine Mrd. EUR auf gut 14,5 Mrd. EUR wirtschaftliche Lage einzelner Marktteilnehmer stellen sich den demografischen Wandel in der Bevölkerung in den Entwicklung abhängt, ist der Bereich der Pflege bzw. häusli- abgeschmolzen. 2013 lagen die Reserven noch bei 16,4 Mrd. differenziert dar. Während die DAK ein Minus von rd. 300 Mio. nächsten Jahren (Jahrzehnten) ändern und den Wettbe- chen Krankenpflege. Hier sind sich die Experten einig, dass EUR. Die Ursache liegt bei den schneller als die Einnahmen EUR ausweist und auch die Lage bei vielen Betriebskranken- werbsdruck verschärfen. Auch die Reformen der großen es ebenfalls zu einem überdurchschnittlichen Leistungsaus- steigenden Ausgaben. Hinzu kommen die Reformen der kassen und einigen AOKen herausfordernd ist, zeigt sich bei Koalition, wie z. B. das Krankenhausstrukturgesetz, das Ver- gabenanstieg kommen wird. großen Koalition, die die Kosten zusätzlich treiben. Auch anderen Krankenkassen, wie z. B. der Techniker Krankenkasse, sorgungsstärkungsgesetz, das Hospiz- und Palliativgesetz die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) der Barmer GEK und bei den AOKen in Sachsen/Thüringen und das Präventionsgesetz führen zu Mehrleistungsausgaben Bis 2040 wird von Experten ein Anstieg zwischen 1,4 belastet die Krankenkassen. Im Jahr 2015 musste der sowie in Sachsen-Anhalt, eine stabilere wirtschaftliche Lage. in den nächsten Jahren. % und 2,8 % p.a. der realen Gesundheitsausgaben pro Gesundheitsfonds erstmalig Strafzinsen für die kontofüh- In den Industrieländern steigen die Gesundheitsausgaben Betrachtet man die Leistungsausgaben je Versichertem, Versichertem erwartet (inflationsbereinigt). Durch die renden Banken in Höhe von 1,8 Mio. EUR zahlen. Gemessen stetig und entwickeln sich zu einem der größten Kosten- zeigen sich in den letzten zehn Jahren kontinuierliche Stei- Steigerung der Leistungsausgaben werden weitere regu- an dem Gesamtvolumen des Fonds in Höhe von 200 Mrd. blöcke der öffentlichen Haushalte. Diese Entwicklung wird gerungen um ca. 4,5 % pro Jahr. Die Entwicklung hat sich lierende Eingriffe in den Markt vorhergesehen. Euro ist dieser Betrag zwar als eher gering anzusehen, kann durch den medizinischen Fortschritt beschleunigt und der im vergangenen Jahr gegenüber den Vorjahren jedoch leicht die Krankenkassen jedoch bei Erhöhung des Negativzinses Die Einflüsse der zukünftig weiter steigenden Leistungs- demografische Wandel treibt die Kosten weiter nach oben. abgeflacht. Die Kosten der Krankenhausbehandlung machen durch die EZB weiter belasten. ausgaben auf den gesetzlich vorgegebenen Leistungska- dabei gut 1/3 der gesamten Ausgaben der gesetzlichen talog werden von den Experten differenziert betrachtet. Krankenversicherung aus, danach kommen Ausgaben für Abbildung 11: Leistungsausgaben 2005 bis 2015 in EUR je Versichertem In den nächsten 5 bis 10 Jahren werden vorerst keine Ein- Arzneimittel, Ärztliche Behandlung und sonstige Leistungs- schnitte und Erweiterungen erwartet, in den nächsten 6,6 % CAGR ausgaben. Zu den sonstigen Leistungsausgaben zählen bspw. 5,3 % 5,3 % 2005-2015 10 bis 20 Jahren hingegen wird es Einschnitte aufgrund 4,3 % 4,6 % Krankengeld, Fahrtkosten, Vorsorge- und Rehabilitationsleis- 3,8% der demografischen Entwicklung geben müssen. 3,0 % 3,2 % tungen. 2,5 % 2,5 % 2,5 % Einige Experten erwarten jedoch, dass die Krankenkasse 2.857 3,3 % In der Marktstudie wurden die Experten u.a. befragt, wie sich teilweise ihre individuellen Satzungsleistungen kürzen 2.755 die Leistungsausgaben in den nächsten Jahren entwickeln 2.616 bzw. Programme einstellen werden. Der Unterschied 491 4,7 % und welche Auswirkungen dies auf den gesetzlich reglemen- 2.423 2.484 467 bei den Satzungsleistungen zwischen den Kranken- 2.363 tierten Leistungskatalog der Krankenkassen haben wird. 2.291 463 kassen hinsichtlich Höhe, Service und Qualität wird in 2.149 422 442 193 2,6 % In den Augen der Experten sind insbesondere der medizi- den nächsten Jahren deutlich größer werden. Damit 2.054 395 187 1.970 385 173 nisch-technische Fortschritt und die demografische Entwick- wird auch die Wechselbereitschaft der Versicherten 1.913 355 164 331 152 160 475 493 3,5 % lung der Bevölkerung die entscheidenden Treiber bei den zunehmen. 306 147 431 296 140 Leistungsausgaben. Es wird von den Experten insgesamt ein 134 432 416 419 126 128 429 185 190 1,0 % Anstieg der Leistungsausgaben erwartet, der sich jedoch 385 404 181 350 356 167 169 in den einzelnen Segmenten unterscheidet. Während im 160 164 476 494 3,4 % ärztlichen und Krankenhausbereich sowie Arzneimittelbe- 152 156 450 141 147 397 405 reich überproportionale Anstiege erwartet werden, sehen 377 388 311 322 335 351 die Experten im zahnärztlichen Bereich eher geringe Steige- rungsraten, bedingt durch die regulierenden Eingriffe. Auch die innerhalb des Präventionsgesetzes geforderten Mehrauf- 688 709 717 742 794 833 861 885 919 965 995 3,6 % wendungen, die nicht durch den Morbi-RSA gespeist werden, führen zu gesteigerten Leistungsausgaben bei den Kranken- kassen. 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Krankenhausbehandlung Ärztliche Behandlung Zahnärztliche Behandlung insgesamt Arzneimittel Heil- und Hilfsmittel Sonstige Aufwendungen Vergleich zum Vorjahr
26 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 27 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 27 ENTWICKLUNG ARZNEIMITTELMARKT Für die Ausgabendynamik gibt es im Arzneimittelmarkt durch die AMNOG-Regelungen (frühe Nutzenbewertung) Die Kosten für die neuen Arzneimittel, die in den ersten zwei Faktoren: die gesetzliche Absenkung des Hersteller- sowie Erstattungspreisverhandlungen. zwölf Monaten nach Markteinführung und vor Abschluss abschlags von 16 auf sieben Prozent und eine starke Verteu- Die Ausgabenzuwächse für die Arzneimittel haben sich trotz der frühen Nutzenbewertung für neue Arzneimittel verlangt erung der Therapie mit patentgeschützten Arzneimitteln der hohen Ausgaben für patentgeschützte Medikamente in werden können, führen aus Sicht der Kassen zu den gestei- (Hochpreispolitik). Arzneimittel wie die neuen Hepatitis- 2015 gegenüber dem Vorjahr abgeflacht. Sind die Ausgaben gerten Ausgaben im Arzneimittelbereich. Viele Kranken- C-Präparate, MS-Präparate oder moderne Krebsmittel in 2014 noch um 9,4 % je Versichertem angestiegen (auch kassen fordern daher, die im Zuge der frühen Nutzenbewer- treiben die Ausgabenentwicklung voran. Es gibt allerdings bedingt durch den Rückgang des Herstellerrabatts), sind die tung ausgehandelten Erstattungsbeträge auch rückwirkend auch wirksame Kostenbremsen: Rabatterlöse im Generika- Ausgaben in 2015 nur um 3,9 % angewachsen. für das erste Jahr geltend zu machen. Der GKV-Spitzen- bereich, im Bereich der patentgeschützten Arzneimittel verband fordert z. B. den ausgehandelten Erstattungspreis rückwirkend bis zum Tag des Markteintritts gelten zu lassen. Abbildung 12: Entwicklungen im GKV-Fertigarzneimittelmarkt bis 2014 Die Techniker Krankenkasse plädiert für die freie Preisbildung für die Dauer des sechsmonatigen Nutzenbewertungsver- fahrens und die einmonatige Opt-out-Frist. Der Effekt dieser Umsatz (in Mrd. €) 6,7 % Einsparungen wurde im AMNOG-Report berechnet: Eine Nettokosten (in Mrd. €) 3,6 % 2,4 % Hochrechnung aus Abrechnungsdaten der DAK Gesundheit Verschreibungen (in Mio.) 4,2 % 0,0 % 6,7 % 10,3 % kommt auf ein GKV-weites Einsparpotenzial von 365 bis 380 5,5 % Millionen Euro im Jahr, was einem Drittel Prozentpunkt beim 6,8 % 4,1 % Beitrag entsprechen würde. Für die DAK hätte dies im Jahr 6,2 % 3,4 % 2,7 % 8,3 % 0,9 % 7,3 % -3,3 % 2014 einem Einsparpotenzial von 20 Mio. EUR bzw. 0,5 % 6,6 % 10,4 % -10,0 % 6,1 % der Gesamtausgaben zur Folge. 6,0 % 2,7 % 2,7 % -0,9 % 15,2 % -0,9 % Im Sommer steht voraussichtlich eine AMNOG-Novelle an, 4,7 %-1,7 % 5,2 % 7,0 % -9,5 % bei der die Krankenkassen über eine Verkürzung der Frist von zwölf Monaten diskutieren wollen. 6,3 % -3,5 % Unabhängig von der ggf. anstehenden AMNOG-Novelle wird jedoch von den Experten erwartet, dass auch in -11,3 % -3,1 % den nächsten Jahren die Steigerungen im Arzneimittel- -3,0 % -4,3 %1,5 % 0,1 % -1,6 % bereich überdurchschnittlich sein werden. Insbesondere Kosten- und Mengensteigerungen bei individualisierten 0,9 % 3,0 % 0,0 %-0,2 %1,3 % 1,9 % Medikamenten/Therapien und Krebsmedikamenten 3,7 % 3,5 % 2,4 % -23,9 % -2,9 % werden gemäß Expertenmeinung Preistreiber sein. 4 95 96 97 98 99 10 11 12 13 14 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 9 20 20 20 20 20 20 19 20 19 20 20 19 19 19 20 20 19 20 20 20 20
28 Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen Zukunftsaussichten der Gesetzlichen Krankenkassen 29 ENTWICKLUNG KRANKENHAUSBEREICH Im Krankenhausbereich sind insbesondere steigende Patien- Seitens des statistischen Bundesamtes wird konstatiert: „Für Seit dem 1. Januar 2016 ist das Gesetz zur Reform der yy Sollten Tarifabschlüsse Kosten verursachen, die die tenzahlen und neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten die Krankenhausplanung bedeutet dies, dass Änderungen Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhaus- Obergrenze für Preiszuwächse im Krankenhausbereich für die Ausgabenanstiege verantwortlich. Die Zahl der stati- im künftigen Bedarf an Einrichtungen und medizinischem strukturgesetz – KHSG) in Kraft. Das Gesetz zielt darauf ab, überschreiten, soll der Überschreitungsbetrag hälftig onären Fälle nahm von 2005 bis 2014 von 16,5 auf 19,1 Mio. Personal absehbar sind. Die Auswirkungen werden sich die Qualität der Krankenhausversorgung zu stärken und die durch die Krankenkassen ausgeglichen werden. zu. Die stationäre Gesundheitsversorgung in Deutschland aber vermutlich nicht nur auf den Krankenhausbereich Finanzierungsmöglichkeiten der Krankenhäuser zu verbes- yy Einrichtung von Strukturfonds (hälftig aus Mitteln des wird auch zukünftig mit der Entwicklung steigender Patien- beschränken. Hier sei auch der Bereich der notärztlichen sern. Kernpunkte des Gesetzes sind: Gesundheitsfonds) tenzahlen konfrontiert werden. Durch eine höhere Morbi- Versorgung genannt, der vor allem bei Herz-/Kreislaufer- yy Fixkostendegressionsabschlag: Einführung verän- Bleibende Herausforderung ist die Heterogenität der dität in der Bevölkerung verbunden mit der demografischen krankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall etc. eine wichtige derter Regelungen bei vereinbarten Mehrleistungen Versorgung. So wird die Gesundheitsversorgung im Entwicklung wird der Fallzahlanstieg insgesamt begründet. Rolle spielt“ (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, (diese werden aktuell mit einem Abschlag von ländlichen Raum entscheidend sein, da bedingt durch Aber auch gesetzliche Neuregelungen haben erheblichen 2010). 25 % vergütet, der bei erneuter Vereinbarung der demografiebedingte Rückgänge der Bevölkerung, zuneh- Einfluss auf die Kostenentwicklung im Krankenhausbereich. Leistungen drei Jahre lang besteht), die stärker die mende Fallzahlverluste durch Ambulantisierung, fehlende Krankenhäuser mit Mengensteigerungen und nicht Spezialisierung und dem zunehmendem Fachkräftemangel Abbildung 13: Veränderung der Krankenhausfälle in den Bundesländern 2030 zu 2008 nach Status-Quo-Szenario in % mehr über die Einbezugnahme in die Berechnung die Versorgung nur noch schwierig sicherzustellen ist. des Basisfallwertes auch Krankenhäuser ohne Anbieter in Ballungsräumen sehen sich hingegen insbeson- Baden-Württemberg 13,4 Mengenausweitung in den Folgejahren betreffen. Die dere dem steigenden Konkurrenzdruck sowie einer zuneh- Bayern 14,0 9 Dauer des Fixkostendegressionsabschlags beträgt drei menden ungleichen Verteilung in der ärztlichen Versorgung Berlin 14,1 Jahre. Daneben wird fixiert, für welche Leistungen der ausgesetzt. Kritisch stellt sich die Lage insbesondere in Abschlag nicht oder nur hälftig gilt. ländlichen Regionen dar, wo ungünstige, sich wechselseitig Brandenburg 9,7 21 yy Mengenorientierte Bewertungsrelationen: Berück- verstärkende Faktoren, wie ein bereits vorhandener niedriger Bremen 3,7 sichtigung von Skaleneffekten bei der Mengenaus- ärztlicher Versorgungsgrad, eine ungünstige demografi- Hamburg 13,5 weitung durch Krankenhäuser. sche Entwicklung der Bevölkerung oder ein im Vergleich 26 Hessen 9,7 yy Auf stationäre Krankenhausleistungen von Akut- hoher Altersanteil bei den Ärztinnen und Ärzten, zusammen kliniken sowie psychiatrischen Häusern, soweit kommen. Mecklenburg-Vorpommern 2,3 11 die Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Die rein leistungsabhängige Vergütung kann die Niedersachsen 6,6 getragen werden, finden zur Entlastung der Vorhaltekosten bei der notwendigen Rund-um-die-Uhr- Nordrhein-Westfalen 6,0 Krankenhäuser der Mehrerlösausgleich sowie der Versorgung für das typische “kleine Landkrankenhaus“ nicht Rheinland-Pfalz 7,5 Mehrleistungsabschlag keine Anwendung. decken. Der bisher gültige Anspruch auf eine wohnortnahe 0,3 yy Qualitätsorientierte Vergütung: Mindestmengen bei Versorgung wurde im Koalitionsvertrag 2013 bereits durch Saarland planbaren Leistungen eines definierten Kataloges, bei “gute Erreichbarkeit“ ersetzt und wird in 2015 als zumutbar Sachsen -1,3 denen die Behandlungsqualität von der Menge der tituliert. Entsprechend wird sich die Krankenhauslandschaft Sachsen-Anhalt -7,3 erbrachten Leistungen abhängt. in ländlichen und strukturschwachen Gebieten in den 8,3 yy Zweitmeinung: Geplante Verpflichtung bei Eingriffen, nächsten Jahren grundlegend ändern. Fusionen verbunden Schleswig-Holstein die der Mengensteuerung unterliegen. mit Standortschließungen werden zunehmen. Innovative Thüringen -2,6 Projekte zur Sicherstellung der Versorgung werden gesetz- yy Der Versorgungszuschlag wird ab 2017 durch einen Deutschland 8,0 geberisch gefördert und sind ein Lösungsansatz. Pflegezuschlag ersetzt (500 Mio. EUR p.a.).
Sie können auch lesen