KOMMUNALE ARBEITGEBER IN NIEDERSACHSEN WERFEN VER.DI RECHTSBRUCH VOR
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KW 13/2022 SONDERAUSGABE KOMMUNALE ARBEITGEBER IN NIEDERSACHSEN WERFEN VER.DI RECHTSBRUCH VOR Gewerkschaft prüft rechtliche Schritte gegen KAV-Hauptgeschäftsführer Bosse-Arbogast In den laufenden Tarifverhandlungen für die „Wir haben uns geärgert über den Warnstreik jetzt, Beschäftigten im Sozial- und Erziehungs- weil wir im Moment keine Entgelttarifverhandlungen dienst haben die Arbeitgeber*innen die Lage führen. Wir haben Friedenspflicht, was die Entgelte eskalieren lassen. In zwei Fernseh-Interviews angeht, bis Ende des Jahres 2022. […] Insofern wun- mit dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) be- dern wir uns, wenn die Gewerkschaft jetzt für eine hauptete der Hauptgeschäftsführer des KAV, bestimmte Berufsgruppe […] mehr Geld fordert“, Michael Bosse-Arbogast, am Dienstag, die sagte er in der Sendung „Hallo Niedersachsen“. Gewerkschaft ver.di und die Streikenden wür- Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage und den in den Tarifauseinandersetzungen die wird deshalb von ver.di derzeit juristisch geprüft. Sie Friedenspflicht verletzten. dient offenbar zur Einschüchterung und zur
Kriminalisierung der Beschäftigten und ist deshalb Mittagspausen nachgedacht. Mehr kam bislang ein Vorgehen, das die Gewerkschaft scharf kritisiert. nicht. Wie verzweifelt müssen die Arbeitgeber*innen denn jetzt sein, wenn sie das Geschütz der Verlet- Bosse-Arbogast erweckt als führender Vertreter des zung der Friedenspflicht auffahren müssen“, sagt KAV den Eindruck, ver.di würde unzulässigen Forde- ver.di-Landesleiter Detlef Ahting. rungen erheben. Das trifft nicht zu. Richtig dagegen ist: „Gerne können wir bei Bedarf dem Hauptgeschäfts- führer des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Die Gewerkschaft hat den Tarifvertrag für die Bedin- Nachhilfe im Tarifrecht und den Tarifverträgen des gungen und die Eingruppierungen des Sozial- und Er- öffentlichen Dienstes geben, damit er das auch rich- ziehungsdienstes gekündigt. Dieser Tarifvertrag ist tig versteht und in der Öffentlichkeit nicht einen fal- ein eigenständiger Teil im Bereich des Tarifvertrags- schen Anschein erweckt“, sagt Martin Peter, der zu- werkes für den öffentlichen Dienst in den Kommu- ständige Fachbereichsleiter. nen. Eine weitere Falschbehauptung in dem Interview ist, Diesem Schritt liegt ein Beschluss der Tarifkommis- ver.di würde durch die Verhandlungen das Gehalts- sion zugrunde, den Tarifvertrag zu kündigen, um die gefüge durcheinanderbringen. „Das ist vollkomme- Bedingungen und die Bewertung der Beschäftigten ner Unsinn“, sagt Martin Peter. Deutlich werde das im Sozial- und Erziehungsdienst zu verbessern: beim Vergleich zwischen einer Ingenieurin und einer Eine bessere Bewertung wird erreicht durch eine Ver- Sozialarbeiterin – vom Studium her seien beide gleich besserung der Eingruppierung von Sozialassis- hoch qualifiziert. „Dennoch wird die Sozialarbeiterin tent*innen, Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen nach dem Studium um 290 Euro geringer eingestuft und Beschäftigten in der Behindertenhilfe. als eine Ingenieurin – warum?“, sagt Peter. „Und wenn der Ingenieurin dann noch eine Summe X oben Und selbstverständlich bedeutet eine bessere Ein- drauf gepackt wird, damit sie überhaupt kommt – gruppierung auch mehr Geld, sonst wäre es keine nach einem einseitigen Beschluss der Kommunalen bessere Bewertung – das Wort Aufwertung drückt Arbeitgeber ohne Einigung mit uns – dann ist die das aus. Weder ist das unzulässig, noch wird dabei, Frage erlaubt, wer denn hier ein Gefüge, einseitig wie von Bosse-Arbogast behauptet, die Friedens- wohlgemerkt, durcheinanderbringt“, sagt Landeslei- pflicht verletzt, denn die Kündigungsfrist ist lange ter Ahting. verstrichen, wir befinden uns schon lange nicht mehr in der Friedenspflicht. „Zwei Verhandlungsrunden Eingruppierungen sind immer das Ergebnis von Ver- sind ins Land gegangen, ohne dass die Arbeitgeber- handlungen. seite auch nur ein einziges ernstzunehmendes Ange- Das gilt auch für Erzieher*innen, die wir mit einer bot auf den Tisch gelegt hat. Stattdessen haben sie gleich hoch qualifizierten Kraft auf eine Stufe gestellt zur Entlastung der Beschäftigten lediglich laut über sehen wollen, um nicht Gefahr zu laufen, Äpfel mit Massagen für die Beschäftigten in den Birnen zu vergleichen: Vier fachschulische Jahre
Ausbildung mit Praxiseinheiten (übrigens noch ohne überhaupt, keine Zeit für Pausen, Kompensation von Vergütung) – das ist der Gradmesser für einen Ver- Ausfällen - das sind nur wenige Beispiele aus einer gleich - auch über die Kommune als Arbeitgeber hin- viel längeren Liste. Diese ständige Überbelastung weg, und nicht eine dreijährige bezahlte Fachausbil- macht krank, Beschäftigte verlassen zum Eigen- dung in einem anderen Beruf, der auch bei dem Ar- schutz den Beruf und erhöhen so den Druck auf die beitgeber Kommune zu finden ist. Verbliebenen. Dafür braucht es genauso Lösungen wie für die Aufwertung. Nur dann gelingt es, Fach- Wenn Arbeitgeber so öffentlich auftreten, erwecken kräfte zu halten und ausreichend neue zu gewinnen. sie den Eindruck, dass sie nicht verstanden haben, worum es in der Tarifrunde geht. Neben der Aufwer- Hier erwarten wir statt Angriffen Angebote und Ant- tung geht es auch um Entlastungen für eine perma- worten der Arbeitgeber, die wirkliche Lösungen bie- nent zu hohe Arbeitsverdichtung in ihren Berufen: ten. Das dürfen die Beschäftigten von ihren Arbeit- Das Zurückholen von Beschäftigten aus einem freien geber*innen erwarten! Tag, Mehrarbeit als Regelfall, Wegfall von Qualifizie- rungen wegen Personalmangel, Personalmangel
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