KOMMUNALE SELBSTVERWALTUNG DOKUMENTENMANAGEMENT - 03|19 AUSGABE
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Organ des Sächsischen Städte- und Gemeindetages e. V. Kommunalzeitschrift für die Städte und Gemeinden Die Themen der Ausgabe Kommunale Selbstverwaltung Dokumentenmanagement Ausgabe 03|19
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Inhaltsverzeichnis 30. Jahrgang SLK 03|19 Inhaltsverzeichnis Spruch des Monats Kommunale Selbstverwaltung Keine Zukunft vermag gut zu machen, 110 Positionspapier zur Stärkung kommunaler Selbstverwaltung im Freistaat Sachsen was du in der Gegenwart versäumst. 116 Taschenbuch für die Ratsarbeit Albert Schweitzer Dokumentenmanagement Der »Sachsenlandkurier« (SLK), Kommunalzeitschrift für die 118 Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltungen – Städte und Gemeinden, Organ des Sächsischen Städte- und ein erster Werkstattbericht aus einer Großstadt Gemeindetages (SSG) Dr. Christian Aegerter, Christian Burkert Verantwortlich für den Herausgeber 127 Schriftgutverwaltung 2.0 – Von der analogen zur elektronischen Akte Geschäftsführer Mischa Woitscheck Grit Richter-Laugwitz Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Für die inhaltliche 131 Sichere elektronische Vorgangsbearbeitung und Aktenführung für die Richtigkeit von Fremdbeiträgen ist der jeweilige Verfasser sächsische Verwaltung auf Basis von TR-RESISCAN und TR-ESOR verantwortlich. Jawad Ahmad, Detlef Hühnlein, Ulrike Korte Anschrift 136 Die elektronische Rechnung kommt im Jahr 2020 auch für die Kommunen Sächsischer Städte- und Gemeindetag e. V. Glacisstraße 3, 01099 Dresden Katja Kretzschmar Telefon: 03 51 81 92 – 0 Telefax: 03 51 8 19 22 22 139 Dokumentenmanagement und Rechnungsdurchlauf in Niederau E-Mail: post@ssg-sachsen.de Ronny Reichel Internet: http://www.ssg-sachsen.de 141 Online-Antragsverfahren mit Dokumentenablage Gesamtherstellung unter Anwendung des OZG-Leitfadens SV SAXONIA VERLAG Michaela Weiße, Matthias Martin für Recht, Wirtschaft und Kultur GmbH Lingnerallee 3, 01069 Dresden 144 Das elektronische Kommunalarchiv: Telefon: 03 51 48 52 60, Fax: 03 51 4 85 26 61 Eine gemeinsame Lösung für sächsische Kommunen – Fortschritte im Projekt Der SACHSENLANDKURIER erscheint 6 mal jährlich. Projektgruppe elektronisches Kommunalarchiv Abonnenten erhalten den SLK als PDF-Datei auf Anfrage unter 146 Systeminterne Langzeitspeicherung ist keine Archivierung! post@ssg-sachsen.de kostenlos zugesandt. Bezugspreise – für Mitgliedsstädte und -gemeinden: Allgemeine Beiträge ein Jahresabonnement: gebührenfrei je weiteres Abonnement: 26,00 € 150 Ergebnisse der AG Personalentwicklung je Einzelheft: 4,50 € Sebastian Schöne – für Nichtmitglieder: je Jahresabonnement: 30,00 € 157 Open Government Modellkommune Brandis: Partizipation der je Einzelheft: 5,00 € Bürgerschaft als Teil offenen Verwaltungshandelns – für Studenten, Referendare und in Ausbildung Arno Jesse Stehende sowie gewählte Stadt-, Gemeinde- und Ortschaftsräte und Fraktionen der Gemeinderäte: 160 Crowdfunding – ein Instrument für Kommunen? je Jahresabonnement: 26,00 € Daniel Näser, Erik Ackermann je Einzelheft: 4,50 € 162 »Hochwasservorsorge? Jeder kann was tun« Alle Abonnementspreise einschließlich Versand- und Zustellgebühren. Bei Einzelheftbezug zuzüglich Versand- und Tilo Rother Zustellgebühren. In den jeweiligen Bezugsgebühren ist die gesetzliche Mehrwertsteuer enthalten. 163 Aus der Presse 164 Aus Büchern und Zeitschriften Bestellungen Schriftlich an die Geschäftsstelle des SSG, Abbestellungen werden nur zum 30. Juni und zum 31. Dezember wirksam. Nachdrucke und Kopien Außer für Mitglieder nur mit ausdrücklicher Genehmigung des SSG; Quellenangabe erforderlich. Anzeigenverwaltung SV SAXONIA VERLAG für Recht, Wirtschaft und Kultur GmbH Lingnerallee 3, 01069 Dresden Telefon: 03 51 4 85 26 41, Fax: 03 51 4 85 26 62 Titelbild: © Frank Schmidt/fsw 109 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung Positionspapier zur Stärkung kommunaler Selbstverwaltung im Freistaat Sachsen Der Landesvorstand des Sächsischen Städte- und Gemeindetages hat Lage versetzt werden, wieder mehr Selbstverantwortung zu überneh- am 12. April 2019 ein Positionspapier zur Stärkung kommunaler Selbst- men. Kommunale Selbstverwaltung meint in ihrem ursprünglichen Sinn verwaltung im Freistaat Sachsen beschlossen. Das Papier gibt die Posi- die Erhaltung und Wiederbelebung von Gemeingeist und Bürgersinn. tionen und Forderungen wieder, die von den Vertretern der Mitglieder Dieser Gemeingeist und Bürgersinn muss durch eine Stärkung der kom- des SSG in drei Workshops im Jahr 2018 und in Bürgermeisterversamm- munalen Entscheidungsbefugnisse erhalten und motiviert werden. lungen der Kreisverbände des SSG zusammengetragen und in den Aus- schüssen und im Präsidium des SSG umfassend beraten wurden. Das vorliegende Positionspapier knüpft an die verschiedenen Kompe- tenzen des Verfassungsrechts auf kommunale Selbstverwaltung an, die Das Positionspapier wurde den Vorsitzenden der im Sächsischen ihm seine Gliederung geben. Das Positionspapier ergänzt und aktua- Landtag vertretenen Fraktionen, dem Ministerpräsidenten und weite- lisiert insoweit die früheren Strategiepapiere des Sächsischen Städte- ren Mitgliedern der Staatsregierung sowie dem Präsidenten des Säch- und Gemeindetages, so das Zukunftsbild »Kommune 2020« aus dem sischen Landkreistages zur Verfügung gestellt und auch den Medien Jahr 2012 und das Positionspapier zur Bevölkerungsentwicklung aus vorgestellt. dem Jahr 2017. Es ist zugleich eine Aufforderung an den Sächsischen Landtag, die Sächsische Staatsregierung und an die Landkreise, an der Stärkung kommunaler Selbstverwaltung und bürgerschaftlicher Selbst- Gliederung verantwortung im Freistaat Sachsen mitzuwirken. Vorbemerkung I. Positionen zur kommunalen Gebietshoheit und I. Kommunale Gebietshoheit und kommunalen Organisationshoheit kommunale Organisationshoheit II. Positionen zur kommunalen Personalhoheit III. Positionen zur kommunalen Rechtsetzungshoheit Die Gebietsstruktur aus kleinen und großen Gemeinden und Städten IV. Positionen zur kommunalen Planungshoheit im Freistaat Sachsen ist zukunftsfähig und wird erhalten. Zugleich V. Positionen zur kommunalen Finanzhoheit werden von Land und Kommunen alle nötigen Schritte unternommen, um die Verwaltungskraft der Kommunen, insbesondere durch inter- kommunale Zusammenarbeit und eine – im Grundsatz – Hauptamt- Vorbemerkung lichkeit des Bürgermeisteramts zu stärken. Am 26. Mai 2019 werden zusammen mit der Wahl zum Europäischen 1. Die bestehende Gebietsstruktur im Freistaat Sachsen wird beibe- Parlament auch Wahlen für die sächsischen Gemeinderäte, Stadträte, halten. Vom Freistaat Sachsen wird erwartet, dass er von sämt- Ortschaftsräte, Stadtbezirksbeiräte und Kreistage stattfinden. Im lichen politischen, rechtlichen und finanzwirksamen Maßnahmen Anschluss werden am 1. September 2019 die Abgeordneten des Säch- absieht, die Städte und Gemeinden zu Zusammenschlüssen zu sischen Landtages gewählt. Dies ist Anlass für den Sächsischen Städte- drängen. Gemeindezusammenschlüsse sollen künftig ausschließ- und Gemeindetag, ein Positionspapier mit den derzeit wichtigsten Posi- lich Ergebnis des freien Willens der beteiligten Gemeinden sein. tionen und Anregungen zur Stärkung kommunaler Selbstverwaltung im Freistaat Sachsen vorzulegen. Die gemeindliche Gebietsstruktur im Freistaat Sachsen ist Ergebnis eines rund 25-jährigen Veränderungsprozesses, der von zahlrei- Nach Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes muss den Gemeinden das chen freiwilligen Gemeindezusammenschlüssen und einer gesetz- Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemein- lichen Gemeindegebietsreform geprägt war. Die identitätsstiftende schaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Aus Funktion der Gemeinden, die mehr darstellen, als eine Gemeinde- Sicht der Städte und Gemeinden nehmen die in den vergangenen fast verwaltung, musste vielerorts neu eingeübt werden. Während die 30 Jahren im Freistaat Sachsen zusammengetragenen und für die Kom- bisherigen gebietlichen Reformen und Zusammenschlüsse nicht in munen geltenden Vorgaben und Gesetze in etlichen Bereichen über- Frage gestellt werden, ist mittlerweile ein Stand erreicht, mit dem hand. Der kommunalen Selbstverwaltung wurden zunehmend Grenzen die Städte und Gemeinden grundsätzlich für die Zukunft gerüstet gesetzt, sowohl rechtlicher, sachlicher als auch finanzieller Natur. Der sind. Allein durch eine Stärkung der Verwaltungskraft motivier- Sächsische Städte- und Gemeindetag hat es sich in den vergangenen ten Überlegungen nach weiteren Gemeindezusammenschlüssen Monaten zur Aufgabe gemacht, diese Grenzen zu überprüfen und Vor- stehen neuere Studienergebnisse entgegen, wonach Gebietsrefor- schläge zu diskutieren, wie die kommunale Selbstverwaltung im Frei- men solche Ziele nicht per se erreichen (vgl. etwa Rösel, IFO 4/2016, staat Sachsen fortentwickelt werden kann. Rosenfeld: »Gebiets- und Verwaltungsstrukturen im Umbruch«, Aka- demie für Raumforschung und Landesplanung 2015). Das vorliegende Positionspapier ist Ergebnis dieses Prozesses und soll dabei helfen, die Rahmenbedingungen für die im Mai dieses Jahres neu Vom Freistaat Sachsen wird erwartet, dass er von allen direk- gewählten kommunalen Entscheidungsträger zu verbessern. So sollen ten und mittelbaren Maßnahmen absieht, kleinere Städte und die Kommunen beispielsweise durch eine angemessenere Finanzaus- Gemeinden zu Zusammenschlüssen zu drängen. Keine Stadt oder stattung, durch eine höhere Planungsverantwortung oder durch eine Gemeinde sollte allein wegen ihrer Einwohnerzahl in ihrem Bestand Erweiterung der Entscheidungskompetenzen der Gemeinderäte in die und in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden. Rund 75 Prozent 110 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung aller Städte und Gemeinden in Deutschland haben weniger als zahlreichen Gemeinden mit eigener Gemeindeverwaltung. Dabei ist 5.000 Einwohner. Die kleine Stadt oder Gemeinde im ländlichen das Amt als kommunaler Wahlbeamter nicht mit einem klassischen Raum ist kein Auslaufmodell und muss auch im Freistaat Sachsen Ehrenamt, z. B. als Friedensrichter oder als Übungsleiter in einem ohne Abstriche akzeptiert werden. Sportverein, vergleichbar. Das Amt des Bürgermeisters erfordert einen Zeitaufwand, der in den letzten Jahren – auch bedingt durch Unbeschadet davon sind die Städte und Gemeinden offen für frei- wachsende Anforderungen der Bevölkerung – fortlaufend gestiegen willige Gemeindezusammenschlüsse, wenn dies von den Kommunen ist. Das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters ist in der Regel vor Ort gewollt ist. Nur ohne Druck von außen zustande gekom- nur dann leistbar, wenn der Hauptberuf aufgegeben wird oder sich mene Gemeindezusammenschlüsse werden von den Einwohnern der Amtsinhaber bereits im Rentenalter befindet. Die der bisheri- akzeptiert. Freiwillige Gemeindezusammenschlüsse führen in einer gen Rechtslage zugrunde liegende Annahme, ein ehrenamtliches Übergangsphase zu Mehraufwendungen, z. B. durch die Zusammen- Bürgermeisteramt könne ohne Abstriche nebenberuflich ausgeübt führung der Gemeindeverwaltungen. Solche Mehraufwendungen werden, wird nur in Ausnahmefällen verwirklicht werden können. sollten durch eine Unterstützung aus Landesmitteln aufgefangen Aufgrund der Verantwortung und gestiegenen Anforderungen an das werden. Bürgermeisteramt ist es geboten, dieses Amt im Grundsatz haupt- amtlich auszugestalten. 2. Die Städte und Gemeinden setzen auf einen Ausbau der interkom- munalen Zusammenarbeit, um die administrativen Fähigkeiten besonders kleinerer Kommunen fortzuentwickeln. Vom Freistaat II. Kommunale Personalhoheit Sachsen wird erwartet, dass er dieses Ziel vorbehaltlos mitträgt, für einen andauernd modernen Rechtsrahmen interkommunaler Bei Gewinnung und Bindung geeigneten Personals benötigen die Zusammenarbeit sorgt, sich an der Beratung der Kommunen durch Kommunalverwaltungen vor dem Hintergrund des Generationen- ein spezialisiertes Internetportal und mittelfristig durch eine wechsels in den Verwaltungen und einem sich wandelnden Arbeits- Beratungsstelle beteiligt sowie Projekte kommunaler Zusammen- markt mehr Handlungsspielräume. Eingriffe in die kommunale Perso- arbeit aus Landesmitteln unterstützt. nalhoheit sind zu reduzieren. Zur Erhaltung des bestehenden Dienstleistungsangebotes, zur Grundsätzlich wurde in den Beratungen der Workshops wie auch in Bewältigung neuer Aufgaben (Umsatzsteuerrecht, Vergaberecht, der AG Personalentwicklung deutlich, dass die Gewinnung geeigneten Datenschutzrecht, Digitalisierung usw.) sowie des zunehmenden Personals sowie dessen Bindung an die Kommune vor Ort zunehmend Fachkräftemangels wollen die Kommunen ihre Zusammenarbeit schwieriger wird. Während nach jahrzehntelangem Personalabbau moti- ausbauen. Es sollen keine Grenzen kommunaler Zusammenarbeit vierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen vor Ort bestehen, wenn diese dem örtlichen Willen und dem öffentli- zunehmend als wichtigste Ressource der Kommunalverwaltung angese- chen Wohl entspricht. Mit den neueren Instrumenten kommunaler hen werden, sind sowohl die bestehenden Rechtsvorschriften als auch Zusammenarbeit wie z. B. der gemeinsamen Dienststelle i. S. v. § 71 das Agieren der Aufsichtsbehörden weiter von Restriktionen aus Zeiten Abs. 3 und 4 SächsKomZG bestehen bereits moderne Möglichkeiten des Personalüberhangs geprägt. Auch mit Blick auf die Vorschriften des interkommunaler Zusammenarbeit. Soweit erforderlich, sind diese Besoldungs- und Tarifrechts ist eine Flexibilisierung dringend nötig. fortzuentwickeln. Zugleich fordern die Kommunen vom Freistaat Sachsen Unterstützung beim Zustandekommen interkommunaler Um den steigenden Anforderungen an die Kommunalverwaltung Rech- Zusammenarbeit z. B. nach dem Vorbild der Programme im Freistaat nung zu tragen, benötigen Städte und Gemeinden deutlich mehr Fle- Bayern und im Land Hessen. Außerdem wird zum Aufbau einer zent- xibilität. Dabei haben die Kommunen ein erhebliches Eigeninteresse ralen Stelle, z. B. einer Servicestelle, Unterstützung eingefordert, die daran, gut qualifiziertes und motiviertes Personal zu rekrutieren, um die Kommunen mindestens über die Gegenstände, Handlungsformen eine bestmögliche Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Eingriffe in die und rechtlichen Vereinbarungen beraten kann. Als Zwischenschritt Personalhoheit der Kommunen gefährden die Personalgewinnung und oder Ergänzung ist der Aufbau eines Internetportales nach dem -bindung und damit letztlich die Aufgabenerfüllung in erwarteter Qua- Vorbild einer vergleichbaren Lösung in Nordrhein-Westfalen denkbar lität. (vgl. https://interkommunales.nrw/). 1. Personalrichtwerte müssen sich an den Aufgaben vor Ort orien- 3. Für das Bürgermeisteramt ist durch eine Änderung des § 51 Abs. 2 tieren. der Sächsischen Gemeindeordnung im Grundsatz die Haupt- amtlichkeit einzuführen. Künftig soll jeder Bürgermeister einer Die Veröffentlichung von Personalrichtwerten wird grundsätzlich als Gemeinde, ganz gleich welcher Einwohnerzahl und ob mit oder sinnvolle Orientierung angesehen. Allerdings darf deren Bemessung ohne eigene Gemeindeverwaltung, dieses Amt hauptamtlich nicht ausschließlich anhand der Einwohnerzahl erfolgen. Vielmehr ausüben können. Die Städte und Gemeinden setzen sich für eine müssen sich die Richtwerte an den vor Ort tatsächlich wahrgenom- baldmögliche Änderung der Regelung in der Sächsischen Gemein- menen Aufgaben orientieren. So benötigen Kommunen, deren Wirt- deordnung durch den Sächsischen Landtag ein. schaft überwiegend vom Tourismus geprägt ist, in diesem Bereich mehr Personal als andere. Bei der Berechnung des Personalbedarfs Derzeit üben im Freistaat Sachsen über 120 Bürgermeisterinnen im Standesamt ist zu berücksichtigen, dass die Zahl der Beurkun- und Bürgermeister ihr Amt ehrenamtlich aus. Aufgrund der demo- dungen in Orten mit Geburtskliniken oder Hospizen größer ist, als grafischen Entwicklung und wegen einer problematischen Regelung in Kommunen mit gleicher Einwohnerzahl, jedoch ohne besondere in der Sächsischen Gemeindeordnung ist es wahrscheinlich, dass Einrichtungen, die eine größere Anzahl von Geburts- oder Sterbe- die Anzahl der ehrenamtlichen Bürgermeister steigen wird, auch in fällen mit sich bringen. Auswirkungen auf den Personalbedarf vor 111 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung Ort haben darüber hinaus auch die unterschiedliche Ausgestaltung Verhalten oder Verfahren in bestimmten Situationen oder gegen- der Aufgabenwahrnehmung in den Bereichen Kita, Schulen oder über bestimmten Personen vor Ort, das nicht aus Akten ersichtlich Abwasser. ist. Anpassungsbedarf besteht sowohl bei den Empfehlungen des Säch- Derzeit ist es im Rahmen der Stellenbewirtschaftung nicht möglich, sischen Rechnungshofes (SRH) als auch besonders bei den Perso- ausscheidende und künftige Stelleninhaber eine gewisse Zeit nalstandsrichtwerten nach der VwV Kommunale Haushaltswirtschaft gemeinsam auf einer Personalstelle zu beschäftigen, um einen (VwV KomHWi). Insbesondere, wenn sich ein personeller Mehrbedarf unmittelbaren Wissenstransfer zu ermöglichen. Eine Neueinstellung aufgrund gesetzlicher Änderungen ergibt, wie z. B. bei der Einfüh- ist damit oft erst dann zulässig, wenn der bisherige Stelleninhaber rung der Doppik, muss dies unmittelbar bei der Bestimmung der bereits aus dem Dienst ausgeschieden und die Stelle frei gewor- Personalrichtwerte berücksichtigt werden. den ist. Um eine reibungslose Wiedergabe von Erfahrungswissen zu ermöglichen, sollte daher künftig eine auf sechs Monate befristete 2. Qualifikationsanforderungen (z. B. Fachbediensteter für das parallele Stellenbesetzung möglich sein. Finanzwesen) sollten verhältnismäßig sein und entsprechend angepasst werden. III. Kommunale Rechtsetzungshoheit Die Anforderungen für bestimmte Funktionen schränken die Kom- munen bei der Personalgewinnung erheblich ein. Hinzu kommt, dass Die Kompetenzen der Stadt- und Gemeinderäte werden erweitert. In formale Qualifikationen angesichts des immer schnelleren Wissens- Kernbereichen werden vom Gesetzgeber klare und einfache Vorga- zuwachses sowie der hohen Verfügbarkeit formalen Wissens zuneh- ben sowie Verfahren geschaffen, die in jeder Kommune zwingend zu mend an Bedeutung verlieren. Motivation, Methodenkompetenz und beachten sind. Über die Geltung von weiteren Rechtsvorschriften hat Fortbildungsbereitschaft gewinnen dagegen zunehmend an Bedeu- in bestimmten Rechtsgebieten der Stadt- bzw. Gemeinderat vor Ort tung. Rechtlich geregelte Qualifikationsanforderungen entsprechen selbst zu entscheiden und diese zu gestalten. Dadurch werden diffe- zudem nicht mehr den sich ständig wandelnden Anforderungen an renzierte Regelungen vor Ort ermöglicht. den Stelleninhaber und der wachsenden Vielfalt von Qualifikations- möglichkeiten. Sie sollten daher gänzlich gestrichen bzw. zumindest In Rechtsgebieten wie beispielsweise dem Gemeindewirtschaftsrecht, angepasst werden. Dies gilt nicht nur, aber vor allem für die Fachbe- Vergaberecht, sowie Umweltrecht sind Öffnungsklauseln zu verankern, diensteten für das Finanzwesen (FBdF) und die Standesbeamten. sodass die Stadt- und Gemeinderäte selbst entscheiden, ob bestimmte Rechtsvorschriften vor Ort zur Anwendung kommen oder nicht bzw. mit So haben sich etwa die Aufgaben des FBdF mit der Einführung der welchen Einschränkungen diese gelten sollen. Doppik weiterentwickelt. Parallel dazu wurde mit dem Kommunalen Bilanzbuchhalter (KomBB) ein staatlich anerkannter Fortbildungs- Beispiel 1: Im Bereich des Gemeindewirtschaftsrechts wird der zwingend abschluss entwickelt, der dieser Aufgabenveränderung in der kom- zu beachtende Kernbereich von Vorschriften auch vom Landesgesetzge- munalen Finanzverwaltung Rechnung trägt. Diese Entwicklung muss ber auf bestimmte Sparten und/oder Beteiligungsstufen beschränkt. In auch in der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) nachvoll- allen anderen Bereichen ist die Geltung der gemeindewirtschaftsrecht- zogen werden, so dass künftig Mitarbeiter der mittleren Qualifikati- lichen Vorschriften durch Öffnungsklauseln davon abhängig zu machen, onsebene und dem Abschluss als KomBB zum FBdF bestellt werden ob der Stadt- bzw. Gemeinderat durch Beschluss die jeweiligen Vor- dürfen. Damit würde gut qualifizierten, motivierten und bewährten schriften für anwendbar erklärt oder nicht. Auch über das Absehen von Beschäftigten der mittleren Qualifikationsebene gleichzeitig eine Wertgutachten bei der Veräußerung von Anlagevermögen entscheidet Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet und die Gefahr einer Abwande- zukünftig der jeweilige Stadt- oder Gemeinderat selbst. rung reduziert werden. Beispiel 2: Im Sächsischen Vergabegesetz ist für den Bereich unterhalb Dies gilt in ähnlicher Form für die Anforderungen an Standesbeamte. der EU-Schwellenwerte eine Öffnungsklausel dahingehend vorzusehen, Diese setzen ausschließlich Bundesrecht um und haben damit in dass der Stadt- bzw. Gemeinderat entscheidet, ob die Vorschriften allen Bundesländern ganz überwiegend die gleichen Aufgaben, die des Sächsischen Vergabegesetzes in diesem Bereich zur Anwendung nach tarifgerechter Eingruppierung der mittleren Qualifikations- kommen oder nicht. ebene zuzuordnen sind. Dementsprechend ist in vielen Bundeslän- dern ein Abschluss für den mittleren Verwaltungsdienst ausreichend. Beispiel 3: Auch im Bereich des Umweltrechtes werden den Kommunen Dieser Auffassung sollte sich auch Sachsen anschließen, damit die mehr Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume zugestanden, etwa Personalgewinnung für diese Funktion erleichtert und gleichzeitig bei der Gewässerunterhaltung (umfassende Satzungsermächtigung der die Diskrepanz zwischen Qualifikationsanforderung und Tarifrecht Kommunen im Bereich unterhalb der unteren Wasserbehörden) oder beseitigt wird. durch umfassende Satzungsermächtigungen beim Baumschutz. Zudem sind die Regelungen im Naturschutz- und Umweltrecht sowie Denkmal- 3. Demografiebrücken müssen ermöglicht werden, um den Verlust schutzrecht insgesamt zu vereinfachen. von Erfahrungswissen bei Personalwechseln zu verhindern. Der von der Sächsischen Staatsregierung im Jahr 2016 angedachte, aber In den nächsten Jahren wird eine hohe Anzahl von Beschäftigten nicht weiter verfolgte Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung von aus Altersgründen aus dem kommunalen Dienst ausscheiden. Damit Standards ist der richtige Ansatzpunkt, den Abbau von Standards durch geht auch ein großer Teil des Erfahrungswissens verloren. Gemeint befristete Einzellösungen zu erproben und im nächsten Schritt eine ist vor allem die Erfahrung langjähriger Mitarbeiter zu bewährten landesweite Übertragung zu prüfen. Dadurch wird es perspektivisch 112 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung möglich, zu generellen und landesweiten Standarderleichterungen zu 2. Der Freistaat muss zudem darauf drängen, dass die maßvolle kommen. Überplanung von Außenbereichsflächen im beschleunigten Ver- fahren möglich bleibt. Dies ist durch die Landesplanung zu flan- kieren. IV. Kommunale Planungshoheit Gemeinden, die weiteren Zuzug erwarten oder eine nachfrageorien- Die Gemeinden können ihre Planungshoheit nur sachgerecht ausfül- tierte Planung betreiben wollen, müssen im konkreten Bedarfsfall len, wenn sie ihre städtebauliche Entwicklung auch eigenverantwort- schnell geeignetes Bauland aktivieren können. Mit § 13b BauGB hat lich steuern können. Die bestehenden Instrumente und Gestaltungs- der Bundesgesetzgeber eine bis zum 31. Dezember 2019 geltende spielräume reichen hierzu nicht aus. Regelung geschaffen, die eine Aufstellung von Bebauungsplänen für innenbereichsnahe Außenbereichsflächen zugunsten von Wohnnut- 1. Wir erwarten, dass sich der Freistaat auf Bundesebene für eine zungen im beschleunigten Verfahren ermöglicht. Die Begrenzung der weitere Stärkung der Innenentwicklung einsetzt. Dabei muss Grundfläche auf weniger als 10.000 Quadratmeter stellt eine maß- es den Gemeinden insbesondere erleichtert werden, vorgese- volle Einbeziehung von Außenbereichsflächen sicher. Das beschleu- hene Nutzungen (z. B. Bebauung) auf innerstädtischen Flächen nigte Verfahren tariert den Bedarf einer schnelleren Baulandaktivie- im Einzelfall durchzusetzen. Das Verfahren für den Erlass von rung optimal mit dem Anliegen aus, flächen- und umweltschonend Abrundungs- und Ergänzungssatzungen ist zu vereinfachen. Auf zu planen. Die Entfristung des § 13b BauGB wäre damit ein notwen- Landesebene sind die fachgesetzlichen Vorkaufsrechte wieder diger und sinnvoller Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung. einzuführen. 3. Die Spielräume für eine nachfrageorientierte Siedlungs- und Die städtebauliche Entwicklung soll nach § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB Gewerbeentwicklung sind zu erweitern. Das Zentrale-Orte-Prin- vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen. Dies zip darf dabei nicht in Frage gestellt werden. setzt voraus, dass Gemeinden die innerörtlichen Flächenpoten ziale (Ortskerne und Ortsrandlagen) auch vollständig ausschöpfen Der Landesentwicklungsplan (LEP 2013) erlaubt Gemeinden, die können. Für eine Nachverdichtung kommen Baulücken, Brachflä- in den Raumordnungsplänen nicht als zentraler Ort oder Ort mit chen und leer stehende Gebäude sowie Grundstücke in Frage, die besonderer Gemeindefunktion festgelegt sind, neue Siedlungsflä- »in zweiter Reihe« bebaut werden können. Die jeweiligen Eigen- chen nur zur Sicherung der Eigenentwicklung auszuweisen. Ähnlich tümer sind – teils aus finanziellen Gründen – zu einer Sanierung, verhält es sich mit der Bereitstellung gewerblicher Bauflächen. Bebauung oder Bereitstellung ihrer Grundstücke aber nicht immer Hierdurch sind die Möglichkeiten einer nachhaltigen Flächenvor- bereit. sorge stark begrenzt – spätere Entwicklungspotenziale können kaum genutzt werden. Die vom SMI im Dezember 2017 vorgelegten In Ortsrandlagen kann die formale Abgrenzung zwischen Innen- Anwendungshinweise ändern diese Ausgangssituation nur bedingt. und Außenbereich die Entwicklung einer Gemeinde hemmen. Die Die Staatsregierung sollte anstelle des Begriffs der Eigenentwick- Voraussetzungen für den Erlass von Abrundungs- und Ergänzungs- lung deshalb ein neues Kriterium für die Siedlungs- und Gewerbe- satzungen sind sehr restriktiv – der erhebliche Verfahrensaufwand entwicklung erarbeiten, das die Belange der zentralen Orte mit den steht dem eines Verfahrens zur Aufstellung von Bauleitplänen kaum Belangen der Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion besser aus- noch nach. tariert. In den wachsenden Städten führen indes die Phänomene der »pri- vaten Flächenbevorratung« und des »spekulativen Flächenhandels« V. Kommunale Finanzhoheit zu negativen Entwicklungen: Die Flächen stehen zunächst nicht für eine Nachverdichtung zur Verfügung; die renditeorientierte Bebau- Zur Revitalisierung der kommunalen Selbstverwaltung in Sachsen ist ung oder Veräußerung bewirkt später ggf. sogar einen weiteren ―― die kommunale Finanzkraft zu stärken, Anstieg des Mietniveaus. ―― die Finanzbedarfsbestimmung im FAG zu konkretisieren und ―― den Kommunen bei der Ausreichung von Fördermitteln und der Damit steht den Gemeinden das theoretisch vorhandene Flächen- Ausgestaltung der Fördermittelverfahren ein größerer Freiraum potenzial im Innenbereich rein tatsächlich nicht vollständig zur Ver- einzuräumen bzw. mehr Verantwortung zu übergeben. fügung. Die Änderung des Baugesetzbuches durch das Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung im Jahre 2013 hat die bestehenden 1. Stärkung der kommunalen Finanzkraft Hemmnisse nicht beseitigt. Der Freistaat Sachsen hat vor Jahren zudem die fachgesetzlichen Vorkaufsrechte im Landesrecht (z. B. das a) Die Finanzausgleichsmasse ist durch eine Anhebung des kom- wasserrechtliche und das waldrechtliche Vorkaufsrecht) aufgeho- munalen Finanzmassenanteils (GMG I) zu erhöhen. In diesem ben. Damit fehlt derzeit ein durchsetzungsstarkes Instrumentarium Zusammenhang sollten auch bislang aus dem Staatshaushalt für die nachhaltige Entwicklung innerörtlicher Bereiche. finanzierte Pauschalprogramme wie ―― das »Pauschalengesetz 2018–2020« und ―― die Gewässerunterhaltungsunterstützungspauschale ab 2021 dauerhaft über eine Anpassung des GMG I in das Finanzausgleichsgesetz überführt werden. 113 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung Die Wahrnehmung kommunaler Selbstverwaltung steht und erfasst und ausgeglichen werden. In den Folgejahren vergrö- fällt mit einer Finanzausstattung, die über die ordnungsgemäße ßert sich die Deckungslücke sogar noch, solange der gewährte Wahrnehmung eigener und übertragener Pflichtaufgaben auch Mehrbelastungsausgleich »statisch« ist und nicht in einer einen substanziellen Bereich freiwilliger Aufgabenwahrneh- regelgebundenen Erhöhung des Finanzmassenanteils (GMG I) mung ermöglicht. Zunehmende bürokratische Standards, stei- aufgeht. Dies kann nur durch eine regelgebundene und jährli- gende Sozialleistungen, ein sich verschärfender Wettbewerb che Dynamisierung der Landespauschale ausgeglichen werden. um gut qualifizierte Beschäftigte sowie gestiegene Erwartun- gen der Bürgerschaft an eine moderne Kommunalverwaltung Die gesetzgeberisch veranlasste Möglichkeit, die Eltern von und leistungsfähige Infrastruktur haben die Selbstverwal- Beiträgen zur Finanzierung der Aufgabe Kinderbetreuung frei- tungsspielräume einer großen Anzahl sächsischer Kommunen zustellen (Vorschuljahr, Hort) oder den Anteil auf 15 Prozent in den letzten Jahren zunehmend eingeschränkt. Die kommu- der Betriebskosten zu senken, hat die Kommunen und ihre nale Finanzausstattung ist deshalb deutlich zu verbessern. Haushalte im beginnenden Kommunalwahlkampf 2019 stark unter Druck gesetzt. Wenn der Freistaat eine Entlastung der In diesem Zusammenhang können auch zwei eher kleinere Eltern von den Betriebskosten politisch für geboten hält, dann staatliche Pauschalprogramme in das Finanzausgleichsgesetz ist dies eine Entscheidung, die für das gesamte Land einheit- überführt werden. lich getroffen werden muss. Politische Verantwortung und Kos- tentragung sind untrennbar verbunden. Die Kommunen lehnen Das Pauschalengesetz sieht von 2018 bis 2020 jährliche, nicht es ab, durch die Landespolitik veranlasste Wahlgeschenke zu zweckgebundene Zuweisungen an die kreisangehörigen finanzieren. Kürzungen oder Streichungen der Elternbeiträge Gemeinden vor. Um diese Verbesserung der kommunalen sollten daher entsprechende Ausgleichspflichten des Freistaa- Finanzkraft zu verstetigen, sind die Mittel über eine entspre tes Sachsen nach sich ziehen. chende Erhöhung des kommunalen Finanzmassenanteils (GMG I) in das Sächsische Finanzausgleichsgesetz zu integrie- c) Der Freistaat Sachsen gleicht Defizite der Landkreise und ren. Die Mittel sollten den Gemeinden ohne Zweckbindung und Kreisfreien Städte in Aufgabenbereichen vollständig aus, die steuerkraftunabhängig als Basisfinanzierung zur Verfügung den Kommunen durch die Übertragung von staatlichen Auf- gestellt werden. gaben entstehen. Die Gewässerunterhaltungsunterstützungspauschale ist Vom Staat auf die Kommunen übertragene Aufgaben haben in bislang auf die Jahre 2019 und 2020 befristet. Sie wird antei- den vergangenen Jahren verstärkt zu einer Haushaltsschieflage lig aus dem FAG (5 Mio. Euro p. a.) und dem Staatshaushalt in den sächsischen Kommunen geführt. Offensichtlich ist dies (5 Mio. Euro p. a.) finanziert. Eine Verstetigung erscheint gerade bei den sogenannten Kreisaufgaben wie der Unterbringung von angesichts der Unterstützung der Gemeinden im ländlichen Flüchtlingen oder dem Aufgabenübergang im Zuge der Funktio- Raum mit vielen Gewässern 2. Ordnung sinnvoll. Allerdings nalreform 2008. Im kreisangehörigen Raum ist dies ein wesent- sollte der Finanzierungsanteil aus dem Staatshaushalt (5 Mio. licher Grund für den Anstieg der Kreisumlagensätze. Um diese Euro) durch einen entsprechend erhöhten Finanzmassenanteil negative Entwicklung umzukehren, ist es erforderlich, den (GMG I) im FAG aufgehen und damit wie die Pauschale selbst Landkreisen und Kreisfreien Städten für übertragene staatliche verstetigt werden. Aufgaben einen vollständigen Kostenausgleich zu gewähren. b) Die Refinanzierung der Betriebskosten in den Kindertages- 2. Konkretisierung der Finanzbedarfsbestimmung im Finanzaus- einrichtungen ist deutlich zu verbessern. gleichsgesetz Qualitätsverbesserungen dürfen nicht zu Lasten der Gemein- a) Die Finanzbedarfsbestimmung im Sächsischen Finanzaus- den gehen. Die Landespauschale ist zukünftig jährlich zu gleichsgesetz ist angesichts der demografischen Entwick- dynamisieren, um den Kostenanstieg dauerhaft abzufedern. lung zu überprüfen und zum Jahr 2021 unter Fortführung der bewährten Regelbindung auf die neuen Herausforde- Die durch den Gesetzgeber veranlasste Absenkung der rungen auszurichten. Entsprechend ihrer Bedarfssituation Elternbeitragssätze ist – unabhängig davon, ob sie gesetz- werden die Kommunen im ländlichen Raum zukünftig stärker lich verpflichtend oder vom Beschluss des Gemeinderates innerhalb des FAG unterstützt. Durch die Einführung neuer abhängig gemacht wird – vollständig vom Land auszuglei- bedarfsbildender Faktoren relativiert sich die Bedeutung chen. der Hauptansatzstaffel, so dass der Anteil der kleineren Gemeinden an der Schlüsselmasse steigt. Zu diesem Zweck Seit vielen Jahren steigen nicht nur die Betriebskosten in den sollte insbesondere die Einführung eines Flächenfaktors Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege, sondern auch untersucht werden. die Deckungslücken, die den Kommunen nach Abzug der Lan- despauschale und der Elternbeiträge verbleiben, kontinuierlich Seit vielen Jahren differenziert sich die Einwohnerentwick- an. Qualitative Verbesserungen in den Kindertageseinrichtun- lung in den Verdichtungsräumen und dem ländlichen Raum. gen wie die Veränderung der Personalschlüssel oder die Ein- Die Möglichkeiten der vom Einwohnerrückgang besonders führung von Vor- und Nachbereitungszeiten für die pädagogi- betroffenen Städte und Gemeinden, ihre Strukturen an die schen Fachkräfte decken die Mehrkosten häufig schon im Jahr im Vergleich zum Landesdurchschnitt negative Entwicklung der Einführung nicht ab, weil nicht alle Kosten angemessen der Schlüsselzuweisungen anzupassen, sind endlich. Vom 114 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung Einwohnerrückgang betroffen ist vor allem der ländliche Raum, Mittelzentren unterschiedlich viele Einwohner des Umlandes in dem die Kommunen tendenziell »kleiner« sind und durch auch Angebote des Mittelzentrums nutzen. Zuschläge auf die die Einwohnerveredelung auch über eine in der Regel schlech- Hauptansatzstaffel oder ein Nebenansatz zu den zentralört- tere Finanzausstattung verfügen. Wird der Finanzbedarf im FAG lichen Funktionen könnten so die Nutzung eines Ortes mit zukünftig durch neue Bedarfselemente stärker differenziert zentraler Funktion besser abbilden als die Hauptansatzstaffel. und konkretisiert, relativiert sich gleichzeitig die Bedeutung Werden zentralörtliche Funktionen in die Bedarfsbestimmung der Hauptansatzstaffel, die im geltenden Recht neben dem aufgenommen, muss gleichzeitig die Bedeutung der Hauptan- Schüleransatz den Finanzbedarf einer Kommune maßgeblich satzstaffel zurückgehen oder diese »gestaucht« werden, um widerspiegelt. Ein Element, insbesondere die kleinen Gemein- eine Doppelanrechnung zentralörtlicher Gesichtspunkte zu den mit dünner Besiedelung im ländlichen Raum besser vor vermeiden. einem Rückgang ihrer Schlüsselzuweisungen zu schützen, wäre die Einführung eines Flächenfaktors in die Bedarfsbestimmung d) Der Straßenlastenausgleich sollte nach einer sorgfältig des FAG. Dieser soll daher in einem FAG-Gutachten näher durchgeführten Kostenerhebung in den sächsischen Kom- untersucht werden. Unabhängig von Änderungen der Finanz- munen überprüft und an das tatsächliche Kostenniveau bedarfsbestimmung im Detail hat sich die Regelbindung des angepasst werden. Sächsischen Finanzausgleichs (GMG I und II) in der Vergangen- heit bewährt. Daran soll festgehalten werden. Im Abstand von 6 bis 8 Jahren wird der Straßenlastenausgleich daraufhin überprüft, ob seine straßenartbezogene Höhe noch b) Der Schülernebenansatz wird um einen Nebenansatz für die sachgerecht ist. Bei der letzten Überprüfung vor einigen Jahren Krippen- und Kindergartenkinder (»U6«) ergänzt und zu kam es nicht zu einer nennenswerten Erhöhung, weil die ermit- einem »Bildungsansatz« weiterentwickelt. telten Datengrundlagen lückenhaft und wenig plausibel waren. Eine Erhöhung ließ sich auf dieser Basis nicht rechtfertigen. Die Kinderbetreuungskosten belaufen sich aktuell im Freistaat Voraussetzung einer zielgerichteten Überprüfung ist es daher, Sachsen auf rund 1,8 Mrd. Euro. Obwohl die Kommunen Eltern- die Datengrundlagen zu verbessern und zu aktualisieren. beiträge erheben und vom Freistaat eine Landespauschale erhalten, verbleiben derzeit rund 50% der Betriebskosten 3. Mehr kommunale Freiräume und Verantwortung bei der Ausrei- bei den Kommunen. Die Kinderbetreuung ist – gerade in den chung von Fördermitteln und der Gestaltung von Fördermittelver- kleinen Gemeinden – die Aufgabe, die den höchsten Zuschuss- fahren bedarf hat, der aus Steuereinnahmen und Schlüsselzuwei- sungen ausgeglichen werden muss. Gleichwohl findet dieser a) Das Fördermittelrecht ist zu deregulieren und zu entbüro- Zuschussbedarf bei der Abbildung des Finanzbedarfs im FAG kratisieren. Bestehende Fördermittelprogramme sollten bislang keine Berücksichtigung. Es ist deshalb sinnvoll, den möglichst in Pauschalen oder Budgets mit vereinfachten Ver- Schülernebenansatz um einen Nebenansatz für die Krippen- wendungsnachweisverfahren umgewandelt werden. Für die und Kindergartenkinder, die in der jeweiligen Gemeinde verbliebenen Einzelfördermaßnahmen sind die Zuwendungs- betreut werden, zu ergänzen. Da die Kita-Betriebskosten und Abrechnungsbestimmungen in den Förderrichtlinien zu auch die Hortplätze mit umfassen, die sich weitgehend in den vereinfachen. Die Anzahl der Förderrichtlinien ist zu reduzie- Grundschülerzahlen des Schülernebenansatzes widerspiegeln, ren bzw. »verwandte« Programme sind in zusammenfassen- sollten Schüler- und Kinderbetreuung zu einem »Bildungsan- den Förderrichtlinien zu konzentrieren. satz« weiterentwickelt werden. Bei der Beantragung und Verwendung von Fördermitteln ist der c) Bei der Bedarfsbestimmung sollten zukünftig auch zent- Aufwand in den Kommunalverwaltungen in den letzten Jahren ralörtliche Funktionen berücksichtigt werden. unverhältnismäßig stark angewachsen. Daher sind Möglichkei- ten der Deregulierung und Entbürokratisierung zu prüfen und Eine der wesentlichen Gründe für die Berechtigung der Haupt- umzusetzen. Häufig wird eine Pauschalierung oder Budgetie- ansatzstaffel als bedarfsbildendes Element ist die Annahme, rung der Mittel möglich sein. Soweit das Mittelvolumen dies dass mit der zunehmenden Größe einer Gemeinde auch ihre nicht als sinnvoll erscheinen lässt und weiterhin projektgebun- zentralörtliche oder Umlandfunktion zunimmt. In der Reali- den bewilligt werden muss, sollten die Zuwendungsvorausset- tät ist das aber nicht immer bzw. nur eingeschränkt der Fall. zungen und die Abrechnungsmodalitäten vereinfacht und die Offenkundig ist das beim Zusammenschluss von zwei oder Möglichkeiten digitaler Verwaltung genutzt werden. So sollten mehreren Gemeinden zu einer neuen Einheitsgemeinde. An beispielsweise die Freiräume bei der baufachlichen Prüfung der zentralörtlichen Einstufung der neuen Gemeinde im Lan- durch den SIB erweitert werden. Um den Fördermitteldschun- desentwicklungsplan oder dem Regionalplan ändert sich gel zu »lichten«, sollten schließlich Fördermittelrichtlinien – durch den Zusammenschluss nichts. Im geltenden System der etwa für den Bildungsbereich – zusammengeführt werden. Die Hauptansatzstaffel, das nur auf die eigenen Einwohner abstellt, Deregulierung und Entbürokratisierung führt auch auf der Lan- steigt durch die Einwohnerveredelung jedoch der anerkannte desseite zu Einsparungen. Finanzbedarf an. Demgegenüber bleiben die Einwohner im sogenannten Verflechtungsbereich unberücksichtigt. Gerade b) Die investiven Schlüsselzuweisungen sollten für die Tilgung bei den Mittelzentren wird bei einer Gegenüberstellung der von Investitionskrediten eingesetzt werden können und Verflechtungsbereiche deutlich, dass je nach Lage eines Mit- zugleich nicht mehr auf Maßnahmen der infrastrukturellen telzentrums im Verhältnis zu den Oberzentren und anderen Grundversorgung beschränkt sein. 115 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung Investive Schlüsselzuweisungen können bislang nur zur außer- im Jahr 2020 gibt es aber keine Notwendigkeit mehr, den Ver- ordentlichen Tilgung von Investitionskrediten und für Maß- wendungseinsatz der investiven Schlüsselzuweisungen derart nahmen der infrastrukturellen Grundversorgung eingesetzt einzuschränken. Ansonsten müsste überlegt werden, zukünftig werden. Nach der weitgehenden Beendigung des infrastruktu- ganz auf die investiven Schlüsselzuweisungen zugunsten der rellen Aufholprozesses und dem Auslaufen des Solidarpaktes II allgemeinen Schlüsselzuweisungen zu verzichten. Taschenbuch für die Ratsarbeit Der Sächsische Städte- und Gemeindetag gibt anlässlich der dies- das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen eingehen sowie jährigen Kommunalwahlen ein Taschenbuch für die Ratsarbeit über Kommunalabgaben, kommunale Unternehmen und Vergaben heraus. Es richtet sich jedoch nicht nur an Ratsmitglieder, sondern informieren. Darüber hinaus wird im Anhang des Taschenbuchs die auch an (Ober-Bürgermeister/innen und an Verwaltungsbediens- Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen abgedruckt. tete, die mit der Ratsarbeit befasst sind. Der Preis je Taschenbuch beträgt 10,50 EUR inklusive Versand Das Taschenbuch orientiert sich an der ersten Auflage des Taschen- und Mehrwertsteuer. Der Versand der Taschenbücher erfolgt auf buches im Jahr 2014 und wird u. a. die Grundzüge des Kommunal- Rechnung. Von einer Staffelung des Preises nach Abnahmemengen verfassungsrechts und die Rechte und Pflichten der Gemeinderäte wurde aus Vereinfachungsgründen abgesehen. und Stadträte erklären, Erläuterungen zur Vorbereitung und Durch- führung der Ratssitzung vornehmen, auf den Finanzausgleich und Das Taschenbuch kann ab sofort bestellt werden. Wir streben eine Auslieferung des Taschenbuches ab Juli 2019 an. Da wir das Gesetz zur Änderung und Ergänzung kommunalrechtli- cher Regelungen und von Regelungen im Personalvertretungsrecht, das sich momentan als Landtags-Drucksache 6/16713 in den parla- mentarischen Beratungen befindet, nach Beschlussfassung durch den Sächsischen Landtag in das Taschenbuch einarbeiten möchten, können sich aus diesem Anlass u. U. Verzögerungen ergeben. Wir werden die bestellenden Kommunen über den Auslieferungstermin gesondert informieren. Ferner möchten wir darauf hinweisen, dass wir diejenigen Städte und Gemeinden, die im Rahmen der Bedarfsabfrage ihr Interesse an dem Taschenbuch bekundet haben, bevorzugt beliefern werden. Informationen und Bestellung: https://www.ssg-sachsen.de/index.php?id=ratsarbeit 116 Sachsenlandkurier 03|19
Kommunale Selbstverwaltung Wir machen es möglich. Mit der umfassend neugestalteten und erweiterten Kommunalrichtlinie der NKI. Jetzt informieren und Förderung beantragen. www.klimaschutz.de/kommunalrichtlinie Mit persönlicher Beratung vom Service- und Kompetenz- zentrum: Kommunaler Klimaschutz (SK:KK) (030) 390 01 - 170 117 Sachsenlandkurier 03|19
Dokumentenmanagement Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltungen – ein erster Werkstattbericht aus einer Großstadt Digitalisierung auf der Basis moderner Dokumentenmanagementsys- teme »auszurollen«, d. h. in der Breite anzuwenden. Der Einsatz neuer Technologien und die damit einhergehende informa- tionelle Vernetzung (Web 2.0, Social Media, Social Software etc.) stellt in diesem Zusammenhang eine Chance dar, die Kommunikation und Zusammenarbeit zur Erbringung dieser Dienstleistungen entscheidend Dr. Christian Aegerter Christian Burkert zu unterstützen und zu erleichtern. Leiter des Hauptamtes Abteilungsleiter IT-Koordination, der Stadt Leipzig Hauptamt der Stadt Leipzig In einem nächsten Schritt kann man davon ausgehen, dass mit den wei- teren Entwicklungen von künstlicher Intelligenz und neuen Datenspei- Inhaltsverzeichnis cherformen (Stichwort: Blockchain) auch wieder ein Technologieschub in den 2020er-Jahren neue Herausforderungen an die Verwaltungen 1 Anforderungen an die Stadtverwaltung der Zukunft bringen wird. 2 Integriertes Stadtentwicklungskonzept 3 Konzept »Moderne Verwaltung für die wachsende Stadt Leipzig« 4 Bisherige Erfahrungen bei der Digitalisierung 2. Integriertes Stadtentwicklungskonzept 5 Voraussetzungen für das Rollout der Digitalisierung 6 Umsetzung der Digitalisierung der Verwaltung in Leipzig Mit dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) (1) hat Leipzig 6.1 Zielbestimmung durch die Verwaltungsführung sich einen gesamtstädtischen Strategieansatz gegeben und nimmt 6.2 Rechtlicher Rahmen somit die Entwicklung der Stadt Leipzig ganzheitlich in den Fokus, 6.3 Einheitliche Basisinfrastruktur (Technik) Dieses strategische Konzept bildet eine wichtige Grundlage für ein 6.4 DMS/E-Akte als zentraler Baustein der Digitalisierung zielgerichtetes, modernes und bereichs- bzw. fachübergreifendes Ver- 6.5 Vorgehensmodell der Einführung der E-Akte waltungshandeln. Aus den gesamtstädtischen Zielen und Vorhaben 6.6 Digitalisierungsfahrplan ergeben sich entsprechende Anforderungen an die Stadtverwaltung 7 Steuerung der Prozesse und ihre Arbeitsweisen und -strukturen. 8 Unterstützung durch Projektmanagement 9 Wirtschaftliche Effekte der Digitalisierung der Prozesse – Für die »Verwaltung« wurde folgendes strategische Ziel formuliert: eine Abschätzung 10 Fazit Ziel ist eine moderne, gesamtstädtisch denkende Verwaltung im Sinne einer flexiblen, lernenden Organisation, die ihr Handeln an strategischen Zielen, aktuellen Handlungserfordernissen und den 1. Anforderungen an die künftigen finanziellen Ressourcen ausrichtet. Stadtverwaltung der Zukunft Die rasante digitale Entwicklung, einher- gehend mit Veränderungen in der Denk-, Lebens- und Arbeitsweise der Menschen, insbesondere der nachwachsenden Gene- rationen, verändern Ansprüche an Inf- rastrukturen und Serviceleistungen der Verwaltungen. Damit muss sich die Inno- vationsfähigkeit der Beschäftigten sowie die Innovationsbereitschaft der Politik und des Organisations- und Personalma- nagements entwickeln. Nur so kann der Wirtschaftsstandort Leipzig im weltweiten Wettbewerb auch mit modernen Verwal- tungsdienstleistungen platziert werden. Nach der Digitalisierung der sog. »Mas- senverfahren« in den 90er-Jahren und vielen Ansätzen für Pilotprojekte des E-Government Anfang der 2000er Jahre Abbildung: Zielbild »Leipzig 2030« besteht heute die Aufgabe darin, die 118 Sachsenlandkurier 03|19
Dokumentenmanagement 3. Konzept »Moderne Verwaltung ―― Die bestehende IT-Steuerung wird zukunftsfähig ausgerichtet. für die wachsende Stadt Leipzig« Zudem wird die Einführung neuer gesamtstädtischer IT-Vorha- ben durch effizientes übergreifendes Projektmanagement unter- Aufbauend auf dem INSEK wurde die Konzeption »Moderne Verwaltung stützt. für die wachsende Stadt Leipzig« (2) im Sinne von »Leipzig 2030« erar- ―― Informationssicherheit und Datenschutz sind gewährleistet. beitet und beinhaltet Handlungsschwerpunkte für die nächsten Jahre bis 2022 sowie perspektivisch bis 2030. Es soll Grundlage sowohl für Als zu realisierende Maßnahmen sind hier beispielhaft genannt: die Modernisierung des nach innen wirkenden Verwaltungshandelns ―― Elektronische Akte und digitale Vorgangsbearbeitung als Regelver- als auch der nach außen gerichteten Verwaltungsarbeit gegenüber der fahren einführen Bürgerschaft sein. ―― Zentrales Multiprojektmanagement und Maßnahmen zur Verbesse- rung der Steuerungsprozesse von IT-Projekten aufbauen Der Fokus des Konzeptes reicht dabei von der Stärkung demokratischer ―― Geschäftsstelle und Steuerungseinheit zur Digitalisierung der Ver- Werte über die Digitalisierung der Verwaltung, Entwicklung moderner waltung etablieren Arbeitswelten, neuer Personalmanagementsysteme und interne Kom- ―― Bürger- und Unternehmensportal einführen munikation bis hin zu der Stärkung der Kooperation mit Partnern aus ―― Elektronisches Archiv als gemeinsames Kommunalarchiv entwickeln Wirtschaft und Kommunen. ―― Bereitstellung von WLAN für mobiles Arbeiten und für die Bürger ―― Fachverfahren werden auf mobilfähigen Einsatz in der Verwal- tung umgestellt ―― WLAN in allen Verwaltungsgebäuden. Im Weiteren sollen insbesondere die ersten 3 Themen näher beleuchtet werden. 4. Bisherige Erfahrungen mit der Digitalisierung Die IT-Unterstützung der Aufgaben/Prozesse der Stadtverwaltung Leipzig wurde stetig mit dem Beginn der Digitalisierung in den 90er-Jah- ren ausgebaut. Dabei entwickelte sich vorrangig durch Individuallösun- gen eine heterogene Verfahrenslandschaft. Diese wurden nachfolgend Gesamtarchitektur der Handlungsfelder (HF) insbesondere durch neue technische Entwicklungen und die Festlegung von Standards soweit möglich konsolidiert und optimiert. Ausgehend von den zehn Handlungsfeldern wurden die themenspe- zifischen Zielstellungen definiert, die für die Handlungsfelder 3 und 4 Aufgrund der Diversität der Aufgaben der Stadtverwaltung sind aktuell nachfolgend dargestellt sind. Darüber hinaus wurden konkrete Maßnah- ca. 400 unterschiedliche Fachverfahren im Einsatz, die vorrangig durch men benannt, zunächst im Wesentlichen mit der zeitlichen Orientierung den zentralen IT-Dienstleister Lecos betrieben werden. Das bedeutet, bis 2022. dass der Großteil der Aufgaben der Stadtverwaltung bereits jetzt durch IT unterstützt wird. Ziele des HF 3: Gleichwohl unterliegen insbesondere die Massenverfahren (Aufga- Die Geschäftsprozesse der Stadtverwaltung Leipzig sind wirtschaft- ben der Stadtverwaltung mit hohen Fallzahlen/Kontakten zum Bürger/ lich organisiert und werden durch zukunftsfähige und nachhaltige Unternehmen) neuen Anforderungen (gesetzliche Änderungen, demo- Digitalisierung unterstützt. grafische Entwicklung, Digitalisierung). Vor allem die steigenden Ein- ―― Das Prozessmanagement wird als eine Grundlage für die wohnerzahlen bewirken steigende Fallzahlen in den verschiedensten moderne und effiziente Verwaltung aufgebaut. Bereichen der Verwaltung, insbesondere in den personenbedingten ―― Die Leistungserfüllung durch die Verwaltung orientieren Dienstleistungen, wie z. B. Meldeangelegenheiten, Personenstandswe- sich an den Prozessen. sen, KFZ-Zulassung, Sozialleistungen usw. ―― Wesentliche Prozesse sind im Prozessportal aktuell doku- mentiert. Das Portal ist für alle Beschäftigten zugänglich. Die Digitalisierung von Prozessen ist für die Verwaltung also kein Neuland. Andererseits existieren eine Reihe von Verfahren, die eine Ziele des HF 4: Vielzahl von (Ämter-)Beteiligungsprozessen zur Folge haben. Diese werden in den meisten Fällen noch nahezu analog betrieben, weil ein IT- ―― Die Stadtverwaltung Leipzig schafft eine technische Infrastruk- Fachverfahren die Bearbeitung zwar an sich unterstützt, aber nicht die tur und Standards zur Digitalisierung der Verwaltung mit den Aktenhaltung oder eben das Beteiligungsverfahren (z. B. Baugenehmi- Schwerpunkten Antragsmanagement zur Entgegennahme und gungsverfahren, Verfahren im Bereich des Kinder- und Jugendrechtes…). Bearbeitung von Onlineanträgen sowie ein Bürger- und Unter- nehmensportal. ―― Mobiles Arbeiten ist, soweit es fachlich notwendig ist, möglich. 119 Sachsenlandkurier 03|19
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