Kompass 02/13 zur Bundestagswahl 2013 Wer schafft die Energiewende?

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Kompass 02/13 zur Bundestagswahl 2013 Wer schafft die Energiewende?
Kompass 02/13
zur Bundestagswahl 2013

                          Wer schafft die
                          Energiewende?
Kompass 02/13 zur Bundestagswahl 2013 Wer schafft die Energiewende?
Kompass 02/13 zur Bundestagswahl 2013 Wer schafft die Energiewende?
Inhaltsverzeichnis

3    Editorial

5    Eine europäische Energiestrategie — zur Sicherung unserer Zukunft
     Ein Gastartikel von Günther H. Oettinger

9    „Den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen“
      Ein Gastartikel von Andreas Mundt

12   Im Interview: Die energiepolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen
12   Thomas Bareiß, MdB, CDU/CSU-Bundestagsfraktion

14   Rolf Hempelmann, MdB, SPD-Bundestagsfraktion

16   Klaus Breil, MdB, FDP-Bundestagsfraktion

18   Oliver Krischer, MdB, Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

20   Dorothée Menzner, MdB, Bundestagsfraktion DIE LINKE

23   Was die Energiewende braucht
     Die bne-Kernforderungen zur Bundestagswahl 2013

28   Im Überblick: Die energiepolitischen Programme der Parteien

32   Impressum

                                                                   Kompass 02/2013 1
Kompass 02/13 zur Bundestagswahl 2013 Wer schafft die Energiewende?
2 Kompass 02/2013
Kompass 02/13 zur Bundestagswahl 2013 Wer schafft die Energiewende?
Liebe Leserinnen
und Leser,

wer die Bundestagswahl 2013 ge­        überrascht über unerwartete           zeitnahe Reform des EEG und die
winnt, hat eine enorme energie­        Übereinstimmungen und erleich­        Einführung einer verpflichtenden
politische Aufgabe vor sich: Die       tert, das Ziel einer bezahlbaren      Direktvermarktung – zumindest
Energiewende zum Erfolg zu füh­        Energiewende in nahezu allen Par­     für neue Anlagen – hält er dagegen
ren. Konkret heißt das, die Reform     teiprogrammen zu finden. Dass         für dringend notwendig.
des Erneuerbaren-Energien-Ge­          die Wege zur Bezahlbarkeit unter­             Welche nächsten Schritte
setzes durchzuboxen, die Umstel­       schiedlicher Art sind – und von       der bne für unbedingt nötig hält
lung des Strommarktdesigns zu          gesetzlichen Verboten über Vertei­    haben wir in unseren Kernforde­
entwerfen, den Ausbau der Netze        lungsdebatten bis hin zu klaren       rungen auf Seite 23 zusammenge­
zu forcieren – und all das so trans­   Bekenntnissen zur sozialen Markt­     stellt. Wichtigster Punkt: Nur eine
parent, bürgernah und kosten­          wirtschaft reichen – spricht für      bezahlbare Energiewende, die eu­
günstig wie möglich.                   den gesunden Pluralismus unserer      ropäisch gedacht wird, kann lang­
       Wir wollten wissen, von         Demokratie.                           fristig erfolgreich sein.
welcher Partei die erfolgverspre­             Aus der europäischen Pers­
chendsten Ideen für dieses Mam­        pektive blickt EU-Kommissar Gün­      Ich wünsche Ihnen eine interes­
mutprojekt kommen und haben            ther H. Oettinger auf die Bundes­     sante Lektüre und einen spannen­
nachgefragt: Unsere Interviews         tagswahl: In seinem Gastartikel auf   den Wahlabend!
mit den energiepolitischen Spre­       Seite 5 warnt er vor den Gefahren
chern der aktuell im Bundestag         fragmentierter Märkte und betont
vertretenen Parteien lesen Sie auf     die Chancen einer einheitlichen
den Seiten 12 bis 21. In einer über­   europäischen Energiepolitik.
sichtlichen Tabelle haben wir ab              Von der übereilten Einfüh­
Seite 28 die Aussagen der Partei­      rung von Kapazitätsmechanismen        Ihr Robert Busch
programme zu den wesentlichen          rät der Präsident des Bundeskar­      bne-Geschäftsführer
energiepolitischen Themenfel­          tellamtes, Andreas Mundt, in sei­
dern gegenübergestellt – und waren     nem Beitrag ab (Seite 9). Eine

                                                                                                   Kompass 02/2013 3
Kompass 02/13 zur Bundestagswahl 2013 Wer schafft die Energiewende?
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Eine europäische Energiestrategie —
zur Sicherung unserer Zukunft
Ein Gastartikel von Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für Energie

Energie ist das Lebenselixier unserer Wirtschaft. Unser Lebensstil ist ohne eine
zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung — Elektrizität, Heizung, Kraft-
stoff — nicht denkbar. Noch nie hat die Welt so viel Energie gebraucht: Unser
Verbrauch ist heute beinahe doppelt so hoch wie 1980. Die Energiefrage ist eine
der größten Herausforderungen, denen sich Europa stellen muss. Wir können es
uns nicht leisten, einfach abzuwarten.

Wir müssen handeln, um die glo­        ein; unsere Investitionen für die      Früchte getragen: Dem Pipeline-
bale Erwärmung zu verhindern.          Zukunft sind jedoch nur lohnend        Projekt TAP wurde der Zuschlag für
Gleichzeitig brauchen wir erschwing­   und effizient in einem Markt,          die erstmalige direkte Lieferung
liche Energiepreise, da unsere         der den ganzen Kontinent umfasst.      von Gas aus Aserbaidschan in die
wirtschaftliche Wettbewerbsfähig­      Wir müssen zu einer gemeinsa­          EU erteilt.
keit in hohem Maße von wettbe­         men Energiepolitik finden, die un­            Ganz allgemein sehe ich
werbsfähigen Energiepreisen und        seren gemeinsamen politischen          für Maßnahmen zum Nutzen aller
einer zuverlässigen Energiever­        Zielen dient: Wettbewerbsfähig­        Mitgliedstaaten und Bürger fünf
sorgung abhängt. Auch die wach­        keit, Nachhaltigkeit und Versor­       Schwerpunktbereiche.
sende Abhängigkeit der EU von          gungssicherheit.
Einfuhren aus Drittländern gibt               Ein Beispiel für die Not­        Fokussierung auf
großen Anlass zur Sorge, insbe­        wendigkeit, international zu den­      ­E nergieeinsparungen
sondere in Bezug auf Erdöl (85 %)      ken, ist die Gasversorgung. Viele      Zunächst gibt es ein riesiges unge­
und Erdgas (65 %). Alle diese Her­     Mitgliedstaaten hängen von Gas­        nutztes Potenzial für Energieein­
ausforderungen, denen wir nicht        importen aus Russland ab. Wir          sparungen – wenn man hier ansetzt,
ausweichen können, erfordern           sind uns alle darin einig, dass eine   könnten Bürger und Unternehmen
entschlossenes Handeln.                Diversifizierung unserer Gasver­       gleichermaßen Geld sparen. Ange­
                                       sorgung für die Bürger und Unter­      sichts der Verpflichtungen, unsere
 Eine neue Strategie für das           nehmen in der gesamten EU von          Emissionen drastisch zu senken und
­n ächste Jahrzehnt                    Vorteil sein wird, und wir arbeiten    das Ziel einer Steigerung der Ener­
Nationale Politiken reichen nicht      darauf hin, neues, zusätzliches        gieeffizienz um 20 Prozent bis 2020
mehr aus, um einen kräftigen Wirt­     Erdgas aus dem kaspischen Raum         zu erreichen, lassen sich durch
schaftsaufschwung zu ermögli­          in die EU zu bringen. In den letz­     Maßnahmen zur S    ­ enkung des Ener­
chen und unseren Wohlstand zu          ten Jahren hat die EU-Kommission       giebedarfs am wirkungsvollsten
wahren. Jede Entscheidung, die         fortlaufend Gespräche mit Regie­       unmittelbare Auswirkungen für
in einem Mitgliedstaat getroffen       rungen und Unternehmen gleicher­       Energie­e inspa­r ungen, mehr ­W irt-
wird, hat Auswirkungen für die         maßen geführt, um sie davon zu         ­schaftlichkeit und die Aufrechter­
anderen. Fragmentierte Märkte          überzeugen, Gas aus dieser Region       haltung unserer Wettbewerbs­
untergraben die Versorgungssi­         nach Europa zu liefern.                 fähigkeit erzielen. Hierzu hat die
cherheit und schränken die Vor­               Im Juni haben diese europä­      EU eine neue Energieeffizienz­
teile eines fairen Wettbewerbs         ischen Anstrengungen schließlich        richtlinie erlassen, nach der die

                                                                                                  Kompass 02/2013 5
Mitgliedstaaten verbindliche Maß­        Bis 2015 sollte kein Mitgliedstaat     Verbraucher sollten eine größere
nahmen umsetzen müssen. Dazu             mehr vom europäischen Energie­         Auswahl haben und neue Möglich­
gehören u. a. ein System, das die        binnenmarkt ausgeschlossen sein.       keiten nutzen. Die Energiepolitik
Energieunternehmen dazu ver­             Dies bedeutet, dass wir unsere An­     muss verbraucherfreundlicher wer­
pflichtet, den Energieverbrauch          strengungen auf konkrete Projekte      den, und dazu bedarf es größerer
der Kunden zu senken, und die            konzentrieren müssen, die erforder­    Transparenz und besserer Informa­
Vorgabe, dass die Mitgliedstaaten        lich sind, um unsere Ziele zu errei­   tion. Ich würde mir wünschen,
jährlich drei Prozent der Gebäude        chen: Solidarität, ein verbundener     dass alle Instrumente, beispiels­
der Zentralregierung renovieren          Markt, neue Stromkapazitäten,          weise die Checkliste für Energiever­
müssen. In ihr sind auch Maßnah­         ein „intelligentes Netz“ und die Er­   braucher, verbessert und in größe­
men vorgesehen, um KMU für               zeugung erneuerbarer Energie, die      rem Umfang angewendet werden.
Energieaudits zu gewinnen. Für           allen Menschen zu wettbewerbs­         Dazu gehört auch, dass das Recht
große Unternehmen enthält sie            fähigen Preisen zur Verfügung steht,   aller Verbraucher auf Deckung ihres
die Verpflichtung, ihre Energieein­      in großem Maßstab. Ein europäi­        grundlegenden Energiebedarfs
sparmöglichkeiten zu prüfen.             scher Energiebinnenmarkt wird          jederzeit, auch bei Versorgungseng­
                                                                                                   pässen, gewähr­
Ein stark integrierter europäischer                                                                leistet ist.
Energiebinnenmarkt                       „Es ist an der Zeit, eine paneuropäische                          Ziele der
Wir sollten Hemmnisse, die die                                                                     Energiepolitik
Energieströme innerhalb der EU
                                          Infrastruktur für Energie zu schaffen,                   der EU sind au­
behindern, nicht mehr länger              wie sie für andere Bereiche von öffentli-                ßerdem größere
hinnehmen. Nationale Grenzen                                                                       Transparenz,
können die Vorteile des Binnen­
                                          chem Interesse schon lange besteht.“                     Zugang zu bes­
marktes, die Wettbewerbsfähigkeit                                                                  serer und um­
unserer Industrie und die Deckung        auch die Wettbewerbsfähigkeit der      fangreicherer Information, Verbes­
der grundlegenden Bedürfnisse            erneuerbaren Energien verbessern,      serung der Funktionsweise des
­a ller unserer Bürger gefährden. In     da in ihm ein im sonnigen Süden        Endkundenmarktes, Entwicklung
 einem integrierten Markt müssen         erzeugter Stromüberschuss für          einer angemessenen Infrastruk-
 fairer Wettbewerb, Dienstleistungs­     die Versorgung von Haushalten in       tur und Sicherheitsnetze für beson­
 qualität und freier Zugang gewähr­      Nordeuropa in Schwachwindzei-          ders schutzbedürftige Verbrau­
 leistet sein. Die Rechtsvorschriften    ten genutzt werden kann oder um­       chergruppen. Außerdem gibt es
 der EU müssen vollständig und           gekehrt der an windstarken Tagen       konstante Bemühungen, die Ener­
 ordnungsgemäß angewendet wer­           im Norden erzeugte Stromüber­          gieerzeugung und -umwandlung
 den. Eine wesentliche Vorausset­        schuss in Südeuropa verwendet          in jeder Hinsicht sicher zu machen.
 zung ist jedoch eine angemessene        werden kann, wenn dort der             Die EU stellt heute einen entschei­
 Infrastruktur. Es ist an der Zeit,      Himmel bedeckt ist.                    denden zusätzlichen Nutzen für alle
 eine paneuropäische In­f ra­s truktur                                          Bürger dar, denn sie gewährleistet,
 für Energie zu schaffen, wie sie für    Der Bürger an erster Stelle            dass in allen Mitgliedstaaten die
 andere Bereiche von öffentlichem        Bei diesen Anstrengungen sollten       höchsten Standards für die nuklea­
 Interesse, wie Telekommunikation        immer die Auswirkungen für die         re Sicherheit und die Sicherheits­
 oder Verkehr, schon lange besteht:      Bürger im Mittelpunkt stehen. Die      überwachung, die Offshore-Ölför­

6 Kompass 02/2013
Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für Energie

derung und -Gasgewinnung oder            Ausbau der Führungsposition der        Zeit zu handeln
die Entwicklung neuer Energie­           EU in der Welt                         In diesem Jahr steht die Debatte
technologien gelten. Dies ist der         Die EU sollte ein bevorzugter Part­   über unsere Energie- und Klima­
Weg, den wir weitergehen müs­             ner für Verhandlungen auf interna­    ziele für 2030 an. Wir werden ent­
sen, und wir müssen weiterhin             tionaler Ebene sein. Die derzeitige   scheiden, ob wir, wie bereits für
wachsam sein.                             Situation, in der externe Partner     das Jahr 2020, drei Ziele festle-
                                          „teilen und herrschen“ können, ist    gen (Verringerung der CO 2-Emis­
 Den Technologiewandel                    unhaltbar. Die EU verfügt über den    sionen, Erhöhung des Anteils er­
­v orbereiten                             größten regionalen Energiemarkt       neuerbarer Energien und Verbes­
Wir müssen die Führungsrolle              weltweit – einen Markt mit 500 Mil­   serung der Energieeffizienz) oder
­E uropas in der Energietechnolo­         lionen Menschen. Auf diesen Markt     nur eines oder zwei, und ob sie
 gie festigen und ausbauen. Ich           entfällt ein Fünftel des globalen     rechtsverbindlich sein sollten oder
 möchte einen europäischen Refe­          Energieverbrauchs. Wir importie­      nicht. Diese Entscheidungen müs­
 renzrahmen entwickeln, in dem            ren täglich durchschnittlich rund     sen wir dieses Jahr treffen, damit
 die Mitgliedstaaten und Regionen         drei Millionen Tonnen Rohöleinhei­    die Mitgliedstaaten sich darauf
 ihre Anstrengungen maximieren            ten. Außerdem ist die EU auch der     vorbereiten können und Investo­
 können, solche Technologien              größte Handelsblock der Welt. Wir     ren in der Industrie Rechtssicher­
 schneller auf den Markt zu brin­         müssen unser geopolitisches Ge­       heit haben. Wie Jean Monnet sagte:
 gen. Europa verfügt über einige          wicht in der Welt geltend machen      „Ohne Vision sind die Völker dem
 der besten Hersteller und For­           und die Vorteile des Binnenmark­      Untergang geweiht“. Unsere Gene­
 schungseinrichtungen im Bereich          tes nutzen. Jedes Mal, wenn die EU    ration muss die Gelegenheit nut­
 der erneuerbaren Energien: Diese         mit einer Stimme gesprochen hat,      zen, diese strategische Vision wahr
 Führung dürfen wir nicht abgeben.        beispielsweise im Rahmen der          werden zu lassen.
 Über die Umsetzung des Strate­          ­internationalen Zusammenarbeit
 gieplans für Energietechnologie          im Nuklearbereich, konnten Er­
 hinaus haben wir bereits einige          gebnisse erzielt werden. Die Inte­
 Großprojekte mit einem deut­li­chen      gration der Energiemärkte, in die
 zusätzlichen Nutzen für Europa           unsere Nachbarn einbezogen wer­
 auf den Weg gebracht:                    den, ist eine absolute Notwendig­
 • Intelligente Netze, die den Ver­      keit und trägt sowohl zu unserer
   bund des gesamten Stromnetzes          als auch zu ihrer Sicherheit bei.
   bis hin zu den einzelnen Haus­         Unsere internationalen Beziehun­
   halten herstellen und einen bes­       gen müssen aber noch weiter
   seren Zugang zu erneuerbaren           greifen und sollten darauf ausge­
   Energiequellen schaffen.               richtet sein, strategische Partner­
 •D ie Innovationspartnerschaft          schaften mit wichtigen Partnern
   „Intelligente Städte“, die inte­       zu schließen. Eine gemeinsame
   grierte Energiesysteme auf lo­         europäische Politik stärkt unsere
   kaler Ebene in ganz Europa för­        Position in schwierigen Verhand­
   dern und Energieeinsparungen           lungen und sichert unsere interna­
   erleichtern soll.                      tionale Führungsposition.

                                                                                                   Kompass 02/2013 7
„Den zweiten Schritt nicht
 vor dem ersten machen“
 Ein Gastartikel von Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes

 Mit der Energiewende wurde ein grundlegender Umbau der Energieversorgung in
 Deutschland angestoßen, der für Verbraucher, Industrie und Gewerbe — und damit
 auch für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft — von fundamenta-
 ler Bedeutung ist. Bis das Ziel von mindestens 80 Prozent erneuerbarer Energien
 in der Stromerzeugung im Jahr 2050 erreicht sein wird, ist es allerdings ein
 ­weiter Weg. Auf diesem Weg stehen in der neuen Legislaturperiode wichtige Ent-
  scheidungen über den künftigen Marktrahmen für die Stromerzeugung an.

 Am dringendsten ist die Reform         tischer Sicht geradezu auf. Ziel ist     wenn es hierfür keine Abnehmer
 der Förderung erneuerbarer Ener­       es, die erneuerbaren Energien zur        gibt. Diesen für das Gelingen
 gien. Das heutige System mit sei­      Marktreife zu bringen. Was liegt da      der Energiewende essentiellen Zie­
 nen massiven Kostensteigerungen        näher, als Abschied von der Fest­        len sind wir bis heute auch mit
 überfordert zunehmend Wirtschaft       vergütung zu nehmen und zumin­           den zaghaften Änderungen im EEG
 und Verbraucher. Die Probleme bei      dest Neuanlagen durch eine ver­          allenfalls einen kleinen Schritt
 der Markt- und Systemintegration       pflichtende Direktvermarktung            näher gekommen.
 erneuerbarer Energien sind offen­      unmittelbar in den Markt zu in­-                Viel spricht auch dafür, das
 sichtlich und nicht mehr tragbar.      te­g rieren? Durch einen solchen         Ausbautempo stärker zu steuern.
 Darüber hinaus wird über ein neu­      Schritt würde nach Jahren der            Der Ausbau erneuerbarer Energien,
 es Marktdesign für die konventio­      Subventionswirtschaft endlich der        die Anpassung des konventionel­
 nelle Erzeugung diskutiert. Hierfür    Wettbewerbsgedanke bei der För­          len Kraftwerksparks und der Netz­
 ist die Reform des EEG allerdings      derung erneuerbarer Energien Ein­        ausbau müssen im Gleichschritt
 eine wichtige Weichenstellung. Es      zug halten.                              erfolgen, um das Gelingen der Ener­
 wird daher notwendig sein, ein                  Zentral für die Marktintegra­   giewende zu gewährleisten und
 stimmiges Gesamtsystem zu ­schaf-      tion der erneuerbaren Energien           die Kosten in diesem schwierigen
 fen und dabei die einzelnen Schritte   ist, dass Preissignale des Marktes       Anpassungsprozess zu begrenzen.
 sorgsam aufeinander abzustim­          in Zukunft unverfälscht bei den Er­
 men, um den Prozess der Energie­       zeugern ankommen. Nur so kann            Konventionelle Erzeugung nicht
 wende effizient zu gestalten.          erreicht werden, dass die Anlagen­       übereilt regulieren
                                        betreiber ihre bisherige „produce        Erst wenn klar ist, wie der Umbau
 EEG schnell auf Wettbewerbskurs        and forget“-Mentalität aufgeben          des Förderregimes erneuerbarer
 bringen                                und die Erzeugung an der Nachfra­        Energien aussehen wird, gibt es
 Die Gestaltung des künftigen För­      ge ausrichten. Vor allem würde so        eine Entscheidungsgrundlage für
 derregimes für erneuerbare Ener­       erreicht, dass kein Strom aus erneu­     die künftige Gestaltung der kon­
 gien drängt sich aus ordnungspoli­     erbaren Energien produziert wird,        ventionellen Erzeugung und die

                                                                                                    Kompass 02/2013 9
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes

Einführung von Kapazitätsmecha­           gleich mit dem weitestreichen-           heiten und dro­h endes Regulie­
nismen. Ein veränderter Förder­           den Markteingriff zu begegnen.           rungsversagen. ­Z usätzlich gestei­
rahmen für Erneuerbare wird Rück­         Vielmehr empfiehlt sich ein              gert wird diese Komplexität durch
wirkungen auf die konventionelle          schrittweises Vorgehen.                  die notwendige Einbettung in den
Erzeugung haben. Eine gesamt­                    So muss in einem ersten           europäischen Binnenmarkt.
deutsche Kapazitätslücke wird zu­         Schritt der Energy-only-Markt fort­
dem frühestens 2020 erwartet.             entwickelt werden, etwa um die           Kein vorschneller Abschied von
Dies verschafft heute die notwen­         Preisbereitschaft für gesicherte Leis­   Marktmechanismen
dige Zeit, sich über die Umgestal­        tung stärker zu mobilisieren. Dies         Während es bei der Förderung
tung des Energiemarktes Klarheit          könnte den Markt beim notwendigen          erneuerbarer Energien gilt, stärker
zu verschaffen.                                                                                        auf Marktme­
        Es bestehen vielfältige Unsi­                                                                  chanismen zu
cherheiten bezüglich der Zukunft        „Erst wenn klar ist, wie der Umbau                             bauen, sollten
des Energy-only-Marktes. Zwar kön­                                                                     wir uns bei der
nen heute manche konventionel­
                                         der Erneuerbaren-Förderung aussehen                           konventionel-
len Kraftwerke ihre Fixkosten nicht      wird, gibt es eine Entscheidungs-                             len Erzeugung
mehr verdienen. Wenn aber die                                                                          nicht vorschnell
derzeit noch bestehenden Überka­
                                         grundlage für die Einführung von Kapa-                        von Marktme­
pazitäten abgebaut werden, könn­         zitätsmechanismen.“                                           chanismen ver­
ten sich auch wieder höhere Preise                                                                     abschieden.
bilden. Dies kann den Weiterbe­                                                                        Denn ein mög­
trieb eines Kraftwerks oder Neuin­        Anpassungsprozess an die neuen           lichst freier Markt ist der beste
vestitionen wieder attraktiver            Marktverhältnisse unterstützen.          ­Motor, um ein effizientes und kos­
­machen. Auch könnte ein höheres          Soweit zur Gewährleistung der Ver­        tendämpfendes Zusammenwir-
 Preisniveau die Flexibilisierung         sorgungssicherheit erforderlich,          ken von Erneuerbaren, Kraftwer­
 der Nachfrage und den Bau von            könnte dieser Prozess zunächst            ken und Flexibilitäten wie Last­
 Speichern verstärkt anreizen.            durch eine Strategische Reserve ab­       management und Speichern zu
 Folge hiervon wäre ein insgesamt         gesichert werden. Erst wenn diese         erreichen. Und auch die Effi­
 niedrigerer Bedarf an konven­            Maßnahmen sich als nicht ausrei­          zienzpotenziale des europäischen
 tionellen Back-up-Kapazitäten.           chend erweisen sollten, kommt die         Binnenmarktes lassen sich am
        Ob, wann und in welchem           Einrichtung eines Kapazitätsmark­         ­b esten nutzen, wenn auf Markt­
 Umfang eine Lücke bei den kon­           tes in Betracht. Ein Kapazitätsmarkt       mechanismen statt auf Staats­
 ventionellen Erzeugungskapazitä­         muss aber Ultima Ratio bleiben.            intervention gesetzt wird. Auf
 ten entsteht, ist somit noch unklar.     Denn aufgrund der Komplexität              Wettbewerb kann daher auf dem
 Viel spricht daher dafür, der ver­       der Märkte birgt er große Risiken          weiteren Weg der Energiewende
 meintlichen Gefahrenlage nicht           im Hinblick auf P ­ rognoseunsicher-       nicht verzichtet werden.

10 Kompass 02/2013
Auf dem Prüfstand:
Die Energiepolitik der CDU/CSU
Der energiepolitische Koordinator der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Thomas Bareiß, MdB, im Interview

bne: Die Energiepreise stehen         antwortung übernehmen, sie           ner suchen. Wenn der Netzaus-
im energiepolitischen Fokus dieser    müssen sich Markt und Wettbe­        bau mit dem Ausbau der Erneuer­
Bundestagswahl. Mit welchen Maß-      werb stellen.                        baren nicht Schritt halten kann,
nahmen will Ihre Partei die Preise                                         muss das Tempo beim Ausbau ge­
im Zaum halten?                       Bitte ganz konkret: Wie wollen Sie   drosselt werden. Anreize müssen
Thomas Bareiß: Hauptkosten­           die steigenden Kosten der Erneu-     bedarfs­gerecht gesetzt werden.
treiber ist die Förderung der er­     erbaren-Förderung in den Griff be-
neuerbaren Energien. Schon            kommen? Welche Änderungen am          Und was ist mit den Netzen: Wie
heute zahlt der Verbraucher für       EEG planen Sie?                       wollen Sie den notwendigen Netz-
die EEG-Förderung rund 20 Mil­        Es gibt eine Reihe vielverspre­       ausbau rechtzeitig sicherstellen,
liarden Euro. Sowohl Privathaus­      chender Modelle. Wichtig wird         ohne dass auch hier die Kosten
halte, als auch vor allem die Wirt­   sein, dass sich die erneuerba-       ­e xplodieren?
schaft dürfen nicht noch mehr         ren Energien dem Wettbewerb          Wir haben wichtige Grundlagen
belastet werden. Deshalb wird im      stellen und stärker in den Ener­     für einen beschleunigten Ausbau
Fokus der kommenden Legisla­          giemarkt integriert werden. Das      geschaffen. Verfahren wurden
turperiode eine große Reform des      bedeutet: deutlich mehr Integra­     ­gebündelt und die Planungs- und
EEG stehen. Die erneuerbaren          tion und Synchronisation. Wer         Genehmigungszeit von zehn auf
Energien müssen mehr Eigenver­        fluktuierend ist, muss sich Part­     vier Jahre gekürzt. Es ist wichtig,

12 Kompass 02/2013
dass wir hier weiter Tempo ma­          topf für konventionelle Kapazitä­    Brauchen wir in Deutschland zu-
chen. Denn der Zubau der erneuer­       ten aufzumachen.                     sätzliche Instrumente, um die EU-
baren Energien verläuft deutlich                                             Energieeffizienzziele zu erreichen?
schneller als der Netzausbau.           Und wie können all diese Maß­        Wir haben in Deutschland eine
Haupt­h erausforderung beim Netz­       nahmen mit dem EU-Energie­           Reihe von erfolgreichen Instrumen­
ausbau werden nicht die Kosten,         binnenmarkt in Einklang gebracht     ten für mehr Energieeffizienz. Zur
sondern die Akzeptanz sein. Des­        werden?                              Umsetzung der Energieeffizienz­
halb setzen wir auf umfassende          Ich erwarte von der EU, dass         richtlinie sollten wir weiter auf
Bürgerbeteiligung.                      sie einen Rahmen für Kapazitäts­     ­Anreize statt auf Zwang setzen und
                                        märkte vorgibt. Denn es kann          gegebenenfalls unsere bestehen­
Glauben Sie, dass das heutige           nicht unser Interesse sein, dass      den Instrumente optimieren. Wir
Energiemarktsystem auch in Zu-          28 unterschiedliche Kapazitäts­       werden auch erneut einen Anlauf
kunft die Versorgungssicherheit         märkte entwickelt werden. Hier        bei der steuerlichen Förderung der
gewährleisten kann? Anders ge-          braucht es sehr bald eine trag­       Gebäudesanierung nehmen. Das
fragt: Brauchen wir einen Kapa­         fähige Lösung. Anderenfalls ist       würde nochmal einen neuen Schub
zitätsmarkt?                            der Binnenmarkt in Gefahr.            geben und helfen, unsere Ziele
Der Markt befindet sich gerade                                                zu erreichen.
im Umbruch. Viele Kraftwerke            Welche Rolle kommt Verbrau­
stehen nicht mehr im Geld. Das          cherinnen und Verbrauchern im         Wie lässt sich die deutsche Ener-
geht teilweise auf Konsolidie-          zukünftigen Energiemarkt Ihrer        giewende künftig auch europäisch
rung des Marktes, aber vor allem        Meinung nach zu?                      und in den Bundesländern so ver-
auch auf massive Marktverän­            Mit der Abschaltverordnung            ankern, dass nicht gegeneinander,
derungen durch die erneuerba-           und ersten Regelungen für den         sondern gemeinsam am Erfolg
ren Energien zurück. Deshalb            Einsatz von Smart Metern ha-         ­g earbeitet wird?
braucht es sicher Anpassungen           ben wir begonnen, den Verbrau­       Ein Energieministerium würde auf
beim Marktdesign. Hier sind             cher stärker in den Energie-         jeden Fall die vielen Abstimmungs­
­u nterschiedliche Modelle vorge­       markt zu integrieren. In einem       prozesse der Energiewende ver­
 stellt worden. Es gilt jetzt, Schwä­   ­zukünftigen Marktdesign muss        einfachen. Auch in Europa brau­
 chen und Stärken der Modelle zu         stärker als bisher die Nachfrage­   chen wir mehr Schlagkraft und
 diskutieren, denn Schnellschüsse        seite eingebunden und ein ein­      eine Stimme im Energieministerrat.
 sollten vermieden werden. Ziel          heitlicher Rahmen für intelligen-
 kann nicht sein, neben dem EEG          tes Lastenmanagement geschaf-       Wir danken Ihnen für
 noch einen ausufernden Förder­          fen werden.                         Ihre Ant­w orten.

                                                                                                Kompass 02/2013 13
Auf dem Prüfstand:
Die Energiepolitik der SPD
Der energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion,
Rolf Hempelmann, MdB, im Interview

bne: Die Energiepreise stehen im        Direktvermarktung von Strom aus         auf allen Netzebenen be­rücksichtigt
energiepolitischen Fokus dieser         erneuerbaren Energien umbauen.          werden. Angesichts zunehmender
Bundestagswahl. Mit welchen Maß-        Für Neuanlagen müssen wir den           Attraktivität von Selbstversorgung
nahmen will Ihre Partei die Preise      Zustand beenden, dass bei einer die     muss die Netzkostenallokation neu
im Zaum halten?                         Nachfrage übersteigenden Strom­         organisiert werden.
Rolf Hempelmann: Grundlage              produktion für die abgeregelten Neu­
­einer bezahlbaren Energiewende         anlagen Entschädigungen gezahlt         Glauben Sie, dass das heutige
 ist der kosteneffiziente Umbau         werden. Zudem diskutieren wir ein       Energiemarktsystem auch in Zu-
 ­u nseres Energiesystems mit auf­      Vermarktungsmodell für erneuer­         kunft die Versorgungssicherheit
  einander abgestimmten Maß­            bare Energien, in dem Akteure wie       ­g ewährleisten kann? Anders ge-
  nahmen. Hierzu gehören neben          Bilanzkreisverantwortliche oder          fragt: Brauchen wir einen Kapa­
  dem Um- und Ausbau der Über­          Händler Verantwortung für eine           zitätsmarkt?
  tragungs- und Verteilnetze die Ent­   werthaltige Vermarktung des EEG-        Wir brauchen einen sorgfältig
  wicklung und Markteinführung          Stroms übernehmen.                      ­e rarbeiteten Marktrahmen, in
  von Kurz- und Langfristspeichern                                               dem nicht nur der gelieferte
  und eine Flexibilisierung der Nach­   Und was ist mit den Netzen: Wie          Strom, sondern auch die Vorhal­
  frage durch intelligentes Last­       wollen Sie den notwendigen Netz-         tung der Kapazität einen Preis
  management. Nur mit Vermeidung        ausbau rechtzeitig sicherstellen,        ­erhält. Diese Preise sollten sich
  von Stranded Investments und          ohne dass auch hier die Kosten ex-        in einem wettbewerblichen
  der Hebung der Effizienzpotenziale    plodieren?                                ­Umfeld bilden, um Mitnahme­
  ist die Energiewende zu vertret­      Die jährlich fortzuschreibenden            effekte zu Lasten der Verbrau-
  baren Kosten und Preisen möglich.     On- und Offshore-Netzentwick­              cher zu verhindern. Darüber hin­
                                        lungspläne sollen den Netzbedarf           aus sollten in das neue Markt­
Bitte ganz konkret: Wie wollen          mit der Entwicklung der Erzeu­             modell auch die Flexibilitäten auf
Sie die steigenden Kosten der Er-       gungsstruktur in Einklang bringen          der Angebots- und Nachfrage-
neuerbaren-Förderung in den             und unnötige Investitionen ver­            seite integriert werden. So kön­
Griff bekommen? Welche Änderun-         hindern. Gleichzeitig müssen auch          nen Betreiber von Speichern
gen am EEG planen Sie?                  die verfügbaren Flexibilitäten auf         oder Anbieter von abschaltbaren
Wir müssen das EEG mit dem Ziel         der Nachfrageseite und damit e  ­ in-      Lasten ihre Produkte an Flexi­
einer schrittweisen Steigerung der      zusparende Transportkapazi­täten           bilitätsmärkten anbieten.

14 Kompass 02/2013
Und wie können all diese Maß­          ratend unterstützt werden. Darü­      Umsetzung von Effizienzmaßnah­
nahmen mit dem EU-Energiebin-          ber hinaus können besonders           men unterstützten.
nenmarkt in Einklang gebracht          ­g ewerbliche Kunden durch das
werden?                                 Angebot von Lastverschiebun-         Wie bringt Ihre Partei ihr unein­
 Für eine erfolgreiche Vollendung       gen günstigere Tarife bekommen       geschränktes Plädoyer für Braun-
 des EU-Energiebinnenmarktes ist        und einen Beitrag zur Stabilität     und Steinkohlekraftwerke mit den
 es wichtig, dass die Versorgungs­      der Stromversorgung leisten. Des­    EU-Klimaschutzzielen in Einklang?
 sicherheit nicht mehr allein in        halb muss der Netzregulierer die     Und: Lohnen sich solche Kraft­
 ­n ationalstaatlichen Grenzen orga­    Rahmenbedingungen für den Aus­       werke bei hohen CO 2-Preisen über-
  nisiert wird. Aufeinander abge­       bau intelli­g enter Netze und zur    haupt noch?
  stimmte Flexibilitätsmärkte auf       Einführung zeit- und lastvariabler   Die Entwicklung der Stein- und
  dem westeuropäischen Gebiet           Tarife verbessern.                   Braunkohle ist keine Frage politi­
  des Market Coupling führen zu                                              scher Plädoyers. Die zukünftige
  einem optimierten Einsatz und        Brauchen wir in Deutschland zu-       Ausgestaltung des konventionel­
  Neubau von Kraftwerken und           sätzliche Instrumente, um die EU-     len Kraftwerkparks wird maßgeb­
­g arantieren Versorgungssicher-       Energieeffizienzziele zu erreichen?   lich vom weiteren Ausbautempo
  heit zu den niedrigst möglichen      Zunächst müssen wir die vorhan­       der erneuerbaren Energien ab­
  Kosten für alle Verbraucher. Hier-   denen Instrumente wirkungsvol-        hängen. Zudem wird auch die
  zu brauchen wir einen stärkeren      ler ausgestalten. Hierzu zählt eine   Entwicklung der Kraft-Wärme-
  Ausbau der Grenzkuppelstellen.       verlässliche Finanzierung der         Kopplung (KWK) die Grenzen für
                                       ­F örderprogramme, wie des CO 2-      Kondensationskraftwerke auf­
Welche Rolle kommt Verbrau­             Gebäudesanierungsprogramms.          zeigen. Darüber hinaus muss der
cherinnen und Verbrauchern im           In den letzten vier Jahren wurde     europäische CO 2-Emissionshan-
zukünftigen Energiemarkt Ihrer          die finanzielle Ausstattung der      del mindestens durch frühzeitige
Meinung nach zu?                        Programme hoch- und runterge­        und ambitionierte Rahmenset­
Gut wäre, wenn die Verbrauche­          fahren und Investoren verunsi­       zungen für die nächste Handels­
rinnen und Verbraucher künftig          chert. Die SPD wird einen Energie­   periode gestärkt werden.
noch stärker Preise vergleichen         effizienzfonds auflegen und hier-
und ggf. den Anbieter wechseln          durch Privatverbraucher und KMU      Wir danken Ihnen für
würden. Hierbei müssen sie be­          bei Energieberatungen und der        Ihre Ant­w orten.

                                                                                               Kompass 02/2013 15
Auf dem Prüfstand:
Die Energiepolitik der FDP
Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion,
Klaus Breil, MdB, im Interview

bne: Die Energiepreise stehen         den Bürgerinnen und Bürgern zu­       setzung dieser Projekte ist dann
im energiepolitischen Fokus die-      gemutet werden sollen.                die Anreizregulierung durch die
ser Bundestagswahl. Mit wel-                 Weiterhin haben wir ein        Bundesnetzagentur zuständig.
chen Maßnahmen will Ihre Partei       Mengenmodell vorgesehen, das
die Preise im Zaum halten?            Energieversorgern und Stadtwer-       Glauben Sie, dass das heutige
Klaus Breil: Die FDP hat als erste    ken vorschreibt, eine bestimmte       Energiemarktsystem auch in Zu-
und einzige Partei bereits im Som­    Menge an Strom aus erneuerba-         kunft die Versorgungssicherheit
mer 2012 einen Vorschlag für eine     ren Energien in ihrem Energiemix      ­g ewährleisten kann? Anders ge-
dreistufige Reform zur Förderung      zu haben. In seiner Vollendung         fragt: Brauchen wir einen Kapa­
der erneuerbaren Energien ge­         sollte das dann auf ganz Europa        zitätsmarkt?
macht. Orientiert haben wir uns       ausgedehnt werden.                    Nein, brauchen wir nicht. Ich
dabei am Kriterium der Kosten­                                              ­glaube fest an eine Reihe von Maß­
effizienz. Wenn wir schon bei einem   Und was ist mit den Netzen: Wie        nahmen, die die Einführung eines
Umlagesystem bleiben, dann soll       wollen Sie den notwendigen Netz-       Kapazitätsmarktes in naher Zu­
wenigstens aus jedem Euro das         ausbau rechtzeitig sicherstellen,      kunft entweder verzögern, oder gar
Maximum an erneuerbaren Ener­         ohne dass auch hier die Kosten ex-     unnötig machen: Wir haben die
gien rausgeholt werden. Als erste     plodieren?                             Kraftwerksreserveverordnung im
und kurzfristige Stufe sieht unser    Wir haben eine Reihe von Geset­        EnWG eingeführt und damit den
Vorschlag vor, den Verbrauchern       zen für einen systematischeren         Kapazitätsbedarf bis 2017 abgesi­
die Mehrwertsteuer auf die letzte     und strukturierteren Netzausbau        chert. Spätestens dann wird auch
Erhöhung der EEG-Umlage über          auf den Weg gebracht. Wir haben        die Thüringer Strombrücke die
die Stromsteuer zu erlassen.          das Energiewirtschaftsgesetz ange­     ­Situation in Bayern entspannen.
                                      passt, wir haben das Netzausbau­        Wir haben das Kraft-Wärme-Kopp­
Bitte ganz konkret: Wie wollen        beschleunigungsgesetz verabschie­       lungsgesetz novelliert und reizen
Sie die steigenden Kosten der Er-     det und gemeinsam mit vielen            damit den Neubau hocheffizienter
neuerbaren-Förderung in den           Beteiligten über einen Netzentwick­     Kapazitäten an – große Anlagen
Griff bekommen? Welche Änderun-       lungsplan und einen Bundesbe­           wie auch kleine im Schwarm. Wir
gen am EEG planen Sie?                darfsplan ein Bundesbedarfsplan­        haben die Verordnung über ab­
Die Förderung von solchen erneu­      gesetz entwickelt.                      schaltbare Lasten eingeführt, inklu­
erbaren Energiearten, die auch               Durch die jährliche Evalu­       sive der Möglichkeit zur Teilnahme
heute schon ohne Subventionie­        ation des Bundesbedarfsplans, bei       kleinerer Unternehmen durch Poo­
rung auskommen, wie z. B. die         dem Strecken hinzukommen, aber          ling und wir haben die Pumpspei­
­Fotovoltaik und Teile von Onshore-   auch wieder rausfliegen können,         cherkraftwerke in Deutschland von
 Wind, ist schnellstens einzustel-    gehen wir sicher, dass nur so viel      den Netzentgelten befreit. Wir
 len. Es gibt nämlich keinen Grund,   gebaut wird, wie wir wirklich brau­     bauen die Grenzkuppelstellen zu
 dass die Belastungen weiterhin       chen. Für die Effizienz bei der Um­     unseren Nachbarn in Europa aus,

16 Kompass 02/2013
z. B. verbinden wir mit dem Projekt   Welche Rolle kommt Verbrau­             beziehung aller Sektoren. Das Ziel
Nord.Link unseren Markt physisch      cherinnen und Verbrauchern im           des europäischen Emissionshan­
enger mit dem norwegischen. Schon     zukünftigen Energiemarkt Ihrer          delssystems (ETS) war es, dem Aus­
sehr eng verknüpft sind wir durch     Meinung nach zu?                        stoß von CO 2 einen Preis zuzuord­
Verträge mit österreichischen Pump­   Die Nachfrage nach Strom beim           nen und nicht, die Haushalte der
speicherkraftwerken mit unserem       aktuellen Preisniveau ist zu preis­     Mitgliedstaaten durch eine mög­
Alpennachbarn. Und zu guter Letzt     unelastisch, als dass ich mir von       lichst hohe Belastung der Industrie
baut die Industrie mehr und mehr      dieser Seite tatsächliche Verhaltens­   zu sanieren. Die Unternehmen,
auf eine Energieversorgung durch      änderungen verspreche.                  die an das System geglaubt haben,
eigene Anlagen.                                                               genießen in meinen Augen wie
        Tatsächlich Sorge macht       Brauchen wir in Deutschland zu-         alle anderen Marktteilnehmer auch
mir aber die Entwicklung in Frank­    sätzliche Instrumente, um die EU-       Vertrauensschutz. Weshalb sollte
reich, das 2015/2016 mit seinem       Energieeffizienzziele zu erreichen?     das, was für erneuerbare Energien
Kapazitätsmarkt starten wird. Das     Nein. Das Prognos-Gutachten             gilt, nicht auch für den Emissions­
setzt uns unter Druck. Wir als Ver­   hat aufgezeigt, dass Deutschland        handel gelten?
braucher werden zwar zunächst in      bei der Energieeffizienz auf einem
Bezug auf Versorgungssicherheit       hohen Niveau startet. Natürlich sind    Wir danken Ihnen für
und Preisniveau davon profitieren,    unsere Ziele ernst zu nehmen, aber      Ihre Ant­w orten.
zumindest so lange Frankreich an      ich begrüße Vorschläge, wie den des
einem kalten Wintertag nicht all      Industrieausschusses des Europäi­
seine Kapazitäten selbst benötigt.    schen Parlaments, dass mit Mitteln
Meine Befürchtung aber ist: Unse­     des Kohäsionsfonds Energieeffi­
ren Kraftwerksbetreibern werden       zienzmaßnahmen in ärmeren EU-
diese neuen Anlagen auch noch         Mitgliedstaaten gefördert werden.
die letzten rentablen Betriebsstun­   Während bei uns mit einem Euro
den abnehmen. Darüber sollten         kaum noch Effizienzsteigerungen
wir in den kommenden Wochen           heraus zu kitzeln sind, kann man
und Monaten diskutieren.              damit mancherorts noch einen
                                      großen Beitrag leisten.
Und wie können all diese Maßnah-
men mit dem EU-Energiebinnen-         Wie passt das grundlegende Bekennt-
markt in Einklang gebracht werden?    nis Ihrer Partei zum CO2-Handel mit
Das werden wir zunächst am Bei­       der Ablehnung des Backloading-Vor-
spiel Frankreichs sehen. Aber diese   schlags auf EU-Ebene zusammen?
Diskussion ist auch auf EU-Ebene      Die FDP steht für einen allum­
mitten im Fluss.                      fassenden CO 2-Handel unter Ein­

                                                                                                Kompass 02/2013 17
Auf dem Prüfstand:
Die Energiepolitik der GRÜNEN
Der Sprecher für Energiewirtschaft der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, Oliver Krischer, MdB, im Interview

bne: Die Energiepreise stehen         Einspeisevorrang und feste Ver­      Glauben Sie, dass das heutige
im energiepolitischen Fokus die-      gütungszahlungen für Erneuer-        Energiemarktsystem auch in Zu-
ser Bundestagswahl. Mit wel-          bare beibehalten werden. Zudem       kunft die Versorgungssicherheit
chen Maßnahmen will Ihre Partei       müssen die Vergütungssätze           ­g ewährleisten kann? Anders ge-
die Preise im Zaum halten?            weiterhin nach Technologien dif­      fragt: Brauchen wir einen Kapa­
Oliver Krischer: Wir Grüne setzen     ferenziert – aber auch degres-        zitätsmarkt?
uns dafür ein, dass Kosten und        siv – gestaltet sein. Eingriffe in   Der weitere Ausbau der Erneuerba­
Nutzen der Energiewende wieder        die Vergütungen für Bestands­        ren sowie die verschärfte Wettbe­
gerechter verteilt werden. Weil       anlagen lehnen wir ab.               werbsintensität unter den Strom­
­i mmer mehr Großunternehmen                                               erzeugern wird dazu führen, dass
 bei der EEG-Umlage und den           Und was ist mit den Netzen: Wie      konventionelle Kraftwerke immer
 Netzentgelten (teil-)befreit sind,   wollen Sie den notwendigen Netz-     weniger Betriebsstunden erreichen
 müssen Mittelstand und Privat­       ausbau rechtzeitig sicherstellen,    und zunehmend aus dem Markt
 haushalte überproportional viel      ohne dass auch hier die Kosten ex-   verdrängt werden. Durch den Aus­
 für Netze und Ökostromausbau         plodieren?                           bau der fluktuierenden Erneuer­
 bezahlen. Deshalb wollen wir         In den letzten Jahren hat der        baren benötigt Deutschland mittel­
 Industrie-Privilegierungen auf       Netzausbau mit dem Wandel der        fristig ein neues Strommarktdesign,
 Härtefälle begrenzen. Damit pro­     Energielandschaft nicht Schritt      welches sich nicht an fossilen Kraft­
 fitieren nur noch diejenigen, die    gehalten. Dies hat vereinzelt zu     werken, sondern an den erneuer­
 tatsächlich im internationalen       Engpässen geführt. Deshalb brau­     baren Energien ausrichtet. Aus un­
 Wettbewerb stehen. Mit den grü­      chen wir einen maßvollen Netz­       serer Sicht stellen fokussierte Kapa-
 nen Maßnahmen könnten Mit­           ausbau. Um ihn rechtzeitig und       zitätsmärkte am besten sicher, dass
 telstand und Privathaushalte um      bezahlbar zu vollziehen, brau-       nur Kraftwerke, Laststeuerungs­
 ca. vier Mrd. Euro entlastet und     chen wir eine deutsche Netzgesell­   maßnahmen und Speicher Einkom­
 die EEG-Umlage um rund ein           schaft in mehrheitlich öffentli­     men erzielen, die einerseits Versor­
 Cent/kWh gesenkt werden.             cher Hand. Sie kann das nötige       gungssicherheit garantieren, gleich-
                                      Kapital organisieren, damit Off­     zeitig jedoch einer Transformation
Bitte ganz konkret: Wie wollen        shore-Windparks zügig angeschlos­    des Stromsektors in Richtung einer
Sie die steigenden Kosten der Er-     sen und Stromautobahnen aus­         Vollversorgung mit erneuerbaren
neuerbaren-Förderung in den           gebaut werden. Denn es darf z. B.    Energien nicht im Wege stehen.
Griff bekommen? Welche Änderun-       nicht sein, dass die Stromkun-
gen am EEG planen Sie?                den mit der von Schwarz-Gelb ein­    Und wie können all diese Maßnah-
Neben den ( Teil-)Rücknahmen          geführten „Offshore-Umlage“ für      men mit dem EU-Energiebinnen-
im EEG setzen sich die Grünen für     den verspäteten Netzanschluss        markt in Einklang gebracht werden?
eine Weiterentwicklung des EEG        von einzelnen Übertragungsnetz­      Kapazitätsmärkte werden bereits
ein. Allerdings müssen dabei der      betreibern blechen müssen.           in einzelnen EU-Staaten imple­

18 Kompass 02/2013
mentiert. In Deutschland haben       Brauchen wir in Deutschland zu-       cherheit als wichtige und gleich-
sich Union und FDP bisher je-        sätzliche Instrumente, um die EU-     berechtigte energiepolitische
doch mit dem Thema kaum be­          Energieeffizienzziele zu erreichen?   Ziele anerkennt?
schäftigt. Damit werden auf EU-      Noch 2007 wollte Angela Merkel        Mit unserem Ziel von 100 Prozent
Ebene bereits Fakten geschaffen,     Deutschland zum Effizienzwelt­        Erneuerbaren tragen wir nicht nur
bevor Deutschland überhaupt          meister machen. 2013 ist Deutsch­     zur Versorgungssicherheit, son­
darüber diskutiert. Die Regierung    land bei den anderen EU-Staaten       dern auch zur langfristigen Bezahl­
muss sich endlich beim Thema         nur noch als Bremsklotz bekannt.      barkeit von Strom bei. Denn durch
­Kapazitätsmärkte auf europäischer   Zuerst wurde bei den Verhand­         ihre dezentrale und flächende­
 Ebene stärker einbringen. Denn      lungen zur EU-Energieeffizienz­       ckende Verfügbarkeit wirken sich
 nur so lassen sich Verzerrungen     richtlinie von Seiten der Union       die Erneuerbaren stabilisierend
 des EU-Binnenmarktes verhin­        und FDP blockiert und später ver­     auf die Stromversorgung aus. Gleich­
 dern und Effizienz- und Kosten­     sucht, die Richtlinie zu verwäs­      zeitig vermeiden sie den Import
 potenziale heben.                   sern. Dabei ist die günstigste und    von fossilen Ressourcen wie Kohle
                                     klimafreundlichste Kilowatt­          und Uran, deren Kosten ständig
Welche Rolle kommt Verbrau­          stunde diejenige, die gar nicht       steigen. Nur die unendlich vorhan­
cherinnen und Verbrauchern im        erst produziert wird. Die Grünen      dene Energie aus Sonne, Wind
zukünftigen Energiemarkt Ihrer       wollen deshalb die Energiever­        und Co. macht unseren Strom dau­
Meinung nach zu?                     sorger verpflichten, durch Effizi­    erhaft bezahlbar.
Der Energiemarkt der Zukunft         enzmaßnahmen bei ihren Kun-
liegt in Bürgerhand, denn die        den Energie und Kosten einzuspa­      Wir danken Ihnen für
Energiewende ist das erfolgreichs­   ren. So wollen wir einen neuen,       Ihre Ant­w orten.
te wirtschaftliche Demokratisie­     dynamischen Markt für Energie­
rungsprojekt in Deutschland. Sie     dienstleistungen schaffen. Zu-
hat 1,5 Mio. Dächer zu Kraftwer­     dem wollen wir das sogenannte
ken und ihre Besitzer zu Strom­      Top-Runner-Modell einführen:
produzenten gemacht. Hundert­        Das umweltverträglichste und
tausende Menschen beteiligen         energiesparendste Produkt gibt
sich gemeinschaftlich an Wind-,      den Standard vor. Alle anderen
Solar- und Biomasseprojekten.        Anbieter müssen in vorgegebener
Die Energiewende in Deutschland      Zeit diesen Standard erfüllen.
wird somit getragen von Bürge­
rinnen und Bürgern, lokalen Ener­     Wie soll eine 100-prozentige
giegenossenschaften, mittelstän­     ­E rneuerbaren-Erzeugung mög-
dischen Unternehmen und kom-          lich sein, wenn man die Bezahl­
munalen Stadtwerken.                  barkeit und die Versorgungssi-

                                                                                              Kompass 02/2013 19
Auf dem Prüfstand:
Die Energiepolitik der LINKEN
Die energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE,
Dorothée Menzner, MdB, im Interview

bne: Die Energiepreise stehen            und eine außenpolitische Frage.      deutlich, dass der Netto-Anstieg
im energiepolitischen Fokus die-         Kriege wurden und werden fast        der EEG-Kosten eine Brutto-
ser Bundestagswahl. Mit wel-             ausschließlich für den Zugang        Absenkung der Folgekosten für
chen Maßnahmen will Ihre Partei          zu Ressourcen geführt. Energie­      die Strombereitstellung mit sich
die Preise im Zaum halten?               preise im Zaum halten bedeutet       bringt. Das EEG selbst aber muss
Dorothée Menzner: Wenn von               deshalb für uns auch eine konse­     schleunigst fit gemacht werden
Energiepreisen die Rede ist, wird        quente Abkehr von fossilen Roh­      für die Förderung von Flexibilität.
das zumeist auf den Strompreis           stoffen und den daraus resultie­
­reduziert. Also: Willkür der Strom­     renden Abhängigkeiten.               Und was ist mit den Netzen: Wie
 versorger bei der Preisgestaltung                                            wollen Sie den notwendigen Netz-
 beenden, Industrierabatte ein­          Bitte ganz konkret: Wie wollen       ausbau rechtzeitig sicherstellen,
 schränken, Stromsteuer senken,          Sie die steigenden Kosten der Er-    ohne dass auch hier die Kosten ex-
 Grundversorgung für alle sicher­        neuerbaren-Förderung in den          plodieren?
 stellen, Stromsperren verbieten,        Griff bekommen? Welche Änderun-      Welchen Bedarf gibt es denn kon­
 Abwrackprämien für Stromfres-           gen am EEG planen Sie?               kret beim Netzausbau? Die Not­
 ser einführen. Der Strauß an mög­       Die steigenden Kosten der Erneu­     wendigkeit des Netzausbaus ist ja
 lichen Maßnahmen ist bunt und           erbaren-Förderung müssen zu­         unbestritten, doch gibt es unter­
 vielfältig. Tatsache aber ist, dass     nächst mal in den richtigen Kon­     schiedliche Vorstellungen, auf
 die Steigerung von Energiekos-          text gestellt werden. Zwei Drittel   welchen Kraftwerkspark dabei ab­
 ten größtenteils im Kraftstoff- und     der Strompreiserhöhung der ver­      gezielt wird. Der aktuelle Netz­
 Wärmebereich mit fossilen Ener­         gangenen zwölf Jahre hatten mit      entwicklungsplan ist überdimen­
 gieträgern stattfindet. Zugang zu       dem EEG nichts zu tun. Eine ex­      sioniert, Alternativen wurden zu
 Energie ist schon längst eine soziale   terne Kostenrechnung macht           wenig geprüft. Egal wie, „Kosten­

20 Kompass 02/2013
explosionen“ sind einfach zu ver­     Zugang zu fossilen Ressourcen          belohnt seit Jahrzehnten z. B.
meiden, indem Renditen über öf­       ist alles andere als diskriminie­      durch die absurde Befreiung von
fentlich-rechtliche Gesellschaften    rungsfrei, da Staaten in unter­        Netzentgelten die Verschwen-
auch der Öffentlichkeit anstatt       schiedlichem Maß von Einzellie­        dung von Strom im großen Maß­
privaten Fonds zufließen.             feranten abhängig sind. Solange        stab. Ob diese Maßnahmen zur
                                      es keinen europäischen Erneuer­        Umsetzung der EU-Vorgaben rei­
Glauben Sie, dass das heutige         baren Energieverbund gibt, son­        chen, ist eine Frage der Statistik.
Energiemarktsystem auch in Zu-        dern man auf gigantische Atom­         Ob sie den Ambitionen einer kon­
kunft die Versorgungssicherheit       industrie-Förderprogramme wie          sequenten Energiewende gerecht
­g ewährleisten kann? Anders ge-      EURATOM setzt, ist der Binnen­         werden, darf bezweifelt werden.
 fragt: Brauchen wir einen Kapa­      markt kontraproduktiv für die
 zitätsmarkt?                         Energiewende. Es gibt innerhalb        Laut dem Wahlprogramm Ihrer
Der Energiemarkt versagt zuneh­       der EU keinen Atomausstiegsbe­         Partei darf „die Versorgung mit
mend. Das zeigt sich an negativen     schluss, somit ist trotz Atomaus­      Energie nicht in den Händen
Strompreisen bei zu hohen Ein­        stieg der Handel mit Atomstrom         von Konzernen liegen“. Wann fällt
speiseraten der tradierten Strom­     zulässig. Ein unhaltbarer Zustand.     ein privatwirtschaftliches Unter-
produktion, wenn ordentlich                                                  nehmen unter die Definition
Wind weht und die Sonne scheint.      Welche Rolle kommt Verbrau­            „Konzern“?
Nach dem gegenwärtigen Merit-         cherinnen und Verbrauchern im          Ein Konzern ist ein Konglomerat
Order-Prinzip münden die sinken­      zukünftigen Energiemarkt Ihrer         aus mehreren voneinander abhän­
den Börsenstrompreise dank er­        Meinung nach zu?                       gigen Unternehmen, die unter ei­
neuerbarer Energien in eine wach-     Verbraucherinnen und Verbrau­          nem Dach wirtschaftlich tätig sind
sende EEG-Umlage. Das allein ist      cher müssen sich vor allem der Vor­    und die in der Regel marktbeherr­
absurd, hinzu kommt aber, dass        teile der kommunalen Energie­          schend in einer ganzen oder sogar
das gegenwärtige Marktsystem kei­     versorgung aus öffentlicher Hand       mehreren Sparten sind. Im Ener­
nerlei Flexibilisierung der Strome­   bewusst werden. Demokratie en­         giesektor, der eigentlich der öffent­
inspeisung fördert oder überhaupt     det nicht beim Schließen der Wahl­     lichen Daseinsvorsorge unterge­
ermöglicht. An Kapazitätsmärkten      kabine, sondern kann auch hier         ordnet sein müsste, ist das untrag-
werden wir nicht vorbeikommen.        gelebt und praktiziert werden.         bar. Das nämlich diskriminiert
                                                                             den Wettbewerb kleiner und mit­
Und wie können all diese Maßnah-      Brauchen wir in Deutschland zu-        telständischer Unternehmen und
men mit dem EU-Energiebinnen-         sätzliche Instrumente, um die EU-      vor allem kommunaler Stadtwerke
markt in Einklang gebracht werden?    Energieeffizienzziele zu erreichen?    und somit auch das Mitsprache­
Der EU-Binnenmarkt ist von den        Die Bundesregierung hat die Ener­      recht der Verbraucherinnen und
energiepolitischen Ambitionen der     gieeffizienzrichtlinie der EU mini­    Verbraucher.
einzelnen Mitgliedstaaten gezeich­    malistisch und mit Jahren Verspä­
net und entspricht ohnehin nicht      tung umgesetzt. Dabei setzt sie        Wir danken Ihnen für
seinen eigenen Grundsätzen. Der       auf Freiwilligkeit der Industrie und   Ihre Ant­w orten.

                                                                                                Kompass 02/2013 21
Was die Energiewende braucht
Die bne-Kernforderungen zur Bundestagswahl 2013

Die Energiewende hat die jetzige Bundesregierung intensiv beschäftigt — und
bedeutet auch für die neu zu wählenden Volksvertreter eine enorme Herausforde-
rung. Unabhängig von der parteipolitischen Ausrichtung der neuen Regierung
sieht der bne dringenden energiepolitischen Handlungsbedarf. Mit unseren Kern-
forderungen haben wir die wichtigsten Punkte zusammengetragen:

Die 17. Legislaturperiode des Bun­       Eine Vision für die Energiewende        Wettbewerb in einem klug gesetz­
destages geht zu Ende und hätte aus      Die Energiewende ist ein viele Legis­   ten Rahmen kann diese Komple­
energiepolitischer Sicht kaum tur­       laturperioden, Generationen über­       xität verarbeiten und für effiziente
bulenter verlaufen können. Die poli­     greifendes Projekt. Es benötigt einen   Ergebnisse sorgen. Der Versuch,
tischen und gesetzgeberischen Re­        klaren konzeptionellen Rahmen           diese Ergebnisse über direkte Ein­
aktionen auf die Reaktorkatas­trophe     und eine realisierbare Vision: Sie      griffe des Staates in die Wirtschafts­
von Fukushima werden tief im kol­        kann nur gelingen, wenn die Kräfte      prozesse zu erreichen, wird zuse­
lektiven Gedächtnis bleiben. Der ent­    des Wettbewerbs mobilisiert wer­        hends hilfloser und prekärer – die
setzliche Vorfall in Japan bewirkte in   den – und zwar europaweit. Das          Begünstigung einzelner Akteure für
Deutschland eine energiepolitische       wichtigste Instrument ist dabei der     die Kunden immer kostspieliger.
Wende: Der Pfad zu einer Energie­        Emissionshandel.                                Neben Kosteneffizienz ist In­
versorgung, die völlig ohne Kernener­                                            novation langfristig der wichtigste
gie und nahezu ohne Treibhaus­           Wettbewerb                              Treiber für die Bezahlbarkeit der
gasemissionen auskommt, scheint          In einem Land, das seinen Wohl­         Energiewende. Und nichts löst Inno­
ein für alle Mal eingeschlagen.          stand der sozialen Marktwirtschaft      vation so zuverlässig aus wie Wett­
       Die damit begonnene Ener­         verdankt, sollte die Forderung nach     bewerb um die beste Lösung. Nur
giewende sorgte und sorgt für freu­      einem wettbewerblichen Politikan­       Wettbewerb fördert auch interna­
dige Euphorie im Inland und neu­         satz auch in der Energiewirtschaft      tionale Wettbewerbsfähigkeit. Soll
gierige Aufmerksamkeit im Ausland.       eine Selbstverständlichkeit sein –      die Technologieführerschaft von
Der schnell gewachsene Anteil er­        doch sie ist es nicht. Die Energie­     Deutschlands Energiesektor ge­
neuerbarer Energie am Stromver­          wende hat dirigistische Ambitio­        stärkt werden, darf man ihn nicht
brauch in Deutschland auf knapp          nen mobilisiert und die knappen         nur einem Wettbewerb um Sub­
ein Viertel mag als Beleg dafür die­     Budgets der Kommunen wecken             ventionen und andere Vergünsti­
nen, dass die Transformation des         vielerorts Begehrlichkeiten, Gelder     gungen aussetzen.
Energiesystems auf einem guten           der Energiekunden in die öffent­
Wege ist. Zuletzt allerdings haben       lichen Haushalte zu lenken.             Europäischer Binnenmarkt
sich schwierige Probleme geradezu               Es wäre fatal, wenn diese        Der europäische Binnenmarkt ist
aufgetürmt. Es gibt deshalb ohne         Tendenzen den weiteren Verlauf          von entscheidender Bedeutung für
Zweifel ganz erheblichen energie­        der Energiewende prägten. Immer         die Energiewende. Vermehrte Ener­
politischen Handlungsbedarf für          deutlicher zeichnet sich ab, dass       gieströme und integrierte Märkte
jede neue Bundesregierung – egal         die Energiewirtschaft kleinteiliger     über Ländergrenzen hinweg, ein
welcher Couleur.                         und komplexer wird. Nur fairer          europäisch koordinierter Ausbau

                                                                                                     Kompass 02/2013 23
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