Haus der Bildung www.wissenwollen.de
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
2 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung Konzept der SPD-Landtagsfraktion für eine Schulreform aus Inhaltsverzeichnis einem Guss: 1 Einleitung 4 1.1 Zeit für den Wechsel – Zeit für Bildungsgerechtigkeit 4 1.2 Bildung für die Zukunft: Das neue Haus der Bildung 6 1.3 Unsere Kinder – unsere Gesellschaft 7 1.4 Unser Grundprinzip: Fordern und fördern 7 1.5 PISA schlägt Alarm 8 Gute Bildung von Anfang an! 2 Teil I: Haus der Bildung 8 Längeres gemeinsames Lernen! Besser Lernen in Ganztagsschulen! 2.1 Baustein 1: Gute Bildung von Anfang an 8 Verantwortung in Selbstständigkeit! 2.1.1 Krabbelgruppen- und Tagesmütterangebote 9 Neue Lehrerbildung! 2.1.2 Kindertagesstätten und Kindergarten 9 Berufliche Bildung weiterentwickeln! 2.1.3 Bildungs- und Erziehungsplan 10 Weiterbildung stärken! 2.1.4 Grundschule mit Schuleingangsstufe 11 2.1.5 Weitere Schritte 11 Vorgelegt von der Projektgruppe „Bildung“ der SPD-Landtagsfraktion: 2.2 Baustein 2: Längeres gemeinsames Lernen 12 2.2.1 Gemeinsam bis zum allgemeinen Abschluss 13 Lothar Quanz 2.2.2 Es ist normal, verschieden zu sein 13 Heike Habermann 2.2.3 Allgemeiner Schulabschluss 13 Günther Häfner 2.2.4 Berufsausbildung oder Abitur 14 Dr. Ursel Dörger Mathias Lomb 2.3 Baustein 3: Besser Lernen in Ganztagsschulen 14 Bernd Riege 2.3.1 Neues Ganztagsprogramm 14 Dr. Michael Reuter 2.3.2 Mehr Zeit zum Lernen 15 Martin Rabanus 2.3.3 Angebote und Kooperationen 15 Christoph Degen 2.3.4 Ganztagsschulen sind die Zukunft 15 Felix Diehl Dr. Enno Knobel 2.4 Baustein 4: Verantwortung in Selbstständigkeit16 Klaus Rampold 2.4.1 Ein Gesamtbudget für die Schulen 16 Prof. Dr. Valentin Merkelbach 2.4.2 Gestaltungsfreiheit und Verantwortung 17
3 2.4.3 Schule: Demokratisch und bürgerschaftlich getragen 17 4.1.8 Berufliche Schulen zu regionalen Kompetenzzentren 2.4.4 Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung (Evaluation) 18 ausbauen 28 4.1.9 Die Eigenverantwortung der Beruflichen Schulen 2.5 Baustein 5: Neue Lehrerbildung 18 stärken 29 4.1.10 Lehrerfortbildung stärken 29 2.5.1 Neues Lehrerleitbild 18 4.1.11 Lehrpläne ständig aktuell halten 29 2.5.2 Ein neues Leitbild braucht eine neue Ausbildung 19 4.2 Lebensbegleitendes Lernen – Weiterbildung stärken 30 2.5.3 Abbau von Hierarchien im Lehrerberuf 19 4.2.1 Lebensbegleitendes Lernen als vierte Säule des 2.5.4 Kompetenz stärken durch höhere Praxisanteile 20 Bildungswesens 30 2.5.5 Begleitete Berufseinstiegsphase 20 4.2.2 Chancengleichheit herstellen und Benachteiligungen 2.5.6 Fortbildung 20 abbauen 30 4.2.3 Öffentliche Verantwortung festschreiben 31 3 Teil II: Der Weg zu unserem Haus der Bildung 21 4.2.4 Regionale Kooperation fördern 31 4.2.5 Hessisches Weiterbildungsgesetz 31 3.1 Überzeugen und Mitnehmen 21 3.2 Die Schritte der Reform 22 5 Das Haus der Bildung im Überblick 32 3.3 Die gemeinsame Sekundarstufe I rechnet sich 24 3.4 Neue Möglichkeiten im Haus der Bildung 24 4 Teil III: Lernen nach der allgemeinbildenden Schule 25 4.1 Berufliche Bildung weiterentwickeln 25 4.1.1 Handlungsleitlinien für eine sozialdemokratische Politik 25 4.1.2 Qualifizierte berufliche Bildung als Schlüssel für Chancengleichheit 25 4.1.3 Anspruch auf Berufsausbildung für alle Jugendlichen 26 4.1.4 Erste Säule der Berufsausbildung: Impressum Duales Berufsausbildungssystem 26 Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion, Schlossplatz 1-3, 65183 Wiesbaden 4.1.5 Zweite Säule der Berufsausbildung: Ausbildungsschulen 26 Redaktion: Gert-Uwe Mende (V. i. S. d. P.) 4.1.6 Berufliche Fort- und Weiterbildung als öffentliche Gestaltung: augenfällig, Wiesbaden (www.augenfaellig.de) Bilder: Zefa (1, 17), digitalstock (9), getty images (13, 15, 19) Aufgabe gestalten 28 4.1.7 Fachschulen weiterentwickeln 28 2. Auflage Juli 2007 SPD-Fraktion
4 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung 1 Einleitung Hessens mit der ideologischen Schere zurechtzuschneiden. Die Ergebnisse sind erschreckend: 1.1 Zeit für den Wechsel – - Individuelles Lernen in der Schule findet immer weniger Zeit für Bildungsgerechtigkeit statt. Die CDU verbaut durch ihre Politik Bildungschan- cen und schafft die Durchlässigkeit im Schulsystem ab. Die vergangenen Jahre und insbesondere die Zeit der CDU-Allein- Dies wird dramatisch mit der Verkürzung der gymnasia- regierung waren verlorene Jahre für die hessischen Schulen und len Schulzeit in der Mittelstufe auf fünf Jahre verstärkt. Bildungseinrichtungen. Mehr noch: Die CDU-Landesregierung - Die CDU betreibt mit ihren Billiglösungen Etiketten- steuerte volle Kraft in die bildungspolitische Vorvergangenheit. schwindel bei der Einrichtung von Ganztagsschulen. - Die CDU geht mit ihrer Politik nicht auf die Kinder ein, Die Hessische Landesregierung und die CDU haben die völlig sondern setzt auf Auslese und deshalb auf eine Auswei- falschen Konsequenzen aus der PISA-Studie gezogen. Statt fun- tung der Querversetzung und Nichtversetzung. diert zu handeln, waren sie stets bemüht, die Schullandschaft - Die CDU betreibt nicht ernsthaft Qualitätsentwicklung, sondern setzt auf Tests und Rankings. - Die CDU setzt nicht auf breite Förderung von Begabun- gen, sondern auf Schloss Hansenberg – eine Sonderschu- le für Hochleistende. - Die CDU setzt nicht auf die Eröffnung von Bildungschan- cen für viele, sondern lässt mit ihrer Politik immer mehr Kinder und Jugendliche als Bildungsverlierer zurück. Aber auch die zentralen bildungspolitischen Wahlversprechen hat die CDU nicht eingelöst: - Die Unterrichtsgarantie ist noch nicht erfüllt. Im Gegen- teil: Nach wie vor fehlen richtige Lehrerstellen, um die Grundunterrichtsversorgung zu decken. - Die Unterrichtsgarantie plus sollte die tatsächliche Unter- versorgung an den Schulen verfälschen. Dies ist gründ- lich misslungen. Fachunterricht lässt sich nur durch Fach- leute erteilen, nicht durch Laien. - Trotz steigender Schülerzahlen weist die Statistik des Kultusministeriums sinkende Klassenzahlen auf. Die einzige Erklärung hierfür ist, dass die Klassen immer
5 größer werden. - Alle Schulen der Sekundarstufe I bereiten auf sämtliche - Das Anwachsen der Klassengrößen wurde zusätzlich Abschlüsse vor. dadurch gesetzlich festgeschrieben, dass sogenannte - Die Sekundarstufe I erstreckt sich auf sechs Jahrgangs- Richtwerte für die Klassenbildung eingeführt wurden: Für stufen – die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit in die Hauptschule muss ein Wert von 17, für die Realschu- der Mittelstufe (G 8) wird rückgängig gemacht. le von 23 und fürs Gymnasium sogar 24 Schülerinnen - Die Mittel für „Unterrichtsgarantie plus“ werden den und Schüler erreicht werden, die eine Klasse besuchen. Schulen zur Bewirtschaftung in eigener Zuständigkeit zur Damit werden weniger Klassen gebildet, diese aber Verfügung gestellt. Diese organisieren damit zusätzliche werden immer voller sein. Außerdem will die Landesre- Angebote an ihren Schulen. Regulärer Fachunterricht gierung kleinere Schulen vor allem auf dem Lande wird durch reguläre Lehrkräfte erteilt. schließen. - Das System der Förderschulen muss von Grund auf neu - Gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern hat die Lan- überdacht werden. Die integrativ arbeitende Schule desregierung jegliches Vertrauen verspielt: Statt die Lehr- bezieht deren Erfahrungen und Konzeptionen ein. Ziel kräfte zu entlasten, hat sie Mehrarbeit verordnet, um den ist die Überwindung aussondernder schulischer Einrich- völlig an die Wand gefahrenen Haushalt zu sanieren. Es tungen. Lediglich für die Gruppe der Kinder und Jugend- ist nicht hinnehmbar, dass Lehrerinnen und Lehrer für die lichen mit schweren und schwersten Behinderungen finanzpolitische Inkompetenz der Regierung Koch her- werden gesonderte Klassen und Schulen nötig sein. halten müssen. - Es werden schulformunabhängige Bildungsstandards für - Auch im Bereich der Weiterbildung sind die Mittel unter den Sekundarbereich I entwickelt, die beschreiben, wel- der Regierung Koch/Wolff zusammengestrichen wor- che Kompetenzen die Schülerinnen und Schüler am den. Wer dies tut, kann es mit dem lebensbegleitenden Ende eines Jahrgangs mindestens erreicht haben sollen. Lernen nicht ernst meinen. - Gleichzeitig werden die bestehenden schulformbezoge- nen Lehrpläne sowie die schulformbezogenen Stundenta- Die SPD setzt dem ein klares bildungspolitisches und pädago- feln aufgehoben und durch Kernlehrpläne und Jahres- gisch begründetes Konzept entgegen. Unser „Haus der Bil- stundentafeln ersetzt, die an den Bildungsstandards dung“ folgt klaren Prinzipien: orientiert sind. Die Schulen erhalten den pädagogischen - Jede Schule steht in der Verpflichtung, ihre Schülerinnen Freiraum, damit möglichst viele Schüler die Kompetenz- und Schüler erfolgreich zu einem Abschluss der Sekun- stufen im Rahmen dieser Kernlehrpläne erreichen können. darstufe I zu führen. - Zentrale Prüfungen in der bestehenden Form lehnen wir - Die Querversetzung, d. h. die Überweisung an eine ab. Die Bildungsstandards, welche die Schulen in eigener andere Schulform, wird aus dem Schulgesetz gestrichen. Verantwortung für alle Kinder erreichen sollen, müssen in - An die Stelle des Sitzenbleibens treten Fördermaß- geeigneter Weise überprüft werden. Dies schließt die nahmen. Vergleichbarkeit von Prüfungen durchaus ein. SPD-Fraktion
6 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung - Den Eltern soll die freie Schulwahl ermöglicht werden. 1.2 Bildung für die Zukunft: Eine möglicherweise vor Ort dennoch nötige Einrichtung Das neue Haus der Bildung von Schuleinzugsbereichen für den Sekundarbereich I wird den Trägern der Schulentwicklungsplanung überlas- Jedes Kind hat Anspruch auf bestmögliche Bildung. Um dies zu sen. Sie können dies nach örtlichen Gegebenheiten ent- erreichen, bedarf es grundsätzlicher Änderungen in unserem Bil- scheiden. dungssystem. Denn die schulische Bildung in Hessen führt dazu, - Der Elternwille wird ernst genommen. Daher wird es dass die Kinder von Beginn an in Bildungsgewinner und Bil- keine Schulformempfehlung der Grundschule mehr geben. dungsverlierer aufgeteilt werden und der soziale Status der - Eine grundlegende Veränderung des Schulsystems und Eltern über die Bildungschancen der Kinder entscheidet. Es der damit verbundenen Erwartungshaltung an bestmögli- gelingt nicht, alle Begabungen eines Kindes zu entfalten. Zu che Bildungserfolge der Schülerinnen und Schüler kann viele Kinder werden zu früh auf ihrem individuellen Bildungs- nur im Dialog mit Eltern und Lehrkräften erreicht werden. weg zurückgelassen. Zu wenige Kinder erreichen einen Ab- - Die Weiterentwicklung des Schulsystems muss an den schluss, der ihnen die Chance auf einen hoch qualifizierten vorhandenen Schulstandorten anknüpfen. Berufsweg eröffnet. Mit dem „Haus der Bildung“ will die SPD - Beginnend mit dem Schuljahr 2008/2009 fördern wir dies ändern und einen spürbaren Beitrag zu mehr Chancen- Schulen besonders, die programmatisch festgelegt ein gleichheit und Bildungsgerechtigkeit leisten. integratives Konzept verfolgen und weitestgehend auf äußere Differenzierung verzichten. Bis 2010 muss für jedes Kind wohnortnah mindestens eine entsprechende Schule erreichbar sein. - Diese Schulen arbeiten als echte Ganztagsschulen in einem pädagogisch bestimmten Tagesrhythmus und erhalten für die Arbeit als offene oder gebundene Ganz- tagsschulen ein entsprechendes Budget, um so nach dem Modell der „selbstständigen Schule“ zu arbeiten. - Die Lehrerzuweisung wird nach einem Schlüssel vorge- nommen, der nicht allein die Zahl der Klassen, sondern Dieses „Haus der Bildung“ besteht aus mehreren Bausteinen. Als auch die Schülerzahlen, die pädagogischen Zielsetzun- Symbol haben wir das „Nikolaus-Haus“ gewählt. Dieses muss in gen und strukturellen Bedingungen der einzelnen Schule einer Linie gezeichnet werden; es entsteht nur, wenn die einzel- einbezieht. Zuschläge für den Ganztagsbetrieb, für neue nen Teile aufeinander bezogen sind und miteinander harmonie- Förderansätze sowie für den Ausgleich soziostruktureller ren. Somit steht das „Haus der Bildung“ für Bildung aus einem Faktoren der Schülerschaft werden in die Grundzuwei- Guss: Nur wenn alle Linien verbunden sind, entsteht ein stabiles sung aufgenommen. Gebäude.
7 1.3 Unsere Kinder – unsere Gesellschaft Der Bildungsauftrag aller Bildungseinrichtungen muss sich mit seinen Zielen an diesen Grundsätzen orientieren. Die Herstel- Wir sind der Überzeugung, dass alle Kinder und Jugendlichen lung von Chancengleichheit ist für uns von zentraler Bedeutung. als individuelle Persönlichkeiten gleich wert, gleich zu achten Statt auf Auslese und Selektion setzen wir auf Förderung und und zu schätzen sind – unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit Integration. Durch die Erschließung aller Begabungsreserven und Begabung. Aufgabe der staatlichen Bildungseinrichtungen wird unser Land zukunftsfähig, denn ein hohes Bildungsniveau ist es, die Kinder und Jugendlichen in ihren unterschiedlichen der Bevölkerung bildet die Grundlage für unsere zukünftige Lei- Begabungen, Neigungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten optimal stungsfähigkeit. Dies gilt erst recht im Lichte des demografischen zu fördern Wandels, denn nur durch eine möglichst breite gute und sehr gute Bildung und Ausbildung der jungen Menschen können die Dabei bedeutet für die SPD Bildung mehr als bloßer Wissenser- Unternehmen ihren Fachkräftebedarf und damit ihre Konkur- werb. Vielmehr gehen wir von einem modernen, dynamischen renzfähigkeit sichern. Gute Bildung ist für das einzelne Kind und ganzheitlichen Bildungsbegriff aus, der für einen lebensbe- ebenso wichtig wie für die wirtschaftliche und technologische gleitenden Entwicklungsprozess des Menschen steht, bei dem er Entwicklung unseres Landes. Dazu benötigen wir ein leistungsför- seine geistigen, kulturellen und lebenspraktischen Fähigkeiten derndes Bildungssystem, das auch alle Altersgruppen im Sinne sowie seine personalen und sozialen Kompetenzen erweitert. der Forderung nach „Lebensbegleitendem Lernen“ erreicht. 1.4 Unser Grundprinzip: Wir wollen aber auch unsere offene, tolerante Gesellschaft in Hes- Fordern und fördern sen stärken. Zu diesem Zweck sind wieder eine Aufwertung der politischen Bildung und Erziehung zur Demokratie vonnöten. Um- Dies sind unsere Grundsätze für ein neues Haus der Bildung: fassende kulturelle und soziale Bildung stärkt die Persönlichkeit. - Hohe Ansprüche an das Lernen aller Kinder und Jugendlichen – Lernen fordern! Unser Leitbild ist die demokratische Schule, in der die Lehren- - Kein Kind wird zurückgelassen – den ebenso wie die Lernenden und ihre Eltern an den Entschei- Lernen fördern! dungen zu beteiligen sind. Wir wollen eine Partnerschaft in Bil- - Unterschiedlichkeiten voraussetzen – dung und Erziehung zwischen Lehrerinnen und Lehrern, Schüle- Lernen individualisieren! rinnen und Schülern und deren Eltern. Denn wir sind von der - Verschiedenheiten anerkennen – Überzeugung geleitet, dass für eine bestmögliche Förderung Respekt vor Besonderheiten! der Kinder und Jugendlichen ein ganzheitlicher Bildungs- und - Benachteiligungen erkennen und mildern – Erziehungsansatz erforderlich ist, in dem alle ihre Kompetenzen, Erziehungsleistung stärken! Fähigkeiten und Sichtweisen einbringen müssen. Diese Partner- - Selbstverantwortung altersgemäß erproben – schaft benötigt Regeln, um sich gegenseitig abzusichern und Erfahrungsräume schaffen! auch gegenseitig zu verpflichten. SPD-Fraktion
8 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung 1.5 PISA schlägt Alarm 2 Teil I: Haus der Bildung „Das heutige System deutscher Schule gehört zu einem vergan- 2.1 Baustein 1: genen ökonomischen und gesellschaftlichen System“, urteilte Gute Bildung von Anfang an die Expertengruppe für die OECD-Lehrerstudie. Die Ergebnisse der PISA-Untersuchung haben die gravierenden Mängel des deutschen Bildungssystems aufgezeigt: - Die Leistungen der 15-Jährigen in Deutschland rangieren im unteren Mittelfeld der teilnehmenden OECD-Staaten. - 25 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland können nur auf elementarem Niveau einfache Texte verstehen (OECD-Durchschnitt: 18 Prozent). - Zwischen besonders hohen und besonders geringen Leistungen besteht eine ungewöhnlich große Streuung. Gleichzeitig bleibt die Leistungsspitze schmal. - In keinem anderen Land ist der Zusammenhang zwi- schen Bildungserwerb und sozialer Herkunft stärker als Unser Konzept der frühkindlichen Bildung geht von einer ganz- bei uns. Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund heitlich zu betrachtenden Lebensphase aus: Von der Geburt bis sind zusätzlich benachteiligt. zum Abschluss der Grundschule. Unser Ziel ist es, bei allen Kin- dern bestmöglich Kompetenzen zu entwickeln und zu entfalten, Die KMK (Kultusministerkonferenz) hat folgende Empfehlungen damit sie ihr Leben und die Welt erschließen können. verabschiedet: Stärkung der frühkindlichen Bildung, mehr indivi- duelle Förderung, Reform und Aufwertung der Lehrerausbil- Diese Entwicklungszeit verstehen wir konzeptionell als eine Ein- dung, Qualitätsentwicklung und Bildungsstandards. Diese gilt es heit aus mehreren Phasen, die wechselseitig aufeinander bezo- im hessischen Bildungssystem umzusetzen sowie deren Realisie- gen sind: rung und Wirksamkeit kontinuierlich zu überprüfen. Aber diese - die Zeit von der Geburt bis zum Eintritt in eine Einrich- Maßnahmen reichen alleine nicht aus. Wir brauchen auch den tung des Elementarbereichs (Kindertageseinrichtung, Mut und die politische Kraft zu weiteren Schritten hin zu einem Kindergarten), leistungsfördernden und sozial gerechten Bildungssystem. - die Zeit des Besuchs einer Einrichtung des Elementarbe- reichs bis zum Eintritt in die Grundschule, - die Zeit des Kindes in der Grundschule bis zum Wechsel in eine weiterführende Schule.
9 2.1.1 Krabbelgruppen- und Tagesmütterangebote Bis zum Besuch der Kleinen einer Kindertagesstätte steht die erzieherische Verantwortung der Eltern im Vordergrund. Daran will und wird die SPD auch nichts ändern. Allerdings gehört es auch zur Verantwortung von Staat und Gesellschaft, die jungen Eltern in ihrer Erziehungskompetenz zu unterstützen. Dies wollen wir einerseits durch eine Verstärkung der Beratungs- und Unter- stützungsangebote für die Eltern und andererseits durch den Ausbau unterstützender Angebote wie Krabbelgruppen und Tagesmütter für Eltern, die dies wollen, und für Kinder, die die- ser bedürfen, erreichen. Hierbei sind alle Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie aus dem kommunalen, karitativen und kirch- lichen Umfeld aufgefordert, bedarfsgerechte Angebote zu unterbreiten, an denen sich das Land finanziell beteiligen muss. 2.1.2 Kindertagesstätten und Kindergärten besucht haben. Aus dieser Aufgabe ergeben sich besondere erzieherische und auf Bildung angelegte organisatorische sowie Im Bereich der Kindertagesstätten und Kindergärten streben wir didaktische Anforderungen. Dazu gehört es ebenfalls, den Über- die Beitragsfreiheit an. Wir wollen keine finanziellen Zugangs- gang von der Elementar- in die Primarstufe für die Kinder angst- barrieren zu den Einrichtungen der frühen Bildung, sondern wir freier, gleitender und insgesamt mit weniger Reibungsverlusten halten an dem Ziel der Gebührenfreiheit fest, und wir wollen die und Brüchen zu gestalten. Kindertageseinrichtungen weiterentwickeln. Als ersten Schritt Ganz wichtig ist die gemeinsame Verantwortung von Kinderta- unterstützen wir, das letzte Kindergartenjahr als Vorbereitung geseinrichtung und Grundschule für Erziehung und Bildung der auf die Schule gebührenfrei zu halten. Kinder. Daneben steht für uns als gleichberechtigtes und unver- Für uns besitzt das letzte Kindergartenjahr eine besondere Be- zichtbares Element die Verantwortung der Eltern. Sie müssen in deutung in der Vorbereitung auf den Übergang zur Grundschule. die Arbeit beider Einrichtungen eingebunden sein. Eltern, die Deshalb wollen wir es für alle Kinder ab fünf Jahren verpflich- bei der Erfüllung ihrer Erziehungsverantwortung gezielter Unter- tend machen. Sein Auftrag ist zusätzlich dadurch hervorgeho- stützung bedürfen, sollen diese erhalten. Elternarbeit muss fester ben, dass nun auch alle Kinder den Kindergarten besuchen sol- Bestandteil des Programms der Kindertageseinrichtung ebenso len und können, die bisher noch keine Kindertageseinrichtung wie des Schulprogramms der Grundschule sein. SPD-Fraktion
10 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung 2.1.3 Bildungs- und Erziehungsplan Erziehungs- und Fördermaßnahmen angeknüpft werden. Mittels einer weiterentwickelten Frühdiagnostik ist sicherzustellen, dass Für das Konzept der frühkindlichen Bildung gilt es, klare Ziele die besonderen Stärken ebenso wie Schwächen frühzeitig fest- zu definieren. Diese Ziele, die im Bildungs- und Erziehungsplan gestellt werden und eine optimale individuelle Förderung früh- festgeschrieben werden müssen, sind: zeitig einsetzen kann, damit sich die Kinder zu starken Persön- - das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken, lichkeiten entwickeln können. - Kindern die Fähigkeit zu vermitteln, Probleme friedlich zu lösen, Um dieses neue Bildungs- und Erziehungsverständnis zwischen - Kinder in die Lage zu versetzen, komplexe Situationen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen mit Leben zu fül- zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren, len, müssen verlässliche Kommunikationsstrukturen zwischen - Kindern die Fähigkeit zu vermitteln, sich selbst zu organi- ihnen entwickelt werden. Beide müssen voneinander lernen, sieren. beide müssen vom jeweils anderen wissen, mit welchen Erwar- Zudem muss auf die Entwicklung von Kompetenzen, Fähigkeiten tungen und Zielen Bildungsarbeit geleistet wird, welche Quali- und Wissen Wert gelegt werden. Es müssen Lernsituationen tätsstandards existieren und wie die Arbeit des jeweils anderen geschaffen und genutzt werden, in denen Anreize zur kogniti- konkret aussieht. Dies setzt enge personelle Kooperationen vor- ven Wissensaufnahme entstehen. Zusätzlich muss bei einer aus, was gleichermaßen eine gemeinsame Fort- und Weiterbil- ganzheitlichen Bildung ein Hauptaugenmerk auf der motori- dung einschließt. schen Entwicklung liegen. Da die Beherrschung der deutschen Sprache die Voraussetzung für Integration und Bildungserfolg Für die vorgesehene fest installierte Kooperation müssen dann insgesamt ist, sollen Angebote zur Sprachförderung bedarfsge- auch die personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Des- recht für alle Kinder entwickelt werden. halb werden wir den Grundschulen Deputatsstunden für die Kooperation mit den Elementareinrichtungen zuweisen. Die SPD wird auf dieser Grundlage den vorliegenden Bildungs- und Erziehungsplan konkretisieren und den Einrichtungen die Eine vergleichbare Regelung muss auch für die Erzieherinnen notwendigen Ressourcen zur Umsetzung zur Verfügung stellen. und Erzieher in den Kindertageseinrichtungen für die Zusammen- arbeit mit den Grundschulen gelten. Die gemeinsame Arbeits- Sinnvoll erscheint es, für jedes einzelne Kind einen individuellen und Beratungszeit muss als verpflichtender Teil der Arbeitszeit Entwicklungs- und Förderplan aufzustellen. Dabei muss den der Erzieherinnen und Erzieher ausgewiesen werden. Auch dar- hohen Ansprüchen des Datenschutzes genügt werden. In dem über wird eine SPD-geführte Landesregierung mit den Trägern Entwicklungs- und Förderplan wird die persönliche Entwicklung der Kindertageseinrichtungen unverzüglich in Verhandlungen im Verlaufe der Kindergarten- und Vorschulzeit beschrieben. Er eintreten. bildet auch die Grundlage für die weitere Arbeit in den Grund- schulen. So kann in der Schule an die entsprechenden Bildungs-,
11 2.1.4 Grundschule mit Schuleingangsstufe 2.1.5.1 Qualitätssicherung Auf der Grundlage des landesweit verbindlichen „Bildungs- und In der Grundschule wird unser Konzept „Gute Bildung von Erziehungsplans“ erarbeitet jede Kindertageseinrichtung ihr Pro- Anfang an“ durch eine Weiterentwicklung der ersten zwei gramm zur praktischen Umsetzung. Damit gewährleisten wir, Schuljahre zu einer Schuleingangsstufe umgesetzt, in der Kinder dass verbindliche Bildungsstandards vorgegeben und damit je nach Entwicklungsstand zwischen ein und drei Jahren bleiben auch Ergebnisse vergleichbar gemacht werden. Wir wollen können. Jedes Kind kommt demnach nach seinem letzten Kin- sicherstellen, dass die Ergebnisse der Lern-, Bildungs- und Erzie- dergartenjahr in die Schule – eine Rückstellung wegen angeb- hungsprozesse in regelmäßigen Abständen evaluiert werden. lich mangelnder Schulreife wird es nicht mehr geben. Das Dazu gehören ebenso Verfahren der internen Qualitätssiche- durchschnittliche Einschulungsalter werden wir mit diesen Maß- rung durch Selbstevaluierung wie koordinierte Abstimmungen nahmen deutlich senken. Die Schuleingangsgruppen werden mit den zugeordneten Grundschulen und externe Evaluation zusätzlich durch Sozialpädagogen gefördert. Die Sozialpäda- durch eine für den gesamten Schulbereich verantwortliche goginnen und Sozialpädagogen, die bisher in den Vorklassen Agentur. Um das Personal für diese Aufgaben vorzubereiten, gearbeitet haben, werden in die Arbeit der Schuleingangsstufen bedarf es einer intensiven Fortbildung, die u. a. auch Methoden integriert. der Supervision und der Personalentwicklung einschließt. Wichtig bleibt, dass eine originäre Grundschulpädagogik 2.1.5.2 Aus- und Fortbildung Grundlage des Lehrens und Lernens darstellt. Kindgemäßes Ler- Dazu gehören insbesondere Reformen in der Ausbildung der nen, das die gesamte Persönlichkeit fördert und entfaltet, steht Erzieherinnen und Erzieher. Deutschland wird es sich nicht län- für uns im Mittelpunkt der Lernorganisation. Die Grundschule ger leisten können, die Ausbildung im Bereich der Elementarer- darf nicht reduziert werden auf eine sogenannte „Zulieferfunk- ziehung weiterhin auf Fachschulebene alleine zu betreiben. tion“ für das weiterführende Schulsystem. Der untaugliche Ver- Vielmehr muss ein Studium die Ausbildungsstruktur ergänzen, such, Kinder früh in ein mehrgliedriges Schulsystem zu sortieren, welche den gewachsenen Ansprüchen des Berufsbildes an her- ist pädagogisch nicht zu verantworten und aus wissenschaft- ausgehobener Stelle der Kindertageseinrichtung Rechnung trägt. licher Sicht abzulehnen. Die hessischen Fachhochschulen sind in der Lage, einen entspre- chenden Bachelorstudiengang zu entwickeln. Zur Teilnahme an 2.1.5 Weitere Schritte diesem Studiengang berechtigt neben der Fachhochschulreife auch die abgeschlossene Fachschulausbildung. So wird gleicher- Um das Konzept der frühkindlichen Bildung und die veränderte maßen die frühkindliche Bildung als eine wesentliche Phase des Schuleingangsstufe zum Erfolg zu führen, sind auf unterschied- Bildungs- und Erziehungsprozesses aufgewertet. Damit und mit lichen Ebenen nicht nur intensive Dialoge zu führen, sondern einer Anpassung der Ausbildungskapazitäten werden wir einem auch weitergehende Reformen umgehend in Angriff zu nehmen. drohenden Nachwuchsmangel bei den Erzieherinnen und Erzie- hern erfolgreich begegnen. SPD-Fraktion
12 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung 2.1.5.3 Beratungszentren 2.2 Baustein 2: In den Einzugsbezirken der staatlichen Schulämter wollen wir ein- Längeres gemeinsames Lernen zelne Grundschulen und auch Kindertageseinrichtungen zu so- genannten Beratungszentren weiterentwickeln. Das dort tätige Personal erhält die Möglichkeit, sich durch Fortbildung ständig weiterzuqualifizieren und die Arbeit in den zugeordneten Schulen und Kindertageseinrichtungen zu unterstützen. Möglichst viele Ein- richtungen sollen anhand von Beispielen der „best practice“ von- einander lernen und ihre vorbildliche Arbeit darstellen. 2.1.5.4 Umorganisation der Ministerien Zur erfolgreichen Umsetzung des Konzepts einer übergreifen- den kindlichen Bildung müssen auch Zuständigkeiten verändert werden. Die bisherige Trennung in Zuständigkeiten des Sozial- ministeriums auf der einen Seite und des Kultusministeriums auf der anderen Seite erschwert die notwendige Kooperation und Eine Erkenntnis aus PISA: Das deutsche Schulsystem selektiert zu Koordination. Dies gilt neben administrativ-organisatorischen früh, nämlich in den meisten Bundesländern nach der Jahrgangs- Fragen insbesondere für die pädagogischen Fragen hinsichtlich stufe 4. Auch die Ergebnisse der Grundschuluntersuchung IGLU der Übergänge zwischen den einzelnen Bildungseinrichtungen. haben die Problematik dieser Weichenstellung eindrücklich do- Deshalb werden wir die Zuständigkeit auch für frühkindliche kumentiert: Fast die Hälfte aller deutschen Grundschülerinnen Bildung unter das Dach eines Ministeriums für Bildung und und Grundschüler erhält eine falsche Schulempfehlung. Viel zu Jugend überführen. oft wird nach sozialer Herkunft statt nach Leistungsfähigkeit ent- schieden. Sind die Kinder dann in einer Schulform eingeordnet, werden falsche Empfehlungen fast ausschließlich in der Schul- laufbahn eines Kindes nach unten korrigiert. Wenn alle Erfahrungen der erfolgreicheren Länder für unser Bil- dungssystem genutzt werden sollen, dann darf die Bedeutung der frühen Selektion für Bildungschancen und Bildungserfolg nicht ausgeklammert werden. Denn das gegliederte Schulsy- stem ist starr, unflexibel und verbaut Chancen.
13 2.2.1 Gemeinsam bis zum allgemeinen Abschluss Alle Untersuchungen zeigen, dass die frühzeitige Entscheidung über einen Bildungsweg und für oder gegen eine Schulform in Deutschland für die Kinder zu oft mit Misserfolgen endet. Dage- gen erzielen integrierte Schulsysteme wie in den meisten unse- rer europäischen Nachbarländer im Durchschnitt bessere Lei- stungsergebnisse und eine breitere Leistungsspitze. Alle Kinder werden im gemeinsamen Unterricht besser gefördert und errei- chen ein höheres Leistungsniveau. Von diesen Befunden und Erkenntnissen können und wollen wir lernen und unsere Schulen so umgestalten, dass unsere Kinder von den Vorteilen moderner Schulorganisation profitieren können. Denn Schulen müssen flexi- bel sein, um sich angemessen auf die Kinder einstellen zu können. Dann muss auch das System der Förderschulen von Grund auf neu überdacht werden. Denn Kinder und Jugendliche mit beson- derem pädagogischen Förderbedarf erfahren ihre individuelle Förderung in der gemeinsamen Schule. dige Isolierung der Kinder mit Behinderung wird vermieden, denn wer von Anfang an nicht ausgeschlossen wird, muss auch später 2.2.2 Es ist normal, verschieden zu sein nicht wieder integriert werden. Die integrativ arbeitende Schule konfrontiert Schüler mit Behinderung von vornherein mit Schü- So soll eine Schule entstehen, die Freiräume für die soziale und lern ohne Behinderung und arbeitet im gemeinsamen Unterricht. individuelle Entwicklung aller Kinder ohne Anpassungsdruck und Aussonderungsdrohung bereithält und auf die Forderung Lediglich für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit nach Homogenisierung von Lerngruppen verzichtet. schweren und schwersten Behinderungen werden gesonderte Dies wird ermöglicht durch eine den unterschiedlichen Entwick- Klassen nötig sein, um ihren besonderen Bedürfnissen gerecht lungsniveaus der Schüler Rechnung tragenden inneren Differen- werden zu können. zierung, welche zieldifferentes und kooperatives Lernen aller miteinander ermöglicht. 2.2.3 Allgemeiner Schulabschluss Unser Ziel ist die Überwindung aussondernder Einrichtungen zu- Der allgemeine Bildungsabschluss wird mit erfolgreichem Ab- gunsten gemeinsamen Lernens und Lebens. Eine nicht notwen- schluss der 10. Klasse erworben. Das 10. Schuljahr wird curri- SPD-Fraktion
14 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung cular so gestaltet, dass es eine Gelenkfunktion beim Übergang pflichtkurse bis zur Abiturprüfung. Die von der KMK vorgegebe- in die berufliche Ausbildung oder in die Schulen der Sekundar- ne Mindestwochenstundenzahl bis zum Abitur wird dabei selbst- stufe II wahrnimmt. Die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit in verständlich erreicht. Eine klare Strukturierung der Kurse nach der Mittelstufe wird damit aufgehoben. Unser Ziel ist es, keinen konsekutivem Muster in den einzelnen Fächern, eine klare Struk- Jugendlichen ohne den allgemeinen Bildungsabschluss aus der turierung nach Pflicht-, Wahlpflicht- und freiwilligen Kursen bietet Schule zu entlassen. für alle Schülerinnen und Schüler die nötige Orientierung. Jede Schülerin und jeder Schüler erarbeitet – wenn nötig mit beraten- 2.2.4 Berufsausbildung oder Abitur der Unterstützung durch die Lehrer – zu Beginn der Oberstufe einen individuellen Lernplan, der jeweils zum Ende des Schul- Nach dem allgemeinen Bildungsabschluss wählt jede und jeder halbjahres, spätestens jedoch zum Ende des Schuljahres über- Jugendliche seinen weiteren Werdegang aus den Optionen prüft und gegebenenfalls modifiziert wird. Berufsausbildung, vollschulische Assistentenausbildung oder Oberstufe zum Erwerb der Hochschulreife. 2.3 Baustein 3: Die berufliche Ausbildung, die am Berufsprinzip orientiert bleibt, Besser Lernen in Ganztagsschulen erfolgt in der Regel im dualen System. Bei besonderen Engpäs- sen auf dem Ausbildungsmarkt und zu geringem Angebot an dualen Ausbildungsplätzen wird das erforderliche Angebot der beruflichen Erstausbildung in staatlicher Verantwortung durch eine zweite Säule der vollschulischen professionellen Berufsaus- bildung an Beruflichen Schulen mit Berufsabschlüssen, die den Abschlüssen der dualen Ausbildung gleichwertig sind, organi- siert. Eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung berech- tigt zur Fort- und Weiterbildung an einer Fachoberschule, einer Berufsakademie, einer Fachschule oder zur Aufnahme eines Stu- diums an einer Hochschule. Um auch weiterhin das Abitur nach zwölf Jahren erreichen zu Unser Konzept des gemeinsamen Lernens lässt sich am besten können, ist eine weitere Reform der Oberstufe notwendig. Wir in Ganztagsschulen umsetzen. Dabei sind Ganztagsschulen für favorisieren eine Organisation der Oberstufe mit einem echten uns nicht einfach Schulen, die den jetzigen Schulalltag in den Kurssystem, das in zwei bis drei Jahren je nach Leistungsvermö- Nachmittag verlängern. Neben vielen Vorteilen für die Kinder gen durchlaufen werden kann. Entscheidend für die Verweildau- und ihre Familien bleibt auch mehr Zeit zur Förderung und er in der Oberstufe ist der Nachweis der Pflicht- bzw. der Wahl- Betreuung.
15 2.3.1 Neues Ganztagsprogramm Viele Schulen und Eltern wollen mehr als eine pädagogische Mittagsbetreuung. Sie wollen Ganztagsschulen, in denen neue Bildungskonzepte verwirklicht werden können. Sie wollen einen Schulalltag, der fächerübergreifende Förderung organisieren hilft und Unterricht, Erziehung sowie individuelle Förderung bes- ser miteinander kombinieren kann. Deshalb halten wir an den bereits in der letzten Wahlperiode formulierten Zielen eines Aus- baus der Ganztagsschulen in offener und gebundener Form fest. Jedes Kind und alle Eltern, die dies für ihre Kinder wün- schen, sollen wohnortnah über ein Angebot einer ganztägig arbeitenden Schule verfügen. Die Schulkonferenz selbst soll über die für die Schule gewünschte Form entscheiden können. 2.3.2 Mehr Zeit zum Lernen besonders bei der Hausaufgabenbetreuung und gezielter Wir wollen die Qualität der Lern- und Bildungsprozesse insge- Nachhilfe, aber auch durch integrierte Schulsozialarbeit. samt steigern, indem wir eine andere, pädagogisch bestimmte An allen Schulen sollen Kinder mit ihren besonderen Begabun- Rhythmisierung und Organisation des Schulalltags nutzen, um gen optimal gefördert werden. Deshalb wollen wir für beson- mehr an den Schülerinnen und Schülern orientierte, zum selbst- ders Begabte durch zusätzliche Angebote auch in Kooperation ständigen Lernen führende Formen des Unterrichts zu entwi- mit anderen Bildungsinstitutionen im Regelschulsystem die Vor- ckeln. Ein weiteres Ziel besteht darin, die sozialen Kompetenzen aussetzungen für die Entfaltung dieser speziellen Begabungs- der Schülerinnen und Schüler zu stärken, indem die zur Verfü- potenziale schaffen. Sondereinrichtungen in staatlicher Verant- gung stehende Zeit genutzt wird, um die Schulgemeinschaft aus- wortung lehnen wir ab. zubauen. Die Erfahrung sinnvoller Freizeitgestaltung ist fester Vielmehr wollen wir die Schulen öffnen und unterschiedliche Bestandteil eines jeden Ganztagsangebotes. Partner einladen, sich an der Gestaltung der Schule im Rahmen des Schulprogramms zu beteiligen. Wir setzen dabei auf einen 2.3.3 Angebote und Kooperationen Ausbau der bereits bestehenden erfolgreichen Zusammenarbeit z. B. mit den Volkshochschulen, den Musikschulen, mit Vereinen Wir wollen alle Schülerinnen und Schüler individuell fördern, oder aber auch karitativen Organisationen. Wir wollen lebendi- Kinder mit Schwächen durch Angebote zusätzlicher Beratung, ge Schulen, in denen Lehren und Lernen Spaß und Freude berei- Unterstützung und Förderung über den Unterricht hinaus, ten und zu Lernerfolgen führen. SPD-Fraktion
16 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung 2.3.4 Ganztagsschulen sind die Zukunft Voraussetzung für Selbstständigkeit von Schule ist die Verläss- lichkeit der Politik: Verlässlichkeit hinsichtlich der pädagogischen Ganztagsangebote und Ganztagsschulen sind ein entscheiden- Zielsetzungen, der bestehenden Unterstützung für die Schulen der Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. und der Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen. Sie entsprechen den Anforderungen an eine moderne Familien- Denn die erhöhte Selbstständigkeit von Schulen darf nicht von politik, die auf die Veränderungen von Familienstrukturen rea- der Politik dazu missbraucht werden, Mangelverwaltung an die giert und Antworten bereithält. Ganztagsangebote und Ganz- Schulen abzuschieben. Selbstständigkeit von Schule muss allein tagsschulen verbessern nicht zuletzt die Wettbewerbschancen der Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich verpflichtet sein. des Wirtschaftsstandorts Deutschland, die mehr denn je durch Die selbstständige Schule gründet sich auf demokratisches Mit- die Qualität von Bildung und Ausbildung bestimmt werden. einander und die Partnerschaft zwischen Lehrkräften, Schülerin- nen und Schülern sowie deren Eltern. Die erforderlichen recht- 2.4 Baustein 4: lichen Grundlagen werden wir im Hessischen Schulgesetz Verantwortung in Selbstständigkeit schaffen. 2.4.1 Ein Gesamtbudget für die Schulen Schulen erhalten für die Deckung ihrer Kosten im Rahmen von Ziel- und Leistungsvereinbarungen ein Gesamtbudget, aus dem sie eigenständig Personal- und Sachmittelaufwendungen bestrei- ten, zur eigenen Verwaltung und in eigener Verantwortung. Sie sind dem Schulträger und dem Land berichts- und rechenschafts- pflichtig. Die Gesamtverantwortung für Schule und Bildung ver- bleibt beim Staat. Ziel des nächsten Entwicklungsschrittes muss sein, den Budget- rahmen auszuweiten und die Mittelzuweisung an Zielvereinba- Ein wichtiges Merkmal der bei PISA erfolgreichen Schulsysteme rungen im Rahmen des Qualitätsmanagements an den Schulen ist ein klarer rechtlicher und pädagogischer Rahmen, in dem die zu knüpfen. Letztlich sollen alle Mittel, welche die Finanzierung Schulen in großer Selbstständigkeit ihren Weg beschreiten kön- von Schule betreffen, in einem Budget zusammengeführt wer- nen. Diese Selbstständigkeit wollen wir den Schulen geben, den. Denn durch die Bildung von Budgets vergrößert sich der denn sie wissen am besten, welche pädagogischen und organi- Handlungsspielraum jeder Schule. satorischen Voraussetzungen nötig sind, um ihren Kindern und Jugendlichen die bestmögliche Bildung zu bieten.
17 - Die Schule entscheidet über den Einsatz der Sachmittel und über die Verwendung der Personalmittel. Die schar- fe Trennung zwischen Sach- und Personalmitteln wird überwunden. - Das Budget für die Grundversorgung der Schule wird in Form eines Stellenkegels bemessen und zugewiesen. Die Normwerte werden durch regional spezifische Sonder- zuweisungen ergänzt. Indikatoren für zusätzliche Zuwei- sungen können sein: hoher Anteil an Familien mit Migra- tionshintergrund, Sozialhilfedichte im Einzugsgebiet, Arbeitslosenquote, aber auch sonderpädagogische För- derbedarfe und besondere Förderkonzepte für alle Begabungen. - Schulen erhalten die Möglichkeit zur Bildung finanzieller Ressourcen mit der Übertragbarkeit auch der Landes- mittel zu 100 Prozent. - Für die tatsächliche Verwaltungstätigkeit kann und soll die Schule Fachpersonal einstellen können. 2.4.2 Gestaltungsfreiheit und ebenso wie die Instrumente Querversetzung und Nichtverset- Verantwortung zung abgeschafft. An ihre Stelle tritt eine intensive individuelle Förderung der Kinder. Die Schulen entscheiden in eigener Verantwortung auf der Basis ihres Schulprogramms über Unterrichtsorganisation und Unter- 2.4.3 Schule: Demokratisch und richtsgestaltung. Dazu werden schulformübergreifende Bildungs- bürgerschaftlich getragen standards erarbeitet, die auf Kompetenzstufen aufbauen. Die bisherigen Fachlehrpläne werden durch Kerncurricula ersetzt, Die neue Schule ist demokratisch verfasst – gleichzeitig jedoch die den Schulen größere inhaltliche Freiräume gewähren. Der erwachsen der Schulleitung neue Kompetenzen und Verantwort- Unterricht wird auf die Bedürfnisse der einzelnen Schüler zuge- lichkeiten. An den Entscheidungen werden Schülerinnen und schnitten. Die Wochenstundentafel wird zugunsten einer flexi- Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schulträger blen Jahresstundentafel aufgegeben. Zur Überprüfung von Lern- unter Beteiligung des regionalen Umfeldes in angemessener prozessen und als Grundlage der individuellen Förderung die- Weise beteiligt. Denn dies stärkt auch die Identifikation mit der nen Schülerportfolios. Die Rückstellung vom Schulbesuch wird Schule und erzeugt eine höhere Verbindlichkeit der Entscheidun- SPD-Fraktion
18 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung gen. Vom breiten Konsens getragene Entscheidungen für Verän- Notwendige finanzielle Mittel zum Aufbau schulinterner Quali- derungsprozesse haben eine bessere Chance, erfolgreich zu tätssicherungssysteme werden zur Verfügung gestellt. sein. Damit wiederum entsteht auch eine höhere Zufriedenheit mit der Schule. 2.5 Baustein 5: Neue Lehrerbildung Die Mitwirkungsrechte der Eltern, der Personal- bzw. Mitarbei- tervertretung sowie der Schülerinnen und Schüler werden insge- samt aufgewertet. Änderungen im Personalvertretungsrecht wer- den zurückgenommen. Die Verantwortung für die eigene Schule muss von allen Beteiligten gewollt und getragen sein. 2.4.4 Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung (Evaluation) Die Evaluierung der Leistung der einzelnen Schule, weniger der Schülerinnen und Schüler, erfolgt auf der Basis klarer Zieldefini- tionen (Standards) und vergleichender Untersuchungen. Ziel ist das Erkennen von Stärken und Schwächen einer Schule, um Die Schule heute stellt neue Herausforderungen, welche die Lehr- diese gezielt aus- bzw. abzubauen. Die Überprüfung des Lern- kräfte nur dann meistern können, wenn sie bereits von Beginn erfolgs der Schülerinnen und Schüler dient allein dem Ziel der der Ausbildung darauf vorbereitet werden. Daher und auch auf- optimalen Förderung jedes Einzelnen und nicht seiner Ausgren- grund des europaweiten Bologna-Prozesses mit der Umstellung zung. der Studienstruktur auf konsekutive Bachelor- und Masterstudien- gänge, auf den sich die Bundesrepublik Deutschland und Hes- Es müssen Unterstützungssysteme auf- und ausgebaut werden, die sen verpflichtet haben, muss sich die Lehrerausbildung grundle- den Schulen bei der Evaluierung ihrer Arbeit helfen werden. Da- gend verändern. bei liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit bei der Beratung und Un- terstützung. Das eingerichtete Institut für Qualitätsentwicklung 2.5.1 Neues Lehrerleitbild und das Amt für Lehrerbildung werden hinsichtlich ihrer Aufgaben- stellungen als Dienstleister für die schulische Qualitätssicherung Wir benötigen Lehrkräfte, welche die Schülerinnen und Schüler und Qualitätsentwicklung überprüft und weiterentwickelt. Auch mit unterschiedlichem sozialen, sprachlichen und familiären Hin- den staatlichen Schulämtern wird bei der Qualitätssicherung und tergrund individuell und effektiv unterrichten können. Sie müssen -entwicklung eine neue und zentrale Rolle zukommen. Sie kennen mit unterschiedlichen Begabungen, mit Lern- und Verhaltens- die Schulen und die Verhältnisse vor Ort und werden daher im schwierigkeiten und mit besonderen Talenten umgehen und sie Beratungsprozess der Schulen eine Schlüsselrolle einnehmen. fördern können. Lehrerinnen und Lehrer sind Initiatoren, Mode-
19 ratoren und Lernbegleiter von Unterrichtsprozessen. Lehrende leiten Schülerinnen und Schüler dazu an, eigenverantwortlich zu lernen und Lernprozesse selbstständig zu organisieren. 2.5.2 Ein neues Leitbild braucht eine neue Ausbildung Im Zentrum der Ausbildung muss die Vorbereitung auf den Ar- beitsplatz Schule stehen. Fachwissenschaften, Pädagogik, Didaktik sowie der Erwerb diagnostischer Kompetenzen müs- sen stärker miteinander verbunden werden. Ein gemeinsamer Bachelorstudiengang wird die Vermittlung dieser Kompetenzen in den Mittelpunkt stellen. Mit der Umsetzung eines neuen Leh- rerleitbildes wird die Forderung nach höherer Arbeitsmarktrele- vanz für die BA-Absolventen Erfolg versprechender zu lösen sein. Dabei ist es entscheidend, dass bereits im Bachelor- und später im Masterstudiengang unter Beibehaltung eines hinrei- chenden Umfangs der fachwissenschaftlichen Ausbildung grö- Staatsexamensabschlüsse bei der Einführung modularisierter ßere Praxisanteile und auch die Vermittlung von fachdidakti- lehrerbildender Bachelor- und Masterstudiengänge ist für uns schen Inhalten mit ins Zentrum der Ausbildung genommen wer- vorstellbar. den. Damit werden Inhalte des Referendariats in die universitäre Ausbildung integriert. Die Trennung der Ausbildung in zwei Pha- Vor Aufnahme eines Lehramtsstudiums müssen sich alle Interes- sen wird aufgehoben. Um den Einstieg in den Lehrerberuf über senten im Rahmen eines obligatorischen Praktikums für das die erhöhten fachdidaktischen sowie fachpraktischen Anteile in Berufsfeld Schule qualifizieren und sich gleichermaßen hinsicht- der universitären Ausbildung hinaus weiter zu erleichtern und lich der Richtigkeit ihres Berufswunsches vergewissern. Dieses die Qualifizierung der jungen Lehrerinnen und Lehrer abzu- Praktikum wird durch die Studienseminare betreut und mit den schließen, wird eine einjährige begleitete Berufseinführungspha- Studieninteressenten einer kritischen Auswertung unterzogen, se eingeführt. Die Studienseminare, die derzeit die zweite Phase die auf eine Eignungs- und Neigungserhebung abzielt. der Lehrerbildung verantworten, werden auch weiterhin die fachdidaktische und fachpraktische Ausbildung mit verantwor- ten. Sie begleiten die Studierenden in Zusammenarbeit mit den Hochschullehrern während der universitären Ausbildung und in der Zeit der Berufseinstiegsphase. Die Aufgabe der bisherigen SPD-Fraktion
20 Chancen eröffnen – Perspektiven geben! Haus der Bildung 2.5.3 Abbau von Hierarchien im Es wird ein System von Ausbildungsschulen aufgebaut, die Lehrerberuf durch zusätzliche Ressourcen in die Lage versetzt werden, die hinzukommenden Aufgaben im Zusammenhang mit der Lehrer- Schwerpunkt der universitären Ausbildung bildet die pädagogi- bildung in ihrer Region zu bewältigen. sche Ausbildung. Fachliche und fachübergreifende Vermittlungs- kompetenzen, Teamfähigkeit, Diagnosefähigkeiten und sozial- 2.5.5 Begleitete Berufseinstiegsphase und entwicklungspsychologische Kenntnisse sind die Grundlage für Unterricht, dessen Ziel die individuelle Förderung des einzel- Als Erleichterung des Einstiegs in den Lehrerberuf und zum nen Kindes ist. Abschluss der Ausbildung der jungen Lehrerinnen und Lehrer wird eine begleitete Berufseinstiegsphase eingeführt. Die jungen Die Dauer der Ausbildung für die Primarstufe, Förderschule, die Lehrkräfte werden bei vollen Bezügen in den Schuldienst einge- Sekundarstufe I und II sowie für die berufliche Bildung wird stellt, sie haben jedoch für ein Jahr nur 50 Prozent der Unter- angeglichen. Durch Aufhebung der schulformbezogenen Ausbil- richtsverpflichtung. Sie werden in dieser Zeit von erfahrenen Kol- dungsgänge für das Lehramt werden Hierarchien im Lehrerberuf leginnen und Kollegen begleitet und arbeiten in Kooperation abgebaut. Eine Entscheidung über das konkret angestrebte Lehr- sowie mit Unterstützung eines Tutors an ihrer jeweiligen Schule. amt im Sinne einer Stufenlehrerausbildung erfolgt nach dem Dazu wird begleitend in den Studienseminaren die Unterrichts- Bachelor-Abschluss. Die Barrieren nach Schulformen und streng tätigkeit aufgearbeitet und reflektiert. Methodische und didakti- definierte Fächergrenzen müssen überwunden werden zugun- sche Ansätze können anhand der konkreten Unterrichtsinhalte in sten einer Lehrerausbildung in Grundschule sowie Sekundarstu- der Schule erprobt und vertieft werden. Damit kommt den Stu- fe I und II, die interdisziplinären Unterricht ermöglicht, ohne auf dienseminaren auch zukünftig eine herausragende Bedeutung Fachspezialisierung zu verzichten. Diese Forderung muss sich bei der Unterstützung der jungen Lehrkräfte und für die Siche- auch in der Struktur und den Inhalten der Lehrerausbildung rung der Unterrichtsqualität insgesamt zu. widerspiegeln. 2.5.6 Fortbildung 2.5.4 Kompetenz stärken durch höhere Praxisanteile Die Fortbildung muss zu einem festen Bestandteil des Berufsbil- des werden und kontinuierlich verpflichtend organisiert werden. Früher als bisher müssen schulpraktische Studien, Blockpraktika Fortbildung wird nicht nur personenbezogen organisiert, son- in den Semesterferien, Semesterpraktika oder Praxissemester dern den Bedürfnissen im Rahmen der Schulentwicklung ange- integraler Bestandteil des Lehramtsstudiums werden. Ein Min- passt. Fortbildungsveranstaltungen sind in der Regel im Rahmen destzeitanteil praxisbezogener Anteile wird curricular festge- der unterrichtsfreien Zeit zu organisieren. Denkbar und sinnvoll legt. Schulpraktische Studien werden intensiviert und in der Stu- sind aber auch Fortbildungsangebote, die speziell auf eine be- dien- und Prüfungsordnung die notwendige Bedeutung erhalten. stimmte Schule, für das Kollegium sowie Schüler- und Elternschaft
21 einer Schule zugeschnitten sind. Die Fortbildung muss in enger schaft und Schulträgern aufnimmt – überzeugen wird. Trotzdem – inhaltlicher, personeller und organisatorischer Abstimmung mit oder gerade deshalb – werden wir es nicht „von oben“ verord- den Seminaren und den Hochschulen erfolgen und vonseiten nen, sondern die Veränderungen unter Beteiligung aller Betrof- des Landes ausreichend finanziell ausgestattet werden. fenen „von unten“ aufwachsen lassen. Wir wollen, dass die Förderung der individuellen Persönlichkeit Individuelle Förderung ist das Grundprinzip einer Schule, die jedes Kindes im Mittelpunkt aller Bildungseinrichtungen steht. frühe Selektion vermeidet. Gemeinsames Lernen und individuelle Dies beginnt nach unserer Überzeugung mit einem System der Förderung stehen dabei in engem Zusammenhang. Alle Schüle- frühen Bildung in Kindertageseinrichtung und Grundschule, das rinnen und Schüler werden auf der Grundlage ihrer Lernfort- sich guter Bildung von Anfang an verpflichtet, setzt sich in einer schritte beraten und nach ihren individuellen Möglichkeiten ge- Schule fort, die sich bei der pädagogischen Arbeit an den Prin- fordert und gefördert. Damit wird zugleich die Freude am Lernen zipien des gemeinsamen Lernens und der Individualisierung des verbessert. Lernfreude darf nicht durch Missachtung, Beschä- Lernens im Rahmen eines pädagogisch bestimmten Ganztags- mung, Unter- oder Überforderung zerstört werden. konzepts orientiert und schließt mit einem gut ausgebauten System der beruflichen Bildung sowie der Weiterbildung mit Das einzelne Kind steht im Mittelpunkt der Unterrichtskonzep- Angeboten des lebensbegleitenden Lernens ab. Die geplanten tion. Der Unterricht wird so von den Lehrkräften vorbereitet, Reformen müssen von den bestehenden Gegebenheiten der Bil- dass sich die Schülerinnen und Schüler die Inhalte weitgehend dungslandschaft ausgehen. Sie werden nur dann Erfolg haben, selbstständig erarbeiten können. Dabei wird von den Lehrkräf- wenn sie von der Motivation und der Einsicht aller Beteiligten ten Unterstützung für den Arbeitsprozess gegeben, aber auch getragen werden. durch individuell aufbereitetes Lernmaterial oder durch Assi- stenzkräfte und den Austausch mit erfahrenen Mitschülerinnen und -schülern. 3 Teil II: Der Weg zu unserem Haus Unser Ziel ist, dass die Schülerinnen und Schüler in ihrem der Bildung jeweils eigenen Tempo lernen. Sie erhalten die notwendige 3.1 Überzeugen und Mitnehmen Unterstützung durch Gruppenlernen im gegenseitigen Aus- tausch in der jeweiligen Lerngruppe. Die Lehrkräfte werden Wir wissen, dass es für die Reform insbesondere der Sekundar- unterstützt durch Schulassistenten und für die Schule verfügba- stufe I, die sich den Zielen unseres Hauses der Bildung verpflich- res psychologisches, heilpädagogisches und sozialpädagogi- tet, noch der Überzeugungsarbeit bedarf. sches Fachpersonal. Das für die Lerngruppe verantwortliche Pädagogenteam organisiert den Lernprozess, bietet Material, Aber: Wir sind uns sicher, dass unser Konzept – gerade weil es begleitet, fördert, korrigiert, berät das Kind und die Eltern und die Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern, Eltern, Wirt- organisiert bei Bedarf auch Unterstützung durch Personen mit SPD-Fraktion
Sie können auch lesen