Konversatorium Strafrecht III Wintersemester 2022/2023 - Fall 6 - Nöte eines Arbeitgebers
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Konversatorium Strafrecht III Wintersemester 2022/2023 Fall 6 – Nöte eines Arbeitgebers
Prüfungsschema: Beteiligung an einer Schlägerei, § 231 StGB I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand • Schlägerei oder von mehreren verübter Angriff • Beteiligung 2. Subjektiver Tatbestand • Vorsatz 3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit (Tatbestandsannex) • Eintritt einer besonderen Tatfolge: Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzung nach § 226 StGB • Verursachung durch die Schlägerei/den Angriff II. Rechtswidrigkeit III. Schuld
Definitionen zu § 231 StGB • Schlägerei = eine mit gegenseitigen Körperverletzungen verbundene Auseinandersetzung, an der mindestens drei Personen aktiv körperlich mitwirken. • von mehreren verübter Angriff = eine feindliche, unmittelbar gegen den Körper eines anderen zielende Einwirkung durch mindestens zwei Personen • Beteiligung = jede aktive Teilnahme am Fortgang der Auseinandersetzung (nicht aber im Sinne von §§ 25-27 StGB notwendig)
Prüfungsschema: Körperverletzung mit Todesfolge,§ 227 StGB I. Tatbestand 1. Grunddelikt: tatbestandsmäßige Verwirklichung einer Körperverletzung gemäß §§ 223-226 StGB 2. Voraussetzungen der Erfolgsqualifikation: a) Eintritt der schweren Folge/Todesfolge b) Kausalität zwischen Körperverletzung und Todesfolge c) Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang zwischen Körperverletzung und Todesfolge d) Fahrlässigkeit hinsichtlich der Todesfolge (§ 18 StGB) II. Rechtswidrigkeit III. Schuld (insbesondere: individuelle Sorgfaltswidrigkeit und Vorhersehbarkeit)
Problem: Anknüpfungspunkt des tatbestandspezifischen Gefahrzusammenhangs im Rahmen des § 227 StGB e.A. (Lit.): der Tod muss aus der spezifischen Gefährlichkeit des Körperverletzungserfolgs resultieren, also aus Art und Schwere der Verletzung (sog. Letalitätstheorie) ➢ Wortlaut: „Verursacht der Täter durch die Körperverletzung…“ ➢ Erhöhter Strafrahmen gebietet restriktive Auslegung a.A. (Rspr. und Teil der Lit.): im Todeserfolg muss sich die spezifische Lebensgefahr der Körperverletzungshandlung unmittelbar realisieren, d.h. auch aus der Ausführungshandlung kann die schwere Folge herrühren. ➢ Wortlaut: Begriff der Körperverletzung („misshandeln“) erfasst nach dem gesetzlichen und dem allgemeinen Sprachgebrauch auch die Körperverletzungshandlung. ➢ Handlung kann ebenso gefährlich sein wie die Verletzung selbst, wobei es u. U. auch lediglich vom Zufall abhängt, ob der Erfolg eintritt oder nicht. ➢ Schließlich verweist § 227 I StGB auch auf die §§ 223 II, § 224 II, 225 II also auch auf die versuchte Körperverletzung sowie auf § 224 I Nr. 5 („Behandlung“) und bezieht das „Quälen“ in § 225 StGB ebenfalls mit ein; hierbei werden aber vor allem gefährliche Handlungsweisen umschrieben, was mit der Letalitätsthese unvereinbar ist.
Tatkomplex 1: Auseinandersetzung mit O A. Strafbarkeit des B I. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB zum Nachteil des O 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. des Grunddelikts, § 223 Abs. 1 StGB • körperliche Misshandlung (Var. 1): jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt → hier (+): Schläge und Tritte gegen den Kopf und Körper des O • Gesundheitsschädigung (Var. 2): Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften (pathologischen) Zustandes → hier (+): Verletzungen des O an Kopf und Körper
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B bb. der Qualifikation des § 224 Abs. 1 StGB • Gefährliches Werkzeug (Nr. 2 Var. 2): jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen ➢Schläge eines Mitglieds einer Schlägertruppe mit unbewehrten Körperteilen selbst nach a.A. (vgl. dazu Fall 5): (–) ➢Tritte mit beschuhtem Fuß (Schuh als gefährliches Werkzeug) denkbar; mangels ausreichender Angaben im Sachverhalt jedoch (–) • mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4): mindestens zwei Personen wirken einverständlich am Tatort zusammen und treten dem Opfer unmittelbar gegenüber → hier (+): B, C (und A) prügeln gemeinsam auf den O ein
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B • mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5), die nach den Umständen des Einzelfalls objektiv generell (h.M.) geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen →hier: mehrere Schläge und Tritte gegen den Kopf (+); a.A. im Hinblick auf fehlende sonstige Angaben im Sachverhalt vertretbar b. Subjektiver Tatbestand → Vorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes • des Grunddelikts des § 223 StGB (+) • der Qualifikation des § 224 StGB (+) 2./3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 4. Zwischenergebnis →§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 StGB (+)
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B II.§ 223 Abs. 1 StGB zum Nachteil des C • körperliche Misshandlung (+): Schlag mit dem Ellbogen • Gesundheitsschädigung (+): Verlust des Augenlichts auf dem linken Auge • Vorsatz aber (–) →§ 223 Abs. 1 StGB zum Nachteil des C (–) III.§ 226 Abs. 1 Nr. 1 StGB zum Nachteil des C → mangels vorsätzlicher Verwirklichung des Grunddelikts des § 223 Abs. 1 StGB bereits (–) IV.§ 229 StGB zum Nachteil des C 1. Tatbestand
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B a. Taterfolg/Tathandlung/Kausalität → (+): B trifft den C beim Ausholen mit dem Ellbogen, wodurch C sein Augenlicht verliert b. Objektive Sorgfaltswidrigkeit bei obj. Vorhersehbarkeit aa. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung • Es ist darauf abzustellen, wie sich ein besonnener und gewissenhafter Dritter aus dem Verkehrskreis des Täters in der konkreten Situation des Täters aus der Sicht ex ante verhalten hätte. • hier: Beteiligung des B an dem Angriff auf den O (+) bb. Objektive Vorhersehbarkeit • Es ist danach zu fragen, ob der Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs aus der Sicht ex ante so weit außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung lag, dass ein besonnener und gewissenhafter Dritter aus dem Verkehrskreis des Täters und in der konkreten Situation des Täters mit ihm nicht zu rechnen brauchte.
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B • hier: im Gerangel einer tätlichen Auseinandersetzung ist vorhersehbar, dass auch ungewollte Treffer gesetzt werden (+) c. Pflichtwidrigkeitszusammenhang (+) 2./3. Rechtswidrigkeit und Schuld →insb. individuelle Sorgfaltswidrigkeit und Vorhersehbarkeit (+) 4. Strafantrag →Strafantrag gemäß § 230 Abs. 1 S. 1 StGB erforderlich V.§ 231 StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B • Schlägerei: mit gegenseitigen Körperverletzungen verbundene tätliche Auseinandersetzung, an der mindestens drei Personen aktiv körperlich mitwirken. ➢hier: zwar schlagen mit A, B und C drei Personen auf den O ein; ohne Gegenwehr des O kommt es aber nicht zu gegenseitigen Körperverletzungen. ➢zudem wirkt A zum entscheidenden Zeitpunkt der schweren Körperverletzung des C nicht mehr mit; die passive Opferstellung des O genügt nicht zur aktiven Mitwirkung. → Schlägerei (–) • von mehreren verübter Angriff: feindselige, unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung von mindestens zwei Personen. → hier: Zum Zeitpunkt des Eintritts der schweren Körperverletzung des C versehen B und C den O gemeinsam mit Schlägen und Tritten gegen Kopf und Körper (+)
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B • Beteiligung: jede aktive Anteilnahme am Fortgang der Auseinandersetzung →hier: B als aktiver Angreifer (+) b. Subjektiver Tatbestand (+) c. Tatbestandsannex: Objektive Bedingung der Strafbarkeit aa. Eintritt einer schweren Folge → hier: Verlust des Sehvermögens des C auf einem Auge und somit schwere Körperverletzung im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 1 StGB (+) bb. durch den Angriff verursacht: • Verwirklichung der dem verübten Angriff anhaftenden Gefahr in der schweren Folge • hier: In dem Gerangel der Attacke von B und C auf O wurde C schwer verletzt (+)
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des B • Dass C einer der Angreifer und nicht der Angegriffene war, ist unerheblich, da § 231 StGB generell vor den Gefahren einer Schlägerei schützen will 2./3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 4. Zwischenergebnis →§ 231 StGB (+) B. Strafbarkeit des C I.§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB zum Nachteil des O (+) →vgl. Strafbarkeit des B II.§ 231 StGB 1. Tatbestand
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des C a. Objektiver Tatbestand (+) →vgl. Strafbarkeit des B b. Subjektiver Tatbestand (+) c. Tatbestandsannex: Objektive Bedingung der Strafbarkeit aa. Eintritt einer schweren Folge (+): Verlust des Sehvermögens des C auf einem Auge bb. durch den Angriff verursacht • Problem: Strafbarkeit des (ausschließlich) selbst schwer verletzten Täters ➢Lit. (–): Selbstverletzung, für die der Täter nicht nach §§ 223 ff. StGB strafbar ist („eine andere Person“), kann keine Strafbarkeit gemäß § 231 StGB begründen
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des C ➢hM (+): Strafgrund des § 231 StGB (abstraktes Gefährdungsdelikt) ist die Beteiligung an einer Schlägerei, bzw. an dem von mehreren verübten Angriff, die eine generelle Gefährlichkeit für Leib und Leben der Beteiligten mit sich bringt ➢bei wem sich die Gefahr realisiert, ist daher gleichgültig 2./3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 4. Zwischenergebnis →§ 231 StGB (+) C. Strafbarkeit des A I.§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB zum Nachteil des O (+) → vgl. Strafbarkeit des B
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des A II.§ 231 StGB 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand (+) →vgl. Strafbarkeit des B b. Subjektiver Tatbestand (+) c. Tatbestandsannex: Objektive Bedingung der Strafbarkeit aa. Eintritt einer schweren Folge (+): Verlust des Sehvermögens des C auf einem Auge cc. durch den Angriff verursacht: Verwirklichung der dem verübten Angriff anhaftenden Gefahr in der schweren Folge • Problem: fehlende Beteiligung des A zum Zeitpunkt der für die schwere Folge ursächlichen Handlung
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des A ➢e.A.: Beteiligung zur Zeit der Verursachung erforderlich (keine Strafbarkeit sofern der Täter vor Eintritt der schweren Folge ausgeschieden ist, oder erst später hinzukommt) − Der Täter hat offensichtlich zu der Gefahrenlage, aus der sich die schwere Folge ergab, nicht beigetragen → keine Strafbarkeit des A gemäß § 231 StGB ➢Rspr: Der Zeitpunkt der Beteiligung ist für die Strafbarkeit nicht von Bedeutung (vgl. BGHSt 14, 132, 16, 130) − § 231 StGB erfordert nicht die Ursächlichkeit der Beteiligung des Täters für die schwere Folge, sondern die Ursächlichkeit der Schlägerei, bzw. des Angriffs. Denn bereits die Mitwirkung an einer Schlägerei kann deren generelle Gefährlichkeit erhöhen, da sie die Streitfreudigkeit der Beteiligten – über die Dauer der Beteiligung Einzelner hinaus – steigern kann
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des A − § 231 StGB will die besondere Gefährlichkeit einer Schlägerei unter Strafe stellen: Die schwere Folge zeigt – unabhängig von ihrem Eintrittszeitpunkt – die Gefährlichkeit des Vorgangs − § 231 StGB soll Beweisschwierigkeiten (hinsichtlich der Kausalität der Beteiligung sowie im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beteiligung) entgegenwirken: die e. A. führt vor dem Hintergrund des „in dubio pro reo“ Grundsatzes zu Schutzbehauptungen − anders nur, wenn durch das Fehlen der Beteiligung der Charakter einer Schlägerei bzw. eines tätlichen Angriffs verloren geht. → Strafbarkeit des A gemäß § 231 StGB (+)
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des A ➢h.M.: ausreichend ist, wenn sich der Täter vor der für die schwere Folge ursächlichen Handlung an der Schlägerei bzw. dem Angriff beteiligt − Argumente vgl. zunächst Rspr.: Nur die Schlägerei bzw. der Angriff, nicht der Beitrag des Einzelnen ist für die Kausalität relevant; §231 soll auch Beweisschwierigkeiten vorbeugen − Im Hinblick auf den Täter, der vor Eintritt der schweren Folge beteiligt war, gilt: Die Beteiligung hat typischerweise die Streitfreude der Beteiligten gesteigert und lebt in der andauernden Schlägerei fort. − aber: wenn die schwere Folge zu einem Zeitpunkt verursacht wurde, zu dem der Beteiligte noch nicht in das Geschehen eingegriffen hatte, kann er noch nicht einmal abstrakt zur Gefahrschaffung oder - erhöhung beigetragen haben, ist nicht einmal potentiell kausal im Sinne der Äquivalenztheorie. Der Schuldgrundsatz verlangt allerdings zumindest die Möglichkeit eines Beitrags zur schweren Folge
Tatkomplex 1, Strafbarkeit des A → vorliegend kein „Ausnahmefall“: dass A den Kampfplatz verlässt, schließt seine Strafbarkeit gemäß § 231 StGB auch nach h.M. nicht aus 2./3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 4. Zwischenergebnis →§ 231 StGB (+) D. Ergebnis für TK I • § 224 verdrängt § 223 im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität). § 224 steht mit § 231 wegen der unterschiedlichen Rechtsgüter (körperliche Unversehrtheit des Einzelnen; Leben und Gesundheit aller an der Schlägerei Beteiligten) in Tateinheit (§ 52). • Strafbarkeit von A und C gemäß §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5; 231; 52; Strafbarkeit des B gemäß §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 (zum Nachteil des O); § 229 (zum Nachteil des C); 231; 52
Auseinandersetzung mit X Strafbarkeit des A A.§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 StGB I. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. des Grunddelikts des § 223 Abs. 1 StGB • körperliche Misshandlung (Var. 1): jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt → hier (+):Besprühen mit Pfefferspray verursacht Schmerzen • Gesundheitsschädigung (Var. 2): Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften (pathologischen) Zustandes → hier (+):vorübergehender Verlust des Augenlichts
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A bb. der Qualifikation des § 224 Abs. 1 StGB • Beibringung von Gift (Nr. 1 Var. 1): jeder organische oder anorganische Stoff, der durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu schädigen geeignet ist → hier (+): Pfefferspray infolge seiner chemischen Reizwirkung bei Kontakt mit Haut und Augen • Beibringung: Täter bringt den Stoff mit dem Körper des Opfers derart in Verbindung, dass der Stoff seine gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet − Problem: Äußerliche Beibringung ausreichend? − e.A.: unerheblich, ob der Stoff nur im Innern des Körpers oder von außen wirkt, da die Anwendbarkeit der Norm ansonsten von Zufälligkeiten abhängig wäre → hier (+): Sprühen des Pfeffersprays ins Gesicht des X
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A − a.A.: erfasst sind nur Wirkungen im Innern des Körpers, da wegen der Strafandrohung der Vorschrift eine restriktive Auslegung des Merkmals angebracht ist → hier (–): äußerliche Anwendung des Pfeffersprays; gegeben wäre dann aber § 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB • hinterlistiger Überfall (Nr. 3): jeder plötzliche, unerwartete Angriff auf einen Ahnungslosen →hier (-): Es muss von einem Überraschungsangriff des A gegen X ausgegangen werden (a.A. mit entsprechender Begründung vertretbar)
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A • mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4): mindestens zwei Personen wirken einverständlich zusammen und treten dem Opfer unmittelbar gegenüber − erforderlich ist eine Zusammenarbeit am Tatort, da nur bei einem gemeinsamen Auftritt der Täter sich das Opfer einer Übermacht ausgesetzt sieht (Straferhöhungsgrund der Nr. 4) →hier (–): Z hat dem A zwar das Tatmittel (Pfefferspray) besorgt und ist somit Gehilfe (also Beteiligter) der Tat; mangels Anwesenheit am Tatort aber keine gemeinschaftliche Begehung • mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (Nr. 5), die nach den Umständen des Einzelfalls objektiv generell geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen →hier: Behandlung mit Pfefferspray (–); a.A. im Hinblick auf die Panikreaktion des X vertretbar b. Subjektiver Tatbestand (+)
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A 2./3. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 4. Zwischenergebnis →§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 (+) II.§ 226 StGB 1. Grunddelikt: §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 (+); s.o. 2. Erfolgsqualifikation • schwere Folge des Verlusts des Sehvermögens auf beiden Augen (§ 226 Abs. 1 Nr. 1 StGB) • Verlust erfordert eine dauernde, d.h. endgültige oder für einen unbestimmt langwierigen Zeitraum anhaltende Beeinträchtigung → hier (–): nur vorübergehender Verlust des Augenlichts 3. Zwischenergebnis →§ 226 StGB (–)
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A III. § 227 StGB 1. Grunddelikt: §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 (+); s.o. 2. Erfolgsqualifikation a. Eintritt der schweren Folge →Tod der verletzten Person (+): X wird auf der Hauptstraße tödlich erfasst b. Kausalität zwischen Grunddelikt und schwerer Folge (+) c. Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge • Problem: tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang zwischen schwerer Folge und KV- Erfolg oder KV- Handlung? • Problematisch ist, welches der beiden „Merkmale“ zur schweren Folge geführt haben muss, damit ein tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang besteht.
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A ➢Rspr. und h.M. tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang (+), wenn KV-Handlung zum Todeseintritt führte − In § 227 StGB verweist Abs. 1 pauschal auf §§ 223 - 226 StGB. Davon wird auch die versuchte KV (§ 223 II StGB) erfasst, sodass eine KV-Handlung ausreichend ist. − Oft vom schlichten Zufall abhängig, ob Handlung oder Erfolg des Grunddeliktes zur schweren Folge führt. → Hier: KV-Handlung hat zum Tod des Opfers geführt. Gefahrspezifischer Zusammenhang (+) ➢Lit. sog. Letalitätstheorie: Der KV-Erfolg muss zur schweren Folge geführt haben − § 227 StGB spricht vom „Tod der verletzten Person“, sodass die Norm von einem Erfolg auszugehen scheint. − Der hohe Strafrahmen des § 227 StGB gebietet wohl eine restriktive Handhabung.
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A Hier: Tod nicht durch KV-Erfolg (Sprühen mit Pfefferspray) eingetreten; Gefahrspezifischer Zusammenhang (-) ➢Streitentscheid notwendig: zu folgen ist der h.M., sodass es ausreichend ist, wenn KV-Handlung zur schweren Folge führte; es kann nicht vom Zufall abhängen, ob ein Delikt verwirklicht ist oder nicht. (oft klausurtaktisch besserer Weg) → Somit: Gefahrspezifischer Zusammenhang (+) (a.A. gut vertretbar) d. Fahrlässigkeit bzgl. der schweren Folge (§ 18 StGB) • objektive Sorgfaltswidrigkeit und objektive Vorhersehbarkeit ➢Problem: gesonderte Prüfung der objektiven Sorgfaltswidrigkeit? − h.A.: die objektive Sorgfaltswidrigkeit resultiert bereits aus der Begehung des Grunddelikts; zu prüfen ist daher nur die objektive Vorhersehbarkeit
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A − a.A.: wegen der unterschiedlichen Rechtsgüter kann sich die Sorgfaltswidrigkeit bezüglich der schweren Folge in § 227 StGB (Leben) nicht bereits aus der Verwirklichung des Grunddelikts des § 223 StGB (körperliche Unversehrtheit) ergeben → hier: Streit kann offen bleiben, da Überfall in einer Gasse, aus der ein Fluchtweg über eine belebte Hauptstraße führt → objektiv sorgfaltswidrig (+) ➢zudem lag die Panikreaktion des X infolge des heftigen und unvorhergesehenen Angriffs im Rahmen der allgemeinen Lebenserfahrung und war objektiv vorhersehbar e. Pflichtwidrigkeitszusammenhang/obj. Zurechnung • Problem: Panikreaktionen des Opfers
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A ➢nach dem Eigenverantwortlichkeitsprinzip kann ein tatbestandlicher Erfolg dem Täter nicht zugerechnet werden, wenn er auf einer eigenverantwortlichen Selbstschädigung oder Selbstgefährdung des Opfers beruht → hier: X ist aus freien Stücken und trotz fehlender Orientierung auf die Hauptstraße gerannt und wurde dort tödlich erfasst. ➢An der Eigenverantwortlichkeit bestehen jedoch Bedenken, wenn das Opfer die zur schweren Folge führende Handlung nur aus Panik und berechtigter Furcht vor weiteren Angriffen des Täters begangen hat; dann ist die fragliche Handlung nicht mehr freiverantwortlich und lässt sich vielmehr auf das Verhalten des Täters zurückführen. ➢Dass das Opfer infolge seiner Panik nur irrigerweise von weiteren Angriffen ausgegangen ist, kann den Zurechnungszusammenhang nicht unterbrechen
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A → hier: X läuft nur aus Panik und Furcht vor weiteren Angriffen auf die Hauptstraße ➢Pflichtwidrigkeitszusammenhang (+) 3./4. Rechtswidrigkeit und Schuld → Insb. individuelle Sorgfaltswidrigkeit und individuelle Vorhersehbarkeit (+) 5. Zwischenergebnis →§ 227 StGB (+) IV. Zwischenergebnis TK II • § 223 und § 224 treten hinter § 227 im Wege der Spezialität zurück. • Strafbarkeit des A nach § 227 StGB
Tatkomplex 2, Strafbarkeit des A Gesamtergebnis • Strafbarkeit des C gemäß §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5; 231; 52 StGB • Strafbarkeit des B gemäß §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 (zum Nachteil des O); 229 (zum Nachteil des C); 231; 52 StGB • Strafbarkeit des A gemäß §§ 224 Abs. 1 Nr. 4; 231; 52; 227; 53 StGB
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