FALLBEISPIELE LASSEN SICH BESSER MERKEN, WENN MAN SIE MIT ECHTEN SCHAUSPIELERN DURCHSPIELT.

 
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FALLBEISPIELE LASSEN SICH BESSER MERKEN, WENN MAN SIE MIT ECHTEN SCHAUSPIELERN DURCHSPIELT.
FALLBEISPIELE
LASSEN SICH BESSER MERKEN, WENN MAN SIE
MIT ECHTEN SCHAUSPIELERN DURCHSPIELT.

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FALLBEISPIELE
LASSEN SICH BESSER MERKEN, WENN MAN SIE
MIT ECHTEN SCHAUSPIELERN DURCHSPIELT.

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FALLBEISPIELE
& DEFINITIONEN
Problemfelder fehlender Handlungsqualität (Gliederungspunkt: I.1.b.)

Handlung = jedes menschliche Verhalten, das vom Willen beherrscht ist (oder
zumindest beherrschbar ist) und damit auch vermeidbar ist

Wenn Aktion nicht vermeidbar, fehlt es an Handlungsqualität.

Beispiele:

-   Bewegungen im Schlaf (zB Schlafwandeln)
-   Aktionen bei Bewusstlosigkeit (wie auch immer das gehen soll - evtl möglich)
-   krankheitsbedingt nicht beherrschbare Körperbewegungen (zB Epilepsie)
-   Einfluss durch unwiderstehliche Gewalt („vis absoluta“, zB Stoß eines Dritten)
-   Reflexe
-   hypnotische Zustände (werden aber meist nur als Bewusstseinsstörung
    iSd § 20 StGB und damit als Handlung angesehen)
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FALLBEISPIELE
& DEFINITIONEN
Fall 1:
Autofahrer Pritt Stift ermüdet wegen der Monotonie seines Lebens (auch des
Fahrtverlaufs). Er schläft am Lenkrad einfach ein. Sein Mustang gerät auf die linke
Spur. Er rammt den Fiat Multipla von Bennie Bob Dornton, der dabei verletzt
wird. Strafbarkeit wegen fahrlässiger KV?

Lösung:
keine Strafbarkeit. Wer schläft handelt nicht mehr.
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FALLBEISPIELE
& DEFINITIONEN
Problemfelder fehlender Handlungsqualität (Gliederungspunkt: I.1.b.)

Sonderproblem: Reflex und Spontanreaktion

Reflexe = Körperbewegungen, die vom Willen nicht
steuerbar sind und als Reaktion rein automatisiert ablaufen.
Sie sind nicht vermeidbar und damit keine Handlungen.

Spontanreaktionen = sind im konkreten Fall unbeherrschte,
aber grundsätzlich beherrschbare Körperreaktionen.

Beide Begriffe werden umgangssprachlich oft verwechselt (Ein Torwart wird
manchmal für eine Parade bzw. einen „Reflex“ gelobt, der eher eine
Spontanreaktion war und umgekehrt.)

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FALLBEISPIELE
& DEFINITIONEN
Fall 2:
Rapper Kevin Ost fährt mit seinem Ford Escalade eine Runde um den Block.
Als ihm eine Wespe ins Auge fliegt, macht er eine fuchtelnde hektische
Armbewegung und bricht seiner Frau Kim Karnickilo versehentlich die Nase.

Lösung:
Strafbarkeit. Rest an Steuerungsfähigkeit verblieb Kevin. Fahrlässige KV, § 229 StGB
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FALLBEISPIELE
& DEFINITIONEN
Problemfelder fehlender Handlungsqualität (Gliederungspunkt: I.1.b.)

Sonderproblem: Besitzdelikte

Teilweise stellt das Gesetz den bloßen Besitz unter
Strafe.

Beispiele:

-   Besitz von Drogen, § 29 I Nr. 3 BtMG
-   Besitz von Waffen, § 51 I WaffG
-   Kinderpornographie, § 184b IV 2 StGB

Hier besteht ein Widerspruch zur
Lehre der Strafbarkeit von Handlungen
oder Unterlassungen (Ausnahme).
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FALLBEISPIELE
& DEFINITIONEN
Überleitung zum subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2.)
Fallbeispiel zur Abgrenzung Eventualvorsatz vs bewusste Fahrlässigkeit:

Fall 3, „Klappspatenfall“:

Pazifist P hilft beim Banküberfall, indem er mit Klappspaten Schmiere steht. Klappspaten hat
scharfe und stumpfe Seite. Als Held H zum Alarmknopf hechtet, will P das verhindern. Bevor er
zuschlägt, entscheidet er sich bewusst, die stumpfe Seite des Spatens zu nehmen, um H nicht zu
krass zu verletzen oder gar zu töten. H stirbt trotzdem. Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Tötung ?

Lösung:
P denkt sich quasi „Es wird schon gut gehen“ und unterstreicht diesen Gedanken zusätzlich mit
der offensichtlichen Auswahl der stumpfen Seite des Spatens. Somit ist hier in Abgrenzung zum
Eventualdosis eher die bewusste Fahrlässigkeit des P zu bejahen.

P ist demnach nicht wegen vorsätzlicher Tötung, dafür aber wegen fahrlässiger Tötung, zu
bestrafen.

Problematische Fälle: zB informierter HIV-Infizierter steckt Sexualpartner an (je nach Einzelfall)
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SUBJEKTIVER
TATBESTAND

     WISSEN UND WOLLEN DES TÄTERS
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SUBJEKTIVER
TATBESTAND
I. Tatbestand
   1. Objektiver Tatbestand
         a. Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs
         b. Tathandlung des Täters
         c. Kausalität zwischen der Handlung und
            dem Erfolg
         d. Objektive Zurechnung des Erfolges zur
            Handlung
    2. Subjektiver Tatbestand
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
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DEFINITIONEN
zum subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2.)

Vorsatz = Wissen und Wollen der Tatbegehung

Vorsatzarten:

-   Absicht (Dolus Directus 1. Grades)
-   Direkter Vorsatz (Dolus Directus 2. Grades)        je roter desto schlimm
-   Eventualvorsatz

Fahrlässigkeitsarten:               Abgrenzung
- bewusste Fahrlässigkeit
- einfache Fahrlässigkeit

Sonderproblem Eventualvorsatz (Dolus Eventualis) !!!

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DEFINITIONEN
zum subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2.)

Absicht (Dolus Directus 1. Grades) = Der Täter handelt mit Absicht, wenn es ihm
gerade auf die Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges ankommt, dessen Eintritt er
zumindest für möglich hält. Das Wollen der Tat steht im Vordergrund. //
Übersetzung: Er will das wirklich und hofft dementsprechend, dass es klappt.

Direkter Vorsatz (Dolus Directus 2. Grades) = Der Täter handelt mit direktem
Vorsatz, wenn er sicher weiss, dass der tatbestandliche Erfolg eintreten wird und er sich mit
diesem Erfolg derart abfindet, dass er ihn zumindest billigend in Kauf nimmt. Dabei kann der
Erfolgseintritt sogar unerwünscht sein. // Übersetzung: Er will das nicht wirklich, weiss aber, dass
es sicher passieren wird und das ist für ihn dann auch ok.

Eventualvorsatz = Der Täter erkennt die Möglichkeit des tatbestandsmässigen
Erfolgseintritts und nimmt diese Möglichkeit ernst und findet sich mit dem Erfolg in der Weise ab,
dass er den Erfolg billigend in Kauf nimmt, selbst wenn der Erfolg auch unerwünscht
sein mag. // Übersetzung: Er hält es für möglich. Es wäre nicht cool und nicht sein Wunsch. Aber falls
es passiert, nimmt er es in Kauf.

Alle 3 Varianten sind Vorsatz im Sinne des StGB.

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DEFINITIONEN
zum subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2.)

Sonderproblem Eventualvorsatz (Dolus Eventualis) in Abgrenzung zur
bewussten Fahrlässigkeit:

Faustregel zur Abgrenzung von der bewussten Fahrlässigkeit = Frank´sche Formel

Frank´sche Formel:

Was sagt sich der Täter ?

„Na wenn schon“ = bedingter Vorsatz /// „Es wird schon gut gehen“ = bewusste Fahrlässigkeit

Problem: Frank´sche Formel ist zu ungenau

Lösung:
Es bedarf zusätzlich zur Frank´Fränkischen Formel konkreter
Anhaltspunkte für ernsthaftes und nachvollziehbares Vertrauen des Täters
auf einen guten Ausgang der Sache.

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FALLBEISPIELE
zum subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2.)

Fall 4:

Angela Jolina schiesst mit einer Armbrust auf die in ihrem Beetle Cabrio heran
fahrende Jennifer Beniston. Sie will sie töten, weil sie älter und dennoch
hübscher ist als sie. Dass dabei ganz sicher auch die ständig auf dem
Beifahrersitz sitzende Emiliana Ratakowski drauf gehen wird, wenn der
führerlose Beetle den 100 Meter tiefen Abgrund neben der Garage hinab fallen
wird, findet sie zwar ungerecht, aber sie nimmt es in Kauf. Falls der Beetle den
Gärtner Billy Bob erwischt - der dann vielleicht grad die Douglasien
verschneidet - findet sie auch unschön - aber das muss dann eben sein.
Ist Angela jeweils wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts strafbar ?
Lösung:
Ja. Bei Jennifer hat sie Direktvorsatz 1. Grades. Sie will das. Bei Emiliana hat sie
Direktvorsatz 2. Grades. Sie will das nicht wirklich, weiss aber, dass es sicher
passieren wird, was sie dann ok findet. Beim Gärtner Billy Bob hat sie
Eventualvorsatz. Sie weiss nicht, ob er im Weg stehen wird. Falls ja, ist es halt so.
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EXKURS ZU
STRAFVERFOLGUNGS-
HINDERNISSEN

IRRTUMSLEHRE

Es gibt Sachverhaltsirrtümer und es gibt Wertungsirrtümer.

Normaler Irrtumsfall = Täter verwirklicht Strafbarkeitsvoraussetzung, denkt aber,
er verwirkliche sie nicht

Umgekehrter Irrtumsfall = Täter verwirklicht Strafbarkeitsvoraussetzung nicht,
denkt aber, er erfülle sie

Merke: Der Täter, der einem Sachverhaltsirrtum unterlicht, ist eigentlich
rechtstreu und so kommt ihm der Sachverhaltsirrtum stärker zu Gute als ein
Wertungsirrtum

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EXKURS ZU
STRAFVERFOLGUNGS-
HINDERNISSEN

Beispiel:

Die 25 jährige Sportlehrerin Daisy verliebt sich in den 15-jährigen Gustav.
Gustav verliebt sich in Daisy.
Im Anschluss an den Schwimmunterricht nimmt Daisy an Gustav Oralverkehr
vor.

Variante 1: Wegen eines fehlerhaften Klassenbucheintrages, geht Daisy davon
aus, dass Gustav schon 16 Jahre alt ist.

Variante 2: Daisy weiss, dass Gustav 15 ist, geht aber davon aus, dass der
strafrechtliche Schutz der Sexualdelikte mit Ablauf des 14. Lebensjahres endet,
weil sie das in der Zeitung falsch verstanden hat.

Strafbarkeit der Daisy nach § 174 Abs. I StGB ?

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EXKURS ZU
STRAFVERFOLGUNGS-
HINDERNISSEN

Lösung:

Variante 1:
Nein. Daisy unterliegt einem tatbestandsausschliessenden Tatbestandsirrtum
gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB. Prüfung endet bereits im subjektiven Tatbestand.

Variante 2:
Ja. Daisy erfüllt den subjektiven Tatbestand, weil sie weiss, dass G erst 15 ist. Sie
will auch sexuelle Handlungen an ihm vornehmen. Zu prüfen ist ihre Schuld.
Hier liegt kein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor. Vermeidbar wäre ihr Irrtum
bei Einsatz all ihrer geistigen Kräfte oder Einholung von Rat nämlich gewesen. Es
liegt ein vermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB vor.

(WICHTIG: § 17 S. 2 StGB lässt die Schuld unberührt, enthält aber die
Möglichkeit der Milderung.)
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EXKURS ZU
STRAFVERFOLGUNGS-
HINDERNISSEN

Abwandlung bzw. Variante 3:

Daisy denkt, dass Gustav erst 16 ist und glaubt daran, dass der Schutz über die
Sexualdelikte in §§ 174 ff StGB mit Ablauf des 14. Lebensjahres endet.

Lösung:

Keine Strafbarkeit, da sowohl Tatbestandsirrtum nach 16 StGB (Irrtum über das
Alter) als auch Verbotsirrtum gem. 17 StGB (Unkenntnis der Schutzaltersgrenze
bei § 174 StGB) vorliegen. Strafbarkeit nach § 174 StGB scheidet demnach
wegen des Tatbestandsirrtums über das Alter aus.

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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 Merke:
 Obwohl die Prüfung im subjektiven Tatbestand nahe liegt, sollte die Prüfung der
 jeweiligen Irrtumsart erst im thematisch passenden Prüfungspunkt erfolgen, da
 man Details der Tat sonst evtl aussen vor lässt.

 Irrtumsarten:

 I. Irrtümer hinsichtlich des gesetzlichen Tatbestandes
 II. Irrtümer hinsichtlich eines Rechtfertigungsgrundes
 III. Irrtum über Entschuldigungsgründe
 IV. Irrtum über Strafaussschließungsgründe

 Anmerkung: Es folgen im Skript lediglich Beispiele zu Tatbestandsirrtümern.

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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 I. Irrtümer hinsichtlich des gesetzlichen
    Tatbestandes, § 16 StGB

 1. Beispiel-Fall zum Tatbestandsirrtum,
 § 16 Abs. I StGB:

 Brat will eine Schießübung machen und
 erkennt nicht, dass sein Ziel, eine Lara Croft
 Figur garnicht aus Pappe ist.
 Strafbarkeit wegen Totschlags ?

 Lösung: Brat kennt das Tatbestandsmerkmal
 „Mensch“ nicht. Ihm fehlt daher der Vorsatz,
 einen Menschen zu töten. Es kommt eine
 Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung in
 Betracht, § 222 StGB.
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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 I. Irrtümer hinsichtlich des gesetzlichen
    Tatbestandes, § 16 StGB

 2. Beispiel-Fall zum Tatbestandsirrtum,
 § 16 Abs. I StGB (Irrtum über Qualifikation):

 Rapper Kevin geht als Dieb auf Beutezug.
 Wegen eines Kälteeinbruchs, holt er dafür
 seine Pelzjacke aus dem Keller. Beim letzten
 Videodreh hat er seine Smith & Wesson in
 der Jacke vergessen, was er ebenfalls
 vergessen hatte. Strafbarkeit des Kevin?

 Lösung: Kevin ist nur wegen einfachen
 Diebstahls zu bestrafen.

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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 3. Beispiel: Irrtum über Tatbestandsalternativen
 (ebenfalls Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB):

 A meint, in eine Wohnung einzudringen. In Wirklichkeit ist es ein Büro. Strafbarkeit
 wegen Hausfriedensbruches (§ 123 StGB) ?
 Lösung: Ja. A handelt vorsätzlich und irrt sich nach § 16 StGB über die
 Tatbestandsalternative der Büro-Eigenschaft. § 123 StGB schützt das Hausrecht.
 Dieser Schutz besteht deshalb bei Wohnungen und Büros bzw. beiden
 Tatbestandsalternativen gleichermaßen. Da egal ist, welche der gleichwertigen
 Tatbestandsalternativen erfüllt ist, muss man Vorsatz feststellen.

 Anmerkung: Würde A denken, Büros seien nicht über § 123 StGB geschützt,
 würde er einem bei Anstrengung aller geistigen Möglichkeiten vermeidbaren
 Verbotsirrtum nach § 17 StGB unterliegen. Er wäre dann nach § 123 StGB zu
 wegen Hausfriedensbruchs zu bestrafen.
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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 4. Beispiel: „Luftinjektionsfall“, BGH, NStZ 2002, 475 - „umgekehrter“ Irrtum über
 den Kausalverlauf (Erfolg tritt früher ein, als erwartet):

 Täter schlagen auf das Opfer im Hals- und Kopfbereich ein, um es anschließend
 durch die Injektion von Luft in die Armvene zu töten. Entgegen der Vorstellung
 der Täter verstirbt das Opfer nicht erst an der Injektion, sondern bereits an den
 Schlägen, was diese jedoch nicht bemerken. Strafbarkeit?
 Lösung:
 Ja. Wegen vollendeter vorsätzlicher Tötung. Bereits in den Schlägen zur
 Wehrlosmachung liegt das unmittelbare Ansetzen (jetzt gehts los) hinsichtlich der
 Tötung, § 22 StGB. Durch das sofortig danach stattfindende Setzen der
 Luftinjektion bildet das gesamte Geschehen eine Einheit.

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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 5. Beispiel „Penis-Fall“, BGH, RA 2017, 611 - ebenfalls „umgekehrter“ Irrtum über
 den Kausalverlauf (Erfolg tritt früher ein, als erwartet):

 Täter schlug dem alkoholisierten O auf die Lippe wobei diesem Speisebrei aus
 dem Magen aufstieg. Da der Würgereflex wegen der hohen Alkoholisierung
 ausblieb, begann O zu röcheln. Wenige Minuten später verstarb O infolge
 Erstickens. A zog dem O die Hose aus und durchtrennte mit einem Messer
 dessen Penis. Dabei erkannte er dessen Tod nicht, sondern nahm vielmehr den Tod
 des vermeintlich noch lebenden O billigend in Kauf. Strafbarkeit wegen
 vorsätzlicher vollendeter Tötung ?
 Lösung:
 Nein. Da ein „nachträglicher“ Vorsatz (dolus subsequenz) gem. § 16 I StGB
 unbeachtlich ist, kommen beim Schlag nur § 223 StGB (Körperverletzung) und
 § 222 StGB (Fahrlässige Tötung) in Tateinheit in Betracht. Bei der Abtrennung des
 Penis (nunmehr in Tatmehrheit) kommt nur ein untauglicher Tötungsversuch in
 Betracht.
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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 6. Beispiel: Umgekehrter Tatbestandsirrtum

 Angelina möchte Brat erschiessen.

 Sie erkennt nicht, dass Sie nur seinen Pappaufsteller vor sich hat.

 Strafbarkeit wegen Totschlags?

 Lösung:
 Ja, aber nur wegen versuchten Totschlags, denn sie hat Vorsatz, aber keinen Erfolg.

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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 II. Unvermeidbarer Verbotsirrtum, § 17 StGB:
 Verbotsirrtum ist unvermeidbar, wenn der Täter (trotz der ihm nach den
 Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und
 Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens) die Einsicht in das
 Unrechtmäßige seines Handelns nicht zu gewinnen vermochte.

 1. Beispiel: Jennifer beleidigt ein Kind. Sie denkt, nur die Beleidigung von
 Erwachsenen sei strafbar. Lösung: Das ist ein vermeidbarer Irrtum.

 2. Beispiel: Mauerschützenfälle. DDR-Gesetz rechtfertigt Todesschüsse an der
 Berliner Mauer. Lösung: Zwar kein Verstoß gegen DDR-Gesetze. Aber BGH hat
 angenommen, dass auch indoktrinierte Menschen strafbar sind, weil sie erkennen
 müssen, dass ein „Verstoss gegen das elementare Tötungsverbot“ bestand.

 3. Beispiel: „umgekehrter Verbotsirrtum“ (Wahndelikt) - Täter tut etwas Erlaubtes
 (zB Ehebruch oder Meuchelung einer 101Voodoo-Puppe)
IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 Error in Persona vel Objecto:
 Täter trifft das anvisierte Ziel. Dabei unterliegt er einem

 - Irrtum über die Identität des Opfers.

 Oder

 - einem Irrtum zB über die Zugehörigkeit eines Gegenstandes.

 Gleichwertigkeit der Personen/Objekte lässt den Vorsatz
 bestehen, weil Tatbestand trotzdem erfüllt wird.

 Merke:
 Zusätzliche Strafbarkeit des Versuchs am anderen Objekt bzw an anderer Person
 scheidet aus. Denn Täter hatte nur einen einzigen Vorsatz, der bereits verbraucht
 ist.
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IRRTÜMER
quasi im subjektiven Tatbestand (Gliederungspunkt: I.2
aber bitte je nach Art erst bei Tatbestand, Rechtswidrigkeit oder Schuld prüfen)

 Aberratio ictus (Fehlgehen des Schlages):
 Täter zielt schlecht und tötet versehentlich eine andere Person.

 Bezüglich der versehentlich getroffenen Person, hat er keinen Vorsatz.
 Hier ist er wegen fahrlässiger Tötung zu bestrafen.

 Bezüglich der verfehlten Person, kommt nur eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht.

 (Ausnahme, wenn Täter Eventualvorsatz bzgl. der anderen Person hatte)

 Abstruse Ausnahme (Kombination von error in persona und abberatio ictus):
 Täter will A töten. Er verwechselt A aber mit B und zielt auf B. Er ist ein schlechter
 Schütze und verfehlt B. Der schiefe Schuss, trifft aber zufällig A.
 Lösung: hier ist dennoch ein Aberratio Ictus anzunehmen, denn er hat nunmal B
 anvisiert und treffen wollen. Die Verwechslung tritt in der Wertung zurück.

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EXKURS/MERKSÄTZE
Sind juristische Personen ebenso strafbar wie natürliche
Personen? (siehe § 14 BGB)
Lösung:
Nein. Nur natürliche (nicht dagegen juristische) Personen können sich strafbar
machen. Es geht um menschliches individuelles Verhalten.

Was ist die Mindestvoraussetzung für eine Tathandlung im
Sinne des objektiven Tatbestandes?

Lösung:
Strafrechtlich relevant ist nach h. M. jedes äußerlich erkennbare menschliche
Verhalten, das vom Willen beherrschbar ist bzw. beherrscht werden kann.

Keine Handlungen sind bloße Absichten (kein Gedankenstrafrecht)

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EXKURS/MERKSÄTZE
Wie unterscheiden sich Verbrechen und Vergehen?
Lösung:
Nach § 12 Abs. 1 sind Verbrechen rechtswidrige Taten (s. § 11 Abs. 1 Nr. 5), die im
Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.
Alle übrigen Straftaten sind Vergehen (s. § 12 Abs. 2).

Wofür ist die Abgrenzung von Verbrechen und Vergehen von
Bedeutung?

Lösung:

Im Strafrecht:
- für die Strafbarkeit des Versuchs (§ 23 Abs. 1)
- für den Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen (§ 30 )
- für die Bedrohung (§ 241)

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EXKURS/MERKSÄTZE
Im Strafprozessrecht:
- für die Einstellung des Verfahrens nach §§ 153 ff. StPO (nur bei Vergehen)
- für den Erlass eines Strafbefehls, s. § 407 StPO (nur bei Vergehen)
- für die Zuständigkeit des Strafrichters, s. §§ 25, 74, 75 GVG (nur bei
Vergehen)
- für die Bestellung eines Pflichtverteidigers, siehe § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO
(bei Verbrechen)

Des Weiteren hat die Einteilung in Verbrechen/ Vergehen auch Bedeutung für den
Schusswaffengebrauch durch Polizeibeamte nach dem PAG.

                         !!! Lesen Sie § 65 PAG !!!

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EXKURS/MERKSÄTZE
Entscheidend für die Abgrenzung Verbrechen/ Vergehen ist nach § 12 Abs. 3
die abstrakte Strafandrohung des jeweiligen Regelstrafrahmens.

Folge:
Da es allein auf das angedrohte Mindeststrafmaß des jeweiligen
Straftatbestandes ankommt, ist es unerheblich, zu welcher Strafe der Täter
tatsächlich verurteilt wurde.

Unberücksichtigt für die Einteilung bleiben:
- Strafschärfungen oder -milderungen nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils
des StGB (z. B. § 21, § 23 Abs. 2, § 27 Abs. 2);
- Unbenannte (vom Gesetzgeber nicht näher umschriebene) besonders schwere
oder minder schwere Fälle (sog. unbenannte Strafänderungsgründe; z. B. § 249
Abs. 2; § 244a Abs. 2);
                                     107
EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man Offizial-, Antrags- und Privatklagedelikte
voneinander ab ?
Offizialdelikte werden von Amts wegen (ex officio) ohne Rücksicht auf den
Willen des Verletzten verfolgt.

Antragsdelikte sind Straftatbestände, die eine Strafverfolgung vom Willen
des Verletzten (durch die Stellung eines Strafantrages) abhängig machen (sog.
absolute Antragsdelikte).
Soweit gesetzlich vorgesehen kann die Strafverfol- gung ausnahmsweise aber auch
ohne Strafantrag (s. §§ 77 ff. StGB sowie § 158 Abs. 2 StPO) des
Verletzten erfolgen, soweit die StA ein besonderes öffentliches Interesse an der
Strafverfolgung bejaht (sog. relative Antragsdelikte).

Aufgabe: Lesen Sie die Diebstahlsdelikte (§§ 242 - 248 c StGB) und teilen sie in
Offizialdelikte, absolute und relative Antragsdelikte ein.

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EXKURS/MERKSÄTZE
Lösung:

Offizialdelikte sind (die Normalfälle) der
- §242
- §243
- §244
- §244a
- §246
- §248c

Relative Antragsdelikte sind:
- §242i.V.m.§248a;
- §246i.V.m.§248a;
- §248ci.V.m.§248a(s.§248cAbs.3)

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EXKURS/MERKSÄTZE
Lösung:

Absolute Antragsdelikte sind:
- §242i.V.m.§247
- §246i.V.m.§247
- §248b(s.Abs.3)
- §248ci.V.m.§247(s.§248cAbs.3) - §248cAbs.4(Schädigungsdelikt)

Privatklagedelikte sind in § 374 StPO (lesen!) abschließend
aufgezählt und werden nur dann von Amts wegen verfolgt, wenn die StA
ausnahmsweise ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht (s. § 376
StPO).
In der Regel soll (und kann) bei diesen Straftaten der Verletzte selbst die
Strafverfolgung (durch Anklageerhebung zum Strafrichter) betreiben.

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EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man Vorsatz und Fahrlässigkeit voneinander ab?
Lösung:
Bei der Vorsatztat legt man dem Täter zur Last, dass er ein bestimmtes
Rechtsgut wissentlich und willentlich angegriffen hat.

Bei der Fahrlässigkeitstat wird dem Täter vor- geworfen, dass er die
erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und dadurch eine für ihn
vermeidbare und vorhersehbare Rechtsgutsverletzung
herbeigeführt hat.

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EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man Begehungs- und Unterlassungsdelikte
voneinander ab?
Lösung:

Begehungsdelikte sind Delikte, die ein aktives Tun voraussetzen
( z.B. § 212, 242).

Echte Unterlassungsdelikte sind Delikte, die das Unterlassen einer
gesetzlich angeordneten Handlung unter Strafe stellen;
z. B. (bitte alle lesen!)
- § 323c StGB
- § 123 Abs. 1 2. Alt. StGB
- § 138 StGB
- § 142 Abs. 2 StGB
- § 170 StGB

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EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man echte und unechte Unterlassungsdelikte
voneinander ab?
Lösung:

Unechte Unterlassungsdelikte sind Begehungsdelikte, die durch ein
Unterlassen erfüllt werden, wenn die Nichtabwendung des tatbestandlichen
Erfolgs kraft einer rechtlichen Pflicht zum Handeln (Garantenstellung
oder auch „Ingerenz“, lateinisch für „sich einmischen“) dem aktiven
Tun gleichstellt ist (siehe § 13 StGB, bitte lesen!).

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EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man die Täterqualifikation bei Allgemein- und
Sonderdelikten ab?
Lösung:

Allgemeindelikte sind Delikte, die von jedermann begangen werden
können. Diese sind daran erkenntlich, dass im jeweiligen Tatbestand bzgl. des
Täters formuliert wird „wer“ (s. z. B. § 223; 242)

Sonderdelikte sind dagegen Delikte, die nur von einem bestimmten
Personenkreis begangen werden können. Täter kann nur sein, wer zu dieser
Personengruppe zählt, z. B.:
- ein Gefangener in § 121;
- ein Arzt usw. in § 203;
- ein Amtsträger (s. § 11 Abs. 1 Nr. 2) in §§ 331, 332.
Die wichtigste Gruppe unter den Sonderdelikten bilden die Amtsdelikte.

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EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man Erfolgs- und Tätigkeitsdelikte voneinander ab?

Lösung:

Erfolgsdelikte sind Delikte, die erst dann vollendet sind, wenn ein Erfolg
(Schaden) eingetreten ist. Zum Beispiel:
- Totschlag (§ 212),
- Körperverletzung (§ 223),
- Betrug (§ 263).

Tätigkeitsdelikte sind im Unterschied zu den Erfolgsdelikten, Delikte, bei
denen allein die Handlung an sich schon strafbar ist.
Der Eintritt eines Erfolges/Schadens ist nicht erforderlich. Zum Beispiel:
- Meineid (§ 154)

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EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man Verletzungs- und Gefährungsdelikte
voneinander ab?
Lösung:

Verletzungsdelikte sind Delikte, die zur Vollendung den Eintritt eines
Schadens fordern, z. B.:
- Körperverletzung ( § 223),
- Diebstahl (§ 242),
- Sachbeschädigung (§ 303)

Gefährdungsdelikte sind dagegen Delikte, bei denen eine Handlung unter
Strafe gestellt ist, die
 • a) tatsächlich eine Gefahr für Menschen oder Sachen auslöst (konkrete
   Gefährdungsdelikte, z. B. § 315c)
•   b) oder die eine Gefahr hätte auslösen können (abstrakte
    Gefährdungsdelikte, z. B. § 316) - bitte beide Normen lesen
                                   116
EXKURS/MERKSÄTZE
Wie grenzt man Versuch, Vollendung und Beendigung
voneinander ab?
Lösung:

Eine versuchte Straftat liegt dann vor, wenn der Versuch unter Strafe
gestellt ist (s. §§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 1) und der Täter zu der von ihm
gewollten Straftat unmittelbar angesetzt hat (siehe § 22, „jetzt gehts los“), es
aber nicht zur Vollendung der Straftat kommt.

Eine Straftat ist in dem Zeitpunkt vollendet, wenn alle objektiven und
subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.
Beendet ist die Straftat, wenn sie ihren tatsächlichen Abschluss gefunden
hat.

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RECHTSWIDRIGKEIT
(Gliederungspunkt: II.)

 Relevante Rechtfertigungsgründe

 -   Notwehr und Nothilfe, § 32
 -   Rechtfertigender Notstand, § 34
 -   Festnahmerecht, § 127 Abs. I StPO
 -   Tatbestandsausschließendes Einverständnis
 -   Rechtfertigende Einwilligung (auch mutmaßlich), vgl. § 228 StGB
 -   Pflichtenkollision bei Unterlassungsdelikten
 -   Zivilrechtliche Notstandsregeln nach §§ 228 und 904

 ZUSÄTZLICH:
 - strafrechtliche Rechtfertigung von Amtsträgern bei Handeln aufgrund
 öffentlich-rechtlicher Eingriffsbefugnisse (relevant für Polizei)

                                        118
RECHTSWIDRIGKEIT
(Gliederungspunkt: II.)

 weniger relevante Rechtfertigungsgründe

 -   Selbsthilferechte nach §§ 229, 562, 859, 1029 BGB
 -   Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 BGB
 -   Besitzwehr/Besitzkehr (§ 859 BGB)
 -   behördliche Erlaubnis
 -   rechtfertigende Pflichtenkollision im Übrigen

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RECHTSWIDRIGKEIT
(Gliederungspunkt: II.)

 Prüfungsschema zur Rechtswidrigkeit

 1.Objektive Voraussetzungen
     a. Rechtfertigungslage (Frage nach dem „ob“)
     b. Rechtfertigungshandlung (Frage nach dem „wie“)
 2. Subjektive Voraussetzungen (Kenntnis der obj. VSS)

 Notwehrlage/„ob“ = gegenwärtiger rechtswidriger Angriff durch einen Menschen

 Notwehrhandlung = muss zur Abwehr des Angriffs gegenüber dem Angreifer
                   geeignet, erforderlich und geboten (mildestes Mittel) sein

                                     120
RECHTSWIDRIGKEIT
(Gliederungspunkt: II.)

 Prüfungsschema zum Festnahmerecht, § 127 Abs. 1 StPO:

 1.Objektive Voraussetzungen
     a. Festnahmelage (Frage nach dem „ob“)
     b. Festnahmehandlung (Frage nach dem „wie“)
 2. Subjektive Voraussetzungen (Kenntnis der obj. VSS)

 Festnahmelage/„ob“ = wenn die festzunehmende Person auf frischer Tat betroffen
 oder verfolgt ist und ein Festnahmegrund vorliegt

 Festnahmehandlung = muss in angemessenem Verhältnis zu Festnahmezweck sein

 Festnahmegrund = zB Fluchtgefahr oder Unmöglichkeit der sofortigen
                  Identitätsfeststellung

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RECHTSWIDRIGKEIT
(Gliederungspunkt: II.)

 Tatbestandsausschließendes Einverständnis
 und rechtfertigende Einwilligung

 Tatbestandsausschließendes Einverständnis
 = Oma bittet Enkel in die Wohnung (kein Hausfriedensbruch nach § 123 StGB,
 Tatbestand des Eindringens ist nicht erfüllt)

 Voraussetzungen:

 1. Natürliche Willensfähigkeit des Einwilligenden
 2. Zustimmung zu der verletzenden Handlung
 3. Zustimmung im Tatzeitpunkt

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RECHTSWIDRIGKEIT
(Gliederungspunkt: II.)

 Tatbestandsausschließendes Einverständnis
 und rechtfertigende Einwilligung

 Rechtfertigende Einwilligung
 = Oma mistet mit Enkel den Keller aus. Sie bittet den Enkel, das gefundene
 Gemälde zu verbrennen. Enkel verbrennt es. (keine Sachbeschädigung, Tatbestand
 der Zerstörens einer Sache ist zwar erfüllt, aber durch Einwilligung gerechtfertigt)

 Voraussetzungen:
 A. Objektive Voraussetzungen
 1. Dispositionsbefugnis (fehlt bei Rechtsgütern der Allgemeinheit (Rechtspflege, Straßenverkehr)
 2. Kundgabe vor der Tat (Kundgabe konkludent bzw. durch schlüssiges Handeln genügt)
 3. Einwilligungsfähigkeit (Verstandesreife muss vorhanden sein)
 4. Keine Willensmängel (zB wenn Blutspende garnicht für wohltätigen sondern kommerziellen Zweck ist)
 5. Keine Sittenwidrigkeit (nur bei Körperverletzung (bitte § 228 StGB lesen!), Sittenwidrigkeit bei Erfüllung
   des § 226 StGB (Verlust von Sehvermögen, Fortpflanzungsfähigkeit oder Körperteilen oder bei Entstellung)
 B. Subjektive Voraussetzungen
                                                   123
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