Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz

Die Seite wird erstellt Lasse Hesse
 
WEITER LESEN
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
Konzeption

    „Sag dem Abenteuer, ICH komme!“

                         Kreisverband Dachau

                   1
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
Inhaltsverzeichnis

1.   Vorwort Träger ............................................................................................................ 3
2.   Jedes Kind hat Rechte ................................................................................................ 4
3.   Wir über uns ................................................................................................................ 6
     3.1. Unsere Eckdaten ................................................................................................ 6
     3.2. Und hiermit können wir punkten.......................................................................... 6
     3.3. Das Team – eine starke Mannschaft .................................................................. 6
     3.4. Kinder stehen im Mittelpunkt ............................................................................... 8
4.   Unsere Einrichtungsphilosophie
     - Kindergarten Zwergerlstube: ein Ort, der Raum bietet - ............................................ 9
5.   Unser Pädagogisches Selbstverständnis – Vom Säen und Ernten - ......................... 11
     5.1. Wir tun, was Kinder gut tut ................................................................................ 11
           5.1.1. Unser Bild vom Kind ............................................................................... 12
           5.1.2. Vom Detail zum Ganzen – Entwicklung als ganzheitlicher Prozess - ..... 13
           5.1.3. Vom Herzschlag und dem Tag- und Nachtwechsel
                  – Kinder brauchen Rituale - .................................................................... 14
           5.1.4. Ich mag dich so, wie du bist! – Festhalten und Loslassen -.................... 16
           5.1.5. Gesunde Kinder sind unsere Zukunft! – Ernährung - ............................. 18
     5.2. Vom Herz in den Kopf und wieder zurück ......................................................... 19
           5.2.1. Spielen – Medizin für die Seele .............................................................. 19
           5.2.2. Kinderraum soll Spielraum, soll Lernraum sein ...................................... 20
           5.2.3. Das Bild vom Lernen .............................................................................. 22
           5.2.4. Die Sinne als Tor zur Welt – Lernen mit allen Sinnen - .......................... 24
     5.3. Einzeln sind wir Worte, zusammen ein Gedicht ................................................ 30
           5.3.1. Ich und die Welt...................................................................................... 30
           5.3.2. Vielfalt macht uns reicher ....................................................................... 31
           5.3.3. Es ist normal, verschieden zu sein ......................................................... 32
           5.3.4. Werte -volle Erziehung ........................................................................... 33
           5.3.5. Die Antwort heißt Verantwortung ............................................................ 34
     5.4. Schritt für Schritt fürs Leben fit .......................................................................... 36
           5.4.1. Sag dem Abenteuer, ICH komme ........................................................... 36
           5.4.2. Ich habe – Ich bin – Ich kann.................................................................. 38
           5.4.3. Unter uns – Fördern und fordern in drei verschiedenen Altersstufen
                  Das Küken. Der Frosch. Der Schmetterling............................................ 41
           5.4.4. Wir bleiben in Bewegung ........................................................................ 43
           5.4.5. Konflikt & Co. – Ich weiß mir zu helfen! .................................................. 44
           5.4.6. Hurra, wir kommen in die Schule! – Das letzte Jahr im Kindergarten .... 46
6.   Zusammen sind wir stark........................................................................................... 49
     6.1. Wir greifen Ihnen unter die Arme ...................................................................... 50
     6.2. Ohne Sie geht gar nichts! ................................................................................. 51
     6.3. Professionalität innen und außen ...................................................................... 52
           6.3.1. Die professionelle Beobachtung ............................................................. 53
           6.3.2. Der Zielekatalog ..................................................................................... 53
7.   Letztendlich eine Geschichte: Paula P. ist Forscherin ............................................... 54

                                                               2
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
1. Vorwort Träger

       3
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
2. Jedes Kind hat Rechte
Die UN–Kinderrechtskonvention hat die          -    auf einen Namen und eine Staats-
Rechte der Kinder dieser Welt zusam-                angehörigkeit.
mengefasst und für alle verbindlich nie-       -    auf Gesundheit.
dergeschrieben.                                -    auf Bildung und Ausbildung.
Wir verstehen es als unsere Pflicht,           -    auf Freizeit, Spiel und Erholung.
diese Rechte zu achten und auf mögli-          -    sich zu informieren, sich mitzutei-
che „Rechtsverletzungen“ aufmerksam                 len, gehört zu werden und sich zu
zu machen.                                          versammeln.
Des Weiteren ist es unser Bestreben, den       -    auf eine Privatsphäre und eine Er-
aus den folgenden Rechten der Kinder                ziehung im Sinne der Gleichbe-
entstehenden Pflichten gerecht zu wer-              rechtigung und des Friedens.
den.                                           -    auf sofortige Hilfe in Katastrophen
                                                    und Notlagen und auf den Schutz
Jedes Kind hat das Recht …                          vor Grausamkeit, Vernachlässi-
 - auf Gleichbehandlung und Schutz vor              gung, Ausnutzung und Verfolgung.
   Diskriminierung unabhängig von Reli-        -    auf eine Familie, elterliche Fürsor-
   gion, Herkunft und Geschlecht.                   ge und ein sicheres Zuhause.
                                               -    auf Betreuung bei Behinderung.

Aus dieser übergeordneten Konvention leiten wir für unseren Kindergarten folgende
Rechte ab: Jedes Zwergerlstuben-Kind hat das Recht …

     …auf Erwachsene,                                         …auf 15.000
     die authentisch sind      …auf selbstgemach-           Stunden Spielzeit
       und als Vorbilder        te Erfahrungen.             bis es 6 Jahre alt
           dienen.                                                 ist.

                    …auf engagierte,        …auf Krankheit und
                    menschliche Er-         eine ausreichende
                    wachsene, die es        Zeit für Genesung.
                       begleiten.

                                …auf einen das
    …auf eine Halt ge-         Lernen fördernden           …auf Grenzen, die
    bende Erziehung.             Tagesablauf.              Orientierung geben.

                                            …auf ausreichende
                 …auf Rückzug und           Bewegungsmöglich-
                      Ruhe.                      keiten.

                                        4
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
…auf Unterstützung bei                               …bei Übergängen eine
 einer positiven Lebensbe-                             intensive Begleitung zu
         wältigung.                                           erfahren.

                   …auf Freude und          …ein ausgewogenes
                   Spaß am Leben.           altersgerechtes Maß
                                           an Rechten und Pflich-
                                               ten zu erleben.

   …andere Lebens-              …gesund ernährt           …bei Anzeichen von
  formen als seine ei-            zu werden.                Diskriminierung
   genen kennen zu                                        etwas entgegen zu
       lernen.                                                  setzen.

                   …dass ihm mit           …dass seine Ge-
                  Achtung und Res-          fühle ernst ge-
                 pekt begegnet wird.       nommen werden.

…dass es altersgemäß           …Fehler machen            …dass seine Erzie-
 Verantwortung über-             zu dürfen.              hung zur Völkerver-
   nehmen kann.                                          ständigung und zum
                                                           Frieden beiträgt.

                                       5
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
3. Wir über uns
Wir, der Kindergarten Zwergerlstube, verstehen uns als Ihr kompetenter, zuver-
lässiger Erziehungspartner!

  3.1 Unsere Eckdaten
Unser Kindergarten liegt in exponierter              Die Bewegungsbegeisterung unserer Kin-
Lage in Karlsfeld und in unmittelbarer Nä-           der ist enorm groß und wir können ihr ent-
he zum Schulzentrum und den Kinderhor-               sprechen – jeder Quadratmeter ist und
ten. Der Kindergarten Zwergerlstube wur-             wird belebt. Manchmal ist es uns aber
de als zweistöckiges Kinderhaus 1999                 auch hier immer noch zu eng und wir ver-
gebaut.                                              lagern unsere Aktivitäten auf die umlie-
Wir freuen uns über täglich intensiv ge-             gende Großturnhalle, Spielplätze, Wiesen
nutzte 1000m² großzügig geschnittene                 und Wälder.
Grundfläche und 4000m² Erlebnisgarten.

  3.2 … und hiermit können wir punkten

1. Integrationsgruppen für behinderte                Urlaubsplanung auch außerhalb der ge-
und nichtbehinderte Kinder (→ 5.3.3 Es ist           setzlichen Schulferien großzügig zu ge-
normal, verschieden zu sein)                         stalten. Dies gelingt uns u.a. durch eine
2. Prävention                                        Kooperation mit unserem Partnerkinder-
Gesunde Ernährung (→ 5.1.5 Gesunde Kinder            garten Flohzirkus in Karlsfeld.
sind unsere Zukunft), „Faustlos“ (→ 5.4.6 Konflikt   5. Nahtloser Übergang aus Kinderkrippe
& Co.). Starke Mädchen, starke Buben –               oder Tagesbetreuung in unseren Kinder-
Projektwochen gegen Gewalt und Miss-                 garten durch intensiven Austausch und
brauch an Kindern (→ 5.4.7 Hurra, wir kommen         frühes Kennenlernen und drei Jahre spä-
in die Schule)
                                                     ter ein unkomplizierter Übergang in einen
3.. Altershomogene Förderung                         der zwei benachbarten BRK-Kinderhorte,
2- bis 3-Jährige, 3- bis 4-Jährige, 4- bis 5-        damit die außerschulische Betreuung und
Jährige und 5- bis 6-Jährige (→ 5.4.3 Unter          Versorgung gewährleistet ist.
uns – Fördern und fordern in vier verschiedenen
Altersstufen)                                        6. Tiergestützte Pädagogik (→ 3.3 Das
4. Ferienregelung/ganzjährige Öffnung                Team)
Zugunsten der Eltern verzichten wir be-              7. Ausbildungsstätte für Praktikanten
wusst auf 30 Schließtage im Jahr. So ha-             8. Mobilität durch die Zugriffsmöglichkeit
ben unsere Eltern die Möglichkeit, ihre              auf den BRK-Fuhrpark.

  3.3 Das Team – eine starke Mannschaft
Unser Team setzt sich aus pädagogi-                  Fähigkeiten diese starke Mannschaft, die
schen Fachkräften zusammen. Erziehe-                 auch für zahlreiche Praktikanten aus
rinnen, Kinderpflegerinnen und Sozialpä-             Fachoberschule, Fachhochschule und
dagoge bilden mit ihren verschiedenen                Fachakademie eine kompetente Ausbil-
Sichtweisen,       Erfahrungen      und              dungsstätte bietet.

                                                 6
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
Und außerdem wird unser Team noch von           die eigenen physischen und psychischen
unserer Co-Pädagogin auf vier Pfoten            Kräfte zu mobilisieren.
ergänzt. Ja, Sie haben richtig gelesen –        Es ist seit langem bekannt und wissen-
vier Pfoten!                                    schaftlich belegt, dass Kinder, die mit Tie-
Von unserem Kindergartenhund Greta              ren in Kontakt kommen, emotional ge-
ist die Rede. Die ausgebildete Elo-Hündin       stärkt aufwachsen und eine Vielfalt sozia-
arbeitet zusammen mit ihrer Besitzerin          ler Grundfertigkeiten aufweisen können.
Jutta Seyfferth als pädagogisches Team.         Das Angebot der tiergestützten Pädagogik
Diese tiergestützte Pädagogik und Thera-        richtet sich an das einzelne Kind, an das
pie nutzt die positive und einmalige Wir-       Kind mit heilpädagogischem Förderbedarf
kung des Hundes bei der Erziehung. Das          und an Kleingruppen.
Tier fördert die Motivation, die Konzentra-
tion und die Regelakzeptanz der Kinder,         „Ein Hund ist ein Herz auf vier Beinen.“
stabilisiert ihre Beziehungsfähigkeit und                 Irisches Sprichwort
ihre Verantwortungsübernahme und hilft,

Auch im Team wird das Leitbild gelebt:          chen. Unsere Fachkompetenz erweitern
„Unser Verhältnis zueinander zeichnet           wir durch Fortbildungen und Zusatzqualifi-
sich aus durch Gleichwertigkeit und ge-         kationen in den verschiedensten Berei-
genseitiges Vertrauen. Dabei ist unsere         chen; an unseren Planungstagen setzen
Grundhaltung geprägt von Akzeptanz,             wir uns mit pädagogischen und organisa-
Toleranz und Wertschätzung.“ Ein positi-        torischen Themen auseinander. Dabei
ver Umgang miteinander liegt uns deshalb        verstehen wir uns jeweils als Multiplikato-
sehr am Herzen. Für uns ist selbstver-          ren für das ganze Team.
ständlich, dass nicht jede Arbeit gleich        In einem zweijährigen Prozess haben wir
wert ist, aber sie ist für uns immer gleich-    an einer Qualitätsmanagement-Fort-
wertig. Nachstehend im Text benutzen wir        bildung für das ganze Haus teilgenommen
daher für beide Geschlechter und jedes          und die Zertifizierungsreife erreicht.
Berufsbild den Begriff „Pädagoge“.              Wir schreiben diese Konzeption für
Für Eltern wollen wir ein starker Part-         alle, die sich für unseren Kindergarten
ner sein und ein zuverlässiger Beglei-          interessieren und für diejenigen, die
ter für die Kinder. Eltern überlassen uns       beabsichtigen, uns ihr Kind anzuver-
ihr Liebstes. Diese große Verantwortung         trauen. Hierin wollen wir deutlich machen,
ist uns bewusst, wir stellen uns ihr mit lie-   wie wir den Alltag im Kindergarten gestal-
bevoller und Halt gebender Pädagogik.           ten und welche pädagogischen Gedanken
Erziehen ist unser Beruf und unsere             hinter unserer Arbeit stehen. Wir erheben
Berufung.                                       dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit
Nach unserer Meinung soll Lernen im             und arbeiten ständig an der Weiterent-
Kindergarten mit Spiel und Spaß verbun-         wicklung dieser Konzeption.
den sein und unmerklich geschehen. Die          Es versteht sich als Selbstverständnis,
Zwergerlstube soll ein Ort sein, an dem         dass wir alle gesetzlichen Grundlagen
sich jeder angenommen und wohl                  erfüllen und nach dem Bayerischen Kin-
fühlt: Kinder, Eltern und Pädagogen.            derbildungs- und -betreuungsgesetz (Bay
Wir sind bemüht, durch regelmäßige Re-          KiBiG) und dem Bayerischen Bildungs-
flexionen unserer pädagogischen und or-         und Erziehungsplan (BEP) arbeiten.
ganisatorischen Arbeit – auch in Form von
Elternumfragen – eine kontinuierliche
Verbesserung des Standards zu errei-

                                            7
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
Kurz: Kindergarten Zwergerlstube – Ihr       hung, Bildung und Betreuung!
kompetenter Partner in Sachen Erzie-

 3.4 Kinder stehen im Mittelpunkt

       Wir achten Kinder als eigenständige Persönlichkeiten, deren Würde
      den gleichen Stellenwert hat wie die eines Erwachsenen. Für uns steht
                das Kind in seiner Lebenssituation im Mittelpunkt.
                                                    (→ 4.Unsere Einrichtungsphilosophie)

In unserem Kindergarten treffen Kinder       bensbejahenden und selbstverantwort-
unterschiedlicher Herkunft aufeinander.      lichen Einstieg ins Leben ermöglichen
Sie kommen aus verschiedenen Kulturen        und gewähren jedem Kind seine ihm an-
und verfügen über verschiedene Fähigkei-     gemessene Weiterentwicklung. Wir Päda-
ten und Fertigkeiten, jedes hat seine ei-    gogen verstehen uns als Entwicklungsbe-
genen Bedürfnisse. In unserer Arbeit stel-   gleiter der Kinder und stellen deren Inte-
len wir uns täglich dieser Herausforderung   ressen und Bedürfnisse in den Vorder-
und versuchen, allen Kindern gerecht zu      grund. Es ist uns bewusst, dass wir für die
werden. Wir wollen den Kindern in unse-      Kinder in allem, was wir tun, Vorbild sind –
rem Kindergarten einen mutigen, le-          und das verpflichtet uns.

                        „In dir selbst liegt die ganze Welt,
                und wenn du zu Schauen und Lernen verstehst,
           finden sich auch die Tür und der Schlüssel in deiner Hand.
    Kein Mensch auf Erden kann dir den Schlüssel geben oder die Tür öffnen.
                            Du kannst es nur selbst.“
                                                                           J. Krishnamurtie

                                         8
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
4. Unsere Einrichtungsphilosophie
                    – Kindergarten Zwergerlstube:
                      Ein Ort, der Raum bietet –
WIR arbeiten nach den Grundsätzen und          Möglichkeit, unterschiedliche Lebenswel-
Leitgedanken des Bayerischen Roten             ten kennen, schätzen und verstehen zu
Kreuzes und setzen uns täglich damit           lernen.
auseinander.                                   Die Normalität der Unterschiedlichkeiten
Im Zeichen der Menschlichkeit stehen wir       bereichert uns – es ist normal, verschie-
für das Leben, die Würde, die Gesundheit,      den zu sein.
das Wohlergehen und die Rechte aller
Kinder und der am Entwicklungsprozess          WIR zeichnen uns in unserem pädagogi-
beteiligten Personen ein.                      schen Handeln durch das Arbeiten mit
Unser Handeln ist bestimmt durch die sie-      den persönlichen Ressourcen eines Je-
ben Grundsätze des Roten Kreuzes:              den aus. Dabei stärken wir die Stärken
Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutrali-    und schwächen die Schwächen. Damit
tät, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit   ergänzen und unterstützen wir die Erzie-
und Universalität.                             hungsarbeit in den Familien. Die Bedürf-
                                               nisse der Kinder und ihrer Familien neh-
WIR achten Kinder als eigenständige Per-       men wir sehr ernst.
sönlichkeiten, deren Würde den gleichen        Die Vielfältigkeit unserer fundamentierten
Stellenwert hat wie die eines Erwachse-        Kenntnisse aus Entwicklungspsychologie,
nen. Für uns steht das Kind in seiner Le-      Elementar- und Heilpädagogik und der
benssituation im Mittelpunkt.                  Erfahrung jedes Einzelnen sichern im
Ohne Ansehen der Nationalität, der ethni-      partnerschaftlichen Austausch mit den
schen Zugehörigkeit, der Religion, ihres       Eltern, den Fachleuten und im Team un-
Geschlechts, der speziellen körperlichen,      sere Leistungsstärke.
seelischen und geistigen Bedingungen           WIR nutzen Konflikte und Kritik als Chan-
erziehen, bilden wir alle Kinder, d.h. wir     ce, um die Qualität unseres Angebotes
stehen ein für Integration und wenden uns      kontinuierlich weiter zu entwickeln und um
gegen Ausgrenzung.                             uns dem Wettbewerb zu stellen.
Wir tragen Sorge, dass allen Kindern           Unser Verhältnis zueinander zeichnet sich
gleichermaßen der Zugang zu Bildung            aus durch Gleichwertigkeit und gegensei-
und Erziehung ermöglicht wird, unabhän-        tiges Vertrauen. Dabei ist unsere Grund-
gig der finanziellen Möglichkeiten des El-     haltung geprägt von Akzeptanz, Toleranz
ternhauses.                                    und Wertschätzung.
Unter Berücksichtigung jeglicher Individu-
alität sehen wir unseren Auftrag darin,        WIR leiten daraus unseren obersten pä-
jeden Menschen so anzunehmen wie er            dagogischen Grundsatz nach Maria Mon-
ist. Das Zusammensein von Menschen             tessori ab:
mit und ohne Behinderung gibt uns die

                           „Ich mag dich so, wie du bist.
                        Ich vertraue auf deine Fähigkeiten.
                     Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da.
                       Versuche es zunächst einmal selbst.“

Weitere Reformpädagogen wie Steiner,           ebenso als Wegbereiter unseres Schaf-
Fröbel, Pestalozzi u.v.m. schätzen wir         fens.

                                           9
Konzeption "Sag dem Abenteuer, ICH komme!" - Bayerisches Rotes Kreuz
Auch wissen wir um die Bedeutung des         Den Raum für Spiel halten wir bewusst
frühen vertrauten Umgangs mit unseren        groß, denn das Spiel sehen wir als die
Kulturgütern wie Lyrik, Klassik u.a. und     ureigenste Ausdrucksform und das best-
lassen dieses Erbe und das Wissen unse-      geeignetste Plateau für jegliches Lernen
rer Ahnen in unsere tägliche Arbeit ein-     des Kindes an. So wünschen wir uns,
fließen.                                     dass jedes Kind in sich selbst den Raum
Aber genauso geben wir unserer Arbeit        findet, von welchem aus es die Welt ge-
auch Raum für die Auseinandersetzung         staltet.
mit den Einflüssen der modernen Zeit.
                                             Wir Pädagogen haben uns Raum und Zeit
WIR gestalten auf der Basis den Lebens-      genommen, unsere Einrichtungsphiloso-
raum Kindheit – das Fundament des Le-        phie niederzuschreiben. Das vorliegende
bens.                                        Leitbild beschreibt unser Selbstverständ-
Wir fördern die ganzheitliche Entwicklung    nis und Profil.
des Kindes und bieten hierfür vielfältige
Erfahrungs- und Lernbereiche. Dabei          Wir stellen uns jeden Tag neu der Heraus-
agiert das Kind als aktiver Mitgestalter     forderung, dieses Leitbild umzusetzen und
seines Lebens und seiner Umwelt, geht        achten darauf, uns Raum für Persönlich-
achtsam mit allem Leben auf dieser Erde      keit zu bewahren.
um und lernt, Verantwortung für das eige-
ne Handeln zu übernehmen.

Dies geschieht in einem Umfeld von An-
genommensein, Geborgenheit und friedli-
chem Miteinander.

                                        10
5. Unser Pädagogisches Selbstverständnis
                  – Vom Säen und Ernten –
Vor 230 Jahren wurde in Thüringen der        gartens geboren – Friedrich Fröbel.
„Vater“ und damit Gründer des Kinder-        Sein Motto lautete:

 „Kinder müssen wie ein Samenkorn im Garten gehegt und gepflegt werden. Nur
               so können sich Kinder vollständig entwickeln.“

Seine Idee ging um die ganze Welt.           Fröbelschen Gedankengut an und hegen
Die Samenkornphilosophie hat auch            und pflegen täglich die vielen uns anver-
Karlsfeld im 21. Jahrhundert erreicht und    trauten Samenkörner auf ihrem Weg zur
somit den Kindergarten Zwergerlstube.        Reife.
Wir schließen uns uneingeschränkt dem

 5.1 Wir tun,
     was Kindern gut tut

Kinder kommen bereits mit einer Vielzahl     Diese Grundhaltung ist der Ausgangs-
optimaler Anlagen auf die Welt. Im Laufe     punkt unseres pädagogischen Handelns.
der ersten Lebensjahre entfalten und ent-
wickeln sich diese Anlagen, das Funda-       Die Pädagogin Emmi Pikler steht für
ment des Lebens entsteht. Der Erwach-        Achtsamkeit dem Kind gegenüber vom
sene trägt die Verantwortung, das Kind       ersten Lebenstag an. Die Forschung
auf seinem Weg zur Eroberung der Welt        Emmi Piklers galt der selbständigen Akti-
zu begleiten und zu fördern – er ist ver-    vität im Säuglings- und Kleinkindalter, der
antwortlich für die bestmögliche Gestal-     aktiven und ungestörten Bewegungsent-
tung der Umgebung und der Rahmenbe-          wicklung, dem eigenständigen Spiel, der
dingungen.                                   Verbindung zwischen Bewegung und
Wir, das Team des Kindergartens Zwer-        Spieltätigkeit. Sie erforschte die Stufen
gerlstube, sehen Ihr Kind als einmalige      der Aufmerksamkeitsfähigkeit als Grund-
und unverwechselbare Persönlichkeit, das     lage des kognitiven Lernens.
wir als eigenständiges Individuum akzep-
tieren.                                      Wie alle revolutionären Einsichten be-
Bildlich betrachtet stehen wir nicht über    zeichnen die Grundsätze ihrer Arbeit et-
dem Kind, sondern neben ihm. Beobach-        was nahezu Selbstverständliches: Jedes
tend, beratend, anregend und motivierend     Kind hat sein eigenes Zeitmaß für sei-
begleiten wir die kindliche Entwicklung      ne Entwicklung. Seine Autonomie, In-
und bewahren Ihren Kindern dabei die         dividualität und Persönlichkeit können
Freude am Ausprobieren, Entdecken,           sich entfalten, wenn es sich möglichst
Grenzen finden Selbermachen, Lernen          selbständig entwickeln darf.
und Verstehen.

                                        11
Geborgen in sicheren, stabilen Beziehun-         det. Den Theorien zufolge braucht das
gen lernen Kinder, sich aus eigener Initia-      Kind keine es überfordernde Stimulation,
tive, gemäß ihren Interessen zu bewegen          eher ein ausgewogenes Maß an Lern-
und zu spielen. Kommunikation und Sozi-          programm und eine strukturierte, vor-
alverhalten entstehen im Dialog mit den          bereitete Umgebung, Bewegungs- und
Erwachsenen, wenn die kindlichen Signa-          Spielangebote, die für das Kind er-
le verstanden und sinnvoll erwidert wer-         reichbar und verständlich sind.
den. Damit selbständiges Lernen möglich
wird, müssen die Erwachsenen eine Um-            Die Pädagogik Emmi Piklers dient uns
gebung gestalten, die den momentanen             nicht als Methode oder fertiges Anwen-
Bedürfnissen und Bestrebungen des Kin-           dungskonzept – die Auseinandersetzung
des entspricht.                                  mit diesem wertvollen pädagogischen An-
                                                 satz bedarf vielmehr auch in unserem
Genaue Beobachtungen des Kindes (               Team einer Entwicklung in kleinen Schrit-
6.3.1 Die professionelle Beobachtung) und das    ten. Dabei werden Zusammenhänge in-
Wissen um die Abfolge der Entwick-               frage gestellt und neu überdacht. Die wirk-
lungsschritte ist die Grundlage dieser           liche Beschäftigung mit Emmi Pikler und
Tätigkeit. Nur dort, wo das Kind Interesse       ihren Konsequenzen fordert jeden einzel-
entwickelt, also zwischen den Forderun-          nen von uns immer auch dazu auf, in die
gen seiner Umwelt und sich selbst eine           persönliche Auseinandersetzung und Ar-
Verbindung herstellt, kann es im eigentli-       beit mit und an sich selbst zu gehen.
chen Sinne lernen und das Gelernte integ-
rieren.                                          Deshalb bietet uns die Umsetzung die-
                                                 ser Pädagogik auch die herausfor-
Das pädagogische Konzept Emmi Piklers            dernde und spannende Möglichkeit
wird von uns bei allen Kindern angewen-          unserer persönlichen Entwicklung.

     5.1.1 Unser Bild vom Kind

                        „Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt,
                    sondern ein Feuer, das entzündet werden will.“
                                                            Francois Rabelais

In unserer pädagogischen Arbeit wollen           Neugierde, die Lust am Erproben und Er-
wir, der Kindergarten Zwergerlstube, die-        forschen, ja am Lernen selbst.
sem Bild vom Kind gerecht werden. Wir
vertrauen auf die jedem Kind innewoh-            Wir gestalten unser Zusammenleben im
nenden Kräfte und seine ureigensten              Kindergarten so, dass jedes einzelne Kind
Möglichkeiten und Fähigkeiten.                   mit seinen persönlichen Stärken und
Kinder erforschen sich selbst und die Welt       Schwächen wertgeschätzt wird. Wir ge-
um sich herum eigenaktiv, d.h. Lernen            währleisten jedem Kind seine ihm ange-
und Verstehen sind das Ergebnis des-             messene Weiterentwicklung.
sen, was das Kind in diesem Moment be-           Damit das Kind Schöpfer seiner eigenen
reit ist, nachzuvollziehen und was es da-        Umwelt sein kann, ermöglichen wir ihm
bei selbst zu bewältigen vermag.                 vielseitige Erfahrungen, um sein Wissen
Wir wollen die Quellen kindlichen Lernens        zu bereichern und seine Fähigkeiten wei-
nutzen, um seine Eigenentwicklung opti-          terzuentwickeln.
mal zu unterstützen, nämlich die kindliche       Auf seinem kurvenreichen Entwicklungs-
                                                 weg ist das Kind von uns als Erziehungs-

                                            12
partner abhängig und braucht unsere Un-          - Klarheit im Verhalten.
terstützung und unseren Schutz!                  - anregenden Impulsen.
                                                 - angemessener Unterstützung und Be-
Dies geschieht in Form von:                        gleitung.
- Akzeptanz und Respekt des Individu-            - Motivation zum aktiven eigenständigen
  ums.                                             Tun.
- Toleranz,    Gleichberechtigung und            - klaren Regeln und Grenzen.
  Wertschätzung.
- liebevoller Zuwendung und Geborgen-            Gegenüber unserem Menschenbild haben
  heit.                                          wir Pädagogen eine besondere Verant-
- anerkennender Bestätigung und ein-             wortung. Das zeichnet unsere Professio-
  fühlsamer Beziehung.                           nalität aus!

                „Um sein zu dürfen, müssen wir andere sein lassen.“
                                                             Verfasser unbekannt

     5.1.2 Vom Detail zum Ganzen
           – Entwicklung als ganzheitlicher Prozess –

Je ganzheitlicher und vielfältiger sich Kin-     tragen. Sie schaffen sich selbst Querver-
der mit einem Thema befassen, desto              bindungen.
effektiver ist ihr Lernprozess.                  Bei der Persönlichkeitsentwicklung des
Kinder erfassen ihre Umwelt in ihrer gan-        Kindes gehen wir davon aus, dass sich
zen Komplexität:                                 die einzelnen Entwicklungsbereiche in
Ein Kind schaut aus dem Fenster, was             enger Wechselwirkung miteinander befin-
beobachtet es? Es regnet. Auf dem                den.
Steinboden bilden sich viele Pfützen. Dort       Jede Entwicklungsstufe des Kindes ist
kann man bestimmt prima hineinspringen.          einerseits Ergebnis des vorangegan-
Die Regentropfen malen lustige Spuren            genen       Entwicklungsschritts      und
auf die Scheibe. Jetzt geht eine Frau mit        gleichzeitig Voraussetzung für den
Regenschirm vorbei. Der Regen reißt              nachfolgenden Entwicklungsbereich.
viele Blätter von den Bäumen. Die                So kann beispielsweise ein Kind erst dann
Tropfen auf der Scheibe machen immer             erfolgreich ein anderes Kind verbal zum
„plop, plop, plop“. Hui, jetzt tanzen zwei       gemeinsamen Spiel auffordern, wenn es
Blätter vorbei – mal sehen, welches              vorher Gelegenheit hatte, soziale Bezie-
schneller ist …                                  hungen zu knüpfen.
Ein Kind schaut aus dem Fenster,                 Gleichzeitig ist die erfolgreiche sprachli-
langweilt es sich dabei?                         che Äußerung auch wieder in direktem
Erst Themen, die mit all ihrer Vielfalt erar-    Zusammenhang mit dem kognitiven, emo-
beitet werden, also mit Blick auf das Gan-       tionalen und motorischen Bereich zu se-
ze ebenso wie mit Blick auf das Detail,          hen. Wir fassen die Erziehung und Bil-
erschließen sich Kindern dauerhaft.              dung von Kindern als ganzheitlichen Ent-
So ist es ihnen auch möglich, das Wissen,        wicklungsprozess auf.
das sie sich auf einem Gebiet angeeignet         Dabei ist es unser Ziel, jedes einzelne
haben, auch auf andere Bereiche zu über-         Kind dort abzuholen, wo es gerade in sei-
                                                 ner Entwicklung steht.

                „Erziehung streut keinen Samen in die Kinder hinein,
               sondern lässt den Samen aufgehen, der in ihnen liegt.“
                                                                      Khalil Gibra

                                            13
5.1.3 Vom Herzschlag und dem Tag- und Nachtwechsel
           – Kinder brauchen Rituale –

Unser Leben wird weitgehend von leben-         Begrüßung
digen Biorhythmen bestimmt. Wir alle sind      Wenn die Kinder morgens ins Gruppen-
Teil dieses Rhythmus’.                         zimmer gebracht werden, erfolgt eine ge-
Den Wechsel von Schlafen und Wa-               genseitige freundliche Begrüßung und ein
chen, Nahrungsaufnahme und Stoff-              erstes Gespräch. Beispielsweise: „Wie
wechsel, Aktivität und Ruhe, Alleinsein        war es denn gestern im Zoo?“ oder
und Kontaktstreben erleben wir Men-            „Schau mal, der Peter ist auch da, er war-
schen dann als Wohlbefinden, wenn              tet schon auf dich und will mit dir in der
sie in einem gesunden Verhältnis zuei-         Puppenecke spielen ...“ Dieses erste Ri-
nander stehen.                                 tual ist der Start in den Kindergartentag,
                                               das Abenteuer kann beginnen.
In unserem Kindergarten helfen Rhyth-
men und Rituale, Sicherheit, Halt und Ori-
entierung zu geben. Sie machen Hand-
lungsspielräume für Kinder überschaubar
und unterstützen sie in ihrer Selbststän-
digkeit.
Beim Tagesablauf legen wir Wert auf ei-
nen gesunden Wechsel zwischen selbst-
gewählten Tätigkeiten, gemeinsamen Ak-
tionen, Aktivität und Ruhe.

Rhythmus und Ritual als roter Faden
des Alltags.

Diese wiederkehrenden Abläufe ordnen
und strukturieren unseren Tagesablauf:
                                               Morgenkreis
Abschied von der Mutter, dem Vater
                                               Wer ist heute noch mit mir im Kindergar-
Meistens geht das sehr schnell, ein klei-
                                               ten? Wer fehlt und warum, ist vielleicht
nes Bussi, „Tschüss“ und ein kurzes Win-
                                               jemand krank oder im Urlaub? Welcher
ken, schon steht das Kind in der Gruppe.
                                               Tag, welcher Monat ist heute?
Manchmal braucht es da aber auch etwas
                                               Wie ist das Wetter draußen? Welche An-
mehr. Viele Familien finden hier ihre eige-
                                               gebote finden heute noch statt? Gibt es
nen, ganz persönlichen Verabschiedungs-
                                               ein Ärgernis, einen Konflikt oder vielleicht
rituale. Und so, wie sich das Kind entwi-
                                               etwas besonders Schönes, das ein Kind
ckelt, so entwickeln und verändern sich
                                               ansprechen mag? Diese und andere Fra-
auch die Rituale.
                                               gen klären wir in unserem täglichen Mor-
                                               genkreis.
Die tägliche, immer gleich bleibende Wie-
                                               Außerdem ist hier Zeit zum Singen, Er-
derholung des Morgenrituals wird zur
                                               zählen, Abstimmen, Diskutieren und zu
stärkenden Kraft für das Kind und schafft
                                               vielem mehr.
Sicherheit und Vertrauen.

                                          14
Pädagogische Aktivitäten
                                                     Im Laufe des Vormittags bieten wir den
                                                     Kindern pädagogische Angebote aus den
                                                     verschiedenen Bildungsbereichen an. (
                                                     5.2.4. Lernen mit allen Sinnen und  5.4.3. Unter
                                                     uns -Fördern und fordern in vier verschiedenen Al-
                                                     tersstufen)
                                                     Da Kinder von Natur aus wissbegierig und
                                                     neugierig sind, werden diese Aktivitäten
                                                     mit Freude angenommen. Pädagogische
                                                     Beschäftigungen können z.B. sein:
                                                     Stuhlkreis mit Gesprächsrunde zum aktu-
                                                     ellen Gruppenthema, Bilderbuchbetrach-
Der Morgenkreis ist für die Kinder eine              tung, musikalische Angebote, bildneri-
wichtige Orientierungshilfe für den Tag.             sches Gestalten, Bewegungsangebote
                                                     und vieles mehr.
Freispiel
In dieser Zeit dürfen die Kinder frei wählen
was, mit wem, wo und wie sie gerne spie-
len möchten. Nach einiger Zeit wissen
unsere Kinder genau, wann Freispielzeit
ist, ihre innere Uhr sagt es ihnen, sie ha-
ben diesen Rhythmus verinnerlicht.
   ( 5.2.1. Spielen – Medizin für die Seele)

Akustische Signale
Dass die Freispielzeit im Haus oder im
Garten beendet ist, zeigt ein akustisches
Signal. Alle Kinder kommen wieder zu-
sammen, wir machen etwas gemeinsam.

Gemeinsame Mahlzeiten                                Ruhezeiten
Zweimal am Tag essen wir innerhalb der               So ein Kindergartentag ist ganz schön
Gruppe gemeinsam; vormittags eine mit-               anstrengend. Deshalb ist es uns wichtig,
gebrachte gesunde Brotzeit und mittags               den Kindern Zeit und Raum zum Ausru-
ein warmes Mittagessen.                              hen und Entspannen zu ermöglichen.
Das Händewaschen vor jedem Essen ist                 Zur Ruhe finden ist gar nicht so einfach.
ein selbstverständliches Ritual. Wenn alle           Wir wollen unsere Kinder bei diesem
Kinder am Tisch Platz genommen haben,                Lernprozess unterstützen. Von ihrem ei-
beginnen wir mit einem Tischspruch oder              genen individuellen Bedürfnis ausgehend,
einem gemeinsamen Danken. Nun kön-                   können sich die Kinder an einen ruhigen
nen wir das gemütliche Essen miteinander             Ort zurückziehen, um hier ein wenig die
starten.                                             Seele baumeln zu lassen. Das schult die
( 5.1.5. Gesunde Kinder sind unsere Zukunft)        Selbstwahrnehmung der Kinder.
                                                     Dem Mittagessen schließt sich eine Ruhe-
Zähneputzen                                          und Erholungsphase an, die für das ganze
Nach jeder Mahlzeit heißt es Zähneput-               Haus gilt. Eine Zeit, in der keine Erwar-
zen. Jedes Kind hat dafür seine eigene               tungen, keine gezielten Anforderungen an
Ausrüstung im Kindergarten.                          die Kinder gestellt werden. Eine kleine
Neben dem Erlernen der richtigen Zahn-               Geschichte, schöne Musik oder ein Hör-
putztechnik ist uns primär eine Automati-            spiel helfen den Kindern dabei, sich zu
sierung der Handlung wichtig: Nach dem               entspannen.
Essen Zähneputzen nicht vergessen!
                                                15
Verabschiedung                                 Diese vorhersehbaren und überschauba-
Irgendwann geht auch einmal der schöns-        ren Zeitabläufe geben den Kindern innere
te Kindergartentag zu Ende.                    Sicherheit.
Zum Abschied des Vormittags treffen wir        Neben den Ritualen, die den Tag struktu-
uns noch einmal im Kreis, singen ein Ab-       rieren, bieten wir unseren Kindern auch
schiedslied oder sprechen einen Vers und       noch verschiedene …
wünschen uns noch einen schönen restli-
chen Tag. Und so wie wir den Tag begon-        …Wochenrhythmen wie Turntag, Vor-
nen haben, beenden wir ihn auch, mit ei-       schultreff, Sprachförderung, Psychomoto-
nem Gruß, einem Wunsch, einer Auffor-          rik …
derung: „Viel Spaß heute bei der Geburts-      … und Jahresrhythmen wie Jahreskreis-
tagsfeier“ oder „Morgen bringst du einmal      und Jahreszeitenfeste, Geburtstagsfeiern,
das Buch mit, von dem du erzählt hast...       Projektwochen.
Auf Wiedersehen, bis morgen!“
                                               Wir alle sind Teil eines lebendigen
Übergang in die Nachmittagsgruppe              Rhythmus’, und so, wie sich Tag und
Alle Kinder des Kindergartens, die nach        Nacht wiederholen, kehren auch unsere
15.00 Uhr noch da sind, mit Ausnahme           Rhythmen in der Zwergerlstube immer
der Kleinkindgruppe, treffen sich jetzt ge-    wieder. Aus Erwachsenensicht mag das
meinsam in der Ganztagesgruppe.                langweilig klingen, doch unsere Kinder
Auch der Nachmittag folgt in unserem           erleben jedes Ritual, je nach dem aktuel-
Kindergarten einer rituellen Struktur.         len Entwicklungsstand, immer wieder an-
Die Nachmittagszeit beginnen wir ähnlich       ders.
wie am Morgen: „Wer ist heute alles da,        Ziel dieses ritualisierten Arbeitens ist
wer fehlt? Mit wem kann ich jetzt spielen      es, die Kinder nachhaltig bei ihrer Le-
und was und wo...?“ Um 15.30 Uhr folgt         bensbewältigung zu unterstützen.
die gemeinsame Brotzeit.                       Und dennoch: Kein Tag in der
                                               Zwergerlstube ist wie der andere!

     5.1.4 Ich mag dich so, wie du bist! – Festhalten und Loslassen

Um die „Welt Kindergarten“ aktiv erkun-        Nur Kinder, die sich angenommen und
den zu können, muss sich das Kind si-          geborgen fühlen, können mit einer in-
cher, angenommen und geborgen fühlen.          neren Stärke die Welt um sich herum
Es ist uns wichtig, eine feste Bezugsper-      mit all ihren Geheimnissen erkunden
son für das Kind zu sein. Ein sicherer Ha-     und selbstsicher auf die verschiedenen
fen, zu dem man immer kommen kann,             Ansprüche des Lebens reagieren.
egal mit welchem Anliegen.                     Sich-angenommen-fühlen geht einher mit
                                               gegenseitiger Akzeptanz und Vertrauen
                                               zueinander.

                           „Ich mag dich so, wie du bist.
                        Ich vertraue auf deine Fähigkeiten.
                    Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da!“
                                                         Maria Montessori

                                          16
Wir bieten unseren Kindern das Erleben            engere räumliche Grenzen als die „Gro-
von Vertrauen und Sicherheit, weil wir            ßen“. ( 5.4.1 Sag dem Abenteuer, ICH komme)
wissen, dass dies die Basis einer guten           Für die Neuankömmlinge genügt es meist,
Entwicklung ist.                                  erst einmal den Gruppenraum gründlich
                                                  zu erkunden. Da wäre sofortiges Spiel in
„Wenn du mich brauchst, bin ich für dich          Aula, Turnhalle und anderen Räumlichkei-
da!“                                              ten oder gar dem über 4000m² großen
                                                  Erlebnisgarten eine deutliche Überforde-
Dieser Ausspruch von Maria Montessori             rung. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt
verdeutlicht sehr gut, wie wichtig es ist,        gekommen, um die Grenzen zu erwei-
eine gesunde Balance zu finden, zwi-              tern? Wann hat das Kind die innere Si-
schen Festhalten und wieder Loslassen             cherheit und Stärke und wir das nötige
können. Ebenso wichtig ist das Vertrauen          Vertrauen?
in die Fähigkeiten und Kompetenzen des            Mit dem Balanceakt zwischen Festhalten
Kindes.                                           und Loslassen setzen wir uns täglich im-
Ein Beispiel aus dem Kindergarten-                mer wieder und in vielen verschiedenen
alltag:                                           Situationen auseinander.
Die Kinder, die gerade neu zu uns in die
Gruppe gekommen sind, haben zunächst

                               „Gib mir deine Hand.
                    Ich werde sie halten, wenn du einsam bist.
                      Ich werde sie wärmen, wenn dir kalt ist.
                  Ich werde sie streicheln, wenn du traurig bist.
             Ich werde sie wieder loslassen, wenn du frei sein willst.“
                                                                   Verfasser unbekannt

            (Zu diesem Thema empfehlen wir Ihnen das Buch „Das Menschenkind“, Brigitte Hannig)

                                             17
5.1.5. Gesunde Kinder sind unsere Zukunft!
            – Ernährung –

             „Erde, die uns dies gebracht. Sonne, die es reif gemacht.
               Liebe Sonne, liebe Erde, euer nie vergessen werde.“
                                                             Christian Morgenstern

Essen ist Genuss und bekanntlich weit          - gesunde Getränke (Wasser, ungesüßter
mehr als nur Nährstoffaufnahme!                  Tee), die ganztägig bereit stehen, damit
Aus diesem Bewusstsein heraus ist unser          sich die Kinder selbst bedienen können.
Ansatz zur Ernährungserziehung auch            - Müsli- bzw. Kochtage, an denen wir ge-
kindgemäß, nämlich spielerisch und er-           meinsam und mit allen Sinnen eine le-
lebnisorientiert. Unsere Kinder sollen           ckere Brotzeit zubereiten: Mitschneiden,
Freude und Spaß am Essen haben und               riechen, probieren erwünscht!
die Speisen mit allen Sinnen wahrnehmen        - gezieltes Erlernen von Selbstständigkeit.
und genießen.                                  - Essen zu festgelegten Zeiten.
                                               - Förderung der Wahrnehmung von Hun-
Die Entwicklung eines Essverhaltens, das         ger und Sättigung.
der Gesundheit dienlich ist, und die Ver-      - das Aneignen von Esskultur und Tisch-
antwortungsübernahme für den eigenen             manieren.
Körper fördern wir durch:                      - unterscheiden lernen zwischen Hunger
- gemeinsame Mahlzeiten, die Spaß und            und Appetit auf etwas Bestimmtes.
  Genuss bereiten.                             - Tischkultur: Essen an einem einladen-
- eine gesunde, kraftspendende Brotzeit,         den und vollständig gedeckten Tisch.
  die sich die Kinder von zu Hause mit-        - Händewaschen als selbstverständliches
  bringen.                                       Ritual vor dem Essen.
- Gewöhnung an ein nährstoffreiches An-        - Hinführung zur täglichen Zahnpflege
  gebot.                                         (zudem besucht uns einmal im Jahr der
- eine ausgewogene und abwechslungs-             Zahnarzt).
  reiche warme Mahlzeit am täglichen Mit-      Außerdem verstehen wir gemeinsames
  tagstisch, die uns frisch geliefert wird.    Essen als Pflege sozialer Beziehungen.

                                          18
Die Hinführung zu einer gesunden Ernäh-        Eine gute Ernährungserziehung kann nur
rung und einer adäquaten Esskultur prak-       dann gelingen, wenn Eltern und Kinder-
tizieren wir Pädagogen in der Zwer-            garten gut zusammenspielen. Nur das
gerlstube schon seit Jahren, und nicht erst    Vorbild von uns Erwachsenen kann be-
seit den unzähligen Diskussionen in der        wirken, dass sich gesundes Essverhalten
Öffentlichkeit zum Thema Ernährung. Wir        frühzeitig bei unseren Kindern manifes-
sind stolz darauf, hier auf eine langjäh-      tiert, denn Essgewohnheiten werden be-
rige Erfahrung und großartige Erfolge          reits in der Kindheit geprägt, und die Wei-
zurückblicken zu können.                       chen für Essstörungen jeglicher Art schon
                                               früh gestellt.

 5.2 Vom Herz in den Kopf und wieder zurück

Nimm über dein weit geöffnetes und un-         wende das Gelernte für deine gelingende
getrübtes Herz alles Wesentliche auf –         Lebensbewältigung.
erlebe – begreife – verstehe – verinnerli-     Denn bereits der Kleine Prinz bei Saint-
che!                                           Exupéry wusste: Man sieht nur mit dem
Erst wenn das Erlebte zu einem Teil von        Herzen gut. Das Wesentliche ist für die
dir, zu deinem eigenen geworden ist, ver-      Augen unsichtbar.

     5.2.1 Spielen – Medizin für die Seele
Das Spiel in jeder Form steht im Mittel-       ten fördern die Persönlichkeitsentwicklung
punkt unserer pädagogischen Arbeit.            genauso wie das Konfliktverhalten.
                                               Durch die Möglichkeit, immer wieder neue
Das Spiel der Kinder ist kein Kinder-          Spielbereiche zu schaffen, entfalten die
spiel! Es ist wichtigstes Element im Le-       Kinder ihre ureigenen Bedürfnisse. Phan-
ben eines Kindes. Alles Bedeutsame wird        tasie und Kreativität werden angeregt und
spielend gelernt und verarbeitet. Haupt-       gefördert.
beschäftigung und somit Hauptlernfeld          Im Spiel erschließt sich dem Kindergar-
ist und bleibt das Spiel. Die individuellen    tenkind die Welt mit all ihren Geheimnis-
Spielmöglichkeiten bei uns im Kindergar-       sen und Gesetzmäßigkeiten.

               „Das Spiel des Kindes ist die Brücke zur Wirklichkeit.“
                                                               Bruno Bettelheim

Das Kind misst sich mit Gleichaltrigen,        eine „Schutzzone“ von Vertrauen können
handelt Kompromisse aus oder setzt ei-         Kinder eigenständig aktiv und selbst ge-
gene Vorstellungen durch. Es übt schon         wählt tätig sein, vergangene Erfahrungen
sehr früh und ausgiebig seine Sozial-          und Erlebnisse verarbeiten und neue
kompetenzen, die für eine gelingende           sammeln.
Lebensbewältigung unerlässlich sind.
                                               Spiel ist ein Ventil, um vorhandene Ge-
Am deutlichsten offenbart sich die Indivi-     fühle auszuleben. Kinder benutzen das
dualität und Persönlichkeit eines Kindes       Spiel als Ausdrucksmittel, um uns Er-
im freien Spiel:                               wachsenen ihre Freuden und Sorgen,
Spielart, Spielort, Spielpartner und Spiel-    Hoffnungen und Ängste mitzuteilen.
dauer werden frei gewählt. Eingehüllt in

                                          19
Das freie Spiel ist die Möglichkeit, die       Balsam für die Kinderseelen – benötigen
Welt spielend zu verstehen, sie zu begrei-     einen verlässlichen Rhythmus. Dieser ver-
fen und sich in ihr zurechtzufinden.           leiht Sicherheit und lässt das Kind spon-
Damit sich das Kind frei und absichtslos       tan, und ohne mit Folgen rechnen zu
spielend mit der Welt verbinden kann, ver-     müssen, eintauchen in die Heilkraft des
langt von uns die erzieherische Gestal-        Spieles.
tung seiner Umgebung.                          (→ 5.1.3 Vom Herzschlag und dem Tag- und Nacht-
Das freie Spiel, das Rollenspiel – alle im-    wechsel).
provisierten Spiele sind gleichermaßen

     5.2.2 Kinderraum soll Spielraum, soll Lernraum sein

Gesunde Kinder spielen in den ersten           Kinder brauchen
sechs Lebensjahren etwa 15.000 Stun-
den, wenn sie nicht daran gehindert wer-       Räume, in denen …
den.                                           … sie sich sicher und geborgen fühlen.
Eine bemerkenswert hohe Zahl, finden           … es etwas zu entdecken gibt.
wir!                                           … sie sich selbst begegnen können.
                                               … sie ihre Sinne entfalten können.
Da das Spiel eine so wichtige Grundlage        … sie anderen Menschen begegnen
für eine gesunde Entwicklung jedes Kin-          können.
des darstellt, und jedes Spiel auch Lernen     … sie authentisch sein dürfen.
bedeutet, räumen wir dem Spiel und
dem dazugehörigen Raum oberste Pri-            und Räume, die …
oritäten ein und schaffen Bedingun-            … sich verändern und gestalten lassen.
gen, die das Spiel begünstigen und             … eine reizarme und eine reizvolle
unterstützen. Eine zentrale Aufgabe der           Umgebung anbieten.
Begleitung der Kinder sieht unsere Päda-
gogik darin, die Bedingungen zu erfüllen,
die Kinder benötigen, um sich spielend
und selbstbewusst in die Welt hineinzu-
stellen.

                                          20
Und Kinder brauchen Menschen, die               Interesse an den Spielergebnissen der
ihnen diese Räume schaffen – Freiräume          Kinder.
für ihr Spiel, ihre Entwicklung, ihr Lernen.
Kinder zu begleiten und Kindern in ihrem        Die Auswahl an Spielen und Materialien
Spiel zu folgen, ist eine große Aufgabe für     ist bei uns in der Zwergerlstube immer
uns Pädagogen. Indem wir an den Rand            großzügig und hochwertig, niemals
des kindlichen Spielgeschehens treten           zufällig, und orientiert sich am Bedarf der
und im Hintergrund bleiben, bietet uns das      Kinder: Sei es, dass die Kinder bei Kin-
spielende Kind eine reichhaltige Quelle         derkonferenzen veränderte Raumgestal-
an Informationen über die Kontaktauf-           tung und Materialwechsel wünschen und
nahme, den Spielinhalt, die Konzentra-          einfordern, oder dass die Veränderung
tion, die Ausdauer und das Durchhal-            des Spielumfeldes ein Ergebnis unserer
tevermögen, den sprachlichen Aus-               Beobachtungen wird. Außerdem werden
druck und Umfang, das Verhalten in              im Jahreskreis rhythmisch ganz bewusst
Konfliktsituationen, die Risikobereit-          Spiele ausgetauscht, Materialien hinzuge-
schaft, den Forscher- und Entdecker-            fügt oder entfernt. Auch in dieser Hinsicht
geist, das Maß an Phantasie … Kurz:             lautet unser Motto: Weniger ist oft mehr!
Einen Blick auf das gesamte Entwick-            Eine große Auswahl an einfachen Acces-
lungsspektrum eines Kindes und seiner           soires wie Tücher, Hüte, Kleidungsstücke,
Kompetenzen.                                    Wäscheklammern, vielseitig verwendbare
Diese Aufgabe fordert von uns stete             Naturmaterialien u.v.m. dienen als Ergän-
Wachheit, Offenheit, Hingabe und echtes         zung und bereichern Kreativität und Phan-
                                                tasie.

                     „Gebt dem kleinen Kind einen dürren Zweig,
                            es wird mit seiner Phantasie
                           Rosen daraus sprießen lassen.“
                                                               Jean Paul

Zufällig in der Nähe befindliche Kinder         sie sich in die Welt hineinstellen und
werden ins Spiel integriert. Sie fungieren      sich mit ihr verbinden.
als Zuschauer, Tiere, Bäume. Stühle und         Was die spielende Kindergruppe aber un-
Tische werden zur Arena, zum Bauernhof,         bedingt braucht, sind flexible Pädagogen,
zur Arztpraxis oder zur Theaterbühne.           die sich situativ darauf einlassen können,
Aus kleinen Papierschnipseln werden lie-        wenn ein wichtiges Spiel mehr Raum und
bevoll und aufwändig Eintrittskarten ge-        Zeit als vorgesehen benötigt: Da muss
bastelt, und wenn das Spiel nach Beurtei-       schon mal das geplante pädagogische
lung der Akteure „reif“ ist für eine Auffüh-    Angebot einer „Theateraufführung“ wei-
rung, wird die ganze Kindergartengruppe         chen, da wird schon mal auf Decken am
zur Darbietung eingeladen, manchmal             Boden gepicknickt, wenn alles Mobiliar ins
auch die anderen Gruppen und gelegent-          Spiel eingebaut ist. Soviel Flexibilität
lich wird für die Eltern gespielt.              muss sein!

Die spielende Kindergruppe bedarf               Wir verzichten so weit wie möglich auf
keiner Regieanweisung oder Spielauf-            Spieleinschränkungen, achten aber un-
forderung von außen, denn das Spiel wird        bedingt auf ausreichende Sicherheits-
jedes Mal neu aus sich selbst heraus in         maßnahmen und dem Wetter entspre-
die Welt gesetzt.                               chende Kleidungsstücke, wenn sich die
Es ist die spontane, aus sich selbst            Kinder im Garten aufhalten.
entstandene und keinem äußeren                  Das Spiel unter freiem Himmel ist bei
Zweck oder Ziel dienende elementare             uns im Kindergarten immer möglich
Äußerungsform der Kinder, durch die             und ausdrücklich gewünscht. Dieser
                                           21
Spielraum ohne Wände schafft Platz für         sich auch ganz leise mit Decken und Kis-
großzügige Bewegung und Raum zum               sen ausgestattet in eine selbstgebaute
Experimentieren und Ausprobieren. Er           „Höhle“ zurückzuziehen.
bietet die Möglichkeit, laut zu sein und

                 „Den Raum für Spiel halten wir bewusst groß,
          denn das Spiel sehen wir als die ureigenste Ausdrucksform
       und das bestgeeignete Plateau für jegliches Lernen des Kindes an.
      So wünschen wir uns, dass jedes Kind in sich selbst den Raum findet,
                   von welchem aus es die Welt gestaltet.“
                               ( 4. Einrichtungsphilosophie des Kindergartens Zwergerlstube)

     5.2.3 Das Bild vom Lernen
Unsere gesellschaftliche Veränderung hin           -   Wie behalte ich Gelerntes nachhal-
zur Wissensgesellschaft beschreibt das                 tig?
eigenständige lebenslange Lernen als               -   Wie schätze ich meine eigenen
eine Schlüsselqualifikation.                           Leistungen ein?
Wenn wir davon ausgehen, dass jedes                -   Wie gehe ich mit meinen Fehlern
Spiel auch Lernen bedeutet, dass diese                 um?
vorher genannten 15.000 Spielstunden               -   Wie korrigiere ich sie?
auch ebenso viele Lernstunden sind, so
erhöht das den Stellenwert des kindlichen      Die Kompetenz des Lernens baut auf
Spiels enorm.                                  Denkfähigkeit, Gedächtnisleistung, Kreati-
Lernen heißt selbstbestimmt und eigen-         vität, Werte, moralische Urteilsbildung,
aktiv forschen, experimentieren und ent-       Verantwortungsübernahme, Kommunika-
decken.                                        tionsfähigkeit u.v.m. auf.
Wissenschaftliche Forschungen der Uni-         Der Kindergarten bietet einen motivie-
versität Würzburg belegen, dass Kinder         renden, das Lernen fördernden Ablauf
besonders erfolgreich lernen, wenn sie an      – Tag für Tag.
ihrer eigenen Lerngeschichte selbst betei-     Wir ermutigen die Kinder durch selbst-
ligt und nicht fremdbestimmt sind. Nur         ständiges Erforschen der Welt, ihr Wissen
durch eigenes Ausprobieren erleben sich        zu erweitern und unterstützen diesen Pro-
Kinder als erfolgreiche „Lerner“ und ent-      zess durch anregende vielfältige Impulse.
wickeln selbst Strategien, wie sie lernen      Da wird so manche Frage aus den Kin-
können. Unser Beitrag zum Gelingen liegt       dern „herausgekitzelt“ und da werden
darin, umfangreiches Wissen über die           Ideen eingebracht, wie man zu einer Ant-
unterschiedlichsten Lerntypen zu haben,        wort kommen könnte:
beim einzelnen Kind darauf Rücksicht zu            - Wen frage ich?
nehmen und es gegebenenfalls darin zu              - Wer ist genau für diese Frage der
unterstützen, seinen Lerntyp auszubauen               Kompetenteste?
und zu vervollständigen.                           - Habe ich Bücher, die mir die Ant-
Das Lernen im Kindergarten Zwer-                      wort geben?
gerlstube erfolgt in Sinnzusammenhän-              - Benutze ich das Internet?
gen, die für die Kinder nachvollziehbar        Einer Frage nachgehen heißt, gemeinsam
sind.                                          nach der Antwort zu suchen.
    - Was will ich wissen?                     Das 3- bis 4-jährige Kind wird einer Fra-
    - Wie beschaffe ich mir Wissen?            gestellung aufmerksam zuhören, das 4-
    - Wie übertrage ich erworbenes Wis-        bis 5-jährige Kind leistet bereits einen ei-
       sen auf andere Situationen?             genen Beitrag, und das Vorschulkind zeigt

                                          22
seine Ideen auf, bringt sein Wissen ein,    Deshalb ist es unbedingt erforderlich,
überträgt es auf andere Situationen, hat    dass wir Pädagogen dem Kind mit Echt-
gelernt, mit Fehlern umzugehen, weiß, wo    heit und absoluter Verlässlichkeit begeg-
es sich Antworten holen kann – es hat       nen. Wir müssen für die Kinder berechen-
gelernt, wie man lernt!                     bar sein, unsere Aussagen und unsere
Der Kindergarten Zwergerlstube versteht     Handlungen immer übereinstimmen.
sich als „unmittelbarer“ Lernort; das       Geborgen in dieser Sicherheit lernen die
Kind lernt altersentsprechend.              Kinder am Vorbild, das wir Erwachsene
Heiterkeit und Freude am Lernen sind die    geben. Wir leben den Kindern in unserem
entscheidenden Motivations- und Lernför-    täglichen Handeln eine Haltung vor, an
derer ebenso wie eine anregungsreiche       der sie kulturelle, ethische und soziale
Lernumgebung für die Selbstbildungspro-     Werte erfahren und lernen können.
zesse der Kinder.                           Ziel unserer täglichen Kindergartenarbeit
Zum Lernumfeld eines Kindes gehören         in puncto Lernen ist, diese lebenslange
neben einer natürlichen Umgebung auch       Schlüsselqualifikation von Anfang an
ihm verbundene Erwachsene, die die Ler-     mit Heiterkeit, Humor, Wissbegierde und
numgebung schaffen.                         Verlässlichkeit auszuüben. Dies geschieht
Vorbild und Nachahmung sind die Zau-        in einer sicheren vertrauten Umgebung
berworte, die das Verhältnis vom Kind       mit authentischen Erwachsenen.
zum Erwachsenen charakterisieren.

              „Wenn Sie Ihrem Kind unbedingt etwas geben wollen,
                   dann geben Sie ihm ein gutes Beispiel.“
                                                              Pearl S. Buck

                                       23
5.2.4 Die Sinne als Tor zur Welt – Lernen mit allen Sinnen-

Kinder erleben und begreifen ihre Umwelt       Wenn wir bewusst alle unsere gegebenen
über ihre Sinne.                               Sinne nutzen, lässt sich oft auch eine alt-
Wenn alle Sinne der Kinder geschärft sind      bekannte Sache ganz neu erleben:
und sie ihre Umgebung sensibel wahr-           Ein Apfelbaum sieht mächtig und knorrig
nehmen, entsteht in ihnen eine farbige,        aus, seine Blüten duften angenehm, die
vielseitige und detaillierte Vorstellung.      Rinde fühlt sich etwas rau an, die Apfel-
                                               frucht lassen wir uns schmecken, was
Unsere Sinne brauchen immer neue An-           kann man aus Äpfeln alles herstellen?
regungen. Nur wenn wir den Kindern die         Können wir einen Baum eigentlich auch
Möglichkeit bieten, all ihre Sinne zu ge-      hören, wie sich seine Äste im Wind wie-
brauchen, können sie diese auch entfal-        gen, ein Blatt zu Boden fällt oder das Ge-
ten.                                           räusch, wenn wir den Apfel pflücken?
                                               ( 5.3.5. Die Antwort heißt Verantwortung)

Nur was ein Mensch mit allen Sinnen            Ein ausgewogenes und vielfältiges An-
wahrnimmt, wird er auch in seiner Kom-         gebot an Sinnesreizungen ist die
plexität und Vielseitigkeit verstehen, denn    Grundlage für eine gesunde Entwick-
vielfältige Sinneserfahrungen nehmen           lung.
einen unmittelbaren Einfluss auf das Den-      Wir wollen unseren Kindern vielfältige po-
ken und Verstehen der Kinder.                  sitive Sinneserfahrungen ermöglichen.
Vom Herz in den Kopf und wieder zurück         Besonders möchten wir auch die Sinnes-
– Sinneseindrücke bewahren wir uns in          organe ansprechen, die in unserer „ent-
unserem Gedächtnis und in unserem Her-         sinnlichten“ Welt immer weniger zu tun
zen!                                           haben, unsere sogenannten Basissinne:
Geht es Ihnen nicht auch so? Kennen Sie        Gleichgewichtssinn, Eigenwahrnehmung
noch den Duft von frisch gewaschenen           und Spürsinn.
Babyhaaren oder ruft ein besonderes Lied       Gleichzeitig wollen wir unsere Kinder aber
eine bestimmte Erinnerung in Ihnen             vor Reizüberflutung auch schützen, denn:
wach?

               „Zarte Reize wirken auslösend, mäßige Reize steigern,
                starke Reize hemmen, überstarke Reize zerstören!“
                                                                Verfasser unbekannt

                                          24
Sie können auch lesen