Voraussetzungen im wirtschaftlichen Unterricht an berufsbildenden Schulen für die erfolgreiche Anwendung digitaler Lehr-Lern-Settings Masterarbeit ...

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Voraussetzungen im wirtschaftlichen Unterricht an berufsbildenden Schulen für die erfolgreiche Anwendung digitaler Lehr-Lern-Settings Masterarbeit ...
Martin Böhme, B.A. M.Sc.

Voraussetzungen im wirtschaftlichen Unterricht
an berufsbildenden Schulen für die erfolgreiche
     Anwendung digitaler Lehr-Lern-Settings

                           Masterarbeit
                 zur Erlangung des akademischen Grades
                         eines Master of Science
                der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik
                  an der Karl-Franzens-Universität Graz

Betreuerin: Univ.-Prof. Mag. Dr.rer.soc.oec. Michaela Stock
Institut für Wirtschaftspädagogik

                                                           Graz, Juni 2020
Inhaltsverzeichnis
1.     Einleitung .................................................................................................................. 1
     1.1     Ziel und Methode ............................................................................................... 3
     1.2     Disposition ......................................................................................................... 4
2.     Methodenwandel: von Traditionell zu E-Learning ................................................... 5
     2.1     E-Learning.......................................................................................................... 5
     2.2     Neue Medien ...................................................................................................... 8
     2.3     Medienkompetenz bzw. digitale Kompetenz ................................................... 11
     2.4     Traditioneller Präsenzunterricht ....................................................................... 12
     2.5     Blended Learning ............................................................................................. 16
     2.6     Flipped Classroom ........................................................................................... 19
3.     E-Learning und Laptops im Unterricht ................................................................... 23
     3.1     Einsatz von Laptops und E-Learning im Unterricht ....................................... 23
     3.2     Veränderung des Unterrichts............................................................................ 27
       3.2.1        Präsenzunterricht im Kontext mit Laptopklassen ..................................... 27
       3.2.2        Blended Learning im Kontext mit Laptopklassen .................................... 30
       3.2.3        Flipped Classrooms im Kontext mit Laptopklassen ................................. 34
     3.3     Nutzen für die beteiligten Interessensgruppen ................................................. 39
       3.3.1        Sichtweise der Lehrenden ......................................................................... 39
       3.3.2        Sichtweise der Lernenden ......................................................................... 42
       3.3.3        Sichtweise der Schule ............................................................................... 47
4.     Notwendige Voraussetzungen und mögliche Störungsquellen ............................... 50
     4.1     Sichtweise der Lehrenden ................................................................................ 50
     4.2     Sichtweise der Lernenden ................................................................................ 54
     4.3     Sichtweise der Schule ...................................................................................... 57
5.     Abschließende Betrachtung ..................................................................................... 60
     5.1     Limitationen ..................................................................................................... 64
     5.2     Ausblick und Auswirkungen durch COVID–19 .............................................. 65
Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 66

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Begriffe im Bereich E-Learning ................................................................. 7
Abbildung 2: Verbreitung von Sozialformen ................................................................. 13
Abbildung 3: Phasenwechsel zwischen den beiden Konzepten ..................................... 20
Abbildung 4: Untergliederung des Masterplans in drei Handlungsfelder ...................... 26
Abbildung 5: Die Betrachtung digitaler Kompetenzen als dreidimensionalen Würfel .. 42
Abbildung 6: Angebots-Nutzungs-Modell ..................................................................... 56

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: E-Learning-Umsetzung an Bundesschulen.................................................... 24
Tabelle 2: Stufen des E-Learnings .................................................................................. 30
Tabelle 3: Zuordnung der Kompetenzen zu den Kompetenzbereichen .......................... 43
Tabelle 4: Die Entwicklung und Ausprägung von Kompetenzen auf acht Stufen ......... 45

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1. Einleitung
Die digitalisierten Technologien haben längst unsere Gesellschaft und unser
wirtschaftliches Leben nachhaltig geprägt. Zunehmend gewinnt ebenso die digitale
Bildung in der Schule an Bedeutung, womit allerdings große Herausforderungen für die
schulerhaltenden Institutionen und die Schulpolitik verbunden sind (Fischer 2017, 7).
Diese Herausforderungen sind mit ein Grund dafür, dass die große Revolution
insbesondere im Schulbereich bisher ausgeblieben ist. Bischof und Stuckrad (2013, 3)
vergleichen etwa die Räumlichkeiten im 21. Jahrhundert mit jenen der antiken
Philosophenschule – damals und heute kümmern sich Lehrende um etwa 30 Lernende.
Die Digitalisierung und Vernetzung von Bildung verändert jedoch zunehmend die
Anforderungen der Gesellschaft an die Bildung und an die Bildungsinhalte (Strobel und
Welpe 2017, 316). Als Vorreiter ist beispielsweise der Einsatz bereits etablierter digitaler
Lernplattformen im Hochschulbereich zu nennen, für den Präsenzunterricht in Schulen
gibt es aber noch erhebliches Aufholpotential (Petko 2010, 7). Fischer (2017, 7) betont
im Kontext der fortschreitenden Digitalisierung in allen Lebensbereichen die
Notwendigkeit des Erwerbs von digitalen Kompetenzen junger Menschen bereits in der
Schule, um ihr soziales und berufliches Leben gestalten zu können. Aus diesem Grund
wird erwartet, dass es zu einer Anpassung der Unterrichtsgestaltung an die neuen,
geänderten Rahmenbedingungen kommt, welche eine neue Lernkultur im Sinne von
offenen Lernangeboten, ein höheres Maß an Selbstständigkeit, Teamorientierung und
einer verstärkten Alltagstauglichkeit des Unterrichtsstoffs etablieren kann (Kysela-
Schiemer 2015, 6–10).

Der Begriff „digitale Kompetenz“ wird oft synonym für „Medienkompetenz“ verwendet
und nimmt Bezug auf den Umgang mit digitalen Medien und den damit einhergehenden
technischen Besonderheiten (Mayrberger 2013, 179). Dazu gehören neben der
Handhabung und Erstellung von Audio-, Video- und Bilddateien auch die Nutzung von
Lernplattformen (Tesar, et al. 2013, 3). Für viele Lernende ist die Nutzung von digitalen
Medien selbstverständlich, allerdings fehlt häufig eine effiziente Nutzungsstrategie sowie
ein kritisches Bewusstsein, um die gewonnenen Informationen einordnen und bewerten
zu können (Moser 2010, 8). Hierbei ist insbesondere auf rechtliche Aspekte wie den
Datenschutz und den Umgang mit Urheberrechten zu verweisen (Lackner und Kopp
2014, 179). Vor allem die allgemein- und berufsbildenden Schulen stehen deshalb vor

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der Aufgabe einer verstärkten Medienbildung bzw. -nutzung im Unterricht, um den
kompetenten Umgang zu fördern (Zellweger-Moser und Brahm 2008, 1).

In der Theorie gibt es etwa mit E-Portfolios, Flipped Classrooms oder Massive Open
Online Courses zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten von offenen und partizipativen
Lernkonzepten (van Treeck, Himpsl-Gutermann und Robes 2013, 287–297). In der Praxis
gibt es allerdings selten eine vollkommene Substitution des Präsenzunterrichts durch E-
Learning (Dittler 2002, 18), sondern meistens Blended Learning-Konzeptionen, welche
eine Verknüpfung aus traditionellen Lehrformen und dem E-Learning darstellen, da
erkannt wurde, dass diese nicht miteinander konkurrieren sondern ergänzend eingesetzt
werden können (Kuhlmann und Sauter 2008, 190).

Auf den Kontext der Wirtschaftspädagogik umgelegt ergeben sich hier für Lehrende die
Möglichkeiten      E-Learning       in     Betriebswirtschaft,       Business    Training,
Unternehmensrechnung,      Übungsfirma      und    Case   Studies,    Projektmanagement,
Volkswirtschaft und Wirtschaftsinformatik einzusetzen (Lehrplan der Handelsakademie
2014, 8).

In Klassen, in denen die Schülerinnen und Schüler mit persönlich zugeordneten Laptops
ausgestattet sind und gleichzeitig die Unterrichtsgestaltung auf Basis konstruktivistischer
Modelle verändert wird, können vermehrt positive Lerneffekte und Verhaltensmuster
festgestellt werden (Eickelmann 2010, 86). Außerdem empfinden die Lernenden in diesen
Klassen den Unterricht als interessanter und sind motivierter (Warschauer 2006, 25). In
Österreich sind sogenannte Laptopklassen derzeit eher in der Oberstufe anzutreffen,
obwohl in nahezu allen Schulen die infrastrukturellen Voraussetzungen mit einem
leistungsfähigen Internetzugang gegeben sind (Parycek, Maier-Rabler und Diendorfer
2010, 23). Die Vorteile gegenüber dem Unterricht ohne Laptops sieht Tully (2004, 127–
130) insbesondere in der stärkeren individuellen Betreuung durch Lehrerinnen und
Lehrer, da der Präsenzunterricht als deutlich weniger lehrerinnen- bzw. lehrerzentriert
beobachtet wurde. Weiters konnte eine erhöhte unterrichtsbezogene Kommunikation
zwischen den Lernenden ohne direkte Moderation der Lehrperson festgestellt werden
(Tully 2004, 127). Hingegen kann mit den, üblicherweise in Computerräumen
untergebrachten, stationären Computern die notwendige Integrationstiefe im Unterricht
nicht erreicht werden (Schaumburg, Prasse, et al. 2007, 122–124).

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Aus diesem thematischen Aufriss leitet sich die Forschungsfrage der Masterarbeit ab:

  Welche Voraussetzungen müssen im wirtschaftlichen Unterricht in berufsbildenden
Schulen für die erfolgreiche Anwendung digitaler Lehr-Lern-Settings gegeben sein, um
          die Schülerinnen und Schüler von heute auf morgen vorzubereiten?

Zur Beantwortung dieser Frage werden weitere Unterfragen bearbeitet:

   •   Welche Methoden gibt es für die Umsetzung von digitaler Lehre im schulischen
       Kontext?
   •   Wie wirken sich Laptopklassen auf den Kompetenzerwerb von Lernenden aus?
   •   Welche Kompetenzen müssen Lehrende mitbringen, um aus E-Learning den
       bestmöglichen Erfolg zu ziehen?
   •   Welche Voraussetzungen müssen Lernende erfüllen, um das Angebot nutzen zu
       können?
   •   Welche Rahmenbedingungen müssen die Schulen erfüllen, um Digitalisierung im
       Unterricht zu ermöglichen?

   1.1 Ziel und Methode
Das Ziel der Masterarbeit ist die Identifikation von Grundvoraussetzungen für die
erfolgreiche Anwendung digitaler Lehr-Lern-Settings und die Auswirkung dieser auf den
Lernerfolg von Lernenden im wirtschaftlichen Unterricht. Diese Voraussetzungen
werden insbesondere in den Kompetenzen der handelnden bzw. involvierten Personen
vermutet, wobei diese nur in Kombination mit den bereitgestellten Ressourcen
(Hardware, Software, Netzwerke etc.) zielführend eingesetzt werden können. Hierfür
wird eine Gliederung in drei Betrachtungsweisen vorgenommen, nämlich zuerst jene der
Lehrenden, anschließend die aus der Sicht von Lernenden und abschließend die
Betrachtungsweise     der     infrastrukturellen       Voraussetzungen   auf   Seiten   der
schulerhaltenden Institutionen.

Nach erfolgter Identifikation der Voraussetzungen soll eine zusammenführende,
gesamtheitliche Betrachtung zur Beantwortung der Fragestellung führen. Die
Bearbeitung der oben genannten Forschungsfrage und deren Unterfragen soll mittels
Literaturanalyse geschehen.

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1.2 Disposition
Im ersten Kapitel soll in die Thematik der Masterarbeit eingeführt und die Relevanz der
Problemstellung aufgezeigt werden. Weiters werden die Forschungsfrage und die
Zielsetzung dargelegt.

Anschließend werden die Begriffe E-Learning und Medienkompetenz definiert und
abgegrenzt. Ebenso werden typische Lehr-Lern-Settings in den berufsbildenden Schulen
betrachtet, wobei die Reihenfolge vom klassischen Präsenzunterricht, zu Blended
Learning, hin zu Flipped Classrooms so gewählt wurde, dass es zu einem ansteigenden
Grad der Digitalisierung und einer absteigenden Lehrendenzentrierung in den einzelnen
Methoden kommt. Dies dient zur besseren Vorstellung von E-Learning in Schulen und
soll allgemeine Methoden ohne direkten Fokus auf Laptopklassen erörtern.

Im dritten Kapitel erfolgt die Betrachtung der Umsetzung im wirtschaftlichen Unterricht
im Zusammenhang mit Laptopklassen. Es soll eine kritische Betrachtung der sich
verändernden Lern- bzw. Unterrichtskultur in Bezug auf Individualisierung und
selbstgesteuertem Lernen durch den Einsatz der im Kapitel davor vorgestellten Methoden
vorgenommen werden. Weiters werden in diesem Kapitel die Sichtweisen der beteiligten
Interessensgruppen (Lehrende, Lernende und Schule) eingenommen und der jeweilige
Nutzen durch E-Learning und Laptops im Unterricht herausgearbeitet.

Aufbauend folgt im vierten Kapitel eine Betrachtung der Voraussetzungen, die alle
Involvierten mitbringen müssen, damit der im Kapitel 3 beschriebene Nutzen sichtbar
wird. In diesem Zusammenhang sollen Ansatzpunkte für Distraktoren, die den Einsatz
von E-Learning erschweren können, gefunden werden.

Abschließend werden die Limitationen dieser Arbeit vorgestellt und die gefundenen
Ergebnisse systematisch zusammengefasst. In diesem Zusammenhang wird auf die
aktuelle Situation aufgrund von COVID–19 und den Auswirkungen auf die digitale Lehre
eingegangen.

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2. Methodenwandel: von Traditionell zu E-Learning
In diesem Kapitel werden die Begriffe E-Learning, Neue Medien und Medienkompetenz
bzw. digitale Kompetenz abgegrenzt, damit ein einheitliches Bild für diese Arbeit
geschaffen werden kann. Weiters wird, stellvertretend für den traditionellen
Präsenzunterricht, im Unterpunkt 2.4 näher auf die Vor- und Nachteile des klassischen
Frontalunterrichts eingegangen. Im darauffolgenden Abschnitt wird mit dem Blended-
Learning-Konzept eine hybride Lernform vorgestellt, die Online- und Präsenzlernen
vereint. Abschließend wird im Unterpunkt 2.6 das Flipped-Classroom-Konzept
thematisiert und dem klassischen Unterricht gegenübergestellt.

   2.1 E-Learning
Für die Definition von E-Learning lassen sich in der Literatur (vgl. z.B. Revermann,
Georgieff und Kimpeler 2007, 6 oder Fischer 2013, 32) etliche verschiedene Ansätze
finden. Klar ist, dass das E in E-Learning für electronic steht und damit die elektronische
Informationsaufbereitung bzw. eine elektronisch unterstützte Kommunikation gemeint
ist, die zu einem elektronisch gestützten Lernen führen soll (Kretschmer 2002, 25).

Das Verständnis von E-Learning hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert,
wozu besonders die Massentauglichkeit des Internets beigetragen hat. In seiner
ursprünglichen Bedeutung konzentrierte sich E-Learning auf das elektronisch
unterstützte Lernen mit elektronischen Hilfsmitteln, etwa per Videobänder, CD-ROMs
oder Lernen per interaktivem TV (Baumgartner, Häfele und Maier-Häfele 2002, 4). Zu
dieser Zeit wurden zur Ermöglichung des selbstständigen Lernens multimediale
Lernprogramme (Computer Bases Trainings, kurz CBTs) eingesetzt, welche die
Informationsvermittlung, Aufgabenstellung und Rückmeldung übernommen haben
(Dittler 2002, 15). Ende der 1990er-Jahre, mit der Verbreitung des Internets, wurde in
den Begriff das internetbasierte Lernen miteinbezogen, weshalb seitdem von einem
computer- und netzbasierten Lernen und Lehren gesprochen werden kann (Revermann,
Georgieff und Kimpeler 2007, 25). Daraus resultierte die Weiterentwicklung der CBTs,
die sogenannten Web Based Trainings (WBTs), welche den Vorteil haben, dass die
Lerninhalte immer aktualisierbar sind und mehrere Lernende gleichzeitig mit einem
Programm arbeiten bzw. eine Kooperation eingehen können (Dittler 2002, 163).

E-Learning befindet sich in einer ständigen Weiterentwicklungsphase, da diese Lernform
erst kurze Zeit existiert und noch nicht ideal ausdifferenziert wurde (Pfeffer-Hoffmann
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2007, 29). Jedoch haben alle Definitionen von E-Learning als kleinsten gemeinsamen
Nenner den Computer als mediale Unterstützung des Lernprozesses (Revermann,
Georgieff und Kimpeler 2007, 25). Fischer (2013) nennt als Gemeinsamkeit zwischen
den       Definitionen    die   Verschmelzung     von    digitalen   Technologien   mit   den
Bildungsprozessen. Rosenberg (2001, 29) definiert E-Learning anhand von drei
fundamentalen Kriterien:

      •    E-Learning ist vernetzt, womit Anweisungen oder Informationen sofort
           aktualisiert, abgerufen oder gespeichert und verteilt werden können. Er sieht CD-
           ROMs und DVDs zwar als technologische Lernsysteme, allerdings sollten diese
           nicht als E-Learning klassifiziert werden.
      •    Der Zugang zu E-Learning erfolgt über einen Computer, welcher eine Standard-
           Internet-Technologie verwendet (z.B. Webbrowser).
      •    E-Learning umfasst mehr als die Lieferung von Informationen und beinhaltet
           somit einen breiten Blickwinkel auf die Sichtweise des Lernens, der jenseits
           traditioneller Lernparadigmen liegt.

Nach Erpenbeck und Sauter (2013, 203) handelt es sich beim E-Learning um
prozessorientiertes Lernen mit digitalen Medien, bei dem das Lernen durch Informations-
und Kommunikationstechnologien, unterstützt durch darauf aufbauenden E-Learning-
Systemen, ermöglicht und durchgeführt wird. Drummer (2009, 5) definiert wiederum das
E-Learning       als     eine   Form   der   Wissens-,    Fähigkeiten-,   Fertigkeiten-   und
Kompetenzaneignung, wobei eine Verknüpfung von klassischen didaktischen Ansätzen
mit vernetzten, betreuten, system- und selbstgesteuerten Lernangeboten im Internet
erfolgt.

Die Rollen von Lehrpersonen können, je nachdem welche Lernform des E-Learnings
gewählt wird, unterschiedlich (etwa als Trainer bzw. Trainerinnen, Tutor bzw. Tutorin
oder als Coach) ausgeprägt sein (Erpenbeck und Sauter 2013, 203). Einerseits besteht die
Möglichkeit, dass E-Learning nur unterstützend in Präsenzeinheiten eingesetzt wird,
andererseits können Präsenzeinheiten aber auch vollständig ersetzt und virtuell
organisiert (Virtual-/Distance Learning) werden (Adelsberger und Ehlers 2012, o.S.).

Für die vorliegende Arbeit wird für E-Learning die Definition von Issing und Klimsa
(2009, 14) herangezogen. Demnach werden unter dem Begriff

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„alle Formen von Lernen, bei denen digitale Medien für die
        Distribution und Präsentation von Lernmaterialien, einschließlich der
        Unterstützung       zwischenmenschlicher        Kommunikation,        in
        Lernprozessen zum Einsatz kommen“ (Issing und Klimsa 2009, 14,
        eigene Hervorhebung) verstanden.

Bei der Definition von Online Learning berücksichtigen manche Autorinnen und Autoren
nur, dass der Lernstoff, ähnlich wie beim WBT, mittels Internettechnologie bereitgestellt
wird und somit kein, bzw. kein großer, Unterschied zwischen den beiden Begriffen
existiert (Erpenbeck und Sauter 2013, 218). Andere berücksichtigen aber, dass Online
Learning, zusätzlich zur asynchronen Kommunikation bei WBTs, ebenfalls eine
synchrone Kommunikation zwischen den beteiligten Personen ermöglicht (Back, Bendel
und Stoller-Schai 2001, 34). Eine asynchrone Kommunikation liegt vor, wenn
zeitversetzt zwischen Personen kommuniziert wird. Bei E-Mails, Briefen etc. werden die
Informationen zu einem Zeitpunkt verfasst und zu einem späteren durch die Empfängerin
bzw. den Empfänger verarbeitet (Abts und Mülder 2009, 206). Dementsprechend
ermöglicht synchrone Kommunikation einen direkten Dialog zwischen den Lehrenden
und Lernenden in Echtzeit z.B. mittels Videokonferenz (Meier 2006, 320).

                    Abbildung 1: Begriffe im Bereich E-Learning
      Quelle: Eigene Darstellung nach Back, Bendel und Stoller-Schai (2001, 34)
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Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, besteht Online Learning, im Gegensatz zu WBTs, nicht
nur aus einer webbasierten Komponente, sondern findet online im Internet statt (Back,
Bendel und Stoller-Schai 2001, 34). Für diese Arbeit wird Online Learning deshalb als
Nutzung des Internets, um jederzeit und überall Zugang zu Lernmaterialien zu bekommen
und gleichzeitig durch eine synchrone Kommunikation unter den Lernenden und mit den
Lehrenden eine Unterstützung während des Lernprozesses zu erhalten, definiert (Ally
2004, 17).

Eine Erweiterung des Online Learnings ist das Distance Learning, welches die hohe
Flexibilität bezüglich der Zeit- und Ortsunabhängigkeit des Online Learnings nutzt und
neben den Onlineanwendungen zusätzliche Medien wie das Telefon oder SAT-TV
integriert, die ohne Präsenz genutzt werden können (Back, Bendel und Stoller-Schai
2001, 34). Diese Art des Lernens richtet sich insbesondere an den Hochschulbereich,
womit vollzeitbeschäftigten Studierenden mit familiärer Verantwortung die Möglichkeit
geboten werden soll, die neuen Technologien zu nutzen, um die Fähigkeiten zu erwerben,
die sie benötigen, um in einem zunehmend digitalen Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu
bleiben (Martyn 2003, 18).

   2.2 Neue Medien
Die Integration und Nutzung von Medien war schon immer Bestandteil des
Bildungswesens, dazu zählen etwa Bücher, Bildungsfernsehen, Tageslichtprojektoren
oder Computertechnologien (Zumbach 2010, 11). Wie im Problemaufriss dargelegt, ist
der Umgang mit Neuen Medien für viele Jugendliche mittlerweile selbstverständlich,
allerdings ist eine Abgrenzung zwischen traditionellen und Neuen Medien bzw. eine
Einordnung von unterschiedlichen Medien in die zwei Kategorien nicht immer eindeutig.
Im folgenden Abschnitt wird deshalb versucht eine Abgrenzung mit Beispielen von
Mediennutzung in Lern-Lehrprozessen aufzuzeigen.

Im Zusammenhang mit traditionellen Medien (etwa Tafel, Hefte, Folien, CDs, Filme etc.)
stellt Bauer (1997, 379) Merkmale zur Identifikation dieser dar. Demnach besitzen
traditionelle Medien unterschiedliche Träger wie Karton, Papier oder Kunststoff bzw.
Filmmaterial in diversen Formaten oder Ton- und Videobänder. Ein besonderes Merkmal
ist dabei „die analoge Form der Medien, die eine Integration in andere Träger unmöglich
macht“ (Bauer 1997, 379).

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Rüschoff und Wolff (1999, 54) nennen fünf Merkmale von Neuen Medien gegenüber den
herkömmlichen Medien:

   •   Die Inhalte können in weltweiten Netzwerken abgerufen und übertragen werden.
   •   Die Inhalte sind in einem einzigen digitalisierten Code gespeichert.
   •   Es gibt keine zeitliche oder räumliche Beschränkung beim Einsatz neuer
       Technologien.
   •   Die neuen Technologien sind interaktiv – der Benutzer bzw. die Benutzerin kann
       mit ihnen einen Dialog führen.
   •   Der Zugang und die Aufbereitung von Wissen unterliegen bei der Nutzung neuer
       Technologien keiner durch das Medium vorgegebenen Linearität.

Somit werden unter dem Begriff Neue Medien „alle Formen der Wissensaufarbeitung
oder der Informationsvermittlung verstanden, die in digitalisierter Form über Computer
oder Internet erreichbar sind“ (Aufenanger 1999, 4).

Eine ähnliche Sichtweise hat Hüther (2005, 345–351), der eine Annäherung an die
Definition von Neuen Medien mit den sechs Begrifflichkeiten Digitalität, Vernetzung,
Globalität, Konvergenz und Interaktivität ermöglichen möchte. Dabei beschreibt die
Digitalisierung die Anwendungsbereiche aus technologischer Sicht. Durch das Internet
kann ein Computer an ein global arbeitendes Netzwerk angeschlossen werden, es ist aber
genauso möglich einzelne Medien zu einem eigenen System zusammenzuschließen.
Verschiedenste Signale aus unterschiedlichen Medien werden durch Digitalisierung in
ein einheitliches System umgewandelt. Diese Umwandlung erlaubt „die Verbundnutzung
verschiedener Präsentationsmodi […] über ein- und dieselbe Medienkonfiguration“
(Hüther 2005, 347). Der schnelle und globale Zugriff auf eine „zeit- und
raumunabhängige, dialoghafte Medienkommunikation“ (Hüther 2005, 347) wird dann
durch eine weltweite Verbindung wie das Internet ermöglicht. Der Strukturwandel in der
Medienlandschaft wird weiters durch die Konvergenz beschrieben. Hüther nennt in
diesem Zusammenhang die Entstehung neuer Angebote aus einer Kombination alter
Angebote: den passenden Soundtrack zu einem Kinofilm online kaufen, ein
weiterführender YouTube-Kanal zu Fernsehsendungen oder Sportergebnisse per App auf
das Smartphone bekommen. Der Reiz für die Nutzerinnen und Nutzer soll hierbei
insbesondere in der individuellen Kombination und Nutzung der Angebote liegen. Somit
ergibt sich für die Nutzenden nicht nur der Vorteil, den Umgang mit Neuen Medien zu
lernen, sondern ebenfalls eine Förderung der individuellen Kreativität anzuregen. Die

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Interaktivität in dieser Annäherung steht laut Hüther für den aktiven Mediengebrauch,
der       aus   rezipierenden   Personen      interagierende   Kommunikationspartner       bzw.
Kommunikationspartnerinnen machen soll. Er sieht den Begriff aber nicht ganz
unproblematisch, da „[…] er allzu oft im Sinne sozialer Handlungs- und
Interaktionstheorien gebraucht wird und damit dem Mensch-Maschine-Verhältnis
Qualitäten        zugeschrieben       werden,     die    zumindest      aus    geistes-     und
sozialwissenschaftlicher Sicht nicht einlösbar sind“ (Hüther 2005, 349). Hüther (2005,
351) stellt fest, dass sich Ergebnisse nicht auf vorgegebene Lösungen beschränken und
sich erst im Laufe eines Handlungsprozesses der unterschiedlichen beteiligten
Nutzerinnen und Nutzer einstellen.

Neben der Annäherung an den Begriff Neue Medien hat sich Hüther (2005, 351) auch
damit auseinandergesetzt das Neue an den Neuen Medien aus medienpädagogischer Sicht
zu definieren. Dabei führt er die folgenden sechs Punkte auf:

      •    Neu sind die Verlagerung bzw. Substituierung von zwischenmenschlicher durch
           mediale Kommunikation in wichtigen Tätigkeitsbereichen wie der Schule, der
           Arbeit oder der Freizeit und daraus resultiert die Verdrängung aktiver
           Freizeitbeschäftigungen.
      •    Neu ist der Konsum von Unterhaltung und Freizeitvergnügen in medialer
           Aufbereitung bzw. als Programmabruf.
      •    Neu sind die Vereinfachungsmöglichkeiten von Arbeitsabläufen, in welchen
           technische Neuerungen den Menschen ersetzen können.
      •    Neu sind die Veränderungen in der Bildung, indem Neue Medien die
           Wissensvermittlung, Nachhilfe, Speicherung und Verarbeitung von Wissen in
           Form von Lernprogrammen bzw. über Datenbanken anbieten und somit
           kommerzialisieren.
      •    Neu ist der Einfluss Neuer Medien auf die Wirklichkeitskonstruktion, wodurch
           immaterielle und virtuelle Welten die Grenzen zu den eigenen Realitätsqualitäten
           verschwimmen lassen.
      •    Neu sind die Möglichkeiten der kreativen Gestaltung eigener Ansichten sowie die
           technische   Umsetzung       und     Verbreitung    in   einer   unendlich     großen
           Internetcommunity.

Bergmann (2009, 9) ist allerdings der Meinung, dass der Begriff Neue Medien und die
Unterscheidung zwischen alten und neuen Medien längst überholt sei, „da eine 20 Jahre

                                                    10
alte Technik wie das Internet nicht mehr als neu bezeichnet werden kann“ (Bergmann
2009, 9) und stattdessen der Begriff digitale Medien verwendet werden sollte.

Diese Masterarbeit orientiert sich für die Definition von Neuen Medien am nationalen
Bildungsbericht 2018, wobei die Termini digitale Medien, computerbasierte Medien und
Neue Medien aktuell für die gleiche Gruppe an Geräten steht, da zurzeit „keine analogen
Medien unter dem Begriff subsumiert werden“ (Brandhofer, et al. 2019, 311). Die
Autorinnen und Autoren weisen aber auf eine notwendige Auflösung der
Begriffsüberdeckung in den kommenden Jahren hin, denn „es kann nicht mehr allen
digitalen Medien das Attribut der Neuartigkeit anhaften“ (Brandhofer, et al. 2019, 310).

   2.3 Medienkompetenz bzw. digitale Kompetenz
Die Nutzung der Neuen Medien ist für viele Personen selbstverständlich. Junge
Menschen sollen deshalb bereits in der Schule digitale Kompetenzen erwerben, da es
einen Unterschied zwischen der reinen Nutzung und dem kompetenten Umgang mit
Neuen Medien gibt (Fischer 2017, 17). In diesem Abschnitt wird daher näher auf den
Begriff Medienkompetenz bzw. digitale Kompetenz eingengangen.

Der von Weinert (2001, 27–28) entwickelte Kompetenzbegriff wird auch als Definition
für die vorliegende Arbeit herangezogen, dem zufolge sind Kompetenzen:

        „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven
        Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie
        die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen
        Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen
        Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“
        (Weinert 2001, 27–28, eigene Hervorherbung).

Kompetenzen sollen damit die Basis für Lernende schaffen, spezifische Fertigkeiten und
Fähigkeiten zu erwerben und anzuwenden und stellen ein stabiles Werkzeug zur
Bewältigung wechselnder Herausforderungen dar (bifie 2020).

Im Problemaufriss wird aufgezeigt, dass der Begriff digitale Kompetenz oft synonym für
Medienkompetenz verwendet wird. Tatsächlich ist eine Definition von Medienkompetenz
nicht so einfach, weil viele unterschiedliche Faktoren miteinbezogen werden müssen.
Dabei gilt es eine Verknüpfung zwischen den inhaltlichen Beschreibungen von Medien,
Computer,     Informations-     und     Kommunikationstechnologien         (IKT)     mit

                                              11
Bildungskonzepten, Kompetenz und Literarität (Literacy) herzustellen (Baumgartner,
Brandhofer, et al. 2015, 95). Ilomäki, Kantosalo und Lakkala (2011, 1–12) haben deshalb
den Begriff digitale Kompetenz (Digital Competence) in den Mittelpunkt gestellt. Mit
dieser allgemeineren Bezeichnung können die in ihren Inhalten zu eng gefassten
Wortkombinationen mit Internet, Computer etc. vermieden werden. Auch von der EU
(vgl. beispielsweise Punie und Cabrera 2006, 10 oder The Council of the European Union
2018) wird dieser Begriff bevorzugt und macht deutlich, dass es zu einem inhaltlichen
Wandel von Medienkompetenz gekommen ist und heutzutage vielmehr mit digitaler
Kompetenz gleichzusetzen ist. Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass digitale
Kompetenz in unserer Wissensgesellschaft mittlerweile eine Grundfertigkeit wie
Schreiben, Lesen oder Rechnen darstellt.

Eine sehr umfassende Definition digitaler Kompetenz stammt von Ferrari (2012, 3):
        „Digital Competence is the set of knowledge, skills, attitudes (thus
        including abilities, strategies, values and awareness) that are required
        when using ICT and digital media to perform tasks; solve problems;
        communicate; manage information; collaborate; create and share
        content; and build knowledge effectively, efficiently, appropriately,
        critically, creatively, autonomously, flexibly, ethically, reflectively for
        work, leisure, participation, learning, socialising, consuming, and
        empowerment” (Ferrari 2012, 3).

Mit dieser Definition inkludiert Ferrari (2012) nicht nur Kenntnisse (Knowledge) und
Fertigkeiten bei der Anwendung für Problemlösungen (Skills), der Kommunikation und
des Informationsmanagements, sondern auch eine gesellschaftskritische Haltung
(Attitudes = Medienkritik) (Baumgartner, Brandhofer, et al. 2015, 96).

Die jeweiligen vertiefenden Kompetenzbereiche der digitalen Kompetenz werden im
Kapitel drei im Kontext des österreichischen digitalen Kompetenzmodells für Lernende
weiter erörtert. In Kapitel vier werden die notwendigen digitalen Kompetenzen von
Lehrenden ausgearbeitet.

   2.4 Traditioneller Präsenzunterricht

Bei der Durchführung des traditionellen Präsenzunterrichts gibt es unterschiedliche
Sozialformen, welche die soziale Beziehung zwischen den Lernenden aber auch zwischen
der Lehrperson und den Lernenden beschreiben. Grob können diese Sozialformen in
                                               12
Frontalunterricht, Gruppenunterricht, Einzelarbeit und Paararbeit unterteilt werden,
wobei in einer Unterrichtseinheit auch unterschiedliche Kombinationen dieser Elemente
möglich sind (M. Lehner 2019, 146–147).

Gudjons (2006, 11) weist darauf hin, dass die Forschung in der Didaktik in den letzten
Jahren      vermehrt     die   offenen,    schülerorientierten   bzw.    ganzheitlichen
Unterrichtsmethoden wie die Freiarbeit, den offenen Unterricht, das Stationenlernen oder
Wochenpläne untersucht und propagiert hat, die Realität an Schule allerdings anders
aussieht:

                        Abbildung 2: Verbreitung von Sozialformen
                    Quelle: eigene Darstellung nach Gudjons (2006, 11)

Die meist genutzte Methode im Präsenzunterricht ist der Frontalunterricht mit nahezu
77%, gefolgt von der Einzelarbeit (knapp 10%). Jene Methoden, bei denen die Lehrerin
oder der Lehrer leitend im Hintergrund agiert (Klassenkooperationen oder
Gruppenunterricht) liegen weit abgeschlagen dahinter. Aus diesem Grund wird in diesem
Abschnitt stellvertretend für den traditionellen Präsenzunterricht der Frontalunterricht
näher betrachtet.

In den letzten Jahren ist die Kritik am Frontalunterricht immer größer geworden und gilt
oft als „altertümliche und weitgehend überholte Form von Unterricht“ (Wiechmann 2000,
20). Dennoch zeigt die Abbildung 2, dass er die am häufigsten angewendete
Unterrichtsform ist. Gudjons (2007b, 91) fasst die Meinungen jener Personen, die dem

                                              13
Frontalunterricht kritisch gegenüberstehen und eine neue Unterrichtskultur diskutieren,
so zusammen, dass Frontalunterricht undemokratisch sei, sich an Durchschnittslernenden
orientiert, die es in der Realität gar nicht gebe, die Lernenden von selbstständigem Lernen
abgehalten werden, eine passive Lernhaltung gefördert wird und den Lehrenden zur
Befriedigung ihrer Kontroll- und Überwachungsbedürfnisse diene. Der Begriff
Frontalunterricht sei damit ein Kampfbegriff geworden (Gudjons 2006, 12).

Nach Aschersleben (1986, 53) handelt es sich bei Frontalunterricht aber um eine formale
Definition und meint nicht mehr als eine Sozialform des Unterrichts, die neben der
Einzelarbeit, der Paararbeit oder dem Gruppenunterricht besteht. Die Besonderheit dabei
ist, dass der inhaltliche Ablauf und die Interaktionen während dem Unterricht von einer
Person frontal bestimmt werden. Auch bei Meyer (2009, 136) wird der Frontalunterricht
als reine Sozialform gesehen, die sich mit unterschiedlichen Handlungsmustern – vom
Lehrenden-Vortrag bis zum Planspiel – realisieren lässt und für das jeweilige
Handlungsmuster ganz bestimmte Schritte im Unterricht erforderlich macht. Damit soll
verdeutlicht werden, dass eine synonyme Verwendung von Frontalunterricht für einen
darbietenden Unterricht falsch ist, weil die Vielfältigkeit der mit dem Frontalunterricht
verbundenen Handlungsmuster dagegenspricht. Mit dieser Sozialform ist es für
Lehrpersonen möglich z.B. einen Lehrvortrag zu halten, Rollenspiele zu leiten oder mit
der Klasse gemeinsam ein Problem zu lösen – und das frontal. Über die inhaltliche
Qualität des Unterrichts ist damit aber noch wenig gesagt. Frontalunterricht kann
allerdings für alle beteiligten Personen höchst befriedigend sein (Gudjons 2006, 13).
Nämlich dann, wenn es Lehrpersonen schaffen, die Schülerinnen und Schüler „trotz
Zeitdruck, Stofffülle, Zensierungselend und vielem anderen […] mit Geschick und
Phantasie dazu zu bringen, komplizierte Sachverhalte zu kapieren, […] ihnen eine
Geschichte zu erzählen, die ´ankommt´, […] wenn eine Unterrichtsstunde rund und
stimmig, interessant und auf hohem Niveau verlaufen ist“ (Meyer 1990, 35).

Trotz aller Kritik hat diese Methode, wie jede andere auch, seine individuellen Vor- und
Nachteile. Als Vorteile von Frontalunterricht sieht Gudjons (2007, 48) unter anderem:

   •   Die genauere Planbarkeit des Unterrichts. Dadurch kann sich eine Lehrperson die
       Ziele besser setzen, die etwa in einer Unterrichtswoche erreicht werden sollen.
       Gleichzeitig   gibt   die   Planbarkeit        den   Lehrenden   Sicherheit   in   der
       Unterrichtsdurchführung, da Alternativen für den Unterrichtsverlauf bereits
       vorher überlegt werden können.

                                                 14
•   Die Vermittlung von Sachverhalten benötigt weniger Zeit und ist effektiver als
       andere Unterrichtsformen.
   •   Aufgrund der Mimik, Gestik und Emotionen von Lehrpersonen entsteht ein
       lebendiger Kontakt zwischen den Lehrenden und Lernenden, oftmals kann
       dadurch die Begeisterung für ein Thema von einer engagierten Lehrperson auf die
       Lernenden übertragen werden.
   •   Die Lernbereitschaft und die Lernbeteiligung können von der Lehrperson besser
       überblickt werden.
   •   Aufgrund eines geringeren Lärmpegels im Gegensatz zu lernendenzentriertem
       Unterricht sinkt die psychische und physische Belastung der Lehrenden aber auch
       die der Lernenden. Dies führt zu einer Steigerung der Aufnahmefähigkeit der
       Schülerinnen und Schüler.
   •   Für Schülerinnen und Schüler können Gruppenarbeiten aufgrund der hohen
       Eigenverantwortung, möglichen Konflikten innerhalb der Gruppe, oder Zeitdruck
       bis zur Fertigstellung einer Arbeit sehr anstrengend sein. Frontalunterricht wird
       nach einer solchen Phase häufig als Entlastung gesehen, da jemand anders die
       Führung übernimmt.

Die aufgeführten Punkte sprechen für den Frontalunterricht, weshalb eine gänzliche
Streichung dieser Sozialform nicht zielführend wäre, allerdings ist es ebenso nachteilig,
wenn sich Lehrpersonen ausschließlich auf den Frontalunterricht berufen (Gudjons 2007,
37). Als Kritikpunkte am Frontalunterricht nennt Schmitz (2001, 160–161):

   •   Aufgrund der Lenkung und Koordination der Lernprozesse durch eine Lehrperson
       können Lernende ihre Kommunikations-, Urteils- und Problemlösungsfähigkeiten
       nicht trainieren und ihre Kritikfähigkeit, Eigeninitiative und Kreativität nicht
       verbessern.
   •   Die Lernenden nehmen eine passive Rolle im Unterricht ein und können nur einen
       geringen Beitrag zum Unterricht leisten, da die dominante und zentrale Rolle von
       der Lehrperson eingenommen wird.
   •   Die Lernmotivation ist sehr gering, da Lernende, durch die kaum gegebene
       Möglichkeit eigene Beiträge zu leisten, demotiviert sind und der gesamte
       Lernprozess stark gelenkt wird.

                                              15
•   Das soziale und kooperative Lernen ist aufgrund der Isolation der Lernenden
       innerhalb des Klassenzimmers kaum gegeben. Damit wird die Weiterentwicklung
       der sozialen Kompetenz ausgeklammert.
   •   Es wird von einer leistungshomogenen Lerngruppe ausgegangen, da durch die
       zentrale Koordination sämtliche Lernprozesse synchron und gleichartig ablaufen
       müssen. Daraus resultieren sowohl für stärkere aber auch für schwächere
       Lernende Nachteile aufgrund der unzureichenden individuellen Unterstützung.

Zusammenfassend wird der Frontalunterricht dann als geeignete Unterrichtsform
gesehen, wenn die Lerninhalte komplex oder abstrakt sind, die Lernenden über ein zu
geringes Vorwissen verfügen oder nicht die notwendige Selbstdisziplin aufbringen
können, um selbstgesteuertes Lernen anzuwenden. Demnach sollte der Frontalunterricht
trotz der Kritik nicht kategorisch abgelehnt werden, da er in bestimmten
Unterrichtssituationen durchaus seine Einsatzberechtigung und Vorzüge besitzt (Schmitz
2001, 161). Frontalunterricht ist weiters dann sinnvoll, wenn er in unterschiedliche
Unterrichtsformen integriert wird und damit die Selbstverantwortung, Selbststeuerung
und Kooperation zwischen den Lernenden gefördert wird (Gudjons 2007b, 92). Es kommt
„auf eine dynamische Balance zwischen Frontalunterricht, individuellem Lernen und
Arbeit mit Partnern oder in Gruppen an“ (Gudjons 2007, 37). Auch in Zukunft ist diese
Sozialform sinnvoll, allerdings sollte er „einfach modern und professionell gestaltet“
(Gudjons 2007b, 92) werden.

   2.5 Blended Learning

Die geltende Schulpflicht in Österreich bedeutet im Normalfall den Einsatz von
Präsenzunterricht in Schulen. Deswegen ist es auch nicht naheliegend, dass sich Lehrende
und Lernende neben der täglichen Kommunikation in der Schule zusätzlich über das
Internet austauschen müssen. Der Einsatz reiner E-Learning-Konzepte ist aufgrund der
Schulpflicht rechtlich auch nur in höheren Klassen möglich, in denen die Lernenden
bereits die Schulpflicht absolviert haben, weswegen die Präsenzeinheiten nur selten
zugunsten von Online-Lernphasen ausfallen (Petko 2010, 12). Zusätzlich hat sich gezeigt,
dass eine Fokussierung auf das technisch Mögliche im Bereich E-Learning nicht
zwingend zu einem erfolgreichen Lernen führt, da sich zum Teil schwerwiegende
Probleme in der Benutzerfreundlichkeit zeigten (Maier 2005, 408). Das Ziel von E-
Learning    ist   die   Vermittlung    von   Wissen     oder    die   Simulation    von

                                             16
Anwendungssituationen,      allerdings   ist   dies   meistens   mit   einer   persönlichen
Rückmeldung der Lehrperson verbunden. Diese Gründe führen dazu, dass der gänzliche
Ersatz von Präsenzunterricht durch E-Learning einerseits juristisch nicht möglich und
andererseits pädagogisch nicht sinnvoll wäre (Dittler 2002, 18).

Der anfangs als Alternative zum Präsenzunterricht propagierte Onlineunterricht stellte
sich rasch als komplementär zur Präsenzlehre heraus und nicht als konkurrierend. Damit
gab es einen hybriden Ansatz, der in die Organisation von Lernen und Lehren integriert
wurde (Handke und Schäfer 2012, 40). Mit dem Konzept des Blended Learning, auch
integriertes bzw. hybrides Lernen genannt, kann ebenfalls die oben beschriebene
juristische bzw. pädagogische Problematik umgangen werden (Kuhlmann und Sauter
2008, 190).

Das Hauptziel von Blended Learning besteht darin, dass durch die Kombination aus den
Stärken von Präsenzunterricht und jenen von Onlineunterricht Synergieeffekte beim
Lernen erzielt werden können, während die Schwächen beider Konzepte weitestmöglich
außen vor bleiben (Handke und Schäfer 2012, 41). Blended Learning verknüpft damit die
digitale Lehre mit Präsenzunterricht (Graham 2013, 333). Es fallen unter Blended
Learning sämtliche Kombinationen, die zwischen einem hundertprozentigen E-Learning
(bzw. Distance Learning) und einem hundertprozentigen Präsenzlehranteil liegen (Asarta
und Schmidt 2017, 29).

Für Rovai und Jordan (2004, 13) ist Blended Learning eine Mischung aus traditionellem
Lernen von Angesicht zu Angesicht und Online-Lernen, sodass der Unterricht sowohl im
Klassenzimmer als auch online stattfindet und die Online-Komponente eine natürliche
Erweiterung des traditionellen Lernens im Klassenzimmer darstellt. Blended Learning ist
somit ein flexibler Ansatz für die Unterrichtsgestaltung, der die Mischung verschiedener
Zeiten und Orte für das Lernen unterstützt und einige der Annehmlichkeiten von Online-
Kursen bietet, ohne dass der persönliche Kontakt zwischen den Lehrenden und den
Lernenden vollständig verloren geht. Das Ergebnis ist eine robustere Bildungserfahrung,
als sie traditionelles oder vollständig online verfügbares Lernen bieten könnte.

Blended Learning ist aber nicht nur hinsichtlich der Zeit oder des Ortes flexibel, sondern
stellt ein generell flexibles Unterrichtskonzept dar, das sich je nach Zielsetzung in seiner
Form und Ausprägung unterschiedlich gestalten lässt (Moskal, Dziuban und Hartman
2013, 16).

                                                17
Aus diesem Mix sollen die Wahlmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler so hoch wie
möglich werden, damit die individuellen Lernbedürfnisse und Lernstile bestmöglich
gefördert werden können (Handke und Schäfer 2012, 41). Die Wahlmöglichkeiten der
Lernenden nehmen dabei Bezug auf die Lerninhalte, Lernwege aber auch Lernmethoden,
womit den Lernenden die Möglichkeit gegeben werden soll, selbst die Initiative ergreifen
zu können (Höbarth 2013, 29). Der Kompetenzaufbau bei Blended Learning als
integriertes Lernarrangement erfolgt mittels Web Based Training (Kuhlmann und Sauter
2008, 101).

Dass dieses Konzept für Präsenzschulen sehr interessant ist, zeigt sich daran, dass das
Lernen in einem Wechsel von selbstständigen Online-Aktivitäten und dem Besuch des
normalen, klassischen Unterrichts geschieht. Die Bearbeitung der selbstständigen Online-
Aktivitäten kann entweder während der Präsenzzeit in der Schule oder in Form von
Hausübungen durchgeführt werden. Aufgrund der Flexibilität des Konzeptes kann die
Sozialform zur Bearbeitung von Aufgaben flexibel gewählt werden – dementsprechend
ist unter Nutzung von medialen Kommunikationskanälen eine räumlich getrennte
Gruppenarbeit möglich (Petko 2010, 13).

Petko (2010, 13) hat weiters drei Phasen identifiziert, in denen Blended Learning
eingesetzt werden kann:

   •   Zur Unterstützung didaktischer Arrangements im Unterricht:
           o Selbstständige Erarbeitung von Inhalten mit multimedialem Lernmaterial
           o Selbstständige Bearbeitung von strukturierten Wochenplänen oder
              Arbeitsaufträgen in Einzel- oder Gruppenarbeit
           o Präsentation von Ergebnissen
           o Eigenständige Lernkontrollen mit elektronischen Tests

   •   Zur Intensivierung der Unterrichtsvor- und -nachbereitung:
           o Durchgängige Dokumentation der Unterrichtsmaterialen und Aufgaben
           o Verwaltung von Hausübungen
           o Terminkoordinationen
           o Coaching der Lernenden bei Hausübungen bzw. Prüfungsvorbereitungen

   •   Zur Kooperation und Kollaboration über die Schule hinaus:
           o Kooperation zwischen Lernenden: gemeinsame Lösung von Hausübungen
           o Klassenübergreifende Kooperationen

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o Kooperationen zwischen Lehrpersonen
           o Kooperationen mit Eltern, um transparentes Feedback geben zu können

Die wesentliche Voraussetzung, dass Blended Learning von Erfolg gekrönt ist, stellt die
Unterstützung der Schülerinnen und Schüler bei ihren individuellen und selbstgesteuerten
Lernprozessen dar, weshalb das Konzept ein hohes Engagement von Seiten der
Lehrenden verlangt (Kuhlmann und Sauter 2008, 101).

Der Ablauf von Blended Learning in der Schule sieht meistens zu Beginn eine
Präsenzeinheit vor, in welcher sich die Lernenden mit dem Konzept vertraut machen –
und sich gegebenenfalls einen Partner oder eine Partnerin für die weitere Bearbeitung der
Aufgabenstellung suchen sollen. Außerdem sollen die Lernenden in dieser Einheit ihre
Kompetenzen identifizieren und ihre eigene Lernstrategie reflektieren. In einem zweiten
Schritt folgt die individuelle, selbstgesteuerte Lernphase mittels Web Based Training,
deren Gegenstand etwa die Lösung einer problemorientierten Aufgabenstellung ist. Um
auf offene Fragen reagieren zu können und den Lernenden Raum zur Reflexion bieten zu
können, werden parallel dazu von den Lehrenden meist Präsenzphasen eingeplant. Nach
Abschluss der Online-Phase folgt eine weitere Präsenzeinheit, in welcher die Ergebnisse
präsentiert und eventuell verbliebene offene Fragen geklärt werden. Im Rahmen dieser
Einheit werden häufig weiterführende Inhalte behandelt, deren Vermittlung für die
Online-Phase zu komplex ist. Am Ende eines Blended-Learning-Zyklus sollen die
Lernenden dazu angeregt werden ihre Lernphasen zu reflektieren (Kuhlmann und Sauter
2008, 102–104).

   2.6 Flipped Classroom
Wie der Name bereits sagt, wird beim Flipped-Classroom-Konzept die übliche Art des
Unterrichtens auf den Kopf gestellt bzw. umgedreht (Skorianz 2014, o.S.). Das Modell
setzt sich aus einer Präsenzphase in der Schule und einer Distance Learning Phase
außerhalb des Unterrichts zusammen (Bishop und Verleger 2013, 5). Dabei wird die
Onlinephase, welche in diesem Kontext auch individuelle Vorbereitungsphase oder
Selbstlernphase genannt wird, an den Beginn einer Flipped Classroom Einheit gesetzt,
um anschließend, mit einer zeitlichen Versetzung, in einer Präsenzphase fortgeführt zu
werden. Entgegen des klassischen Frontalunterrichts findet die Wissensvermittlung in der
individuellen Vorbereitungsphase und das Üben bzw. Vertiefen des Lernstoffes in der
gemeinsamen Präsenzphase in der Schule statt. Damit erschließen sich die Schülerinnen

                                              19
und Schüler die Lerninhalte selbstständig außerhalb der Schule, sodass die Präsenzeinheit
zum Üben und Anwenden der Inhalte genutzt werden kann (Handke und Schäfer 2012,
94–95).

Die nachfolgende Darstellung stellt das Flipped-Classroom-Konzept jenem des
Frontalunterrichts graphisch gegenüber:

  Abbildung 3: Phasenwechsel zwischen den beiden Konzepten (eigene Darstellung)

Durch die Veränderung der inhaltlichen Bedeutung in den einzelnen Phasen ändert sich
dementsprechend in gleichem Maße die Rolle der Lehrenden. Für die Inhaltsvermittlung
im Rahmen der Selbstlernphase werden im Flipped-Classroom-Konzept von Seiten der
Lehrenden eigens produzierte Lernvideos oder andere digitale Dateien zur Verfügung
gestellt. Der so digital aufbereitete Lernstoff bietet den Schülerinnen und Schülern die
Möglichkeit, in ihrem individuellen Tempo zu Hause oder an einem beliebig anderen Ort
zu lernen (Handke und Schäfer 2012, 94).

Aufgrund dieser Individualisierung bekommen die Lernenden nach Meinung von
Bergmann und Sams (2012, 14) jene benötigte Zeit, die sie brauchen, um die neuen
Lerninhalte zu verstehen und zu verarbeiten. Simultan sind die Lernenden dazu
aufgerufen, dass sie etwaige Fragen und unklare Inhalte in schriftlicher Form festhalten,
um darauf in der Präsenzphase näher eingehen zu können (Ozdamli und Asiksoy 2016,
99). Edwards Prodoehl (2015, 3) sieht durch dieses Vorgehen die vollständige
Übertragung des Erlernens von Inhalten auf die Lernenden.

                                              20
Im Klassenzimmer tritt anstelle der Vermittlung von Inhalten die individuelle Betreuung
der Lernenden. Somit übernehmen Lehrende die Rolle von Coaches, die für die
Lernenden einen stärker (leistungs-) differenzierten Unterricht anbieten können
(Bergmann und Sams 2012, 14). Wie oben erwähnt, werden die in der Onlinephase
aufgetauchten Fragen oder unklare Inhalte mit Hilfe der, nach wie vor digital
zugänglichen, Lerninhalte aufgegriffen und besprochen. Außerdem wird der Lernstoff
weiter vertieft, geübt und angewendet (Ozdamli und Asiksoy 2016, 99).

Als Definition für das Flipped-Classroom-Konzept wäre der reine Wechsel der Präsenz-
bzw. Selbstlernphase mit den damit verbundenen Aktivitäten auf Seiten der Lehrenden
und Lernenden aber nicht ausreichend. Bishop und Verleger (2013, 5) erweitern den
Begriff deshalb und definieren das Konzept als:

        „ […] an educational technique that consists of two parts: interactive
        group learning activities inside the classroom, and direct computer-
        based individual instruction outside the classroom“ (Bishop und
        Verleger 2013, 5)

Nach ihrer Auffassung gehören zu den interaktiven Lerngruppenaktivitäten innerhalb
einer Klasse:
   •   Fragen und Antworten
   •   Gruppenbasiertes / Open-End-Problemlösen

Und    zur   individuellen    digitalen   Wissensvermittlung,   welche   außerhalb   des
Klassenzimmers stattfindet:
   •   Video-Lehrvorträge
   •   Überprüfungen mit geschlossenen Fragestellungen & Übungsanlässe

Tucker (2012, 82) ist derselben Meinung hinsichtlich der Erweiterung in der Onlinephase,
da das reine Ansehen von Videos nicht zielführend ist, sondern erst die optimale
Integration der Videos in das Gesamtkonzept zu einem Erfolg führt. Um dies zu erreichen,
sollten Lehrende auf eine gute und ausgewogene Mischung der angebotenen bzw. zur
Verfügung gestellten digitalen Möglichkeiten achten (Lage, Platt und Treglia 2000, 32).

Als Vorteil ist zu sehen, dass die Anwendung des Konzeptes die Produktivität der
Lehrkräfte innerhalb des Klassenzimmers steigert und die Motivation der Lernenden
verbessert wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Flipped Classroom-Konzept das
selbstorganisierte und individuelle Lernen ermöglicht (Stansbury 2010, o.S.). Ein
                                               21
weiterer Vorteil ist, dass die Lernenden vor dem Abhalten der Präsenzeinheit auf einen
ähnlichen Wissensstand gebracht werden können, wenn diese die Online-Phase
gewissenhaft durchführen. Sollte es jedoch der Fall sein, dass sich Lernende nicht
ausreichend vorbereiten, ist die vertiefende Übung der Lerninhalte nicht möglich und es
kann kein Nutzen aus der Präsenzeinheit gezogen werden. Darin liegt auch die
Schwierigkeit in der Umsetzung des Konzeptes: Nicht alle Schülerinnen und Schüler
können mit der ihnen gewährten Autonomie in Bezug auf ihr eigenes Lerntempo, den Ort
oder die Zeit umgehen, wodurch die volle Ausschöpfung der Möglichkeiten des Flipped-
Classroom-Konzepts nicht erreicht werden kann (Handke und Schäfer 2012, 97–98).

                                             22
3. E-Learning und Laptops im Unterricht
In diesem Abschnitt wird der Einsatz von E-Learning und von Laptops im Unterricht
näher betrachtet. In einem ersten Schritt wird die Etablierung von E-Learning an
österreichischen Schulen untersucht und die Ergebnisse der IKT-Erhebung vorgestellt.
Der Fokus liegt in weiterer Folge auf der Veränderung des Unterrichts durch
Laptopklassen mit der dazugehörigen Veränderung von Unterricht auf Basis
konstruktivistischer Modelle. Im Unterpunkt 3.3 werden die Vorteile bzw. der Nutzen
durch die Nutzung von Laptops im Unterricht für die Interessensgruppen der Lehrenden,
der Lernenden und der Schule aufgezeigt.

   3.1 Einsatz von Laptops und E-Learning im Unterricht
Die allgemeine Annahme, dass Lernende aufgrund ihres Aufwachsens in einer digitalen
Umwelt die notwendigen Kompetenzen auf Anwendungs- und Produktebene bereits
automatisch in die Schule mitbringen, konnte bisher noch nicht bestätigt werden (Bos, et
al. 2014, 28). Deshalb sieht es die Schule auch als ihre Aufgabe, den Lernenden
Fertigkeiten und Kenntnisse auf Anwendungsebene mit direktem Bezug zur Soft- und
Hardware zu vermitteln (Lehner 2017, 26). Diese Herangehensweise der schulischen
Bildung unterliegt dem Motto „learn to use it“ (Eickelmann 2018, 15). Das Thema der
Digitalisierung und Computernutzung in der Schule war bereits bei der PISA-Erhebung
(Programme for International Student Assessment) im Jahr 2000 einer der Schwerpunkte
in der österreichischen Zusatzerhebung (Wallner-Paschon und Haider 2002). Es wurde
festgestellt, dass für Jugendliche der Computer in der Freizeitgestaltung immer wichtiger
wird und moderne Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im privaten
und beruflichen Alltag eine dominierende Rolle spielen werden (Brandhofer, et al. 2019,
314).

Im Zuge der IKT-Infrastrukturerhebung des Bundesministeriums für Bildung im Jahr
2016 wurde der Einsatz von E-Learning an österreichischen Schulen untersucht. Das
Ergebnis der Erhebung in Tabelle1 zeigt, dass die Umsetzung von E-Learning in den
Bundesschulen bereits gut etabliert ist. Auffallend ist insbesondere der hohe Anteil an
Laptopklassen in der BHS. Parycek, Maier-Rabler und Diendorfer (2010, 23) kommen
ebenfalls zu dem Ergebnis, dass in Österreich Laptopklassen eher in der Oberstufe
anzutreffen sind, obwohl in nahezu allen Schulen die infrastrukturellen Voraussetzungen
mit einem leistungsfähigen Internetzugang gegeben seien.

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