Dritter Nürnberger Familienbericht 2019 - Familie im Wandel - Stadt Nürnberg
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Impressum Herausgeberin Stadt Nürnberg Referat für Jugend, Familie und Soziales Bündnis für Familie Hans-Sachs-Platz 2 90403 Nürnberg Telefon 09 11 / 2 31-67 21, -73 60 E-Mail bff@stadt.nuernberg.de www.bff-nbg.de Verantwortlich Manuela Schmidt, Referat für Jugend, Familie und Soziales, Bündnis für Familie. Fotos Anestis Aslanidis: www.anestis-fotografie.de. Ergänzendes Bildmaterial: Doris Reinecke, Fotolia, Hartmut Knipp, Karin Behrens, Pixabay, Sebastian Autenrieth. Layout und Satz HKD-Grafik & Werbung Hartmut Knipp Paumgartnerstraße 15 90429 Nürnberg Druck Gutenberg Druck & Medien GmbH Schleifweg 1b 91080 Uttenreuth/Erlangen Auflage 700 Stück, März 2019 Copyright (c) 2019 Referat für Jugend, Familie und Soziales, Bündnis für Familie. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur mit Quellenangabe gestattet und mit der Bitte um ein Belegexemplar. Für gewerbliche Zwecke: Speicherung und Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.
Inhaltsverzeichnis Danksagung................................................................................................................................ 2 Vorwort ...................................................................................................................................... 3 1. Methodische Anmerkungen und Erläuterungen................................................................ 4 2. Familien in Nürnberg – Statistische Daten und Interviews................................................. 7 2.1 Zentrale Ergebnisse aus den Statistiken...................................................................... 7 2.2 Trends in der Bevölkerungsentwicklung..................................................................... 8 2.3 Formen des Familienlebens........................................................................................ 12 2.4 Familien mit Migrationshintergrund......................................................................... 23 2.5 Materielle Lage von Familien..................................................................................... 33 2.6 Wohnsituation von Familien...................................................................................... 44 2.7 Erwerbstätigkeit von Eltern....................................................................................... 46 2.8 Kindertagesbetreuung............................................................................................... 51 2.9 Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf........................................................ 52 2.10 Pflegebedürftigkeit im Alter...................................................................................... 53 Familien im Wandel – Fotoserie.............................................................................................. 54 3. Familien und ihre Lebenssituation in der kleinräumigen Betrachtung........................... 56 4. Fazit und Ausblick aus fachlicher Sicht.............................................................................. 64 5. Anregungen und Wünsche der interviewten Familien..................................................... 72 6. Glossar.................................................................................................................................. 74 7. Literatur............................................................................................................................... 74 Abbildungsverzeichnis............................................................................................................. 75 Tabellenverzeichnis.................................................................................................................. 77 1
Danksagung Ein herzliches Dankeschön geht an die Famili- den Interviews und an dem Fototermin beteiligt en, die sich nach dem Interview für den ersten haben, Gutscheine bzw. ermäßigte Eintrittskar- Nürnberger Familienbericht im Jahr 2015 bereit ten zur Verfügung gestellt haben. erklärt haben, vier Jahre später noch einmal von ihrem Familienleben zu berichten. Sie zeigen, Darüber hinaus danken wir dem Amt für Stadt- dass sich in vier Jahren nicht nur Zahlen, Daten forschung und Statistik für die standardisierte und Strukturen verändern können, sondern dass Bereitstellung einer Vielzahl an Daten sowie sich in dieser Zeitspanne auch so Manches inner- Sonderauswertungen für diesen Familienbericht. halb einer Familie tun kann. Herzlichen Dank auch an die Familien, die sich Hinweis 2015 bereit erklärt haben, im Jahr 2018 noch einmal für Fotos zur Verfügung zu stehen. So Die im Familienbericht verwendeten Familien- wird der Wandel in der Familie für den Leser fotos sind keine Fotos der interviewten Fami- und die Leserin auch anhand der Bilder erfahr- lien. Die Interviews werden zur Wahrung der bar. Anonymität ohne Foto der jeweiligen Familie veröffentlicht. Wenn in den Interviews zur Ein nicht minder herzliches Dankeschön geht besseren Lesbarkeit Namen verwendet wur- an die Museen der Stadt Nürnberg und den den, so handelt es sich um geänderte Namen. Tiergarten, die uns für die Familien, die sich an 2
Vorwort „Familie im Wandel“ Vier Jahre ist es her, begrenzt, so dass es bei den Planungen immer dass der erste Nürn- wieder zu einem schwierigen Abwägungs- und berger Familienbe- Gewichtungsprozess kommt. richt erschienen ist. In dieser Zeit hat Dass sich in vier Jahren selbst innerhalb einer sich Einiges getan. einzelnen Familie Einiges ändern kann, zeigen Das Elterngeld plus die sieben Interviews mit Familien, die bereits wurde eingeführt vor vier Jahren von ihrem Familienleben be- mit dem Ziel, Paaren richtet haben. Auch sechs Nürnberger Familien, die oft gewünsch- deren Fotos den Familienbericht schon vor vier te partnerschaft- Jahren bereichert haben, lassen uns an dem liche Aufteilung Wandel in ihrer Familie teilhaben, indem sie von Familien- und noch einmal für Fotos zur Verfügung standen. Reiner Prölß, Referent für Jugend, Familie und Soziales. Arbeitszeit zu Und es tut sich wirklich viel in vier Jahren: Ein erleichtern und so weiteres Kind kommt auf die Welt oder es wird den veränderten Rollenbildern von Mann und noch ein Pflegekind aufgenommen. Kinder Frau Rechnung zu tragen. Die Änderungen im kommen in den Kindergarten oder die Schule, Unterhaltsvorschussgesetz haben die finanzielle fangen eine Berufsausbildung oder ein Studium Situation vieler Alleinerziehender verbessert. an oder machen ihren Abschluss. Sie ziehen aus In Nürnberg haben wir den Ausbau der Kin- und beginnen auch räumlich ein eigenes Leben. dertagesbetreuung weiter vorangebracht und Umzüge in eine größere Wohnung finden statt unterstützen so Eltern bei der Vereinbarkeit und Eltern mit Zuwanderungsgeschichte bekom- von Beruf und Familie. Damit leisten wir auch men durch die Anerkennung ihrer Ausbildung einen Beitrag zur Armutsprävention, denn ein eine neue berufliche und damit auch finanzielle Erwerbseinkommen ist die beste Absicherung Perspektive. gegen Armut. Wo es nicht gelingt, Armut zu vermeiden, fördern wir die Familien auf umfas- Die Aufgabe der Stadt ist es, die Familien ge- sende Weise. Hierfür haben wir unser „Kom- meinsam mit vielen weiteren Akteuren in den munales Arbeitsprogramm gegen Kinder- und unterschiedlichen Lebensphasen zu begleiten Jugendarmut – Soziale Integration und Teilhabe und die Rahmenbedingungen für ein gutes ermöglichen“ im vergangenen Jahr noch einmal Aufwachsen aller Kinder zu gestalten. Dieser weiterentwickelt. Herausforderung wird sich die Stadt auch wei- terhin stellen. Sehr gefreut hat uns, dass die Zahl der Geburten in Nürnberg in den vergangenen vier Jahren weiter angestiegen ist. Dies stellt uns allerdings auch vor Herausforderungen. Familien brauchen Infrastruktur, bezahlbaren Wohnraum, Grünflä- chen und Arbeitsplätze. Die zur Verfügung ste- Reiner Prölß henden Flächen in unserer Stadt sind aber sehr Referent für Jugend, Familie und Soziales 3
1. Methodische Anmerkungen und Erläuterungen Der Familienbericht basiert in diesem Jahr wie- tativen Elementen ermöglicht es, die (Familien-) der auf einer Reihe von statistischen Daten zu Strukturen nicht nur auf der Basis von Zahlen, Familien in Nürnberg und aktualisiert damit den Grafiken und Tabellen zu beschreiben, sondern ersten Nürnberger Familienbericht aus dem Jahr sie anhand der Familienportraits mit Leben zu 2015. Daneben zeigen qualitative Interviews mit füllen. Die Familienportraits zeigen, dass die Familien, die schon 2015 von ihrem Familien- Lebenslagen von Familien und ihre Herausfor- leben berichtet haben, dass sich in vier Jahren derungen im Alltag noch um einiges vielfältiger auch innerhalb einer Familie vieles ändern kann. sind, als es die Statistiken auf den ersten Blick Diese Verbindung von quantitativen und quali- vermuten lassen. Statistische Daten Ein großer Teil der statistischen Daten in diesem Grundlage für die Auswertung nach Haushal- Bericht wurde vom Amt für Stadtforschung und ten ist ebenfalls das Einwohnermelderegister. Statistik für Nürnberg und Fürth zur Verfügung Mittels eines sogenannten Haushaltegenerie- gestellt. Im Folgenden wird im Detail beschrie- rungsverfahrens werden hieraus die Haushalte ben, aus welchen Quellen die Daten jeweils abgeleitet. In Nürnberg wird das im KOSIS- stammen. Verbund entwickelte und seit Jahren bewährte Programm HHGen eingesetzt. Das Haushalte- Die soziodemografischen Daten basieren auf generierungsverfahren HHGen greift auf die dem Einwohnermelderegister der Stadt Nürn- wohnberechtigte Bevölkerung als Ausgangs- berg. Für Auswertungen auf der Personenebene basis zurück, d.h. es werden auch die Personen wird auf die Bevölkerung in der Hauptwohnung einbezogen, die in Nürnberg ausschließlich zurückgegriffen, die für kommunale Planungen einen Nebenwohnsitz haben. Die Bevölkerung sowie rechtliche Fragen (u.a. Bezug von SGB- in Heimen wird bei diesem Verfahren nicht be- Leistungen) in der Regel maßgeblich ist. Per- rücksichtigt, da sie keinem Privathaushalt ange- sonen, die in Nürnberg keinen Haupt- sondern hören. In diesem Sinne werden auch Flüchtlinge, nur einen Nebenwohnsitz haben, werden nicht die in Gemeinschaftsunterkünften leben, bei der einbezogen. Die Bevölkerungsvorausberechnung Haushaltegenerierung nicht mit einbezogen. basiert auf den Daten des Einwohnermeldere- gisters zum 31.12.2016. Dabei wurden die zu Allerdings waren bei der Haushaltegenerierung diesem Zeitpunkt gemeldeten Geflüchteten aus zum 31.12.2015 noch nicht alle Gemeinschafts- dem Bevölkerungsbestand heraus gerechnet unterkünfte im Auswertungssystem erfasst, und bei der Bevölkerungsprognose nicht berück- so dass die Zahl der Haushalte für 2015 leicht sichtigt. Grund hierfür ist insbesondere, dass das überschätzt wird. zukünftige Geburten-, Sterbe- und Wanderungs- verhaltens dieser Gruppe nicht eingeschätzt wer- den kann. Diese Parameter sind jedoch maßgeb- lich für die Bevölkerungsprognose (für weitere Informationen siehe Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth 2017). 4
Der Migrationshintergrund wird anhand des Der Nachteil dieser Abgrenzung ist, dass Haus- Verfahrens MigraPro aus dem Melderegister halte, in denen Menschen mit Migrationshinter- abgeleitet. Auch dieses Verfahren wurde im KO- grund leben, aber das älteste Haushaltsmitglied SIS-Verbund entwickelt. Zu den Menschen mit keinen Migrationshintergrund hat, nicht als Migrationshintergrund zählen dabei Menschen Haushalte mit Migrationshintergrund erfasst mit ausländischer Staatsangehörigkeit und werden. Deutsche mit Migrationshintergrund. Dies sind insbesondere Eingebürgerte, Aussiedler sowie Grundsätzlich zeigt sich, dass die Datenauswer- Minderjährige mit mindestens einem Elternteil tungen nach Migrationshintergrund des Haus- mit Migrationshintergrund. halts unabhängig von der gewählten Abgren- zung zu ganz ähnlichen Ergebnissen führen. Während der Migrationshintergrund auf der Personenebene in der Regel eindeutig festge- Ein Teil der Daten stammt aus der Wohnungs- legt und differenziert werden kann, ist dies auf und Haushaltserhebung „Leben in Nürnberg“. der Haushaltsebene etwas schwieriger. Diese Erhebung ist eine Bevölkerungsumfrage, die das Amt für Stadtforschung und Statistik alle Eine Möglichkeit zur Definition von Haushal- zwei Jahre durchführt. 2015 fand die Umfrage ten mit Migrationshintergrund basiert auf der von Oktober bis Dezember statt. Von 20.000 Staatsangehörigkeit der volljährigen Haushalts- zufällig ausgewählten Einwohnerinnen und mitglieder und unterscheidet Haushalte mit aus- Einwohnern ab 18 Jahre mit Hauptwohnsitz in schließlich deutscher Staatsangehörigkeit, mit Nürnberg beantworteten 8.365 freiwillig den ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit achtseitigen Fragebogen zu ihren Lebens-, Ar- sowie Haushalte, in denen ein Teil der volljäh- beits- bzw. Wohnverhältnissen und verschiede- rigen Mitglieder eine deutsche und der ande- nen Schwerpunktthemen, den sie per Post zuge- re Teil eine ausländische Staatsangehörigkeit sandt bekamen. Alle Teilnehmenden erhielten hat. Diese Abgrenzung erfasst jedoch nicht die auf Wunsch ein „kleines Dankeschön“ in Form Haushalte, in denen die volljährigen Mitglieder eines Gutscheines für ein städtisches Hallen- die deutsche Staatsangehörigkeit und gleich- bzw. Freibad oder einen Gutschein der VAG. zeitig einen Migrationshintergrund haben. Dies sind insbesondere eingebürgerte Menschen und Die Daten zum Bezug von Leistungen nach dem Aussiedler. SGB II basieren überwiegend auf einem pseu- donymisierten Datensatz der Bundesagentur Die Definition, die im Familienbericht für den für Arbeit, der für diesen Bericht vom Amt für Migrationshintergrund von Haushalten verwen- Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und det wird, leitet sich vom Migrationshintergrund Fürth ausgewertet wurde. Weitere Daten wur- der Bezugsperson im Haushalt, d.h. der ältesten den aus Veröffentlichungen der Bundesagentur Person im Haushalt ab. Sie unterscheidet Haus- für Arbeit entnommen. halte, • in denen die Bezugsperson eine ausländische Familien im Sinne des Familienberichts sind alle Staatsangehörigkeit hat Haushalte, in denen mindestens ein Kind un- ter 18 Jahren lebt. Die Begriffe „Familie“ und • in denen die Bezugsperson eine deutsche „Familienhaushalt“ werden im Familienbericht Staatsangehörigkeit und einen Migrationshin- synonym verwendet. Um aufzuzeigen, in wel- tergrund hat chem Maße Familien auf existenzsichernde Sozi- • in denen die Bezugsperson eine deutsche alleistungen nach dem SGB II angewiesen sind, Staatsangehörigkeit und keinen Migrations- werden die Bedarfsgemeinschaften mit Kindern hintergrund hat. gemäß SGB II auf die Zahl der Familienhaushalte bezogen. Eine Sonderauswertung der pseudo- 5
nymisierten Einzeldaten der Bundesagentur für die Liste der sozialen Unwörter gesetzt. Be- Arbeit mit der Einschränkung auf Kinder unter gründung hierfür war, dass der Begriff nichts 18 Jahren liefert eine weitestgehend inhaltliche über mangelnde soziale Einbettung und Erzie- Konsistenz mit der Definition von „Familienhaus- hungsqualität aussagt, beides jedoch häufig mit halt“ entsprechend der Haushaltegenerierung „alleinerziehend“ assoziiert wird. durch das Amt für Statistik. Im Ergebnis stellen diese Hilfequoten für Bedarfsgemeinschaften ei- Eine alternative Bezeichnung dieser Familien- nes bestimmten Familientyps in Relation zu allen form wäre „Einelternfamilien“. Da der Begriff Familien oder Lebensformen desselben Famili- „alleinerziehend“ aber nach wie vor im allge- entyps eine sehr gute Näherung an die tatsächli- meinen Sprachgebrauch und in den Statistiken chen Verhältnisse in Nürnberg dar. üblich ist, wird der Begriff auch in diesem Bericht verwendet. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich Alleinerziehende sind nach der statistischen darauf hingewiesen, dass damit in keiner Weise Definition Mütter oder Väter, die ohne Ehe- eine Bewertung der sozialen Einbettung und der oder Lebenspartner mit einem oder mehreren Erziehungsqualitäten verbunden ist. Die Lebens- minderjährigen Kindern zusammenleben. So situationen von Alleinerziehenden und ihren werden sie auch im Rahmen der Haushaltegene- Kindern sind genauso vielfältig wie die Lebenssi- rierung definiert. Der Begriff „alleinerziehend“ tuationen von Paarfamilien (vgl. hierzu auch die ist allerdings nicht unumstritten und wurde Ausführungen zu Alleinerziehenden im Kapitel 4 von der Nationalen Armutskonferenz (nak) auf „Fazit und Ausblick aus fachlicher Sicht“). Interviews Die Interviews mit sieben Familien und einer Alle Texte wurden von den Interviewten gegen- Fachkraft wurden von Februar bis Mai 2018 gelesen und bei Bedarf geändert oder ergänzt. geführt und dauerten zwischen 20 und 45 Mi- So spiegeln die Texte das wider, was den Fami- nuten. Die Texte wurden anhand der von den lien wirklich am Herzen liegt bzw. das, was der Interviews erstellten Transkripte geschrieben. Fachkraft besonders wichtig ist. 6
2. Familien in Nürnberg – Statistische Daten und Interviews 2.1 Zentrale Ergebnisse aus den Statistiken • 2017 wurden 5.482 Kinder geboren, das sind • 64,5 Prozent der Kinder unter 18 Jahren ha- 1.311 mehr als noch 2005. Allerdings liegt ben einen Migrationshintergrund. die Zahl der Geburten nach wie vor unter der • Der Anteil der Familienhaushalte ist bei den Zahl der Sterbefälle. Der positive Zuwande- Haushalten mit Migrationshintergrund höher rungssaldo, der maßgeblich durch die Zuwan- als bei den Haushalten ohne Migrationshin- derung aus dem Ausland bedingt ist, führt tergrund. jedoch zu einem Bevölkerungsanstieg. Nach • In 55,4 Prozent der Familien hat die Bezugs- der aktuellen Bevölkerungsprognose, die bis person im Haushalt (= älteste Person im Haus- zum Jahr 2027 reicht, wird die Bevölkerung in halt) einen Migrationshintergrund. Bezogen Nürnberg auch künftig weiter wachsen. auf alle Haushalte sind es 38,8 Prozent. • Die Zahl der 0-14-Jährigen wird nach der • 39,0 Prozent der Alleinerziehenden und aktuellen Bevölkerungsprognose bis 2027 9,6 Prozent der Paarfamilien bezogen am steigen. Der Anteil dieser Altersgruppe an 31.12.2017 Leistungen nach dem SGB II. Insge- der Nürnberger Gesamtbevölkerung wird samt waren zu diesem Zeitpunkt 8.109 Fami- dann voraussichtlich 13,2 Prozent betragen. lien2 zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf Dies entspricht dem Anteil im Jahr 2000. Im Leistungen nach dem SGB II angewiesen. gleichen Zeitraum wird der Anteil der 65-Jäh- rigen und Älteren an der Nürnberger Gesamt- • Die Zahl der Leistungsberechtigten, für die bevölkerung von 18,7 Prozent auf voraus- BuT-Gutscheine ausgestellt wurden, deren sichtlich 22,2 Prozent steigen. Gültigkeitszeitraum den Monat November enthalten, ist von 12.276 im Jahr 2012 auf • 49.633 der 282.589 Haushalte in Nürnberg 17.074 im Jahr 2017 gestiegen (ohne Schulbe- sind Familienhaushalte1 mit mindestens einem darf, Schulbeförderung und Lernförderung). Kind unter 18 Jahren. 67,8 Prozent der Famili- en sind Ehepaarfamilien, weitere 9,3 Prozent • 17.914 Kinder und Jugendliche unter 18 Jah- sind nichteheliche Lebensgemeinschaften mit ren haben einen Nürnberg-Pass. minderjährigen Kindern. • Die Zahl der belegungsgebundenen Woh- • 11.371 Familien – knapp ein Viertel aller Fami- nungen ist seit 1995 stark zurückgegangen. lien – sind Alleinerziehende mit ihren Kin- Damit hat sich das Angebot an günstigem dern. Insgesamt leben 16.109 Kinder unter 18 Wohnraum für Familien verringert. In 2016 Jahren bei einem alleinerziehenden Elternteil. und 2017 ist allerdings ein – wenn auch gerin- 9,3 Prozent der Alleinerziehenden sind Väter. ger – Anstieg zu verzeichnen. • In etwas mehr als der Hälfte der Familien- • 81 Prozent der Väter, aber nur 16 Prozent der haushalte lebt nur ein minderjähriges Kind. Mütter in Paarfamilien sind Vollzeit erwerbs- Lediglich in gut zwei Prozent der Familien tätig (Stand 2015). Während das Alter des leben vier oder mehr Kinder. Alleinerziehen- jüngsten Kindes bei Vätern in Paarfamilien de und nichteheliche Lebensgemeinschaften keinen systematischen Einfluss auf den Um- leben deutlich seltener mit zwei oder mehr fang der Erwerbstätigkeit hat, steigt bei den Kindern zusammen als Ehepaarfamilien. Müttern in Paarfamilien die Arbeitsaufnahme und der Umfang der Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter des Kindes. 7 1 Zur Definition von Familien im Familienbericht und zur Haushaltegenerierung siehe Kapitel 1. 2 Zum Verhältnis von SGB II-Bedarfsgemeinschaften und Familien siehe Kapitel 1.
• Der Anteil der Väter an allen Elterngeldbe- • Für 50 Prozent der Grundschulkinder standen ziehenden betrug im 1. Quartal 2017 11,3 im Dezember 2017 Plätze in Kinderhorten Prozent, im 2. und 4. Quartal 13,2 Prozent und Häusern für Kinder zur Verfügung. Bishe- und im 3. Quartal 18,8 Prozent. rige Planungen sehen vor, dass es bis 2026 60 • Im Dezember 2017 standen für 36 Prozent der Prozent sind und dass weitere 20 Prozent der unter 3-Jährigen Betreuungsplätze in Krippen Grundschulkinder dann Plätze in schulischer oder in der Tagespflege zur Verfügung. Damit Ganztagsbetreuung haben. Mit Blick auf den können aktuell alle durch Rechtsanspruch Rechtsanspruch ist jedoch von einem deutlich abgesicherten Bedarfe erfüllt werden. Um die wachsenden Bedarf auszugehen. steigende Nachfrage auch künftig bedarfs- • 1,4 Prozent der unter 18-Jährigen sind gerecht bedienen zu können, wird für den schwerbehindert. weiteren Ausbau der Betreuungsplätze für • Insgesamt waren am 31.12.2015 12.338 unter 3-Jährige langfristig eine stadtweite Menschen pflegebedürftig. 63,0 Prozent von Versorgungsquote von 48 Prozent angestrebt. ihnen lebten zu Hause. Die meisten von ihnen • Bei der Betreuung der 3- bis 6-Jährigen werden – zum Teil mit Unterstützung eines betrug die Versorgungsquote im Dezember ambulanten Pflegedienstes – durch Angehöri- 2017 93 Prozent. Auch hier konnten bis dato ge betreut. mit dem vorhandenen Platzangebot alle • In 9 Prozent der Haushalte in Nürnberg lebt Nachfragen bedient werden. Langfristig wird eine körperlich eingeschränkte oder pflege- zur Sicherstellung einer bedarfsdeckenden bedürftige Person. Vollversorgung der Ausbau Richtung 100 % Versorgungsquote angestrebt. 2.2 Trends in der Bevölkerungsentwicklung Nürnberg ist eine Stadt, die bereits seit etlichen saldo nicht, so würden die Bevölkerungszahlen Jahren ein Bevölkerungswachstum zu verzeich- zurückgehen. Denn trotz steigender Geburten- nen hat. Dies wird nach der aktuellen Bevöl- zahlen liegt die Zahl der Geburten in Nürnberg kerungsprognose, die auf der Einwohnerzahl nach wie vor unter der Zahl der Sterbefälle, zum 31.12.2016 basiert und bis zum Jahr 2027 auch wenn sich die Differenz seit 1995 von 1.486 reicht, auch bis 2027 so bleiben. Grund für die auf 393 verringert hat. Der besonders hohe steigenden Bevölkerungszahlen ist, dass mehr Wanderungssaldo in 2015 ist bedingt durch die Menschen – insbesondere aus dem Ausland – geflüchteten Menschen, die 2015 nach Nürn- nach Nürnberg ziehen als aus Nürnberg abwan- berg gekommen sind. dern. Gäbe es diesen positiven Wanderungs- 8
Abb. 1: Geburten und Sterbefälle in Nürnberg im Zeitablauf3 7.000 5.842 5.767 5.881 5.875 6.000 5.573 5.336 5.000 5.482 5.136 4.000 4.524 4.356 4.389 4.171 3.000 Sterbefälle 2.000 Geburten 1.000 0 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth Abb. 2: Wanderungssaldo und Saldo der Bevölkerungsbewegungen in Nürnberg im Zeitablauf4 10.000 9.131 8.386 8.000 6.794 6.000 5.392 4.000 3.319 2.654 2.563 2.000 1.842 2.170 1.941 0 -21 -1.507 Wanderungssaldo -2.000 Saldo Bevölkerungsbewegung -4.000 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth Die Ausweisung des Wanderungssaldos für Fa- möglich. Ersatzweise wird der Wanderungssaldo milien, d.h. auf der Ebene der Haushalte, ist mit für Kinder und Jugendliche herangezogen. den zur Verfügung stehenden Daten leider nicht Tab. 1: Wanderungssaldo von Kindern und Jugendlichen in Nürnberg nach Altersgruppen im Jahr 2017 und im Durchschnitt für die Jahre 2014 bis 2017 0 bis unter 3 J. 3 bis unter 6 J. 6 bis unter 10 J. 10 bis unter 15 J. Zuzüge 2017 923 823 802 944 Fortzüge 2017 1.233 916 791 691 Saldo 2017 -310 -93 11 253 Saldo 2014-2017 (Ø) -169 -10 145 260 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth, eigene Berechnungen 9 3,4 Differenzenzu den Abbildungen 1 und 2 im ersten Nürnberger Familienbericht sind dadurch bedingt, dass sich die Daten in der aktuellen Abbildung nur auf die Bevölkerung mit Hauptwohnsitz in Nürnberg beziehen, während im ersten Familienbericht auch die Bevölkerung mit Nebenwohnsitz einbezogen wurde.
In den Altersgruppen der 0- bis unter 3- und Tendenzen im 4-Jahres-Schnitt ähnlich wie für 3- bis unter 6-Jährigen zogen 2017 jeweils mehr das Jahr 2017. Kinder zwischen 0 und 3 Jahren Kinder von Nürnberg weg als zu. Gründe für ziehen öfter aus Nürnberg weg als dass sie zu- den Fortzug in diesen Altersgruppen mögen ziehen, allerdings in geringerem Ausmaß als in eine berufliche Veränderung der Eltern, güns- 2017 allein. Für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren tigerer Wohnraum für Familien im Umland gleichen sich Zu- und Fortzüge annähernd aus. oder auch der Wunsch der Eltern sein, dass ihre In den Altersgruppen von 6 bis unter 10 Jahren Kinder im Grünen aufwachsen. Bei den 6- bis und 10 bis unter 15 Jahren ist der Wanderungs- unter 10-Jährigen waren Zu- und Fortzüge fast saldo dann positiv. ausgeglichen und bei den 10- bis unter 15-Jähri- gen überwogen deutlich die Zuzüge. Nach der letzten Bevölkerungsprognose vom Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürn- Neben einem Blick auf das aktuelle Jahr ist es berg und Fürth, basierend auf den Daten von immer auch sinnvoll, den Durchschnitt der ver- 2016, wird sich die Altersstruktur der Nürnber- gangenen vier Jahre zu betrachten. Der Zu- und ger Bevölkerung auch in den nächsten Jahren Fortzug in einzelnen Jahren kann z.B. durch die ändern. So wird der Anteil der ab 65-Jährigen Fertigstellung von Neubaugebieten für Familien weiter steigen und 2027 3,5 Prozentpunkte hö- (am Stadtrand oder außerhalb der Stadtgren- her sein als 2000. Der Anteil der Bevölkerung im ze) oder besondere Entwicklungen im Ausland erwerbsfähigen Alter wird im selben Zeitraum bedingt sein. Allerdings wird selbst der Durch- um 3,5 Prozentpunkte zurückgehen. Der Anteil schnitt der Jahre 2014 bis 2017 durch den hö- der unter 15-Jährigen wird bis 2027 voraussicht- heren Zuzug von geflüchteten Familien in 2015 lich wieder leicht steigen und dann auf dem und auch noch in 2016 geprägt. Dabei sind die Niveau von 2000 liegen. Abb. 3: Bevölkerung in Nürnberg nach Altersgruppen im Zeitablauf 100% 18,7 20,2 20,8 20,7 20,9 21,8 22,2 90% 80% 70% 68,1 67,1 66,9 66,9 66,1 65,0 64,6 0 bis 14 Jahre 60% 15 bis 64 Jahre 50% 65 plus Jahre 40% 30% 20% 10% 13,2 12,6 12,4 12,4 13,1 13,2 13,2 0% 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2027 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth (Kleinräumige Bevölkerungsprognose 2017; Ausgangsbestand: Bevölkerung mit Hauptwohnsitz am 31.12.2016, ohne Flüchtlinge in großen Unterkünften) sowie eigene Berechnungen; Angaben in Prozent Stand jeweils zum 31.12.) Während sich im Zeitraum von 2000 bis 2010 die Nach der letzten Bevölkerungsprognose wird Zahl der unter 6-Jährigen kaum verändert hat, sich dieser Trend umkehren und die Zahl der ist die Zahl der Kinder im Alter von 6 bis unter Kinder unter 15 Jahren von 2010 bis 2020 in 10 und 10 bis unter 15 Jahren um fünf bzw. allen betroffenen Jahrgängen steigen, am sieben Prozent zurückgegangen. stärksten in den Gruppen der unter 3-Jährigen 10
und der 3- bis unter 6-Jährigen mit 19 und 17 kohorte derjenigen, die oft für ihre Ausbildung Prozent. Grund für diese Entwicklung ist der oder ihr Studium in die Städte gegangen sind, Anstieg der Zahl der Geburten seit 2009. So aufgrund der guten Arbeitsmarktlage auch nach kamen 2017 in Nürnberg 1.054 Kinder mehr auf ihrer Ausbildung dort bleibt und eine Familie die Welt als noch 2009. Dies hängt insbesondere gründet (Friedrich-Ebert-Stiftung 2017). Für die damit zusammen, dass die Töchter der Babyboo- Zeit von 2020 bis 2027 wird ein leichter Rück- mer-Generation das Alter der Familiengründung gang der Zahl der unter 6-Jährigen von drei Pro- erreicht haben. Daneben kommt eine Studie zent erwartet, während die Zahl der 6- bis unter im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung zu dem 10-Jährigen und der 10- bis unter 15-Jährigen Ergebnis, dass Kinder zunehmend in städtischen auch in diesem Zeitraum noch steigen wird. Ballungszentren aufwachsen, weil die Alters- Abb. 4: Entwicklung der Zahl der Kinder in Nürnberg im Zeitablauf nach Altersgruppen 20% 15% 2000 bis 2010 2010 bis 2020 10% 2020 bis 2027 5% 1 19 0 17 12 4 5 7 0% -3 -3 -5 -7 -5% -10% 0 bis unter 3 3 bis unter 6 6 bis unter 10 10 bis unter 15 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth (2020 und 2027 Kleinräumige Bevölkerungsprognose 2017; Ausgangsbestand: Bevölkerung mit Hauptwohnsitz am 31.12.2016, ohne Flüchtlinge in großen Unterkünften) sowie eigene Berechnungen; Diese als EPS verknüpfen Angaben in Prozent 11
2.3 Formen des Familienlebens 2017 gab es in Nürnberg 282.589 Haushalte5. halte, in denen mindestens ein Kind unter 18 In 49.633 von ihnen lebte mindestens ein Kind Jahren lebt, steigt seit 2010 an und liegt seit 2015 unter 18 Jahren. 2013 traf dies erst auf 47.846 über dem Stand von 1995 (Abb. 5). Die Entwick- Haushalte zu. 141.504 Haushalte waren Ende lung der absoluten Zahlen hat dazu geführt, dass 2017 Einpersonenhaushalte, 91.452 Mehrperso- der Anteil der Einpersonenhaushalte seit 1995 nenhaushalte ohne minderjähriges Kind. um 4,6 Prozentpunkte gestiegen ist, während sich der Anteil der Familien mit mindestens ei- Die Zahl der Einpersonenhaushalte ist seit 1995 nem Kind unter 18 Jahren um 1,6 Prozentpunkte um rund 23 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeit- und der Anteil der sonstigen Mehrpersonenhaus- raum weist die Zahl der Mehrpersonenhaushalte halte um 2,9 Prozentpunkte verringert haben ohne Kind(er) nur geringfügige Schwankungen (Abb. 6). Im Vergleich zu 2013 ist der Anteil der auf und liegt 2017 lediglich drei Prozent über Familienhaushalte an allen Nürnberger Haushal- dem Stand von 1995. Die Zahl der Familienhaus- ten um 0,4 Prozentpunkte gestiegen. Abb. 5: Zahl der Haushalte in Nürnberg im Zeitablauf nach Haushaltstyp 160.000 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Einpersonenhaushalt Mehrpersonenhaushalt ohne Kind unter 18 Jahren Haushalt mit mind. einem Kind unter 18 Jahren Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth (Stand jeweils zum 31.12.) Abb. 6: Haushalte in Nürnberg nach Haushaltstyp im Zeitablauf 100% 19,2 18,8 18,4 17,8 17,3 17,6 17,6 Mehrpersonenhaushalt mit mind. 80% einem Kind unter 18 Jahren 35,3 34,6 33,5 33,5 32,0 32,5 32,4 60% Mehrpersonenhaushalt ohne Kind unter 18 Jahren 40% 45,5 46,6 48,1 48,7 50,7 50,0 50,1 Einpersonenhaushalt 20% 0% 1995 2000 2005 2010 2015 2016 2017 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth, eigene Berechnungen (Angaben in Prozent, Stand jeweils 31.12.) 12 5 Zur Haushaltegenerierung siehe Kapitel 1. An dieser Stelle nur noch einmal der Hinweis, dass bei der Haushaltegenerierung zum 31.12.2015 noch nicht alle Gemeinschafts- unterkünfte im Auswertungssystem erfasst waren, so dass die Zahl der Haushalte für 2015 leicht überschätzt wird.
Betrachtet man die Individualebene (= Perso- Familien leben in ganz unterschiedlichen Fami- nen in Haushalten), so zeigt sich allerdings, lienformen zusammen. Die häufigste Familien- dass lediglich 26,9 Prozent der Bevölkerung in konstellation ist nach wie vor das Ehepaar mit Nürnberg in einem 1-Personen-Haushalt leben. Kindern. Ein knappes Viertel der Familien sind Dieser Anteil ist seit 2013 um 0,4 Prozentpunkte Alleinerziehende6 mit ihren Kindern und 9,3 zurückgegangen. 33,8 Prozent der Nürnberger Prozent sind nichteheliche Lebensgemeinschaf- Bevölkerung leben in einem Familienhaushalt ten, in denen mindestens ein minderjähriges mit mindestens einem minderjährigen Kind und Kind lebt. 39,3 Prozent in einem Mehrpersonenhaushalt ohne minderjährige Kinder. Abb. 7: Haushalte mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren in Nürnberg nach Familientyp am 31.12.2017 2,1% 20,8% Ehepaar Nichteheliche Lebensgemeinschaft Alleinerziehende Mutter 9,3% Alleinerziehender Vater 67,8% Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth, eigene Berechnungen Im Vergleich zu 2013 ist der Anteil der Allein- Alleinerziehenden ist von 9,0 Prozent in 2013 erziehenden an allen Familienformen um zwei auf 9,3 Prozent in 2017 gestiegen. Insgesamt Prozentpunkte zurückgegangen, während die leben 16.109 minderjährige Kinder bei einem Anteile der nichtehelichen Lebensgemeinschaf- alleinerziehenden Elternteil. Dies sind 599 weni- ten und der Ehepaare mit Kindern jeweils um ger als noch 2013. einen Prozentpunkt gestiegen sind. Die Zahl der Kinder in Paarfamilien ist seit 2013 Der Anteil der alleinerziehenden Väter an allen um 4.316 auf 63.093 Kinder gestiegen. 6 Zum Begriff „alleinerziehend“ siehe auch methodische Anmerkungen im Kapitel 1. 13
Abb. 8: Entwicklung der Familienformen in Nürnberg im Zeitablauf 2,1 2,2 2,2 2,2 2,1 100% 90% 22,8 23,1 21,8 21,2 20,8 80% Alleinerziehender Vater 70% 6,5 7,2 9,2 9,3 9,3 Alleinerziehende Mutter 60% Nichteheliche Lebensgemeinschaft 50% 68,5 67,4 66,8 67,3 67,8 Ehepaar 40% 30% 20% 10% 0% 2008 2010 2015 2016 2017 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth, eigene Berechnungen (Stand jeweils 31.12., Angaben in Prozent) Familiengröße Etwas mehr als die Hälfte der Familien sind Die Familiengröße insgesamt hat sich in den Ein-Kind-Familien. Lediglich in knapp 11 Pro- letzten Jahren nur wenig verändert. Zwischen zent der Familien leben drei und mehr Kinder. den Familientypen gibt es aber nach wie vor Aus Sicht der Kinder heißt dies aber trotzdem, zum Teil große Unterschiede. So leben mehr als dass immerhin zwei Drittel von ihnen 2017 mit drei Viertel der alleinerziehenden Väter sowie mindestens einem Geschwisterkind aufwuchsen. zwei Drittel der alleinerziehenden Mütter mit Darüber hinaus werden die Jüngeren von ihnen nur einem Kind zusammen, während es bei den vielleicht noch ein Geschwister bekommen und Ehepaar-Familien etwas weniger als die Hälfte die Älteren haben vielleicht Geschwister, die sind. Auch nichteheliche Lebensgemeinschaften schon volljährig sind und nicht mehr als Kind im leben erheblich seltener als Ehepaare mit meh- Haushalt gezählt werden. reren Kindern zusammen. Abb. 9: Familienhaushalte in Nürnberg nach Kinderzahl im Zeitablauf 2,0 2,0 2,0 2,0 2,1 100% 90% 7,9 8,0 8,4 8,4 8,6 80% vier oder mehr Kinder 34,9 34,6 35,0 35,2 35,3 drei Kinder 70% 60% zwei Kinder 50% ein Kind 40% 55,2 55,4 54,7 54,4 54,0 30% 20% 10% 0% 2008 2010 2015 2016 2017 Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth, eigene Berechnungen (Stand jeweils 31.12., Angaben in Prozent) 14
Abb. 10: Zahl der minderjährigen Kinder im Haushalt in Nürnberg nach Familientyp am 31.12.2017 Ehepaar 48,1 39,7 12,2 Nichteheliche 63,8 27,1 9,0 ein Kind Lebensgemeinschaft zwei Kinder drei Kinder oder mehr Alleinerziehende Mutter 66,2 26,2 7,6 Alleinerziehender Vater 78,1 18,4 3,5 0% 20% 40% 60% 80% 100% Datenquelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth, eigene Berechnungen (Angaben in Prozent) Volljährige Kinder im Haushalt der Eltern Zuverlässige Auswertungen zur Zahl der Kinder Dies betrifft zum Beispiel Stief- und Patchwork- im Haushalt sind auf der Basis der Einwohner- Familien, Regenbogenfamilien, Familien mit meldeamtsstatistik nur für die minderjährigen Pflegekindern und Familien, in denen drei Gene- Kinder möglich. Bei Aussagen dazu, wie vie- rationen in einem Haus leben. Diese Familienfor- le volljährige Kinder noch im „Hotel Mama“ men wurden deshalb 2015 anhand von Famili- wohnen, wird es schon schwieriger. Das Amt für enportraits dargestellt. Drei der Familien haben Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und nun, vier Jahre später, noch einmal berichtet, Fürth (2018a) ist dieser Frage jedoch auf der wie sich ihre Lebenssituation geändert hat. Grundlage von Indizien aus dem Melderegister nachgegangen. Danach lebten am 31.12.2017 40,7 Prozent der 18- bis 24-Jährigen bei ihren Eltern. Der Anteil ist unter denjenigen, die in Nürnberg geboren sind, mit 77,4 Prozent bei den Männern und 70,2 Prozent bei den Frauen noch einmal erheblich größer. Es ist zu vermu- ten, dass die angespannte Wohnungssituation mit relativ hohen Mieten dazu beiträgt, dass erwachsene Kinder insbesondere während der Ausbildung oder des Studiums noch bei den Eltern wohnen. Eine weitergehende Differenzierung der Fa- milienformen und insbesondere der Paarfami- lie lässt sich auf der Basis der für die Statistik verfügbaren Daten aus dem Melderegister gar nicht oder nur näherungsweise und verbunden mit einem sehr hohen Aufwand darstellen. 15
„Durch unsere gemeinsame Tochter sind wir als Patchwork-Familie noch einmal mehr zusammengewachsen“ – Portrait einer Patchwork- Familie F: Bei uns ist in den letzten vier Jahren viel Familien ist, dass sie immer zwei verschiedene passiert. Wir haben Nachwuchs bekommen, Familienmodelle erleben und dann einen ganz sind umgezogen und haben geheiratet. Unsere guten Vergleich haben. Ich bin schon stolz da- gemeinsame Tochter ist jetzt dreieinhalb. rauf, dass wir unseren Kindern vermitteln, man kann es so machen und man kann es so machen, Meine Tochter ist mittlerweile acht Jahre alt und und das dann auch nicht bewerten. Diese ge- geht zur Schule. Ihr Vater und ich leben nach genseitige Akzeptanz ist sehr wichtig. wie vor das Wechselmodell. Das heißt, sie ist immer ein paar Tage bei mir und dann ein paar Wir tauschen uns nach wie vor mit anderen Tage bei ihrem Vater. Der Wechsel erfolgt in der Patchwork-Familien aus. Erfrischend ist aber Regel über die Schule. Also zum Beispiel bringt auch der Kontakt mit Nicht-Patchwork-Familien. ihr Vater sie morgens in die Schule und ich hole Da sieht man, dass es auch da Probleme gibt sie dann nachmittags ab. Meine Tochter möch- und nicht alle Schwierigkeiten durch die Patch- te es auch nach wie vor so, obwohl es für sie work-Situation bedingt sind. immer wieder schwierig ist zu gehen. Dadurch, dass die Kleine ihr erzählt, wer zu Besuch war F: Durch unsere gemeinsame Tochter sind wir und was wir unternommen haben, bekommt als Patchwork-Familie noch einmal mehr zusam- sie auch mit, was sie verpasst. Und das ist schon mengewachsen und es ist ein stärkeres Zusam- manchmal hart für sie. Wir haben ihr das früher mengehörigkeitsgefühl da. Sie ist so ein verbin- nicht erzählt und sie da geschont. dendes Element und eine Brücke. Durch sie ist es für die anderen Kinder leichter geworden, M: Meine Söhne sind jetzt 13 und 15 Jahre alt. nach der Zeit beim anderen Elternteil wieder Wir haben weiterhin das Residenzmodell. Das in unsere Familie zu kommen. Ich finde es auch heißt, sie sind jedes zweite Wochenende und schön, dass sich die Kinder untereinander so gut einmal unter der Woche bei mir und sonst bei verstehen. Der Ältere passt abends manchmal ihrer Mutter. Der 15-Jährige geht in der Freizeit auf die Kleine auf, wenn wir unterwegs sind, aber schon oft seine eigenen Wege. Uns ist das und sie genießt es dann, mit den Jungs alleine gemeinsame Essen in der Familie sehr wichtig, zu sein. aber selbst da ist er nicht immer dabei. Die Angst, etwas zu verpassen, haben meine Söh- Als unsere Tochter zur Welt kam, habe ich ne nicht. Da ist es eher umgekehrt, weil sie bei zunächst zwei Jahre Elternzeit beantragt und ihrer Mutter einen Fernseher haben und es bei dann nochmal um ein Jahr verlängert, weil in uns im Haushalt keinen gibt. der Zeit auch meine Tochter in die Schule kam. Jetzt arbeite ich wieder in Teilzeit. Meine Ar- Heiligabend waren alle Kinder bei uns und Sil- beitszeiten sind allerdings genau festgelegt, da vester wären sie dann bei den anderen Eltern- bin ich wenig flexibel. teilen gewesen. Doch einer meiner Söhne wollte Silvester gerne bei uns verbringen. Das ist für M: Das ist bei mir anders, ich bin von meiner mich eine schöne Entwicklung, dass die Kinder Arbeitszeit her sehr flexibel. Ich kann spontan irgendwann selber entscheiden, wo sie hinwol- einen Tag freinehmen, erst mittags anfangen len. Es sollte allerdings nicht so sein, dass sie sich oder auch mal einen Tag von zu Hause aus nur da aufhalten, wo es am wenigsten Rei- arbeiten. Und an dem Tag, an dem meine Frau bungspunkte gibt. Das will ich natürlich nicht. ganztags arbeitet, bringe ich unsere Tochter Ich finde, der Vorteil für Kinder in Patchwork- zum Kindergarten und hole sie auch wieder 16
ab. Nach der Geburt unserer Tochter und am Was sich aus meiner Sicht für Familien insgesamt Ende der Elternzeit meiner Frau habe auch ich verschlechtert hat, das sind die Regelungen zur jeweils einen Monat Elternzeit genommen. Der offenen Ganztagsbetreuung an den Schulen. Wunsch, zwischendurch mal Teilzeit zu arbeiten, Man hat da nur noch sehr starre Abholzeiten wäre schon da gewesen, aber das wäre finanzi- und das entspricht nicht den beruflichen Reali- ell schwierig geworden. täten der Eltern. Ich habe keinen Hortplatz für meine Tochter bekommen, nur eine Mittags- Ganz wichtig finde ich, dass wir als Paar gut für betreuung, die mittlerweile offene Ganztags- uns sorgen, denn der Akku in der Patchwork- betreuung heißt. Ich kann meine Tochter dort Familie ist das Paar. Wir versuchen zum Beispiel, nur entweder um 14 oder um 16 Uhr abholen. einmal im Jahr für eine Woche nur mit unserer Wenn ich um 15 Uhr von der Arbeit komme, gemeinsamen Tochter wegzufahren. Und das muss ich eine Stunde überbrücken. Ich kann sie ohne schlechtes Gewissen den anderen Kindern bei gutem Wetter auch nicht spontan abholen gegenüber. und mit ihr schwimmen gehen. Und wie sollen Kinder bei den starren Zeiten noch in einen F: Meine Eltern nehmen unsere gemeinsame Verein gehen? Das alles geht nur mit Befreiun- Tochter auch immer mal wieder für ein paar gen und Sondergenehmigungen, und das finde Tage. Diese Zeit nutzen wir dann bewusst als ich schwierig. Da sollte sich auf jeden Fall etwas „Paarzeit“. Da gucken wir dann schon, dass ändern. wir in der Zeit mal zwei Abende ganz ohne die anderen drei Kinder haben oder bewusst einen M: Uns ist aber auch aufgefallen, dass es immer Tag Urlaub nehmen und etwas zu zweit ma- mal wieder irgendwo einen neuen Spielplatz chen. gibt oder ein alter Spielplatz saniert wird. Und da glaube ich schon, dass die Stadt die Familien Wir waren kürzlich nochmal bei einem Seminar im Blick hat und dass für Kinder was gemacht für Patchwork-Familien. Das Seminar war sehr wird. Insgesamt halte ich Nürnberg doch für gut, und der Austausch mit anderen war wert- eine familienfreundliche Stadt. voll und wichtig. Deshalb sollte es in Nürnberg einen Gesprächskreis für Patchwork-Familien geben, so wie es ja auch Gesprächsgruppen für Alleinerziehende gibt. „Ansonsten sind wir nach wie vor gerne Großfamilie und genießen es“ – Portrait einer Pflegefamilie In unserem Haus leben nach wie vor mein Mann sehr souverän bestanden und macht jetzt eine und ich und unsere drei Pflegekinder, die auch schulische Ausbildung. Außerdem überlegt sie, schon vor vier Jahren bei uns waren. anschließend eine Ausbildung zur Kinderpflege- rin oder sogar zur Erzieherin zu machen. Dass es Hanna7, die mit vier Jahren zu uns kam, wird mit dem Quali so gut geklappt hat, hängt auch demnächst 18 Jahre alt. Sie ist die Ruhige, damit zusammen, dass sie für das letzte Schul- Stille von den Dreien, die sich eher ein bisschen jahr noch die Schule gewechselt hat. Es war eine zurückzieht und sich nicht unbedingt für Partys „ganz normale“ Schule, also keine Privatschule und Weggehen begeistert. Sie hatte von ihrer oder so, aber dort konnten sie ganz anders auf Geschichte her sehr viel aufzuarbeiten und war sie eingehen als an der Schule, auf der sie vor- am Anfang, als sie bei uns war, auch entwick- her war. Das hat ihr sehr geholfen. Ihr leiblicher lungsverzögert. Mittlerweile hat sie ihren Quali Vater ist vor einem Jahr verstorben und das war 7 Namen geändert. 17
ganz schlimm für sie. Mittlerweile haben wir aber während einer Kur hat sie auch sehr profitiert. eine Jugendgruppe für sie gefunden. Dort geht Leider gibt es dieses Angebot hier im Raum sie richtig gerne hin und die Gruppe tut ihr gut. kaum und wenn, dann sind die Wartezeiten sehr lang. Ich habe mittlerweile auch einen Weg Anton, der Bruder von Hanna, war zwei Jahre gefunden, sie zu erreichen, und zwar über situ- alt, als er zu uns kam. Jetzt wird er bald 17. Er ationsabhängige Geschichten, in denen tagesak- hat seinen Quali leider nicht bestanden, obwohl tuelle Informationen und Ereignisse reflektiert er eigentlich sehr clever ist. Aber er lernt nicht und bearbeitet werden. so gerne und hat auch selber eingesehen, dass er zu wenig für die Prüfung getan hat. Jetzt ist Im Herbst haben wir dann innerhalb von we- es mit der Ausbildungsplatzsuche natürlich sehr nigen Stunden noch einen kleinen Jungen mit schwierig. Dazu kommt, dass auch er von seiner zwei Jahren aufgenommen. Er hat aber eine Geschichte her seinen Rucksack zu tragen hat. Rückkehroption und wir wissen nicht, ob er nur Deshalb fällt es ihm schwer, sich selbstbewusst ein halbes Jahr, zwei Jahre oder vielleicht doch und souverän zu bewerben und vorzustellen. 20 Jahre bei uns bleibt. Wir werden sehen, wie Aber er hat immerhin schon für sich selber ein es sich entwickelt. Wir sind für ihn da, egal, wie positives Gefühl entwickelt, durch den Sport, lange. den er macht, und auch in Bezug auf sein Aus- sehen und seine Kleidung. Außerdem ist er jetzt Und dann sind da noch unsere leiblichen Kin- oft in einem Kinder- und Jugendhaus. Da gefällt der und Enkelkinder. Die sind natürlich wichtig, es ihm sehr gut, und durch die sozialen Kontak- auch wenn sie nicht bei uns im Haushalt leben. te entwickelt er auch weitere soziale Fähigkei- Unsere Tochter ist nach Schweden ausgewan- ten. Er würde gerne eine Ausbildung in einem dert. Dort hat sie auch ihren Mann kennenge- handwerklichen Bereich machen. Ich denke, er lernt. Mittlerweile ist sie verheiratet und hat bräuchte ein kleines Team, vielleicht außer ihm einen Sohn und ein zweites Kind ist unterwegs. nur noch der Meister und ein Geselle. Aber so- Unser Sohn ist verheiratet und hat eine kleine was ist nicht leicht zu finden. Im Moment ist er Tochter. Wir hatten erst gedacht, dass wir auf zu Hause und hilft zum Beispiel im Garten. Mein unserem Grundstück ein Haus für ihn und seine Mann hatte vor ein paar Jahren einen schweren Familie bauen oder einen Anbau machen könn- Herzinfarkt und kann nicht mehr so schwere ten, aber das hat leider aus verschiedenen Grün- körperliche Arbeiten machen. Die Beiden arbei- den nicht geklappt. Wir hatten alle schon von ten dann im Team richtig gut zusammen und dem Mehrgenerationenwohnen geträumt und ergänzen sich da prima. Sie kaufen auch immer wir hätten uns auch gut ergänzen können, mit zusammen die Lebensmittel für uns alle ein, das Babysitten und Kinderbetreuung. Jetzt wohnt er freut mich sehr. ein ganzes Stück außerhalb von Nürnberg. Melanie ist jetzt seit 7 ½ Jahre bei uns und Was ich wirklich toll finde, das sind die Ange- mittlerweile 11 Jahre alt. Sie ist die Kämpferin bote für Freizeiten und das Ferienprogramm. in der Familie. Sie hat es geschafft, dass sie auf Unsere Kinder nutzen das sehr oft. Die Größe- die Realschule gekommen ist und fühlt sich dort ren waren schon in Frankreich und Italien, und auch recht wohl. Sie stolpert allerdings immer Melanie war im Bayerischen Wald und am Starn- wieder über ihre eigene Art, weil sie extrem berger See. Sie braucht in den Ferien einfach stark und oft auch sehr bestimmend ist. Das ist ganz viel Abenteuer und Abwechslung. Schade nicht immer einfach. Aber sie hat lange Jahre finde ich, dass das Begegnungshaus für Pfle- eine spezielle Traumatherapie gemacht und das gefamilien jetzt irgendwann abgerissen wird. hat ihr sehr, sehr gut getan. Außerdem ist sie Das war ein ganz toller Ort, an dem sich Pfle- viel in der Natur unterwegs. Das ist ihre Mög- geeltern und -kinder mit den leiblichen Eltern lichkeit zur Regeneration. Und vom Biofeedback treffen konnten. 18
Einmal im Jahr fahren wir auch als Familie in Was in Nürnberg noch fehlt, das ist ein Magazin Urlaub. Allerdings sind wir da meistens nicht wie „frankenkids“, aber mit Angeboten für Ju- alleine. Ein Jahr waren wir in Schweden und ha- gendliche von 12 bis 19 Jahren. Jetzt muss man ben uns dort mit unserer Tochter, ihrer Familie das noch einzeln zusammensuchen. und der Mutter von ihrem Mann getroffen. Ein andermal waren wir mit Freunden aus unserer Ansonsten sind wir nach wie vor gerne Groß- Kirchengemeinde in Kroatien. Da wird es nie familie und genießen es. langweilig und die Kinder haben andere Kinder zum Spielen. Portrait „Die Themen, um die es jetzt geht, sind viel komplexer.“ F: In den letzten vier Jahren hat sich bei uns sehr Ihre Freizeit verbringen unsere Kinder nach wie viel geändert. 2014 ist zuerst die Mutter von vor gerne mit uns. Sie sind da noch sehr nah an meinem Mann und dann meine Mutter gestor- uns dran und auch ihren Cousinen und Cousins, ben. Für meinen Vater war das sehr schwer. Er Tanten und Onkeln und ihrem Opa sehr verbun- und meine Mutter waren über 50 Jahre zusam- den. Überhaupt sind wir alle im Guten mitein- men. ander und das finde ich sehr schön. Ich könnte kein Wort der Klage über die Kinder verlieren. M: Bei mir hat sich auch beruflich etwas geän- Das ist einfach toll. dert. Vor vier Jahren habe ich noch 20 Stunden in der Woche in München im IT-Bereich gear- M: Ich warte aber noch auf die Rebellion. beitet. Seit anderthalb Jahren arbeite ich nicht Irgendwann muss das ja kommen, sonst stimmt mehr dort und bin seitdem ohne Anstellung. etwas nicht. F: Bei mir hat es sich so ergeben, dass ich mehr F: Ich denke auch, dass die Kinder irgendwann arbeite. Theoretisch habe ich eine Drei-Tage- mehr alleine oder mit Freunden machen wer- Woche und 24 Wochenstunden, aber praktisch den. Deshalb genieße ich die gemeinsame Zeit habe ich so viel zu tun, dass ich sehr viele Über- mit ihnen jetzt noch sehr, einfach, weil ich weiß, stunden mache und auch an den anderen Tagen dass sie endlich ist. Aber ich schaue auch mit und von zu Hause aus arbeite. Es ist momentan einem frohen Blick nach vorne, weil ich eigene schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen. Interessen habe und gerne mal etwas alleine mache. Das ist bei M: Vor einiger Zeit konnte ich mit dem Spruch mir momentan „Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, etwas einge- große Sorgen“ nicht viel anfangen. Mittlerweile schränkt. sind unsere Kinder 14 Jahre alt und ich sehe, dass zwar manches leichter geworden ist, zum Beispiel was die Fürsorge betrifft. Aber die The- men, um die es jetzt geht, sind viel komplexer. F: Unsere eine Tochter hat zum Beispiel Le- gasthenie und da ist jetzt die Frage, wie es gut für sie weitergehen kann. Wir denken darüber nach, ob eine Berufsfachschule für sie geeignet wäre. Da geht es einfach um ganz andere Weichenstellungen als früher. 19
M: Was sich in den letzten vier Jahren in Nürn- viele Kinder, die auch zu Hause sehr beengt le- berg geändert hat, das ist, dass der Verkehr ben. Und nun haben sie auch hier die Enge und erheblich zugenommen hat. Auch die Größe der nahezu keine Freiflächen und kein Licht. Also, Autos ist beachtlich. Und man merkt gerade in das entspricht nicht meinen Vorstellungen von unserer Gegend, dass mehr Migranten in Nürn- einem zuträglichen Miteinander. Warum wird berg leben. da keine Rücksicht genommen? Das verstehe ich nicht. F: In der Umgebung hier gibt es etliche Flücht- lingsunterkünfte und auch eine Moschee, die Sehr unbefriedigend finde ich auch die Sport- sehr mildtätig gehandelt hat, als die Flüchtlinge hallensituation in Nürnberg. Wir machen selber nach Nürnberg kamen. Sie konnten dort zum viel Sport, und man liest ja immer wieder, dass Beispiel essen und sich Sachen holen. Ein Prob- den Vereinen die Trainingszeiten fehlen. Ich fin- lem gibt es allerdings während des Freitagsge- de, da sollte mehr Geld in die Hand genommen bets. Die Moschee hat kein Parkplatzkonzept werden. Das gilt auch für den Schulbereich. Weil und dann ist hier alles zugeparkt. Wenn es da unsere Kinder auf eine Privatschule gehen, be- mal brennen würde, gäbe es für die Feuerwehr kommen sie keine vergünstigten Schülertickets kein Durchkommen. Das ist aus meiner Sicht für die VAG. Ich finde, das ist nicht sehr wert- nicht hinnehmbar. Aber obwohl ich das bei der schätzend den Eltern gegenüber, die ja ohnehin Stadt angesprochen habe, hat sich nichts geän- einen Teil der Schulkosten selber finanzieren. dert. Dass das Langwasser-Bad gebaut wurde, finde ich prima. Schade finde ich allerdings, dass man Zugenommen hat auf jeden Fall auch die als normaler Badegast mit Einschränkungen Bebauung. Hier bei uns im Stadtteil gibt es leben muss. Die 50m-Bahn ist oft für Vereine ohnehin kaum Grün-, Frei- und Gemeinflächen reserviert und dann bleibt nur noch ein winziger und jetzt soll auch noch der städtische Teil einer Bereich, in dem man selber schwimmen kann. Kleingartenkolonie bebaut werden. Das kann Das Südstadt-Bad, das ja vor einigen Jahren ich einfach nicht nachvollziehen. umgebaut wurde, sieht an vielen Stellen leider schon wieder sehr renovierungsbedürftig aus. M: Es wird bei uns verdichtet, wo es nur geht. Und die Preise im Tiergarten sind aus meiner Hier eine Eckbebauung, dort müssen ein Fabrik- Sicht einfach zu hoch. gebäude und ein Park einer Bebauung weichen, und neben dem Kindergarten hier ist ein riesi- Toll finde ich, dass Herr Maly die Erstwähler ges Objekt hingekommen, das noch höher ist einlädt. Und es wäre schön, noch mehr Mög- als die anderen Häuser. Da fehlt mir einfach ein lichkeiten zu schaffen, bei denen sich Jugendli- Stadtplanungskonzept. che stadtteil- oder themenbezogen einbringen können, nicht nur in Gruppen, Vereinen oder F: Das Gebäude nimmt dem Kindergarten Son- Parteien, sondern auch direkt in der Kommune. nenlicht. Man hätte doch den Kindergarten um Toll ist auch die Schulplatzmiete, die das Staats- fünf Meter erweitern, den Weg verlegen und theater Nürnberg anbietet. In unserer Schule dann bauen können. In dem Kindergarten sind wird das ganz häufig genutzt. 20
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