Krankenhausplanung - Wie kann man Qualitätskriterien einbauen? - Nomos eLibrary
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THEMA Krankenhausplanung – Wie kann man Qualitätskriterien einbauen? Jochen Metzner Krankenhausplanung hat für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zu sorgen, nicht für Jochen Metzner ist Leiter des Referats Krankenhausversor- eine -von den Kassen oft geforderte- künstliche gung im Hessischen Sozial- Angebotsverknappung, um steigende Fallzahlen ministerium, Wiesbaden zu verhindern. Vielmehr muss der Nutzen für den Patienten im Vordergrund stehen. Stichworte hierbei sind: über die Rettungskette optimierte Notfallversorgung, intersektorale Netzwerke bei chronischen Krankheiten, längere Wege bei Elektivleistungen. Mittelfristig muss für Planungsentscheidungen die Ergebnisqualität messbar, allerdings auch justiziabel, sein, denn letztlich zählt das Ergebnis. Für einen wirklichen Qualitätswettbewerb muss das Vergütungssystem umgebaut werden. 1. Einleitung werden. Meldungen, wonach die Bun- desländer im Jahr 2011 ihre Kranken- Es ist ein guter Zeitpunkt, um über hausbeförderung nochmals um insge- Krankenhäuser zu schreiben. Da lief samt 300 Millionen Euro zurückgefah- ein Krimi um die geplante Übernahme ren haben, führen zu leisen Protesten der Rhön-Klinik AG durch Fresenius, der Krankenhausseite und zu Berech- der in der Endphase an alte Folgen von nungen der Krankenkassen, ab wann Dallas oder Denver-Clan erinnerte. die heute noch 2,6 Milliarden Euro bei Da versuchen die Krankenkassen, die Null angelangt sind. Gleichzeitig läuft Krankenhäuser pauschal zu kriminali- ein Gesetzgebungsverfahren, mit dem sieren. Sie werfen Ihnen nacheinander die Krankenhausfinanzierung auch in Abrechnungsbetrug und Zahlung von der Psychiatrie und Psychosomatik auf Zuweiserpämien vor, Sie mahnen die ein pauschalierendes System umgestellt starke Zunahme der Fallzahlen an und wird. Die Bundesregierung verlautbart, unterstellen den Krankenhäusern, ein im Rahmen dieses Verfahrens den Kli- Großteil der Fallzahlsteigerungen sei niken einen teilweisen Ausgleich für überflüssig. Krankenhäuser müssen die Tariflohnsteigerungen gewähren in den Tarifverhandlungen Lohnstei- zu wollen. Nachdem der Bundestag in gerungen von 5 bis 6 % in den Jahren dritter Lesung beschlossen hat, dass die 2013 und 2014 akzeptieren, die von der Entlastung der Krankenhäuser durch Öffentlichkeit als angemessen bewertet neue Zusatzbelastungen teilweise kom- https://doi.org/10.5771/1611-5821-2012-4-25 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 02.12.2021, 12:37:26. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. G+S 4/2012 25
THEMA pensiert wird, kündigen einzelne Länder auch der Verfasser in seiner juristischen soll sie dazu beitragen, die Kosten zu an, den Vermittlungsausschuss anrufen Ausbildung nie erfahren, dass es so beherrschen und, soweit wie möglich, zu wollen. Darauf droht der Bundesge- etwas wie ein Krankenhausfinanzie- jede Verschwendung finanzieller, tech- sundheitsminister den Ländern in einem rungsgesetz oder Krankenhausgesetze nischer und menschlicher Ressourcen zu Schreiben, er werde die Regelungen zur der Länder überhaupt gibt, geschweige verhindern. Eine solche Verschwendung Krankenhausfinanzierung insgesamt denn Informationen über die Inhalte von wäre umso schädlicher, als der Sektor zurücknehmen, wenn der Vermittlungs- Krankenhausplanung erhalten. "Kran- der Krankenhausversorgung bekannt- ausschuss angerufen wird. Er hat offen- kenhausplanung" ist jedenfalls nicht lich erhebliche Kosten verursacht und sichtlich ein besonderes Verhältnis zur "sexy" und klingt nach Kolchose und wachsenden Bedürfnissen entsprechen Gewaltenteilung (aus der Homepage des kommunistischer Planwirtschaft. muss, während die finanziellen Mittel, Deutschen Bundestags: "Der Bundestag Aber auch manchen "Insidern" ist die für die Gesundheitspflege bereitge- ist nach dem Prinzip der Gewaltentei- offensichtlich nicht klar, was Kranken- stellt werden können, unabhängig von lung die gesetzgebende Gewalt (Legis- hausplanung kann, soll und darf. So deren Art und Weise der Finanzierung lative) in Deutschland. Demgegenüber heißt es im Anschreiben der Herausge- nicht unbegrenzt sind.“ Das Bundesver- stehen die Bundesregierung als Exeku- ber dieses Sonderhefts an den Verfasser fassungsgericht hat in ähnlicher Weise tive und die Bundes- und Landesgerichte u.a.: „Die erfolgreiche Einführung des formuliert 2 : „Zu den Gemeinwohlbela- als Judikative."). Als an der Grenze zu DRG-Systems hat bisher keine adäqua- ngen von hoher Bedeutung, die Vorrang Mainz wohnender Wiesbadener möchte te, leistungsbezogene Krankenhauspla- vor der ungehinderten Berufsausübungs- man ausrufen: "ja iss dann heut schon nung Nach sich gezogen. So weist die freiheit haben, zählt die bedarfsgerechte Fassenacht!?". Zahl der erbrachten Leistungen und ihre und leistungsfähige Krankenversorgung Das Ganze findet erstaunlicherwei- jährliche Steigerung deutlich über eine der Bevölkerung sowie sozial tragbare se weitgehend unbemerkt von der Öf- morbiditätsbedingte Zunahme hinaus.“ Krankenhauskosten, dies schon wegen fentlichkeit statt, sieht man davon ab, Ich bin daher dankbar, hier die Gele- ihrer Auswirkungen auf die Stabilität dass die geplante Übernahme von Rhön genheit zu erhalten, die Sicht eines Län- der gesetzlichen Krankenversicherung. durch Fresenius in den Wirtschaftsseiten dervertreters zur Krankenhausplanung Bezogen auf die Zielsetzungen sind die der Zeitungen Thema war. einbringen zu dürfen. Freilich würde ein gesetzgeberischen Mittel der Kranken- Es ist erstaunlich: Krankenhäuser ausschließlicher Blick auf die Planung hausplanung, besonders die Planzulas- werden in der Öffentlichkeit nicht als nicht ausreichen, den komplexen Zu- sungsvoraussetzungen, nicht unverhält- Wirtschaftssubjekte wahrgenommen. sammenhängen der derzeitigen Dyna- nismäßig. Sie sind geeignet, erforderlich Sie sind einfach da, müssen einfach da mik im Krankenhausbereich gerecht zu und auch für die Betroffenen zumutbar.“ sein, schließlich macht fast jeder von uns werden: "Alles hängt mit allem zusam- Die Verantwortung des Staates für die seinen ersten Atemzug in einem Kran- men“, das erklärte nicht nur Bundes- Krankenhausplanung ergibt sich unmit- kenhaus, die meisten von uns werden kanzlerin Merkel im März 2011 in Bad telbar aus dem Grundgesetz (GG). Auch auch ihren letzten Atemzug in einem Kreuznach und auch Finanzminister hierzu hat das BVerfG ausgeführt3: „Das Krankenhaus machen. Krankenhäuser Wolfgang Schäuble beim G 20-Treffen Grundgesetz verpflichtet den Staat, verbindet man mit Emotionen, nicht mit im November 2009, das gilt auch für die menschliches Leben zu schützen. Diese Nachrichten im Sender NTV. Daher ist Krankenhausversorgung, wo Planung, Schutzpflicht hat ihren Grund in Art. 1 auch kaum bekannt, welch gewaltige Betriebs- und Investitionskostenfinan- Abs. 1 GG; ihr Gegenstand und – von Wirtschaftsmacht Krankenhäuser dar- zierung sich gegenseitig beeinflussen. ihm her – ihr Maß werden durch Art. 2 stellen. Hier werden mehr als 75 Mrd. Abs. 2 GG näher bestimmt.“ Die Wür- Euro umgesetzt, in deutschen Kranken- 2. Grundsätze der de des Menschen und das Recht auf häusern arbeiten ca. 1,1 Mio Menschen, Krankenhausplanung Leben und körperliche Unversehrtheit in der Automobilindustrie inklusive Zu- sind somit Maßstab jeder Gesundheits- lieferbetriebe ca. 720.000. Alleine in Dass Krankenhausplanung notwendig politik. Das in Art. 20 GG verankerte hessischen Krankenhäusern sind 71.400 ist, wird nicht bestritten. Der Europäi- Sozialstaatsprinzip drückt zusätzlich die Personen beschäftigt, exakt so viele wie sche Gerichtshof1 hat hierzu festgestellt: „unverrückbare Verantwortung“ des bei Apple und Google weltweit zusam- „So ist allgemein bekannt, dass die Zahl Staates für die Versorgung der Bevölke- men! Dennoch geht es in öffentlichen der Krankenanstalten, ihre geographi- rung mit Krankenhausleistungen aus. Diskussionen bei Krankenhäusern fast sche Verteilung, ihr Ausbau und die Die Zuständigkeit ergibt sich ebenfalls immer darum, welche Kosten sie verur- Einrichtungen, über die sie verfügen, aus dem GG: nach Art. 74 Nr. 19a, der sachen. Öffentliche Forderungen, Kran- oder auch die Art der medizinischen im Jahr 1969 ins GG eingefügt wurde, kenhäuser zu schließen, wie Ende letzten Leistungen, die sie anbieten können, Jahres vom BEK Chef Dr. Straub, finden planbar sein müssen. Eine derartige Beifall, die Neckermann-Insolvenz mit Planung beruht im Allgemeinen auf 1 EuGH-Urteil in der Rechtssache Smits und Peerbooms (C-157/99) vom 12.07.2001, dem möglichen Verlust von 2.400 Ar- verschiedenen Bestrebungen. Zum ei- RdNr. 76ff.; ebenso in der Rechtssache beitsplätzen deutschlandweit sorgt für nen bezweckt sie, im betreffenden Staat Müller-Fauré und van Riet (C-385/99) vom Schlagzeilen auf Seite 1. zu gewährleisten, dass ein ausgewoge- 13.05.2003, Rdnr. 73ff. 2 BVerfG, Beschluss vom 12.06.1990, 1 BvR Mit Krankenhausplanung können nes Angebot qualitativ hochwertiger 355/86, BVerfGE 82, 209. die wenigsten Leute etwas anfangen. Krankenhausversorgung ständig aus- 3 BVerfG, Urteil vom 28.05.1993, BVerfGE 88, Das ist nicht ungewöhnlich, hat doch reichend zugänglich ist. Zum anderen 203 ff. https://doi.org/10.5771/1611-5821-2012-4-25 26 G+S 4/2012 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 02.12.2021, 12:37:26. 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THEMA obliegt dem Bund die Zuständigkeit für Bedarf ist also das, was „ist“, nicht 2 SGB V kraft Gesetzes zur Versorgung die wirtschaftliche Sicherung der Kran- das, was „sein soll“. Es ist nicht Aufga- gesetzlich Versicherter zugelassen sind, kenhäuser und die Regelung der Kran- be der Krankenhausplanung, Fallzahl- vermeidet.“ kenhauspflegesätze. Da Krankenhaus- steigerungen zu verhindern. Für jede Auch der Sachverständigenrat zur planung nicht erwähnt wird, ergibt sich Krankenhauseinweisung muss nach § Begutachtung der Entwicklung im Ge- im Umkehrschluss die Zuständigkeit der 39 SGB V der behandelnde Arzt beur- sundheitswesen8 spricht dafür aus, von Länder für die Krankenhausplanung.4 teilen, ob sie notwendig ist oder nicht. der Angebotsplanung zu einem Ange- Die Aufgabe der Krankenhauspla- Ob dies begründet ist oder nicht, kann botsmonitoring überzugehen. Dabei nung ist die „bedarfsgerechte Versor- von der Krankenhausplanungsbehörde solle man Unterversorgung vermeiden; gung der Bevölkerung mit Kranken- überhaupt nicht beurteilt werden. Dazu ein Überangebot könne toleriert werden, hausleistungen“, das ergibt sich aus § ist der Medizinische Dienst der Kran- wenn Investitionsanteile in den DRGs 1 Abs. 1 i.V. mit § 6 Abs. 1 des Kran- kenkassen da, von dem wohl niemand enthalten seien. Krankenkassen und kenhausfinanzierungsgesetzes (KHG). behaupten würde, er nehme seine Prüf- Ärztekammern müssten einer angebot- Zur Verwirklichung dieser Ziele haben tätigkeit unzureichend wahr, speziell bei sinduzierten Nachfrage entgegenwirken. die Länder nach § 6 Abs. 1 Kranken- der Frage der primären Fehlbelegung. Es Krankenhausplanung wird sich im- hauspläne aufzustellen. Die Aufnahme wird keinesfalls verkannt, dass es eine mer mit der Frage befassen müssen, wie in den Krankenhausplan ist eine Kon- Vielzahl von unnötigen Operationen viel Regulierung sein muss und wie viel zession und berechtigt zur Abrechnung gibt. Die jüngsten Veröffentlichungen Freiheit für die Akteure bleibt. Der Staat mit den gesetzlichen Krankenkassen, des RWI hierzu sind überzeugend. Im hat die Grundlagen und die Spielregeln wenn deren Patienten behandelt wur- Krankenhausratingreport 2012 wird vorzugeben, sollte aber ansonsten un- den, sie verschafft dem Krankenhaus zu Recht darauf hingewiesen, dass es ternehmerische Freiheit belassen. Das daneben einen Anspruch auf Förde- folgerichtig ist, wenn sich Marktteil- ist deshalb zwingend, weil Regelungen rung seiner notwendigen Investitionen nehmer entsprechend verhalten, um in der Krankenhausplanung immer auch gegen das Bundesland, in dessen Eingriffe in die Berufsfreiheit der Be- Krankenhausplan es aufgenom- treiber sind. Schon die Nichtaufnahme men ist (vgl. §§ 4, 8 Abs. 1 KHG). „Krankenhausplanung“ eines Krankenhauses in den Kranken- Doch was ist der „Bedarf“ einer ist nicht „sexy“ und klingt hausplan stellt einen schwerwiegenden Bevölkerung? Ist er subjektiv Eingriff in die Berufswahl dar, der nur – vom einzelnen Bürger aus be- nach kommunistischer durch Gemeinwohlbelange von hoher trachtet – oder objektiv – nach Planwirtschaft. Bedeutung gerechtfertigt sein kann. Erst festzusetzenden Kriterien zu recht würde die – von den Krankenkas- bemessen? Die Rechtsprechung hierzu ihre Erlöse zu optimieren. Dass ihnen sen oft geforderte – Herausnahme eines ist eindeutig: „Die Bedarfsanalyse ist freilich teilweise gar keine Wahl bleibt, Krankenhauses aus dem Krankenhaus- die Beschreibung des zu versorgenden als Fallzahlen um jeden Preis zu steigern, plan vor Gericht nur mit allergrößten Bedarfs der Bevölkerung an Kranken- wird weiter unten diskutiert. Es wird Schwierigkeiten Bestand haben. Soweit hausbetten. Dabei kann zwischen der auch nicht verkannt, dass die heute übli- ersichtlich haben schließlich auch Kran- Beschreibung des gegenwärtigen Be- chen Leistungsanreize in Form variabler kenkassen noch nie von der Möglichkeit darfs und der Bedarfsprognose, also Vergütungsanteile für Chefärzte dazu des § 110 SGB V Gebrauch gemacht, der Beschreibung des voraussichtlich in herausfordern, auch dann zu operieren, den Versorgungsvertrag eines Plan- der Zukunft zu erwartenden Bedarfs, wenn man dies bei sich selbst nicht tun krankenhauses zu kündigen. Das Land unterschieden werden. In beiden Hin- würde. Jedoch ist es nicht Aufgabe der könnte dem nur widersprechen, wenn sichten aber ist unter dem Bedarf der Krankenhausplanung, dies durch eine das Krankenhaus für die Versorgung der tatsächlich auftretende und zu versor- Angebotsverknappung zu verhindern. Bevölkerung unverzichtbar ist, was in gende Bedarf und nicht ein mit dem Das hieße, Unterversorgung in Kauf zu Hessen für nicht einmal die Hälfte der tatsächlichen nicht übereinstimmender nehmen, was gegen das Grundgesetz Plankrankenhäuser gilt. erwünschter Bedarf zu verstehen. Dem verstieße, weil es weder Art. 2 Abs. 2 Land ist nicht erlaubt, bei der Ermitt- GG noch dem Sozialstaatsprinzip ent- 3. Krankenhausförderung lung des zu versorgenden Bedarfs seiner spräche. Bedarfsanalyse nicht den tatsächlichen Das BVerwG hat in seinem Urteil Hier soll keineswegs behauptet werden, Bedarf zugrunde zu legen, sondern da- vom 25.9.20087 denn auch folgendes die Höhe der von den Ländern derzeit von abweichende niedrigere Zahlen, und ausgeführt: „Aus § 8 Abs. 2 Satz 2 gezahlten Fördermittel sei ausreichend. damit eine Minderversorgung in Kauf KHG lässt sich ein Verbot der Überver- Das sind sie nicht. Die derzeit gezahlten zu nehmen. Die Bedarfsanalyse als sol- sorgung mit Plankrankenhäusern nicht che ist kein Planungsinstrument.“5 „Der entnehmen. Erst recht begründet die 4 Dazu ausführlich Metzner 2011. tatsächlich zu versorgende Bedarf ergibt Vorschrift kein subjektives Recht eines 5 VGH Baden-Württemberg, Urteil vom sich aus der Summe der Verordnungen Plankrankenhauses auf Einhaltung ei- 16.04.2002, 9 S 1586/01. für Krankenhausbehandlung durch die nes solchen Verbots. Ein Krankenhaus 6 OVG Lüneburg, Urt. v. 15.12.1998 – 11 L Ärzte und deren Anerkennung, also Ab- hat keinen Anspruch darauf, dass die 6860/98, MedR 2000, S. 93. 7 BVerwG, Urt. V. 25.9.2008, 3 C 35.07, zit. n. rechnung durch die jeweils zuständigen Planungsbehörde eine Überversorgung juris, RdNr. 17. Krankenkassen.“6 mit Krankenhäusern, die nach § 108 Nr. 8 SVR 2007, S. 303. https://doi.org/10.5771/1611-5821-2012-4-25 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 02.12.2021, 12:37:26. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. 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THEMA ca. 2,7 Mrd. Euro jährlich sind zu we- programm gewährt hat. Kein Unterneh- werte dafür entsprechend stärker ge- nig, notwendig wären 5–6 Mrd. Euro, men kann auf Dauer am Markt bestehen, stiegen wären. Der Krankenhaus Rating davon ausgehend, dass man alle deut- wenn die Preise weniger stark steigen als Report 2012 liefert hierzu überzeugende schen Kliniken alle 25 Jahre neu bauen die Kosten. Genau diese Situation haben Berechnungen. Nötig sind intelligente müsste (übliche Abschreibungszeit). Bei wir aber im Krankenhausbereich. Die Lösungen für die Mengendynamik, die einer Summe von ca. 200.000 Euro pro Veränderungsrate, künftig der „Verän- Kollektivhaftung aller Krankenhäuser Bett (ohne die nicht förderfähigen Auf- derungswert“, der ab 2013 eine grotesk für hohe Fallzahlanstiege einzelner ge- wendungen für Erschließung. Grund- minimale Erhöhung Richtung Orientie- hört nicht dazu. Steigende Fallzahlen stück, Instandhaltung und Ambulan- rungswert möglich machen soll, bildet und Schweregradsteigerungen dürfen zen) ergäbe sich bei 500.000 Betten ein die Obergrenze für die Erhöhung des den Landesbasisfallwert nicht senken. Betrag von 100 Mrd. Euro, also 4 Mrd. Landesbasisfallwerts. Selbst diese wird Morbidität und Demographie müssen Jährlich, dazu kämen die Auswendun- aber nicht immer erreicht, denn steigen- bezahlt werden. Die Mengensteuerung gen für die kurzfristigen Anlagegüter, de Morbidität und steigende Fallzahlen muss daher auf Ebene des einzelnen also im Wesentlichen Medizintechnik. führen zu einer Absenkung des Landes- Krankenhauses erfolgen. Dort könnte In der Tat beruht ein Teil der wirt- basisfallwerts. Gleichzeitig werden ver- man anhand der § 21-Daten mühelos schaftlichen Schwierigkeiten vieler Kli- einbarte Mehrleistungen nur zu 75 % feststellen, wodurch steigende Fallzah- niken auch darauf, dass sie eigentlich bezahlt, nicht vereinbarte nur zu 35%. len zustande kommen, und dies auch bei förderfähige Investitionen aus Betriebs- Insgesamt resultiert daraus eine Situa- einem prospektiven Budget berücksich- mitteln bezahlen. Die Investitionsbe- tion, die zutreffend mit „Hamsterrad- tigen. Leichte Elektiveingriffe könnten wertungsrelationen nach § 10 KHG, effekt“ bezeichnet wird. Ein Kranken- mit einem sehr hohen Mehrleistungsab- die aktuell vom InEK kalkuliert werden, haus verschlechtert seine werden Licht ins Dunkel bringen, bein- wirtschaftliche Situation, halten sie ja nicht nur Investitionsrela wenn es im nächsten Jahr Der Staat hat die Grundlagen tivgewichte, sondern werden mit echten gleichbleibende Fallzahlen und Spielregeln vorzugeben, Zahlen unterlegt sein. Das bedeutet, dass hat. Also versuchen fast die investiven Relativgewichte, es auch alle Krankenhäuser, Fall- sollte aber ansonsten erlauben, einen „Bundes- oder Landes zahlsteigerungen um jeden unternehmerische Freiheiten basisinvestitionsfallwert“ zu ermitteln, Preis zu erreichen, auch aus dem dann die tatsächlich erforder- wenn die Eingriffe nicht im- belassen. lichen Mittel ersichtlich werden. Ob mer notwendig wären. Sinn- das angesichts der in Kürze greifenden volle und notwendige Kooperationen schlag belegt werden, der mehrere Jahre Schuldenbremsen in den Länderhaushal- finden nicht statt, weil man den Kon- gültig sein sollte. Der GBA könnte einen ten für eine Erhöhung der Fördermittel kurrenten lieber die Patienten abwirbt, Katalog dieser Leistungen erstellen. So- sorgt, bleibt abzuwarten. Im Übrigen indem Konkurrenzangebote aufgebaut weit es Kriterien für die Ergebnisquali- wird im Krankenhaus Rating Report werden, statt alternative Schwerpunkte tät dieser Leistungen gibt, könnte man 2012 darauf hingewiesen, dass die Wirt- zu bilden. Es spricht Bände, wenn das Mengensteigerungen auch nur noch dort schaftlichkeit der Krankenhäuser nicht InEK berichtet, dass fast die gesamtem zulassen, wo die Ergebnisqualität beson- von der Höhe der erhaltenen Förder- Fallzahlsteigerungen der letzten Jah- ders gut ist. Schließlich wäre das auch mittel abhängt. Der Verfasser plädiert re auf leichte orthopädische Eingriffe, ein Feld für Selektivverträge, gekoppelt dafür, die Möglichkeiten des § 10 KHG Gallenblasenoperationen, und elektive an Ergebnisqualität, sodass nicht die zu nutzen und die Förderung auf Basis Herzkatheteruntersuchungen zurückge- Billigsten zum Zuge kommen, sondern der Investitionsbewertungsrelationen hen. Das InEK arbeitet durch Splittung die Besten. Auch die im Rahmen des Ge- zu pauschalieren. Hessen ist dazu ent- bei diesen DRGs ja teilweise daran, die setzgebungsverfahrens zum PsychEntgG schlossen und hat hierfür ein spezielles Anreize zu mindern, leider werden die diskutierte Lösung, dass Krankenkassen Konzept entwickelt. schon jetzt vorhanden Möglichkeiten ihren Versicherten anbieten könnten, des § 17b Abs. 1 Satz 11 KHG von der auf die Zuzahlung für den stationären 4. Betriebskostenfinanzierung Selbstverwaltung nicht genutzt. Diese Aufenthalt (immerhin bis zu 280 Euro Vorschrift bestimmt, dass die Relativ- jährlich) zu verzichten, wenn der Ver- Die Zahlen des Statistischen Bundesam- gewichte für Leistungen, bei denen in sicherte ein von der Kasse vorgeschla- tes belegen, dass die bereinigten Kosten erhöhtem Maß wirtschaftlich begrün- genes Krankenhaus wählt, wäre eine der Krankenhäuser für die stationären dete Leistungssteigerungen eingetreten gute Möglichkeit, aber nur, wenn der Leistungen seit Einführung des DRG- oder zu erwarten sind, gezielt abgesenkt Vorschlag der Kasse auf nachprüfbaren Systems deutlich stärker gestiegen sind oder in Abhängigkeit von der Fallzahl Erkenntnissen zur Ergebnisqualität des als die Ausgaben der Krankenkassen bei diesen Leistungen gezielt vorgegeben Krankenhauses für die Leistung beru- für die Krankenhäuser. Noch deutlich werden können. hen muss. geringer sind die Anstiege der Landes- Man müsste insgesamt nicht mehr Man sollte sich endlich davor hüten, basisfallwerte in diesem Zeitraum. Und Geld ausgeben, wenn die Fallzahlstei- jede Idee sofort mit einem „das geht dies, obwohl im Jahr 2009 die Bundes- gerungen der letzten Jahre bei den ver- nicht“ zu kontern, wie dies die DKG gesetzgebung reagiert hat und u.a. einen muteten morbiditätsbedingten ca. 1% oder auch manche Bundesländer re- Tarifausgleich sowie das Pflegesonder- geblieben wären, die Landesbasisfall- flexhaft tun. Dies gilt auch für die neue, https://doi.org/10.5771/1611-5821-2012-4-25 28 G+S 4/2012 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 02.12.2021, 12:37:26. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA hochinteressante Idee eines „Zertifika- schiedenen Ansätze aufzuzählen, wie ja gesetzlichen Auftrag, Verfahren und tehandels“ von Leistungen. Bei elektiven auch die Planungstiefe in den Ländern Methoden für eine einrichtungs- und Eingriffen, etwa solchen, die in § 17b ganz unterschiedlich ausgeprägt ist. Im möglichst sektorenübergreifende Ergeb- Abs.1 Satz 11 KHG genannt sind, sollte Wesentlichen werden in einzelnen Berei- nisqualität zu entwickeln. All dies lässt man das intensiv diskutieren, statt gleich chen qualitative Vorgaben für Struktur- die Patienten ratlos zurück. Wer sich be- mit Kennermiene zu erläutern, warum es und Prozessqualitätsaspekte gemacht. müht, in dem Wust an Informationen nicht funktionieren kann. Die subjektiven Erwartungen der Pa- einen roten Faden, eine nachvollziehbare Die Bundesländer beschäftigen sich tienten müssen im Rahmen der Kran- Entscheidungsgrundlage für etwa eine derzeit in einer Arbeitsgruppe mit der kenhausplanung berücksichtigt werden, geplante Operation zu erhalten, wird Thematik. Freilich wird man nun ab- müssen aber gegen andere Ziele abge- am Ende der Empfehlung seines Arztes zuwarten haben, welche Ergebnisse das wogen werden. Dies gilt besonders, vertrauen oder dort hingehen, wo die im Rahmen des PsychEntgG nun zum wenn sich Erwartungen gegenseitig Familie schon immer hingegangen ist. Thema Vergütungssystem/Mengenpro- widersprechen. Wer gesund ist, hart blematik/Qualität vorgesehene Gutach- andere Erwartungen als der akut oder 6. Künftige Rolle der ten, das die Selbstverwaltung in Auftrag chronisch Kranke. Wer Geburtshilfen Krankenhausplanung geben muss, erbringen wird. Man darf oder gar Kinderkliniken wohnortnah hierauf sehr gespannt sein. an jeder Ecke fordert, muss akzeptie- Was bedeuten die geschilderten Rah- ren, dass diese regelmäßig weder qua- menbedingungen für die Kranken- 5. Qualität litativ hochwertig sein können noch hausplanung? Wie kann ein Konzept wirtschaftlich arbeiten können. Qualität für die Zukunft aussehen, woran soll Wie soll und kann nun die Qualität in spielt in vielerlei Hinsicht eine Rolle. Es sich Krankenhausplanung orientieren? der Krankenhausplanung berücksich- gibt die umfangreichen Vorgaben des Michael Porter, der Guru der Betriebs- tigt werden? Das führt zunächst zu der Gemeinsamen Bundesausschusses in wirtschaftslehre aus Harvard, be- Frage, was die Qualität in der Kranken- Form von Richtlinien, es gibt dabei die schäftigt sich seit einigen Jahren auch hausbehandlung eigentlich ausmacht. – momentan ausgesetzten – Mindest- mit Gesundheitssystemen und hat die Worauf kommt es an, um Qualität be- mengen, es gibt Vorgaben zur einrich- einfache, aber dadurch auch geniale urteilen zu können? Die alte Erkenntnis tungsübergreifenden Qualitätssicherung Antwort: am „Value“ d.h. „Wert“ oder aus dem Marketing "Qualität ist wenn mit dem „strukturierten Dialog“, es gibt „Nutzen“ für den Patienten. Was das ist, der Kunde zurückkommt und nicht die Qualitätsanforderungen in den OPS, ist freilich immer noch so unscharf wie Ware" gilt auch im Krankenhaus, wenn- es gibt Leitlinien der medizinischen die Betonung von „flächendeckender“ gleich nicht wörtlich. Wer rückblickend Fachgesellschaften und unterschiedli- Versorgung. Krankenhausplanung, die diese Klinik wieder wählen würde, weil che Anforderungen diverser Zertifizie- sich am Nutzen für den Patienten ori- die Erwartungen erfüllt wurden, die rungsverfahren. Krankenhäuser müssen entieren will, muss differenzieren und man hatte, wird dieses Krankenhaus mittlerweile jährlich Qualitätsberichte Schwerpunkte setzen. weiterempfehlen und wieder wählen. veröffentlichen und dort zunehmend Die Erwartungen sind allerdings so ver- auch „harte“ Fakten veröffentlichen. Im 6.1 Notfallversorgung schieden wie die Menschen, die sie ha- strukturierten Dialog müssen Kranken- ben: bei identischer Diagnose wird der häuser sich rechtfertigen, wenn sie auf- Wer einen schweren Unfall, einen Herz- eine Patient von einer Knieendoprothese fällige Ergebnisse haben. Es existieren infarkt oder Schlaganfall erleidet und erwarten, wieder schmerzfrei gehen zu eine Reihe von Initiativen, vorwiegend in Lebensgefahr ist, genießt einen be- können, der nächste, wieder Tennistur- getrieben von privaten Klinikketten, wie sonderen Schutz des Staates aus Art. niere spielen zu können. Von den 2 Abs. 2 GG. Hier muss die ge- Erwartungen hängt die subjekti- samte Rettungskette greifen, die ve "Qualität" des Ergebnisses der Fast alle Krankenhäuser Rettungsdienst und Krankenh- Krankenhausbehandlung ab, hängt versuchen Fallzahlsteigerungen ausversorgung umfasst. Für den allerdings auch ab, ob man sich Nutzen des Patienten ist es gleich, überhaupt zu einer Operation ent- zu erreichen, auch wenn wie das organisiert wird. Er muss schließt oder nicht. Ob und inwie- Eingriffe nicht immer lediglich innerhalb einer Stunde fern die Notwendigkeit einer Kran- nach Alarmierung in einem ge- kenhausbehandlung überhaupt von notwendig sind. eigneten Krankenhaus sein, muss den persönlichen Erwartungen der dort in der erforderlichen Art und Patienten abhängig gemacht werden darf QSR (Helios, AOK), Qualitätskliniken. Zeit (etwa „door to needle“) weiterbe- und ob es Aufgabe der GKV ist, diese de (Asklepios, Rhön, Sana), und diverse handelt werden. Um das zu erreichen, Erwartungen zu finanzieren, ist eine an- Veröffentlichungen im Internet oder in sind in Hessen in den letzten Jahren eine dere Frage, die nicht Gegenstand dieses Magazinen (Fokus). Allen gemeinsam Vielzahl von Aktivitäten unternommen Aufsatzes ist. Die bisherige Berücksich- ist, dass sie (auch) die Ergebnisse der worden, auch durch klare und mitein- tigung von Qualitätsaspekten erfolgt in stationären Versorgung transparent ander abgestimmte gesetzliche Vorga- der Krankenhausplanung der einzelnen und messbar machen wollen. AQUA ben im Rettungsdienst- und Kranken- Bundesländer höchst unterschiedlich: es als vom Gemeinsamen Bundesausschuss hausgesetz, durch die Unterstützung würde den Rahmen sprengen, die ver- beauftragtes Institut hat schließlich den von Netzwerken wie dem bundeswei- https://doi.org/10.5771/1611-5821-2012-4-25 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 02.12.2021, 12:37:26. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. G+S 4/2012 29
THEMA ten Traumanetzwerk oder regionalen 6.3 Planbare Leistungen Federn gelassen, daher will keine Kasse Schlaganfall- und Herzinfarkinitiativen, mehr ein solches Risiko eingehen. Na- zuletzt durch die Verpflichtung, einen Planbare Leistungen, hierzu gehören türlich ist die Kritik der Kassen am fau- hessenweit einheitlichen webbasierten auch Geburten, muss es nicht an je- len Kompromiss Gesundheitsfonds ver- Versorgungskapazitätsnachweis einzu- der Ecke geben. Im Hessischen Kran- ständlich, natürlich braucht eine Kasse führen, durch den in Frankfurt bereits kenhausgesetz 2011 wird die beson- Beitragssatzautonomie. Dennoch ist es jegliche Notzuweisung der Vergangen- dere Rolle der Notfallversorgung, der schade, dass nicht mehr Kassen erken- heit angehört. Intensivmedizin und der chronischen nen, dass sie einen Wettbewerbsvorteil Erkrankungen betont. Es wird aber erzielen könnten, wenn sie sich ernsthaft 6.2 Chronische Krankheiten auch definiert, dass planbare Leistun- bemühten, ihren Kunden den maxima- gen „zeitnah“ innerhalb des jeweiligen len Nutzen zu verschaffen, indem ihnen Chronische und altersbedingte Erkran- Versorgungsgebiets (insgesamt sechs in wirkliche Versorgungsverbesserungen kungen schränken die Lebensqualität Hessen) zur Verfügung stehen sollen. angeboten werden. Der bereits erwähn- der betroffenen Menschen stark ein und Es ist also gesundheitspolitischer Wille, te in Hanau abgeschlossene Vertrag hat verbrauchen einen Großteil der Ressour- dass Patienten dafür längere Wege in zusätzlich den besonderen Charme, dass cen des Gesundheitssystems. Die betrof- Kauf nehmen, wenn dafür die Quali- gleich zwei große Kassen gemeinsam fenen Menschen haben nur dann wirk- tät stimmt. Planung muss Wege finden, beteiligt sind. Auch die Ankündigung lichen „Nutzen“, wenn die Behandlung Zentralisierungen und Spezialisierungen der AOK, i.V.-Verträge an Qualitäts- „um sie herum“ organisiert wird, wenn zu stärken. Das geht nicht, indem ein- ergebnisse aus Routinedaten koppeln mittels Case Management interdiszipli- zelnen Kliniken vorgeschrieben wird, zu wollen, gibt Anlass zu vorsichtigem welche einzelnen Facharzt- Optimismus. Die subjektiven Erwartungen kompetenzen sie betreiben dürfen. Vielmehr müssen 6.5 Berücksichtigung von der Patienten müssen bei alle Versuche unternommen Qualitätsaspekten der Krankenhausplanung werden, größere Einheiten zu schaffen, um Spezialisie- Unter 5. wurde dargelegt, wie viele berücksichtigt, aber gegen rung und Wirtschaftlichkeit unterschiedliche Qualitätsvorgaben andere Ziele abgewogen zu fördern. Stichworte sind es bereits gibt. Die Vorgaben des Ge- Konzernbildung, Fusionen, meinsamen Bundesausschusses gelten werden. Standortzusammenlegun- bundesweit, das ist begrüßenswert. gen, teil auch mit Schlie- Allerdings greifen die Richtlinien zum när, intersektoral und abgestimmt be- ßungen. Aus diesem Grund (und um Teil sehr stark in die Krankenhauspla- handelt wird. Hier spielen Netzwerke die Zukunft der kommunalen Träger, nung ein. Daher sollte den Ländern eine wichtige Rolle. Mit der Neufassung die den Sicherstellungsauftrag inneha- zumindest ein Sitz ohne Stimme im des Hessischen Krankenhausgesetzes ben, zu stärken), wird in Hessen derzeit Ausschuss für Qualitätssicherung zuer- werden solche Netzwerke gefordert, es im Auftrag des hessischen Gesundheits- kannt werden, wie es die Gesundheits- kann jetzt erstmalig auch ein Versor- ministers Stefan Grüttner ein Konzept ministerkonferenz jüngst gefordert hat. gungsauftrag als besondere Aufgabe entwickelt, um die kommunalen Kli- Hierüber kann es eigentlich keine zwei an ein gemeinsam agierendes Netzwerk niken in Hessen in Holdingstrukturen Meinungen geben. Ergänzende quali- vergeben werden. Für diese Erkrankun- einzubinden. tätssichernde Regelungen der Länder gen machen auch besondere Länderkon- sind da sinnvoll, wo die Vorgaben des zepte Sinn, wenn die bundesrechtlichen 6.4 Integrierte Versorgung (i.V.) Gemeinsamen Bundesausschusses nicht Vorgaben nicht ausreichen. Als Beispiel vorhanden sind oder nicht weit genug sei das Hessische Onkologiekonzept ge- Sie bietet ideale Möglichkeiten, um bei gehen. So hat Hessen eine Struktur- nannt, das derzeit umgesetzt wird. Hier- chronischen Erkrankungen eine patien- mindestmenge von 35–50 Geburten bei sind alle Krankenhäuser einer Regi- tenorientierte, qualitätsgesicherte und unter 1500g für die Neonatologie Le- on verpflichtet, bei Krebserkrankungen wirtschaftliche Versorgung zu organi- vel 1 vorgegeben, um ein „Hochrüsten“ zu kooperieren. Die Koordination über- sieren. Leider ist die Geschichte der i.V. aus Marketinggründen zu verhindern. nehmen insgesamt acht Krankenhäuser ein Trauerspiel, von wenigen positiven Wer unter dieser Menge bleibt, hat die in den sechs Versorgungsgebieten. Die Ausnahmen wie dem in diesem Heft Möglichkeit, eine besondere Qualität niedergelassenen Spezialpraxen sind beschriebenen Vertrag zur Behandlung anhand der hessischen Neonatologie- (hier werden die künftigen Vorgaben des psychischer Erkrankungen in Hanau ab- studie nachzuweisen. Im Hessischen § 116b ohnehin greifen) einzubinden. gesehen. Die Krankenkassen nutzen die Krankenhausgesetz ist in § 19 Abs. 2 Alle Patienten sollen in abgestimmte und Möglichkeiten der i.V. praktisch nie, es nun geregelt, dass bei den krankenhaus- qualitätsgesicherte Behandlungsverläufe geht bei fast allen bekannten Verträgen planerischen Entscheidungen auch die in eingebunden werden. Ob das die Quali- nur um Preisdumping. Das liegt offen- den §§ 135 bis 139 c SGB V entwickelten tät tatsächlich verbessert, wird man in sichtlich, man erkennt es auch an den Indikatoren zur Ergebnisqualität zu be- den nächsten Jahren überprüfen kön- Diskussionen um das Krankenhausent- rücksichtigen sind. In der Begründung nen, wenn die klinischen Krebsregister geltsystem, an der panischen Angst vor dazu heißt es: „Der Hinweis auf die deutschlandweit eingeführt sind. Zusatzbeiträgen. Die DAK hat genug Berücksichtigung von Qualitätsindi- https://doi.org/10.5771/1611-5821-2012-4-25 30 G+S 4/2012 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 02.12.2021, 12:37:26. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA katoren in Abs. 1 macht deutlich, dass erstellt, die Anhaltspunkte für Struk- 7. Schlussbemerkung die Qualität der erbrachten Ergebnisse turdefizite oder Schnittstellenprobleme künftig bei den Einzelentscheidungen liefern können. Wann es auch soweit ist, Die Krankenhausplanung hat sich als des Krankenhausplans eine bedeutende krankenhausplanerische Entscheidun- Instrument bewährt, um die bedarfsge- Rolle spielen wird. Allerdings steht die gen auf der Basis von Ergebnisqualität rechte Versorgung der Bevölkerung mit Entwicklung gerichtsfester Ergebnis- zu treffen, bleibt abzuwarten. Krankenhausleistungen zu sichern. Da- qualitätsindikatoren erst am Anfang. mit Gesundheitspolitik sich wirklich am Hier wird man auch die Ergebnisse des 6.6 Sektorenübergreifende Nutzen der Patienten orientiert, muss Instituts nach § 137a SGB V abwarten Versorgungsplanung auch die Planung Qualitätsaspekte be- müssen.“ Das macht deutlich, dass es rücksichtigen und Transparenz fördern. Hessen ernst meint. Die Ergebnisqua- Über sektorenübergreifende Versor- Dies wird nur gemeinschaftlich mit den lität als entscheidender Outcomefaktor gungsplanung zu reden, ist „in“. Man Partnern auf der Selbstverwaltungsebe- muss künftig berücksichtigt werden, bei sollte freilich die durch Grundgesetz ne gelingen. n nachgewiesen schlechter Qualität muss oder SGB V vorgegebenen Zuständig- auch eine Kündigung des Versorgungs- keitsregelungen für die Sicherstellung der stationären und ambu- Echte sektorübergreifende lanten Versorgung nicht au- ßeracht lassen. Echte sekto- Entscheidungsbefugnisse renübergreifende Entschei- wird es auf absehbare Zeit dungsbefugnisse wird es auf absehbare Zeit nicht geben. nicht geben. Dass der frühere Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesaus- auftrags möglich sein. Allerdings muss schusses, Dr. Hess, im Oktober bei einer das vor Gericht auch Bestand haben. Es Veranstaltung von Oberender & Partner sind aber heute schon in einzelnen Fäl- einen Vortrag halten wird mit dem Titel: len Restriktionen denkbar, wenn etwa „Herausforderungen und Möglichkeiten ersichtlich wird, dass Krankenhäuser der Versorgungsplanung als neue Aufga- Patienten mit Oberschenkelhalsbruch be für den GBA“, verwundert. Literatur nicht mehr innerhalb der vorgesehenen Es macht aber viel Sinn, Gremien Augurzky, Dr. B., Krankenhaus Rating Report höchstens 48 Stunden operieren, weil zu schaffen, die das Ziel haben, einen 2012, medhochzwei 2012 am Wochenende kein Operateur da ist. breiten Konsens zu erzielen, dem sich Beivers, A., Ländliche Krankenhausversor- Solche Häuser dürfen vom Rettungs- die eigentlichen Entscheider nicht ent- gung in Deutschland: Eine gesundheitsöko- dienst bei dieser Indikation nicht mehr ziehen können. So wurden in Hessen, nomische Analyse; Peter Lang-Verlag, 2010 angefahren werden, weil sie nicht „ge- ähnlich auch in anderen Bundeslän- Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, Weißbuch Schwerverletzten-Versorgung, eignet“ sind. In letzter Zeit muss sich die dern, regionale Gesundheitskonferen- 2., erweiterte Auflage, Thieme 2012 Krankenhausplanung damit beschäfti- zen gebildet, die durch das Hessische Hessisches Sozialministerium, Hessischer gen, dass immer mehr Kardiologen ka- Krankenhausgesetz die Aufgabe haben Krankenhausrahmenplan 2009, Allgemei- thetergestützte Herzklappenimplanta- die regionalen Versorgungsstrukturen ner Teil, download unter: „hsm.hessen.de/ tionen durchführen wollen, ohne dass zu beobachten und mit den an der Ge- Gesundheit/Krankenhauswesen“ die Klinik einen Versorgungsauftag für sundheitsversorgung Beteiligten einen Deutsche Krankenhausgesellschaft, Bestandsaufnahme zur Krankenhauspla- Herzchirurgie hat. Gerade in diesem intensiven Dialog zu führen. Insbeson- nung und Investitionsfinanzierung in den Bereich ist aber die enge Zusammenar- dere soll sie drohende Unterversorgung Bundesländern, download unter: „dkgev. beit beider Fachrichtungen (gemeinsame erkennen, Qualitätsdefizite aufdecken, de/Geschäftsbereiche/Finanzierung und Indikationsstellung, gemeinsame Infra- Vorschläge zur Optimierung der Versor- Planung“ struktur) für die Patientensicherheit not- gung machen, die Bildung von Koope- Kolb, Dr. T., Morbiditätsorientierte Kran- wendig, wie es auf einem Workshop bei rationen und Versorgungsnetzwerken kenhausplanung am Beispiel des Landes Hessen, Shaker-Verlag, 2008 der Qualitätskonferenz von AQUA im zu unterstützen und zu moderieren und Metzner, J., Einfluss auf die Krankenhaus- Mai 2012 von Experten beider Fachrich- dem Sozialministerium jährlich über die planung, in: Rau, Roeder, Hensen (Hrsg.), tungen bestätigt wurde. Es ist daher ein Entwicklung der regionalen Versorgung Auswirkungen der DRG-Einführung in herzchirurgischer und kardiologischer berichten. Auf der Landesebene wird in Deutschland, Standortbestimmungen und Versorgungsauftrag erforderlich, um Hessen ab 2013 das in § 90a SGB V Perspektiven, Kohlhammer-Verlag 2009, Seiten 391-402 diesen Eingriff durchzuführen. vorgesehene sektorenübergreifende Lan- Metzner, J., Krankenhausplanung; aktueller Zurzeit steht das Hessische Kranken- desgremium gebildet, das vergleichbare Stand und zukünftige Entwicklungen, in: hausreferat in Verhandlungen mit der Aufgaben hat. So könnte zukünftig eine Doelfs, Goldschmidt, Greulich, Preusker, Rau, Landesgeschäftsstelle für Qualitätssi- abgestufte und abgestimmte Kommu- Schmid (Hrsg.), Management Handbuch cherung und deren Beirat, um Auswer- nikationsstruktur zur Förderung inter- DRGplus, medhochzwei 2011 tungen der einrichtungsübergreifenden disziplinärer Strukturen entstehen, die Porter, M, Guth, C., Chancen für das deut- Qualitätssicherung zu erhalten. Aktu- auch ähnliche Gremien auf Landkreise- sche Gesundheitssystem, Springer Gabler 2012 ell wurde eine Liste mit 23 Indikatoren bene einbezieht. https://doi.org/10.5771/1611-5821-2012-4-25 Generiert durch IP '46.4.80.155', am 02.12.2021, 12:37:26. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. G+S 4/2012 31
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