Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal

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Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal
3/2018 | 14. Jahrgang | Nr. 80

           Therapieerfolge       Sexualität            Kongressbericht
           Die Heilungschancen   „Das Liebesleben      Innovative Therapie: Rasch
           steigen               könnte besser sein“   vom Labor ans Krankenbett
Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal
INHALT

    Inhalt
   02 INTERVIEW
      „Die Krebsmedizin wird mehr und mehr
      zur Präzisionsmedizin“
   04 BRUSTKREBS
      #DuIchWir
      „Schonen war gestern“
      Brustkrebs beim Mann – es gibt Handlungsbedarf
      Früherkennung: A und O
   08 LYMPHOM
      15. September – Weltlymphomtag
   09 KONGRESSBERICHT
                                                                     Herr Professor Wolf, welche Fortschritte
      Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett
                                                                     gibt es konkret in der Behandlung von
   10 LUNGE
                                                                     Krebserkrankungen?
      Der zweite Atem – jetzt auch auf YouTube
                                                                     Bei verschiedenen Krebsarten ist es gelun­
   11 T
       HERAPIEERFOLGE                                               gen, Biomarker zu identifizieren, anhand de­
      Die Heilungschancen steigen
                                                                     rer sich der jeweilige Tumor charakterisieren
                                                                     lässt. Zum Beispiel kann man beim Lungen­
                                                                     krebs häufig konkrete Veränderungen in der
                                 SEITE
                                                                     Signalgebung nachweisen, die das Wachs­
                               05                                    tum der Zellen steuern. Es gibt somit Unter­
                                         Schonen war gestern:        gruppen beim Lungenkrebs, bei denen das
                                         Sport und Bewegung          Tumorwachstum ganz unterschiedlich for­
                                         steigern nicht nur die
                                         allgemeine Lebens-          ciert wird. Bei der zielgerichteten Therapie
                                         freude, sie wirken          wird versucht, konkret diese Veränderungen
                                         sich auch positiv auf       zu beheben. Das ist bei einigen Unterformen
                                         Begleitbeschwerden
                                                                     bereits möglich. Es wird intensiv daran gear­
                                         und sogar den Krank-
                                         heitsverlauf aus.           beitet, weitere Wirkstoffe zu entwickeln, mit
                                                                     denen man gezielt korrigierend in die jewei­
   12 BERATUNG                                                     lige Signalkette eingreifen kann.
      Wieviel Einfluss hat die Psyche?
      „Durch Wissen zum Leben“                                       Wie steht es mit der Krebsimmuntherapie?
      Vorsicht mit „Fake News“ zum Thema Krebs                       Bei der Krebsimmuntherapie wird versucht, das
                                                                     körpereigene Immunsystem in der Abwehr von
   15 IMMUNSYSTEM
        Vitamin D für ein starkes Immunsystem                        Tumoren zu nutzen. Tumorzellen können quasi
                                                                     das körpereigene Abwehrsystem lahmlegen. Mit
        Mikrobiom – welche Rolle spielt die Darmflora bei Tumoren?
                                                                     der Immuntherapie kann diese Blockade wieder
   16 SEXUALITÄT                                                     aufgehoben werden und die Tumorzellen wer­
        „Das Liebesleben könnte besser sein“
                                                                     den wieder von den Abwehrzellen des Körpers
                                                                                                                        Fotos: Colourbox; privat; Titelbild: Colourbox

   17 KREBS IM ALTER                                                 erkannt und eliminiert. Auch in diesem Bereich
        Optimale Therapie bis ins hohe Alter                         gibt es eine sehr dynamische Entwicklung und
   18 LESERBRIEF
                                                                   wir lernen kontinuierlich hinzu. Zunächst wur­
      „Andreas konnte wieder laufen!“                                de zum Beispiel versucht, das Prinzip alleine zu
   20 KOMPAKT                                                        nutzen. Inzwischen wissen wir, dass die Krebs­
        „Sprich mit mir! Über Krebs.“                                immuntherapie offenbar bei manchen Patienten
        Themenvorschau                                               besonders erfolgreich ist, wenn man sie in Kom­
        Kontakt/Impressum                                            bination mit einer Chemotherapie einsetzt.

02 | Lebenswege 3/2018
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INTERVIEW

                      „Die Krebsmedizin wird mehr
                      und mehr zur Präzisionsmedizin“
                      Bei verschiedenen Tumorarten vollzieht sich derzeit ein Wandel bei den
                      Behandlungsmöglichkeiten. Zunehmende Bedeutung erhalten dabei Strategien
                      wie die zielgerichtete Therapie und die Krebsimmuntherapie. Die Behandlung
                      wird gesteuert über Biomarker und die Krebsmedizin entwickelt sich mehr und
                      mehr zu einer Präzisionsmedizin, berichtet Professor Dr. Jürgen Wolf, Köln.

Welche Konsequenzen haben                          Wie läuft das konkret ab?
diese Entwicklungen?                               Im Vorfeld der Behandlung wird Tumorge­
Wir sehen zum Beispiel beim Lungenkrebs            webe entnommen und auf besondere Cha­
einen Wandel bei den Therapieoptionen mit          rakteristika, die sogenannten Biomarker, un­
zugleich deutlich besserer Wirksamkeit der         tersucht. In Zukunft dürfte das sogar ohne
Behandlung. So kann bei rund 20 Prozent            Gewebeentnahme aus dem Blut möglich
der Fälle der molekulare Defekt identifiziert      sein. Sind spezielle Biomarker nachweisbar,
werden und eine zielgerichtete Therapie er­        so gibt das Hinweise auf die Beschaffenheit
folgen. Bei den übrigen 80 Prozent ist prak­       des Tumors und der Befund ist maßgeblich
tisch von Beginn an die Krebsimmunthera­           für die Therapiewahl.
pie Standard, entweder mit oder auch ohne
begleitende Chemotherapie.                         Inwiefern profitieren die
                                                   Patienten davon?
Es ist immer wieder von der                        Bislang ist es zum Beispiel beim Lungen­
„personalisierten Krebsmedizin“ die                krebs nicht möglich, mit der zielgerichteten
Rede. Was bedeutet das?                            Therapie eine vollständige Heilung zu erwir­
Krebs ist nicht gleich Krebs und auch inner­       ken. Allerdings können die Patienten sehr
halb der einzelnen Krebsarten wie etwa dem         viel länger mit dem Tumor leben als früher.
Lungenkrebs oder dem Brustkrebs gibt es            Mit der früher üblichen Chemotherapie lag
verschiedene Tumorformen. Durch die enor­          die durchschnittliche Lebenserwartung bei
men Forschungsbemühungen ist es gelungen,          etwa einem Jahr. Das hat sich auf fünf bis     Professor Dr.
in vielen Fällen auf individueller Ebene die       acht Jahre verlängert, was ein großer Fort­    Jürgen Wolf
Grundlagen der Tumorentstehung und des Tu­         schritt ist. Bei der Krebsimmuntherapie        Ärztlicher Leiter
morwachstums identifizieren zu können und          fehlen noch Langzeiterfahrungen, aber wir      des Centrums
anhand der gefundenen Biomarker gezielt re­        halten sogar Heilungserfolge für durchaus      für Integrierte
gulierend eingreifen zu können. Die Krebsme­       möglich. Die Fortschritte werden durch die     Onkologie (CIO)
                                                                                                  in Köln
dizin entwickelt sich damit zu einer Präzisions­   moderne Forschung weiter vorangetrieben
medizin, bei der sich die Therapie direkt am       und wir gehen davon aus, die Lebenserwar­
zugrundeliegenden molekularen Defekt  orien­       tung und auch die Heilungschancen weiter
tiert. Das verstehen wir unter personalisierter    verbessern zu können. Hervorzuheben ist,
Medizin. Das Prinzip hat sich vor allem mit der    dass die modernen Behandlungsstrategien
zielgerichteten Therapie etabliert. Aber auch      für die Patienten weit weniger belastend
die Krebsimmuntherapie wird inzwischen zu­         sind als eine Chemotherapie. Die Betrof­
nehmend durch individuelle Biomarker, die          fenen haben zumeist eine gute Lebensquali­
Hinweise auf die Erfolgsaussichten einer be­       tät ohne große Beeinträchtigungen in ihrem
stimmten Therapieform geben, gesteuert.            Alltagsleben.

                                                                                                  Lebenswege 3/2018 | 03
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BRUSTKREBS

                                        #DuIchWir
               Den Krebs beim Namen nennen. Darüber sprechen,
            schreiben, sich austauschen kann den Umgang mit der
                      Erkrankung erleichtern. Auf der Internetseite
          www.brustkrebszentrale.de stellen deshalb Bloggerinnen
       ihren persönlichen Umgang mit der Brustkrebserkrankung
              dar. Sie nehmen kein Blatt vor den Mund und wollen
               damit anderen Betroffenen Mut machen, den Kampf
                                   gegen den Krebs aufzunehmen.

                         D     aniela ist 33 Jahre jung, als sie 2015
                               wie aus dem Nichts die Diagnose „Tri-
                         ple negativer Brustkrebs“ erhält. Beginnend
                                                                          Seite „mrs_molo_“ berichtet Cristina regel-
                                                                          mäßig über ihren Krankheitsverlauf und teilt
                                                                          Erfahrungen mit, die sie während ihrer Krebs-
                         mit ihrem letzten Arbeitstag im März 2016        therapie sammelte. Positive Fortschritte feiert
                         hält sie Monat für Monat ihre Eindrücke ta-      sie gemeinsam mit ihren Followern, aber auch
                         gebuchartig fest. Sie teilt mit, wie sich die    weniger schöne Ereignisse teilt sie öffentlich.
                         Momente anfühlen, wenn der Krebs sich ins
                         Leben schleicht – und wie sie trotzdem zu-       Mut machen durch die
                         rück in ihren Alltag findet.                     eigene Geschichte
                         Ganz anders gelagert ist die Geschich-           Neben den Beiträgen dieser und weiterer
  Wie haben Sie die      te von Patrizia, die 2014 mit der Diagnose       Bloggerinnen sind auf der Webseite www.
  Diagnose erlebt?       Brustkrebs konfrontiert wird. Die gebürtige      brustkrebszentrale.de persönliche Erfah-
  Wie gehen Sie mit      Italienerin ist zudem MS-Patientin und           rungsberichte von Frauen mit Brustkrebs zu
  der Erkrankung im      Mutter eines Sohnes. Ihrer Mutter,               finden. Denn jede Krankengeschichte ist an-
  Alltag um?             die ebenfalls an Brustkrebs erkrankte,                                ders, jedes Leben
  Frauen mit Brust-      steht sie sehr nahe. Die Themen                                        einzigartig und jede
  krebs sind aufge-      Umgang mit Brustkrebs                                                  Frau hat ihren eige-
  rufen, ihre eigene
                         und Zusammenhalt in                                           nen Weg, die Herausforderung
  Geschichte unter
                         Freundes- und Familien-                                         „Brustkrebs“ zu meistern.
  dem Hashtag #Du-
  IchWir in der Com-     kreis liegen ihr am Herzen. Aber auch durch      Eines          haben die Frauen, die öffent-
  munity zu teilen.      ihre Vorliebe für Mode und Fashion impo-         lich ihren Umgang mit der Erkrankung schil-

                  !
                         niert sie mit ihrer bunten und positiven Art.    dern, allerdings gemeinsam: Sie wollen auf-
                         Cristina erkrankte im Jahr 2017 an Brustkrebs.   rütteln, Zeichen gegen die Sprachlosigkeit
                         Durch die Diagnose musste sie ihr Leben um-      im Umgang mit der Diagnose Krebs setzen
                         krempeln. Familie, Freunde und vor allem ihr     und andere Patienten damit in ihrer Krank-
                         Ehemann halfen ihr dabei. Auf ihrer Instagram-   heitsbewältigung unterstützen.

                                                                                                    www.
                         K    rebs haben immer die anderen – bis zu dem Tag, an dem die Diagnose fällt. Die Welt
                              gerät ins Wanken. Was kann ich tun? Wo finde ich die bestmögliche Hilfe? Wie ge-
                         stalte ich mein Leben mit der Krankheit? Die drängendsten Fragen von Patientinnen zu
                         beantworten, ist das Anliegen der Initiative „Durch die Brust ins Herz“ mit ihrer Webseite
                         www.brustkrebszentrale.de. Die Kampagne klärt auf, stellt Therapieformen vor und gibt
                         Hilfestellungen für den Alltag. Über die Webseite kann zudem kostenfrei ein Newsletter
                         abonniert werden.

04 | Lebenswege 3/2018
Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal
BRUSTKREBS

                                                                                                   „Schonen
                                                                                                   war gestern“

                                    Während Menschen mit Krebs früher zur Schonung geraten wurde, werden sie
                                    heutzutage zu Aktivität, Bewegung und Sport motiviert. Denn Studien belegen,
                                    dass sich Bewegung und Sport positiv auswirken. Sie bessern Begleitbeschwerden
                                    wie die Tumormüdigkeit, können sogar den Krankheitsverlauf günstig
                                    beeinflussen und steigern die allgemeine Lebensfreude.

                                    N    ach der Diagnose Brustkrebs suchte Fokus auf das Wesentliche
                                         Sandra Otto nach einer Möglichkeit, Das Laufen wurde für die junge Frau zu einem
                                    ihren Tagen Struktur und ihrem Körper Rettungsanker und zur Konstanten in ihrem
                                    neue Energie zu geben. Sie fand ihren per- Leben, wie sie berichtet. Es zeigte ihr, dass
                                    sönlichen Antrieb, um mit der Erkrankung sie sich nicht auf die Erkrankung reduzieren
                                    umzugehen, im Laufen. Die vielen positiven lassen muss: „Brustkrebs konnte so zu einem
                                    Effekte auf ihr körperliches, aber auch auf Teil meines Lebens werden, aber nicht zum
                                    ihr seelisches Wohlbefinden hat sie in einem Hauptteil. Mit dieser Fokussierung gehe ich
                                    Buch zusammengetragen.                                               auch heute durch mein
                                    Schon vor ihrer Erkran-                                              Leben. Ich entscheide
                                                                    „Ich merkte, mein Körper
                                    kung war das Laufen                                                  mich für wenige Dinge,
                                                                    kann noch etwas“
                                    fester Bestandteil ihres        Sandra Otto
                                                                                                         die mir wichtig sind. Aber
                                    Wochenplans, schildert                                               diese mache ich richtig –
                                    Sandra Otto in einem                                                 beruflich wie privat“.
                                    Interview im Newsletter                                              Menschen mit Krebs rät
                                    der Webseite www.brustkrebszentrale.de. Frau Otto ganz allgemein zu körperlicher Ak-
                                    Das Laufen hat sie beibehalten:               tivität. Diese sollte in Absprache mit dem Arzt
                                    „Während der Diagnosephase war das Lau- aufgenommen werden, man sollte langsam be-
                                    fen mein Grund, frühmorgens aufzustehen. ginnen und die Belastung peu à peu steigern.
                                    In der ersten Woche nach der Chemothe- Wenn möglich, kann man sich dabei auch ei-
                                    rapie ging ich nur spazieren, dennoch be- ner Trainingsgruppe anschließen.
                                    wegte ich mich jeden Tag an der frischen
Foto: Fotolia/Jacek Chabraszewski

                                    Luft. Aber schon ab der zweiten Woche er-
                                                                                     Die Broschüre „Sport, Bewegung und Krebs“
                                    oberte ich mir meinen alten Rhythmus zu-
                                                                                     kann kostenfrei angefordert werden per Post
                                    rück. Auch an schlechten Tagen drehte ich
                                                                                     an: OnkoAktiv am NCT Heidelberg e.V., Im Neuenheimer
                                    meine Runden, aber eben sehr langsam,            Feld 460, 69120 Heidelberg oder per E-Mail an

                                                                                                                                      @
                                    weit entfernt von meinen sonstigen frühe-        onkoaktiv@nct-heidelberg.de.
                                    ren Laufleistungen“.

                                                                                                                              Lebenswege 3/2018 | 05
Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal
BRUSTKREBS

                          Brustkrebs beim Mann –
                          es gibt Handlungsbedarf
                          Rund 700 Männer erkranken hierzulande pro Jahr an Brustkrebs. Dabei ist
                          vielen Menschen gar nicht bewusst, dass auch Männer Brustkrebs entwickeln
                          können. Anders als bei Frauen fehlt es an öffentlicher Aufklärung zu der
                          Thematik, an fundierten Patienteninformationen und auch an Möglichkeiten der
                          Betroffenen, sich untereinander auszutauschen.

                          M      änner mit Brustkrebs befinden sich in
                                 einer paradoxen Situation: Einerseits
                          leiden sie an einer keineswegs seltenen
                                                                          speziellen Diagnostik und Therapie. Männer
                                                                          werden daher weitgehend entsprechend
                                                                          der Leitlinien für das Mammakarzinom bei
                          Krankheit mit rund 70.000 Neuerkran­            der Frau behandelt.
                          kungen pro Jahr hierzulande. Andererseits
                          betrifft der Brustkrebs in 99 Prozent der       Bei Verdacht: Erste
                          Fälle Frauen, bei Männern gilt er als sehr      Anlaufstelle Brustzentrum
                          selten. Dies berichtet das Netzwerk „Män­       Wichtig wäre zudem eine frühe Diagno­
                          ner mit Brustkrebs e.V.“ auf der Webseite       sestellung, zumal sich Brusttumore beim
                          www.brustkrebs-beim-mann.de, das sich als       Mann schon verhältnismäßig früh ertasten
                          Anlaufstelle für betroffene Männer versteht.    lassen. Oft entdecken die Männer selbst
                                                                          einen harten, schmerzlosen Knoten im Be­
                          Oftmals späte Diagnose                          reich der Brustwarze. „Deshalb sollte eine
                          Dabei haben Männer mit einem bösar­             regelmäßige Eigenkontrolle der Brust auch
                          tigen Brusttumor keinesfalls eine bessere       beim Mann zur Gewohnheit werden“, betont
                          Prognose als Frauen. Eher schon ist das         Jurmeister. Es gibt weitere Symptome wie
                          Gegenteil der Fall, wozu laut Peter Jurmeis­    Flüssigkeitsabsonderungen aus der Brust­
                          ter, Vereinsvorstand des Netzwerks, nicht       warze, kleine Entzündungen oder Wunden,
Auch Männer sollten
                          zuletzt beitragen dürfte, dass Maßnahmen        die nicht abheilen oder eine Einziehung oder
regelmäßig ihre
Brust abtasten, um
                          zur Früherkennung, wie sie bei Frauen eta­      „Delle“ der Haut im Brustgewebe oder an
Auffälligkeiten früh zu   bliert sind, beim Mann fehlen. Die Diagnose     der Brustwarze.
erfassen.                 wird daher oft erst in einem vergleichsweise    Während allerdings Frauen Veränderungen
                                                   späten Stadium ge­     bei ihrem Gynäkologen abklären lassen
                                                   stellt.                können, fehlt ein entsprechender Facharzt
                                                   Zudem besteht nach     beim Mann. So sind Urologen nicht speziell
                                                   Jurmeister generell    geschult, Brustkrebs zu erkennen. Besteht
                                                   noch ein erheb­        der Verdacht auf einen Tumor im Brust­
                                                   licher Handlungs­      gewebe, sollten sich auch Männer daher
                                                   bedarf zum Thema       an ein Brustzentrum wenden. Dort kann
                                                   Brustkrebs     beim    auch bei ihnen per Mammografie und/oder
                                                   Mann, denn es gibt     Ultraschall geklärt werden, ob die Verände­
                                                   nur vereinzelte For­   rungen bösartig sind. Im Zweifelsfall muss
                                                                                                                         Foto: fotolia/Aaron Amat

                                                   schungsprojekte zur    eine Gewebeprobe entnommen und feinge­
                                                   besonderen Situati­    weblich untersucht werden. Im Brustzen­
                                                   on der betroffenen     trum kann dann auch die Behandlung des
                                                   Männer und zur         Tumors erfolgen.

06 | Lebenswege 3/2018
Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal
BRUSTKREBS

                       Früherkennung: A und O
                       In Deutschland erkrankt etwa jede achte Frau im Laufe ihres
                       Lebens an Brustkrebs. Dank moderner Therapien ist der Großteil
                       der Erkrankungen heilbar. Entscheidend hierfür sind Größe und
                       Ausdehnung des Tumors. Deshalb ist eine frühzeitige Erkennung
                       von Brustkrebs besonders wichtig.

                       D     ie Gewebe im menschlichen Körper
                             durchlaufen einen ständigen Erneue­
                       rungsprozess. Durch Zellteilung werden alte
                                                                       Am besten sind die Heilungs­
                                                                       chancen beim „frühem Brust­
                                                                       krebs“. Ein frühes Stadium liegt
                       absterbende Zellen durch neue ersetzt. Da­      vor, wenn:
                       bei entstehen viele Fehler, die jedoch durch    • der Tumor noch nicht zu groß
                       einen körpereigenen Schutzmechanismus                ist (maximal 5 cm),
                       repariert werden. Können die Fehler nicht       • die Tumorzellen sich noch nicht
                       behoben werden, sterben die Zellen norma­            oder nur wenig in die Lymphknoten der
                       lerweise ab.                                         Achselhöhle ausgebreitet haben und
                       In seltenen Fällen funktioniert diese kon­           wenn
                       trollierte Selbstzerstörung der fehlerhaften    • keine Tochtergeschwülste außerhalb des
                       Zellen nicht und es entstehen krankhaft ver­         Brustgewebes nachgewiesen werden.
                       änderte Krebszellen. Diese teilen sich unge­    Im Frühstadium verursacht Brustkrebs
                       bremst und es bildet sich ein Tumor wie zum     meist keinerlei Beschwerden, weshalb
                       Beispiel Brustkrebs. Wissenschaftliche Stu­     die Tumore oft unentdeckt bleiben. Da
                       dien konnten zeigen, dass der Großteil der      eine rechtzeitige Behandlung die Chan­
                       Mutationen in Krebszellen zufällig entsteht.    cen auf Heilung aber deutlich erhöht,
                       So, wie niemand vor Krebs geschützt ist, so     empfehlen Experten die Teilnahme an der
                       ist auch niemand schuld daran.                  Brustkrebs-Früherkennung, um mögliche
                                                                       Tumoren frühzeitig aufzuspüren. Die Früh­
                       Tumore frühstmöglich aufspüren                  erkennungsmaßnahmen, deren
                       Wird Brustkrebs frühzeitig erkannt, so ist er   Kosten die gesetzlichen Kran­
                       in den meisten Fällen heilbar. Dafür muss es    kenkassen übernehmen, bein­
                       möglich sein, den Tumor vollständig zu ent­     halten ab dem 30. Lebensjahr
                       fernen oder zu zerstören, sodass keine Tu­      Tastuntersuchungen der Brust
                       morzellen im Körper verbleiben. Daher un­       und der benachbarten Lymph­
                       terscheidet man verschiedene Stadien von        knoten durch einen Arzt (jähr­
                       Brustkrebs, abhängig von der Tumorgröße,        lich) und zwischen dem 50. und
                       der Beteiligung der Lymphknoten und der         69. Lebensjahr Mammografie-
                       Ausbildung von Tochtergeschwülsten.             Screenings (zweijährlich).

                          Diese und weitere Erläuterungen zum Mammakarzinom finden sich in
Foto: Colourbox/nito

                          der Broschüre „Brustkrebs – Das ist jetzt wichtig“.
                          Sie kann kostenfrei angefordert werden bei der Roche Pharma AG, 79639
                          Grenzach-Whylen, Telefon: 07624-142255

                                                                                                                    Lebenswege 3/2018 | 07
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LYMPHOM

                                                                              15. September -
                                                                             Weltlymphomtag

                                                                                            Rund 15.000 Menschen
                                                                                         erkranken hierzulande an
                                                                                 einem Lymphom. Die Erkrankung
                                                                                     ist in der Bevölkerung jedoch
                                                                                                    wenig bekannt.

    Netzwerk für das
    Immunsystem: Das
    Lymphsystem spielt
                              D    er Begriff „Lymphom“ umfasst eine
                                   Vielfalt verschiedener bösartiger Tumo-
                              re des Lymphgewebes. Sie werden auch als
                                                                             lymphomtag begangen. Initiiert wurde der
                                                                             Aktionstag 2004 von der Lymphom-Koali­
                                                                             tion, einem Zusammenschluss internatio­
    eine wichtige Rolle für
                              maligne Lymphome bezeichnet und damit          naler Selbsthilfeorganisationen, die sich
    unsere körpereigene
    Abwehr.                   von gutartigen Lymphknotenschwellungen         mit Krebserkrankungen des lymphatischen
                              abgegrenzt.                                    Systems befassen. In Deutschland beteili-
                              Um die Lymphome besser im öffentlichen         gen sich das Kompetenznetz Maligne Lym-
                              Bewusstsein zu verankern und die Früher-       phome e.V. (KML) und die Deutsche Leuk­
                              kennung der Erkrankungen zu verbessern,        ämie- und Lymphom-Hilfe e.V. (DLH) am
                              wird alljährlich am 15. September der Welt-    Weltlymphomtag.

            www.
                                                       Anlässlich des Weltlymphomtages präsentiert sich auch das
                                                       ­Onlineportal www.leben-mit-lymphom.de im neuen Look und
                                                       mit neuem Motto: „Informationen geben Stärke“.
                                                       Informationen können Unsicherheiten und Ängste nehmen und bei
                                                        der Krankheitsbewältigung unterstützen. Wer über die ­Erkrankung
                                                        und aktuelle Behandlungsmöglichkeiten Bescheid weiß, kann auf
                                                        Augenhöhe mit dem Arzt kommunizieren und ­gemeinsam die in-
                                                                                                                           Abb.: gritsalak karalak/shutterstock

                                                        dividuell beste Therapiewahl treffen. „Leben mit Lymphom“ bietet
                                                        aktuelle Informationen und möchte Betroffene und Angehörige
                                                        stark machen. Entdecken Sie die neuen Rubriken „Wie reise ich
                              unbeschwert?“ und „Welche Unterstützung kann ich erhalten?“ oder lesen Sie Tipps zur
                              Vorbereitung des Gesprächs mit dem Arzt. Mit dem kostenlosen Newsletter verpassen Sie
                              keine Information, denn Informationen geben Stärke.

08 | Lebenswege 3/2018
Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal
KONGRESSBERICHT

                                     Innovative Therapie: Rasch vom
                                     Labor ans Krankenbett
                                     Die kritische Bewertung und der rasche Transfer neuer Erkenntnisse in
                                     der Diagnostik und Therapie in die Patientenversorgung gehören zu den
                                     wesentlichen Herausforderungen der Hämatologie und Medizinischen Onkologie.
                                     Das betonten die Kongresspräsidenten bereits im Vorfeld der Jahrestagung der
                                     Fachgesellschaft DGHO in Wien.

                                     D    ie Jahrestagung hat sich als DAS Forum
                                          zur Kommunikation, Wissenserweite-
                                     rung und Präsentation innovativer wissen-
                                                                                      ten: „Eine der größten Herausforderungen
                                                                                      ist die regelmäßige Aktualisierung von Leit-
                                                                                      linien.“
                                                                                                                                     Prof. Dr.
                                                                                                                                     Hildegard Greinix
                                     schaftlicher Erkenntnisse aus dem Bereich                                                       Präsidentin des
                                     der Hämatologie und Medizinischen Onko-          Neue Medikamente sollen den                    diesjährigen
                                     logie etabliert“, betonte die diesjährige Kon-   ­Patienten rasch zugute kommen                 ­DGHO-Kongresses
                                     gresspräsidentin Prof. Dr. Hildegard Greinix     Um die Vermittlung des aktuellen Standes
                                     aus Graz. „Der wissenschaftliche Austausch       des medizinischen Wissens sicherzustellen,
                                     ist besonders durch die dramatische Wis-         ist nach seinen Angaben ein routinemä-
                                     senszunahme von integraler Bedeutung.“           ßiges jährliches Update erforderlich sowie
                                     Besondere wissenschaftliche Schwer-              zusätzlich eine gezielte Aktualisierung bei
                                     punkte des Kongresses waren Bereiche der         Publikationen, die den Therapiestandard
                                     personalisierten Medizin wie molekularge-        verändern.
                                     netische und immunologische Tumorprofile,        Angesichts der Zulassungsgeschwindigkeit
                                     biomarkerbasierte Studien, die Anwendung         von neuen Arzneimitteln sei zudem eine
                                     bioinformatischer wissenschaftlicher Da-         entsprechende      Aktualisierungsfrequenz
                                     ten im klinischen Alltag, Innovationen im        der Behandlungsalgorithmen dringend ge-
                                     Bereich der hämatopoetischen Stammzell-          boten. „Wenn klinische Studien mit neuen        Prof. Dr.
                                     transplantation und Stammzellforschung           Arzneimitteln positive Effekte auf Krank-       Michael Hallek
                                     sowie neueste immuntherapeutische Stra-          heitsverläufe zeigen, dann müssen wir           Geschäftsführen-
Fotos: DGHO e.V./Marc Volk; privat

                                     tegien.                                          durch Abbildung dieser Ergebnisse in den        der Vorsitzender
                                     Vor dem Hintergrund der ausgeprägten             Therapiealgorithmen der Leitlinien umge-        der DGHO
                                     Dynamik im Fachgebiet betonte Prof. Dr.          hend sicherstellen, dass die Behandlung
                                     Michael Hallek, Geschäftsführender Vorsit-       auch in der Versorgung unserer Patien-
                                     zender der DGHO, die Bedeutung von ent-          tinnen und Patienten ankommt“, betonte
                                     sprechend dynamischen Leitlinien-Konzep-         Prof. Hallek.

                                                                                                                                     Lebenswege 3/2018 | 09
Therapieerfolge Die Heilungschancen steigen Kongressbericht Innovative Therapie: Rasch vom Labor ans Krankenbett - ärztliches journal
LUNGE

 An Lungenkrebs zu erkranken, ist nicht nur
 für die Patienten eine große Herausforderung,
 sondern auch für die Familien und Freunde.
 Dem trägt die Kampagne „Der zweite Atem -
 Leben mit Lungenkrebs“ Rechnung und richtet
 ihr Augenmerk auf der gleichnamigen Webseite
 sowohl auf die Betroffenen selbst wie auch auf
 ihre Angehörigen.

                     Der zweite Atem –
                     jetzt auch auf YouTube
                     D   ie Internetseite der Kampagne bietet
                         Interessierten vielfältige Informations-
                     möglichkeiten. So gibt es unter der Webadres-
                                                                     die Krankheitsbewältigung und die Mög-
                                                                     lichkeiten, sich trotz der Erkrankung ein
                                                                     Höchstmaß an Lebensqualität zu erhalten.
                     se www.der-zweite-atem.de verschiedene          Per Video werden Atemübungen vorgestellt
                     Rubriken, je nach Interessensschwerpunk-        und es gibt Tipps für Betroffene zum Um-
                     ten der Betroffenen und ihrer Angehörigen.      gang mit Ängsten und Unsicherheit, mit
                     Zum Beispiel werden in der Rubrik „Wissen       Verzweiflung und Wut.
                     & Verstehen“ eingehend die Grundlagen der
                     Erkrankung sowie deren Diagnos­tik und die      Unterstützung auch
                     möglichen Therapieverfahren erläutert. Es       für Freunde und Familie
                     werden die Möglichkeiten der Komplemen-         Unter „Familie & Freunde geht es schließ-
                     tärmedizin dargestellt und die Bedeutung        lich darum, wie Angehörige die Erkrankten
                     sowie der Ablauf der Rehabilitation und der     unterstützen können und wie sie lernen
                              Nachsorge. In der Rubrik „Um-          können, mit ihren eigenen Ängsten um-
                                         gang & Leben“ geht es       zugehen. Im Menüpunkt „Hilfe & Unter-
                                                      primär um      stützung“ sind außerdem noch Checkli-
                                                                     sten zum Beispiel zur Vorbereitung des
                                                                     Gesprächs mit dem Arzt zu finden und es
                                                                     kann gezielt weiteres Informationsmaterial
                                                                        kostenlos angefordert werden.
                                                                          „Der zweite Atem – Leben mit Lungen-
                                                                           krebs“ ist inzwischen auch auf einem
                                                                            eigenen YouTube-Kanal verfügbar
                                                                            (https://tinyurl.com/derzweiteatem)
                                                                            und bietet dort per Video-Einspieler
                                                                            umfassende und leicht verständ-
                                                                            liche Informationen zum Beispiel
                                                                            zur Entstehung von Krebs, zur Be-
                                                                            deutung der Krebsimmuntherapie
                                                                                                                   Foto: Colourbox

                                                                            bei Lungenkrebs, zu beruhigenden
                                                                            Körperstellungen sowie zu Atem­
                                                                            übungen.
THERAPIEERFOLGE

                  Die Heilungschancen steigen
                  Zwar nimmt als Folge der steigenden Lebenserwartung die Zahl der
                  Krebserkrankungen zu, gleichzeitig aber ­verbessern sich auch die
                  ­Heilungs- und Überlebenschancen. Das Risiko, an Krebs zu sterben,
                   geht stetig zurück – so das Ergebnis einer aktuellen Erhebung.

                  E    rkrankte in den 1990er Jahren ein
                       Mensch im Frühjahr an einem Multiplen
                  Myelom, so hat er das nächste Weihnachts-
                                                                 Prävention und Früherkennung
                                                                 Verschiedene Gründe tragen zu dieser po-
                                                                 sitiven Entwicklung bei: Dazu gehören stär-
                  fest meist nicht mehr erlebt. Inzwischen       kere Bemühungen in der Prävention und
                  leben Menschen mit dieser Form von Blut-       vor allem in der Früherkennung von Krebs
                  krebs oftmals zehn Jahre und länger mit ih-    ebenso wie Fortschritte
                  rer Erkrankung, wie der Verband Forschen-      bei der Behandlung und
                  der Arzneimittelhersteller (VFA) mitteilt.     hierbei insbesondere
                  Das Beispiel verdeutlicht die Fortschritte,    durch innovative Medi-
                  die sich in den vergangenen Jahren in der      kamente.
                  Krebsmedizin vollzogen haben. Leider sind      Diese Entwicklung dürf-
                  Heilungserfolge noch längst nicht bei allen    te sich sogar fortsetzen,
                  Krebserkrankungen die Regel. Viele Krebs-      denn laut VFA geht es
                  arten aber sind auf dem Weg, von einer         derzeit bei jedem drit-
                  tödlichen zu einer chronischen Krankheit zu    ten Forschungsprojekt
                  werden.                                        in der Pharmazie um
                  Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen      Krebs. So sind derzeit
                  der neuen Studie zur Krebssterblichkeit        mehr als 600 verschie-
                  wider. So haben italienische Wissenschaft-     dene Moleküle in der
                  ler festgestellt, dass die Wahrscheinlich-     klinischen Entwicklung
                  keit, an Krebs zu versterben, bei Männern      und haben theoretisch                             Krebs im Fokus der
                  ­europaweit seit 1993 und bei Frauen bereits   das Potenzial, weitere Fortschritte im Kampf       Forschung: Derzeit
                   seit 1970 rückläufig ist. Im Vergleich zu     gegen bösartige Tumore zu realisieren.              sind mehr als 600
                   2012 ging sie bei Männern um zehn und bei                                                    verschiedene Moleküle
                   Frauen um fünf Prozent weiter zurück.         Krebshäufigkeit wird zunehmen                        in der klinischen
                                                                                                                          Entwicklung.
                                                                 Dass dieses Engagement nicht erlahmen
                  Deutlich mehr Menschen überleben               darf, verdeutlicht die demografische Ent-
                  Die aktuellen Studiendaten werden durch        wicklung: Da die Lebenserwartung des
                  Erhebungen des Robert Koch-Instituts (RKI)     Menschen weiter steigt und die Wahrschein-
                  in Berlin bestätigt: In der Zeit zwischen      lichkeit, Krebs zu entwickeln, mit dem Alter
                  2005 und 2015 sank in Deutschland die          zunimmt, ist davon auszugehen, dass auch
                  Krebssterblichkeit bei Männern um zirka        künftig weiterhin mehr bösartige Tumore
                  zwölf Prozent und bei Frauen um sieben         diagnostiziert werden. Krebserkrankungen
                  Prozent. Vergleicht man die Sterberaten mit    aber sind trotz der erwirkten besseren Hei-
Foto: Colourbox

                  den Zahlen Anfang der 1990er Jahre, wird       lungs- und Überlebensraten nach den Herz-
                  sogar ein Rückgang der Krebssterblichkeit      Kreislaufkrankheiten derzeit weiterhin die
                  um 25 Prozent verzeichnet.                     Todesursache Nummer zwei hierzulande.

                                                                                                                Lebenswege 3/2018 | 11
BERATUNG

                         Wieviel Einfluss hat die Psyche?
                         Eine „Krebspersönlichkeit“ gibt es, anders als lange geglaubt, nicht. Das Konzept,
                         dass ein bestimmter Persönlichkeitstypus die Krebsentwicklung fördert, ist nach
                         Angaben des Krebsinformationsdienstes (KID) längst widerlegt. Dennoch scheint
                         sich die Vorstellung, dass die Psyche die Krebsentstehung bedingen kann, in der
                         Bevölkerung hartnäckig zu halten.

                         D    as zeigt das Ergebnis einer Umfrage des gen, die in ihrem Umfeld mit einer bösartigen
                              KID, wobei 72 Prozent aller Teilnehmer Tumorerkrankung konfrontiert sind, glauben,
                         nicht der These zustimmten, dass Menschen, dass psychische Belastungen maßgeblich zu
                         die eine gehemmte Persönlich-                                der Krankheitsentstehung bei-
                         keit haben und unfähig sind,                                 tragen.
                         starke Gefühlsäußerungen zu
                         zeigen, Krebs bekommen. Auch
                                                                  65%                 Mehrere Faktoren
                         rund drei Viertel der aktuell er-    der Befragten, die      spielen eine Rolle
                         krankten Krebspatienten sowie        im Bekanntenkreis       Wissenschaftlich belegt ist
                         ihrer Angehörigen und Freunde        jemanden mit einer      dies nicht. „Nur wenn Stress
                         waren mit einem solchen State-       bösartigen Krebser-     und andere Belastungen dazu
                         ment nicht einverstanden.            krankung haben,         führen, dass Menschen ver-
                                                              glauben, dass Stress    mehrt rauchen, Alkohol trinken
                         Umfrage zeigt Glauben                und seelische Pro-      und sich ungesund ernähren,
                                                              bleme Krebs verur-
                         an "Krebspersönlichkeit"             sachen können.
                                                                                      besteht nachgewiesenerma-
                         Andererseits gehen der Umfra-                                ßen ein erhöhtes Risiko“, so
                         ge zufolge mehr als 60 Prozent                               heißt es in einer Erklärung des
                         der Befragten davon aus, dass                                KID. Krebsforscher gehen zu-
                                                                                                                        Foto: Colourbox

                         seelische Probleme und Stress Krebs verur- dem davon aus, dass bei der Entstehung von
                         sachen können. Auch mehr als die Hälfte der Krebs in der Regel viele verschiedene Faktoren
                         an Krebs Erkrankten und 65 Prozent derjeni- zusammenspielen.

12 | Lebenswege 3/2018
BERATUNG

„Durch Wissen
zum Leben“
Die Unterstützung und Begleitung von
Menschen mit Krebs und ihren Familien
– das ist das zentrale Ziel der Hamburger
Krebsgesellschaft e.V. (HKG).

B    eratungsangebote direkt vor Ort mit
     kurzen Wegen, das bietet die Landes-
krebsgesellschaft in Hamburg mit ihren
                                                "Clown Workshop" und
                                                "Achtsamkeitsseminare"
                                                Über die Beratungsangebote hinaus gibt es
zwei Beratungsstellen in Eppendorf und in       für Menschen mit Krebs und ihre Familien         Durch Wissen
Harburg. „Wir verstehen uns als Anlaufstelle    verschiedenste Veranstaltungsangebote zur        zum Leben
für krebsbetroffene Menschen und bieten         Krankheitsbewältigung. Dazu gehören unter        Motto der
                                                                                                 Hamburger
ihnen eine kostenfreie persönliche Beratung     anderem ein „Clown Workshop“, in dem es
                                                                                                 Krebsgesellschaft
sowie direkte Hilfe und Unterstützung bei       darum geht, mit seinen Gefühlen umzuge-
Fragen oder in Problemlagen“, erklärt Fran-     hen und dabei auch wieder einmal herzhaft
ziska Holz, Geschäftsführerin der HKG. Die-     lachen zu können, ein Achtsamkeitsseminar
se wurde bereits                                               sowie die Kunsttherapie, die
1951 gegründet                                                 Tanztherapie, ein Kosmetik-
und macht sich                                                 seminar und ein Computer-
seitdem für Men-                                               Workshop. Hervorzuheben
schen mit Krebs                                                ist der „Tischlerworkshop in
und ihre Belange stark. „Wir sind mittlerwei-   der Krebsnachsorge“, in dem die Teilnehmer
le stolz auf etwa 2.000 Beratungskontakte       ein Wochenende lang handwerklich tätig
pro Jahr“, so Holz.                             werden und gemeinsam in der Gruppe zum
Neben der psychoonkologischen und sozia-        Beispiel hochwertiges Spielzeug aus Holz
len Beratung bietet der Verein auch medizi-     für einen guten Zweck herstellen.
nische Informationen und Aufklärung zu den      Weitere Schwerpunkte des Vereins sind die
jeweiligen Krankheitsbildern. „Wir erläutern    stetigen Bemühungen um eine Verbesse-
die Diagnose, erklären die Hintergründe der     rung der Prävention sowie die allgemeine
Erkrankungen und geben Unterstützung bei        Aufklärung und Information der Hamburger
der Entscheidungsfindung, wenn es zum           Bevölkerung zum Thema Krebs und – last
Beispiel verschiedene Behandlungsalterna-       but not least – die Förderung der Krebsfor-
tiven gibt und die Patienten gefragt sind,      schung mit einem beachtlichen Förderungs-
die Therapieentscheidung mitzutragen“, er-      volumen von rund 250.000 Euro pro Jahr.
klärt Franziska Holz. Für die Betroffenen wie   Die Hamburger Krebsgesellschaft wird ge-
auch ihre Angehörigen sind die anstehenden      tragen durch aktive Mitglieder, die selbst in
Entscheidungen oft eine erhebliche Heraus-      der Krebsforschung und -behandlung tätig
forderung und häufig hilft es schon, das Für    sind sowie durch Hamburger Bürger, die als
und Wider einer Maßnahme gemeinsam zu           fördernde Mitglieder oder durch ihre Spen-
besprechen. „Durch Wissen zum Leben“ ist        den und Vermächtnisse die Arbeit des Ve­
daher auch das Motto des Vereins.               reins ermöglichen.

                                                                                                Lebenswege 3/2018 | 13
BERATUNG

    Vorsicht mit „Fake News“
    zum Thema Krebs
    Immer wieder werden vermeintlich neue Krebstherapien lautstark
    in den Medien als Chance auf Heilung angepriesen. Oftmals ­verbirgt
    sich hinter den scheinbar seriösen Informationen eine „Fake News“,
    warnt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

    D    ie angeblichen Neuigkeiten in der
         Krebsmedizin werden laut DKFZ zum
    Teil so aufgemacht, wie sie auch in seriö­
                                                                                  Experten anderer Institutionen (Peer Re-
                                                                                  view) und einer genauen Bewertung durch
                                                                                  die Herausgeber. Neue Erkenntnisse werden
    sen Fachzeitschriften stehen könnten, ent-                                    darüber hinaus umfassend in der jeweiligen
    behren aber jeglichem wissenschaftlich                                        medizinischen Fachgemeinschaft disku-
    gesichertem Hintergrund. „Beson-                                                     tiert, bevor sie in klinischen Studien
    ders schlimm ist es, wenn Patienten                                                  weiter ge­testet werden oder Eingang
    durch die ungeprüften Ergebnisse                                                     in ­Behandlungsleitlinien finden.
    der 'Fake Science' verunsichert wer-
    den und sich dadurch womöglich                                                       Eigene Literatur-Recherche
    für Therapien ohne nachgewiesenen                                                    nicht immer sinnvoll
    Nutzen entscheiden“, sagt Michael                                                     „Für Patienten ist es oft nicht mög-
    Baumann, Vorstandvorsitzender des                                                     lich, zu beurteilen, wie belastbar die
    DKFZ.                                                                                 Beweise zur Wirksamkeit und Unbe-
    Für Patienten besteht der beste                                                       denklichkeit eines Verfahrens sind“,
    Schutz vor solchen „Fake-Meldungen“                                                   erklärt dazu KID-Leiterin Susanne
                                                        Für Patienten ist es oft
    darin, auf die Behandlung in großen                                                   Weg-Remers. Und auch hochse­riöse
                                                        nicht möglich, zu beur-
    Krebszentren zu vertrauen, in denen                 teilen, wie belastbar die         Forschungsergebnisse, die in an-
    entsprechend der medizinischen Leit-                Beweise zur Wirksamkeit           erkannten Journalen veröffentlicht
    linien oder auch im Rahmen klinischer               und Unbedenklichkeit              wurden, münden nach ihren Anga-
    Studien behandelt wird.                             eines Verfahrens sind.            ben nicht immer in einem neuen Be-
                                                                                          handlungsverfahren, das Erkrankten
                                                        Susanne Weg-Remers,
    Pseudowissenschaft statt                            Leiterin des Krebsinforma-        einen zusätzlichen Nutzen bietet.
    seriöser Informationen                              tionsdienstes                     „Generell ist die Entscheidung für
    Tatsächlich aber beobachtet der                                                       ein Therapieverfahren allein auf der
    Krebs­informationsdienst (KID) im                                                     Basis einer eigenen Literaturrecher-
    DKFZ, dass es zunehmend Anbieter                                                      che meist nicht empfehlenswert“,
    gibt, die ihre – in aller Regel für den Patienten                              so Weg-Remers. Im Zweifelsfall sollte man
                                                                                                                                   Fotos: Colourbox/ krissikunterbunt; privat

    kostenpflichtigen – Methoden zur Krebsbe-                                      sich bei Fragen daher an ein ausgewiesenes
    handlung unter Berufung auf pseudowissen-                                      Krebszentrum wenden oder auch an den
    schaftliche Fachartikel anpreisen, die keine                                   Krebsinforma­tionsdienst des Deutschen
    nach anerkannten Regeln durchgeführte wis-                                     Krebsforschungszentrums unter der kosten-
    senschaftliche Prüfung durchlaufen haben.                                      freien Telefonnummer 0800 420 30 40 oder
    Diese besteht bei seriösen Fachzeitschrif-                                     per E-Mail unter krebsinformationsdienst@
    ten aus einer kritischen Beurteilung durch                                     dkfz.de.

14 | Lebenswege 3/2018
IMMUNSYSTEM

                  Vitamin D für ein starkes
                  Immunsystem
                  Bei verschiedenen Tumoren etabliert sich derzeit die
                  ­Krebsimmuntherapie als aktueller Fortschritt. Dabei wird
                   das Immunsystem im Kampf gegen den Krebs mobilisiert.
                   Vitamin D kann das Immunsystem ­zusätzlich stärken.

                  V    or allem im Sommer wird vor starker
                       Sonnenbestrahlung der Haut gewarnt,
                  um nicht der Entstehung von Hautkrebs den
                                                                 etwa ein Viertel der Körperoberfläche, also
                                                                 zum Beispiel Gesicht, Hände und Teile von
                                                                 Armen und Beinen für etwa 5 bis 15 Minu-
                                                                                                                  Nicht nur die UVB-
                                                                                                                  Strahlen der
                                                                                                                  Sonne sorgen für
                  Weg zu bahnen. Die Kehrseite der Medail-       ten täglich der direkten Sonneneinstrahlung
                                                                                                                  unsere Vitamin-D-
                  le aber ist eine oftmals nicht ausreichende    ausgesetzt, so ist das im Allgemeinen aus-       Bilanz – reich an
                  Versorgung mit Vitamin D. Dieses kann zwar     reichend.                                        diesem Vitamin
                  mit der Nahrung aufgenommen werden,            Schwieriger wird es in den Wintermonaten         sind auch fetthal-
                  wird aber hauptsächlich unter dem Einfluss     oder bei einer langwierigen Erkrankung,          tige Fischsorten wie
                  der Sonnenbestrahlung in der Haut gebildet.    wenn man nur wenig Zeit im Freien verbrin-       Lachs, Hering und
                  Es ist unter anderem wichtig für ein optima-   gen kann. Auch davon abgesehen weisen            Makrele. Eine gute
                  les Funktionieren des Immunsystems.            rund 60 Prozent der Bevölkerung hierzulan-       Vitamin-D-Quelle
                  Zwar gilt weiterhin die Regel, dass unsere     de einen Vitamin D-Mangel auf. Es ist daher      sind außerdem
                  Haut vor einem Zuviel an Sonne geschützt       sinnvoll, ab und an seinen Vitamin D-Spiegel     Leber, Eigelb und
                                                                                                                  einige Pilzsorten.

                                                                                                                                  i
                  werden muss, andererseits muss aber auch       bestimmen zu lassen. Wird dabei ein Defizit
                  für eine adäquate Vitamin D-Produktion ge-     festgestellt, sollte entsprechend den Emp-
                  sorgt werden. Rund 80 bis 90 Prozent des       fehlungen der Deutschen Gesellschaft für
                  Vitalstoffs werden dabei unter dem Einfluss    Ernährung Vitamin D als Nahrungsergän-
                  von UVB-haltigem Sonnenlicht in der Haut       zungsmittel aufgenommen werden.
                  gebildet. Nur 10 bis 20 Prozent nehmen wir     Weitere Informationen zu Vitamin D und
                  mit der Ernährung auf.                         generell zum Immunsystem und der Krebs­
                  In den Sommermonaten ist die Vitamin-D-        immuntherapie gibt es im Internet auf der
                  Versorgung meist kein Problem. Werden          Webseite www.wissen-immuntherapie.de.

                  Mikrobiom – welche Rolle spielt die Darmflora bei Tumoren?
                  Es mehren sich die Hinweise darauf, dass die Darmflora, das Mikrobiom, bei verschiedensten Erkrankungen
                  eine maßgebliche Rolle spielt. Das reicht vom krankhaften Übergewicht über einen Diabetes mellitus bis hin
                  zur Parkinsonschen Krankheit. Kommt das normale Gleichgewicht der zahlreichen Bakterien im Darm aus
                  dem Lot, so kann das möglicherweise auch der Entwicklung von Tumoren Vorschub leisten.
                  Dreh- und Angelpunkt sind dabei die Auswirkungen der Darmflora auf das körpereigene Immunsystem.
                  „Wir wissen, dass das Mikrobiom im Darm ein potenter Modulator systemischer Immunreaktionen ist“,
                  erklärt Professor Dr. Lothar Kanz aus Tübingen. Eine Dysbalance der Darmflora kann somit die Immun-
Foto: Colourbox

                  lage beeinflussen und wahrscheinlich eine Tumorentstehung oder ein Tumorwachstum begünstigen.
                  Wie allerdings die Zusammensetzung der Darmflora zu verändern ist, ist derzeit Gegenstand vielfältiger
                  ­Forschungsaktivitäten.

                                                                                                                  Lebenswege 3/2018 | 15
SEXUALITÄT

Krebspatienten sind laut
einer Studie häufiger
unzufrieden mit Ihrem
                           „Das Liebesleben
Sexualleben.
                           könnte besser sein“
                           Nach der Diagnose „Krebs“ stehen die Behandlung im Vordergrund und oft
                           auch Sorgen und Ängste, wie das Leben weitergehen wird. Nach überstandener
                           Krebstherapie geht es dann um die Rückkehr in den Alltag. Dazu gehört auch ein
                           normales Sexualleben, das sich die Betreffenden aber oft zusammen mit ihrem
                           Partner wieder erarbeiten müssen.

                           G    reift der Alltag nach einer Krebserkran-
                                kung wieder Platz im Leben, werden
                           auch trotz der möglichen Nachwirkungen
                                                                           häufiger über Schwierigkeiten, erregt zu
                                                                           werden und einen Orgasmus zu bekommen.
                                                                           Bei Männern gab es in diesen Punkten keine
                           der Erkrankung und ihrer Behandlung zu-         Unterschiede.
                           meist sexuelle Wünsche wieder wach.
                           Wissenschaftler aus Großbritannien haben        Durch Gespräche wieder
Der Newsletter der         nunmehr untersucht, wie es sich mit dem         zueinander finden
Kampagne „Darm-            Thema Sexualität nach einer Krebserkran-        Hilfreich bei Schwierigkeiten im Sexual-
krebszentrale“ kann        kung bei Menschen jenseits des 50. Le-          leben nach einer Krebserkrankung ist ein
kostenfrei unter www.      bensjahres verhält. Das Ergebnis: Zwischen      offenes Gespräche mit den behandelnden
darmkrebszentrale.de       Krebspatienten und Menschen, die nicht an       Ärzten unter Einbeziehung des Lebenspart-
abonniert werden.
                           Krebs erkrankt sind, zeigen sich keine Un-      ners. Darauf hat auch Professor Dr. Annette
         www.              terschiede in Bezug darauf, ob und wie oft
                           sie Sex haben oder in welcher Weise sie ihn
                                                                           Hasenburg aus Freiburg beim diesjährigen
                                                                           Senologiekongress in Stuttgart hingewie-
                           ausübten, so eine Nachricht im Newsletter       sen. Die Wissenschaftlerin machte zudem
                           der Kampagne „Darmkrebszentrale“.               darauf aufmerksam, dass eine befriedigen-
                                                                                                                          Foto: Colourbox/ Syda Productions

                           Allerdings sind Krebspatienten häufiger un-     de Sexualität sich positiv auf das seelische
                           zufrieden mit ihrem Sexualleben und vor         und körperliche Wohlbefinden auswirkt. Im
                           allem an Krebs erkrankte Frauen grämten         Gespräch mit dem Arzt kann nach ihren An-
                           sich oftmals über fehlende Lust auf Sex.        gaben dann auch eruiert werden, ob und wie
                           Zudem berichteten Frauen, bei denen die         mit unterstützenden Maßnahmen die anste-
                           Diagnose weniger als fünf Jahre zurücklag,      henden Probleme behoben werden können.

16 | Lebenswege 3/2018
KREBS IM ALTER

                  Optimale Therapie bis ins hohe Alter
                  Menschen, die im höheren Lebensalter an Krebs erkranken, brauchen ebenso wie jüngere
                  Patienten eine optimale Behandlung. Dabei sind alterstypische Besonderheiten und die
                  speziellen Bedürfnisse des älteren Menschen zu berücksichtigen.

                  M      it zunehmendem Alter steigt das Risi- Lebensqualität wichtiger Faktor
                         ko, an Krebs zu erkranken. Was dies bei Therapieplanung
                  im Einzelfall konkret bedeutet, kann sehr un- Die Betroffenen werden dabei oftmals in die
                  terschiedlich sein. So sind über 80-Jährige Therapieentscheidung einbezogen und auf-
                  nicht selten noch erstaunlich fit und agil, gefordert, mit ihrem Arzt gemeinsam abzu-
                  während andererseits so mancher 65-Jäh- wägen, welche Behandlung für sie optimal
                  rige mehrere Begleiterkrankungen aufweist, ist. „Häufig äußern die Patienten selbst dabei
                  die eine Therapieanpassung notwendig ma- den Wunsch nach einer altersgemäßen Be-
                  chen. Bei der Planung der Krebsbehandlung handlung. Darunter ist vor allem der Verzicht                Informationen für
                                                                                                                         Menschen mit Krebs
                  ist deshalb nicht das kalendarische Alter auf kräftezehrende Therapien zu verstehen,
                                                                                                                         im höheren Lebens-
                  maßgeblich, sondern                                                          da der Gewinn an          alter bietet die
                  das sogenannte bi-                                                           Lebenszeit      mögli-    Broschüre „Hilfen
                  ologische Alter des                                                          cherweise mit einem       für Krebspatienten
                  Patienten.                                                                   Verlust an Lebens-        im Rentenalter zum
                  Das aber bedeutet                                                            qualität bezahlt wird“,   Umgang mit Kran-
                                                                                                                         kenkassen, Ämtern,
                  nicht, dass älteren                                                          heißt es in einer Mit-
                                                                                                                         Versicherungen
                  Menschen mit all-                                                            teilung der DKG.          und Behörden“
                  gemeinen gesund-                                                             Anderseits darf das       aus der Reihe „Den
                  heitlichen Einschrän-                                                        nicht bedeuten, aus       Alltag trotz Krebs
                  kungen eine optimale                                                         übergroßer Vorsicht       bewältigen“. Die
                  Therapie vorenthal-                                                          auf eine lebensver-       Broschüre kann kos-
                                                                                                                         tenfrei angefordert
                  ten werden darf. Mit                                                         längernde Behand-
                                                                                                                         werden bei der Roche
                  anderen Worten: Die                                                          lung zu verzichten.       Pharma AG, 79639
                  Krebstherapie muss                                                           Denn ältere Men-          Grenzach-Wyhlen,
                  altersgerecht erfol-                                                         schen haben ebenso        Tel: 07624-142255

                                                                                                                                         i
                  gen, angepasst an die                                                        wie jüngere ein Recht
                  individuelle gesund-                                                         auf eine optimale Be-
                  heitliche Situation.                                                         handlung, auch wenn
                  Diese wird im Vorfeld                                                        möglicherweise nicht
                  vom Arzt genau er-                                                           mehr so viele Le-
                                                  Bei der Planung der Therapie zählt eher das
                  fragt und untersucht,               biologische als das kalendarische Alter. bensjahre vor ihnen
                  um eventuell notwen-                                                         liegen.
                  dige Anpassungen vornehmen zu können. So Zu bedenken ist jedoch, dass sich der ältere
                  sollten Menschen mit schwerer Herzerkran- Körper langsamer als ein junger Mensch von
                  kung keine Strahlentherapie erhalten, wie die den Strapazen der Therapie erholt. Es sollte
                  Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) mitteilt. deshalb Vorsorge getroffen werden, dass
                  Und bei Patienten mit gravierender Störung möglicherweise in den ersten Tagen nach
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                  der Leber- oder Nierenfunktion muss even- dem Klinikaufenthalt eine vermehrte Unter-
                  tuell die Dosierung der Medikamente ange- stützung oder sogar Pflege des Betroffenen
                  passt werden.                                       erforderlich ist.

                                                                                                                         Lebenswege 3/2018 | 17
LESERBRIEF

                         „Andreas konnte wieder
                         laufen!“
                         Im Alter von 22 Monaten erkrankte Andreas* an einem Rhabdomyosarkom. Sein
                         Arzt hatte ihn bereits aufgegeben – seine Familie nicht. Der junge Mann ist heute
                         36 Jahre alt, kann wieder gehen und hat eine Familie gegründet. Die Mutter von
                         Andreas hat uns seine Geschichte erzählt.

                         M     ein jüngster Sohn Andreas (geboren
                               im April 1982) erkrankte im Alter von
                         22 Monaten an einem unreifen embryo­
                                                                           Diese Entscheidung der Ärzte habe ich nicht
                                                                           akzeptiert.
                                                                           Da ich selbst in der Uniklinik Würzburg ar­
                         nalen Rhabdomyosarkom rechts neben der            beitete, hatte ich viele Kontakte. So riet
                         oberen Brustwirbelsäule.                          mir meine Ärztin, mich an einen Arzt in
                         Ich bemerkte eine Beule am Rücken, unge­          der Uniklinik Düsseldorf zu wenden. Dem
                         fähr so groß wie ein halbes Ei. Es folgten        schickte ich alles Material, das ich hatte
                         von Februar 1984 bis Mai 1985 drei Opera­         (Bildgebung, Labor usw.).
                         tionen, sechs Wochen Bestrahlung und 15           Der Arzt konnte uns einen spezialisierten
                         Monate Chemotherapie.                             Thoraxchirurgen an der Technischen Univer­
                                                                           sität München (Prof. Präuer, der sonst nur
  Das Rhabdomyo-
  sarkom ist ein sehr
                         »Die Entscheidung der Ärzte habe                  schwere Fälle bei Erwachsenen operierte)
  bösartiger Weich-      ich nicht akzeptiert«                             nennen.
  teiltumor.             Andreas blieb rückfallfrei, bis er 15 Jahre alt   In der Folge erhielt Andreas eine Chemo­
  Beim Chondro-          war. Dann erhielt er im Dezember 1996 die         therapie, wie sie standardmäßig beim
  sarkom handelt         Diagnose eines Chondrosarkoms im Brust­           Osteo­sarkom angewendet wird. Und sie
  es sich um ei-         korb-Bereich. Er wurde wieder operiert und        zeigte Erfolge: Der Tumoranteil verkleiner­
  nen bösartigen         anschließend mit Bestrahlungen behandelt          te sich im Brustkorb. Deshalb versandte ich

                  i
  ­K nochentumor.        (Februar 1997). Laut dem behandelnden             die Unterlagen auch nach München und der
                         Onkologen erhielt Andreas keine Chemo, da         dortige Thoraxexperte bat um Vorstellung
                         ein Chondrosarkom nicht darauf anspricht.         meines Sohnes.
                         Im Juni 1997 sah man im Röntgen-Thorax            Nach entsprechenden Voruntersuchungen
                                        reichlich Tumorbefall. Da­         fiel im Februar 1998 die Entscheidung zur
                                        raufhin klappte der Onkologe       Operation. Im Juni 1998 war eine weitere OP
                                        seine Mappe zusammen und           notwendig, nachdem sich eine Fistel über
                                        im Tumorboard beschloss            dem großen Operationsgebiet entwickelte
                                        man, Andreas nur noch pal­         und man sah, dass die voroperierte und
                                        liativ zu bestrahlen.              bestrahlte Haut den Untergrund nicht mehr
                                                                           heilen kann.

                                                                           »Andreas beschloss, dass er
                                         Trotz seiner schweren             ­wieder laufen wird«
                                         Erkrankung schildert seine
                                                                           Durch die Asymmetrie im Thorax entwi­
                                         Mutter Andreas als glücklichen,
                                         im Leben stehenden Mann,          ckelte sich im Verlauf von acht Monaten zwi­
                                                                                                                          Fotos: privat

                                         der nie mit seinem Schicksal      schen Weihnachten und Silvester 1998/99
                                         gehadert hat.                     eine Torsions-Skoliose der Brustwirbelsäule

18 | Lebenswege 3/2018
Erst ein bösartiger Weichteiltumor, dann Jahre
       ­später Knochenkrebs: Im Alter von 15 Jahren
 ­hatten ihn die Ärzte bereits aufgegeben. Andreas
     ist heute 36, hat Abitur sowie eine Ausbildung
      absolviert und ist seit fünf Jahren verheiratet.

(eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäu­
le mit einer Drehung von Wirbelkörpern),
die Andreas heftigste Schmerzen bereite­
te. Ein orthopädischer Eingriff konnte die
Wirbelsäule nicht aufrichten. Dann fiel die
Entscheidung zur großen operativen Instru­
mentierung mittels Titanstäben. Man sagte
Andreas voraus, dass er schwerstpflege­                  dies alles Folgen seiner Tumorerkrankungen
bedürftig werden würde. Es folgten vier                  waren und so mussten die jungen Leute die
­Monate Reha mit Physiotherapie nach Vojta.              ganzen Untersuchungen, Medikamente, OP
 Andreas beschloss, dass er wieder laufen                usw. selbst bezahlen, um zu einem Kind zu
                                                                                                        Wollen Sie ande-
 wird. So kam es: Im Juni 1999 wurde er aus              kommen!                                        ren M
                                                                                                            ­ enschen mit
 der Reha entlassen, die zuhause kontinuier­             Mit einem gleichaltrigen gesunden Mann         Ihrer persönlichen
 lich fortgeführt wurde. 2000 stand er das               ist Andreas nicht zu vergleichen, vieles ist   Geschichte Mut
 erste Mal wieder auf seinen Beinen, lief mit            für ihn nicht möglich. Dennoch ist er ein      machen? Dann
 Krücken kurze Abschnitte. Der Körper wur­               glücklicher, im Leben stehender Mann ge­       schreiben Sie uns
                                                                                                        Ihren "Lebensweg"
 de stabiler, Andreas kräftiger.                         worden, der niemals mit seinem Schicksal
                                                                                                        an lebenswege@
 Er lief wieder!!!!!                                     gehadert und immer nach vorne geschaut

                                                                                                                       !
                                                                                                        ohv-online.de
                                                         hat. Ich/wir, seine Familie, sind sehr, sehr
»Andreas ist ein glücklicher, im                         stolz auf ihn.
Leben stehender Mann«
Andreas ist jetzt 36 Jahre alt, er blieb tu­             »Vielleicht macht diese Geschichte
morfrei. Er machte Abitur, studierte, machte             Eltern betroffener Kinder Mut«
anschließend eine Ausbildung und bekam                   Mit Andreas erkrankten 1984 zehn Kinder
ein Stipendium, weil er mit sehr guter Note              an einem Rhabdomyosarkom des gleichen
abgeschlossen hatte.                                     Stadiums. Nach fünf Jahren lebten nur noch
Er heiratete vor fünf Jahren seine langjäh­              zwei Kinder. Eins davon war Andreas. Nach
rige Partnerin, die sich in ihn verliebte, als           Aussage der Ärzte war er auch der einzige
er noch im Rollstuhl saß. Seit diesem Jahr               Jugendliche in Deutschland, der an einem
sind sie Eltern eines Jungen. Andreas unter­             Chondrosarkom erkrankte, eigentlich ein
zog sich noch im letzten Jahr einem Eingriff             Tumor, den nur Erwachsene bekämen. In
in Hamburg, weil der Wunsch nach einem                   der Medizingeschichte war nur ein einziger
eigenen Kind sehr groß war. Aber es fanden               anderer Fall bekannt. Vielleicht macht diese
sich keine lebensfähigen Samenfäden. So                  Geschichte anderen Eltern betroffener Kin­
gab es eine Fremdspende. Leider spielte es               der Mut und hilft der Forschung weiter.
für die Krankenkasse keinerlei Rolle, dass               * Name von der Redaktion geändert

                                                                                                        Lebenswege 3/2018 | 19
KOMPAKT

                                                                                                                                  „Sprich mit mir! Über Krebs.“
                                                                                                                                  Krebs ist nach wie vor ein „Schweigethema“, der offene
                                                                                                                                  Umgang mit der Thematik und mit der Situation der
                                                                                                                                  Betroffenen fällt vielen Menschen schwer.

                                                                                                                                  E
                                                                                                                       s werden immer noch eher Tabus errichtet als gebrochen, Miss­
                                                                                                                       verständnisse sind so vorprogrammiert. Dabei steigt die Zahl der
                                                                                                                   Menschen, die eine Krebserkrankung überleben und geheilt werden,
                                                                                                                   stetig. Krebs ist damit zu einer gewissen „gesellschaftlichen Normali­
                                                                                                                   tät“ geworden.
                                                                                                                   Dem „Sprechen“ über Krebs zu mehr Normalität zu verhelfen, ist Ziel
                                                                                                                   der Kampagne „Sprich mit mir! Über Krebs.“ der Krebsgesellschaft Nord­
                                                                                                                   rhein-Westfalen e.V. Sie soll dazu beitragen, dem Thema Krebs zu einer
                                                                                                                   neuen Offenheit zu verhelfen, die
                                                                                 von Krebs betroffenen Menschen zu entlasten und alle anderen da­
                                                                                 rin zu unterstützen, mit der Krankheit umzugehen – enttabuisiert
                                                                                 durch Wissen und Verständnis.                                             Lesen Sie in der
                                                                                 Herzstück der Kampagne ist ein Buch unter dem gleichnamigen               nächsten Ausgabe
                                                                                 Titel. Es versteht sich als Konfrontation mit Krebs, dem Denken           • Psychoonkologie:
                                                                                 und Sprechen über die Erkrankung und dem sozialen Verhalten in                Auch die Seele leidet
                                                                                 diesem Kontext. Das Buch fußt auf Gesprächsrunden mit Erkrank­            • Lungenkrebs:
                                                                                 ten, Angehörigen und „Nicht-Betroffenen“ sowie auf Interviews mit             Zukunftsperspektiven
                                                                                 Ärzten, Psychoonkologen und Pflegekräften.                                • Reisen mit Krebs:
                                                                                 Projektpartner der Kampagne sind die AOK Rheinland/Hamburg                    Tipps für den Urlaub
                                                                                 und die Roche Pharma AG, mit deren Unterstützung verschiedene
                                                                                 Aktionen realisiert werden. Geplant sind Lesungen, Volkshoch­
                                                                                 schul-Kurse und ein landesweiter Poetry Slam am Weltkrebstag              Kontakt
                                                                                 2019. Weitere Informationen zu den Aktionen gibt es online unter          Bei Fragen oder Anmerkungen wenden
                                                                                 www.krebsgesellschaft-nrw.de, wo auch das Buch der Kampagne               Sie sich gern an uns:
                                                                                 kostenfrei angefordert werden kann.                                       Telefon: 089-54 58 45-28
                                                                                                                                                                    E-Mail: lebenswege@ohv-online.de
                                                                                                                                                                    Fax: 089-54 58 45-30
                                                                                                                                                                    Bitte teilen Sie uns Adress- oder
                                                                                                                                                                    Abonnementänderungen schriftlich
                                                                                 Sie möchten die „Lebenswege“ regelmäßig kostenlos erhalten?                        per Post, Fax oder E-Mail mit.
                                                                                 Dann schreiben Sie eine E-Mail an lebenswege@ohv-online.de
                                                                                 oder senden Sie dieses Formular per Fax an: 089-54 58 45-30                        Impressum
                                                                                                                                                                    Herausgeber: Otto Hoffmanns Verlag
2/2018 | 14.
               Jahrgang
                          | Nr. 79
                                                                                                                                                                    GmbH, Arnulfstr. 10, 80335 München,
        3/2018 | 14. Jahrgang |
                                     Nr. 80                                                                                                                         Telefon: 089-54 58 45-0,
                                                                                                                  Name, Vorname                                     Fax: 089-54 58 45-30,
                                                                                                                                                                    lebenswege@ohv-online.de
                                                                                                                                                                    Redaktion:
                                                                                                                  Straße, Nr.                                       Christine Vetter (verantwortlich)
                                                                                                                                                                    Martha-Luise Storre
                                                                                                                                                                    Cornelia Weber (Chefredakteurin)
                                                                                                                                                                                                                  Foto: fotolia/ivector

                                                                                                                  PLZ, Ort
                                                                                       Biomarker ostik für eine
                                                                                                                                                                    Druck: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG
                                                                                                                                                                    DruckMedien, Geldern
                                                                                       Präzise Diagn e Therapie
                                                          Big Data                                eidert
                                                                       für den          maßgeschn
                                                 en       Datenfülle
                                      Berufsleb k                       nutzen
                                                           Fortschritt
                                      Wieder zurüc
                                       in den Job

                                 Therapieerfolge
                                 Die Heilungschancen
                                 steigen
                                                       Sexualität
                                                       „Das Liebesleben
                                                       könnte besser sein“
                                                                                 Kongressbericht
                                                                                 Innovative Therapie: Rascht
                                                                                 vom Labor ans Krankenbet         E-Mail
                                                                                                                                                                                 Mit freundlicher Unterstützung
                                                                                                                                                                                 der Roche Pharma AG,
                                                                                                                                                                                 Grenzach-Wyhlen
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