Krebserzeugende Arbeitsstoffe - erkennen und handhaben - SICHERHEIT KOMPAKT - AUVA
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M·plus 340 SICHERHEIT KOMPAKT Gib Acht vor Krebs am Arbeitsplatz! Infos für fte krä Führungs n Das Plus a ! Sicherheit Krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen und handhaben Sicherheitsinformation für Führungskräfte www.auva.at
Der AUVA-Präventionsschwerpunkt 2018 bis 2020 „Gib Acht, Krebsgefahr!“ zu krebserzeugenden Arbeitsstoffen schließt an die Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – Gefährliche Substanzen erkennen und handhaben“ der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) an. Der AUVA-Präventionsschwerpunkt ist Teil der Österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzstrategie 2013–2020 (ÖAS), die unter anderem ein koordiniertes Vorgehen der relevanten nationalen Akteure gewähr- leisten soll. Die Inhalte dieser Informationsunterlage www.healthy-workplaces.eu wurden mit der Arbeitsinspektion abgestimmt.
Inhalt Einleitung 4 Arbeitsbedingte Krebserkrankungen 4 Aufnahme von Arbeitsstoffen in den Körper 6 Krebserzeugende Arbeitsstoffe 7 Liste der krebserzeugenden Arbeitsstoffe 7 Krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen 8 Zugekaufte krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen 8 Entstehende krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen 11 Verzeichnis der gefährlichen Arbeitsstoffe 11 Gesetzliche Vorgaben 12 Evaluierung 12 Substitution (Ersatz von Stoffen) 12 Technische und organisatorische Maßnahmen 13 Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Arbeitskleidung 13 Grenzwerte am Arbeitsplatz (MAK- und TRK-Werte) 13 Messungen 14 Unterweisung 14 Meldepflicht 14 Aufzeichnungspflicht 15 Untersuchungspflichten 15 Beschäftigungsverbote 15 Überblick über die gesetzlichen Bestimmungen 16 Anhang 17 Hilfreiche Fragen für die Evaluierung 17 Gesetze und Verordnungen 18 Flussdiagramm: Krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen 19 Vorkommen krebserzeugender Arbeitsstoffe 20 Weiterführende Informationen 22 Redaktionsschluss: 11.04.2018 3
Einleitung In Österreich sterben jedes Jahr etwa 20.000 Men- Umgang mit diesen Stoffen und Produkten stellt das schen an Krebs. Nach internationalen Schätzungen Erkennen ihrer gefährlichen Eigenschaften dar. Dazu werden ungefähr 10 % der Todesfälle (ca. 1.800 ist ein gewisses Basiswissen notwendig. Krebsfälle) durch die Arbeit bzw. den Beruf hervorge- rufen (vgl. Statistik Austria, 2016; Takala, 2016). Eine Hauptaufgabe der AUVA ist die Prävention von Mit diesem Merkblatt möchten wir Arbeitge- Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Krebser- berinnen und Arbeitgebern, Führungskräften zeugende Arbeitsstoffe können bekanntermaßen und Präventivfachkräften einen Überblick Berufskrankheiten verursachen. Deshalb möchten wir zum Thema krebserzeugende Arbeitsstoffe Ihnen grundlegende Informationen zur Vorbeugung verschaffen, damit sie bestmöglich und geset- berufsbedingter Krebserkrankungen geben. zeskonform für die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen Arbeitsstoffe haben unterschiedliche Gefahrenpo- können. tenziale. Eine Grundvoraussetzung für den sicheren Arbeitsbedingte Krebserkrankungen Krebserkrankungen sind nach Herz-Kreislauf- Ist es leicht zu erkennen, ob eine Krebserkran- Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache in kung arbeitsbedingt ist? Österreich. Rund ein Viertel aller Sterbefälle pro Jahr sind auf Krebs zurückzuführen (vgl. Statistik Austria, Nein. Im Unterschied zu Unfällen, deren örtlicher, 2017). Jährlich erkranken in Österreich ca. 39.000 zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang mit der Menschen an Krebs, rund 20.000 sterben infolge Arbeit relativ leicht überprüft werden kann, entwi- einer Krebserkrankung (vgl. Statistik Austria, 2016). ckeln sich Krebserkrankungen oft über Jahrzehnte, häufig aufgrund verschiedener Einflussfaktoren. Zum Was sind die Ursachen für Krebs? Zeitpunkt der Krebsdiagnose kann die Exposition gegenüber krebserzeugenden Arbeitsstoffen schon Eine Vielzahl von Faktoren trägt zum persönlichen Ri- viele Jahre zurückliegen; zum Teil sind die Betroffenen siko einer Krebserkrankung bei. Dazu zählen familiäre bereits in Pension. oder genetische Faktoren, Lebensstil- (z. B. Rauchen, Alkoholkonsum) und Umweltfaktoren (z. B. Luft- Bei bestimmten Krebserkrankungen kann der Zu- oder Wasserverschmutzung). sammenhang mit der Arbeitstätigkeit eindeutiger hergestellt werden: Ein Beispiel ist das Mesotheliom, Belastungen durch krebserzeugende Arbeitsstoffe (z. das vor allem bei Menschen auftritt, die mit Asbest B. Chemikalien) und bestimmte Bedingungen am Ar- Kontakt hatten. Letztendlich kann jede Krebserkran- beitsplatz (z. B. Strahlung) schaffen oder erhöhen das kung aber eine Vielzahl an Ursachen haben. Es gibt persönliche Risiko, an Krebs zu erkranken, bzw. tragen keinen sichtbaren Unterschied zwischen dem Krank- zu einem früheren Ausbruch der Erkrankung bei. heitsbild von beruflich bedingten Krebserkrankungen und jenem von Krebserkrankungen, denen andere Die unterschiedlichen Risikofaktoren für Krebs treten Ursachen zugrunde liegen. häufig kombiniert auf und können sich gegensei- tig verstärken. Eine wirkungsvolle Prävention von Sind viele Krebserkrankungen arbeitsbedingt? Krebserkrankungen muss daher an mehreren Stellen ansetzen. Ein wichtiger Faktor ist die Reduktion des Nach einer Studie im Auftrag der ILO (International La- Kontakts mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen am bour Organization) sind krebserzeugende Arbeitsstoffe Arbeitsplatz. für den Großteil tödlicher beruflicher Erkrankungen in der EU verantwortlich (vgl. Nenonen et al., 2014). 4
Für Österreich ergeben Schätzungen auf Basis von Abgesehen vom menschlichen Leid sind mit der Ex- EU-Daten, dass pro Jahr rund 1.800 Todesfälle bzw. position gegenüber krebserzeugenden Arbeitsstoffen fast 10 % aller Krebstoten auf arbeitsbedingte Krebs- auch enorme volkswirtschaftliche Kosten verbunden, erkrankungen zurückzuführen sind (vgl. Takala, 2016; die in Europa auf mindestens 2,4 Milliarden Euro pro Statistik Austria, 2016). Jahr geschätzt werden (vgl. Jongeneel et al., 2016). Nasen-Rachen-Raum Formaldehyd, Holzstaub Kehlkopf Säuredämpfe, Asbest Lunge Asbest, kristallines Silicium dioxid („Quarzstaub“), Dieselmotoremissionen, Arsen, Chrom(VI)-Verbindungen, Nickelverbindungen Leber und Gallenwege Trichloreth(yl)en, Vinylchlorid Eierstöcke Asbest Blase aromatische Amine Blut Leukämie („Blutkrebs“) Benzol, Formaldehyd Haut Mineralöl, polyzyklische aromatische Kohlen Lymphatisches System wasserstoffe (PAK) Non-Hodgkin-Lymphom („Lymphdrüsenkrebs“) Trichloreth(yl)en Durch krebserzeugende Arbeitsstoffe gefährdete Organe und Bereiche im Körper 5
Aufnahme von Arbeitsstoffen in den Körper Arbeitsstoffe können über folgende Wege in den Mangelnde Hygiene erhöht die Aufnahme von Körper aufgenommen werden: Arbeitsstoffen in den Körper wesentlich. Speisen, Getränke und Zigaretten können leicht durch verun- durch Einatmen (inhalativ), reinigte Hände kontaminiert werden; die anhaften- durch Verschlucken (oral) den Stoffe gelangen anschließend unwillkürlich in über die Haut (dermal) den Körper. Essen und Trinken ist nur in den vorge- sehenen Bereichen zu erlauben, keinesfalls jedoch im Auf welchem Wege Arbeitsstoffe ungewollt in den Arbeitsbereich. Körper gelangen, hängt vor allem von ihren physi- kalischen Eigenschaften ab. Am Arbeitsplatz erfolgt Beschmutzte Arbeitskleidung muss sofort gewechselt die Aufnahme von Stoffen typischerweise über die werden und betroffene Hautpartien sind schnellst- Atemwege und die Haut. Gerade die Aufnahme über möglich mit Wasser zu reinigen. die Haut wird oft unterschätzt. Aufnahmewege Einatmen Gase, Dämpfe, Stäube, Aerosole Verschlucken Stäube und Flüssigkeiten Über die Haut vor allem bestimmte Stäube und Flüssigkeiten Mögliche Aufnahmewege von Arbeitsstoffen in den Körper 6
Krebserzeugende Arbeitsstoffe Als krebserzeugend oder kanzerogen werden Stof- Als eindeutig krebserzeugend gelten jene Stoffe, die fe und Gemische bezeichnet, die beim Menschen erfahrungsgemäß beim Menschen oder im Tierver- durch Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über such zu Krebserkrankungen führen. Als krebsver- die Haut Krebs erzeugen oder die Krebsentstehung dächtig gelten jene Stoffe, die z. B. im Tierversuch fördern können. Anhaltspunkte für eine krebserzeugende Wirkung aufweisen. Krebserzeugende Arbeitsstoffe werden unterteilt in: eindeutig krebserzeugende Arbeitsstoffe krebsverdächtige Arbeitsstoffe Liste der krebserzeugenden Arbeitsstoffe Eine Liste der krebserzeugenden Arbeitsstoffe findet Krebsverdächtige Stoffe sich im Anhang III der GKV: Krebsverdächtige Stoffe sind in der GKV, Anhang III, Eindeutig krebserzeugende Stoffe Listen B und C gelistet (Stoffgruppen). Beispiele für krebsverdächtige Stoffe sind: Eindeutig krebserzeugende Stoffe sind in der GKV, Anhang III, Listen A1, A2 und C gelistet (Stoffgruppen). Naphthalin Beispiele für eindeutig krebserzeugende Stoffe sind: MDI (Diphenylmethan-4,4’-diisocyanat) Tetrachlorkohlenstoff Asbest Anilin Chrom(VI)-Verbindungen Vinylacetat Dieselmotoremissionen Nickelverbindungen Ethylenoxid Formaldehyd Benzol Hydrazin Chloroform 7
Krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen Bei zugekauften chemischen Produkten ist der Fotolia.com - Pakhnyushchyy; Montage: L. Hofreiter Inverkehrbringer verpflichtet, auf der Verpackung über die gefährlichen Eigenschaften des Produktes zu informieren. Durch diese verpflichtende Kenn- zeichnung lässt sich erkennen, ob ein zugekauftes Produkt bzw. ein Arbeitsstoff krebserzeugend ist. Allerdings können krebserzeugende Arbeitsstoffe auch erst durch einen Arbeitsprozess entstehen oder freigesetzt werden, z. B. durch Oberflächen behandlung oder Pyrolyse. Diese Stoffe sind daher nicht gekennzeichnet und damit viel schwieriger zu erkennen. Einige Beispiele für entstehende krebserzeugende Arbeitsstoffe sind: freigesetzte Asbestfasern bei Sanierungsarbeiten, Abgase von Dieselmotoren, Schweißrauch, Holzstaub etc. Zugekaufte krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen Krebserzeugende Stoffe und Gemische sind mit dem Sie sind als Text auf der Verpackung angebracht. Gefahrenpiktogramm GHS08, „Gesundheitsgefahr“, Ob ein Stoff oder Gemisch als eindeutig krebser- und dem dazugehörigen Gefahrenhinweis gekenn- zeugend oder als krebsverdächtig eingestuft wurde, zeichnet. verdeutlichen die H-Sätze auf dem Etikett. Die Gefahrenhinweise (H-Sätze) weisen auf die Art und Schwere der Gefahr und den Aufnahmeweg hin. Achtung! Stoffe können krebserzeugend sein, wenn dieses Symbol auf der Verpackung aufscheint. Stoffe sind krebserzeugend, wenn zusätzlich dieser Text auf der Verpackung aufscheint: H350 Kann Krebs erzeugen H350i Kann bei Einatmen Krebs erzeugen H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen Flasche und Kanister mit Formaldehyd 8
Am Etikett auf dem Gebinde Das Etikett liefert eine Verwenderinformation zu den Gefahrenhinweise (H-Sätze) gefährlichen Eigenschaften und zur sicheren Hand Sicherheitshinweise (P-Sätze) habung einer Chemikalie. Signalwort („Gefahr“ oder „Achtung“) ergänzende Gefahrenmerkmale und besondere Die wichtigsten Kennzeichnungselemente nach der Vorschriften für ergänzende Kennzeichnungs- CLP-Verordnung sind: elemente (EUH-Sätze) Produktidentifikatoren Angaben zum Hersteller Gefahrenpiktogramme Produkt identifikator: Handelsname OTTOKRAFTSTOFF oder Stoffname Gefahrenhinweise: Flüssigkeit und Dampf extrem entzündbar. Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein. Verursacht Hautreizungen. Kann Schläfrigkeit und H-Sätze, Benommenheit verursachen. Kann Anzahl durch genetische Defekte verursachen. Kann CLP-V vor gegeben Krebs erzeugen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen. Giftig für Wasserorganismn, mit langfristiger Wirkung. Sicherheitshinweise: Piktogramme Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen. Von Hitze / Funken / offener Flamme / heißen Oberflächen fernhalten. Nicht rauchen. Einatmen von Dampf vermeiden. Freisetzung in die Umwelt vermeiden. P-Sätze, BEI VERSCHLUCKEN: Sofort GIFT- maximal 6 INFORMATIONSZENTRUM oder Arzt anrufen. KEIN Erbrechen herbeiführen. BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT: Mit viel Wasser und Seife waschen. BEI Exposition oder falls betroffen: Ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen. Nie zu Reinigungszwecken verwenden. GEFAHR Signalwort Enthält: Benzin, Benzolgehalt 0, 1 – 1,0 % Kennzeichnungsetikett Ottokraftstoff 9
Im Sicherheitsdatenblatt In der Europäischen Union muss jeder Hersteller bzw. Lieferant bei der erstmaligen Beim Sicherheitsdatenblatt handelt es sich um eine Lieferung einer gefährlichen Chemikalie sowie Art Bedienungsanleitung für das Produkt. Alle für auf Nachfrage ein Sicherheitsdatenblatt zu den sicheren Umgang notwendigen Informationen dem jeweiligen Produkt mitliefern. sind darin enthalten. Das aktuelle Sicherheitsdaten- blatt muss im Betrieb vorhanden und für die betrof- fenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu- gänglich sein. Das Sicherheitsdatenblatt enthält unter Beispiel eines Sicherheitsdatenblattes anderem Informationen zu: Identifizierter/abgeratener Verwendung Im Abschnitt 2 des Sicherheitsdatenblattes „Mögli- Möglichen Gefahren che Gefahren“ ist die Kennzeichnung des Produktes, Inhaltsstoffen bestehend aus Piktogrammen und den H-Sätzen, zu Lagerung finden. Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung Persönlicher Schutzausrüstung (z. B. empfohlenes Die krebserzeugende Wirkung ist anhand des Pikto- Handschuhmaterial, Atemschutzmasken) gramms „Gesundheitsgefahr“und des zugehörigen Erste-Hilfe-Maßnahmen H-Satzes erkennbar. Untenstehend finden Sie einen bei- Verhalten im Brandfall spielhaften Ausschnitt aus einem Sicherheitsdatenblatt. Signalwort Gefahr Piktogramme Gefahrenhinweise H301+H311+H331 Giftig bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen. H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden. H317 Kann allergische Hautreaktionen verursachen. H335 Kann die Atemwege reizen. H341 Kann vermutlich genetische Defekte verursachen. H350 Kann Krebs erzeugen. H370 Schädigt die Organe. Sicherheitshinweise Sicherheitshinweise – Prävention P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen. Sicherheitshinweise – Reaktion P303+P361+P353 BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT (oder dem Haar): Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser abwaschen/duschen. P304+P340 BEI EINATMEN: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen. P305+P351+P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter spülen. P308 BEI Exposition oder falls betroffen: P310 Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM/Arzt anrufen. Ausschnitt aus einem Sicherheitsdatenblatt von Formaldehyd 10
Entstehende krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen Die entstehenden Stoffe sind wesentlich schwieriger nung. Für sie gibt es weder eine Gefahrenkennzeich- zu identifizieren. Um beurteilen zu können, ob und nung noch ein Sicherheitsdatenblatt. Von manchen in welcher Menge krebserzeugende Stoffe entstehen, dieser Arbeitsstoffe, z. B. Zytostatika, kann jedoch sind genaue Kenntnisse über das Arbeitsverfahren ebenfalls Krebsgefahr ausgehen. Auch solche Krebsge- (eingesetzte Produkte, Verarbeitungstemperatur, fahren zu identifizieren, ist Aufgabe des Betriebs. Dampfdruck etc.) notwendig. Typische Beispiele für krebserzeugende Arbeitsstoffe, Achtung! die erst beim Arbeitsprozess entstehen oder freige- setzt werden, sind: Krebserzeugende Arbeitsstoffe können auch wäh- rend des Arbeitsprozesses entstehen. Diese sind Asbest nicht gekennzeichnet und somit auch nicht sofort Dieselmotoremissionen als krebserzeugend erkennbar. Holzstaub Schweißrauch Chrom(VI)-Verbindungen Bestimmte Produkte, z. B. Arzneimittel, fallen nicht Nickel unter die Kennzeichnungsvorschriften der CLP-Verord- Pyrolyseprodukte Verzeichnis der gefährlichen Arbeitsstoffe Bei Verwendung von gefährlichen Arbeitsstoffen Eine Vorlage für ein Verzeichnis der gefährlichen Ar- muss laut DOK-VO (§ 2 DOK-VO, §§ 40 und 41 beitsstoffe sowie eine weitere Variante, mit der Mög- ASchG) ein Verzeichnis angelegt werden, um eine lichkeit die Bewertung mit Risikopunkten durchzufüh- Übersicht über die Stoffe und die damit verbunde- ren, sind auf der Website www.eval.at zu finden. nen Gefahren zu bekommen. Hier müssen alle (auch Untenstehend sind zwei Muster für Verzeichnisse entstehende) Arbeitsstoffe aufgelistet sein. gefährlicher Arbeitsstoffe abgebildet. Muster-Beispiele von Verzeichnissen für gefährliche Arbeitsstoffe Nr. Arbeitsstoff/ Herstel- Kennzeichnung SDB Inhalts- Art der Verwen- Grenz- Maßnahmen; Handels- ler Piktogramme (Jahr) stoffe Verwendung dete werte PSA name und H-Sätze Menge 1 Formaldehyd Fa. XYZ 2017 Formalde Konservie 2 Liter/Tag Grenzwert Absaugung; lösung 4,5 % hyd rungsmittel: neu: PSA: Schutzhandschuhe (Latex Präparate ein MAK 0,3 ungeeignet); H317, H341, H350 legen, Behälter ppm H350: Zutrittsbeschränkung, auffüllen Bereichskennzeichnung 2 ... ... ... ... ... ... ... ... ... Muster-Beispiel 1 Nr. Handels- Kennzeichnung Verwen- Art der Verwendete Menge (Tag Maßnahmen Besonderes name dungs- Verwendung oder Woche) durchschnittli- (Grenzwerte, PSA, Untersu Hersteller zweck che Expositionszeit chungspflichten, Lagerung, (h/Tag oder Woche) Zutrittsverbote etc.) 1 Formaldehyd Konservie Präparate 2 Liter/Tag; Absaugung; Grenzwert neu: MAK 0,3 lösung 4,5 % rungsmittel einlegen, 2 Stunden/Tag PSA: Schutz ppm (Momentanwert); Fa. XYZ Behälter handschuhe H350: Zutrittsbeschränkung, auffüllen (Latex unge Bereichskennzeichnung eignet) 2 ... ... ... ... ... ... ... Muster-Beispiel 2, aus AUVAsicher, Netzwerk Arbeitsmedizin und Zentral-Arbeitsinspektorat, 2010, Stand: Juni 2015; bearbeitet 11
Gesetzliche Vorgaben Evaluierung Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber hat die Auf- 4. Festlegen konkreter Schutzmaßnahmen bzw. bei gabe, Gefährdungen bei der Arbeit zu erkennen und bestehenden Arbeitsplätzen Überprüfung der be- zu beurteilen, geeignete Schutzmaßnahmen umzu- reits vorhandenen Schutzmaßnahmen (bei diesem setzen sowie die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen Schritt ist die Rangfolge der Schutzmaßnahmen zu kontrollieren. nach § 43 ASchG zu beachten) 5. Durchführung der Maßnahmen Empfehlenswert ist folgende Vorgehensweise: 6. Dokumentation 1. Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten 7. Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen 2. Ermitteln der Gefährdungen 8. Maßnahmen wenn erforderlich anpassen und 3. Beurteilen der Gefährdungen erneut dokumentieren Substitution (Ersatz von Stoffen) Für eindeutig krebserzeugende Stoffe besteht eine (GKV) aufgelistet sind, sowie solche, die nach der Ersatzpflicht, wenn ein gleichwertiges Arbeitsergebnis CLP-Verordnung oder nach dem Pflanzenschutzmit- mit nicht oder weniger gefährlichen Arbeitsstoffen telgesetz als krebserzeugend einzustufen oder zu erzielt werden kann. kennzeichnen sind. Es kann zur Verwirrung führen, dass in der CLP-V und der GKV unterschiedliche Viele zunächst krebsverdächtige Stoffe stellen sich Bezeichnungen für die Kategorien der Krebsgefahr letztendlich als eindeutig krebserzeugend heraus, gewählt wurden. daher ist auch bei krebsverdächtigen Stoffen stets Nachfolgend daher eine Gegenüberstellung der Ka- deren Ersatz anzustreben. Deshalb sollten, bevor Pro- tegorie-Bezeichnungen aus der CLP-Verordnung und dukte gekauft werden, deren Eigenschaften genauer der GKV: In der GKV sind eindeutig krebserzeugende betrachtet werden. Stoffe mit A1 und A2 angeführt, krebsverdächtige Stoffe mit B. Die Bezeichnung in der CLP-V lautet In Österreich gelten alle Stoffe als krebserzeugend, hingegen 1A und 1B für eindeutig krebserzeugende die im Anhang III oder V der Grenzwerteverordnung Stoffe und 2 für krebsverdächtige. A1 A2 B GKV 1A 1B 2 CLP-V Signalwort: Gefahr Signalwort: Achtung H350: Kann Krebs erzeugen H351: Kann vermutlich Krebs erzeugen H350i: Kann bei Einatmen Krebs erzeugen Gegenüberstellung der Bezeichnungen der Kategorien krebserzeugender Arbeitsstoffe in der Grenzwerte verordnung (GKV) und in der CLP-Verordnung (CLP-V) 12
Technische und organisatorische Maßnahmen Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber hat konkrete Vermeidung von Stoffaustritten Maßnahmen zur Minimierung der Konzentration zu Absaugung (vorzugsweise am Entstehungsort) setzen. Technische und organisatorische Maßnahmen Be- und Entlüftung der Arbeitsräume haben dabei Vorrang vor der Verwendung Persönli- cher Schutzausrüstung! Organisatorische Maßnahmen sollen sicherstellen, dass nicht mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeit- Technische Maßnahmen beruhen insbesondere auf nehmer als unbedingt erforderlich gefährlichen folgenden Prinzipien: Arbeitsstoffen ausgesetzt sind. Durch die umsichtige Verwendung im geschlossenen System Planung des Arbeitsablaufes ist sicherzustellen, dass Minimierung der Konzentration keine oder eine möglichst geringe Belastung auftritt. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Arbeitskleidung Persönliche Schutzausrüstungen bzw. schützende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind an der Arbeitskleidung sind von den Arbeitgeberinnen und Auswahl von PSA zu beteiligen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern auf ihre Kosten zur Verfügung zu stellen, Arbeitnehmer sind verpflichtet, die PSA zu benutzen. wenn Gefahren nicht durch technische Schutzmaßnah- Eine diesbezügliche Weigerung dürfen Arbeitgeberinnen men oder durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen und Arbeitgeber nicht dulden. vermieden oder ausreichend begrenzt werden können. Grenzwerte am Arbeitsplatz (MAK- und TRK-Werte) Grenzwerte wie die Maximale Arbeitsplatzkonzentra- Für die meisten krebserzeugenden Stoffe kann kein tion (MAK-Wert) oder die Technische Richtkonzentra- sicherer Grenzwert, bei dessen Unterschreitung keine tion (TRK-Wert) dienen dem Schutz der Gesundheit Krebsgefahr besteht, angegeben werden. Man behilft von Beschäftigten. Als Beurteilungszeitraum für sich mit Technischen Richtkonzentrationen (TRK- MAK-Werte und TRK-Werte gilt eine in der Regel Werten). Diese sind allerdings mit einem teilweise achtstündige Exposition bei Einhaltung einer durch- hohen Krebsrisiko verbunden. Da die Einhaltung des schnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. In TRK-Werts nicht vor einer Krebserkrankung schützt, Österreich geltende MAK- und TRK-Werte sind im An- kommt dem Ersatz krebserzeugender Stoffe bzw. den hang I der Grenzwerteverordnung (GKV) aufgelistet. technischen Maßnahmen höchste Bedeutung zu. Der MAK-Wert ist die höchstzulässige Konzentration Achtung! eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz, die nach dem jeweiligen Auch bei Einhaltung des TRK-Wertes besteht ein Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auch bei Krebsrisiko. Daher muss diese Konzentration mög- wiederholter und langfristiger Exposition im Allge- lichst weit unterschritten werden (Minimierungsge- meinen die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und bot nach § 43 ASchG). Arbeitnehmern nicht beeinträchtigt und die diese nicht unangemessen belästigt. Im Einzelfall (z. B. für Schwangere und Jugendliche) sind auch bei Ein- haltung der MAK-Werte Gesundheitsschäden nicht sicher auszuschließen. 13
Messungen Um die getroffenen Schutzmaßnahmen beurteilen Betriebsanleitungen, Angaben von Herstellern oder oder verbessern zu können oder um besondere Dring- Inverkehrbringern, Berechnungsverfahren sowie lichkeiten zu erkennen, ist die Kenntnis der Exposition Messergebnissen vergleichbarer Arbeitsplätze) reprä- der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders sentativ für den jeweiligen Arbeitsplatz nachgewiesen wichtig. In vielen Fällen ist daher eine Messung der wird, dass die anzuwendenden Grenzwerte unter- Stoffkonzentration notwendig. Die Arbeitgeberin schritten werden. bzw. den Arbeitgeber trifft gemäß § 46 ASchG eine Verpflichtung zur Messung von Stoffen mit MAK- Die Ergebnisse der Messungen oder Bewertungen oder TRK-Werten. dienen auch der Beurteilung, ob eine medizinische Untersuchung gemäß der Verordnung über die Die Messungen sind nicht erforderlich, wenn durch Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz (VGÜ) eine Bewertung nach dem Stand der Technik unter durchzuführen ist. Berücksichtigung von Vergleichsdaten (insbesondere Unterweisung Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben die Pflicht, Die Unterweisung muss verständlich und auf den ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor dem ersten jeweiligen Aufgabenbereich der Arbeitskräfte zuge- Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen darüber zu schnitten sein. informieren, dass es sich um krebserzeugende Arbeits- Erforderlichenfalls sind Fachleute heranzuziehen. stoffe handelt. Sie haben eine Unterweisung nach Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber muss sich § 14 des ASchG auf Grundlage der Evaluierung durch- vergewissern, dass die Unterweisung verstanden wur- zuführen. de (z. B. durch unangekündigtes Beobachten). Die Unterweisung muss während der Arbeitszeit Vor Tätigkeitsbeginn und bei Veränderungen (neuer erfolgen. Arbeitsstoff, geändertes Verfahren etc.) muss die Die Unterweisung muss nachweislich erfolgt sein. Unterweisung durchgeführt werden. Auch nach Unfällen und Beinaheunfällen ist eine Die Unterweisung kann auch schriftlich in Form einer Unterweisung verpflichtend, wenn dies zur Verhü- Betriebsanweisung erfolgen. Auch in diesen Fällen muss tung weiterer Unfälle nützlich erscheint. sich die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber davon über- Die Unterweisung muss in regelmäßigen Abständen zeugen, dass die Unterweisung verstanden wurde und wiederholt werden. dass ihren Inhalten entsprechend vorgegangen wird. Meldepflicht Die Verwendung von eindeutig krebserzeugenden melden. Unter „Verwendung“ ist stets auch das Arbeitsstoffen ist im Vorfeld an das zuständige (unbeabsichtigte) Entstehen zu verstehen. Arbeitsinspektorat (§ 42 ASchG und § 11 GKV) zu 14
Aufzeichnungspflicht Stehen krebserzeugende Arbeitsstoffe in Verwen- Unfälle und Zwischenfälle im Zusammenhang mit dung, müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber diesen Arbeitsstoffen ein Verzeichnis jener Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeit- nehmer führen, die der Einwirkung dieser Arbeitsstof- Auf der Website des Arbeitsinspektorates ist ein Mus- fe ausgesetzt sind. Die gesetzlich vorgeschriebenen ter eines solchen „Verzeichnisses für ArbeitnehmerIn- Mindestinhalte sind: nen“ zu finden: https://www.arbeitsinspektion.gv.at/ inspektorat/Arbeitsstoffe/gesundheitgefaehrdende/ Name, Geburtsdatum, Geschlecht Krebserzeugende_Arbeitsstoffe Bezeichnung der Arbeitsstoffe Art der Gefährdung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern muss zu Art und Dauer der Tätigkeit diesen Aufzeichnungen Zugang gewährt werden. Datum und Ergebnis der Messungen im Arbeits- Nach dem Ende der Exposition sind die Verzeichnis- bereich, soweit vorhanden se an den zuständigen Unfallversicherungsträger zu Angaben zur Exposition übermitteln, der diese 40 Jahre aufbewahren muss. Untersuchungspflichten Eignungs- und Folgeuntersuchungen sind vorgese- Die Notwendigkeit der Durchführung von solchen hen, wenn beim Umgang mit einem gefährlichen Untersuchungen setzt eine Gefährdungsbeurteilung Stoff die Gefahr einer Berufskrankheit besteht (Evaluierung) voraus. Die untersuchende Ärztin bzw. und einer arbeitsmedizinischen Untersuchung eine der untersuchende Arzt müssen den Arbeitsplatz und prophylaktische Bedeutung zukommt. Ziel dieser die konkreten Arbeitsbedingungen sowie z. B. Mess- Untersuchungen ist es, schädigende Veränderungen ergebnisse kennen und die Untersuchten beraten. aufgrund des Umgangs mit dem Arbeitsstoff in einem Sollte es im Betrieb zu einer Einwirkung eines eindeu- möglichst frühen Stadium zu erkennen. tig krebserzeugenden Arbeitsstoffes kommen, der in der VGÜ nicht namentlich angeführt ist, muss den So werden z. B. Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- betroffenen Beschäftigten die Möglichkeit gegeben mer, die mit Blei arbeiten, dahingehend untersucht, werden, auf eigenen Wunsch eine geeignete arbeits- ob eine erhöhte Bleikonzentration im Blut vorliegt. Es medizinische Untersuchung in Anspruch zu nehmen. handelt sich um vorgegebene Untersuchungen, die keinesfalls mit „Gesundenuntersuchungen“ verwech- Die Zeitabstände für die regelmäßigen Folgeuntersu- selt werden dürfen. chungen sind in der VGÜ festgelegt. Beschäftigungsverbote Besonders schutzbedürftige Personen wie z. B. Ju- Unter Aufsicht dürfen Jugendliche in Ausbildung mit gendliche, Schwangere und stillende Mütter dürfen krebserzeugenden Arbeitsstoffen arbeiten (KJBG- keinesfalls mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen VO) – dies jedoch nur, wenn der Umgang mit diesen hantieren. Stoffen für die Ausbildung notwendig ist. 15
Überblick über die gesetzlichen Bestimmungen Bestimmung eindeutig krebsverdächtiger krebserzeugender Arbeitsstoff Arbeitsstoff Ersatz/Substitution ja ja § 42 (1) bzw. (2) und (3) ASchG + § 11 GKV (wenn der Aufwand vertretbar ist) Begründung, wenn kein Ersatz erfolgt ja nein § 42 (7) ASchG + § 11 GKV Verwendung im geschlossenen System ja empfohlen § 43 (1) ASchG + § 11 GKV (wenn nach Art der Arbeit und Stand der Technik möglich) Meldung beabsichtigter erstmaliger Verwendung an das ja nein zuständige Arbeitsinspektorat § 42 (5) ASchG + § 11 GKV Schutz- oder Arbeitskleidung ist beizustellen ja empfohlen und vom Betrieb zu reinigen (für Arbeitskleidung) § 14 GKV, § 16 PSA-V ja (für Schutzkleidung) getrennte Aufbewahrung für Straßenkleidung und ja empfohlen Arbeitskleidung oder Persönlicher Schutzausrüstung und Reinigung derselben durch den Betrieb § 14 GKV Abluftführung ins Freie (Umluftverbot) ja nein § 15 GKV (Ausnahmen unter bestimmten Voraussetzungen möglich) Zugangsbeschränkungen ja nein § 44 (4) ASchG + § 11 GKV Verzeichnis Exponierter führen ja ja § 47 ASchG 16
Anhang Hilfreiche Fragen für die Evaluierung (Gefährdungsermittlung und -beurteilung) Entstehen Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube während der Verarbeitung? Sind diese Stoffe krebserzeugend? Kann der Stoff durch einen nicht krebserzeugenden ersetzt werden? Wie wird der Stoff verarbeitet? Welche Mengen werden eingesetzt bzw. entstehen? Wird eine gekapselte Anlage verwendet? Wird möglichst an der Entstehungsstelle abgesaugt? Wird der Arbeitsbereich mechanisch belüftet? Können die Stoffe eingeatmet werden? Kann der Stoff über die Haut aufgenommen werden? Wird Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt? Wird diese im Betrieb gereinigt? Gibt es die Möglichkeit, Straßen- und Arbeitskleidung in getrennten Spinden aufzubewahren? Gibt es eine Waschmöglichkeit? Wird die zur Verfügung gestellte Schutzausrüstung korrekt verwendet? Wie und wo wird diese aufbewahrt? Wie lange wird diese verwendet? Wer sucht sie aus und wie läuft die Bestellung intern ab? Sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterwiesen worden? Kennen sie die Gefahren, die von diesen Stoffen/Produkten/Prozessgasen ausgehen können? Vorbildwirkung und Unterstützung der Führungsebene sind entscheidende Erfolgsfaktoren für eine gelebte Sicherheitskultur im Betrieb. 17
Gesetze und Verordnungen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG EU-Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen – CLP-V (Classification, Labelling, Packaging) Grenzwerteverordnung – GKV Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz – VGÜ Mutterschutzgesetz – MSchG Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz – KJBG Verordnung über Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche – KJBG-VO EU-Verordnung über die Registrierung, Zulassung, Beschränkung und Bewertung chemischer Stoffe – REACH-V Verordnung über Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente – DOK-VO 18
Flussdiagramm: Krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen Haben Sie ein Verzeichnis der gefährlichen Arbeitsstoffe? NEIN JA Erstellen Sie ein Kommt dieses Verzeichnis der gefährli- Piktogramm chen Arbeitsstoffe! darin vor? aktuelle JA Sicherheits- datenblätter einholen Kommt mindestens einer der folgenden H-Sätze darin vor? H350 Kann Krebs erzeugen H350i Kann bei Einatmen Krebs erzeugen NEIN H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen JA in Ihrem Betrieb gibt es in Ihrem Betrieb gibt keine zugekauften krebs- es zugekaufte krebs erzeugende Arbeitsstoffe erzeugende Arbeitsstoffe Weitere Maßnahmen siehe Branchen-Publikationen unter www.auva.at/krebsgefahr Überprüfen, ob in Ihrem Betrieb krebserzeugende Arbeitsstoffe entstehen (siehe Übersicht „Vorkommen krebserzeugender Arbeitsstoffe” in diesem Merkblatt auf S. 20 und 21) Flussdiagramm krebserzeugende Arbeitsstoffe 19
Vorkommen krebserzeugender Typische Branchen (Auszug) Arbeiten mit handgeführten Metallverarbeitung benzinbetriebenen 2-Takt-Maschinen Chrom(VI)-Verbindungen und Nickel (im Edelstahlschweißrauch) Benzol (z. B. in Motorsägen, Nickel, Cadmium, Cobalt, Beryllium Motorsensen, wenn kein „Gerä- (beim Schleifen, Bohren, Schneiden tebenzin“ verwendet wird) von Metall) Nitrosamine (KSS – Kühlschmier- stoffe) Gesundheitseinrichtungen Ethylenoxid (Sterilisation) Kunststoffverarbeitung Formaldehyd PAK – polyzyklische aromatische Formaldehyd (aus POM – Kohlenwasserstoffe (z. B. in Polyoxymethylen) Chirurgischen Rauchgasen bei Pyrolyseprodukte der Elektrokoagulation) (z. B. 1,3-Butadien, Benzol) Zytostatika Galvanikbetriebe Bau- und Baunebengewerbe (Hartverchromen) Asbest Chrom(VI)-Verbindungen Benzol (z. B. in Motorsägen) Nickel KMF – Künstliche Mineralfasern (Dämmstoffe) PAK – polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe Holzverarbeitung (z. B. in Dieselmotoremissionen, steinkohleteerbasierten Produkten) Holzstaub Quarzstaub Formaldehyd Trichloreth(yl)en in der Asphaltanalyse Kfz-Werkstätten Rauchfangkehrer Benzol DME – Dieselmotoremissionen PAK – polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe 20
Arbeitsstoffe Relevante Stoffe (Auszug) Aromatische Amine Formaldehyd in der Gummi-Industrie in Gesundheitseinrichtungen in der Lederindustrie in der Holzverarbeitung beim Umgang mit synthetisch organischen in der Kunststoffverarbeitung Farbmitteln (Azofarbstoffe) Holzstaub Asbest, Quarzstaub, KMF – Künstliche Mineralfasern in der Holzverarbeitung im Bau- und Baunebengewerbe Nitrosamine Benzol in der Gummi-Industrie (Vulkanisation) in der metallverarbeitenden Industrie in Kfz-Werkstätten (unter bestimmten Voraussetzungen bei im Bau- und Baunebengewerbe wassergemischten Kühlschmierstoffen) bei Arbeiten mit handgeführten benzin- in Gießereien (z. B. thermische Zersetzung betriebenen 2-Takt-Maschinen des Bindemittels im Formsand) Beryllium, Chrom(VI)-Verbindungen, Pyrolyseprodukte Cobalt, Nickel (insbesondere PAK durch thermische Zersetzungs- prozesse von Materialien) in der Galvanik (beim Hartverchromen) in der metallverarbeitenden Industrie (bei in Kfz-Werkstätten Oberflächenbearbeitung, z. B. Schleifen) in der Kunststoffverarbeitung im Bau- und Baunebengewerbe bei Rauchfangkehr-Tätigkeiten Cadmium, Cobalt in der Chirurgie (Chirurgische Rauchgase bei der beim Emaillieren Elektrokoagulation) beim Färben mit mineralischen Pigmenten Zytostatika, Dieselmotoremissionen Ethylenoxid in Kfz-Werkstätten in Gesundheits- ein PDF im Bau- und Baunebengewerbe einrichtungen Sie finden r rsicht unte dieser Übe .auva.at/k rebsgefahr www load. zum Down 21
Weiterführende Informationen Internet www.auva.at/krebsgefahr Website der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt mit Materialien und Informationen zum Präventionsschwerpunkt 2018–2020: „Gib Acht, Krebsgefahr! – Eine Initiative der AUVA gegen krebserzeugende Arbeitsstoffe“. https://www.arbeitsinspektion.gv.at/inspektorat/Arbeitsstoffe/Schwerpunktthema_Kanzerogene_Arbeitsstoffe Website der Arbeitsinspektion mit Materialien und Informationen zum Schwerpunktthema Kanzerogene Arbeitsstoffe www.eval.at Website mit Informationen, Checklisten und Dokumenten rund um das Thema der Arbeitsplatzevaluierung www.ris.bka.gv.at Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS), das österreichische Rechtsvorschriften veröffentlicht (aus dem Bundesgesetzblatt, den Landesgesetzblättern, den Amtlichen Verlautbarungen der Sozialversicherung und den Amtlichen Veterinärnachrichten) www.baua.de/DE/ Empfehlungen zur Ausarbeitung von Betriebsanweisungen gibt die deutsche Technische Regel für Gefährliche Stoffe (TRGS) 555. Literatur Jongeneel, W. P., Eysink, P. E. D., Theodori, D., Hamberg-van Reenen, H. H. und Verhoeven, J. K.: Work- related cancer in the European Union: Size, impact and options for further prevention, RIVM Letter report 2016-0010. Nenonen, N., Hämäläinen, P., Takala, J., Saarela, K. L., Lim, S. L., Lim, G. K., Manickam, K. und Yong, E.: Global estimates of occupational accidents and fatal work-related diseases in 2014, Singapore, Workplace Safety & Health Institute, 2014. Statistik Austria (Hrsg.): Krebserkrankungen in Österreich, Wien 2016. Statistik Austria (Hrsg.): Jahrbuch der Gesundheitsstatistik 2015, Wien 2017. Takala, J.: Arbeitsbedingte Krebserkrankungen müssen in Europa und weltweit verhindert werden, deutsche Übersetzung des ETUI WP 2015.10, Wien 2016. 22
HSP – M.plus 340 – 04/2018 – tev Layout: Grafikstudio Hutter Krebserzeugende Arbeitsstoffe erkennen und handhaben Bitte wenden Sie sich in allen Fragen des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit bei der Arbeit an den Unfall verhütungsdienst der für Sie zuständigen AUVA-Landesstelle: Oberösterreich: Steiermark und Kärnten: UVD der Landesstelle Linz UVD der Landesstelle Graz Garnisonstraße 5, 4010 Linz Göstinger Straße 26, 8020 Graz Telefon +43 5 93 93-32701 Telefon +43 5 93 93-33701 UVD der Außenstelle Klagenfurt Salzburg, Tirol und Vorarlberg: Waidmannsdorfer Straße 42, UVD der Landesstelle Salzburg 9020 Klagenfurt am Wörthersee Dr.-Franz-Rehrl-Platz 5, 5010 Salzburg Telefon +43 5 93 93-33830 Telefon +43 5 93 93-34701 UVD der Außenstelle Innsbruck Wien, Niederösterreich und Burgenland: Ing.-Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck UVD der Landesstelle Wien Telefon +43 5 93 93-34837 Webergasse 4, 1200 Wien Telefon +43 5 93 93-31701 UVD der Außenstelle Dornbirn Eisengasse 12, 6850 Dornbirn UVD der Außenstelle St. Pölten Telefon +43 5 93 93-34932 Kremser Landstraße 8, 3100 St. Pölten Telefon +43 5 93 93-31828 UVD der Außenstelle Oberwart Hauptplatz 11, 7400 Oberwart Telefon +43 5 93 93-31901 Infos für fte krä Führungs n Das Plus a ! Sicherheit Das barrierefreie PDF dieses Dokuments gemäß PDF/UA-Standard ist unter www.auva.at/publikationen abrufbar. Medieninhaber und Hersteller: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien Verlags- und Herstellungsort: Wien www.auva.at
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