Die neue EG-Kosmetikverordnung 1223/2009 - Inhalte und erste Erläuterungen 3-2010

 
WEITER LESEN
Die neue EG-Kosmetikverordnung 1223/2009 - Inhalte und erste Erläuterungen 3-2010
3-2010

                                 Deutsche Ausgabe
Internationales Journal für angewandte Wissenschaft
           • Kosmetik • Haushalt • Spezialprodukte

                             G. Mildau, B. Huber

                         Die neue
         EG-Kosmetikverordnung
                    1223/2009 –
                      Inhalte und
             erste Erläuterungen
S P EC I A LT I E S
                         G E S ET ZG E B U N G

G. Mildau*, B. Huber**

Die neue EG-Kosmetikverordnung 1223/2009 –
Inhalte und erste Erläuterungen
EG-Kosmetikverordnung 1223/2009, Begriffsbestimmungen, Sicherheit, Verantwortung,
Produktinformationsdatei, Notifizierung, Tierversuche, Marktüberwachung

 Einleitung und offene Fragen              len (z. B. Notifizierung nach der neuen      Maßnahmen ergriffen werden sollen. Die
                                            Verordnung).                                 Übersetzung »alle geeigneten Maßnah-
Am 22. Dezember 2009 wurde im Amts-         Die neue Verordnung 1223/2009 wird die       men« gibt dagegen diesen Hinweis auf
blatt der Europäischen Union die Euro-      im nationalen Lebensmittel- und Futter-      das stets zu beachtende Gebot der Ver-
päische Kosmetikverordnung 1223/2009        mittelgesetzbuch (LFGB) auf kosmetische      hältnismäßigkeit nicht in gleicher Weise
veröffentlicht (1). Nach hartem Ringen      Mittel bezogenen Regelungen überflüs-        wieder.
zwischen der Europäischen Kommission,       sig machen. Die deutsche Kosmetik-Ver-       Im Folgenden werden Erwägungsgründe,
die den ersten Entwurf vor über zwei        ordnung wird nur noch hinsichtlich der       einzelne Kapitel mit ihren Artikeln und
Jahren den Mitgliedstaaten und Wirt-        Sanktionen bei Verstößen gegen die Ver-      bestimmte Anhänge kurz beschrieben
schaftsbeteiligten vorgestellt hatte, so-   ordnung 1223/2009 benötigt werden.           und weitergehende Erläuterungen aus
wie dem EU-Ministerrat und dem Euro-        Der deutsche Text der Verordnung 1223/       Sicht der Autoren – sofern zum derzeiti-
päischen Parlament, wurde das Regel-        2009 enthält einige fehlerhafte oder zu-     gen Zeitpunkt verfügbar – zusammenge-
werk am 30. November 2009 in Brüssel        mindest missverständliche Übersetzun-        stellt.
von den Präsidenten des Europäischen        gen, die aber aus Sicht der Autoren un-
Parlaments und des Ministerrates unter-     bedingt noch nachträglich geändert wer-
zeichnet. Die neue EG-Kosmetikverord-       den müssen. So wurde zum Beispiel in          Ziele der Verordnung 1223/2009 –
nung wird die derzeit noch bestehende       Art. 6 Abs. 1 der Halbsatz »when making        Erwägungsgrund 3
EG-Kosmetik-Richtlinie 76/768 (2) voll-     a product available on the market« fäl-
ständig ersetzen, und damit auch zum        schlicherweise mit »wenn sie ein Produkt     In Erwägungsgrund 3 sind die Ziele der
größten Teil die nationalen Regelungen,     in Verkehr bringen« übersetzt. Hier müs-     Europäischen Kosmetikverordnung for-
die sich in Deutschland im Lebensmittel-    ste es stattdessen heißen: »wenn sie ein     muliert:
und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) (3)       Produkt auf dem Markt bereitstellen«.
und in der Kosmetikverordnung (4) wie-      In Art. 13 Abs. 4 wird »Where a cosmetic     1. Die Verfahren zu vereinfachen und die
derfinden.                                  product has been placed on the market           Begrifflichkeit zu vereinheitlichen, um
Die Verordnung 1223/2009 wird erst ab       before ... but is no longer placed on the       so den Verwaltungsaufwand und Un-
dem 11. Juli 2013 gelten, mit Ausnahme      market as from that date«, übersetzt mit        klarheiten zu verringern (Stichwort
bestimmter Artikel, die bereits ab dem 1.   »Wird ein kosmetisches Mittel vor dem ...       »Simplification«).
Dezember 2010 bzw. 11. Januar 2013 in       in Verkehr gebracht, befindet es sich
Kraft treten werden. Damit wird in der      nach diesem Zeitpunkt aber nicht mehr        2. Ausbau bestimmter Elemente des Re-
Europäischen Gemeinschaft eine harmo-       auf dem Markt«. Hier hätte es heißen            gelwerks, etwa der Marktüberwachung,
nisierte Rechtsvorschrift zur Verfügung     müssen: »Wird ein kosmetisches Mittel           um ein hohes Maß an Schutz der
stehen.                                     zwar vor dem..., aber nicht mehr nach           menschlichen Gesundheit zu gewähr-
Nun bleibt allen Wirtschaftsbeteiligten     diesem Zeitpunkt in Verkehr gebracht,           leisten.
und den nationalen Gesetzgebern genü-       …«. Der englische Text stellt hier nämlich
gend Zeit, die notwendigen Maßnahmen        eindeutig nur auf das (erstmalige) Inver-
einzuleiten bzw. gesetzliche Änderungen     kehrbringen ab. Schließlich fordern nach      »Simplification« und
im nationalen Recht vorzunehmen. Der-       der englischen Fassung des Art 25 Abs. 1       »New Approach«
zeit fehlen noch für viele der vorgesehe-   die zuständigen Behörden die verantwort-
nen Regelungen entsprechende Leitfä-        liche Person im Fall der Nichteinhaltung     Im Zusammenhang mit der Neuregulie-
den bzw. Erläuterungen durch die Kom-       auf, »to take all appropriate measures«.     rung des europäischen Kosmetikrechts
mission. Wesentliche EDV-Strukturen sind    Der Begriff »appropriate« drückt hierbei     werden immer wieder zwei Begriffe ge-
noch gar nicht verfügbar, um bestimm-       eindeutig aus, dass selbstverständlich nur   nannt: »Simplification« und »New Ap-
te Anforderungen heute schon zu erfül-      die im Einzelfall jeweils »angemessenen«     proach«.

40                                                                                                        SOFW-Journal | 136 | 3-2010
S P EC I A LT I E S
                                                                                      G E S ET ZG E B U N G

Das »Vereinfachungsprogramm« wurde           10. Durchführungsmaßnahmen,                    Während in der deutschen Sprachfassung
von der Europäischen Kommission im               Schlussbestimmungen (Art. 31-40)           auch weiterhin die Haut als wichtiger
Jahre 2005 entworfen, um durch Büro-                                                        Anwendungs- und Wirkort für kosmeti-
kratieabbau, strukturiertere und verständ-   »New Approach« (»Neuer Ansatz«) ist ein        sche Mittel genannt wird, taucht in di-
lichere Gesetzgebung, bessere adminis-       Begriff, der von dem europäischen Ge-          versen Sprachfassungen (u.a. englische,
trative Zusammenarbeit und aktive Ein-       setzgeber und den europäischen Nor-            französische, italienische, spanische, por-
beziehung aller Wirtschaftsbeteiligten ei-   mungsinstituten (u.a. CEN) geschaffen          tugiesische) hierfür noch immer der ein-
ne bessere EU-Gesetzgebung zu schaffen,      wurde und in dessen Regelwerk eine Ver-        grenzende Begriff »Epidermis« auf. Diese
die für mehr Wirtschaftswachstum und         besserung des gesundheitlichen Verbrau-        in Fachkreisen unstrittig unkorrekte Be-
Arbeitsplätze bei gleichzeitiger Wahrung     cherschutzes und freien Warenverkehrs          zeichnung des Wirkortes wurde leider
des Verbraucherschutzes sorgen soll.         durch Schaffung einheitlicher Normen           aus der Kosmetik-Richtlinie übernom-
Vor dem Hintergrund »Simplification«         innerhalb der EU als Ziel formuliert wird.     men.
bleibt zunächst festzustellen, dass der      Der Begriff »New Approach« wurde in-           Mit der Definition der ausschließlichen
Rechtstext der Verordnung 1223/2009          haltlich in einigen Teilaspekten realisiert.   oder überwiegenden Zweckbestimmung
gegenüber der Kosmetik-Richtlinie deut-      In bestimmten Artikeln wird auf die künf-      eines kosmetischen Mittels und den in
lich umfangreicher geworden ist, etwa        tige Bedeutung harmonisierter Normen           Erwägungsgrund 6 genannten Abgren-
um das drei- bis vierfache. Den elf Erwä-    hingewiesen (Kosmetik-GMP, Probenah-           zungen zu den Rechtsgebieten für Arz-
gungsgründen der Richtlinie stehen nun-      me, Analysenmethoden).                         neimittel, Medizinprodukte und Biozide
mehr einundsiebzig gegenüber.                                                               gelingt es u. E. im konkreten Einzelfall
Dies scheint auf den ersten Blick keine                                                     ausreichend, kosmetische Mittel von die-
Vereinfachung zu sein. Allerdings ist es      Inhaltliche Neuerungen                       sen Produkten zu unterscheiden. Es wird
bei näherem Hinsehen u. E. durchaus ge-                                                     wie bisher auch schwierige Zweifelsfälle
lungen, dem Ziel des Gesetzgebers – eine     Welches sind nun inhaltliche Neuerun-          geben, für die in bestimmtem Umfang
Vereinfachung zu erreichen – wirklich        gen gegenüber der Kosmetik-Richtlinie,         Kommentare, z. B. in Form der Leitlinien
näher zu kommen. Die Erwägungsgrün-          die über die Kommentierung der einzel-         der Europäischen Kommission (5) oder
de besitzen nämlich kommentierenden          nen Artikel in den Erwägungsgründen            Veröffentlichungen (6) als Entscheidungs-
Charakter für die einzelnen Artikel und      und über die klare Strukturierung des          hilfen zur Verfügung stehen. Die Abgren-
schaffen dadurch die Voraussetzung für       umfassenden Rechtstextes hinausgehen?          zung zu Lebensmitteln ist zwar im Erwä-
eine bessere Verständlichkeit des Rechts-    Dies soll anhand der einzelnen Artikel         gungsgrund 6 nicht erwähnt, aber ange-
textes.                                      und Anhänge beleuchtet werden.                 sichts der klaren Rechtslage der Basis-
Die nun vierzig Artikel – gegenüber fünf-    Bezüglich der Anhänge kann bereits an          verordnung Lebensmittel 178/2002 in
zehn in der Richtlinie – sind übersicht-     dieser Stelle festgestellt werden, dass die    der Regel unproblematisch. Auch hier
lich in zehn Kapitel aufgeteilt. Auch dies   Stofflisten (Verbotsliste, Positivlisten)      helfen im Einzelfall Kommentare (7).
trägt zur Klarheit des Rechtstextes we-      nicht grundlegend überarbeitet wurden.         In Erwägungsgrund 7 wurden beispiel-
sentlich bei:                                Eine Gliederung wie bei den Artikeln           haft die Kategorien kosmetischer Mittel
                                             hätte angesichts der Unübersichtlichkeit       aufgenommen, wie sie derzeit in der
1. Geltungsbereich,                          der umfassenden Stofflisten sehr zur Ver-      Kosmetik-Richtlinie in Anhang I genannt
   Begriffsbestimmungen (Art. 1-2)           einfachung und Klarheit der neuen Ver-         sind (z. B. Cremes für die Hautpflege). Er-
2. Sicherheit, Verantwortung,                ordnung beigetragen. Die inhaltliche           wägungsgrund 8 gibt der Kommission
   freier Warenverkehr (Art. 3-9)            Diskussion hierzu wurde aber angesichts        die Aufgabe, künftig diese Kategorien
                                             der zeitlichen Vorstellungen der euro-         kosmetischer Mittel exakt festzulegen.
3. Sicherheitsbewertung, Produkt-            päischen Institutionen bzgl. des Veröf-        Vermutlich wird dies in einer Leitlinie er-
   informationsdatei, Notifizierung          fentlichungszeitpunktes nicht geführt.         folgen.
   (Art. 10-13)                              Künftig muss sich zeigen, inwieweit eine       Neu hinzu kommen in Artikel 2 diverse
4. Einschränkungen für bestimmte             Vereinfachung der Stofflisten im Rahmen        Definitionen zu Begriffen, die in den wei-
   Stoffe (Art. 14-17)                       der Arbeit des Lenkungsausschusses bei         teren Artikeln eine wesentliche Rolle spie-
                                             der Europäischen Kommission (Standing          len. Dies stellt eine deutliche Verbesse-
5. Tierversuche (Art. 18)                    Committee »Cosmetics«) gelingen wird.          rung gegenüber der Richtlinie dar.
6. Informationen für die Verbraucher
                                                                                            1.       Stoff
   (Art. 19-21)
                                             1. Kapitel I – Geltungsbereich und             2.       Gemisch
7. Marktüberwachung (Art. 22-24)                Begriffsbestimmungen                        3.       Hersteller
                                                                                            4.       Händler
8. Nichteinhaltung, Schutzklausel
                                             Das Kapitel I regelt Geltungsbereich und       5.       Endverbraucher
   (Art. 25-28)
                                             Begriffsbestimmungen: Die bisherige De-        6.       Bereitstellung auf dem Markt
9. Zusammenarbeit der Verwaltungen           finition kosmetischer Mittel (Artikel 2)       7.       Inverkehrbringen
   (Art. 29-30)                              wird beibehalten.                              8.       Importeur

SOFW-Journal | 136 | 3-2010                                                                                                         41
S P EC I A LT I E S
                       G E S ET ZG E B U N G

9.       Harmonisierte Norm                   öffentlichung im Amtsblatt wird voraus-     nämlich die »erstmalige Bereitstellung
10.      Nanomaterial                         sichtlich auf die Norm DIN EN ISO 22716     eines kosmetischen Mittels auf dem
11.      Konservierungsstoffe                 verweisen. Zu dieser internationalen Kos-   Gemeinschaftsmarkt«. Insofern wird im
12.      Farbstoffe                           metik-GMP-Norm hat der IKW eine er-         Rahmen der Verordnung 1223/2009 ein
13.      UV-Filter                            gänzende Broschüre »Kosmetik-GMP –          Umdenken erforderlich sein, da im aktu-
14.      Unerwünschte Wirkung                 Die Norm DIN EN ISO 22716, kommen-          ell für kosmetische Mittel in Deutschland
15.      Ernste unerwünschte Wirkung          tiert vom Industrieverband Körperpfle-      heranzuziehenden LFGB das »Inverkehr-
16.      Rücknahme                            ge- und Waschmittel« veröffentlicht (8).    bringen« stattdessen die Abgabe auf
17.      Rückruf                              Darin sind sowohl die Norm als auch wei-    jeder Vertriebsstufe einschließlich des
18.      Rahmenrezeptur                       tergehende Erläuterungen enthalten.         bloßen »Bereithaltens zum Verkauf« er-
                                              In Artikel 9 ist der freie Warenverkehr     fasst. Diese umfassendere lebensmittel-
Auf einzelne Begriffe wird in den nach-       der Produkte innerhalb der EU geregelt,     rechtliche Definition des Inverkehrbrin-
folgenden Abschnitten näher eingegan-         d. h. die Mitgliedstaaten dürfen die Ver-   gens ist in der europäischen Lebensmit-
gen.                                          marktung kosmetischer Mittel nicht be-      tel-Basis-Verordnung 178/02 geregelt.
                                              hindern, wenn die Produkte der Ver-         Hersteller ist nach der Verordnung 1223/
                                              ordnung entsprechen. Sie dürfen also        2009 »die Person (natürlich oder juris-
2. Kapitel II – Sicherheit,                   keine darüber hinausgehenden nationa-       tisch), die ein kosmetisches Mittel unter
   Verantwortung, freier Warenverkehr         len Rechtsnormen festschreiben.             ihrem eigenen Namen oder ihrer eige-
                                                                                          nen Marke herstellt bzw. entwickeln
Die Anforderung an die Sicherheit der                                                     oder herstellen lässt und es in Verkehr
Produkte wird in Artikel 3 des Kapitels II    2.1 Weitergehende Erläuterungen zu          bringt«. Sofern diese ihren Sitz innerhalb
(Sicherheit, Verantwortung, freier Wa-        Definitionen und Verantwortlichkeiten       der Europäischen Gemeinschaft hat, ist
renverkehr) neu gefasst. Dort ist jetzt       Die Verordnung 1223/2009 enthält um-        sie in aller Regel auch die für das Inver-
festgeschrieben, dass kosmetische Mittel      fangreiche Regelungen zu den Verant-        kehrbringen des kosmetischen Mittels
bei normaler oder vernünftigerweise vor-      wortlichkeiten im Rahmen der Herstel-       »verantwortliche Person« (s. hierzu im
hersehbarer Verwendung sicher sein müs-       lung und Bereitstellung kosmetischer        Einzelnen Art. 4 Abs. 3). Ein reiner Lohn-
sen.                                          Mittel auf dem Markt. Da vom Gesetz-        hersteller gilt hiernach grundsätzlich
Wesentlich sind zwei Aspekte gegenüber        geber versucht wurde, alle nur denkba-      nicht als »Hersteller« im Sinne der Ver-
der Richtlinie:                               ren Konstellationen der Verantwortlich-     ordnung 1223/2009.
                                              keiten zu regeln, wirkt der Text der Ver-   Händler ist dagegen jede Person in der
1. Die Anforderung, dass ein Produkt si-      ordnung hierzu teilweise sehr kompli-       Lieferkette, die »ein Produkt auf dem Ge-
   cher sein muss, ist strenger im Ver-       ziert. Im Ergebnis werden die meisten       meinschaftsmarkt bereitstellt, mit Aus-
   gleich zur bisherigen Regelung, die        dieser Regelungen aber keine grundle-       nahme des Herstellers oder des Impor-
   vorsieht, dass ein kosmetisches Mittel     genden Änderungen mit sich bringen.         teurs«. Ein Händler kann nach der Ver-
   nicht geeignet sein darf, die Gesund-      Häufig sehen sie nämlich entweder nur       ordnung 1223/2009 nur ausnahmsweise
   heit zu gefährden.                         Klarstellungen zur schon bislang beste-     dann zur verantwortlichen Person wer-
                                              henden Praxis vor oder übernehmen be-       den, wenn er »ein Produkt, das sich be-
2. Die Sicherheit der kosmetischen Mit-       reits geltende allgemeine Vorschriften      reits in Verkehr befindet, so ändert, dass
   tel schließt – wie bereits schon vorher,   zur Produktsicherheit (in Deutschland       die Erfüllung der geltenden Anforderun-
   aber in der Kosmetik-Richtlinie nicht      gemäß Geräte- und Produktsicherheits-       gen betroffen sein kann« (s. hierzu Art. 4
   genannt – explizit die detaillierten Re-   gesetz, GPSG) lediglich in das spezialge-   Abs. 6), also z. B. durch Ergänzung zusätz-
   gelungen bzgl. der Verwechselbarkeit       setzliche Regelwerk für kosmetische Mit-    licher Kennzeichnungselemente. Im Hin-
   mit Lebensmitteln gemäß der Richt-         tel.                                        blick auf Eigenmarken eines Handelsun-
   linie 87/357/EWG ein.                      Teilweise neue »Sprachregelungen« er-       ternehmens erfüllt dieses jedoch regel-
                                              geben sich aufgrund der folgenden, in       mäßig bereits die oben genannte Her-
In Artikel 4 sind die Verantwortlichkei-      Art. 2 der Verordnung 1223/2009 gere-       stellerdefinition und gilt insoweit nicht
ten neu definiert. Der Artikel 5 enthält      gelten Definitionen:                        als »Händler«.
die Verpflichtungen der verantwort-           Als »Bereitstellung auf dem Markt« wird     Importeur ist eine »in der Gemeinschaft
lichen Personen und Artikel 6 die Ver-        hier »jede entgeltliche oder unentgelt-     ansässige Person, die ein Produkt aus ei-
pflichtungen der Händler. Darüber hin-        liche Abgabe eines kosmetischen Mittels     nem Drittstaat auf dem Gemeinschafts-
aus wird jetzt in Artikel 7 die Identifi-     zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Ver-       markt in Verkehr bringt«.
zierung innerhalb der Lieferkette fest-       wendung auf dem Gemeinschaftsmarkt          Im Hinblick auf die Verantwortlichkei-
geschrieben (siehe hierzu 2.1).               im Rahmen einer gewerblichen Tätig-         ten der hier definierten Personen gelten
Der Artikel 8 beschreibt die Anforderun-      keit« bezeichnet.                           wie bisher folgende »Grundregeln«:
gen an die Gute Herstellungspraxis (Kos-      Der Begriff des »Inverkehrbringens« er-     Die auf der Packung gekennzeichnete
metik-GMP). Eine zukünftig – laut Ver-        fasst nach der Verordnung 1223/2009         »verantwortliche Person« mit Sitz inner-
ordnung 1223/2009 – vorgesehene Ver-          dagegen nur einen einmaligen Vorgang,       halb der Europäischen Gemeinschaft hat

42                                                                                                         SOFW-Journal | 136 | 3-2010
S P EC I A LT I E S
                       G E S ET ZG E B U N G

die Einhaltung aller Anforderungen an         mit der zuständigen Behörde gegebe-             3. Kapitel III – Sicherheitsbewertung,
die Sicherheit und Kennzeichnung des          nenfalls über angemessene Korrektur-               Produktinformationsdatei,
kosmetischen Mittels ebenso zu gewähr-        maßnahmen zu entscheiden.                          Probenahme und Analyse,
leisten wie die Einhaltung von Notifizie-     Inhaltlich neue Regelungen zu den Ver-             Notifizierung
rungs- und Meldepflichten und – soweit        antwortlichkeiten betreffen im Übrigen
im Einzelfall erforderlich – das Ergreifen    aus der Sicht der Autoren vor allem die         In Kapitel III, d. h. den Artikel 10 – 13 sind
von Korrekturmaßnahmen (s. insbeson-          folgenden Punkte:                               die Anforderungen an die Sicherheits-
dere Art. 5).                                                                                 bewertung (Art. 10), die Produktinfor-
Verantwortlichkeiten der Händler be-          1. Zu den Überprüfungspflichten der             mationsdatei (Art. 11) sowie Probenah-
stehen grundsätzlich nur in deren tat-           Händler zählt nach der Verordnung            me und Analyse (Art. 12) und Notifizie-
sächlichem Einflussbereich. So müssen            1223/2009 in Zukunft ausdrücklich,           rung der Produkte auf EU-Ebene (Art. 13)
diese z. B. wie bisher sicherstellen, dass       dass bei Kennzeichnung eines Min-            festgeschrieben. Die bisherigen Produkt-
die bei Kleinartikeln ausnahmsweise zu-          desthaltbarkeitsdatums dieses zum            angaben, die jetzt Produktinformations-
lässige Kennzeichnung der Inhaltsstoffe          Zeitpunkt der Abgabe an den Endver-          datei heißen, bleiben im Wesentlichen
am Verkaufsstand dort auch tatsächlich           braucher noch nicht abgelaufen ist (s.       bestehen, wobei die Sicherheitsbewer-
vorhanden ist oder dass gegebenenfalls           Art. 6 Abs. 2, dritter Spiegelstrich).       tung einen höheren Stellenwert erhält.
bestehende Anforderungen an die Lage-                                                         Klarer gefasst wird künftig die Zugäng-
rung und den Transport kosmetischer           2. Für alle Produkte, die aus dem Gebiet        lichkeit: in Artikel 11 (3) ist aufgeführt,
Mittel eingehalten werden. Die jetzt             der Europäischen Gemeinschaft zu-            dass den Behörden an der auf dem Eti-
ausdrücklich geregelten Überprüfungs-            nächst ausgeführt und dann wieder in         kett angegebenen Anschrift der verant-
pflichten der Händler zur Kennzeich-             die Gemeinschaft eingeführt werden,          wortlichen Person die Informationen
nung der von ihnen bereit gestellten             gilt grundsätzlich immer der Impor-          leicht zugänglich gemacht werden müs-
kosmetischen Mittel beschränken sich             teur als »verantwortliche Person« (s.        sen.
auf wenige Punkte, die regelmäßig schon          Art. 4 Abs. 5). Damit müsste er in die-
bislang im Handel durch stichproben-             sem Fall alle in Art. 5 genannten Pflich-
weise äußere Durchsicht geprüft wur-             ten übernehmen.                              3.1 Anforderungen an die
den. Das Vorhandensein einer Adresse                                                          Sicherheitsbewertung
der verantwortlichen Person, einer INCI-      3. Artikel 7 enthält eine neue Regelung,        Die Anforderungen an die Sicherheitsbe-
Liste und einer Chargenkennzeichnung             die es den zuständigen Behörden er-          wertung wurden deutlich detaillierter
ist hierbei ebenso leicht zu überprüfen,         leichtern soll, die in der Lieferkette ei-   beschrieben als in der Kosmetik-Richt-
wie die notwendige Verwendung der je-            nes kosmetischen Mittels beteiligten         linie. Hier kommt die Strategie des Euro-
weiligen Landessprache bei essentiellen          Personen zu identifizieren. Hiernach         päischen Gesetzgebers zum Ausdruck,
Kennzeichnungselementen, insbesonde-             müssen die verantwortlichen Perso-           die bisherige Form der umfassenden
re bei Warnhinweisen (s. hierzu Art. 6).         nen auf Anforderung der zuständigen          Stoffregelungen (Positiv- und Negativ-
Neben der generellen Verpflichtung zur           Behörden in der Lage sein, diejenigen        listen) durch mehr Herstellerverantwor-
Kooperation mit den zuständigen Über-            Händler zu identifizieren, an die sie        tung für jedes einzelne Produkt und sei-
wachungsbehörden haben verantwort-               ein kosmetisches Mittel liefern. Gleich-     ne Bestandteile zu ergänzen. Während
liche Personen und Händler schon heute           zeitig müssen Händler in der Lage sein,      die Kosmetik-Richtlinie 76/768 lediglich
nach der Richtlinie über die allgemeine          die verantwortlichen Personen zu be-         eine umfassende Negativliste und diver-
Produktsicherheit (17) die Pflicht zur           nennen, von denen sie ein kosmeti-           se Positivlisten (eingeschränkt verwend-
Unterrichtung der Behörden, wenn ein             sches Mittel bezogen haben, und ge-          bare Substanzen, Farbstoffe, Konservie-
kosmetisches Mittel im Einzelfall ein Ri-        gebenenfalls auch die Händler zu             rungsstoffe und UV-Filter) vorsah, wur-
siko für die menschliche Gesundheit dar-         identifizieren, an die sie das kosmeti-      de mit der 6. Änderung der Richtlinie im
stellt. Entsprechende Regelungen ent-            sche Mittel weitergeliefert haben.           Jahre 1993 die Sicherheitsbewertung je-
halten jetzt Art. 5 Abs. 2 und 3 sowie Art.      Diese Verpflichtung besteht während          des einzelnen Produktes eingeführt. Die-
6 Abs. 3 und 5 der Verordnung 1223/2009.         eines Zeitraums von drei Jahren nach         se Regelung ist aber bekanntermaßen
Für Händler wurde in Art. 6 Abs. 3 ledig-        dem Zeitpunkt fort, zu dem die letzte        sehr allgemein formuliert (toxikologi-
lich die Pflicht ergänzt, unverzüglich mit       Lieferung des jeweiligen kosmeti-            sches Profil der Bestandteile, chemischer
der für das Inverkehrbringen des kosme-          schen Mittels dem Händler zur Verfü-         Aufbau und Expositionsrate).
tischen Mittels verantwortlichen Person          gung gestellt wurde. Die Verordnung          Die Inhalte der Sicherheitsbewertung
Kontakt aufzunehmen. Diese Neurege-              enthält keine Vorgaben dazu, in wel-         werden in Anhang I detailliert beschrie-
lung ist sehr sinnvoll, da insbesondere die      cher Form Unterlagen zum Zweck der           ben. Dadurch trägt der Gesetzgeber der
verantwortliche Person über das notwen-          Identifizierung der innerhalb der Lie-       Tatsache Rechnung, dass eine unüber-
dige Fachwissen verfügt, um im – unter           ferkette beteiligten Personen erfasst        schaubare Anzahl an Kosmetikrohstof-
Umständen nur vermeintlichen – Krisen-           und vorgehalten werden müssen. Dies          fen existiert (schätzungsweise zehntau-
fall die tatsächliche Risikolage qualifi-        sollte zum Beispiel mit Hilfe von Lie-       send) und die Anzahl an Neuentwicklun-
ziert zu beurteilen und in Abstimmung            ferscheinen problemlos möglich sein.         gen von Wirk-, Grund- und Hilfsstoffen

44                                                                                                              SOFW-Journal | 136 | 3-2010
S P EC I A LT I E S
                       G E S ET ZG E B U N G

im überaus innovativen Feld kosmeti-          außerhalb des deutschsprachigen Raums        Um künftig dem Anspruch einer einheit-
scher Produkte bedeutend ist. Eine staat-     oftmals nur wenig bekannt. In speziell       lichen Normung im Sinne der Verord-
liche Regelung all dieser Stoffe ist nicht    für die Sicherheitsbewerter geplanten        nung 1223/2009 gerecht zu werden –
sinnvoll und nicht möglich; das langwie-      Seminaren werden die neuen Inhalte im        insbesondere auch im Hinblick auf eine
rige Prozedere der Negativ- und Positiv-      Detail erläutert (11).                       europaweit harmonisierte, zuverlässige
listen sollte daher lediglich den aus Ver-    Bereits heute ist festzustellen, dass in     Überwachung – müssen aus Sicht der
braucherschutzgründen wichtigsten Stof-       Deutschland viele Sicherheitsbewertun-       Autoren auf effiziente und möglichst
fen vorbehalten bleiben. Inhaltlich fin-      gen den Ansprüchen des Anhang I in-          unbürokratische Weise Normen zur Pro-
den sich in Anhang I viele Punkte der im      haltlich genügen und daher keiner Über-      benahme und Analyse kosmetischer Mit-
Jahre 2005 veröffentlichten Basiselemen-      arbeitung bedürfen.                          tel zur Verfügung stehen, die dem Stand
te der Arbeitsgruppe »Sicherheitsbewer-                                                    der analytischen Technik entsprechen,
tung« der Deutschen Gesellschaft für                                                       also auf effiziente Weise Aktualisie-
Wissenschaftliche und Angewandte Kos-         3.2. Probenahme und Analyse                  rungsprozessen unterworfen sind. Dies
metik – DGK (9) bzw. die publizierten         In Art. 12 wird im Sinne des »New Ap-        war in der Vergangenheit nicht gegeben.
Mindestanforderungen der amtlichen Kos-       proach« auf bestehende und künftige
metikexperten (10) wieder. Die EU-Kom-        Normen zur Probenahme und Analyse            Wie ist die rechtliche Situation?
mission wird eine Arbeitsgruppe zur Er-       kosmetischer Mittel hingewiesen, die         In der Kosmetikrichtlinie wird auf har-
arbeitung eines Leitfadens zur Erstellung     seitens der europäischen Normungsbe-         monisierte Methoden konkret nicht näher
und zum Aufbau der Sicherheitsbewer-          hörden erarbeitet und veröffentlicht wer-    eingegangen. In Art. 8 der Richtlinie fin-
tungen einrichten, der insbesondere klei-     den. Hierbei geht es um harmonisierte        det sich lediglich der Hinweis, dass die
nen und mittelständischen Firmen als          Prüfverfahren und Standardarbeitsan-         Europäische Kommission für die Proze-
Hilfestellung dienen soll. In diesen Leit-    weisungen, die sowohl der amtlichen Kos-     dur der erforderlichen Analysenmetho-
linien sollten natürlich alle bestehenden     metiküberwachung als auch den Kos-           den verantwortlich ist. Hierzu hat die
Informationen mit einfließen.                 metikherstellern zur Eigenkontrolle ihrer    Europäische Kommission in den Jahren
Art. 10 (2) regelt, dass die Sicherheitsbe-   Produkte zur Verfügung stehen sollen. In     1980 bis 1996 insgesamt sieben Richt-
wertung durch eine Person durchgeführt        Erwägungsgrund 20 wird kommentiert,          linien als offizielle Methoden im Amts-
werden muss, die im Besitz eines Diploms      dass Probenahme und Analyse auf re-          blatt der Europäischen Union veröffent-
oder eines anderen Nachweises formaler        produzierbare und genormte Weise aus-        licht, die auf Probenahme und bestimm-
Qualifikationen ist, der nach Abschluss       geführt werden sollten, um die einheit-      te Analysenmethoden kosmetischer Mit-
eines theoretischen und praktischen Hoch-     liche Anwendung und Kontrolle der Ein-       tel näher eingehen. Alle sieben Richt-
schulstudiengangs in Pharmazie, Toxiko-       schränkungen für Stoffe zu gewährleis-       linien sind in einem Band der Europäi-
logie, Medizin oder einem ähnlichen Fach      ten. Dass es nicht nur um die Analysen       schen Kommission veröffentlicht (12).
oder eines von einem Mitgliedstaat als        im Rahmen der Marktkontrolle geht,           Als Beispiel sei die Richtlinie 80/1335/
gleichwertig anerkannten Studiengangs         sondern auch für betriebliche Eigenkon-      EEC genannt, die allgemeine Kriterien
erteilt worden ist.                           trollen gilt, wird durch die Regelung in     zur Probenahme und die Analyse von
Aus Sicht der Autoren genügt ein solches      Art. 25 Abs. 1 Nr. d deutlich, die auf den   Stoffen, u. a. Oxalsäure in Haarpflege-
Diplom allerdings nicht, um eine fachlich     Tatbestand der Nichteinhaltung der Nor-      produkten oder Chloroform in Zahnpa-
fundierte Sicherheitsbewertung durch-         men zur Probenahme und Analyse durch         sten exakt beschreibt.
führen zu können. Vielmehr sind zusätz-       die verantwortliche Person eingeht. An       In der deutschen Kosmetikverordnung
liche fachspezifische Fortbildungen er-       dieser Stelle muss natürlich hervorgeho-     wird in § 5e ganz konkret geregelt, dass
forderlich. In enger Zusammenarbeit ha-       ben werden, dass ein Hersteller in der Re-   die Analysenmethoden anzuwenden sind,
ben die Deutsche Gesellschaft für Wis-        gel den Nachweis bzw. Nichtnachweis          die in der Amtlichen Sammlung von Un-
senschaftliche und Angewandte Kosme-          bestimmter Stoffe in der Formulierung        tersuchungsverfahren nach § 64 Abs. 1
tik (DGK) und der IKW seit nunmehr zehn       im Rahmen der Kosmetik-GMP (z. B. über       des Lebensmittel- und Futtermittelge-
Jahren Fortbildungskurse für Sicherheits-     Wägeprotokolle) routinemäßig überprü-        setzbuches aufgeführt sind. In § 5e wer-
bewerter angeboten. In der neuen euro-        fen kann. Natürlich werden in der inter-     den exakt zwanzig europäischen Metho-
päischen Kosmetikverordnung wird einer        nen Qualitätssicherung auch analytische      den aufgelistet (Beispiele aus der Kos-
fundierten Sicherheitsbewertung kosme-        Methoden herangezogen. Hierbei wer-          metikverordnung: K 84.00-6 (EG) Stand
tischer Mittel zukünftig nochmals ein         den zuverlässige und reproduzierbare         November 1982 oder K 84.00-24 (EG)
höherer Stellenwert zukommen. Die IKW/        Methoden benötigt; dies müssen aber          Stand November 1996).
DGK-Kurse bieten Fachleuten aus der Kos-      nicht unbedingt international genormte       Diese Methoden wurden in den 80er und
metikindustrie und der amtlichen Über-        Methoden sein. So genannte Multime-          90er Jahren in nationalen Arbeitsgrup-
wachung mit entsprechenden Grundla-           thoden, die die Analyse mehrerer Stoffe      pen entwickelt (in Deutschland z. B. in
genkenntnissen die Möglichkeit, sich im       einer Klasse in einer Methode kombinie-      der damaligen § 35 LMBG-Arbeitsgrup-
Bereich der Sicherheitsbewertung um-          ren, werden von den Herstellern in der       pe), in die Arbeitsgruppe »Kosmetische
fassend weiterzubilden. Die Kurse sind in     betrieblichen Eigenkontrolle nur in sel-     Mittel« der Mitgliedstaaten unter der
ihrer Art europaweit einzigartig, aber        tenen Fällen routinemäßig eingesetzt.        Leitung des Joint Research Centre der

46                                                                                                          SOFW-Journal | 136 | 3-2010
S P EC I A LT I E S
                                                                                      G E S ET ZG E B U N G

Europäischen Kommission eingebracht,           dustrie und größerer Handelslabors mo-       rungsdaten sind hingegen nur für zu-
seitens der Europäischen Kommission als        derne Analysenmethoden entwickeln und        ständige nationale Behörden bestimmt,
Richtlinien im Amtsblatt der Europäi-          als § 64 LFGB-Methoden veröffentlichen       in Deutschland somit die zahlreichen Land-
schen Union veröffentlicht und schließ-        (13).                                        und Stadtkreise in den einzelnen Bun-
lich auch in § 5e Kosmetikverordnung           Am 1. Oktober 2009 wurde auf europäi-        desländern.
aufgenommen. Die Arbeitsgruppe wurde           scher Ebene die CEN-Arbeitsgruppe TC/392     Das System der Rahmenformulierungen
vor acht Jahren aufgelöst, weil die Euro-      »Cosmetics« gegründet. Diese Arbeits-        wurde bereits mit der Verabschiedung
päische Kommission erkannt hatte, dass         gruppe wird sich in vier Untergruppen        der 6. Änderung zur EG-Kosmetik-Richt-
Normungsarbeiten besser auf CEN-Ebe-           mit der Normierung folgender Metho-          linie erarbeitet. Sowohl das Meldesystem
ne bzw. bei den nationalen Spiegelgre-         den befassen:                                als auch die Rahmenrezepturen wurden
mien (in Deutschland bei DIN) oder gar                                                      in Deutschland im Bundesanzeiger ver-
international auf ISO-Ebene durchge-           •   WG1: Analysenmethoden (Wirkstof-         öffentlicht. In Deutschland wurde hier-
führt werden können (»New Approach«).              fe, begrenzte oder verbotene Stoffe)     zu vom Industrieverband Körperpflege-
Die veröffentlichten amtlichen Metho-                                                       und Waschmittel ein mehrsprachiges
                                               •   WG2: Mikrobiologische Methoden
den entsprechen häufig nicht mehr dem                                                       Meldesystem SYSDECOS (System zur Da-
Stand der Technik. Von Untersuchungs-          •   WG 3: Wirksamkeitsnachweise,             tenerfassung und Meldung von Rahmen-
verfahren, die durch Rechtsvorschrift ver-         z. B. UV-Schutz                          rezepturen kosmetischer Mittel an die
bindlich festgelegt worden sind, darf im                                                    europäischen Giftinformationszentren) er-
                                               •   WG 4: Hautverträglichkeit
Prinzip aber nicht abgewichen werden.                                                       arbeitet, dass den Firmen die Meldung
Dieses Dilemma kann aus Sicht der Au-                                                       erleichtern soll.
toren wie folgt gelöst werden:                 Am 24. November 2009 wurde das na-           Derzeit erarbeitet die Kommission eine
Die offiziellen europäischen Methoden          tionale Spiegelgremium beim DIN ge-          entsprechende Maske, nach der künftig
sollten möglichst bald durch Veröffent-        gründet (NA 057-07-01 AA »Kosmetische        die Meldungen erfolgen sollen. Alle Mel-
lichung einer entsprechenden Richtlinie        Mittel«). In diese Arbeitsgruppe werden      dungen (Kategorie, Name, Anschrift der
außer Kraft gesetzt werden. An deren           die Aktivitäten der § 64-Arbeitsgruppe       verantwortlichen Person, Herkunftsland
Stelle werden sukzessive standardisierte       eingebracht, um im nächsten Schritt als      bei Drittlandsware, Mitgliedstaat des In-
Normen auf ISO/CEN und DIN-Ebene               CEN-Normen zur Verfügung zu stehen.          verkehrbringens, Angaben zur natürlichen
entstehen, die auf Grund der Regeln die-                                                    Person im Falle der erforderlichen Kon-
ser Normungsinstitute einem streng fest-                                                    taktaufnahme, Angabe zu Nanomateria-
gelegten Aktualisierungsmodus unter-           3.3 EU-weites Notifizierungsverfahren        lien, CAS-Nr. bei CMR 1-Stoffen, Origi-
worfen sind, der zwar noch immer schwer-       Um unterschiedliche nationale Notifizie-     naletikett, Fotografie der Verpackung)
fällig ist, aber vielleicht doch zielführen-   rungsverfahren zu vermeiden, soll künf-      sollen auf elektronischem Wege erfolgen
der als das bisherige Verfahren. Leider        tig gemäß Art. 13 ein EU-weites zwei-        und zentral verwaltet werden. Sofort
hat sich in den vergangenen Jahren – vor       gleisiges Notifizierungsverfahren einge-     nach Einführung des Systems werden al-
allem bei ISO-Ansätzen – doch auch im-         führt werden. Die Notifizierung bestimm-     le nationalen Meldungen nicht mehr not-
mer wieder gerade die für alle so viel ver-    ter Informationen zu jedem auf dem           wendig sein. Gemeldet werden müssen
sprechende Möglichkeit einer interna-          Markt befindlichen Produkt hat vor dem       nur die Produkte, die zum Zeitpunkt des
tionalen Normung als problematisch er-         Inverkehrbringen des Produktes zu erfol-     Inkrafttretens des Art. 13 noch in Ver-
wiesen. So wurden weltweit Grenzwerte,         gen. Gemeldet werden Informationen zum       kehr gebracht werden.
z. B. für Schwermetallgehalte in Zahnpas-      Produkt (Name, Kategorie), wo die Pro-       Um auch eine Beratung für vor der neu-
ten festgelegt, die über den in Deutsch-       duktangaben zugänglich sind, das Her-        en EU-Verordnung gemeldete Produkte
land empfohlenen Grenzwerten lagen.            kunftsland (im Falle des Imports von         zu ermöglichen, müssen die nationalen
An solchen Beispielen zeigt sich der           Drittstaaten), der Mitgliedstaat, in dem     Systeme noch bis zum 11. Juli 2020 zur
Schwachpunkt einer internationalen Nor-        das Produkt in den Verkehr gebracht          Verfügung gehalten werden. Die Produkt-
mung. Solche Mängel müssen künftig             wird, evtl. vorhandene Nanomaterialien       informationsdatei muss 10 Jahre, nach-
unbedingt vermieden werden.                    oder CMR-Stoffe sowie die Rahmenre-          dem die letzte Charge des Produktes in
                                               zeptur, unter die das Produkt fällt. Die     Verkehr gebracht wurde, aufbewahrt wer-
                                               EU-Kommission informiert alle zustän-        den.
Wie ist der aktuelle Stand?                    digen Behörden über die Meldung, wo-
Seit wenigen Jahren gibt es die nationa-       bei es für die Informationen unterschied-
le Arbeitsgruppe § 64 LFGB »Analytik           liche Zuständigkeiten gibt.                  4. Kapitel IV – Einschränkungen
kosmetischer Mittel« beim Bundesamt            So ist die Information über die Rahmen-         für bestimmte Stoffe
für Verbraucherschutz und Lebensmit-           rezeptur ausschließlich für die Giftinfor-
telsicherheit (BVL), in der Kosmetikex-        mationszentralen bestimmt, die damit         Das Kapitel IV enthält die Stoffregelun-
perten von Untersuchungsämtern aus             im Falle von Vergiftungen rasche und ge-     gen. In Art. 14 werden die Einschrän-
Deutschland, Österreich und der Schweiz        eignete Maßnahmen zur Behandlung             kungen für die in den Anhängen auf-
sowie von Laboratorien der Kosmetikin-         treffen können. Die anderen Notifizie-       geführten Stoffe geregelt, Art. 15 be-

SOFW-Journal | 136 | 3-2010                                                                                                        47
S P EC I A LT I E S
                      G E S ET ZG E B U N G

schäftigt sich mit den im Chemikalien-       unter den Mitgliedstaaten abgestimmt          es in der Vergangenheit nicht selten un-
recht der EU als CMR-Stoffe eingestuf-       werden:                                       terschiedliche Interpretationen der stoff-
te Stoffe, Art. 16 geht auf Nanomateria-                                                   lichen Regelungen gab:
lien ein und Art. 17 regelt Spuren ver-      1. Stoffregelungen der Anhänge II-VI
botener Stoffe.                                 (bisher Anhänge II-VII in der Richt-       a) »Auszuspülendes/abzuspülendes
Bei der Entwicklung der neuen EG-Kos-           linie 76/768).                                Mittel«
metikverordnung war von vornherein                                                         b) »Mittel, das auf der Haut/in den Haa-
                                             2. CMR-Stoffe – (Artikel 15) – Im Prinzip
klargestellt, dass bezüglich der Stoffre-                                                     ren verbleibt«
                                                Fortschreibung der bisherigen Praxis,
gelungen im ersten Schritt keine Neure-
                                                neu und sinnvoll ist die Möglich-          c) »Haarmittel« (Haupthaar oder die Ge-
gelungen vorgesehen sind, sondern dass
                                                keit, bestimmte CMR-Stoffe natür-             sichtsbehaarung mit Ausnahme der
lediglich eine Konsolidierung der beste-
                                                licher Herkunft bei Freigabe durch            Wimpern, z. B. sind Thioglycolhaltige
henden Vorschriften vorgenommen wer-
                                                den SCCS für den Einsatz in Kosmeti-          Wimperndauerwellen künftig nicht
den soll. Aus juristischen Gründen wur-
                                                ka vorzusehen.                                mehr zulässig)
de allerdings im Entwicklungsprozess die-
ser Verordnung der stoffbezogene Teil        3. Spuren unerwünschter/verbotener            d) »Hautmittel«
auf dem Stand von Ende 2007 beibehal-           Stoffe (Artikel 17 im Zusammenhang         e) »Lippenmittel«
ten, da diese Version zu Beginn des Ge-         mit Annex I – Sicherheitsbewertung).       f) »Gesichtsmittel« (für die Gesichtshaut)
setzgebungsprozesses den Europäischen
                                                                                           g) »Nagelmittel«
Gremien (Parlament, Rat) vorlag und von      4. Aussagen zu Stoffen mit Verdacht auf
diesen abgestimmt wurde.                        endokrine Wirkung (Artikel 15) – in        h) »Mundmittel«
Dies hat wichtige Konsequenzen: Die             der Form neu, aber nur eine Absichts-      i) »Mittel, das auf Schleimhäute aufge-
Stoffregelungen in den Anhängen zur             erklärung der Europäischen Kommis-            tragen wird« (Mundhöhle, Augenrand,
Verordnung 1223/2009 sollen sukzessive          sion.                                         äußere Geschlechtsteile)
aktualisiert werden und gelten erst ab 11.                                                 j) »Augenmittel« (in der Nähe der Augen)
Juli 2013. D.h. bis dahin gelten die
                                                                                           k) »gewerbliche Verwendung«
Stoffregelungen der Anhänge II bis VII       4.1 Anhänge zur neuen Verordnung
der Kosmetik-Richtlinie. Bis zu diesem       In der neuen Verordnung lauten die stoff-
                                                                                           Neuerungen in den Anhängen der Ver-
Zeitpunkt werden deshalb die erforderli-     bezogenen Regelungen im Einzelnen:
                                                                                           ordnung 1223/2009 werden künftig u. a.
chen Anpassungs-Regelungen in der Kos-
                                                                                           darin bestehen, dass:
metik-Richtlinie durchgeführt, wie z. B.     1. Artikel 2: u. a. Definitionen Farbstoff,
kürzlich zu Haarfarbstoffen. Als Infor-         Konservierungsstoff, UV-Filter             1. für jeden Eintrag INCI-Bezeichnun-
mationsquelle für Regelungen in den An-                                                       gen und teilweise EU-Bezeichnungen
hängen zum Kosmetikrecht ist daher bis       2. Bisherige Anhänge II-VII werden An-           nach dem Chemikalienrecht aufge-
auf weiteres die jeweils aktuelle Fassung       hänge II-VI (neu)                             führt werden,
der bisherigen EG-Kosmetik-Richtlinie
bzw. der entsprechenden nationalen Um-
setzung, bei uns also der deutschen Kos-      Geregelte Stoffgruppe                 Anhang in der                  Anhang in der
metik-Verordnung heranzuziehen. Der                                                 VO 1223/2009                   RL 76/768
jeweils aktuelle Stand der Stoffregelun-      Verbotene Stoffe                      Anhang II                      Anhang II
gen kann bis auf weiteres auch noch auf       Eingeschränkt geregelte Stoffe        Anhang III                     Anhang III
folgender Internet-Seite der europäi-
                                              Farbstoffe                            Anhang IV                      Anhang IV
schen Kommission überprüft werden
(konsolidierte Fassung der Richtlinie         (bestimmte Strontium-                 Regelung in                    Anhang V
76/768 bis zu einem genannten Zeit-           verbindungen in separater Liste)      speziellem Anhang entfällt,
punkt sowie darauf basierende spätere                                               spezifische Regelungen in
Änderungs-Richtlinien):                                                             den Anhängen II, III und IV
http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/                                             bleiben wie bisher
cosmetics/documents/directive/index_          Konservierungsstoffe                  Anhang V                       Anhang VI
en.htm                                        UV-Filter                             Anhang VI                      Anhang VII
In der Verordnung 1223/2009 werden
künftig folgende Stoffregelungen vor-
genommen, die im Wesentlichen die Vor-       Die Präambeln zu den Anhängen II bis VI       2. einige Definitionen erstmals in der
gaben aus der bisherigen EG-Kosmetik-        sind nun zusammengefasst, teilweise sind         Präambel genannt oder konkretisiert
Richtlinie übernehmen. Diese Regelun-        darin neue Definitionen enthalten, die           wurden (s.o.),
gen müssen aber noch im Lenkungsaus-         bzgl. ihrer Namen anfangs gewöhnungs-
schuss der Europäischen Kommission im        bedürftig sind. Allerdings ist eine ein-      3. in der Verbotsliste des Annex II nun
Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens          heitliche Definition begrüßenswert, da           durchgängig CAS-Nummern, EU-Num-

48                                                                                                          SOFW-Journal | 136 | 3-2010
S P EC I A LT I E S
                                                                                      G E S ET ZG E B U N G

   mern aufgeführt sind – diese Einträge       95/45/EG, obwohl diese zwischenzeitlich      entstehende Spuren oder Migrationen
   sind aber teilweise noch sehr unvoll-       abgelöst wurde durch RL 2008/128/EG.         aus der Verpackung. In der neuen EG-
   ständig; gerade bei Summeneinträgen         Hier wird also im Laufe der Aktualisie-      Kosmetikverordnung gilt diese Regelung
   (z. B. Stoff X und seine Salze und sei-     rung der Anhänge der 1223/2009 eine          wie bisher bei verbotenen Stoffen im
   ne Ester) ist oft nur ein Eintrag zu fin-   Korrektur erforderlich sein. Die in der      Kosmetikrecht: Diese Spuren müssen bei
   den, obwohl hier eine Vielzahl von          Verordnung geregelten Stoffe sind iden-      Anwendung der Guten Herstellungspra-
   Einträgen vorhanden sein müsste,            tisch mit den bisher im Kosmetikrecht        xis (Kosmetik-GMP) technisch unver-
                                               geregelten Farbstoffen.                      meidbar und toxikologisch unbedenklich
4. Methyleugenol von Anhang II in An-
                                               Anhang zu Konservierungsstoffen (An-         sein. Hier erwähnt Anhang I Nr. 4 erst-
   hang III verschoben wurde,
                                               hang V). Die Präambel zum Anhang Kon-        mals ausdrücklich den Nachweis der
5. in den Anhängen III bis VI durchgän-        servierungsstoffe ist verkürzt. So ist bei   technischen Unvermeidbarkeit als Be-
   gig Spalten für INCI-Bezeichnung,           Konservierungsstoffen kein expliziter Ver-   standteil des Sicherheitsberichts.
   CAS-Nummer/EU-Nummer vorhan-                weis mehr aufgeführt auf Stoffe, die kei-
   den sind – dies erlaubt eine bessere        ne primäre Wirkung als Konservierungs-
   Identifizierung, sofern die Einträge        stoff haben (ätherische Öle, Alkohole …).    4.3. Stoffe mit Verdacht auf endokrine
   korrekt und vollständig sind. Die INCI-     Aus der Definition der Konservierungs-       Wirkung
   Bezeichnungen und EU-Nummern sind           stoffe gem. Art. 2 Abs. 2 l) geht hervor,    Neu aufgenommen ist folgende Passage
   nicht als abschließende Regelung zu         dass Konservierungsstoffe ausschließlich     in Art. 15 Abs. 4: »Wenn in der Gemein-
   verstehen, sondern als beispielhafte        oder überwiegend die Entwicklung von         schaft oder international anerkannte
   Arbeitserleichterung.                       Mikroorganismen in kosmetischen Mit-         Kriterien für die Bestimmung von Stof-
                                               teln hemmen. Insofern kann hieraus ge-       fen mit endokrin wirksamen Eigenschaf-
Anhang II, Verbotsliste. Hier enden im         schlossen werden, dass es andererseits       ten zur Verfügung stehen, oder späte-
derzeitigen Text der Verordnung die Ein-       Stoffe gibt, die untergeordnet konser-       stens am 11. Januar 2015 überprüft die
träge bei der laufenden Nummer 1328.           vierende Wirkungen besitzen, ohne als        Kommission die Verordnung hinsichtlich
Heute geltendes Recht über die derzeit         Konservierungsstoffe im Sinne des Kos-       Stoffen mit endokrin wirksamen Eigen-
noch relevante EG-Kosmetik-Richtlinie          metikrechts zu gelten.                       schaften«.
ist ein Umfang des Anhangs II bis zum          Anhang VI enthält die zugelassenen UV-       Bisher sind keine einheitlichen Kriterien
Eintrag Nr. 1371.                              Filter. Die Funktion eines UV-Filters im     verfügbar, weder international noch in
Im Anhang zu eingeschränkt geregelten          Sinne dieser Verordnung wird durch die       der EU. Dabei sind Stoffe mit endokriner
Stoffen (Anhang III) sind noch viele Ak-       Begriffsbestimmung in Artikel 2 auf den      Wirkung (nach der Weybridge-Defini-
tualisierungen erforderlich. So ist z. B.      ausschließlichen oder überwiegenden          tion von 1996 und der Definition des In-
Hydrochinon noch nicht als Haarfarb-           Schutz der Haut vor UV-Strahlung be-         ternationalen Programms für Chemika-
stoff gestrichen, die laufenden Nummern        schränkt. Die geregelten Stoffe sind weit-   liensicherheit (IPCS) aus 2002) sinnge-
102 bis 214 fehlen noch völlig.                gehend identisch mit den bisher im Kos-      mäß wie folgt definiert: Ein »endokriner
Anhang zu Farbstoffen (Anhang IV). Die-        metikrecht geregelten UV-Filtern. Einzi-     Disruptor« …ist eine (exogene) Substanz,
ser Anhang soll künftig auch Haarfarb-         ge Ausnahme ist PABA – dieser UV-Filter      die als Folge von Veränderungen der en-
stoffe bzw. Vorstufen von Oxidations-          wurde Ende 2008 im Kosmetikrecht ver-        dokrinen Funktion adverse (nachteilige)
haarfarben aufnehmen (bislang nur Ab-          boten, die Änderung ist aus den vorne        Gesundheitseffekte in einem intakten Or-
sichtserklärung der Europäischen Kom-          genannten Gründen in der neuen EG-           ganismus oder seinen Nachkommen er-
mission). Aus der Definition der Farb-         Kosmetikverordnung noch nicht berück-        zeugt«.
stoffe gem. Art. 2 Abs.1 m) geht hervor,       sichtigt.                                    Tatsächliche Hormonwirkungen mit hoch-
dass als Farbstoffe auch die Vorstufen                                                      potenten Stoffen sind im Kosmetikrecht
oxidativer Haarfärbestoffe gelten. Das                                                      schon lange in Anhang II verboten, wie
Wirkprinzip eines Farbstoffes im Sinne         4.2. Spuren verbotener Stoffe                z. B. androgen wirksame Stoffe (lfd. Nr
der Verordnung umfasst ausdrücklich nur        Die unbeabsichtigte Anwesenheit von          37), antiandrogen wirksame Stoffe mit
die Absorption und die Reflektion sicht-       Spuren verbotener Stoffe in Produkten        Steroid-Grundgerüst (lfd. Nr. 390), ge-
baren Lichts, nicht aber die Fotolumines-      ist gem. Art. 17 in Ausnahmefällen er-       stagen wirksame Stoffe (lfd. Nr. 194)
zenz, Interferenz oder Färbungswirkung         laubt, wenn die kosmetischen Mittel si-      und östrogen wirksame Stoffe (lfd Nr.
aufgrund einer chemischen Reaktion (Er-        cher sind. Solche Spuren können sein:        260). In letzter Zeit werden auch eini-
wägungsgrund 27 bzw. Art. 2 Abs.1 m)).         Schwer- und Übergangsmetalle, CMR-           ge wenige Stoffe mit möglicherweise
Dadurch wurde Klarheit geschaffen, dass        Stoffe, polizyclische aromatische Koh-       schwach endokriner Wirkung, die in
z. B. optische Aufheller keine Farbstoffe      lenwasserstoffe, Pestizide, 1,4-Dioxan,      kosmetischen Mitteln eingesetzt wer-
im Sinne des Kosmetikrechts sind und           Ethylenoxid, Nitrosamine etc., also ent-     den können, auch auf offiziellen Ver-
daher nicht in der Farbstoffpositivliste       weder Verunreinigungen bzw. Rückstän-        dachtstofflisten geführt. Bei einer Risi-
zugelassen werden müssen. Für E-Farb-          de von natürlichen oder synthetischen        kobewertung unter Berücksichtigung der
stoffe (Lebensmittelfarbstoffe) erfolgt der    Ausgangsstoffen oder im Laufe des Her-       Einsatzkonzentration und der Exposi-
Verweis auf die Reinheitskriterien lt. RL      stellungsprozesses oder der Lagerung         tion durch die zuständigen Behörden

SOFW-Journal | 136 | 3-2010                                                                                                       49
S P EC I A LT I E S
                        G E S ET ZG E B U N G

bzw. Gremien – wie die nationale Kosme-        Viele Naturstoffe sind oder wären nach       Wichtige Ausnahme:
tik-Kommission oder der Wissenschaft-          den Kriterien aus dem Chemikalienrecht       Frühere Fristen gelten für neu im Che-
liche Ausschuss SCCS - wurde allerdings        CMR-Stoffe.                                  mikalienrecht eingestufte oder nicht
kein Risiko dieser Stoffe für die mensch-      Nach der Verordnung 1223/2009 dürfen         weiter verteidigte CMR-Stoffe, die im
liche Gesundheit beim BfR (Bundesin-           als CMR 1A und 1B eingestufte Stoffe in      Kosmetikecht verboten werden sollen.
stitut für Risikobewertung) gesehen .          Ausnahmefällen in kosmetischen Mitteln       Die Verordnung sieht hier eine Frist bis 1.
                                               verwendet werden, wenn folgende Vor-         Dezember 2010 vor. Für solche Stoffe
                                               gaben erfüllt sind:                          galt schon bisher, dass diese innerhalb
4.4 Als CMR-Stoffe eingestufte Stoffe                                                       einer Frist von 12 Monaten im Kosme-
CMR-Stoffe sind in Artikel 15 der neuen        •   Anforderungen an Lebensmittelsicher-     tikrecht geregelt bzw. der Einsatz verbo-
Verordnung geregelt. Im Prinzip folgt              heit gem. Verordnung 178/2002 müs-       ten wurde.
bezüglich der individuellen Stoffrege-             sen erfüllt sein.
lungen eine Fortschreibung der bisheri-
gen Praxis.                                    •   Analyse der Alternativen: keine ge-      4.5 Nanomaterialien
Bereits seit 2004 sind CMR-Stoffe im               eigneten Ersatzstoffe verfügbar.         Artikel 16 enthält ausgesprochen um-
Kosmetikrecht erfasst. Früher war ein                                                       fangreiche neue Anforderungen an Na-
Bezug zum Chemikalienrecht hergestellt         •   Anwendung für eine bestimmte Ver-        nomaterialien bzw. Produkte, die Nano-
auf Richtlinie 67/548, nun erfolgt der             wendung mit bekannter Exposition.        materialien enthalten. Nanomaterialien
Bezug auf die GHS-Verordnung 1272/2008                                                      werden damit erstmalig im Kosmetik-
(Global harmonisiertes System zur Ein-         •   Bewertung des wissenschaftlichen Be-     recht ausdrücklich geregelt. In Artikel 2
stufung und Kennzeichnung von Gefahr-              ratergremiums der EU-Kommission          Abs. 1 k) ist derzeit ein Nanomaterial als
stoffen nach dem Chemikalienrecht)                 (SCCS): sicher unter Berücksichtigung    ein »unlösliches oder biologisch bestän-
bzw. deren erste Änderungs-Verordnung              der Gesamtexposition aus anderen         diges und absichtlich hergestelltes Ma-
790/2009.                                          Quellen und der schutzbedürftigen Be-    terial mit einer oder mehreren äußeren
Ein »CMR-Stoff« ist im Gefahrstoffrecht            völkerungsgruppen.                       Abmessungen oder einer inneren Struk-
eingestuft als carcinogen (C; krebserzeu-                                                   tur in einer Größenordnung von 1 bis
gend), mutagen (M; erbgutverändernd)           •   U.U. besondere Kennzeichnung, um         100 Nanometern« definiert. Derzeit gibt
oder reproduktionstoxisch (R; fortpflan-           Missbrauch zu verhindern.                es auf verschiedenen Ebenen Bestrebun-
zungsgefährdend).                                                                           gen, den Begriff »Nanomaterial« einheit-
In der Richtlinie 67/548 waren solche          •   Reevaluierung durch SCCS: alle 5 Jah-    lich zu definieren. Daher handelt es sich
Stoffe im Chemikalienrecht und gegebe-             re, sofern zuvor keine Sicherheitsbe-    hierbei um eine vorläufige Definition, die
nenfalls im Sicherheitsdatenblatt ge-              denken vorgebracht wurden.               dem Stand der Technik angepasst wird,
kennzeichnet mit Carc. Cat 1,2,3, Muta.                                                     sobald eine europäisch oder internatio-
Cat 1,2,3 oder Repr. Cat 1,2,3, in der neu-    Stoffe, die als CMR-2-Stoffe eingestuft      nal einheitliche Definition verfügbar ist
en GHS-Verordnung als Carc. Muta, Re-          sind (nach der Verordnung 1272/2008)         (Art. 2, Abs. 3).
pr (1A, 1B, 2). Gerade durch die Ände-         können wie bisher durch Vorlage eines        Aus der Definition geht aber schon jetzt
rung in der Nomenklatur muss immer             Dossiers und Bewertung durch das wis-        hervor, dass die Anforderungen nicht für
klargestellt werden, welcher Regelungs-        senschaftliche Komitee SCCS zugelassen       lösliche bzw. unter physiologischen Be-
bezug gilt.                                    werden (bisherige analoge Vorgehens-         dingungen labile nanoskalige Systeme
Kategorien für CMR-Stoffe sind (verein-        weise für Einstufung CMR-3 nach der          wie z. B. Nanoemulsionen, Liposomen,
facht nach GHS-Kriterien 1272/2008):           Richtlinie 67/548).                          Nanosomen oder Niosomen gelten.
                                               Zur Orientierung, ob Stoffe ausdrücklich     Das Vorhandensein von Nanomaterialien
•    CAT 1 A (früher 1): Einstufung anhand     im Kosmetikrecht geregelt sind (auch be-     muss im Rahmen der allgemeinen Noti-
     von Effekten am Menschen (epide-          reits zugelassene oder verbotene CMR-        fizierungspflicht für kosmetische Mittel
     miologische Daten);                       Stoffe), müssen die Anhänge der bishe-       gesondert mitgeteilt werden. Hierbei
                                               rigen EG-Kosmetik-Richtlinie 76/768 als      muss der (die) betreffende(n) Stoff(e)
•    CAT 1 B (früher 2): Einstufung anhand
                                               legale Informationsquelle bis auf Weite-     identifiziert werden und die vernünfti-
     von Effekten aus Tierversuch (zwei
                                               res weiter verwendet werden.                 gerweise vorhersehbaren Expositionsbe-
     Tierspezies, oder andere strenge Krite-
                                               Für fast alle Stoffregelungen sieht die      dingungen müssen angegeben werden.
     rien);
                                               EG-Verordnung eine Frist bis 11. Juli        In Artikel 16 ist eine darüber hinausge-
•    CAT 2 (früher 3): Einstufung anhand       2013 vor. Es ist vorgesehen, dass die ent-   hende spezifische Notifizierungspflicht
     von Erkenntnissen aus Tierversuch.        sprechenden Regelungen bis zu dieser         für alle Kosmetika, die Nanomaterialien
     Entweder unklare Datenlage, die auch      Zeit 1:1 in der Verordnung angepasst         enthalten, vorgeschrieben. Diese muss 6
     durch weitere Studien nicht verbes-       werden. Behörden und Industrie prüfen        Monate vor dem Inverkehrbringen erfol-
     sert werden kann; oder unzureichen-       derzeit die Anhänge der Verordnung und       gen und beinhaltet im Wesentlichen die
     de Daten – weitere Abklärung erfor-       begleiten den weiteren Aktualisierungs-      toxikologischen Daten der Nanomate-
     derlich.                                  und Korrekturprozess.                        rialien. Zu melden sind:

50                                                                                                           SOFW-Journal | 136 | 3-2010
S P EC I A LT I E S
                                                                                     G E S ET ZG E B U N G

a. Identität der betreffenden Stoffe          gekennzeichnet werden müssen. Dazu           Vielmehr handelt es sich bei den ver-
                                              müssen alle INCI-Bezeichnungen der in        wendeten Rohstoffen um Substanzen,
b. Physikalisch-chemische Spezifikatio-
                                              einem Produkt enthaltenen Nanomate-          die auch bzw. überwiegend in anderen
   nen
                                              rialien in der Inhaltsstoffliste mit dem     Bereichen (Arzneimittel, Lebensmittel,
c. Abschätzung der zu vermarktenden           Suffix »(Nano)« ergänzt werden, z. B. »Ti-   Wasch- und Reinigungsmittel) zum Ein-
   Menge pro Jahr                             tanium Dioxide (Nano)«.                      satz kommen.
d. Toxikologisches Profil des Nanomate-                                                    Das Dilemma besteht also darin, dass im
   rials                                                                                   Bereich der Chemikaliengesetzgebung die
e. Sicherheitsbewertung des Nanoma-           5. Kapitel V – Tierversuche/                 Tierversuche bei Rohstoffen gesetzlich
   terials für das konkrete Produkt              Alternativen                              vorgeschrieben sind, während es im Kos-
                                                                                           metikrecht mit Veröffentlichung der 7.
f. Expositionsbedingungen
                                              Das Kapitel V widmet sich in Art. 18 den     Änderung zur EG-Kosmetik-Richtlinie die
Von dieser Notifizierung ausgenommen          Tierversuchen, wobei an den Regelun-         konkrete Zielsetzung gibt, Tierversuche
sind Nanomaterialien, die in den Anhän-       gen gegenüber der Kosmetik-Richtlinie        zum Zwecke der Erfüllung der Anforde-
gen IV, V und VI geregelt sind (Art. 14 –     inklusive der bestehenden Fristen keine      rungen dieser Richtlinie zu verbieten.
Positivlisten) sowie in Anhang III gere-      Änderung vorgenommen wurde. Ange-            Das Verbot soll in zwei Phasen in Kraft
gelte Stoffe.                                 sichts der wissenschaftlich eindeutigen      treten: Für die toxikologischen Endpunk-
Produkte, die vor dem 11. Januar 2013 in      Fakten und Prognosen bzgl. der Umsetz-       te ‘Sensibilisierung (Allergisierung)’‚ ‘To-
den Verkehr gebracht werden, müssen           barkeit der ehrgeizigen Ziele wird es aus    xizität bei wiederholter Verabreichung’,
erst ab dem 11. Januar 2013 innerhalb         Sicht der Autoren schwer sein, die Fristen   ‘Reproduktionstoxizität’ und ‘Toxikoki-
von 6 Monaten, d.h. bis 11. Juli 2013, ge-    zu erfüllen. Diese Auffassung vertritt       netik’ soll das Datum 11.03.2013 gelten.
meldet werden.                                auch das Wissenschaftliche Beratergre-       Alle anderen Tierversuche zum Zweck
Nach erfolgter Notifizierung kann die         mium der EU-Kommission in einem Me-          der Erfüllung der EG-Kosmetik-Richt-
EU-Kommission im Falle von Bedenken           morandum, das am 26. Januar 2010 ver-        linie wurden bereits ab dem 11.03.2009
gegen den Einsatz eines Stoffes das SCCS      öffentlicht wurde (15).                      verboten.
mit der Bewertung beauftragen. Alle Fra-      Unter Alternativmethoden zum Tierver-        In Zusammenarbeit aller interessierter
gen und Antworten hierzu werden pu-           such versteht man so genannte In-vitro-      Kreise, wie z. B. Industrie, Behörden, zum
bliziert. Eine erste Stellungnahme des        Methoden (in vitro = [lat.] im Glas), also   Beispiel ECVAM (European Centre for the
SCCS muss spätestens nach 6 Monaten           Methoden, die außerhalb lebender Orga-       Validation of Alternative Methods), der
vorliegen. Es gibt für den Hersteller die     nismen - im Reagenzglas – durchgeführt       Europäischen Kommission, aber auch an-
Möglichkeit, Daten nachzureichen. Die-        werden, beispielsweise anhand von Zell-      derer Industriezweige wurde eine Viel-
se Nachreichung ist allerdings auf ein        kulturen.                                    zahl von Forschungsanstrengungen in
einziges Mal – innerhalb einer vorgege-       Auf Tierversuche für kosmetische Fertig-     Angriff genommen, um Alternativme-
benen Frist – begrenzt, die ebenfalls nicht   produkte verzichtet die deutsche Kos-        thoden für die einzelnen toxikologischen
verlängerbar ist. Die endgültige Bewer-       metikindustrie bereits seit 1989 freiwil-    Endpunkte zu entwickeln. Derzeit stehen
tung des SCCS muss wiederum nach spä-         lig. Außerdem regelt seit 1998 das deut-     insbesondere die Endpunkte im Fokus,
testens 6 Monaten vorliegen. Danach er-       sche Tierschutzgesetz, dass Tierversuche     welche für die Absicherung kosmeti-
folgt gegebenenfalls eine Regelung des        bei Kosmetika verboten sind. Zwischen-       scher Mittel wichtig sind. Hierzu gehören
Nanomaterials in Anhang III oder II.          zeitlich – seit dem 11. September 2004 -     die Prüfung auf Haut- und Augenreizung,
Die EU-Kommission ist gemäß Artikel 16        sind diese Tierversuche EU-weit verbo-       Hautsensibilisierung und Genotoxizität
darüber hinaus verpflichtet, bis zum 11.      ten. Weiterhin ist es verboten, kosmeti-     (Erbgutschädigung). Darüber hinaus wird
Januar 2014 einen Katalog aller in Kos-       sche Mittel zu vermarkten, wenn das          schwerpunktmäßig an neuartigen Me-
metika verwendeten Nanomateralien zu          Produkt am Tier getestet wurde.              thoden zur Risikobewertung gearbeitet,
veröffentlichen. Hierin sollen auch Stof-     Die gesundheitliche Unbedenklichkeit der     welche ebenfalls zur Reduktion von Tier-
fe aus den Anhängen IV bis VI mit einbe-      in kosmetischen Mitteln eingesetzten         versuchen beitragen.
zogen werden. Zu den Stoffen sollen die       Rohstoffe muss allerdings weiterhin be-      Im November 2004 hat die EU-Kommis-
jeweiligen Produktkategorien, in denen        legt werden. Dies erfolgt in Erfüllung der   sion die »European Partnership on Alter-
die Nanomaterialien zum Einsatz kom-          einschlägigen Chemikaliengesetzgebung.       native Approaches to Animal Testing«
men, sowie die Expositionsbedingungen         Die hierzu notwendigen Tests werden in       (EPAA) gegründet. Mit dieser Initiative
angegeben werden. Darüber hinaus muss         der Regel von dem Hersteller, der die        bezieht die EU-Kommission weitere wich-
die Kommission einen jährlichen Sach-         Stoffe anbietet, durchgeführt oder in        tige Stakeholder, wie z. B. Tierschutzor-
standsbericht an Rat und Parlament vor-       Auftrag gegeben. Einige dieser Sicher-       ganisationen mit in ihre Aktivitäten ein.
legen, der erstmals bis zum 11. Juli 2014     heitsprüfungen können derzeit nur im         Im August 2009 haben die Europäische
fertig gestellt werden muss.                  Tierversuch durchgeführt werden. An          Kommission und die Kosmetikindustrie
Im Artikel 19 Abs. 1g) ist dann noch vor-     dieser Stelle muss hervorgehoben wer-        ein 50 Millionen Euro umfassendes Pro-
gesehen, dass Nanomaterialien im Rah-         den, dass nur wenige Stoffe ausschließ-      gramm zur Entwicklung von Alternativ-
men der INCI-Bezeichnungen gesondert          lich in der Kosmetik eingesetzt werden.      methoden im Rahmen des 7. EU-For-

SOFW-Journal | 136 | 3-2010                                                                                                         53
Sie können auch lesen