KEN LUM: PI Künstlerische Gestaltung Westpassage Karlsplatz

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KEN LUM: PI Künstlerische Gestaltung Westpassage Karlsplatz
Künstlerische Gestaltung
Westpassage Karlsplatz
                 KEN LUM: PI

                        im öffentlichen
                              raum wien
                        kunst
Inhalt    3   Die künstlerische Gestaltung der Westpassage Karlsplatz

              Pi
          5   Ken Lum über sein Konzept

          6   Illustrationen zum Projekt

          8   Biografie Ken Lum

          9   Projektbeschreibung

         11   Jurybegründung

         12   Übersichtsplan / Westpassage

         13   Fotomaterial zum Projekt

         14   Wettbewerb künstlerische Gestaltung Verkehrsbauwerk
              Westpassage Karlsplatz

              Impressum
Die künstlerische Gestaltung der
Westpassage Karlsplatz

Durchgang Westpassage Karlsplatz                    Entwurf: Ken Lum: Pi

Im Zuge zahlreicher Erneuerungsmaßnahmen auf dem                passage in einen „begehbaren Newsroom“, in den von
Wiener Karlsplatz, der als eines der wichtigsten kultu-         außen stets neues Informationsmaterial eingespielt wird
rellen Zentren der Stadt gilt, wird auch die so genannte        und der von den Passanten leicht erfasst werden kann.
Westpassage zwischen dem U2-Abgang und dem zu-                  Ken Lum operiert mit verschiedenen Datenbanken, de-
künftigen Aufgang direkt zur Secession komplett neu             ren Informationsmaterial von außen eingespeist wird.
gestaltet. Diese Passage soll ganz werbefrei bleiben und        Die Darstellung im Format der sonst für Werbezwecke
erhält als durchschreitbarer unterirdischer urbaner Ort         üblichen Vitrinen erfolgt über kurze Überschriften bzw.
eine durchgängige Kunstinstallation. Im Rahmen von              Headlines, die durch statistisches Zahlenmaterial ergänzt
Kunst im öffentlichen Raum Wien wurde daher ein gro-            werden. Dieses wird über numerische Netzwerke einge-
ßer internationaler Wettbewerb ausgeschrieben, zu dem           spielt. Lesbar gemacht werden sowohl so genannte hard
acht renommierte KünstlerInnen und ein Künstlerduo ge-          facts, wie beispielsweise die „Höhe der Weltschulden in
laden waren.                                                    US-Dollar“, als auch ironisch gemeinte Informationen
Veranstaltet wurde der Wettbewerb vom Wissen-                   wie etwa der „Schnitzelkonsum der Wienerinnen und
schaftszentrum Wien und dem Atelier Kurt Schlauss. Die          Wiener“.
Auslober sind Kunst im öffentlichen Raum Wien und               Ken Lum, der als Sohn chinesischer Einwanderer in
Wiener Linien Ges.m.b.H. & Co KG                                Vancouver aufgewachsen ist und seit mehr als 25 Jahren
Umgesetzt wird nun nach Entscheidung der Jury das               im internationalen Kunstbetrieb eine bedeutende Position
Projekt Pi des kanadischen Künstlers Ken Lum. Es be-            einnimmt, setzt damit seine künstlerische Arbeit, in die
zieht sich nicht nur auf die Zahl Pi selbst, die als univer-    er immer wieder Texte integriert, fort. Im Zusammenhang
selles Symbol für Geschichte und Kultur gilt. Ken Lums          mit Kunst im öffentlichen Raum im Bereich von U-Bahnen
Kunstinstallation vermittelt auch eine globale Wahr-            gilt sein Konzept als bisher einzigartig. Seine Medien-
nehmungsweise. Lum verwandelt die Karlsplatz-West-              installation für die Westpassage am Karlsplatz, einem
                                                                                                                       im öffentlichen
                                                                                                                             raum wien
                                                                                                                       kunst

                                                                                                                             3
zentralen Kulturort Wiens, verweist auch auf Lebens-        haus. Das Wien Museum wurde erfolgreich neupositio-
             zusammenhänge über den unterirdischen Fußgängerweg          niert, und derzeit laufen zahlreiche Maßnahmen zur Er-
             hinaus und bringt Lums Sensibilität für gesellschaftliche   neuerung des Platzes selbst.“
             Zusammenhänge zum Ausdruck.                                 Die Umsetzung des Kunstprojektes Pi von Ken Lum be-
             Mit Projekten wie diesem „zeigen die Wiener Linien, dass    ginnt sofort. In diesen Tagen finden bereits die ersten
             sie ihr Publikum nicht nur zur Kunst bringen, sondern       Planungsgespräche statt. Roland Schöny, Projektkurator
             auch die Kunst zum Publikum“, kommentiert der Vor-          von Kunst im öffentlichen Raum Wien konstatiert, dass
             sitzende der Geschäftsführung des Verkehrsunterneh-         die Möglichkeit der raschen und professionellen Reali-
             mens Günter Steinbauer die Umsetzung dieses neuen           sierung als Ergebnis dieses Wettbewerbs zu sehen sei.
             Kunstprojekts. „Nicht zuletzt erhielten die Wiener Linien   „Alle eingereichten Konzepte hatten ein äußerst hohes
             mit dem von der IG-Galerien gestifteten Preis Kunst-        Niveau und waren präzise vorbereitet. Daran zeigt sich
             mediator 2004 eine Anerkennung für ihr Engagement zur       die Bedeutung von Wettbewerben. Wichtig ist aber auch,
             Integration aktueller Bildender Kunst in den städtischen    über das Setzen solcher Landmarks im Stadtraum hi-
             Lebensraum. Frequentierte Bereiche des öffentlichen         naus temporäre Interventionen zu ermöglichen. Der Beirat
             Verkehrs sind geradezu prädestiniert dafür, zeitgemäße      für Kunst im öffentlichen Raum Wien sieht den
             Kunstformen zu präsentieren.“                               Stadtraum nicht allein als architektonischen, sondern
             Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny sieht in       auch als gesellschaftliche Zusammenhang.“
             der Neugestaltung der Karlsplatz-Westpassage durch          Sowohl im Rahmen von Kunst im öffentlichen Raum
             Ken Lum einen weiteren Schritt zur Stärkung der Identität   Wien wie auch im Rahmen des Projekts „Kunstplatz
             des Kunstplatzes Karlsplatz. „Dieser definiert sich durch   Karlsplatz“ bildet die Installation Pi von Ken Lum eine
             einen Cluster großer Institutionen mit einer Strahlkraft,   entscheidende Zeichensetzung und soll eine Kulturmeile
             die weit über Wien hinausreicht. Dabei denke man nur        Wiens nachhaltig prägen.
             an die Secession, an den Musikverein oder das Künstler-     www.publicartvienna.at
im öffentlichen
      raum wien
kunst

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Pi
Mein Projekt für die Karlsplatz-Passage behandelt das           Der große Abschnitt, der die Stützpfeiler zeigt, soll die
Thema Statistik oder genauer „Factoids“, also (Quasi-)          größte Spiegel-Countdown-Uhr haben. Diese soll die
Tatsachen. „Factoids“ sind sich verändernde numeri-             unendliche Dezimalzahl Pi, das Verhältnis des Kreis-
sche Angaben, die die Welt, nationale und regionale so-         umfanges zu seinem Durchmesser, darstellen. Die Zahl
ziale Verhältnisse auf mathematisch-organische Art be-          Pi ist einzigartig, weil sie eine unendliche Dezimalzahl
schreiben. Die Front jeder einzelnen Vitrine soll verspiegelt   ohne sich wiederholendes Muster ist. Dieser Teil meines
und mit einer geätzten Inschrift versehen werden; so            Vorschlages ist eine Art Allegorie der Welt. Der Kreis, auf
wird an jeder Station eine „Factoid“-Kategorie, von leicht      den die Zahl Pi sich bezieht, steht symbolisch für die
absurden bis zu ernsthaften Angaben, gezeigt. Dazu              Welt und ihre sich unendlich verändernden Muster.
werden Countdown- oder Countup-Uhren, die die „Fac-             In der Vitrine, die sich in der Mitte der Durchgangshalle
toids“ herunter- bzw. hinaufzählen, angebracht. In Van-         und nicht weit von der Pi-Mauer befindet, sollen meh-
couver zum Beispiel, wo ich lebe, befindet sich eine            rere Bücher, wie das Weltbuch-Handbuch oder der
Countdown-Uhr, die die Sekunden, Minuten, Stunden               Weltalmanach, grundlegende Statistikbücher von Archi-
und Tage herunterzählt, die noch bis zur Eröffnung der          medes, Ptolemäus und Fibonacci sowie ein Buch mit
Olympischen Winterspiele 2010 bleiben.                          österreichischen Bevölkerungsstatistiken, ausgestellt
Jede Station ist verspiegelt, damit sich die Passanten          werden.
im Vorübergehen oder wenn sie stehen bleiben, um die            Die Passanten sollen sich mit dem Werk auseinander-
Bedeutung des Zählsystems der einzelnen „Factoids“              setzen. Die Zahlen auf den Countdown- und Countup-
zu erfassen, selbst im Spiegel sehen. In New York be-           Uhren sollen sich dauernd ändern. Alle „Factoids“ be-
findet sich eine große Countup-Uhr, die die öffentliche         ruhen auf aktuellen Bevölkerungsstatistiken. Die
Staatsverschuldung Amerikas darstellt; die Zahlen sprin-        Computer, die diese „Factoid“-Statistiken erzeugen,
gen jede einzelne Sekunde hinauf. Folgende Countdown-           müssten ein oder zwei Mal im Jahr überprüft werden.
und Countup-Uhren könnte man an den Vitrinen anbrin-            Die Passanten sehen sich nicht nur selbst in den ver-
gen: die Zahl der Schutzimpfungen weltweit, das Wachs-          spiegelten Vitrinen, sie sehen sich auch als Teil der Welt
tum der Weltbevölkerung, die Anzahl der Betätigungen            ganz allgemein, als Teil der Welt, die sie umgibt.
von Wiens WC-Spülungen seit heute Mittag, die Zahl
der Tage bis Weihnachten usw.                                   Ken Lum                                                   im öffentlichen
                                                                                                                                raum wien
                                                                                                                          kunst

KEN LUM:PI                                                                                                                      5
Vitrinenelemente
             angeordnet in den bereits bestehenden Rahmen

                  No. of Schnitzels
                                                            Age of the Earth
                  eaten in Vienna
                                                             Clock in Years
                    Since Jan. 1
                     12,376,786                             5,480,657,276,786

                                   Number of Polio
                                    innoculations             ins Glas geätzter Text
                                                              (gilt für alle Vitrinen)
                                     since 1955

                                     874,276,786              Countdown- / Countup-Uhr
                                                              Die Zahlen ändern sich wie vorgesehen
                                                              (gilt für alle Vitrinen)

                                                              Verspiegelte Oberfläche
                                                              (gilt für alle Vitrinen)
im öffentlichen
      raum wien
kunst

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KEN LUM:PI
                                                                                                                                                                             Countdown- / Countup-Uhr
                                                                                                                                                                                 Die Zahlen ändern sich
                                                                                                                                                                         countdown / up wie     k
                                                                                                                                                                                           clocvorgesehen
                                                                                                                                                                                                                         Bestehende Bohrpfahlwand

                                              ins Glas geätzter Text
                                                                                                                                                                                                                         Von Rahmen und Trägern aus

                                             etched    text in glass                                                                                                     numbers change      as
                                                                                                                                                                                    (gilt für allerequired
                                                                                                                                                                                                   Vitrinen)
                                                                                                                                                                         (typical all vitrines)
                                                                                                                                                                                                                         rostfreiem Stahl getragenes Glas

                                             (typical
                                                (gilt fürallalle
                                                              vitrVitrinen)
                                                                   ines)

                             Circumference
                        pi = _____________   Value of pi = 3.14159 26535 89793 23846 26433 83279 50288 41971 69399 37510 58209 74944 59230 78164 06286 20899 86280 34824 ...       6 billionth   th digit of pi is   2
                               Diameter

                                                                                                                                                                 Verspiegelte Oberfläche
                                                            Verspiegelte
                                                              Mirrored surf  Oberfläche
                                                                                 ace                                                                               Mirrored surface
                                                                                                                                                                 (gilt
                                                                                                                                                                   (typical     Vitrinen)
                                                                                                                                                                       für alleall vitrines)
                                                            (gilt          Vitrinen)
                                                                  für alleall
                                                              (typical        vitrines)

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Ken Lum wurde in Vancouver, Kanada, geboren, wo            1945 –1994“. In jüngerer Zeit war er Kokurator der Aus-
                  er bis heute lebt und arbeitet. Von Anfang an beschäf-     stellung „Shanghai Modern: 1919–1945“, einer Schau
                  tigte er sich mit Sprache und Identität, Kategorien, die   über Kunst und Politik in Shanghai zur Zeit der chinesi-
                  eng mit den Bereichen Fotografie und Werbekultur ver-      schen Republik, und der siebenten Sharjah Biennale in
                  bunden sind.                                               den Vereinigten Arabischen Emiraten.
                  Lum ist seit mehr als 25 Jahren im internationalen         Als Preisträger eines Guggenheim Stipendiums der New
                  Kunstgeschehen präsent. Seine Werke waren nicht nur        Yorker Guggenheim Stiftung und Stipendiat an der Uni-
                  im Rahmen von zahlreichen Einzelausstellungen in           versität von British Columbia umfassen Lums künstleri-
                  Museen und Galerien, sondern auch auf der Docu-            sche Bestrebungen mehrere Bereiche. Lum ist Leiter des
                  menta XI und den Biennalen von Venedig, Shanghai,          Magisterstudienganges für künstlerische Gestaltung der
                  São Paulo und Sydney zu sehen. Lum hat mehrere             Universität British Columbia und hat sowohl zeitlich be-
                  Essays und Besprechungen veröffentlicht. Seine             grenzte als auch dauernde öffentliche künstlerische Auf-
im öffentlichen
      raum wien

                  Themen erstrecken sich von der kanadischen Kultur-         träge in einer Reihe von Städten, darunter St. Moritz,
                  politik bis zur Rassen- und sexuellen Identität in den     Stockholm, Toronto und Wien, verwirklicht. Lum ist Grün-
                  Bildern von Théodore Géricault. Lum war Projektleiter      der und Herausgeber des „Yishu Journal of Contem-
                  der folgenreichen Ausstellung „The Short Century:          porary Chinese Art“.
kunst

                  Independence and Liberation Movements in Africa

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Projektbeschreibung

Für sein Konzept zur Neugestaltung der Westpassage            platz-Westpassage, die komplett werbefrei bleiben soll,
unter dem Karlsplatz hat Ken Lum die Zahl Pi (∏) als          wird eine verspiegelte Platte installiert: Darauf findet sich
Paradigma gewählt. Mit diesem universellen Symbol,            das jeweilige Thema der so genannten „Factoids“, ver-
das sowohl für die Geschichte unserer Kultur als auch         gleichbar mit der Headline einer Tageszeitung. Verbunden
für den Kreis und damit für die einfachste Grundform der      sind die jeweiligen Themen mit einem aufwärts oder ab-
Welt steht, vermittelt Ken Lum seine globale Wahr-            wärts zählenden Display, das stets aktuelle oder auch
nehmungsweise. Zusätzlich bedient er sich des Themas          erfundene Annäherungswerte anzeigt.
der Statistik und konzipiert auf der Basis einer teils iro-   Die „Factoids“ beinhalten Informationen wie „Gesamt-
nischen und widersprüchlichen Kombination aus harten          summe der Weltschulden in US Dollar“, aber auch
Fakten und trivialen Informationen eine urbane Zone, die      „Anzahl der Schnitzel, die seit dem 1. Jänner in Wien
einem unterirdischen, durchschreitbaren Newsroom              gegessen wurden“. Das jeweilige Zählwerk ändert sei-
gleicht. Die dabei eingeführte Kategorie heißt „Factoid“,     ne Anzeige ständig nach der entsprechenden – wahren
was wahrhaftige Tatsachen ebenso meint wie bloße              oder erfundenen – Statistik. Für eine künftig freistehen-
Quasi-Fakten. Ihre Darstellung erfolgt über numerische,       de Vitrine an der unterirdischen Abzweigung innerhalb
digitale Zählwerke, die auf der inhaltlichen Ebene über       der Passage in Richtung Secession ist eine Befüllung
globale, nationale und lokale Werte Aufschluss geben.         mit Lexika sowie statistischen, mathematischen und an-
In jeder der ursprünglich vorgegebenen Vitrinen der Karls-    deren thematisch verwandten Standardwerken geplant.

                                                                                                                          im öffentlichen
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KEN LUM:PI                                                                                                                      9
Auf der derzeit (Herbst 2005) noch freistehenden langen      sensein vom Hauptstrom der kanadischen Gesellschaft.
             Bohrpfahlwand wird der größte Teil der Installation zu       In der Auseinandersetzung mit historischen Kunstrich-
             sehen sein: eine verspiegelte Anzeigetafel mit der my-       tungen der Avantgarde, wie Dada, Surrealismus, Kon-
             thischen, bereits seit dem Altertum bekannten Zahl Pi,       struktivismus, Pop-Art, Minimalismus und Konzeptkunst,
             einer mathematischen Konstante mit unendlich vielen          entwickelte Lum ein kosmopolitisches Konzept, welches
             Stellen, mit deren Hilfe sich das Verhältnis des Umfangs     das globale Phänomen des modernen Nomadentums in
             des Kreises zu dessen Durchmesser beschreiben lässt.         immer neuen Variationen thematisiert. In diesem Zu-
             Kühl und sachlich gehalten, hebt sich die Installation als   sammenhang ist das Werk Pi mehr als nur eine Allegorie
             Einheit markant vom sonst üblichen, von Werbung und          auf die Welt. Im entmaterialisierten, endlosen Raum von
             Zufälligkeiten geprägten Formenvokabular einer unter-        Pi kommuniziert Ken Lum via Sprache und (sich stän-
             irdischen Passage ab. Die Vorübergehenden spiegeln           dig verändernder) Zahlen ein abstraktes Weltverzeichnis.
             sich darin und finden sich so auf performative Weise         Die unter dem Karlsplatz liegende Westpassage wird mit
             beim Lesen in das zu Lesende eingeschrieben.                 einer Vorstellung von der realen Welt außerhalb in Be-
             Als Sohn chinesischer Einwanderer in Vancouver, Kanada,      ziehung gesetzt. Lums Werk reagiert aber auch auf die
             geboren und aufgewachsen, erlebte der seit mehr als          Vielzahl der unterschiedlichen Herkunftsorte der Pas-
             zwei Jahrzehnten im internationalen Kunstleben präsen-       santen und spiegelt zugleich das Veränderliche im Begriff
             te Ken Lum das für seine Situation typische Ausgeschlos-     „Passage“.
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Jurybegründung
An zentraler Stelle visualisiert Ken Lum die Zahl Pi. Sie   Durch die Kombination dieser Informationen im Rahmen
vermittelt etwas Universelles und ist Ausdruck der glo-     eines im Breitwandformat wahrnehmbaren Displays
balen Wahrnehmung des Künstlers. Die Zahl Pi kann           bringt Ken Lum Widersprüche zum Ausdruck. Beispiels-
symbolisch wie auch als realer Multiplikator gelesen        weise erinnert er an den Hunger in der Dritten Welt. Mit
werden. Sie betrifft sowohl den Kreis wie auch die          offensichtlich leicht ironischem Unterton findet sich an
Geschichte, da sie auch eine Referenz auf eine frühe        anderer Stelle ein Hinweis auf den Schnitzelkonsum in
mathematische Erkenntnis darstellt. Was Ken Lum mit         Wien.
seiner Rauminstallation beabsichtigt, muss nicht nach-      Zugleich beinhaltet dieses künstlerische Projekt ein Mo-
formuliert werden sondern ist unmittelbar lesbar. Sein      ment ständiger Veränderung. Es bietet die Möglichkeit
Kommunikationssystem läuft über Sprache und univer-         der sukzessiven Anpassung an aktuelle Geschehnisse.
selle Mathematik. Es vermittelt ein Art Weltverzeichnis,    Auch wenn die Fragestellungen gleich bleiben, wird die
das in den Dimensionen des Raumes und der Zeit hoch         Veränderung des Lebens durch den Wechsel der Zahlen
abstrakt und zugleich sehr real seinen Ausdruck findet.     dargestellt. Darin liegt eine ethische Komponente des
Ken Lums Werk Pi verstärkt die Wahrnehmung der ge-          Projekts.
samten Passagensituation als zusammenhängende               Darüber hinaus wird die Statik einer unterirdischen Archi-
Durchgangszone. Der Künstler überschreitet somit die        tektur an die Bewegung draußen angedockt. Man geht
im Wettbewerbstext formulierte Vorgabe der Gestaltung       möglicherweise sogar durch die leere Passage, und
einzelner Vitrinenelemente und kombiniert die Architek-     dennoch bewegt sich etwas, da sich die Zahlenwerte
tur eines modernen Verkehrsbauwerks mit aktueller           und Informationseinheiten verändern.
Medientechnologie. Er macht die Passage selbst zum          Dennoch ist es nicht unbedingt notwendig, die Botschaft
Thema und verstärkt die Intensität ihrer Wahrnehmung        genau zu entschlüsseln. Selbstverständlich hat Ken
beim Durchschreiten.                                        Lums Werk Pi auch eigenständige, unverwechselbare
Durch die in Form von Headlines eingeblendeten sta-         ästhetische Qualitäten. Im Gegensatz zu den farbig ge-
tistischen Daten erzeugt Ken Lum eine Vorstellung von       stalteten Botschaften der Werbung, die sich gewöhn-
der Welt außerhalb der unterirdischen Wegsituation. Die     lich in Passagen und U-Bahn-Zugängen finden, bleibt
stetige Veränderung der Daten erinnert an die Situation     Ken Lum formal äußerst sachlich und schafft so einen
in einem Newsroom, wobei die zeichenhaften Botschaf-        deutlichen Kontrast zu den üblichen Zeichensystemen
ten durch ihre einfache und klare Formulierung – wie        im Stadtraum. Gezielt setzt er Akzente.
auch wegen ihres Abstands voneinander – von in Be-          Durch seine internationalen, globalen Bezüge wird die-
wegung befindlichen Passanten leicht aufgenommen            ses Werk dem Karlsplatz als Transferort für Menschen
werden können.                                              unterschiedlichster Herkunft gerecht. Lokale Bezugnah-
Ken Lum macht nicht nur hard facts sichtbar, sondern        men binden das Projekt konkret an die Stadt Wien. Es
bringt auch Tratsch über die Welt und die unmittelbare      hat einen sehr hohen Erinnerungswert und trägt zur
Lebensumgebung ins Spiel. Triviales Informationsma-         Klärung des öffentlichen Raums bei.
terial, in dem sich mitunter Mentalitäten und Gewohn-
heiten spiegeln, wird formal in der gleichen Ausführung
wie Zahlenmaterial aus Sozialstatistiken oder gesell-
schaftlichen Untersuchungen gegenübergestellt.              Wien, 26. September 2005
                                                                                                                     im öffentlichen
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                                                                                                                     kunst

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Übersichtsplan
             Westpassage

             Secession

             Ausgang Giradi Park   Ausgang Operngasse

             Ausgang Resselpark
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Fotomaterial
Download ab 07. Oktober 2005, 11.00 Uhr möglich.
www.publicartvienna.at/presse

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Wettbewerb künstlerische
              Gestaltung Verkehrsbauwerk
              Westpassage Karlsplatz

              Angela Bulloch (CAN)                                                     Dorit Margreiter (A)
              Geboren 1966 in Ontario, Kanada, lebt und arbeitet in London,            Geboren 1967 in Wien, lebt in Los Angeles und Wien. „Die Foto-
              Wien und Berlin. Regelsysteme und Ordnungsprinzipien –                   arbeiten, Videos und Installationen von Dorit Margreiter haben im
              Strukturen, die unsere Umgebung und unser Verhalten organisie-           Verlauf der letzten Jahre einen wesentlichen Beitrag zu der
              ren – sind ein zentrales Thema in den Arbeiten von Angela Bulloch.       Diskussion geleistet, wo und wie Subjekten ein Raum der Arti-
              Die Künstlerin kombiniert Licht, Ton, Text, Video und Objekt zu          kulation eingeräumt wird. In komplexen Kompositionen, die sich
              multidisziplinären Installationen, die Ausdrucksformen für eine ak-      in einer Sprache der Konzeptualisierung von Materialien und ar-
              tuelle Verschränkung von Digitalität und historischer Moderne er-        chitektonischen Formaten verorten, formuliert sie Erzählungen ak-
              kunden.                                                                  tueller theoretischer und gesellschaftspolitischer Anliegen, die über
                                                                                       kunstimmanente Fragestellungen hinausgehen.“ (Rike Frank)
              Jonathan Berkh (A) und Cécile Nordegg (A)
              Leben und arbeiten in Wien; Zusammenarbeit seit 1992. Die Maler          Constanze Ruhm (A)
              und Designer Cecile Nordegg und Jonathan Berkh arbeiten oft-             Geboren 1965 in Wien, lebt und arbeitet in Wien und Berlin. Die
              mals mit dem Medium Licht. Den KünstlerInnen geht es aber auch           Medienkünstlerin Constanze Ruhm arbeitet mit filmischen Erin-
              um die Einheit zwischen Werk und Raum. Jede Präsentation der             nerungsräumen und imaginären Grenzen, die sie in ihren Foto-
              Arbeiten des Künstlerpaares basiert daher auf einem für den je-          grafien, Filmen und raumbezogenen Installationen thematisiert.
              weiligen Ort immer neu erarbeiteten Konzept. Design, die                 Ihre Computeranimationen und Filme untersuchen die Wechsel-
              Kombination von Kunst und Lebensraum, Kunst und Arbeitsraum,             wirkungen zwischen den Sprachen des Kinos und der Neuen
              Kunst im Alltag und Kunst im öffentlichen Raum sind die Felder,          Medien und handeln von Fragen der Identität und der Repräsen-
              auf denen Cécile Nordegg und Jonathan Berkh sich bewegen.                tation. Zugleich ist der Zwischenraum von Konstruktion und
                                                                                       Emotion wichtig. Es geht nicht allein um die Frage, wie Bilder kon-
              Liam Gillick (GB)                                                        struiert sind, sondern auch, wie Emotionen konstruiert werden.
              Geboren 1964 in Aylesbury, U.K., lebt und arbeitet in London und
              New York. Liam Gillick gehört zu jener Generation britischer             Martin Walde (A)
              KünstlerInnen, die nach ihrem Studium am Goldsmith College den           Geboren 1957 in Innsbruck, lebt und arbeitet in New York und
              internationalen Durchbruch schafften. Er erweiterte das traditio-        Wien. Martin Waldes Arbeiten sind geprägt von Elementen des
              nelle Profil des Künstlers, indem er sich mit der Geschichte von         Zufalls, der Entropie, des Geheimnisvollen sowie von chemischen
              Alltagsobjekten sowie mit politischen und gesellschaftlichen             Reaktionen aller Art. Als interdisziplinär agierender Forscher und
              Strukturen befasst. Zugleich tritt er als Produzent, Kritiker, Heraus-   Tüftler arbeitet er mit Erscheinungsformen, die er unaufhörlich neu
              geber, Kurator und Schriftsteller in Erscheinung.                        inszeniert und durch Beobachtung immer wieder auffrischt. Waldes
                                                                                       zentrale Themen sind das „Andere“ und die Untersuchung von
              Thomas Locher (D)                                                        Differenz.
              Geboren 1956 in Munderkingen, Oberschwaben, lebt und arbei-
              tet in Berlin. Der für die neo-konzeptuelle Kunst richtungsweisend       Heimo Zobernig (A)
              arbeitende, deutsche Künstler Thomas Locher ist durch seine              Geboren 1958 in Mauthen, Kärnten, lebt und arbeitet in Wien.
              raumgreifenden Textarbeiten und Installationen über Einzelaus-           Heimo Zobernig analysiert Phänomene fast naturwissenschaftlich
              stellungen in wichtigen Institutionen international bekannt. Er be-      und präsentiert deren Bausteine – etwa industriell normierte Farben
              schäftigt sich konsequent mit der grammatikalischen Ordnung von          – in neuen Konstellationen. Seine Arbeiten sind in hohem Maße
              Sprache und der Komplexität ihrer Funktionsweise. Seine aus              räumlich und ortsbezogen präsent. Zugleich aber sind sie höchst
              Wörtern, Ziffern und Texten bestehenden Arbeiten drehen sich um          diskursfähig, also durchaus „lesbar“ und leicht zu versprachlichen.
              Zusammenleben und Handeln der Menschen. „Mit seinen Text-
              Bildern macht er die Strukturen sichtbar, die hinter den Systemen
              stecken.“ Sein Werk ,Politik der Kommunikation‘ untersucht, was
              Büroräume und Konferenzsäle über Hierarchien und Machtgefüge
              erzählen. Großraumbüros etwa, die für Offenheit und Demokratie           Angela Bulloch (CAN) und Dorit Margreiter (A) konnten aus zeitli-
              stehen, bedeuten oft Sozialkontrolle. Die Sprachfelder kommen-           chen Gründen ihre Konzepte nicht einreichen. Auch Heimo
              tieren die Fitnesslandschaften unserer Informationsgesellschaft.“        Zobernig (A) konnte aus Zeitgründen nicht berücksichtigt werden.
              (Brigitte Huck)
im öffentlichen
      raum wien
kunst

  14
WETTBEWERB                                                              kunst
Künstlerische Gestaltung                                                im öffentlichen
Verkehrsbauwerk Westpassage Karlsplatz                                  raum wien
AusloberInnen                                                           Die Stadt Wien gründete 2004 auf die gemeinsame Initiative der
Kunst im öffentlichen Raum Wien                                         Stadträte Andreas Mailath-Pokorny (Kultur und Wissenschaft),
Wiener Linien Ges.m.b.H. & Co KG                                        Werner Faymann (Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung) und
                                                                        Rudolf Schicker (Stadtentwicklung und Verkehr) einen Fonds zur
Durchführung                                                            Förderung von Kunst im öffentlichen Raum, der von der
Wissenschaftszentrum Wien in Kooperation                                Kulturabteilung verwaltet wird. www.publicartvienna.at
mit dem Atelier Kurt Schlauss
                                                                        Geschäftsführung und administrative Abwicklung
Wettbewerbsleitung                                                      Astrid Rypar
Roland Schöny                                                           Marianne Taferner

Abwicklung                                                              Projektmanagement und kuratorische Betreuung
Clemens Haslinger                                                       Roland Schöny

Protokoll                                                               Kontakt
Alexandra Paul                                                          MA 7 – Kulturabteilung der Stadt Wien
                                                                        Friedrich-Schmidt-Platz 5, 1080 Wien
Jury                                                                    Tel.: 0043-1-4000-84 752 und
Berthold Ecker, Leiter des Referates Bildende Kunst, Kulturabteilung    Tel.: 0043-1-4000-84 743
Silvia Eiblmayr, Direktorin Galerie im Taxispalais Innsbruck            E-Mail: ryp@m07.magwien.gv.at und
Brigitte Huck, freie Kuratorin und Autorin                              lam@m07.magwien.gv.at
Edelbert Köb, Direktor Museum Moderner Kunst
Wolfgang Kos, Direktor Wien Museum                                      Redaktion Roland Schöny, w.hoch2wei, Andrea Winklbauer
Roland Schöny, Projektkurator Kunst im öffentlichen Raum Wien           Redaktionelle Mitarbeit Clemens Haslinger
Günter Steinbauer, Vorsitzender der Geschäftsführung Wiener             Lektorat Emilie Brandl
Linien Ges.m.b.H & Co KG                                                Grafik-Design Maria-Anna Friedl

Sachverständige                                                         Bildnachweis
Johann Hödl, Abteilungsleiter Kaufmännische Dienste und                 Clemens Haslinger S. 3, S 11
Controlling Wiener Linien Ges.m.b.H & Co KG                             Grita Insam S. 8, S. 11
Hermann Knoflacher, Leiter des Instituts für Verkehrsplanung            Roland Schöny S. 11
und Verkehrstechnik TU Wien                                             Nick Sully S. 3, S. 9, S. 11
Franz Kobermaier, Dezernatsleiter Gestaltung öffentlicher Raum, MA 19
Josef Zöchling, Bautechniker, Atelier Kurt Schlauss
                                                                        Presse
Technische Vorprüfung                                                   Christina Werner
Michael Weingärtner, Aufbauleitung, O.K. Centrum                        w.hoch.2wei, Kulturelles Projektmanagement
für Gegenwartskunst                                                     Breitegasse 17/4, 1070 Wien
Rainer Jessl, Medientechniker, O.K. Centrum für Gegenwartskunst         Tel.: 0043-1-524 96 46-22
                                                                        Fax: 0043-1 524 96 32
Besonderer Dank für die Unterstützung im Zuge der Umsetzung gilt        E-Mail: werner@kunstnet.at
Katharina Blaas, Franz Deix, Bernhard Denscher,
Sonja Graf-Barhoumi, Sigrit Fleiß, Klaudius Foltin, Erich Höchtl,
Daniel Löcker, Thomas Madreiter, Alexandra Paul, Gabriele
Strommer, Marianne Taferner, Rudolf Zabrana, Anita Zemlyak
KEN LUM: PI
Westpassage, unterirdische Durchgangszone am Knotenpunkt Karlsplatz

3.
1415926535 8979323846 2643383279 5028841971 6939937510 5820974944
5923078164 0628620899 8628034825 3421170679 8214808651 3282306647
0938446095 5058223172 5359408128 4811174502 8410270193 8521105559
6446229489 5493038196 4428810975 6659334461 2847564823 3786783165
2712019091 4564856692 3460348610 4543266482 1339360726 0249141273
7245870066 0631558817 4881520920 9628292540 9171536436 7892590360
0113305305 4882046652 1384146951 9415116094 3305727036 5759591953
0921861173 8193261179 3105118548 0744623799 6274956735 1885752724
8912279381 8301194912 9833673362 4406566430 8602139494 6395224737
1907021798 6094370277 0539217176 2931767523 8467481846 7669405132
0005681271 4526356082 7785771342 7577896091 7363717872 1468440901
2249534301 4654958537 1050792279 6892589235 4201995611 2129021960
8640344181 5981362977 4771309960 5187072113 4999999837 2978049951
0597317328 1609631859 5024459455 3469083026 4252230825 3344685035
2619311881 7101000313 7838752886 5875332083 8142061717 7669147303
5982534904 2875546873 1159562863 8823537875 9375195778 1857780532
1712268066 1300192787 6611195909 2164201989 3809525720 1065485863
2788659361 5338182796 8230301952 0353018529 6899577362 2599413891
2497217752 8347913151 5574857242 4541506959 5082953311 6861727855
8890750983 8175463746 4939319255 0604009277 0167113900 9848824012
8583616035 6370766010 4710181942 9555961989 4676783744 9448255379
7747268471 0404753464 6208046684 2590694912 9331367702 8989152104
7521620569 6602405803 8150193511 2533824300 3558764024 7496473263
9141992726 0426992279 6782354781 6360093417 2164121992 4586315030
2861829745 5570674983 8505494588 5869269956 9092721079 7509302955
3211653449 8720275596 0236480665 4991198818 3479775356 6369807426
5425278625 5181841757 4672890977 7727938000 8164706001 6145249192
1732172147 7235014144 1973568548 1613611573 5255213347 5741849468
4385233239 0739414333 4547762416 8625189835 6948556209 9219222184
2725502542 5688767179 0494601653 4668049886 2723279178 6085784383
8279679766 8145410095 3883786360 9506800642 2512520511 7392984896
0841284886 2694560424 1965285022 2106611863 0674427862 2039194945
0471237137 8696095636 4371917287 4677646575 7396241389 0865832645
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