Kunststoff verpackungen im geschlossenen Kreislauf - Potenziale, Bedingungen, Herausforderungen
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Kunststoff verpackungen im geschlossenen Kreislauf Potenziale, Bedingungen, Herausforderungen acatech/Circular Economy Initiative Deutschland/SYSTEMIQ (Hrsg.)
Kunststoff- verpackungen im geschlossenen Kreislauf Potenziale, Bedingungen, Herausforderungen acatech/Circular Economy Initiative Deutschland/SYSTEMIQ (Hrsg.)
Inhalt Zusammenfassung 5 Projekt 11 1 Einleitung: Relevanz der Circular Economy für Verpackungen 14 2 Die Arbeitsgruppe Verpackungen der Circular Economy Initiative Deutschland 17 2.1 Vorstellung der Arbeitsgruppe 17 2.2 Selbstverständnis und Ziele der Arbeitsgruppe Verpackungen 19 2.3 Betrachtungsrahmen für die Arbeitsgruppe Verpackungen (Scope) 19 3 Eine klimaneutrale Circular Economy für Verpackungen in Deutschland 21 3.1 Der Status quo – wo stehen wir 21 3.1.1 Stoffstrombetrachtung 21 3.1.2 Politische Rahmenbedingungen 23 3.2 Bestehende Herausforderungen im Status quo 24 3.2.1 Fehlende Transparenz und mangelnde Kompatibilität in der gesamten Wertschöpfungskette 25 3.2.2 Lücken innerhalb einzelner Wertschöpfungsschritte 26 3.3 Das Zielbild – wo wollen wir hin 27 3.3.1 Hebel entlang der Wertschöpfungskette und Zirkularitätsstra tegien 27 Exkurs: „Biokunststoff“ – Biobasierte und bioabbaubare Kunststoffe 31 Exkurs: Potenziale und Grenzen des werkstofflichen Recyclings für einen geschlossenen Kunststoff-Kreislauf 36 Exkurs: Chemisches Recycling 38 3.3.2 Szenario: Wie sähe eine zirkuläre Verpackungsindustrie 2030 aus? 40
4 Den Kreislauf schließen anhand zweier Fallbeispiele: Waschmittel- und Käseverpackung 43 4.1 Waschmittelverpackung (HDPE-Flasche) 43 4.1.1 Anforderungen an die Funktionalität einer Waschmittelflasche 43 4.1.2 Status quo 44 4.1.3 Zirkularitätsstrategien und Hebel für die Waschmittel- verpackung 45 4.2 Käseverpackung (PET-Schale) 46 4.2.1 Anforderung an die Funktionalität einer Käseverpackung 47 4.2.2 Status quo 48 4.2.3 Zirkularitätsstrategien und Hebel für die Käseverpackung 48 4.3 Systemische Ansätze 49 Exkurs: Gedankenexperiment – eine zirkuläre Kunststoffverpackungsindustrie bis 2030 52 5 Handlungsempfehlungen 55 5.1 Allgemein anerkannte Entscheidungshilfe für Verpackungs alternativen schaffen 58 5.2 Abfall vermeiden 58 5.3 Design for Circularity and Sustainability umsetzen 59 5.4 Bessere und harmonisiertere Sammlung und Sortierung ermöglichen 60 5.5 Angebot an defossilierten Rohstoffquellen erhöhen 60 5.6 Nachfrage nach defossiliertem Material steigern 62 6 Roadmap und Ausblick 64 Anhang 66 A. Abkürzungsverzeichnis 66 B. Abbildungsverzeichnis 67 C. Tabellenverzeichnis 67 D. Hintergrund zur Circular Economy Initiative Deutschland 68 E. Grundlagen für die Zielbildentwicklung 70 F. Annahmen und Rechnungen für Gedankenexperiment 2030 77 G. Die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf die Verpackungsindustrie 81 Literatur 83
Zusammenfassung Zusammenfassung quoten von Kunststoffverpackungen sind dagegen auch im „Recyclingland Deutschland“ vergleichsweise niedrig und lie gen „nur“ bei 47 Prozent. Über die Hälfte (circa 53 Prozent) der Zwischen Oktober 2019 und Dezember 2020 hat die Arbeits erfassten Menge wird thermisch verwertet, also in Müllverbren gruppe Verpackungen der Circular Economy Initiative Deutsch nungs- beziehungsweise Ersatzbrennstoffanlagen verbrannt, land eine Roadmap erstellt mit dem Ziel, eine Circular Econo oder gelangt in die Mitverbrennung, zum Beispiel in Zementwer my für Kunststoffverpackungen zu erreichen. Die Mitglieder der ken. Nur 10,9 Prozent der verarbeiteten Kunststoffmengen in Arbeitsgruppe sind Vertreterinnen und Vertreter aus akade- der Verpackungsindustrie sind Rezyklate.4 mischen Institutionen, führenden deutschen Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie verfügen über Vor dem Hintergrund, dass das Verpackungs- und Abfallaufkom ausgewiesene Erfahrungen im Bereich Verpackungen und de- men in Deutschland hoch ist und weiter steigen wird, bieten cken damit die gesamte Wertschöpfungskette ab: vom Ver Circular-Economy-Ansätze Potenziale, um negative Umwelt- packungsdesign über die Produktion und Nutzung bis hin zur wirkungen zu reduzieren. Doch auch hier gibt es keine pau Wiederverwendungs- beziehungsweise Wiederverwertungsinfra schalen Lösungen, denn die Nachhaltigkeitsbewertung von struktur. Damit konnte die Arbeitsgruppe eine möglichst ganz Verpackungslösungen ist komplex, insbesondere durch die heitliche Betrachtung des Themas gewährleisten, deren zentrale Wechselwirkungen von Verpackungen mit dem Packgut. Die ge- Ergebnisse in diesem Bericht vorgestellt werden. Er umfasst die sellschaftlichen und politischen Debatten haben viele positi Diskussion über Potenziale, Hürden und mögliche Zielkonflikte ve Bewegungen angestoßen, aber auch Aktionismus ausgelöst einer Circular Economy für Kunststoffverpackungen, die Skizzie und Profilierungsmöglichkeiten eröffnet, die der Umwelt nicht rung eines Zielbilds und die Ableitung von Handlungsempfeh immer dienlich sind. Daher ist es nun dringend geboten, eine lungen für die zentralen Akteure. Damit unterstützen die Mit sachliche und fundierte Grundlage für die Debatte zu schaf glieder die Initiierung und langfristige Verankerung der Circular fen, um die wirklich effektiven Maßnahmen priorisieren zu kön Economy in Deutschland und darüber hinaus. nen und den Weg zu einer Kreislaufwirtschaft für Verpackungen in Deutschland zu ebnen – eine Kreislaufwirtschaft, die nicht in Konflikt mit anderen Nachhaltigkeitszielen, etwa dem Klima Hintergrund – die Relevanz einer schutz, steht. zirkulären Verpackungsindustrie Wichtigste Ergebnisse der Verpackungen erfüllen wichtige Funktionen und sind daher Arbeitsgruppe nicht aus dem modernen Leben wegzudenken. Jedoch steigen mit zunehmendem Verpackungsverbrauch auch die daraus resul tierenden Abfallmengen. Insbesondere Kunststoffverpackun- Identifizierte Herausforderungen gen sind zu einem gesellschaftlich, politisch und ökologisch hochrelevanten Thema geworden, da Kunststoffe vermehrt als Die Herausforderungen bei der Realisierung von Circular-Eco Plastikmüll in der Umwelt landen.1, 2 In Deutschland gibt es gut nomy-Ansätzen in der Verpackungsindustrie liegen wegen feh- funktionierende Sammel-, Sortier- und Verwertungsstrukturen, lender Transparenz und mangelnder Kompatibilität sowohl sodass Verpackungsmüll nicht direkt in die Umwelt gelangt. innerhalb der einzelnen Wertschöpfungsschritte als auch in- Aber der Ressourcenverbrauch und das daraus resultierende Ver nerhalb der gesamten Wertschöpfungskette. Beispiele für die packungsmüllaufkommen steigen weiter an und erreichten im Herausforderungen in den einzelnen Wertschöpfungsschritten Jahr 2018 einen neuen Höchststand. Vor allem Kunststoffver sind ein ungeeignetes Verpackungsdesign, das die Wiederver packungen stellen enorme Herausforderungen dar. In den letz wendung beziehungsweise das Recycling der Verpackung un ten 20 Jahren hat sich die Menge an Kunststoffverpackungen in möglich macht, der Konflikt zwischen höherwertiger Sortierqua Deutschland von 1,6 Millionen Tonnen (1998) auf 3,2 Millionen lität einerseits und schnellerem und günstigerem Sortierprozess Tonnen (2018) verdoppelt.3 Die werkstofflichen Verwertungs- andererseits sowie nicht zuletzt die hohen Fehlwurfquoten in 1 | Vgl. Jambeck et al. 2015. 2 | Vgl. Geyer et al. 2017. 3 | Vgl. Umweltbundesamt 2019. 4 | Vgl. Conversio 2020. 5
der Sammlung. Beispiele für Herausforderungen über alle Wert Modellergebnisse zeigen, dass sich mittel- und langfristig er- schöpfungsstufen hinweg sind die Vielfalt an Verpackungsde hebliche Mengen an Treibhausgasemissionen einsparen las signs, die nicht auf die bestehende Verwertungslandschaft ab sen, wenn sowohl der Rezyklateinsatz aus der werkstofflichen gestimmt sind, eine Marktlücke zwischen Nachfragegarantie Verwertung gesteigert wird als auch Produkte aus dem chemi nach Rezyklat5 und der verfügbaren Menge in den entsprechen schen Recycling von Kunststoffabfällen eingesetzt und wieder den Qualitäten sowie die länderübergreifenden Unterschiede in verwendbare Verpackungen genutzt werden. Im Vergleich zum regulatorischen nationalen Zielvorgaben. Business-as-Usual-Szenario könnte eine sinnvolle Steigerung des Rezyklateinsatzes aus dem werkstofflichen Recycling auf Das Zielbild einer zirkulären Verpackungsindustrie 40 Prozent bis 2050 pro Jahr im Durchschnitt circa 1,9 Mil- lionen Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e) einsparen, ein Anteil Ausgehend von den genannten Herausforderungen hat die von 20 Prozent aus dem chemischen Recycling 1,2 Millionen Verpackungsindustrie im Jahr 2050 durch den Einsatz defossi Tonnen. Die verstärkte Nutzung wiederverwendbarer Verpa- lierter Materialien6 möglichst geschlossene Materialkreisläufe ckungssysteme könnte etwa eine Million Tonnen CO2e-Emissi- geschaffen und zu einer erhöhten Materialproduktivität beige onen einsparen. Gleichzeitig offenbaren aber die gleichen Mo tragen (siehe Kapitel 3.3 zum Zielbild einer Circular Economy). dellergebnisse, dass ohne zusätzliche Maßnahmen sowohl die In einer klimaneutralen Circular Economy werden Verpackungen Klimaneutralität als auch die geschlossene Kreislaufführung nicht mehr als Wegwerfprodukte betrachtet. Lösungsansätze selbst im Jahr 2050 noch deutlich verfehlt würden. werden ganzheitlich bewertet und unterliegen entsprechend der Kreislaufwirtschaftshierarchie folgenden wichtigen Grund- Betrachtung zweier konkreter Fallbeispiele sätzen: Um die Erkenntnisse zu validieren und zu konkretisieren, wurden Verpackungen zu vermeiden hat oberste Priorität, sofern zwei exemplarische Fallbeispiele näher untersucht: dadurch nicht der ökologische Fußabdruck des Produkts zu nimmt (zum Beispiel durch mehr Lebensmittelabfälle bei we Polyethylen(HDPE)-Flasche für Waschmittel niger/anderer Verpackung). Schale aus Polyethylenterephthalat (PET) für Käse Alle nicht vermeidbaren Verpackungen basieren auf einem effizienten und effektiven Ressourcenmanagement und sind Neben der mengenmäßigen Relevanz bilden beide Beispiele damit möglichst lange nutzbar, wiederverwendbar und unterschiedliche Gegebenheiten im Status quo ab, da sie sich hochwertig recycelbar. sowohl im Verpackungsinhalt (Lebensmittel versus Reinigungs Das Material- und Produktdesign ist konsequent so gestal mittel) als auch im heutigen Verwertungsweg (weitgehend werk tet, dass keine toxischen Wirkungen entlang der Wert stoffliches Recycling versus Verbrennung) unterscheiden. Fla schöpfungskette auftreten und die unbedenkliche Folgenut schen aus High-Density-Polyethylen (HDPE-Flaschen) gehören zu zung sichergestellt ist. den Verpackungen, die europaweit schon am längsten systema Wo es sinnvoll und möglich ist, werden Sekundärmaterialien tisch gesammelt, sortiert und recycelt werden. Darüber hinaus oder Alternativen zu fossilbasiertem Primärmaterial ein ist das Flaschendesign bereits überwiegend auf gute Sortier- und gesetzt. Rezyklierbarkeit optimiert. Allerdings werden die resultierenden Alle Circular-Economy-Maßnahmen unterliegen einer Bewer- Rezyklate überwiegend dem Verpackungsmarkt entzogen und in tung der Umweltwirkungen im Sinne einer Lebenszyklus anderen Verwendungen, zum Beispiel in Abwasserrohren, einge betrachtung. setzt und gehen damit für weitere Nutzungszyklen verloren. Der Anwendungsfall Polyethylenterephthalat(PET)-Schale für Käse verpackung ist durch die hohen lebensmitteltechnischen Anfor 5 | Material, das durch einen Herstellungsprozess aus zurückgewonnenem (aufgearbeitetem) Material wiederaufbereitet und zu einem Endprodukt oder einer Komponente für den Einbau in ein Produkt verarbeitet wurde. Unter zurückgewonnenen Materialien werden in diesem Bericht Post- Consumer-Materialien verstanden. Das sind Materialien, die von Haushalten oder von gewerblichen, industriellen und institutionellen Einrichtungen in ihrer Rolle als Endverbraucher eines Produkts erzeugt werden und nicht mehr für den vorgesehenen Zweck verwendet werden können. Die Fokus sierung auf Post-Consumer-Rezyklat ist dadurch begründet, dass der Zweck des Schließens von Ressourcenkreisläufen in einer Circular Economy auf den Kreislauf zwischen Post-Consumer und Produktion ausgerichtet ist. 6 | Der Begriff „defossiliertes Material“ wird in diesem Bericht als Sammelbegriff für biobasiertes Neumaterial und Rezyklat genutzt. Dazu zählen alle Materialalternativen zu erdölbasiertem Neumaterial. Trotz der Energieaufwände für die Konversion, für die derzeit fossile Energieträger genutzt wer den, wurde diese Bezeichnung mit Blick darauf gewählt, dass der Strommix im Jahr 2050 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt. 6
Zusammenfassung derungen vergleichsweise komplex. Anders als bei der Polyethy Handlungsempfehlungen lenflasche ist bisher kaum eine Käseverpackung recyclingfähig designt, da insbesondere der Zielkonflikt zwischen Lebensmittel Damit die Verpackungsindustrie zu einem System transformiert haltbarkeit und recyclingfähigem Verpackungsdesign eine große wird, das auf zirkulärer Wertschöpfung basiert, müssen Maßnah Herausforderung darstellt. men umgesetzt werden, die entlang der gesamten Wertschöp fungskette greifen. Die Arbeitsgruppe hat sechs Ansatzpunkte Aus den Fallbeispielen lässt sich ableiten: Bei Verpackungen identifiziert (siehe Abbildung 1): wurde in den letzten Jahren viel an der Recyclingfähigkeit gearbeitet – dennoch besteht an vielen Stellen noch Optimie 1. Vergleichbarkeit durch eine allgemein anerkannte Ent- rungspotenzial. Zudem wird in Verpackungen auf relativ gerin- scheidungshilfe herstellen, gem Niveau Rezyklat eingesetzt, weil derzeit die notwendigen 2. konkrete und verbindliche Ziele setzen, um Verpackungen Materialqualitäten nicht in den benötigten Mengen verfügbar und Verpackungsabfälle zu vermeiden, sind. Ein Grund dafür ist, dass es nicht genügend hochqualita 3. Design for Circularity and Sustainability durch eine EU- tive Sortier- und Recyclingkapazitäten gibt. Die Investitionen weite Harmonisierung von Verpackungsmaterialien und ent sind für Recycler ökonomisch nicht attraktiv, da der Misch sprechende ökonomische Anreize umsetzen, preis, den sie für hoch- und minderwertige Rezyklate erzielen, 4. die Sammel- und Sortierinfrastruktur mit Trennung nach zuzüglich der Beteiligungsgebühr der Dualen Systeme nicht zur Materialien und unter Nutzung neuer digitaler Möglichkei Finanzierung ausreicht. Außerdem werden die Investitionen als ten vereinheitlichen, risikoreich angesehen, da der Preis für Neumaterial als Alterna 5. die Quellen für defossilierte Rohstoffe erweitern durch Mo tive zum Rezyklat zu niedrig ist und die Selbstverpflichtungen dernisierung bestehender Recyclinginfrastruktur sowie Wei der Konsumgüterhersteller zukünftig mehr Rezyklat einzuset terentwicklung von Recyclingtechnologien, zen keine ausreichende Garantie darstellen. Ein weiterer Grund 6. die Nachfrage nach defossiliertem Material durch weite für den geringen Rezyklateinsatz ist, dass das einzige von der re von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu (EFSA) genehmigte Rezyklateinsatzmöglichkeiten, durch Re gelassene Rezyklat für Lebensmittelverpackungen, derzeit das cycling- und Rezyklatstandards und entsprechende ökonomi Polyethylenterephthalat (PET), aus dem Einwegpfandsystem sche Anreize stärken. stammt. Weiterführende Circular-Economy-Ansätze existieren für einzelne Produktbeispiele – zum Beispiel den Verkauf ohne Ver- Die Arbeitsgruppe Verpackungen der Circular Economy Initiati packungen beziehungsweise in Mehrwegverpackungen. Bei ve Deutschland (CEID) ist sich einig, dass eine zirkuläre Ver- Waschmitteln und Körperpflegemitteln gibt es beispielsweise packungsindustrie europäisch gedacht werden muss. Die im feste Hochkonzentrate, die ohne oder nahezu ohne Verpackung Folgenden detailliert dargelegten Handlungsempfehlungen be auskommen. Projekte, die einen systemischen Ansatz und die grenzen sich daher nicht auf Deutschland, sondern zeigen auch Unterstützung einer kritischen Masse erfordern, beispielsweise auf, welche Impulse Deutschland als zentraler Akteur der Debat standardisierte Mehrwegsysteme für Lebensmittel, befinden sich te für Europa setzen sollte. derzeit allenfalls in der Konzeptionsphase.7, 8 7 | Vgl. Circolution s. a. 8 | Vgl. pacoon s. a. 7
1 Chemisches Recycling 5 Thermische Verwertung Systemverluste 5 Primärmaterial Zulieferer, Additive Sortierung Werkstoffliche Verwertung Sammlung 4 Rezyklatmarkt Chemieunternehmen/ Rohstofflieferanten 2 Re-Use Konsument 2 Zulieferer Einzelhandel Zulieferer Klebstoffe, Additive, Druckfarbe, … Hersteller Konsumgüter 6 3 Verpackungshersteller 1 Entscheidungshilfe für Verpackungsalternativen schaffen 4 Bessere und harmonisiertere Sammlung und Sortierung ermöglichen 2 Verpackungen und Verpackungsabfälle vermeiden 5 Angebot an defossilierten Rohstoffquellen erhöhen 3 Design for Circularity and Sustainability umsetzen 6 Nachfrage nach defossiliertem Material steigern Abbildung 1: Ansatzpunkte für Circular-Economy-Maßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Verpackungs industrie (Quelle: eigene Darstellung) 1. Allgemein anerkannte Entscheidungshilfe für zu unterstützen, welches die beste Verpackungsalternative für Verpackungsalternativen schaffen ihr Produkt ist, sind jedoch Einzelfallbewertungen nicht praxis tauglich. Erstens müsste für alle potenziellen Verpackungstypen Aufgrund der im Bericht näher ausgeführten Zielkonflikte (und deren potenzielle Infrastruktur) eine Ökobilanzierung (Trade-offs) zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitszielen durchgeführt werden. Zweitens können die ökologischen Poten und verschiedenen Verpackungsalternativen kann nicht pau ziale systemischer Veränderungen nur sehr begrenzt in einer Ein schal bestimmt werden, was die „nachhaltigste“ Verpackungsal zelfallbetrachtung abgebildet werden. Daher ist Forschungsför- ternative ist. Die Frage nach der besten Verpackungsalternative derung notwendig, um eine ganzheitliche und in der Praxis für ein Produkt ist demnach immer eine Einzelfallentscheidung, anwendbare Entscheidungshilfe zu entwickeln. weil die Antwort von verschiedensten Produkt-, Prozess- und Marktfaktoren abhängt (zum Beispiel von den Anforderungen 2. Abfall vermeiden des Packguts, den Transportwegen, der Anzahl der möglichen Wiederverwendungen oder der in der Praxis vorhandenen Ver In der Vergangenheit konnten die Effizienzgewinne im Ver wertungsinfrastruktur). Um Unternehmen in der Entscheidung packungsdesign die ständig wachsende Menge der Kunststoff 8
Zusammenfassung verpackungsabfälle nicht mehr kompensieren. Das oberste Ge ben; eine zu starre Harmonisierung darf beispielsweise den Ein bot des Verpackungsgesetzes (siehe § 1 Abfallwirtschaftliche satz eines innovativen ökologischen und ökonomischen Kunst Ziele), die Vermeidung von Verpackungen und Verpackungs- stoffmaterials nicht ausschließen. abfällen, wird demnach seit Jahren verfehlt und muss in Zu kunft prioritär beachtet und möglichst eingehalten werden. 4. Bessere und harmonisierte Sammlung und Dafür bedarf es eines Konzepts mit konkreten Zielen, Maßnah- Sortierung ermöglichen men, ökonomischen Anreizsystemen und Zeitvorgaben. In ein solches Konzept könnten auch unabhängige Kontrollinstanzen Trotz verstärkter Bemühungen, das Duale System bekannter und einbezogen werden. Ein weiterer Schritt, um Verpackungsabfäl verständlicher zu machen, ist die Fehlwurfquote der Post-Con- le zu vermeiden, ist der Ausbau von Möglichkeiten zur Weiter sumer-Verpackungsabfälle hoch. Das mindert zum einen die verwendung von Verpackungen. Massentaugliche Re-Use-Kon- Rezyklatqualität, zum anderen gehen dem Dualen System er- zepte, die ökologisch vorteilhaft und ökonomisch tragbar sind, hebliche Mengenströme verloren, die potenziell recyclingfähig gilt es weiterzuentwickeln und zu testen. Die Politik sollte hier wären, aber durch die Entsorgung im Restmüll verbrannt wer einen entsprechenden Beitrag leisten, indem sie beispielsweise den. Die Sortierung in Haushalten sollte hierzulande zukünftig Dialogplattformen anbietet und ihre Start-up-Förderung in vollständig nach Materialien statt nach der Finanzierung der diesem Bereich stärkt. Entsorgung erfolgen. Außerdem sollten moderne Sortiertech- nologien, beispielsweise Markertechnologien oder Technologien 3. Design for Circularity and Sustainability basierend auf Künstlicher Intelligenz, verstärkt weiterentwickelt umsetzen und eingesetzt werden. Dies geschieht derzeit aufgrund fehlen der Rendite nur zögerlich. Ferner sollten politische Instrumente Ein Haupthindernis für die Kreislaufschließung ist, dass die Recy wie die verstärkte Verankerung von Circular-Economy-Grundsät clingfähigkeit von Verpackungen noch zu wenig berücksichtigt zen in der Bildung forciert und Kennzeichnungspflichten zur wird. Hierzu wurde mit Paragraph 21 im Verpackungsgesetz9 Verbraucherinformation oder die Ausweitung der Pfandpflicht ein wichtiger Hebel eingeführt: Beteiligungsentgelte sollen so auf weitere Produktgruppen evaluiert und entsprechend imple wohl die Recyclingfähigkeit als auch den Einsatz defossilierter mentiert werden. Alternativen zu Kunststoffen belohnen. Für eine tatsächliche Wirksamkeit dieses ökonomischen Anreizes bedürfte es jedoch 5. Angebot an defossilierten Rohstoffquellen konkreter Mindestvorgaben, wie sich ein solcher Bonus auf die erhöhen Beteiligungsentgelte auswirken müsste. Solche Bonusanreize sollten zudem auch sinnvolle Vermeidungsansätze wie zum Bei Signifikante Investitionen in Recyclingtechnologie und -infra- spiel Re-Use-Systeme einschließen. Des Weiteren bestehen offene struktur sind notwendig, um bestehende Anlagen zu moder- Fragen bei der Finanzierung; eine Option wäre die Einrichtung nisieren und aufzurüsten sowie die erforderlichen Kapazitä- eines von privaten und öffentlichen Akteuren finanzierten ten aufzubauen. Zudem bedarf es weiterer Forschung, welche Fonds. Insgesamt gilt es, die Vielzahl an Verpackungsmateria Materialien sich besonders für die Kreislaufführung eignen und lien und Materialkombinationen auf dem Markt zu reduzieren. wie die Zyklenzahl im werkstofflichen Recycling erhöht werden Dafür sollten Mindeststandards für die EU-weite Harmonisie- kann. Dennoch müssen in einem geschlossenen Kreislaufmodell rung von Verpackungsmaterialien und deren Komponenten Material- und Qualitätsverluste im werkstofflichen Recycling festgelegt werden. Die Umsetzung der Mindestanforderungen durch defossilierte Kunststoffe mit Neuqualität ausgeglichen an Verpackungen, um die Stoffströme zu harmonisieren, könn werden. Chemisches Recycling und biobasierte Kunststoffe te ebenfalls über die Beteiligungsentgelte gesteuert werden. können hier eine Lösung sein, wenn sie gegenüber fossilbasier Insgesamt müssen die Bewertungskriterien für die Festsetzung ter Neuware ökologisch sinnvoll sind. Um dies sicherzustellen, von Zu- und Abschlägen bei Lizenzen transparent sein. Dafür müssen Energiebilanzen erstellt, Emissionen geprüft, Gesund ist eine Systematik zu entwickeln, die auch nach Bedarf, aber heitsrisiken analysiert und die Umweltbilanz im industriellen unter Wahrung bereits vereinbarter Entgelte angepasst werden Maßstab gesehen werden. Angenommen, dass die chemische kann. Wichtig ist, dass die Maßnahmen technologieoffen blei Industrie ein zukünftiges Feedstock-Problem zu lösen hat, und 9 | Inverkehrbringer von Verpackungen haben eine Lizenzierungspflicht bei einem Dualen System. Bisher wurden die Lizenzentgelte insbesondere nach Ma- terialart und Masse festgelegt. Paragraph 21 im Verpackungsgesetz regelt nun, dass auch ökologische Aspekte die Höhe der Lizenzentgelte mitbestimmen sollen. So sollen Anreize für recyclingfähiges Verpackungsdesign sowie die Verwendung von Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen geschaffen wer- den. 9
anerkennend, dass international mit Hochdruck an skalierba gen in den entsprechenden Qualitäten abgestimmt werden. Zu ren Verfahren des chemischen Recyclings gearbeitet wird, soll dem gibt es bei einem Großteil der Primärverpackungen regula te Deutschland nicht nur eine beobachtende Rolle einnehmen. torische Hürden für den Rezyklateinsatz. Nach Anforderungen Vielmehr könnte Deutschland innovativ vorangehen und den der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Weg zu einem klimaneutralen chemischen Recycling weisen. darf für Lebensmittelverpackungen derzeit nur Rezyklat aus dem Um besser verstehen zu können, wofür und in welchen Kapazi geschlossenen Pfandflaschenstrom genutzt werden. Eine Abdrift täten chemisches Rezyklat und biobasierte Neuware notwendig von Sekundärmaterial aus einem funktionierenden Kreislauf in sind, gilt es zu erforschen, wie ein ökologisch optimaler und Verpackungen, für die es derzeit keine Recyclingoptionen gibt, technisch sinnvoller defossilierter Materialmix aussieht. Da gilt es künftig zu vermeiden. Zudem sollten für die Zukunft Me mit anwendungsnahe Forschung zu diesen Themen betrieben chanismen und Strategien ausgearbeitet werden, wie weitere werden kann und beispielsweise ganzheitliche Nachhaltigkeits Rezyklate als Sekundärrohstoff für den Lebensmittelkontakt analysen durchgeführt werden können, könnte neben reiner For zugelassen werden können. Ferner sollten EU-weit geltende Si- schungsförderung auch ein Reallabor10 initiiert werden. cherheitsanforderungen und -standards für Rezyklate festge legt werden, um deren Verwendung zu vereinfachen. Sie sollen 6. Nachfrage nach defossiliertem Material steigern gewährleisten, dass Rezyklate stets in einer für die jeweilige Pro duktgruppe spezifischen Qualität zum Einsatz kommen und ent Defossiliertes Material steht im preislichen Wettbewerb zu Neu sprechend produziert werden. Klar definierte Standards würden ware. Deswegen sind – gerade in Zeiten niedriger Ölpreise – öko- außerdem dazu beitragen, die Nachfrage planbarer zu gestalten, nomische Anreize notwendig, um den Einsatz von defossilier und damit sicherstellen, dass ausreichend Rezyklat in der jewei tem Material zu steigern und eine stabile Nachfrage zu schaffen. ligen Qualität zur Verfügung steht. Die Verteuerung von fossilbasierter Neuware kann durch eine allgemeine ambitionierte CO2-Abgabe sowie die Vergünstigung Mit diesem Bericht hoffen die Mitglieder der Arbeitsgruppe Ver der defossilierten Alternativen durch ein angemessenes Bonus- packungen der Circular Economy Initiative Deutschland, einen system bei den Beteiligungsentgelten gesteuert werden (siehe Beitrag zum Diskurs zugunsten einer Circular Economy für Ver dazu Exkurs Gedankenexperiment). Auch festgelegte Mindest- packungen zu leisten. Die Transformation steht noch am Anfang anteile an Post-Consumer-Rezyklat würden dazu beitragen, die und ist auf weiteren kollaborativen Austausch angewiesen. Nun Nachfrage nach Rezyklaten zu stabilisieren, und den Recyclern liegt es an allen beteiligten Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wis damit Investitionssicherheit geben. Eine solche Quote muss senschaft und Zivilgesellschaft, entschlossen die hier aufgezeig schrittweise eingeführt und auf die verfügbaren Rezyklatmen ten Handlungsempfehlungen umzusetzen. 10 | Reallabore sind zeitlich begrenzte Testräume zur Erprobung von Innovationen unter realen Bedingungen. Sie sind deshalb notwendig, da bestimmte Technologien und Geschäftsmodelle mit dem bestehenden Rechts- und Regulierungsrahmen nur bedingt vereinbar sind und deswegen Freiräume geschaffen werden müssen. Neben der Erprobung nachhaltiger Technologien und Geschäftsmodelle setzt auf diese Weise auch früh ein regulatori sches Lernen zu Prüfverfahren und Zulassungen sowie den zugehörigen Standards und Normen ein. Notwendige regulatorische Anpassungen, aber auch Zulassungsverfahren können so beschleunigt und die zeitnahe Einführung neuer Technologien und Geschäftsmodelle durch den Abbau von Markthürden ermöglicht werden. Zudem kann ein solcher Testraum auch dazu dienen, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in einen pro duktiven Austausch miteinander zu bringen, um beispielsweise Akzeptanzfragen zu klären. 10
Projekt Projekt – – Michael Löscher, Schwarz-Gruppe Peter Niedersüß, Borealis – Tom Ohlendorf, WWF – Jutta Pattberg, Pacoon Herausgeber – Dr. Manfred Renner, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicher heits- und Energietechnik (UMSICHT) – acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften – Prof. Dr. Alois K. Schlarb, Technische Universität – Geschäftsstelle Circular Economy Initiative Deutschland Kaiserslautern (CEID) – Dr. Michael Schmidt, Hochland – SYSTEMIQ Ltd. – Dr. Hartmut Siebert, Clariant – Dr. Bettina A. Siggelkow, Clariant – Simon Stadelmann, Alpla Leitung der Arbeitsgruppe – Julian Thielen, Interseroh – Dr. Henning Wilts, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, – Prof. Dr. Peter Elsner, Fraunhofer-Institut für Chemische Energie Technologie (ICT)/Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Prof. Dr. Thomas Müller-Kirschbaum, Henkel Inhaltliche Unterstützung der Arbeitsgruppe Mitglieder der Arbeitsgruppe – Peter Désilets, Pacoon – Dr. Marina Beermann, WWF – Dr. Ralph Detsch, Siegwerk – Michael Dieterle, Fraunhofer-Institut für Chemische Techno – Prof. Dr. Christina Dornack, Technische Universität Dresden logie (ICT) – Josef Ferber, Hochland – Nicholas Ecke, Technische Universität Kaiserslautern – Prof. Dr. Claudia Fleck, Technische Universität Berlin – Dr. Susanne Kadner, Leitung CEID/acatech Geschäftsstelle – Prof. Dr. Magnus Fröhling, Technische Universität München – Dr. Jörn Kobus, SYSTEMIQ (TUM) – Dr. Lars Krause, nova-Institut für politische und ökologische – Karl Hagspiel, Alpla Innovation – Prof. Dr. Rüdiger Hahn, Heinrich-Heine-Universität Düssel – Roman Maletz, Technische Universität Dresden dorf (HHU) – Alina Marm, Siegwerk – Christian Haupts, Recenso – Elisa Seiler, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie – Dr. Christoph Hoffmann, Alpla (ICT) – Dr. Péter Krüger, Covestro – Katharina Schweitzer, CEID/acatech Geschäftsstelle – Dr. Marko Lange, SAP – Ronja Wolf, Siegwerk – Dr. Thorsten Leopold, Henkel 11
Koordination und Redaktion Projektgruppe zur Taskforce „Werkstoffliches Recycling“ – Katharina Schweitzer, CEID/acatech Geschäftsstelle – Ronja Wolf, SYSTEMIQ – Dr. Jörn Kobus, SYSTEMIQ Moderation – Dominik Obeth, CEID/acatech Geschäftsstelle – Yvonne Turzer, CEID/acatech Geschäftsstelle – Dr. Susanne Kadner, Leitung CEID/acatech Geschäftsstelle – Prof. Dr. Thomas Müller-Kirschbaum, Henkel – Prof. Dr. Alois K. Schlarb, Technische Universität Kaiserslautern Externe Reviewer – Dr.-Ing. Alexander Feil, Rheinisch-Westfälische Technische Mitglieder Hochschule (RWTH) Aachen – Benedikt Kauertz, Institut für Energie- und Umweltfor schung Heidelberg – Michael Dieterle, Fraunhofer-Institut für Chemische Techno – Kurt Schüler, Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung logie (ICT) – Peter Niedersüß, Borealis – Elisa Seiler, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie Projektgruppe zur Taskforce (ICT) „Chemisches Recycling“ – Dr. Hartmut Siebert, Clariant – Simon Stadelmann, Alpla Moderation Projektgruppe zur Taskforce „Die Verpackungsindustrie – Dr. Manfred Renner, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicher heits- und Energietechnik in der Corona-Krise“ – Dr. Henning Wilts, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie Moderation Mitglieder – Peter Niedersüß, Borealis – Dr. Ralph Detsch, Siegwerk Mitglieder – Christian Haupts, Recenso – Dr. Lars Krause, nova-Institut für politische und ökologische Innovation – Roman Maletz, Technische Universität Dresden – Elisa Seiler, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie – Prof. Dr. Thomas Müller-Kirschbaum, Henkel (ICT) – Dr. Hartmut Siebert, Clariant – Dr. Bettina A. Siggelkow, Clariant 12
Projekt Projektgruppe zur Taskforce – Elisa Seiler, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie „Gedankenexperiment 2030“ (ICT) – Dr. Henning Wilts, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie Moderation Projektlaufzeit – Prof. Dr. Magnus Fröhling, Technische Universität München (TUM) – Prof. Dr. Thomas Müller-Kirschbaum, Henkel März 2019 – Februar 2021 Mitglieder Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums – Dr. Ralph Detsch, Siegwerk für Bildung und Forschung – Prof. Dr. Peter Elsner, Fraunhofer-Institut für Chemische unter dem Förderkennzeichen Technologie (ICT)/Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 033R215 gefördert. – Svenja Klose, Technische Universität München (TUM) – Roman Maletz, Technische Universität Dresden – Dr. Manfred Renner, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicher Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung heits- und Energietechnik liegt bei den Autorinnen und Autoren. 13
1 Einleitung: Relevanz Verpackungen können daher eine positive Rolle für die Errei chung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten der Circular Economy Nationen12 spielen. Sie verlängern beispielsweise die Haltbarkeit von Lebensmitteln und können so zum Ziel „Kein Hunger“ (Ziel für Verpackungen 2) beitragen. Indem Verpackungen ihr Produkt vor Verunreini gungen schützen, tragen sie aber auch zum Ziel „Gesundheit Verpackungen erfüllen wichtige Funktionen und sind daher und Wohlergehen“ (Ziel 3) bei. Ein kritischer Aspekt von Verpa nicht aus dem modernen Leben wegzudenken: Sie sorgen für ckungen ist jedoch: Wenn sie nicht sachgemäß gehandhabt wer Hygiene, Sicherheit und längere Haltbarkeit von Produkten, den, bergen sie auch Risiken für ebenjene Ziele, beispielsweise schützen das Packgut vor äußeren Einflüssen und ermöglichen für das Leben unter Wasser (Nachhaltigkeitsziel 14). einen sicheren Transport sowie eine sichere Nutzung der Pro dukte. Zudem bieten Verpackungen Platz für notwendige Ver braucherinformationen und erfüllen eine Marketingfunktion.11 Abpacken/ Abfüllung Neuer Rohstoff Verpackung der Ware Herstellung der Transport, Verpackung Handel, Lagerung Verwertung Gebrauchsphase Konsument Verluste Abbildung 2: Bedeutung von Verpackungen für die Ziele nachhaltiger Entwicklung der Vereinten Nationen (Quelle: eigene Darstellung) 11 | Vgl. Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH/Denkstatt 2018. 12 | Die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sind politische Ziele der Vereinten Nationen, die dazu dienen sollen, weltweit eine nachhaltige Ent wicklung auf wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Ebene sicherzustellen. Sie traten am 1. Januar 2016 in Kraft und sollten bis 2030 erreicht sein. 14
Einleitung: Relevanz der Circular Economy für Verpackungen Der rasant zunehmende Verbrauch von Verpackungen und die Darüber hinaus existieren bislang wenige wissenschaftliche Er daraus resultierenden Abfallmengen sind ein Problem. Auf kenntnisse zu den toxikologischen Gefahren und den sich daraus grund ihrer vielen Vorteile fallen Verpackungen für Lebensmittel ergebenden langfristigen Auswirkungen auf Ökosysteme und und Konsumgüter in großem Maßstab an. Sowohl deutschland- die Gesundheit des Menschen. Gemäß Vorsorgeprinzip rechtfer als auch europa- und weltweit steigt der Verbrauch von Verpa tigen jedoch die bereits bekannten negativen Effekte sowie ein ckungen stetig.13, 14, 15, 16 In Deutschland resultiert dieser Anstieg schlägige Hypothesen umfassende Maßnahmen.26, 27 vor allem aus dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, aber auch der boomende Onlinehandel sowie der Trend zu kleineren Haus In Deutschland gibt es gut funktionierende Sammel-, Sortier- halten, zu mehr Fertiggerichten und To-go-Lebensmitteln spie und Verwertungsstrukturen, sodass Verpackungsmüll in der len eine Rolle.17, 18, 19 Dabei sind Verpackungen größtenteils auf Regel nicht direkt in die Umwelt gelangt. Trotzdem können auch Einmalnutzung mit einer sehr kurzen Nutzungsdauer ausgelegt; deutsche Verpackungen über Umwege in den Meeren landen: das heißt, Verpackungsmaterial wird innerhalb kürzester Zeit zu Hauptursache hierfür ist neben mangelnder oder falscher Nut Abfall. zung der Systeme der Abfallexport in Länder ohne funktionie rende Verwertungsstrukturen und mit niedrigen Umweltstan Insbesondere Kunststoffverpackungen sind zu einem gesell- dards.28 Durch neue Vorgaben des Basler Übereinkommens wird schaftlich, politisch und ökologisch hochrelevanten Thema dieser Weg ab 2021 versperrt, denn dann gilt EU-weit ein Ex geworden, da neben den steigenden Mengen auch ein zuneh- portverbot für Kunststoffabfälle, die unsortiert, verunreinigt und mender Eintrag in die Umwelt zu verzeichnen ist. Ein promi mit anderen Abfallarten vermischt sind.29 In Deutschland in Ver nentes Beispiel für Kunststoffansammlungen in der Natur sind kehr gebrachter Verpackungsmüll dürfte dann nicht mehr zur die immer größer werdenden „Plastikinseln“ in den Weltmee Vermüllung der Weltmeere beitragen. Deutschland kann jedoch ren.20, 21 Berechnungen zeigen auf, dass im Jahr 2010 zwischen noch einen weiteren Beitrag leisten und Vorbild und Vorreiter für 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in die Ozeane ein funktionierendes Kreislaufmanagement von Verpackungen gelangt sind, von denen ein Großteil Verpackungsmüll ist.22 werden. Dabei besteht für die deutsche Industrie die Chance, als Systemlieferant für Circular-Economy-Lösungen neue Märkte Fehlende Strukturen zur Sammlung, Sortierung und Verwertung zu erschließen. Jedoch besteht auch hierzulande noch Optimie sind eine Hauptursache für den Eintrag der Abfälle in die Um rungspotenzial. welt. Schätzungen des Umweltprogramms der Vereinten Natio nen zufolge haben ungefähr drei Milliarden Menschen keinen In Deutschland sind vor allem die große Menge an Verpackungs Zugang zu kontrollierter Müllentsorgung.23 Aber auch das Ver abfällen und der damit steigende Ressourcenverbrauch ein Pro halten der Menschen spielt eine wesentliche Rolle; selbst vor blem. Mit 227,5 Kilogramm Verpackungsabfall pro Kopf (im Jahr handene Strukturen werden nicht immer genutzt. Durch offene 2018)30 sind wir europäischer Spitzenreiter bei der Müllverursa Deponien in Küstennähe, illegale Entsorgung von Abfällen in chung. Zudem nimmt der deutsche Verpackungsverbrauch stetig Flüssen, die ins Meer münden, und auch durch Windverfrach zu: Waren es hierzulande 1998 noch 14 Millionen Tonnen Ver tungen gelangen Siedlungsabfälle in die Ozeane. Die bisher packungsabfälle, waren es 20 Jahre später 18,9 Millionen Ton sichtbarsten Auswirkungen sind negative Effekte auf die Lebens nen.31 Dennoch gilt Deutschland aufgrund seiner hohen Verwer- bedingungen der Meerestiere sowie wirtschaftliche Einbußen in tungsquoten im Vergleich zu anderen europäischen Ländern der Tourismusbranche und im Fischfang.24, 25 als Vorzeigebeispiel im Umgang mit Verpackungen. 13 | Vgl. Umweltprogramm der Vereinten Nationen 2015. 26 | Vgl. Bertling et al. 2018. 14 | Vgl. Eurostat 2020. 27 | Vgl. Science Advice for Policy by European Academies 2019. 15 | Vgl. Schüler 2020. 28 | Vgl. Bishop et al. 2020. 16 | Vgl. Lau et al. 2020. 29 | Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Si 17 | Vgl. Schüler 2020. cherheit 2019. 18 | Vgl. Hoornweg et al. 2013. 30 | Der größte Anteil mit 98,5 Kilogramm pro Kopf entfiel dabei auf 19 | Vgl. Umweltprogramm der Vereinten Nationen 2015. das Material Papier. Kunststoffverpackungsabfälle beliefen sich auf 20 | Vgl. Jambeck et al. 2015. 38,5 Kilogramm pro Kopf. 21 | Vgl. Geyer et al. 2017. 31 | Vgl. Schüler 2020. 22 | Vgl. Jambeck et al. 2015. 23 | Vgl. Umweltprogramm der Vereinten Nationen 2015. 24 | Vgl. Newman et al. 2015. 25 | Vgl. World Wide Fund For Nature 2019. 15
Dabei sind die werkstofflichen Verwertungsquoten von Kunst- Kriterien entlang des gesamten Lebenszyklus zu beachten. So stoffverpackungen auch im „Recyclingland Deutschland“ können Verbesserungen hinsichtlich Ressourcenschutz negative vergleichsweise niedrig. Während die werkstofflichen Verwer Wirkungen auf andere Kriterien haben, etwa den Energieeinsatz tungsquoten bei Papier, Karton, Glas und Metall aufgrund ihrer erhöhen und damit verbunden mehr klimarelevante Emissionen Sortenreinheit und hohen Wertschöpfung (Metalle) vergleichs verursachen. weise hoch sind (bei über 85 Prozent), liegt die werkstoffliche Verwertungsquote von Kunststoffverpackungen in Deutschland Ein Grundsatz bei der Wahl, welche Verpackungslösung ökolo bei 47 Prozent (global unter 10 Prozent). In der Herstellung von gisch zu bevorzugen ist, ist die Abfallhierarchie „Vermeiden – neuen Verpackungen wurde im Jahr 2019 durchschnittlich nur Wiederverwenden – Rezyklieren“. Wie in Kapitel 3 näher ausge 10,9 Prozent Rezyklat verarbeitet.32 Vor dem Hintergrund eines führt, wird diese Hierarchie heute noch zu selten angewendet. hohen und weiter steigenden deutschen Verpackungs- und Ab Doch auch diese pauschale Priorisierung muss im spezifischen fallaufkommens bieten sich hier durch Ansätze für eine Kreisl Kontext nochmals geprüft werden. Denn eine Besonderheit bei aufführung in neue Kunststoffanwendungen Potenziale, um den der Anwendung der Abfallhierarchie auf Verpackungen ist die Rohstoffverbrauch und die negativen Umweltwirkungen zu re Wechselwirkung der Verpackung mit dem Packgut. Insofern sind duzieren. Verpackung und Packgut gemeinsam zu betrachten und als Ein heit in ihrem System zu optimieren. Wenn das Weglassen einer Die Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungslösungen ist Verpackung beispielsweise zur Folge hat, dass mehr Lebensmit komplex, und es gibt keine pauschalen Lösungen. Die niedrige telabfälle anfallen, ist die Gesamtbilanz negativ.35 Auch wenn Recyclingquote von Kunststoffen führt auch dazu, dass Kunst Re-Use-Systeme so organisiert sind, dass schwere Behälter weite stoffe per se als besonders umweltschädliches Material angese Transportstrecken zurücklegen müssen, kann die Lebenszyklus hen werden. Betrachtet man jedoch Ökobilanzen von verschiede analyse zugunsten der Einwegverpackung ausfallen.36 Entspre nen Verpackungskonzepten, wird diese Pauschalaussage oftmals chend müssen neben der Verpackungsgestaltung auch weitere widerlegt.33, 34 Verpackungen lassen sich nicht allein anhand Faktoren, beispielsweise die Bewahrung der funktionalen Anfor ihres Materials in umweltverträgliche und umweltschädliche derungen, der Transport und die tatsächliche Nachgebrauchs Verpackungen einteilen. Vielmehr sind bei der Nachhaltigkeits phase, mit in die Betrachtung einfließen, um entscheiden zu kön bewertung von Verpackungen vielfältige, zum Teil konfliktäre nen, welche Lösung am besten geeignet ist. 32 | Vgl. Conversio 2020. 33 | Vgl. Haupt et al. 2018. 34 | Vgl. Fehringer 2019. 35 | Vgl. Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH/Denkstatt 2018. 36 | Vgl. Coelho et al. 2020. 16
Die Arbeitsgruppe Verpackungen der Circular Economy Initiative Deutschland 2 Die Arbeitsgruppe Verpackungen der Circular Economy Initiative Deutschland Über die Circular Economy Initiative Deutschland Die Arbeit der Circular Economy Initiative Deutschland ist über drei Arbeitsgruppen strukturiert: Während sich eine Die Circular Economy Initiative Deutschland (CEID), gefördert Arbeitsgruppe auf allgemeiner Ebene mit den Potenzialen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), zirkulärer Geschäftsmodelle und digitaler Technologien als will den Dialog anstoßen, wie eine systemische Trendwende Innovationstreiber befasst, fokussieren sich die beiden ande vom linearen zum zirkulären Wirtschaften gelingen kann. ren Arbeitsgruppen auf die spezifischen Funktionssysteme37 Ziel der Initiative ist die Entwicklung einer Roadmap, die Traktionsbatterien und Verpackungen. darlegt, wie der Wandel in Richtung einer Circular Economy Anhand dieser beiden Funktionssysteme lässt sich die Trans in Deutschland gestaltet werden kann, um langfristige Ziele formation zu einer zirkulären Wirtschaft beispielhaft skizzie zur Steigerung der Ressourcenproduktivität zu erreichen. Dazu ren. Während Traktionsbatterien beispielhaft für ein Produkt werden begleitende steuernde Maßnahmen als Handlungs mit hochwertigen Materialien und längerer Lebensdauer empfehlungen für alle relevanten Akteure abgeleitet. sind, sind Verpackungen (insbesondere Primärverpackungen Angestoßen durch Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft, in der Konsumgüterindustrie) Beispiele für geringerwertige, Politik und Zivilgesellschaft bietet die Circular Economy Initia kurzlebige Güter. Somit decken beide Funktionssysteme das tive Deutschland einen breit angelegten Stakeholder-Dialog Spektrum unterschiedlicher Herausforderungen für die Umset (siehe Anhang D). In einem systemischen Ansatz sollen kon zung zirkulären Wirtschaftens ab und können modellhaft für krete Handlungsempfehlungen zu zirkulärem Wirtschaften den notwendigen Wandel über verschiedene wirtschaftliche und Lösungen für vorherrschende Barrieren erarbeitet werden. Sektoren hinweg betrachtet werden. Deutschland befindet sich in einem Spannungsfeld: Auf der 2.1 Vorstellung der Arbeitsgruppe einen Seite gilt es als internationaler Vorreiter für technische Lö sungen und dient als Vorbild für die fortschrittliche politische Die Arbeit der Gruppe profitiert von einer umfassenden Betei Verankerung des Kreislaufwirtschaftsgedankens, auf der ande ligung hochkarätiger Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ren Seite hat es einen sehr hohen und stetig steigenden Verpa Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Die ckungsverbrauch. Vor diesem Hintergrund erarbeitet die Arbeits Arbeitsgruppe Verpackungen folgt einer wertschöpfungsket gruppe Verpackungen eine Positionierung zur Rolle und zum tenübergreifenden Betrachtung und vereint unternehmenssei Beitrag aller Akteure beim Aufbau einer Circular Economy für tig die spezifischen Sichtweisen der Rohmateriallieferanten, der Verpackungen in Deutschland. Markenartikler, des Handels, der Recyclingunternehmen und der Systemdienstleister, während Wissenschaftlerinnen und Wissen schaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft die Arbeitsgruppe mit ihrer Fachexpertise ergänzen. 37 | Vgl. Weber/Stuchtey 2019: Das Funktionssystem als Betrachtungsebene für die Umsetzung von Circular-Economy-Maßnahmen in Wertschöpfungs netzwerken ist aus der von acatech und SYSTEMIQ durchgeführten Vorstudie hervorgegangen. Im Gegensatz zu Material-, Branchen- oder Lebens zyklusbetrachtungen stellt die Betrachtung sogenannter Funktionseinheiten einen Nutzen in das Zentrum der Betrachtung und erlaubt damit, über eine Produktoptimierung hinauszugehen und beispielsweise auch alternative Geschäftsmodelle anzusehen. 17
Der Mehrwert der Arbeitsgruppe Verpackungen der Circular samten Wertschöpfungskette zu identifizieren. Zudem können Economy Initiative Deutschland ergibt sich insbesondere aus systemische Interaktionen zwischen verschiedenen Zirkularitäts diesem offenen Multi-Stakeholder-Dialog. Dieser inklusive An ansätzen aufgezeigt und konsistent aufeinander aufbauende satz ermöglicht es, Anreiz und Nutzen für die Kreislaufführung Handlungsempfehlungen formuliert beziehungsweise Maßnah von Verpackungsmaterialien zwischen relevanten Akteuren zu men zur Beschleunigung der Circular Economy für Verpackun beleuchten und dadurch Handlungsoptionen entlang der ge gen in Deutschland und darüber hinaus abgeleitet werden. Abbildung 3: Teilnehmer der Arbeitsgruppe Verpackungen (Quelle: eigene Darstellung) 18
Die Arbeitsgruppe Verpackungen der Circular Economy Initiative Deutschland 2.2 S elbstverständnis und Ziele der 2.3 Betrachtungsrahmen für die Arbeitsgruppe Verpackungen Arbeitsgruppe Verpackungen Die Arbeitsgruppe Verpackungen verfolgt das Ziel, zur bereits (Scope) breit geführten öffentlichen Debatte der Zirkularität von Ver packungen einen Beitrag zu leisten. Dabei werden konkrete He Der Betrachtungsrahmen der Arbeitsgruppe umfasst den gesam rausforderungen der deutschen Verpackungsindustrie auf dem ten Lebenszyklus von Verpackungen – ausgehend vom Rohstoff Weg zu einer Circular Economy identifiziert und durch die ver und von der Designphase über die Herstellung und Nutzung bis tiefte Analyse zweier konkreter Anwendungsfälle Wege für de hin zur Sammlung und Verwertung der Verpackungen. Ebenso ren Lösung aufgezeigt. werden alle der Arbeitsgruppe bekannten Zirkularitätsstrategien berücksichtigt. Da die einzelnen Handlungsfelder in Abhängig Der Übergang zu einer Circular Economy wird von der Arbeits keit zueinander stehen, ist eine ganzheitliche Betrachtung wich gruppe nicht als Selbstzweck gesehen, sondern soll dazu dienen, tig, um alle Möglichkeiten der Optimierung nutzen und aufein übergeordnete Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Um Konflikte ander abstimmen zu können. mit diesen, etwa mit Klimaschutzzielen, zu vermeiden, werden möglichst geschlossene Kreisläufe ohne zusätzliche anthropo Die Arbeit in der Arbeitsgruppe Verpackungen fokussiert sich gene Treibhausgasemissionen angestrebt: eine klimaneutrale auf Primärverpackungen. Dies hat mehrere Gründe: Primärver Circular Economy – eine Industrie mit Netto-Null-Treibhausgas packungen stellen durch den direkten Kontakt mit dem Packgut emissionen.38 hohe Anforderungen an die Funktionalität, sowohl technischer als auch regulatorischer Art. Da Primärverpackungen beispiels Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe beinhalten zum einen ein weise auch eine Informations- und Marketingfunktion für die Zielbild für eine zirkuläre Verpackungsindustrie, das verschie Endkundinnen und kunden erfüllen, müssen zudem zahlreiche dene Zirkularitätshebel diskutiert und Handlungsbedarf für sekundäre Anforderungen erfüllt werden. alle relevanten Akteure ableitet, um das Ziel einer klimaneu tralen Circular Economy bis 2050 zu erreichen (siehe Kapitel Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf Deutschland, jedoch 3). Zum anderen werden der Status quo und die Hemmnisse werden Maßnahmen und Handlungsempfehlungen im europäi bei der Kreislaufführung von Verpackungen anhand zweier schen Kontext mitgedacht. repräsentativer Fallbeispiele vertieft betrachtet. Die Fallbei spiele, Polyethylen(HDPE)-Flaschen für Flüssigwaschmittel und Die Arbeitsgruppe beschreibt vordergründig die Herausforderun Polyethylenterephthalat(PET)-Schalen für Lebensmittel, bringen gen bei der Umstellung der Wertschöpfungskette auf ein zirku unterschiedliche Herausforderungen mit sich, die in Kapitel 4 läres Szenario und bleibt bei der Formulierung des Zielbilds ma näher beleuchtet werden. terialoffen. Die Arbeit der Arbeitsgruppe zielt nicht darauf ab, Vergleiche zur Eignung verschiedener Verpackungsmaterialien Damit ergänzt die Arbeit weitere Projekte, die im Rahmen und eine entsprechende Priorisierung vorzunehmen. Denn Frage der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiier stellungen zur Materialsubstitution können nur anwendungsfall ten Fördermaßnahme Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – bezogen, beispielsweise im Rahmen einer Life-Cycle-Analyse, be ReziProK gefördert werden.39 trachtet werden, um Anforderungen an Verpackung, Transport und Hygiene in ihrer Gesamtauswirkung darstellen zu können. Bei der vertieften Arbeit mit konkreten Anwendungsfällen zum Thema Kreislaufführung von Verpackungen liegt der Schwer punkt beim Ausgangsmaterial auf Kunststoffverpackungen, der Lösungsraum ist jedoch materialoffen. Dies ist zum einen auf die bereits oben genannten geringen werkstofflichen Ver 38 | Eine systemisch gedachte und nachhaltige Circular Economy trägt umfassend zu dem EU-Ziel von Netto-Null-Treibausgasemissionen bis 2050 bei und ermöglicht eine absolute Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch. Sie stellt die Einhaltung der planetaren Grenzen und der Nachhaltigkeitsziele sicher und trägt durch kollaborative, unternehmensübergreifende Wertschöpfung und Innovation zur Steigerung der Lebensqualität und Sicherung eines gerechten Wohlstands bei. 39 | Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2020. 19
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