Lernen in Zeiten von Corona - Deutsche Telekom Stiftung
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Lernen in Zeiten von Corona Eine repräsentative Befragung von Schülern der Klassen 5 bis 10 und Eltern von Kindern dieser Altersgruppe – Zusammenfassung · Juli 2021 FOTO: NORBERT ITTERMANN Die Corona-Pandemie hat Kinder und Jugendliche wie auch ihre Eltern in den zurückliegenden 16 Monaten vor enorme Herausforderungen gestellt. Der Schulunterricht fand über Wochen Z UR UMFRAGE und Monate überwiegend digital statt. Zudem konnten auch außerschulische Lernorte wie Der komplette Ergebnisbericht zur Bibliotheken und Jugendhäuser immer wieder für längere Phasen nicht besucht werden. Wie repräsentativen Umfrage „Lernen haben Schüler und Eltern diese Zeit in Bezug auf das Lernen erlebt? Was bedeuten die Verän- in Zeiten von Corona“ findet sich unter: derungen und Herausforderungen der Pandemie für das Verständnis vom Lernen? Inwieweit telekom-stiftung.de/lernstudie2021-bericht haben sich Lernverhalten und -motivation der Schüler durch die Ausnahmesituation verändert? Diesen Fragen ist, beauftragt durch die Deut- Veränderungen in den Einstellungen von Schü- sche Telekom Stiftung, im März und April 2021 lern und Eltern zu ermitteln, wurde ein Großteil das Institut für Demoskopie Allensbach nachge- des Fragenprogramms wiederholt. Hinzu kam gangen. Befragt wurden 1071 Schülerinnen und ein neuer Fragenblock, der auf die Erfahrungen Schüler der Klassen 5 bis 10 an allgemeinbil- der Befragten mit dem Lernen in Pandemie-Zei- denden Schulen sowie 525 Eltern von Kindern ten abzielte. Nachfolgend ein Überblick über dieser Altersgruppe. Die beiden Stichproben zentrale Ergebnisse. wurden so gewählt, dass sie diese Bevölke- rungsgruppen repräsentieren. Alle Interviews fanden mündlich-persönlich statt. Corona verstärkt die Ungleichheit Die Studie knüpft an eine Untersuchung Eine Erkenntnis, die zunächst erfreulich anmu- zur Lernmotivation an, die das Allensbacher tet: Die Kinder und Jugendlichen sind nach eige- Institut Anfang März 2020 – also noch vor den ner Einschätzung während Corona mit dem ersten Schulschließungen – im Auftrag schulischen Lernen zu Hause mehrheitlich der Telekom-Stiftung durchgeführt hat (58 Prozent) gut oder sogar sehr gut zurecht- (www.telekom-stiftung.de/lernstudie2020). Um gekommen. Je nach Gewichtung ist dieses
Ergebnis allerdings differenziert zu betrachten. oder sogar täglich. Das Zeugnis, das sie ihren So fällt die Bilanz bei Befragten, die sich selbst Schulen für das Angebot ausstellen, fällt jedoch als gute Schüler einschätzen, deutlich besser ambivalent aus: Etwas mehr als die Hälfte sind aus als bei solchen, die angeben, in der Schule mit dem Digitalunterricht zufrieden oder sehr durchschnittliche oder weniger gute Leistun- zufrieden, 41 Prozent hingegen weniger oder gen zu bringen. Gymnasiasten urteilen tenden- gar nicht. Eine Mehrheit (57 Prozent) empfin- ziell positiver als Haupt-, Real- oder Gesamt- det zudem die digitale Ausstattung ihrer Schule schüler. Einen hohen Einfluss auf die Bewertung als gut oder sehr gut, wobei Gymnasiasten die hat zudem erwartungsgemäß die technische Lage deutlich besser bewerten als ihre Alters- Ausstattung im eigenen Haushalt – sieben Pro- genossen an anderen Schulformen. Verhaltener zent der Schüler empfinden diese als nicht aus- sind hier die Eltern, nach deren Auffassung der reichend. Letztlich steht zu befürchten, dass dringend erforderliche Digitalisierungsschub an Corona das Ungleichgewicht zwischen jenen, den Schulen bislang ausgeblieben ist; gerade die sich ohnehin mit dem Lernen leichttun, und einmal ein Drittel der Befragten sehen die jenen, die aus unterschiedlichen Gründen mehr Schule ihres Kindes heute digital besser ausge- Schwierigkeiten haben, noch verstärkt hat. stattet als vor der Krise. Auch die Qualität des Digitalunterrichts sowie die Zeit des Lernens 94 Prozent der Kinder und Jugendlichen hatten zu Hause bewerten sie negativer als die Kinder während der Zeit der Schulschließungen min- und Jugendlichen. destens einmal pro Woche Digitalunterricht, die allermeisten von ihnen mehrmals pro Woche Mit dem Schulstoff im Rückstand … Um die negativen Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche abzuschwächen und ihnen zu helfen, ihre Bildungsziele zu erreichen, hat die Bundesregierung ein milliardenschwe- 1 LERNEN ZU HAUSE: SCHÜLER ZIEHEN EINE GEMISCHTE BILANZ res Aktionsprogramm auf den Weg gebracht. Frage: „Wenn Du einmal an die Zeit im Homeschooling denkst: Wie gut bist Du da alles in allem Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen auch mit dem Lernen und dem Unterricht von zu Hause aus zurechtgekommen?“ die Allensbacher Daten: So haben vier von fünf Angaben in Prozent. Auf 100 Prozent fehlende Werte = unentschieden. Schülern infolge von Corona selbst den Ein- sehr gut gut weniger gut gar nicht gut druck, mit dem Schulstoff im Rückstand zu sein. Ein gutes Viertel der Schüler und ein Drittel der Schülerinnen und Schüler Eltern konstatiert sogar einen deutlichen Lern- rückstand. Größeres Unbehagen bereitet diese Selbstein- insge- schätzung Digitale Aus Erkenntnis zumindest den Kindern und Jugend- samt Jungen Mädchen Besuchte Schule Schulleistung stattung zu Hause lichen allerdings nicht: Nur 38 Prozent geben durch- an, der Lernrückstand mache ihnen Sorgen schnitt- (Eltern: 61 Prozent). Zudem versucht nur eine Haupt-/ lich/ nicht Real- Gymna- Gesamt- nicht so reicht ausrei- Minderheit von 44 Prozent derjenigen, die sich schule sium schule gut gut aus chend im Verzug fühlen, den Stoff aktiv aufzuholen. Am engagiertesten sind dabei Gymnasiasten 20 sowie – über alle Schularten hinweg – die ohne- 15 hin lernwilligen und guten Schüler. 14 12 11 9 12 9 4 Geht es nach den Eltern, so stehen insbeson- 6 dere die Schulen in der Pflicht, sicherzustellen, dass die Schüler ihren Rückstand wettmachen und ihr Bildungsziel erreichen. 90 Prozent der 47 45 49 38 58 43 62 34 49 21 Eltern stimmen dieser Aussage zu. Und tat- 30 33 26 37 20 34 14 45 29 42 sächlich bieten laut Auskunft der Kinder und 2 Jugendlichen die meisten Schulen entspre- 7 4 6 chende Unterstützungsmaßnahmen an, zum 8 8 Beispiel zusätzliche Übungsaufgaben (55 Pro- 11 6 12 zent) oder digitale Lernangebote (41 Prozent). 24 Weitaus seltener werden Lernangebote in den Schulferien und zusätzlicher Nachmittags- oder Basis: Bundesrepublik Deutschland, Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 10, Quelle: IfD-Umfrage 8246 Samstagsunterricht genannt. 2 Deutsche Telekom Stiftung Lernen in Zeiten von Corona
STUDIEN … aber Fortschritte bei überfach lichen Kompetenzen 2 IE MEHRHEIT DER SCHÜLER UND ELTERN SIEHT EINEN LERNRÜCKSTAND D DURCH DIE SCHULSCHLIESSUNGEN Lernrückstände beim Schulstoff scheinen eine Angaben in Prozent. logische Folge des pandemiebedingten Unter- Deutlich im Rückstand Etwas im Rückstand Gar nicht im Rückstand Unentschieden richtsausfalls zu sein, gleichwohl stellen sie nur eine Seite der Medaille dar. Die Befragungser- gebnisse legen auch nahe, dass sich die Kinder Frage an Schülerinnen und Schüler: „Glaubst Du, dass Frage an Eltern: „Glauben Sie, dass Ihr Kind durch die und Jugendlichen während Corona in überfach- Ihr durch die Schulschließungen mit dem Lernstoff deut- Schulschließungen mit dem Lernstoff deutlich im licher und persönlicher Hinsicht sogar weiter- lich im Rückstand seid, oder etwas, oder seid Ihr gar Rückstand ist, oder etwas, oder ist Ihr Kind nicht im entwickelt haben. Dies trifft insbesondere auf nicht im Rückstand?“ Rückstand?“ Gymnasiasten zu sowie auf Schüler, die laut Selbstauskunft gut in der Schule sind und gerne 11 7 lernen. Zwei Drittel der Befragten sagen bei- 27 12 spielsweise, ihr Umgang mit dem Computer 10 32 beziehungsweise mit digitalen Anwendungen sei während der Pandemie besser geworden. Mehr als die Hälfte sind zudem der Ansicht, sich beim Recherchieren von Informationen, beim selbst- ständigen Erarbeiten von Dingen sowie in Selbst organisation und Zeitmanagement verbessert zu haben. Immerhin 41 Prozent bekunden, sie könnten heute besser Prioritäten setzen als noch vor Corona. Die Erfahrungen der Schüler werden 52 49 von den Eltern im Wesentlichen geteilt. Basis: Bundesrepublik Deutschland, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 10, Quelle: IfD-Umfragen 8246, 8266 Insbesondere die Fortschritte in der Handha- bung digitaler Medien kommen wenig überra- schend, führt man sich vor Augen, womit die Kinder und Jugendlichen während der Krise Seltener genutzt wurden hingegen die Online- ihre Freizeit verbracht haben. Auf die Frage, Angebote von Bibliotheken, Jugendhäusern und was sie wegen Corona neu angefangen bzw. Museen, was den Schluss nahelegt, dass diese häufiger gemacht haben als vor Corona, bele- Einrichtungen sich selbst immer noch eher als gen Beschäftigungen mit digitalen Medien Präsenzorte begreifen und von den jungen Men- nicht weniger als fünf der ersten sechs Plätze. schen auch als solche wahrgenommen werden. Genannt werden allgemein das Internet (52 Pro- zent), Computerspiele (47), soziale Medien (46), Solche sogenannten „Dritten Orte“ neben der Streamingdienste (39) und Podcasts bzw. Hör- Schule und dem eigenen zu Hause haben die bücher (38), unterbrochen nur von Spaziergän- Kinder und Jugendlichen in der Krise dann auch gen und Ausflügen (41). Dabei fällt auf, dass vermisst, allen voran die Sportvereine (66 Pro- digitale Aktivitäten wie Computerspiele spielen zent), gefolgt von anderen Vereinen und Grup- oder Zeit im Internet verbringen deutlich häufi- pen, etwa den Pfadfindern, der Jugendfeuer- ger von Jungen genannt werden, während ana- wehr oder kirchlichen Gruppen (22 Prozent). loge Beschäftigungen wie kochen, backen, Jeder fünfte Befragte sagt, ihm hätten während Handarbeiten, Bücher lesen oder Spaziergänge Corona Jugendhäuser, -treffs und -clubs gefehlt. eher Sache der Mädchen sind. Die vergleichsweise schwachen Werte für Bib- liotheken (15 Prozent), Museen (6) und Fab-Labs bzw. Maker-Spaces (5) lassen vermuten, dass Vor allem Sport wird vermisst vielen Kindern und Jugendlichen immer noch der Zugang zu diesen fehlt und sie deren (Bil- Auch beim Lernen haben die Schüler während dungs-)Angebote deshalb schlicht nicht kennen. Corona verstärkt auf digitale Medien zurückge- griffen, wobei der Fokus auf originären Online- Angeboten sowie auf von der Schule vorgege- Nach Corona zurück zum Status bener Software lag. Besonders häufig genannt quo ante werden etwa Suchmaschinen, Messenger- Dienste, Videokonferenzen, Erklärvideos auf Fragt man die Kinder und Jugendlichen, welche YouTube, Lernplattformen und Online-Lexika. Art von Schulunterricht ihnen nach Ende der Deutsche Telekom Stiftung Lernen in Zeiten von Corona 3
Prozent wünschen sich, dass es vor allem beim 3 STARKES PLÄDOYER FÜR DEN LERNORT SCHULE digitalen Distanzunterricht bleibt. Frage: „Was wäre Dir am liebsten: Wenn Unterricht ausschließlich in der Schule stattfindet? Oder überwiegend in der Schule, aber auch teilweise Erwartungsgemäß fällt das Stimmungsbild digital zu Hause? Oder vor allem digital zu Hause?“ bei den Eltern nach 16 Monaten der besonde- Angaben in Prozent. ren Belastung hier noch eindeutiger aus; satte Ausschließlich Schule Überwiegend Schule, teilweise digital zu Hause drei Viertel plädieren dafür, dass der Unterricht Vor allem digital zu Hause Unentschieden ihrer Kinder künftig wieder ausnahmslos in der Schule stattfindet. Schülerinnen und Schüler insgesamt Klassenstufen Lernen ist für Jugendliche eng mit 5–6 7–8 9–10 Schule verknüpft … 54 63 52 48 So sehr sich in den zwölf Monaten zwischen der ersten und der aktuellen Befragung auch der Alltag der Kinder und Jugendlichen verändert hat, so wenig Auswirkungen hat Corona offen- bar auf ihr Verständnis vom Lernen. Nach wie vor denken die 10- bis 16-Jährigen beim Stichwort „Lernen“ zuallererst an die Schule: Dazu gehört für sie genau wie im Vor- jahr insbesondere das Erledigen von Haus- aufgaben bzw. Einprägen von Schulstoff (92 Prozent) sowie der Schulbesuch (89 Prozent), 45 wobei erstere Antwort leicht verliert und letztere 41 leicht hinzugewinnt. Auf Platz 3 folgt mit eini- 39 gem Abstand (74 Prozent) das Online-Lernen bzw. der Digitalunterricht – eine Antwortmög- 30 lichkeit, die vor einem Jahr noch nicht zur Wahl gestanden hatte. Dahinter, unverändert von 67 Prozent der Befragten genannt: „von den Eltern etwas erklärt bekommen“. Den größten Zuge- winn (von 53 auf 62 Prozent) verzeichnet das Anschauen von Erklärvideos im Netz auf Platz 5. Zusammenfassend könnte man sagen, dass das 3 Verständnis vom Lernen gegenüber dem Vor- 4 5 5 3 4 2 2 jahr etwas digitaler geworden ist. Basis: Bundesrepublik Deutschland, Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 10, Quelle: IfD-Umfrage 8246 In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass nur 22 Prozent der Kinder und Jugendli- chen (2020: 25 Prozent) die Auffassung vertre- ten, selber zu lernen sei heute nicht mehr so corona-bedingten Einschränkungen am liebsten wichtig, da man ja im Internet alle benötigten wäre, so bekunden sie mehrheitlich den Wunsch Informationen bekomme. nach Rückkehr zum Status quo ante. Zwei Drit- tel wollen den Schulstoff künftig wieder weitge- Wenig Veränderung offenbart auch der Blick hend vom Lehrer vermittelt bekommen, während auf die Begriffe, die die Jugendlichen mit Ler- nur ein knappes Drittel Gefallen an der Vorstel- nen assoziieren. Unter den positiv konnotierten lung findet, sich die Inhalte zumindest ab und zu Begriffen werden hier am häufigsten „Konzentra- auch selbst zu erarbeiten. Ähnlich deutlich fällt tion“, „Neues erfahren“, „Erfolgserlebnisse“, „Inte- das Plädoyer für den Lernort Schule aus, der in ressant“ und „Selbstständig werden“ genannt, der Krise keinesfalls an Bedeutung verloren zu mit Häufigkeiten zwischen 88 und 51 Prozent. haben scheint: 54 Prozent wollen künftig wieder Unter den negativ konnotierten Assoziationen ausschließlich in der Schule, weitere 39 Prozent nehmen „Anstrengung“, „viel Zeitaufwand“ und überwiegend in der Schule und ab und zu digi- „Druck“ die vorderen Plätze ein, genannt von zwi- tal zu Hause unterrichtet werden. Lediglich vier schen 77 und 52 Prozent der Befragten. 4 Deutsche Telekom Stiftung Lernen in Zeiten von Corona
STUDIEN … macht ihnen aber nur außerhalb über die Motive ihres Nachwuchses kommen der Schule Spaß dürften als noch vor Corona. Tendenziell leicht verbessert hat sich die Lern- freude der Kinder und Jugendlichen, die nichts- Eltern bleiben wichtigste destotrotz auf erschreckend niedrigem Niveau Unterstützer verharrt: Waren es im Vorjahr noch 33 Prozent, so geben jetzt immerhin 36 Prozent der Befrag- In diesem Zusammenhang verwundert es nicht, ten an, eher gerne für die Schule zu lernen. dass Kinder und Jugendliche nach wie vor am 57 Prozent empfinden wenig oder gar keine häufigsten ihre Eltern zurate ziehen, wenn sie Lernfreude (2020: 60 Prozent). Dabei zeigt die Hilfe beim Lernen brauchen. 71 Prozent nen- Detailanalyse, dass Mädchen lieber lernen als nen sie als Unterstützer (2020: 73 Prozent), Jungen, Gymnasiasten lieber als Schüler an dahinter folgen mit großem Abstand Freunde anderen Schulformen und Befragte aus bil- und Lehrer, die beide gegenüber dem Vorjahr dungsnahen Elternhäusern lieber als solche aus hinzugewinnen. bildungsferneren Familien. Die Zahlen gewinnen noch an Aussagekraft, wenn man ihnen gegenüberstellt, dass 87 Pro- zent der jungen Menschen durchaus gerne ler- nen, wenn es um Themen außerhalb der Schule 4 J UNGEN UND MÄDCHEN HABEN DIE ZEIT TEILWEISE SEHR geht, also zum Beispiel um ihr Hobby. Auch die- ser Wert ist gegenüber der ersten Befragung UNTERSCHIEDLICH GENUTZT leicht gestiegen. 2020 lag er bei 85 Prozent. Es haben aufgrund von Corona neu angefangen oder häufiger gemacht als vor Corona … Angaben in Prozent. Auszug. Jungen Mädchen Lernmotive: guter Beruf, gute Noten, Wissbegier 63 Computerspiele 30 Zur geringen schulischen Lernfreude passt, dass die Lernmotivation der jungen Menschen 57 Zeit im Internet verbracht in der Pandemie nach Auffassung der Allensba- 47 cher Experten etwas gelitten hat. Denn nahezu 44 Soziale Medien genutzt alle zur Auswahl gestellten Lernmotive werden 48 aktuell seltener genannt als noch vor Corona. 44 Keine Veränderung gibt es allerdings bei der Streamingdienste genutzt 43 Reihenfolge der wichtigsten Lerngründe: Nach wie vor lernen die meisten Befragten vor allem, Draußen gewesen, Spaziergänge, 38 Ausflüge gemacht 44 weil sie bereits heute an das spätere Arbeits- leben denken (75 Prozent) und weil sie gute 33 Podcasts, Hörbücher, Musik gehört Noten haben möchten (71 Prozent). Lernen als 43 Selbstzweck – das sehen immerhin 60 Prozent 30 so („weil ich mehr über etwas wissen, dazuler- Sport bzw. bestimmte Sportarten 24 nen möchte“). Doch auch äußere Gründe wie „weil ich es muss“ (56 Prozent) und „weil es mei- 27 Bücher gelesen 40 nen Eltern wichtig ist“ (50 Prozent) rangieren weiterhin unter den fünf am häufigsten genann- 21 Handwerkliche Tätigkeit ten Motiven. Den beiden letzteren stimmen ten- 5 denziell mehr Jungen als Mädchen zu. 16 Kochen, backen 43 Interessant ist, dass die Eltern ihren Kindern in der aktuellen Befragung eine ganze Reihe von 14 Selbst Musik gemacht 21 Lernmotiven teils signifikant häufiger zuschrei- ben als noch 2020 – die Studienmacher werten Handarbeiten, z. B. malen, 7 dies als Hinweis darauf, dass die Familien wäh- basteln, nähen 33 rend der Schulschließungen mehr gemeinsame 0 20 40 60 80 Zeit mit Lernen verbracht haben und die Eltern dadurch heute zu einem konturierteren Urteil Basis: Bundesrepublik Deutschland, Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 10 Quelle: IfD-Umfrage 8246 Deutsche Telekom Stiftung Lernen in Zeiten von Corona 5
Die Eltern selbst geben an, ihre Kinder auf viel- Mehr Mitbestimmung, bitte! fältige Weise zu unterstützen, zum Beispiel, indem sie darauf achten, dass diese ihre Haus- Erfreulich ist, dass den Kindern und Jugendli- aufgaben erledigen (74 Prozent). Zwei Drittel chen das Lernen auch in der aktuellen Befra- sagen, dass sie ihrem Kind allgemein beim Ler- gung laut eigenem Bekunden mehrheitlich nen zu Hause helfen, fast genauso viele fragen leichtfällt (63 Prozent). Die pandemiebedingten es vor Klassenarbeiten ab und helfen bei den Einschränkungen haben daran ebenso wenig Hausaufgaben. Allerdings beschränkt sich der geändert wie an der Selbsteinschätzung des Elternbeistand nicht allein auf schulisches Ler- Leistungsstandes: Beinahe konstant halten nen: Mehr als die Hälfte der Befragten ermutigt sich 46 Prozent für gute, 41 Prozent für durch- den Nachwuchs, seinen Begabungen nachzu- schnittliche und elf Prozent für weniger gute gehen sowie Sport zu machen. Verändert hat Schüler. Gelernt wird immer noch am liebsten sich sowohl in der Rangliste der genannten allein, allerdings mit rückläufigem Trend (von Unterstützungsarten als auch bei den Häufigkei- 60 auf 55 Prozent). Aber nach den Erfahrungen ten gegenüber dem Vorjahr nur wenig. Erneut der sozialen Isolation während der Schulschlie- fällt auf, wie stark die Förderung von der sozi- ßungen hat das gemeinsame Lernen mit Klas- alen Herkunft und Bildung der Eltern abhängt. senkameraden (43 Prozent) sowie mit Freun- So achten Eltern mit einfachem oder mittlerem den (34 Prozent) jeweils deutlich an Beliebtheit Schulabschluss zwar genauso sehr darauf, dass hinzugewonnen. der Nachwuchs seine Hausaufgaben erledigt, und schicken diesen sogar häufiger zur Nach- Hoch im Kurst steht für die jungen Menschen hilfe als Eltern mit Abitur oder Studium. Alle weiterhin das selbstbestimmte Lernen. 62 Pro- anderen Förderleistungen werden von ihnen zent fällt es nach eigener Aussage leichter, jedoch teils deutlich seltener genannt. Gleich- etwas zu lernen, das sie sich selbst ausgesucht zeitig haben insgesamt 27 Prozent aller Eltern haben. Knapp die Hälfte mag zudem Projektar- das Gefühl, ihr Kind nicht so fördern zu kön- beit besonders gern. Beide Werte sind gegen- nen, wie sie es möchten – ein Anstieg gegen- über dem Vorjahr leicht gestiegen. Allerdings über dem Vorjahr um sechs Prozentpunkte, der dürfen nur 41 Prozent der Schüler (2020: 43 durchaus mit den gewachsenen Anforderun- Prozent) auch tatsächlich mitbestimmen, wel- gen während der Coronazeit zusammenhängen che Themen im Unterricht behandelt oder wie könnte. Aufgaben gelöst werden. Dabei ist die Möglich- keit zur Mitsprache an Gymnasien und Gesamt- schulen sowie in höheren Klassen tendenziell eher gegeben als an Haupt-/Realschulen und bei jüngeren Schülern. 5 TENDENZIELL MEHR FREUDE AM LERNEN FÜR DIE SCHULE Frage: „Wie ist das alles in allem bei Dir: Lernst Du eher gerne für die Schule, eher nicht so gerne oder überhaupt nicht gerne?“ Lernen in Zeiten von Corona: Angaben in Prozent. Auf 100 Prozent fehlende Werte = unentschieden. Was sich aus den Erkenntnissen Gar nicht gern Nicht so gern Eher gern ableiten lässt Schülerinnen und Schüler insgesamt Die Pandemie hat den Schulalltag von Kindern und Jugendlichen in den zurückliegenden 16 13 47 2020 33 Monaten auf den Kopf gestellt. Mit ganz unter- 12 45 2021 36 schiedlichen Auswirkungen: So sind sie einer- seits während der Krise mit dem Schulstoff 10 38 Mädchen 46 teils erheblich in Rückstand geraten. Diese 15 50 Jungen 27 Lernrückstände gilt es nun, da das Infekti- onsgeschehen abflacht, aufzuholen. Ande- 18 49 Haupt-/Realschulen 28 rerseits haben sich die jungen Menschen 5 39 Gymnasien 47 laut eigenem Bekunden durchaus auch wei- 14 44 Gesamtschulen 33 terentwickelt, etwa im Umgang mit digitalen Medien oder in punkto Selbstständigkeit und Bildungshintergrund der Eltern: Selbstorganisation. 16 50 Einfacher, mittlerer Schulabschluss 29 9 39 Abitur, Studium 43 Aus Sicht der Telekom-Stiftung täten die Schu- len gut daran, Schüler wie auch Eltern einzube- Basis: Bundesrepublik Deutschland, Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 10, Quelle: IfD-Umfragen 8222, 8246 ziehen, wenn es nach Corona an die schwierige 6 Deutsche Telekom Stiftung Lernen in Zeiten von Corona
STUDIEN Entwicklungsaufgabe geht, das Lernen der 6 PERSÖNLICHE FORTSCHRITTE DANK CORONA Zukunft zu gestalten. Dazu zählt auch, auf dem erfolgten überfachlichen und persönlichen „Da habe ich/hat mein Kind in der Corona-Zeit Fortschritte gemacht, da bin ich/ist mein Kind deutlich besser geworden“ Kompetenzgewinn der jungen Menschen aufzu- Angaben in Prozent. bauen. Zum Beispiel, indem sie digitale Medien Aus Sicht der Schüler Aus Sicht der Eltern zum festen Bestandteil des Lehrens und Ler- nens machen, statt zur Kreidetafel zurückzu- kehren, sobald der Präsenzunterricht wieder die Umgang mit dem Computer bzw. mit 68 Regel ist. Und indem sie den Schülerinnen und digitalen Anwendungen 72 Schülern dort, wo möglich und sinnvoll, mehr 58 Mitsprache bei Unterrichtsinhalten und Lern- Informationen recherchieren 57 formen und somit mehr Verantwortung für das eigene Lernen übertragen. 57 Sich selbst etwas erarbeiten 61 Ob es den Schulen allein dadurch gelingen Sich selbst organisieren, Zeit und 52 wird, auch mehr Lernfreude und -motivation bei Arbeit einteilen 57 den Jugendlichen zu entfachen, bleibt abzuwar- Erkennen, was wichtig ist und zuerst 41 ten. Der Mangel an beidem, den die Allensba- erledigt werden sollte, Prioritäten setzen 41 cher Daten erneut belegen, ist sicher eine der größten Herausforderungen unseres Bildungs- 27 Geduld 22 systems. Und er ist besonders stark bei denje- nigen ausgeprägt, die sich in der Schule ohne- Selbst aktiv werden, sich für 25 hin schwertun, denen es zu Hause an digitaler etwas engagieren 31 Ausstattung mangelt, und die deshalb nach der 21 Pandemie den größten Lernrückstand aufwei- Kreativ sein 19 sen. Nicht zufällig nimmt derzeit nur eine Min- 21 derheit der Schülerinnen und Schüler mit Defizi- Teamarbeit 22 ten die freiwilligen Unterstützungsangebote der Schulen zum Aufholen des Stoffes wahr. Einen Hilfsbereitschaft 17 wirklichen Effekt hätten diese Angebote wohl 12 erst, wenn die Bildungspolitik sie verpflichtend Erkennen von Fake News im Internet, 12 wahre von falschen Informationen gestalten würde. unterscheiden können 9 0 20 40 60 80 Es ist ein guter Gedanke der Bundesregierung, dass sie auch außerschulische Lernorte wie Basis: Bundesrepublik Deutschland, Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 10. Quelle: IfD-Umfrage 8246, 8266 Jugendhäuser und Schülerlabore an ihrem Akti- onsprogramm „Aufholen nach Corona“ betei- ligt. Denn genau solche Lernorte – nach dem Verständnis der Telekom-Stiftung zählen dazu auch Maker-Spaces, Bibliotheken, Museen, Medienwerkstätten und viele mehr – vermögen es, junge Menschen mit ihren Bildungsangebo- ten zu begeistern. Wenngleich die Befragung Aus Sicht der Telekom-Stiftung haben Schu- zeigt, dass bislang nur ein relativ kleiner Teil len und außerschulische Lernorte gleicherma- der Schülerinnen und Schüler solche Orte als ßen große Bedeutung für die Lernmotivation Lernorte wahrnimmt. Das liegt wahrscheinlich junger Menschen und müssten daher künftig daran, dass die Kinder und Jugendlichen sich viel enger zusammenarbeiten. Ziel sollte sein, dort ohne fixen Lehrplan und ohne Notendruck die jeweiligen Stärken zum Wohle der Kinder ganz praktische Dinge aneignen können: etwa, und Jugendlichen einzubringen und gemein- wie man Steuerungs-Algorithmen für Robo- sam bestmögliche Angebote für gute Bildung ter schreibt, 3-D-Drucker bedient oder im Netz zu schaffen. In manchen Kommunen sind der- seriöse von unseriösen Quellen unterscheiden artige Kooperationen oder „Bildungs-Ökosys- kann. Das hat mit den curricularen Defiziten, die teme“ schon gelebte Praxis, meist eingebun- während Corona entstanden sind, erst einmal den in den schulischen Ganztag. Die Stiftung nicht viel zu tun, wird den jungen Menschen im wird sich mit ihren Aktivitäten weiterhin dafür digital geprägten Arbeitsleben des 21. Jahrhun- engagieren, dass die Zahl dieser Netzwerke derts aber trotzdem weiterhelfen. steigt. Deutsche Telekom Stiftung Lernen in Zeiten von Corona 7
„Schule allein wird es nicht gelingen, dass Kinder und Jugendliche nach Corona ihre Lernrückstände aufholen und wieder mehr Freude am Lernen entwickeln. Deshalb setzen wir uns für die Schaffung von Bildungs-Ökosystemen ein, in denen Schule und alle Lernorte um sie herum – zum Beispiel Jugendhäuser, Musikschulen, Bibliotheken, Maker-Spaces oder Schülerlabore – zusammenwirken und ihre spezifischen Stärken zum Wohle der jungen Menschen einbringen. Damit jeder die Lerngelegenheit erhält, die er braucht.“ Dr. Thomas de Maizière, Vorsitzender der Deutsche Telekom Stiftung Kontakte Daniel Schwitzer Michael Sommer Referent Kommunikation Projektleiter Deutsche Telekom Stiftung Institut für Demoskopie Allensbach Friedrich-Ebert-Allee 71–77 Radolfzeller Straße 8 53113 Bonn 78476 Allensbach Telefon: 0228 181-92021 Telefon: 07533 805 -0 daniel.schwitzer@telekom-stiftung.de msommer@ifd-allensbach.de www.telekom-stiftung.de www.ifd-allensbach.de
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