Krisen eines Mülleimers Zebras kommen auf den Hund
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Kunst Design Alltag 1/2019 - 1 Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers Zebras kommen auf den Hund Vielen Dank für die Einladung! Bitte erstmal ab- kann dazu auch „Gebaute Malerei“ sagen, wie in warten und nicht zu früh klatschen! Ich habe den nachfolgenden Bildbeispielen zu sehen ist. schon einige Vorträge über meine Arbeit gehal- ten, speziell auch vor Studierenden und bei an- deren Veranstaltungen, aber noch nie zum The- ma Humor im Rahmen eines Symposiums. Des- wegen fiel es mir auf einmal überraschend schwer, das Thema sinnvoll einzukreisen, da ich auch nicht weiß, was Sie humorvoll oder andere Leute witzig finden. Und ich bin auch kein Wis- senschaftler, sondern bildender Künstler. Ich versuchte dann herauszufinden, was denn tatsächlich unterhaltsam sein könnte und habe dazu Arbeiten ausgesucht, auch ganz alte aus Abb. 2: Thorsten Brinkmann: o.T. (Gebaute Malerei), 2000, Ausstel- meinen künstlerischen Anfängen. Darüber lungsansicht, Hamburg möchte ich nun berichten, um zu zeigen, was ich mache und wie ich arbeite. Daran wird sich zei- Das war für mich tatsächlich schon eine Form gen lassen, ob sich Türen auftun bei dem einen von Malerei. Es sollte so sein, dass man hoch- oder anderen, und ob oder wie sich Humor darin kommt in den Raum – unter dem Dachstuhl –, entfaltet. Ich fange nun an: Der Vorhang geht dass man dasteht und denkt „Ist das jetzt auf! Kunst? Oder was soll das?“. Man kennt ja auch diesen Spruch oder liest ihn öfters in Boulevard- Zeitungen: „Ist das Kunst oder kann das weg?“. Viele Besucher wussten also nicht, was das ei- gentlich darstellen sollte, ob es ein Fundstück oder ein großes Ready-Made ist. Zu dieser Zeit beschäftigte ich mich auch sehr viel mit Marcel Duchamp. Abb. 1: Thorsten Brinkmann: Ernie & Se king, 2011, Hamburg „Problem Malerei“ / „Gebaute Malerei“ „Problem Malerei“ war eine der ersten Ausstel- lungen, an der ich teilgenommen hatte, da stu- dierte ich noch bei Bernhard Johannes Blume an der HfbK in Hamburg. Die Ausstellung hieß „Pro- Abb. 3: Thorsten Brinkmann: Lager 00, 2000, Ausstellungsansicht, blem Malerei“, und das war mein Statement Hamburg bzw. meine Arbeit zu dem Thema. (Abb. 2) Vor über sechzehn Jahren begann ich mit alten Und so habe ich diese Arbeit ein weiteres Mal Gegenständen zu arbeiten. Ich sammle sie bis aus fast demselben Material aufgebaut, das war heute und versuche verschiedene Kunstwerke auch noch an der Kunsthochschule. Daraus er- damit herzustellen. Ich 'male' auch damit. Man gab sich für mich ein Art Farbfeldmalerei. Es ist
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 2 immer interessant, wie dies von Betrachtern Zum Beispiel – wie in den nachfolgenden Bildern wahrgenommen wird. Nur wenige Besucher äu- zu sehen: Was ist denn nun die Skulptur? Man ßerten, dass da einer nur aufgeräumt und ein kann das Prinzip Sockel umdrehen und auf ein- Schrottregal aufgebaut habe. Andere sahen mal werden diese Begriffe schwammig, und es gleich, dass es dabei um Malerei geht. Wieder lässt sich nicht mehr eindeutig sagen. andere gingen hin und begutachteten diese Din- ge sehr ausführlich. Dabei war es auch inter- essant zu beobachten, wie die verschiedenen Generationen unterschiedlich darauf reagierten. Junge Leute äußerten eher Abstand einhaltend „Oh, das sieht ja toll aus!“, und ältere Leute sind an die Gegenstände herangetreten und haben sie genau untersucht, Geschichten dazu ge- wusst oder fast wehmütig geäußert: „Ach, das hatte ich auch mal!“, weil es meistens auch altes Material ist. Es hat seine Geschichte, und ältere Menschen konnten dazu ihre eigene erzählen. Sujets und Sockel Immer wieder bearbeite ich auch kunsthistori- sche Sujets. „Das Prinzip Sockel“ nahm ich mir vor, woraus sich meine Diplomarbeit ergab. Abb. 5: Thorsten Brinkmann: Das Prinzip Sockel (Auswahl), 2001/02 Es ergeben sich auch Geschichten, wenn die Dinge aufeinanderstehen, so wie bei den Müllei- mern, die sich von selbst in sich selbst entlee- ren. Oder es gibt zwei gleiche Gegenstände, die man nur umdrehen muss, und dann ist das eine, was vorher eine Skulptur war, ein Sockel und umgekehrt. Abb. 4: Thorsten Brinkmann: Das Prinzip Sockel, 2001/02, Ausstel- lungsansicht, HfbK Hamburg Ich hatte acht oder neun Jahre studiert und wur- de immer wieder gefragt: „Und das kommt dabei heraus..., nach neun Jahren?“ – Ja, dachte ich mir dann, stimmt eigentlich, das ist gar nicht so schlecht! Denn das muss man ja erstmal ma- chen. Mir gefällt dabei auch, dass es tatsächlich jeder machen könnte. Man kann seine Woh- nungsgegenstände nehmen, so auseinanderge- Abb. 6: Thorsten Brinkmann: Das Prinzip Sockel, 2001/02, Fotoarbeit, zogen in eine Reihe stellen und dann ins Muse- Ausstellungsansicht um bringen. Und es sind wirklich auch wichtige Fragen, die dabei bearbeitet werden: Was ist ein Diese spielerischen Vorgänge enthalten auch et- Sockel, was ist eine Skulptur, oder ist das Ganze was Ernsthaftes, obwohl es bewusst spielerisch eine Skulptur? und zugleich humorvoll angelegt ist. Das ent-
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 3 spricht meinem Arbeitsprinzip: einfach etwas Geschichte mit den Dingen verbinden. auszuprobieren und zu schauen, was passiert Ich wählte diese Würfelform, weil die LVA ein und was sich für neue Bedeutungen daraus er- sehr strukturierter Laden ist, was sich in der geben. Form, die ich dort hineingestellt habe, widerspie- All das präsentiere ich auch als Fotoarbeit oder gelt. Die Bedingungen waren vorab klar, dass er eben als Skulptur, je nach Situation und je nach wieder wegkommt, denn sie wollten nichts lang- Platz. Der Vorteil bei solchen Präsentationsfor- fristig in ihrer Halle stehen haben. Das ist sehr men mit einem Foto ist, dass man vieles auf klei- schade und ich bin der Meinung, dass sie da- nem Raum und insbesondere in dem Nebenein- mals nicht begriffen haben, was sie da für ein ander das Spielerische gut zeigen kann. Einiges wertvolles Objekt in ihrer Halle stehen hatten. lässt sich sogar nur im Bild gut darstellen. Die Arbeit hieß „Büro Büro“. Nach zwei Wochen kam der Würfel in die Tonne, damit war er nur „Büro Büro“ noch Schrott. Hierbei ging es um einen „Kunst am Bau“-Wett- Zuvor hatte ich mir überlegt, was ich daraus bewerb, bei dem ich das Glück hatte, unter an- noch machen kann. Da ich immer auch mit Fo- derem Preisträger zu sein, wofür dann diese Ar- tografie arbeite, bot es sich an, diesen Würfel als beit entstand. (Abb. 7) 'malerische Form' zu dokumentieren. Das sind diese 'Fotodokumente' (Abb. 8), welche wie Farbfeldmalerei anmuten, und sie hängen heute noch in den Fluren der LVA. Abb. 7: Thorsten Brinkmann: Büro Büro, Hamburg 2002 Abb. 8: Thorsten Brinkmann: Büro Büro, Hamburg 2002 Die LVA ist in einen großen Neubau umgezogen. Es ist auch tatsächlich Malerei, denn es ist mit Vorher war sie auf fünf oder sechs alte Gebäude dem Inkjet-Plotter auf Plane produziert – wir ha- verteilt. Ich ging in diese Gebäude hinein und ben es also wirklich mit Farbe zu tun, die auf habe dort die alten Möbel eingesammelt. dieses Material aufgetragen und der Druck dann Die LVA ist eine Rentenversicherungsanstalt und auf Keilrahmen gespannt wurde. Weil es so somit teilte ich den Mitarbeitern dort mit, dass großformatigen Nahaufnahmen sind, erkennt das Möbel seien, die nun in Rente gehen. Dann man nicht unbedingt gleich, dass sich diese habe ich sie wieder in den Neubau hineingeholt. Farbflächen aus alten Haus- oder Büromateriali- Die Menschen haben sich sehr darüber gefreut. en ergeben. Manche Betrachter haben das über- Es war sehr interessant zu sehen, wie sie rea- haupt nicht erkannt, sie nahmen die Bilder nur gierten. Teils haben sie dreißig Jahre lang dort als großformatige Farbflächen wahr. Andere ent- gearbeitet. Manche waren recht sauer: „Was soll deckten die alten Gegenstände wieder. dieser Kram hier wieder?“, und wollten nichts Es ist bedeutsam zu untersuchen, inwiefern sich mehr damit zu tun haben. Andere haben sich solche Gegenstände durch die Präsentation wirklich gefreut und fanden es toll: „Mein Kühl- oder durch die Zusammenstellung verändern schrank!...“, oder „Mein Schreibtisch!...“ oder können. Je nachdem ist es ein Möbel oder es ist „Mein Mülleimer!... ist auf einmal wieder da!“. Es etwas, was einem nahe ist oder was man auf der kommt immer darauf an, was sie selbst für eine Straße findet – man baut es zusammen, stellt es
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 4 auf einen Sockel oder bringt es in einen Cube, und man kann es als Kunstwerk behaupten. Da bin ich sehr in der Tradition von Marcel Duchamp unterwegs. Man kann es auch wieder herunternehmen, zu- rückstellen, und dann ist es wieder der funktio- nale Gegenstand. Ob es immer noch ein Kunst- werk ist oder ob es die Geschichte eines Kunst- werkes hat, das sind dann Fragen, mit denen sich Kunsthistoriker beschäftigen können. So hängt die Fotoarbeit jetzt noch da, möglicher- weise etwas verblasster. Es ist letztlich wie ein Abb. 10: Thorsten Brinkmann: Suchen sammeln anwenden, 2003, Erinnerungsfilm, welcher im Grunde ganz gut Ausstellungsansicht, Hamburg funktioniert, und es ist aufschlussreich, wie da- mit umgegangen wird, also wie die Mitarbeiter Ich habe öfters in solchen Lagern ausgestellt auch ihre eigenen Geschichten darin erleben und mir fiel dann immer auf, dass meine Arbeit oder wiederfinden. in den Anfängen so eine seltsame Mischung aus Bernhard Blume und Franz Erhard Walther ge- Suchen und Sammeln worden ist. Franz Erhard Walther hat auch sehr In einer der ersten Ausstellungen in Hamburg über die Sockelpräsentation gelacht. hatte ich das Bedürfnis, einmal alles zu themati- Und auch das Video, das ich später zeigen wer- sieren, was mit meiner Arbeit zu tun hat: also de, hat etwas mit Franz Erhard Walther zu tun. das Suchen und Sammeln, und das alles ins Atelier zu bringen. Das ist ein Ort, wo ich sozu- „93 in Eins“ sagen meine Sachen finde. Dort kommen sie Die nachfolgende, sehr konzeptionelle Arbeit bergeweise auf Rollwägen. Die Vorgehensweise heißt „93 in Eins“ (Abb. 11). Dabei habe ich alles, erinnert etwas an „Die Sendung mit der Maus“. was in meinen VW Bus passt – also eine ganze Ich weiß nicht, ob sich der ein oder andere noch Ladung – einmal durchfotografiert. daran erinnert, da gab es immer wieder Berichte wie z.B. Firmen funktionieren, und in dieser Ar- beit wird auch erklärt, wie es funktioniert. Somit war diese Arbeit (unabsichtlich) eigentlich auch ziemlich didaktisch angelegt. Alles kommt also auf Rollwägen, daraus wurden Skulpturen gemacht. Am Ende kommt alles zu- rück ins Atelierlager. (Abb. 9-10) Abb. 9: Thorsten Brinkmann: Pool, 2003, Ausstellungsansicht, Ham- Abb. 11: Thorsten Brinkmann: 93 in Eins (Alles was in einen Bus burg passt), 2003
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 5 Es ist eine schöne Arbeit, weil sie wie ein ABC Ich hatte tatsächlich lange darüber gegrübelt, der Dinge geworden ist. Dabei ist es nicht ein- wie sich dieses Tragen und Schleppen themati- fach, einen Platz für eine geeignete Präsentation sieren bzw. wie es sich ins Bild bringen lässt. zu finden. Sie wurde auch schon in einer Reihe Letztlich ist es dann so gekommen, was eigent- angeordnet, die man als Betrachter dann ablau- lich ein richtiger Glücksgriff geworden ist, wie fen kann. Es ist wie ein Durchspielen eines man später noch sehen kann. Formvokabulars, was mir gut gefällt. Diesen VW Bus, den ich tatsächlich heute noch „Gut Ding will es so“ besitze, hatte ich damals mit dem Geld von der Die nachfolgenden Stills (Abb. 13-16) stammen LVA gekauft. Auch ihn habe ich sowohl als Mo- aus dem dem Film „Gut Ding will es so“, der dell, als auch schon mal in real ausgestellt. 2003 etwa zeitgleich zu den vorherigen Arbeiten entstanden war. Da hatte ich also bereits lange „Soviel wie möglich auf einmal tragen“ mit all den Dingen zu tun. Dieser Film lief auch Es gibt dazu noch die Arbeit „So viel wie mög- schon in der Hamburger Kunsthalle. lich auf einmal tragen“ (Abb. 12), weil mir irgend- Die Arbeiten an dem Film nahmen einige Zeit in wann einmal auffiel, dass ich so eine Art Möbel- Anspruch. Das kann man auch gut nachvollzie- packer geworden bin. Das war überhaupt nicht hen, denn es sind mehrere Takes und es ist mein Ziel gewesen, als ich angefangen hatte, nicht alles in einem Stück entstanden. Kunst zu studieren. Es wird darin deutlich, wie mein Umgang mit Verwundert darüber, was ich da eigentlich ma- den Dingen ist, oder aber wie die Dinge mit mir che, wollte ich dies irgendwie thematisieren, umgegangen sind. Was sie mit einem machen, ohne meinen Leidensdruck nach außen zu keh- fiel mir während der Arbeit immer mehr auf, und ren. Deswegen habe ich mir auch noch den auch, dass alles, was passiert, nicht allein von Mülleimer auf den Kopf gestellt, weil es nicht mir ausgeht. darum geht, mich dabei in den Vordergrund zu Diese Fehler und Tücken, die diese Dinge mit bringen oder mich als Person zu thematisieren. sich bringen, so etwas kann immer sehr inter- essant und unterhaltsam sein, ebenso wie das- Verhältnis von Subjekt (mein Körper) zu Objekt (Alltagsgegenstand) auszuloten. Vielleicht ist man irgendwann auch eins – und alles bedingt sich gegenseitig? Aber auch hier versuche ich möglichst nicht als die Person Thorsten Brink- mann aufzutreten, sondern den Fokus auf das Verhältnis von Körper zu Ding zu legen. Daher ist mein Gesicht meistens verdeckt oder vom Bild- rand abgeschnitten. Die zeitbeschleunigten Szenen führen selten zu unmittelbar erkennbaren oder gar vorhersehba- ren Resultaten, es ist vielmehr der Prozess eines Erforschens des Eigenlebens der Dinge mithilfe des eigenen Körpers. Das bringt oftmals auch völlig groteske Situationen durch diesen spieleri- schen Umgang und die nicht gegenstandsad- äquate Benutzung der Dinge hervor. Abb. 12: Thorsten Brinkmann: Soviel wie möglich auf einmal tragen, 2003
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 6 Abb. 13: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 1), 2003 Abb. 15: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 3), 2003 Abb. 14: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 2), 2003 Abb. 16: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 4), 2003
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 7 „Alles hat kein Ende“ Kreativer Platzmangel Meine erste Ausstellung in Berlin damals in mei- Eine Zeit lang habe ich – weil ich keinen Platz ner Galerie beschäftigt sich mit dem Thema Ga- mehr hatte – ganz kleine Arbeiten gemacht. lerie. Die Galerien-Szene ist sehr unbeständig. Mein Atelier war voll. Man kann sich überlegen, Es gibt viele, die machen zu und dann wieder was man macht: Arbeitet man auf der Straße? auf, ein ständiges Hin und Her. Arbeitet man kleiner? Macht man Zeichnungen? Abb. 17: Thorsten Brinkmann: Außenlager III, 2006, Ausstellungsan- sicht „Alles hat kein Ende“, Berlin Ich habe meiner Galerie also das Image ver- passt, als ob sie jetzt zugemacht habe, als sei sie Pleite gegangen. Dafür wurden die Fenster verhängt, man konnte von außen nichts mehr sehen. Vor der Eingangstür standen viele gesammelte Dinge aus meinem Atelierlager. Man musste also Abb. 19: Thorsten Brinkmann: True Romans - Tableau No I, Endlos- irgendwie entweder einen Weg hineinfinden, serie, 2005/06 oder es führte zu der Annahme, dass der Laden geschlossen worden war und Sachen schon mal Ich entschied mich für kleine Objekte. Die sind herausgestellt worden seien. gut zu transportieren und auch schön. Ich habe Die ganz Neugierigen fanden die Ausstellung dabei wie bei den größeren Objekten nach dem aber doch, denn man konnte sich durch den Prinzip der Sockelarbeiten hauptsächlich mit Haufen hindurch seinen Weg ins Innere der Ga- zwei Dingen gearbeitet. Das war eine sehr hilfrei- lerie bahnen und sich dort meine Ausstellung mit che Arbeit, weil man dabei auch über das Prin- verschiedenen Arbeiten anschauen. (Abb. 18) zip Collage viel lernt. Man lässt sich auf die Dinge einfach mal ein und plant gar nichts. Das Absichtslose, was darin enthalten ist, diese Neubedeutungen, die da ent- stehen, all das wurde dafür sehr wichtig. Es ist bis heute ein Arbeitsprinzip, indem ich einfach beobachte, was eigentlich gerade oder während der Arbeit passiert. Dabei werfe ich Ideen, die ich vorher hatte, oftmals über Bord, weil sie nicht unbedingt immer die besten sind. Sie kom- men zwar irgendwo her und haben schon auch einen Hintergrund, aber beim Spielen oder beim sinnlosen Zusammenstellen entstehen vielleicht Abb. 18: Thorsten Brinkmann: Alles hat kein Ende, 2006, Ausstel- neue Ideen, die ich selbst auch noch nicht ken- lungsansicht, Berlin ne, nicht planen oder vorhersehen konnte.
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 8 Sich darauf immer wieder neu einzulassen, ist Ich hatte nichts dorthin mitgenommen und da- für meine Arbeitsweise bis heute absolut not- mals nur mit Dingen aus dem Museum gearbei- wendig. Eigentlich ist das für mich auch immer tet. Das ist gut, man nimmt einfach Sachen, die wichtiger geworden: ich arbeite heute viel freier man dort vorfindet und stellt sie da auf. Ich als früher. Früher war ich tatsächlich konzeptio- nannte ich es „Petersburger Reihe“. Es gibt die neller. Heute lasse ich alles viel freier laufen, Petersburger Hängung, wir waren in Petersburg schaue was im Atelier passiert und versuche im- – Petersburger Reihe passte gut dazu. Schön mer ein Auge darauf zu haben. war auch, dass man danach die Dinge zurück- In Anlehnung an das Video „Gut Ding will es so“ stellte und sie dann wieder Büro-Objekte waren entstand die nachfolgende Skulptur. (Abb. 20) oder ihre ehemalige Funktion erfüllen konnten. Abb. 21: Thorsten Brinkmann: Petersburger Reihe, 2006, Ausstel- lungsansicht, St. Petersburg Über den Wert der Werke kann man dann auch noch streiten, aber daraus ergeben sich ganz in- teressante Fragen, zum Beispiel: Was wäre so etwas wert? Gibt jemand dafür Geld aus? Oder ist es einfach nur ein banaler Plastikmülleimer auf einem Sockel? Was die Wahrnehmung der dortigen Besucher angeht, gab es interessante Begegnungen. Ich Abb. 20: Thorsten Brinkmann: Brinkmann, 2006, Ausstellungsansicht, wurde von Besuchern darauf angesprochen, wie Berlin lange ich denn jetzt schon im Land sei. Auf mei- ne Rückfrage, worum es ihnen mit dieser Frage Glücklicherweise fand ich dafür Plastikbalken, ginge, äußerten sie, dass es sie beeindruckte, die meinen Beinen recht ähnlich waren und habe wie es mir gelungen sei, innerhalb von einer Wo- ihnen meine Hose und meine Turnschuhe ange- che ein Portrait der Gesellschaft gemacht zu ha- zogen – das wirkt sehr echt. Manche Leute er- ben. In der Präsentation der Dinge würde sich schraken sehr, sie standen minutenlang davor genau das widerspiegeln. Das war überra- und haben darauf gewartet, dass sich diese Fi- schend, da ich dies im Vorwege nicht beabsich- gur bewegt. Wenn ich dann auch noch dazu tigt hatte, aber es nun auch darin erkennen kam und sagte „Ich bin’s nicht“, waren sie noch konnte. Dabei schlägt wohl ein im Unterbe- erschrockener. Diese Skulptur hatte eine un- wusstsein verankertes visuelles Bildgedächtnis heimliche Präsenz. zu, vielleicht in Anlehnung an Aby Warburg zu verstehen, als 'Denken in Bildern' aus einem kol- „Spatial Shift“/„Petersburger Reihe“ lektiven Gedächtnis heraus, in dem man sich be- Bei einer Ausstellung im „Museum for Urban wegt und mit dem ich sowieso auch arbeite und Sculpture“ in St. Petersburg verwendete ich gerne spiele. ausschließlich 'hauseigene' Materialien.
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 9 Selbstportraits um die Welt Danach entstanden diese Portraits – Selbstpor- traits bzw. Selbstinszenierungen – in Anlehnung an verschiedene Richtungen und Epochen. Auch hierbei ist interessant, wie unterschiedlich sie wahrgenommen werden, wie Humor dabei funk- tioniert und welchen Hintergrund man haben muss, um sie wahrnehmen zu können. In Europa werden die Portraits meistens mit der Zeit der Renaissance-Malerei in Verbindung ge- bracht und lösen dann häufig ein Schmunzeln aus. Da war es natürlich naheliegend, auch eine Venus darzustellen. (Abb. 23) Abb. 22: Thorsten Brinkmann: Hopi Green Holding Kni, 2006 Malerei über Ecken Gleichzeitig begann ich das Thema Portrait auf- zugreifen. Vorher war es Farbfeldmalerei, dann kamen die Sockel, das Portrait, aber weiterhin Abb. 23: Thorsten Brinkmann: Venus del Whitespitz, 2008 stellte sich für mich die Frage: Wie kann ich all das kombinieren als derjenige, der mit diesen Aber auch mit den Bauernfiguren von Kasimir Dingen permanent zu tun hat? Malevich sind sie verwandt. Ich habe mich viel Malerei interessierte mich, aber ich habe nur mit seiner Arbeit beschäftigt und wurde von rus- etwa ein halbes Jahr mit Öl bei Bernhard Blume sischen Besuchern darauf angesprochen, dass an der Hochschule gemalt. Es gab bei ihm einen diese Portraits sehr daran erinnern. permanenten Diskurs über Malerei, aber keiner Letztlich hängt es vor allem davon ab, wer sie malte mit Farbe. Ich kenne tatsächlich nur einen, mit welchem Bildgedächtnis-Hintergrund be- der mit Ölfarbe gemalt hat, alle anderen arbeite- trachtet. ten nur 'um die Ecke' – so wie es Blume auch Die Portraits wurden beispielsweise auch in selbst tat. Er hatte zu mir auch gleich eine ganz Amerika gezeigt. Dort fühlten sich Besucher eher andere Art: „Sag mal, du bist doch Maler“ – und bedroht, weil man kein Gesicht erkennen kann, ich verstand nicht sofort, was er damit meinte. wodurch Ängste hervorgerufen werden. Viele Es ist eben eine gebaute Malerei oder eine Male- Amerikaner sind – ja, ich würde sagen – tatsäch- rei mit Fotografie. Andere haben mit Video ge- lich traumatisiert, weil sie, sobald man kein Ge- malt oder auch mit Gegenständen, das ist ein sicht sieht, damit Terrorgefahr assoziieren. Das hochkomplexer Diskurs. ist interessant. Es ging auch darum, wie es gedruckt wird. Was In Asien hingegen erweiterte sich der Assoziati- ist das für eine Farbe? Sind da Pigmente drin? onsspielraum auf einmal ganz schnell auf SM Gibt es InkJet Drucker mit Pigmenten? Blume und Bondage. Und in Nigeria wiederum wurde hatte einen Ruß-Plotter, also mit Rußpartikeln. der Bezug zur Voodoo-Kultur hergestellt. Dann wurde Farbe mit Rußpartikeln aufgetragen Es gibt überall solche gedanklichen Vernetzun- und schon ging es auch in sehr chemische Dis- gen, die auch über das Format oder komposito- kussionen über. rische Merkmale ausgelöst werden.
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 10 oft gefragt: „Macht es Ihnen denn Spaß, sich so zu verkleiden, sind Sie so ein Typ, der gerne Karneval macht?“ – Eigentlich nicht, ich gehe weder zum Fasching, noch zum Karneval. Es ist vielmehr eine berufliche Auseinandersetzung, dass man weibliche wie männliche Darstellung durchgeht. Abb. 24: Thorsten Brinkmann: Drune Quoll, 2007 Abb. 26: Thorsten Brinkmann: Conde du Mütz, 2008 Es gibt auch Figurentypen, die auf unterschied- liche Art und Weise irritierend wirken. Im Laufe des Symposiums wurde auch schon über den Surrealismus gesprochen: Die Belgier mögen diese Arbeiten sehr. Bei dem Portrait „Lady Glittersky“ oder „Conde du Mütz“ weiß man nicht so richtig, wo vorne oder hinten ist. Diese Art surrealer Verfremdung und Irritation, wie sie auch René Magritte in seinen Bildern schafft, inspiriert mich sehr. Die Surrealisten – wie vorhin auch gesagt wurde – sind heute so aktuell wie vor einhundert Jahren. Die Portraits ergeben eine Serie, an der ich lan- Abb. 25: Thorsten Brinkmann: Lady Glittersky, 2009 ge gearbeitet habe und es immer wieder tue. Oftmals führt schon die Titelgebung auf eine Hu- In unserer Kultur wird es, wie schon erwähnt, mit morebene, die auch beabsichtigt ist. Renaissance-Malerei in Verbindung gebracht. Da gibt es „Karl Schrank von Gaul“ (Abb. 27), er Mit der Venus-Darstellung habe ich allerdings wird auch gerne in Schlössern gezeigt, in Anleh- zugleich auch (eher unbeabsichtigt) in die Gen- nung natürlich an Karl den Großen. der-Diskussion hineingegriffen, denn ich werde „Padre Blechle“ (o.A.) ist wohl meiner schwäbi-
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 11 schen Herkunft geschuldet, die musste auch mal Mit „Donna Delle“ (Abb. 28) passierte etwas verarbeitet werden. Das sind so kleine Kalauer, merkwürdiges: Disney hat es tatsächlich in einen aber durchaus auch ernst gemeint. Es ist letzt- Donald Duck kopiert. Es gibt eine Zeichnung, da lich auch ein Spiel, indem ich schaue, was ist zu steht Donald auf einem Podest, verkleidet mit ei- sehen und wie lässt sich was kombinieren. nem Helm, und das wurde dann „Donald Donna“ genannt. Ich entdeckte es zufällig vor drei Jah- ren, weil meine Tochter ständig Donald liest – das ist irgendwie eine gute Reminiszenz. Eine Anspielung an Oskar Schlemmer ist „Oskar van Degenball“ (Abb. 29). Das „Triadische Bal- lett“ ist ein großartiger Film. Ich habe mir schon überlegt, dass ich auch einmal so ein Ballett ma- chen werde – aber das sind vielleicht Ideen für die Zukunft. Abb. 27: Thorsten Brinkmann: Karl Schrank von Gaul, 2008 Abb. 29: Thorsten Brinkmann: Oskar van Degenball (Assemblage), Ausstellungsansicht, Hamburg 2012 Es ist nicht so, dass ich alles neu erfinde – des- wegen ist es auch alles sehr spielerisch ange- legt. Ich muss immer nur ein bisschen hinzufü- gen, um es weiterzuentwickeln. Man merkt auch, je mehr man sich damit beschäftigt, dass andere Künstler ähnliche Themen hatten, z.B. Hugo Ball vom Cabaret Voltaire, was über einhundert Jah- re her ist. Oder Leigh Bowery – eine fantastische Figur, die in den 1990er Jahren in London als so eine Art Paradiesvogel galt. Er kommt eher aus der Mode und besaß einen Club namens „Ta- Abb. 28: Thorsten Brinkmann: Donna Delle, 2008 boo“. Nachts gingen alle Paradiesvögel dorthin.
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 12 Leute aus der Kunst- und Musikszene waren da Relativ naheliegend war, auch das Thema Stillle- anzutreffen und haben sich gefeiert. Leigh Bo- ben mit diesen Gegenständen zu bearbeiten. wery selbst kam immer gegen ein Uhr nachts in Dabei entstanden fülligere oder aber stark redu- Kostümen, hat zwei Stunden wie ein Wahnsinni- zierte Arrangements. „Porandi“ ist schon fast zu ger getanzt – er war so ein zwei Meter Typ – und reduziert, es wird aber auch noch reduzierter. verschwand dann wieder. Viele andere wären Auf der linken Seite sieht es ziemlich klassisch auch noch zu nennen. aus, also angelehnt an klassische Stillleben-Ma- lerei oder an direkte Vorbilder wie Giorgio Mo- Noch mehr Sujets (Interieur, Stillleben u.a.) randi. Daraus ergab sich dann „Porandi“, weil da Es folgen Inszenierungen, die zeigen, wie ich rechts so ein Hinterteil herausguckt. eine Ahnengalerie in Räumen aufbaue oder gan- ze Interieurs präsentiere. Meistens baue ich Räume mit solchen Fundstücken, die auch in den Bildern zu finden sind. Ich lege es so an, dass sich das Ganze atmosphärisch verdichtet, und das ergibt dann auch immer einen ganzen Raum. Inzwischen durfte ich auch schon ganze Häuser damit bestücken. Das würde jetzt aber zu weit führen, all das auch noch aufzugreifen. So kann ich aber alles weiterentwickeln oder darstellen, also Ready-Mades und das Skulptu- rale gleichzeitig zeigen. Abb. 32: Thorsten Brinkmann: Porandi, 2014 Nachfolgendes Beispiel ist ein Verweis auf Mon- drian mit der 'falschen' Farbe. So hätte er natür- lich nie ein Bild gemacht, aber vielleicht hätte er sich irgendwann doch noch dahin entwickelt. Abb. 30: Thorsten Brinkmann: Neoschwanstein, 2006, Ausstellungs- ansicht, Den Haag Abb. 31: Thorsten Brinkmann: VillaVie, 2008, Ausstellungsansicht, Abb. 33: Thorsten Brinkmann: Hoppetasse Mondrial, 2009 Den Haag, Foto: M. Zweerts
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 13 Es ist sehr schwer, leere Stillleben zu machen. „Studiomove“ Wenn auf dem Bild fast nichts drauf ist, kann es Immer wieder beschäftige ich mich mit der auch unheimlich öde werden. Es funktioniert ei- Funktion von Räumen und ihren Geschichten, gentlich meistens nur im Kontext, so wie das z.B. im „Georg Kolbe Museum“ in Berlin. Es gab nachfolgende Beispiel „Mit Ohne“ mit Bezug auf da sein Wohnzimmer, sein Atelier und noch eine gängige Sprachwendung zeigt. (Abb. 34) einen Neubau, in dem er seine Arbeiten zeigen konnte. Das ließ sich gut aufgreifen und auf sei- nen ursprünglichen Nutzungszweck zurückfüh- ren. So baute ich dort wieder ein Wohnzimmer hinein, wo er seines gehabt hatte – als eine An- spielung auf seine Lebensform. (Abb. 36) Das gesamte Interieur bestand aus gesammel- ten Gegenständen unterschiedlicher Stilphasen und -zeiten, die sich zu einer 'wohnlichen' Ge- samtheit zusammenfügen ließen. Abb. 36: Thorsten Brinkmann: Studiomove, 2010, Ausstellungsan- sicht, Berlin Abb. 34: Thorsten Brinkmann: Mit Ohne, 2009 Die zweite Ansicht zeigt die Atelier-Situation im Ein Vanitas-Motiv ist auch entstanden, worin Kolbe-Haus (Abb. 37). Hier musste ich nun mein auch Magritte wieder steckt (Abb. 35). Die Pfeife Arbeitsmaterial einlagern und habe dafür mein links im Bild, und rechts ist ein Babymilch-Wär- ganzes Lager dorthin geschleppt und aufgebaut. mer, in dessen Öffnung man die Flasche hinein- Die Vorgehensweise ähnelt etwas der von F.E. stellt. Doch hier mutet es nun durch die Drehung Walther, der auch immer in seinem Lager arbei- bzw. unübliche Ansicht in der Inszenierung wie tete, daraus Sachen entnahm, sie präsentierte ein Totenschädel an. und zeigte. Im Grunde habe ich im künstleri- schen Vorgehen eine Verwandtschaft mit ihm. Abb. 35: Thorsten Brinkmann: Wannitdat, 2009 Abb. 37: Thorsten Brinkmann: Studiomove, 2010, Ausstellungsan- sicht, Berlin
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 14 Zuletzt stellte ich in den Neubau – den Kolbe da- für hatte, seine neuen Werke dort zu präsentie- ren – meine neuen Werke hinein: Portraits, Skulpturen und Stillleben. Abb. 38: Thorsten Brinkmann: Studiomove, 2010, Ausstellungsan- sicht, Berlin Die Wandfarbe habe ich der aus meinem Atelier angeglichen. Man kennt diese Bemalung aus frühen Industriegebäuden, in denen der untere Abb. 40: Thorsten Brinkmann: Ernie III, 2010 Bereich grün, orange oder in einer anderen furchtbaren Schutzfarbe gestrichen ist, hier habe Vielleicht gefiel es ihm auch deshalb so gut, weil ich das umgedreht inszeniert. er auf diese Weise sehr viel Aufmerksamkeit er- hielt, sozusagen der Mittelpunkt meines Tuns Ernie wurde. Er hat sich bis zu einer halben Stunde Ich arbeite auch mit 'Dingen', die mir sehr nahe lang nicht bewegt. Irgendwann fing er allerdings sind, so wie mein Hund Ernie, für den ich u.a. an zu brummen, da haben wir abgebrochen. eine Tapete entworfen hatte. Und dann fing ich mit ihm zu arbeiten an, weil er permanent um „Se King“ mich herum war. Irgendetwas musste ich mit Als letztes Beispiel zeige ich den für die „Griffel- ihm machen. kunst“ gebauten Kinoraum, in dem ich meinen Es entstand eine Ernie-Serie mit sieben oder Film „Se King“ zeigen konnte – schließlich haben acht Bildern, währenddessen er sich zu einem wir ja alle irgendwie Schwierigkeiten mit dem erstaunlichen Model entwickelte. Denn eigent- „th“. Diese Persiflage herrschaftlicher Attitüden lich war er ein sehr nervöser Hund, eher anstren- ist ein weiteres Beispiel dafür, wie durch ernst- gend. haftes spielerisches Gebaren und Inszenieren unweigerlich auch Situationskomik entsteht. Abb. 39: Thorsten Brinkmann: Das seltene Zebrund, 2011 Abb. 41: Thorsten Brinkmann: Se king, 2011, Ausstellungsansicht
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 15 Abbildungen Abb. 33: Thorsten Brinkmann: Hoppetasse Mondrial, 2009, C-Print, 123 x 93 cm Wir danken Thorsten Brinkmann für die Zurverfügungstellung Abb. 34: Thorsten Brinkmann: Mit Ohne, 2009, C-Print, des Bildmaterials und die Abdruckrechte. 67 x 50 cm Abb. 35: Thorsten Brinkmann: Wannitdat, 2009, C-Print, Der nachstehende Bildrechtenachweis gilt für alle Abbildun- 40 x 30 cm gen, sofern nicht davon abweichend gekennzeichnet: Abb. 36: Thorsten Brinkmann: Studiomove, 2010, Ausstellungs- © 2018, Thorsten Brinkmann. ansicht, Georg Kolbe Museum Berlin Abb. 37: Thorsten Brinkmann: Studiomove, 2010 Ausstellungs- Abb. 1: Thorsten Brinkmann: Ernie & Se king, 2011, C-Print, ansicht, Georg Kolbe Museum Berlin Griffelkunst Hamburg Abb. 38: Thorsten Brinkmann: Studiomove, 2010, Ausstellungs- Abb. 2: Thorsten Brinkmann: o.T. (Gebaute Malerei), 2000, Aus- ansicht, Georg Kolbe Museum Berlin stellungsansicht, Hamburg Abb. 39: Thorsten Brinkmann: Das seltene Zebrund, 2011, Abb. 3: Thorsten Brinkmann: Lager 00, 2000, Ausstellungsan- C-Print, 32 x 39,3 cm sicht, Hamburg Abb. 40: Thorsten Brinkmann: Ernie III, 2010, C-Print, Abb. 4: Thorsten Brinkmann: Das Prinzip Sockel, 2001/02, 70 x 54 cm Ausstellungsansicht, HfbK Hamburg Abb. 41: Thorsten Brinkmann: Ernie & Se king, 2011, Installation Abb. 5: Thorsten Brinkmann: Das Prinzip Sockel (Auswahl aus (Kinoraum und Film), Ausstellungsansicht, Griffelkunst Hamburg einer Serie von 54 Bildern ), 2001/02, C-Prints, je 45 x 30 cm Abb. 6: Thorsten Brinkmann: Das Prinzip Sockel, 2001/02, C-Prints, Ausstellungsansicht Abb. 7: Thorsten Brinkmann: Büro Büro – Installationsansicht, 2002, versch. Materialien, 3,6 x 3,6 x 3,6 m, LVA Hamburg Bibliographie (Auswahl Künstlerpublikationen) Abb. 8: Thorsten Brinkmann: Büro Büro, 2002, Inkjet auf Plane, 170 x 200 cm, LVA Hamburg Brinkmann, Thorsten: Studiomove, Berlin 2010 Abb. 9: Thorsten Brinkmann: Pool, 2003, Ausstellungsansicht, Galerie KX Hamburg Brinkmann, Thorsten: Amanecer, Mexico 2012 Abb. 10: Thorsten Brinkmann: Suchen sammeln anwenden, 2003, Ausstellungsansicht, Galerie KX Hamburg Brinkmann, Thorsten: La Hütte Royal – Special Edition, Ostfil- Abb. 11: Thorsten Brinkmann: 93 in Eins (Alles was in einen Bus dern 2013/14 passt), 2003, 94 C-Prints, je 26,6 x 20 cm Abb. 12: Thorsten Brinkmann: Soviel wie möglich auf einmal tra- Brinkmann, Thorsten: Thorsten Brinkmann – Warfare Canari- gen, 2003, C-Print, 175 x 124 cm es, Hamburg 2014 Abb. 13: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 1), 2003, Video, 15.20 min. Brinkmann, Thorsten: La Vie En RoseRock, Düsseldorf 2014 Abb. 14: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 2), 2003, Video, 15.20 min. Brinkmann, Thorsten: Salon Livresque, Hamburg 2016 Abb. 15: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 3), 2003, Video, 15.20 min. Brinkmann, Thorsten: Se King – director’s shot, Berlin 2017 Abb. 16: Thorsten Brinkmann: Gut Ding will es so (Filmstill 4), 2003, Video, 15.20 min. Monographien und Aufsätze (Auswahl) Abb. 17: Thorsten Brinkmann: Außenlager III, 2006, Ausstel- Feldbusch, Stefanie / Wiesner, Andreas (Hgg.): Thorsten lungsansicht „Alles hat kein Ende“, Kunstagenten Gallery Berlin Brinkmann, Ostfildern 2008 Abb. 18: Thorsten Brinkmann: Alles hat kein Ende, 2006, Aus- stellungsansicht, Kunstagenten Gallery Berlin Güntner, Mathias (Hg.): Let’s talk about, Hamburg 2013 Abb. 19: Thorsten Brinkmann: True Romans – Tableau No I, 2005/06, Fundstücke und Digitalprints (Endlosserie), versch. Hüsch, Anette (Hg.): Los geht es wieder! Die Sammlung Maße 2011. Extradosis. Thorsten Brinkmann zu Gast in der Samm - Abb. 20: Thorsten Brinkmann: Brinkmann, 2006, lung, Kiel 2011 Karton/Plastik/Sneakers/Jeans, 193 x 40 x 34 cm, Ausstellungs- ansicht, Kunstagenten Gallery Berlin Jain, Gora: Thorsten Brinkmann – Sinnbilder des ewig Su- Abb. 21: Thorsten Brinkmann: Petersburger Reihe, 2006, Aus- chenden; in: Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Aus- stellungsansicht, Museum for Urban Sculpture St. Petersburg gabe 108/Heft 22, München 2014 (12 Seiten) Abb. 22: Thorsten Brinkmann: Hopi Green Holding Kni, 2006, C-Print, 171 x 130 cm Möllers, Sebastian / Fink, Luisa / Schäfer, Andreas (Hgg.): Abb. 23: Thorsten Brinkmann: Venus del Whitespitz, 2008, Thorsten Brinkmann: Life is funny, my deer, Ausst.-Kat Den C-Print, 130 x 171 cm Haag u.a., Wien 2017/18 Abb. 24: Thorsten Brinkmann: Drune Quoll, 2007, C-Print, 70 x 54 cm Abb. 25: Thorsten Brinkmann: Lady Glittersky, 2009, C-Print, 121 x 92 cm Zusammenfassung Abb. 26: Thorsten Brinkmann: Conde du Mütz, 2008, C-Print, 82 x 62 cm Einen Mülleimer über dem Kopf, die Socke vor dem Abb. 27: Thorsten Brinkmann: Karl Schrank von Gaul, 2008, Alten Meister, ein Hund will ein Zebra sein: Mein C-Print, 130 x 170 cm Abb. 28: Thorsten Brinkmann: Donna Delle, 2008, C-Print, Selbstbildnis möchte nicht mehr mich selbst zeigen, 199 x 149 cm der Hund befindet sich in einer Identitätskrise und die Abb. 29: Thorsten Brinkmann: Oskar van Degenball, 2012, Assemblage, 305 x 205 x 38 cm Alten Meister rufen nach Erlösung. Zum Glück ma- Abb. 30: Thorsten Brinkmann: Neoschwanstein, 2006, Ausstel- chen die Dinge was sie wollen, sie geben keine Ruhe. lungsansicht, Gemeentemuseum Den Haag Abb. 31: Thorsten Brinkmann: VillaVie, 2008, Ausstellungsan- Sie wollen nicht nur als 'olles' Ding gelten, nicht aus- sicht, Gemeentemuseum Den Haag; Foto: M. Zweerts gesorgt haben, sondern etwas Neues sein. Endlich Abb. 32: Thorsten Brinkmann: Porandi, 2014, C-Print, 38 x 28,5 cm 'runter von der Straße, 'raus aus der Gemütlichkeit,
Thorsten Brinkmann Krisen eines Mülleimers – Zebras kommen auf den Hund kunsttexte.de 1/2019 - 16 sich mit anderen Unbekannten zusammentun! Des Künstlers Hirn eintüten, dem Hund zum Zebra verhel- fen oder der abgetakelten Venus zu neuem Sexappe- al. Solchen und anderen ernsthaften Themen wird in diesem Künstlerbeitrag nachgegangen. Autor Thorsten Brinkmann lebt in Hamburg. Er studierte Vi- suelle Kommunikation an der Kunsthochschule Kassel und Freie Kunst an der HfbK Hamburg. Für seine foto- grafischen und installativen Arbeiten ist er internatio- nal bekannt und ausgezeichnet worden: 2011 mit dem Finkenwerder Kunstpreis, 2012 folgte eine Einladung für das Residency Programm im Warhol Museum in Pittsburgh (USA), 2014 für das Residency im Flanders Field Museum in Ypern (Belgien). Seine Arbeiten wur- den u.a. in der Frankfurter Schirn, der Hamburger Kunsthalle, dem ICP in New York, dem GEM in Den Haag gezeigt. Titel Thorsten Brinkmann: Krisen eines Mülleimers – Ze- bras kommen auf den Hund; in: kunsttexte.de, Themenheft 1: Humor und Subversi- on in Kunst und Design – eine Art Künstlerheft, Gora Jain (Hg.)/Regina Mayr (Mitarbeit), Berlin/Ham- burg 2018/19, www.kunsttexte.de
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