Mae West: "Come up and see me"

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Mae West: »Come up and see me«
                                                                         Einstellungen vom Publikum, das fasziniert auf sie auf
                                                                         der Bühne starrt. Diese Einstellungen bringen das Mehr
                                                                         gegenüber ihren Theaterauftritten. Sie zeigt sich nicht
                                                                         bloß, sie zeigt den Effekt in den Blicken und Reaktionen
Mae West

                                                                         ihrer Opfer.
                                                                              In BELLE OF THE NINETIES besingt sie ein Mann mit
                                                                         einer etwas kastratenhaften Stimme. Sie macht die Po-
 8                                                                       sen dazu, sie stellt die lebenden Bilder. Und ob es einen
                                                                         Unterschied gibt zwischen dem, was er singt, und dem,
                                                                         was sie zeigt! Diese Nummer umreißt ihr ganzes Pro-
                                                                         gramm. Sie ist die inszenierte Feststellung, dass auf dem
                                                                         Gebiet erotischer Beziehung eine Fiktion auf die andere
                                                                         antwortet. Bilderfeindliche Puritaner konnte das auf die
                                                                         Idee bringen, hier sei Betrug im Spiel. Du bist ein Schmet-
                                                                         terling, singt der Mann, und Mae West bewegt ihre Arme
                                                                         wie Windmühlenflügel, ein archaisches Bild mit Anklän-
                                                                         gen an die Sphinx vor Thebens Toren, das Monstrum,
                                                                         halb Tier, halb Frau.
                                                                              Sprache in ihren Filmen ist reduziert auf »lines«, auf
                                                                         Sprüche, Sprachgesten, auf lakonische, Konventionen
                                                                         demolierende Zweideutigkeiten, die die Lacher, auch ge-
                                                                         gen ihren Willen, auf ihre Seite bringen: »Ich bin auf lang-
                                                                         same Art ungeheuer schnell«; »Es gehören zwei dazu,
           Showlust                                                      um einen in Schwierigkeiten zu bringen.«
           Sie ist Komikerin, nicht komische Alte, das üblichere
           Fach für weibliche Schauspieler mit Rollen, in denen          Die Freiheitsstatue
           meist Frustrationen Gegenstand oder Anlass witziger Si-       Mae West ist ein reines Produkt der Roaring Twenties, in
           tuationen sind. Auch Mae Wests Sujet ist Sex, nur ohne        denen die Gesetze weich wurden und der Untergrund
           Deckmantel und nicht in der schmal gewordenen Vor-            nach oben drängte. Ihre größte Konkurrenz um die
           stellung, die sich heute mit dem Wort verknüpft. »Sex«        Schlagzeilen sei Al Capone gewesen, sagt sie. Händel mit
           war der Titel ihres ersten Stücks in den zwanziger Jah-       dem Gesetz hatte sie in Wirklichkeit und in ihren Filmen.
           ren: für sie selbst, sich auf den Leib geschrieben. In der    Ihren Stücken war keine Anstößigkeit nachzuweisen,
           New York Times konnte es nicht besprochen werden, weil        aber ins Gefängnis musste sie, weil »Miss Wests Person,
           Sex ein Tabuwort war, das damals das Imprimatur noch          ihre Blicke, ihr Gang, ihre Ticks, ihre Gesten die Sätze und
           nicht hatte.                                                  Situationen zweideutig machen«. Ehe sie ins Gefängnis
               Was Mae West vom Sex zum Ausdruck bringt, ist das         ging, verpasste sie dem Gesetz noch einen Tritt auf ihre
           Visuelle, sind dessen Gesten. Schattenboxen. Mit ihrer        Art: der Gerichtssaal sei auch keine schlechte Bühne, nur
           Stimme geht sie um wie mit einem Körperteil. Sie gurrt,       langweiliger als der Broadway.
           wenn sie singt; sie lässt ihre Stimme so intensiv vibrie-         In ihren Filmen kommt es meistens zu einem Patt
           ren, dass nichts als Vibration übrig bleibt. Was sie zu sa-   zwischen der Justiz und ihr. Wohl wird einem nicht bei
           gen hat, ist nicht umwerfend, und provokant sind auch         diesen merkwürdigen Apotheosen: heiraten allein genügt
           die Handlungen ihrer Stücke nicht. Die Aura von Undo-         ihr nicht, es muss auch noch ein Polizist sein – in SHE
           mestiziertem, Primitivem hat einen anderen Grund.             DONE HIM WRONG sogar einer, der sich als Heilsarmist
               Das bis dahin nicht Artikulierte, das Gegenstand ihrer    verkleidet hatte.
           Darstellung ist, wirkt deshalb wild, weil es weit weg vom         Sie hat nie mehr als einen Film mit demselben Regis-
           Sprachlichen ist und so unheimlich nah an der Realität,       seur gemacht, weil sie, von zwei Übeln in die Ecke ge-
           dass den Leuten vor der Bühne das, was sie auf der Büh-       drängt, sich immer für das Unbekannte entschied. In den
           ne sehen, und das, was sie hinter der Bühne vermuten,         Filmen wird die Einstellung des jeweiligen Regisseurs zur
           zu einem zusammengeht. Das gibt es in all ihren Filmen,       Weiblichkeit ganz offenbar und nebenbei noch, wie sie zu
ihrer Männlichkeit stehen. Daraus ergeben sich die ver-          trennen. Das Skandalöse an Mae Wests Erscheinung,
schiedensten Inszenierungen der einen Mae: lieblos und           ihrer Figur, ihren Erfindungen, liegt genau da: Sie brachte
ziemlich uninspiriert die von Walsh, sehr komisch und            einen Bereich zur Darstellung, in dem diese scheinbar
100-prozentig amerikanisch McCarey, sophisticated Lo-            fundamentalen Kategorien keine Geltung mehr haben.
well Sherman. Die späteren Filme fallen ein wenig ab, sie             Weiblichkeit als etwas, das keiner fixierbaren Realität
sind biederer und unaggressiver. Die Regisseure glaub-           entspricht, ausschließlich basierend auf Einbildungen

                                                                                                                                 Mae West
ten, Mae West begriffen zu haben. Sie ließen sie Rollen          und Wünschen; Weiblichkeit als etwas, das den Blick des
spielen, die nur noch Secondhand-Interpretationen ihrer          Anderen nötig hat zu seiner Existenz; Weiblichkeit als
früheren waren. Außerdem brachten sie ihren Körper auf           Umschreibung, Bild, Metapher der Männer für die Ander-
die herrschenden Schönheitsstandards herunter. Für               sartigkeit der Frau; und Weiblichkeit als das, was die            9
EVERY DAY’S A HOLIDAY entwarf sogar Schiaparelli die             Frauen als ihre Spiegelung im Blick der Männer suchen
Garderoben, viel zu elegant für sie. Außerdem ist sie ein-       –, weil sie nicht zu besitzen ein ebenso drohendes Ge-
fach nicht mehr fett genug, um den Effekt ihrer früheren         spenst für sie ist wie für die Männer die Impotenz.
Filme zu erreichen. Die waren wie eine Faust aufs Auge.               Aber die Offenheit, mit der Mae West die ganze
     Dass sie zum Sexsymbol ihrer Zeit werden konnte, so         Wahrheit über die Weiblichkeit zu sagen scheint, verleiht
ohne Busen und mit dem Unterbau einer wilhelminischen            ihr in ihren Auftritten ein Air von Männlichkeit. Wenn man
Matrone, lag nur an Formen, an ihren Formen, an ihrem            zweimal hinschaut, merkt man es: sie geht, sie schaut,
Stil. Sie präsentierte sich einfach als fertiges Idol. Nichts    sie reagiert wie ein Mann, der eine Frau imitiert. Sie hätte
an ihr ist realistisch, sie ist wirklich die Montage, die Dalí   eigentlich die Männer nie so nötig gehabt wie die Männer
später aus ihr machte. Bestehend aus einem Augenauf-             sie, schreibt sie in ihrer Autobiografie. Sie ist ein Papier-
schlag, einem Zeitlupengang, der ständig wie bedroht             tiger, ein opulenter, einer mit Relief.
von totalem Stillstand ist, einer Geste der Hand, die eine                                                       Frieda Grafe
imaginäre losgelöste Haarflut hochschiebt, ein in gemim-                                  Süddeutsche Zeitung, 10.10.1973
ter, sprachloser Sinnlichkeit offenstehender Mund. Dazu
dann diese Aufmachung, die Bilder, Pelze, Diamanten,             Night After Night (Nacht für Nacht) | USA 1932 | R:
wie ein Zirkuspferd. Sie ist die Schönste, die Begehrens-        Archie Mayo | B: Vincent Lawrence | K: Ernest Haller | D:
werteste, das versichern ihre Namen. Sie heißt Cleo,             George Raft, Constance Cummings, Alison Skipworth,
Lady Lou, Flower Belle oder schlicht Belle.                      Louis Calhern, Roscoe Karns | 73 min | OF | Ein ehema-
                                                                 liger Boxer eröffnet mit seinem Partner einen illegalen
Maskenball                                                       Nachtklub in bester Lage und träumt vom gesellschaft-
Sie macht sich selbst zum Fetisch und schmückt und               lichen Aufstieg. Er wird von Gangstern unter Druck ge-
wappnet sich mit allen Eigenschaften und Prädikaten, die         setzt und fürchtet, dass eine Frau aus seiner Vergan-
einem nur einfallen können, wenn man Weiblichkeit um-            genheit den Traum platzen lassen könnte. Mae Wests
schreiben sollte. Sie umgibt sich mit Weiblichkeit wie mit       erste Filmrolle ist nicht groß, aber an ihr führt kein Weg
einer zweiten Haut. Aber je dicker sie aufträgt, desto ehr-      vorbei, ihre Ausstrahlung und ihr Witz drücken dem
licher scheint sie zu sagen: Was ist das schon – Weib-           Film ihren Stempel auf. Die Garderobenfrau im Nacht-
lichkeit. Ähnlich funktionieren auch ihre Forderungen            klub ist geblendet: »Goodness, what beautiful dia-
nach Gleichheit mit den Männern, was die Wahl und die            monds!« – »Goodness had nothing to do with it, dea-
Menge ihrer Liebhaber betrifft. Schaut, sagt sie, ich bin        rie.« NIGHT AFTER NIGHT hebt sich von gewöhnlichen
wie ihr; was ich verlange, ist nicht mehr als das, was ihr       Prohibitionsdramen ab, nicht zuletzt dank herrlich ab-
sucht.                                                           surder Szenen mit George Raft und Roscoe Karns als
    Der Spaß, den man an ihren Auftritten hat, ist ein we-       eingespieltes Freundespaar. Dennoch beklagte sich
nig wie der bei Witzen, die man nicht ganz versteht. Sie         Raft lange und bitterlich, Mae West hätte ihm die Schau
lässt erkennen, dass sie nicht unbedingt ist, als was sie        gestohlen und seine erste Hauptrolle verdorben. West
erscheint. Damit wird jeder Idealisierung der Boden ent-         hatte sich über ihre schwachen Dialoge beschwert und
zogen und jede Identifikation verhindert. Ihre übertriebe-       durfte ihre Szenen selber schreiben; Studiobosse, Kriti-
ne Anpassung an Vorstellung von Weiblichkeit ist Mimik-          ker und Publikum waren begeistert.
ry. Für den aufmerksamen Zuschauer hebt sich das ab,              Mittwoch, 16. März 2022, 19.00 Uhr
was den Unterschied zum Imitierten ausmacht. Aber wo
das, was sie mimt, auf- hört und das, was sie ist, beginnt,      Mae West: Dirty Blonde (Die verruchte Blonde) |
ist schwer zu sagen. Falsches ist vom Wahren nicht zu            USA 2020 | R: Julia Marchesi, Sally Rosenthal | M: Joel
Mae West

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           I'M NO ANGEL

                          Goodman | Mit Jeanine Basinger, Candice Bergen,            I’m No Angel (Ich bin kein Engel) | USA 1933 | R:
                          Molly Haskell, Ringo Starr | 83 min | OF | In ihrer acht   Wesley Ruggles | B: Mae West | K: Leo Tover | M: Harvey
                          Jahrzehnte langen Karriere durchlief Mae West alle         Brooks | D: Mae West, Cary Grant, Gregory Ratoff, Ed-
                          Unterhaltungsmedien: Mit sieben Jahren war sie             ward Arnold, Ralf Harolde, Gertrude Howard | 88 min |
                          Schauspielerin, mit 14 Vaudevillekünstlerin, mit 25        OmU | Tira, Tänzerin in einem schäbigen kleinen Zirkus,
                          eine Tanzsensation, mit 33 Broadwayautorin, mit 40         flieht, als ein eifersüchtiger Verehrer ihren reichen Be-
                          eroberte sie Hollywood, mit 62 wurde sie Nachtklub-        wunderer niederschlägt. Als Löwenbändigerin hat sie
                          Attraktion in Las Vegas, mit 73 bekam sie einen Plat-      sensationellen Erfolg – Madison Square Garden, feine
                          tenvertrag, mit 85 wurde sie als Kultfigur des camp        Pinkel, die Besten Kreise. Sie hat eine kleine Menagerie
                          verehrt. Die Dokumentation geht weit über Mae Wests        von Tierfiguren, die die Männer um sie verkörpern. Ihr
                          wenige Jahre beim Film hinaus. – She Done Him              neuer Verehrer aus der High Society ist verlobt, und
                          Wrong (Diamond Lil) | USA 1933 | R: Lowell Sherman         sein Cousin (Cary Grant) soll sie davon abbringen, diese
                          | B: Mae West, Harvey Thew, John Bright | K: Charles       Verbindung zu sprengen. Sie versichert ihm: »Well,
                          Lang | M: Ralph Rainger | D: Mae West, Cary Grant,         when I'm good I'm very good. But when I'm bad – (sie
                          Owen Moore, Rafaela Ottiano, Gilbert Roland, Louise        tätschelt seine Schulter) – I'm better!« Die kleine Pause
                          Beavers | 66 min | OmU | Lady Lou ist die Hauptattrak-     und die Berührung stellen klar: Sie bestimmt, wo es
                          tion eines Showlokals. Ein Offizier der Heilsarmee will    langgeht. Mae West perfektioniert ihre spezielle Lang-
                          sie auf den rechten Weg führen. Bei ihrer ersten Haupt-    samkeit, in der schon bei SHE DONE HIM WRONG
                          rolle brachte Mae West die ganze Macht ihres Broad-        ihre Stärke im Kontrast zur Screwball-Hektik lag. Mit
                          way-Erfolgs ein: Von nun an bestimmte sie die Drehbü-      irrwitzigen Kostümen, clever eingesetzten Songs und
                          cher, die Proben, die Musik, die Ausstattung, Kostüme      ehrgeizigen Special Effects in der Löwendressur war
                          und Besetzung, hatte Final Cut. Sie bestand auf dem        I'M NO ANGEL so erfolgreich, dass der Film Paramount
                          kaum erfahrenen Cary Grant als Gegenüber.                  vor der drohenden Pleite rettete.
                           Donnerstag, 17. März 2022, 19.00 Uhr                      Mittwoch, 23. März 2022, 19.00 Uhr
Belle of the Nineties (Die Schöne der Neunziger              Klondike Annie | USA 1936 | R: Raoul Walsh | B: Mae
Jahre) | USA 1934 | R: Leo McCarey | B: Mae West | K:        West | K: George Clemens | M: Gene Austin | D: Mae
Karl Struss | M: Arthur Johnston, Sam Coslow | D: Mae        West, Victor McLaglen, Phillip Reed, Helen Jerome
West, Roger Pryor, John Mack Brown, John Miljan, Ka-         Eddy, Harold Huber, Lucille Gleason | 77 min | OF | Mae
therine DeMille, Duke Ellington and His Orchestra | 73       West verband ein nicht aufgeführtes eigenes Theater-
min | OF | Die Geschichte dreier Männer um eine Sän-         stück über eine flüchtige Sängerin, die ihren eifersüch-

                                                                                                                         Mae West
gerin bietet den Rahmen für einige der schönsten Ge-         tigen Liebhaber getötet hat, mit einem vorliegenden
sangsnummern von Mae West in Tableaus und Bildar-            Drehbuch über eine Missionarin. In der Verknüpfung
rangements, die sich konventioneller Inszenierung ent-       der Plots nimmt die Sängerin die Identität der Missiona-
ziehen, darunter die berühmten Motive von ihr als Frei-      rin an und verschafft der Mission in Alaska ein solides       11
heitsstatue, als Rose, als Spinne im Netz. Das Projekt       wirtschaftliches Fundament. Raoul Walshs Inszenierung
trug ursprünglich den Titel »It Ain't No Sin«, doch dieser   verknüpfte die disparaten Stränge schlüssig miteinan-
fiel sofort der neu erstarkten Zensur zum Opfer. BELLE       der. Bei einer Sneak Preview war das Publikum noch
OF THE NINETIES erschien wenige Monate nach der              Zeuge schockierender Wendungen, doch eine Hetz-
Verschärfung des Production Code, der die Unmoral auf        kampagne der Hearst-Presse brachte fromme Organi-
der Leinwand in die Schranken weisen sollte. Massive         sationen gegen den Film auf, und die Zensur schlug zu:
Eingriffe im gesamten Verlauf der Produktion und Post-       Insgesamt flogen acht Minuten aus dem fertigen Film,
produktion hinterließen auffallende Sprünge in der           Handlungselemente hängen dadurch in der Luft. Leider
Handlung und in einzelnen Szenen. Die entfernten Pas-        hat nur die gekürzte Fassung überlebt. Es traf ausge-
sagen sind verloren, dennoch ist der Film eine heraus-       rechnet den Film, in dem es um tiefere Empfindungen
ragende musical comedy mit frivolem Witz, dichter At-        und Einsichten als sonst geht. »Der Film wurde damals
mosphäre und unvergesslichen Songs. Gegen den                komplett missverstanden. Doch selbst nach den Kür-
Willen des Studios setzte Mae West die Mitwirkung von        zungen bleibt es ihr bester.« (Jon Tuska)
Duke Ellington durch.                                         Mittwoch, 13. April 2022, 19.00 Uhr
 Mittwoch, 30. März 2022, 19.00 Uhr
                                                             Go West Young Man (Auf in den Westen) | USA 1936
Goin’ to Town | USA 1935 | R: Alexander Hall | B: Mae        | R: Henry Hathaway | B: Mae West | K: Karl Struss | M:
West | K: Karl Struss | M: Sammy Fain | D: Mae West,         Arthur Johnston | D: Mae West, Warren William, Ran-
Paul Cavanagh, Gilbert Emery, Marjorie Gateson, Tito         dolph Scott, Alice Brady, Elizabeth Patterson, Lyle Tal-
Coral, Ivan Lebedeff, Fred Kohler | 71 min | OF | Die        bot, Isabel Jewell | 80 min | OmU | Mavis Arden, gla-
Saloonsängerin Cleo nimmt den Heiratsantrag eines            mouröser Hollywoodstar auf Promotion-Tour mit ihrem
Ranchers an, der ihr sein ganzes Eigentum über-              neuesten Film und minimaler Entourage, landet durch
schreibt. Kurz darauf wird er erschossen, auf seinem         eine Autopanne in einem kleinen Kaff. Ihr Presseagent
Besitz findet man Öl, und ein Ingenieur rückt an, um es      ist erleichtert, denn ihr Vertrag verlangt, dass sie fünf
zu erschließen. Die plötzlich reiche Cleo will bei ihm       Jahre lang unverheiratet bleibt. Vor der Tour war sie
Eindruck schinden und gesellschaftlich anerkannt wer-        drauf und dran, mit einem Politiker durchzubrennen.
den, doch das alte Geld möchte unter sich bleiben.           Das ganze Dorf ist aus dem Häuschen angesichts des
Außerdem gibt es noch Handlungsstränge um ein ta-            hohen Besuchs, während Mavis sich dem muskulösen
lentiertes, aber ängstliches Rennpferd, einen intrigan-      jungen Mann nebenan widmet, der ein neues Tonfilm-
ten russischen Gigolo, eine Opernaufführung, bei der         system entwickelt hat. »A thrill a day keeps the chill
Cleo als Delilah auftritt (»one female barber that made      away« lautet ihr Motto. Mae West stürzt sich mit Ge-
good«), eine Konfrontation der diversen Verehrer Cleos,      nuss in die Parodie einer Mae-West-Figur, die die Allü-
Rufmord, eine Mordsache und reichlich Gelegenheit,           ren der Stars und ihre Vergötterung durch den Kakao
den reichen Schnöseln die Meinung zu sagen. Die Mu-          zieht. Die Zensur konnte in Dialoge eingreifen, doch sie
siknummern sind nicht mehr die Hauptsache, dafür             hatte keinen Einfluss auf die Gesten, Blicke und Intonie-
werden Rassendiskriminierung und Klassenschranken            rungen, mit denen Mavis Arden ihr Interesse klarmacht
ins Visier genommen. Mae West musste bei GOIN' TO            und den jungen Mann umgarnt.
TOWN ein geringeres Budget als zuvor in Kauf nehmen,          Mittwoch, 20. April 2022, 19.00 Uhr
sie blieb aber die am höchsten bezahlte Gehaltsemp-
fängerin der USA.                                            Every Day's a Holiday (Jeden Tag ist Feiertag) | USA
 Mittwoch, 6. April 2022, 19.00 Uhr                         1937 | R: A. Edward Sutherland | B: Mae West | K: Karl
Struss | M: Leo Shuken | D: Mae West, Edmund Lowe,        My Little Chickadee (Mein kleiner Gockel) | USA
                                 Charles Butterworth, Charles Winninger, Walter Catlett,   1940 | R: Edward F. Cline | B: Mae West, W.C. Fields | K:
                                 Lloyd Nolan, Louis Armstrong, George Rector, Herman       Joseph Valentine | M: Frank Skinner | D: Mae West,
                                 Bing, Roger Imhof | 80 min | OF | Gerade als ein Im-      W.C. Fields, Joseph Calleia, Dick Foran, Ruth Donnelly,
                                 presario die Sängerin Peaches O'Day groß herausbrin-      Margaret Hamilton | 83 min | OmU | Der maskierte Ban-
                                 gen will, muss sie untertauchen, denn sie hat wieder      dit, der eine Postkutsche ausraubt, verschleppt auch
Mae West

                                 einmal die Brooklyn Bridge an einen leichtgläubigen       gleich eine der Insassen, Flower Belle. Als sie hochzu-
                                 Kunden verscherbelt. Die geniale Idee: Die blonde Pea-    frieden zurückkehrt, setzen die anständigen Damen des
                                 ches verschwindet kurz von der Bildfläche und kommt       Ortes sie in den Zug und sorgen dafür, dass in Grease-
 12                              dann als schwarzhaarige Mademoiselle Fifi aus Paris       wood City ein Empfangskomitee wartet. An Bord lernt
                                 wieder, für die der Impresario derweil die Trommel        sie Cuthbert J. Twillie kennen, den sie kurz entschlos-
                                 rührt. Das Manöver gelingt, doch Peaches/Fifi bekommt     sen unterwegs heiratet, um am Ziel »respektabel« zu
                                 durch ihr bewegtes Liebesleben Organisationsproble-       sein. Dort kann sie im Saloon auftreten und trifft sich
                                 me, denn auch ein moralisch aufrechter Detective hat      weiter mit dem maskierten Banditen, während der in-
                                 sich in Peaches/Fifi verguckt, der korrupte New Yorker    kompetente Twillie zum Sheriff gemacht wird, um ihn
                                 Polizeichef (»Why, he's so crooked he uses a corkscrew    loszuwerden. Mae West und W.C. Fields kämpften in
                                 for a ruler!«) sowieso, von einem konservativen Bürger-   der Vorbereitung des Projekts noch Seite an Seite, als
                                 meisterkandidaten und dessen Butler ganz zu schwei-       es um den Stoff ging, doch beim Dreh kamen sie nicht
                                 gen. Eine wichtige Rolle bei der Lösung kommt einer       gut miteinander aus und waren nach Möglichkeit nicht
                                 Parade mit Louis Armstrong zu, bei der Mae West auch      gemeinsam vor der Kamera. Dennoch kam eine Wes-
                                 zeigt, dass sie Schlagzeug spielen kann. »Laugh, sing,    ternkomödie wie keine andere heraus, die die Traditio-
                                 and vote!«                                                nen des Genres respektiert und liebevoll ironisiert.
                                  Mittwoch, 27. April 2022, 19.00 Uhr                      Mittwoch, 4. Mai 2022, 19.00 Uhr
           MY LITTLE CHICKADEE
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