Magga Corts Anatomie für Osteopathen - Leseprobe - Narayana Verlag

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Magga Corts Anatomie für Osteopathen - Leseprobe - Narayana Verlag
Magga Corts
                            Anatomie für Osteopathen
                                              Leseprobe
                                    Anatomie für Osteopathen
                                        von Magga Corts
                            Herausgeber: MVS Medizinverlage Stuttgart

                         https://www.narayana-verlag.de/b25166

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Magga Corts Anatomie für Osteopathen - Leseprobe - Narayana Verlag
2 – Thorakolumbaler Übergang (TLÜ)
60
     2.3
                                                                    der tiefen Frontallinie widerspiegelt. Diese myofasziale
     Diaphragma abdominale                                          Wirkungskette unterstützt die Haltungsstabilität und hat
     (Zwerchfell)                                                   Stützfunktion. Insbesondere das Diaphragma abdominale
                                                                    kann durch Erhöhung des Drucks im Bauchraum in Verbin-
     2.3.1     Diaphragma abdominale                                dung mit der Kontraktion der Bauchmuskeln die Wirbel-
     Anatomie                                                       säule stabilisieren und die Fascia thoracolumbalis funktio-
                                                                    nell im Sinne der Körperstabilität unter Spannung setzen.
     ▶ Abb. 2.13, ▶ Abb. 2.14
     ● wie eine Kuppel zwischen Bauch- und Brustraum auf-

       gehängt                                                      Osteopathische Korrespondenzen
     ● bei maximaler Ausatmung liegt die Zwerchfellkuppel
                                                                    Es bestehen vielfältige Korrespondenzen, da das Dia-
       auf Höhe der 4. Rippe, bei maximaler Einatmung auf           phragma abdominale zur Zentralsehne gehört. Ferner
       Höhe der 7. Rippe                                            gibt es Verbindungen zu den in direkter anatomischer
     ● die rechte Zwerchfellkuppel steht wegen der Größe der
                                                                    Nähe liegenden Strukturen:
       Leber ca. 1–2 cm höher als die linke                         ● Mediastinum, Herz, Perikard (Lig. phrenicopericardia-
     ● Hiatus aorticus: Sehnenbogen (Lig. arcuatum media-
                                                                      cum), Lunge (Pleura parietalis, Fascia endothoracica,
       num) mit rechtem (L 1–L 3) und linkem Crus des Dia-            Fascia phrenicopleuralis), 7.–12. Rippe
       phragmas (L 2–L 3)                                           ● Duodenum, Treitz-Muskel (rechtes Crus, L 1/L 2)
     ● Psoasarkade: Sehnenbogen (Lig. arcuatum mediale)             ● Leber (Lig. falciforme hepatis, Lig. coronarium, Lig. tri-
       von L 2 bis zum Rippenfortsatz L 2                             angulare sinistrum/dextrum), Milz
     ● Quadratusarkade: Sehnenbogen (Lig. arcuatum laterale)        ● Ösophagus, Magen (Lig. gastrophrenicum)
       vom Rippenfortsatz L 2 bis zur Spitze der 12. Rippe          ● Kolon (Lig. phrenicocolicum sinistrum/dextrum)
     ● die sympathische Versorgung für Zirkulation und              ● Nieren (Fascia renalis, Fascia retrorenalis)
       Grundtonus erfolgt aus den Segmenten Th 1–Th 6               ● Peritoneum parietale und viscerale
     ● arterielle Versorgung über die Aa. phrenicae superior

       und inferior, die auf Höhe des Hiatus aorticus direkt        Die Nn. phrenici verzweigen sich ober- und unterhalb
       aus der Aorta austreten (▶ Abb. 2.1)                         des Zwerchfells in viele Einzeläste (Kap. 5.3.3). Es sollen
     ● die Vv. phrenicae inferiores münden direkt in die V. ca-
                                                                    auch Äste zum naheliegenden Peritoneum parietale ver-
       va inferior, die Vv. phrenicae superiores in die V. he-      laufen. Darüber hinaus bestehen direkte Verbindungen
       miazygos ascendens                                           über die Nervenäste von den Nn. splanchnici majores zur
     ● Ursprung:
                                                                    Pars lumbalis des Diaphragmas. Ebenso sollen in zahlrei-
       – Pars costalis: Unterrand des Rippenbogens, Innenflä-       chen Fällen Nervenfasern des Plexus coeliacus mit der
         che der 7.–12. Rippe                                       rechten A. phrenica inferior zum Zwerchfell laufen. Dem-
       – Pars lumbalis (Crus dextrum und Crus sinistrum):           zufolge gibt es ein komplexes Verbindungsnetz zwischen
         • mediale Teile: LWK 1–3, 2. und 3. Zwischenwirbel-        den neurovegetativen Verbindungen der Thorax- und
            scheibe, Lig. longitudinale anterius                    Oberbauchorgane mit dem Zwerchfell.
         • laterale Teile: Sehnenbogen der Psoasarkade (Lig.          Interessant wegen ihres systemischen Bezugs sind ins-
            arcuatum mediale) vom 2. LWK zum dazugehöri-            besondere die ligamentären Anheftungen im Lendenteil
            gen Rippenfortsatz; Sehnenbogen der Quadratus-          (Pars lumbalis) des Diaphragmas, die unterschiedliche
            arkade (Lig. arcuatum laterale) vom Rippenfortsatz      Arkaden bilden (Kap. 2.3.2; ▶ Abb. 2.13, ▶ Abb. 2.14).
            des 2. LWK zur Spitze der 12. Rippe                     Auch der M. transversus abdominis steht über die ge-
       – Pars sternalis: Hinterfläche des Proc. xiphoideus sterni   meinsame Insertion von der Pars costalis des Diaphrag-
     ● Ansatz: Centrum tendineum
                                                                    mas an der Innenfläche der unteren Rippen im funktio-
     ● Funktion:
                                                                    nellen Zusammenhang mit dem Diaphragma (Bauchpres-
       – wichtigster lnspirationsmuskel (Zwerchfell- bzw.           se, Rumpfstabilität) (Kap. 2.3.3, Kap. 2.7.1).
         Bauchatmung)
       – Mitwirkung bei der Bauchpresse
                                                                    Behandlungshinweise
       – erleichtert venös-lymphatischen Rückfluss
       – räumliche Trennung zwischen Bauch- und Brustraum           Aus Sicht der osteopathischen Diagnostik und Behandlung
     ● Innervation: N. phrenicus aus dem Plexus cervicalis          ist daran zu denken, dass z. B. Adhäsionen die Organbewe-
       (C 3–C 5)                                                    gungen stören können und Afferenzen über die Nn. phre-
                                                                    nici zu einem fazilitierten Segment im Bereich C 3–C 5 oder
     Myofasziale Wirkungsketten                                     auch Th 1–Th 6 führen können. Besonders bei therapiere-
                                                                    sistenten Dysfunktionen in den HWS-Segmenten C 3–C 5
     Die Arkaden sind Verstärkungen der Muskelfaszien des           ist an diese Verbindung zu denken. Nicht selten können
     M. quadratus lumborum und M. psoas major. Sie bilden da-       auch Symptome in den zugehörigen Dermatomen, Myoto-
     mit einen Funktionszusammenhang, der sich im Verlauf           men, Sklerotomen und Viszerotomen auftreten.

           aus: Corts, Anatomie für Osteopathen (ISBN 9783132206212) © 2019 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
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2.3 Diaphragma abdominale (Zwerchfell)
                                                                                                                                           61

                                                                Sternum              Pars sternalis
                                                                                     diaphragmatis

                                                                                                           Centrum
                                                                                                           tendineum

                                                                                                                                           Thorakolumbaler Übergang (TLÜ)
                                                                                                                   Foramen
                                                                                                                   venae cavae

   Pars costalis                                                                                                          Mm. inter-
 diaphragmatis                                                                                                            costales

                                                                                                                          Hiatus
Hiatus aorticus                                                                                                           oesophageus

                                                                                                                          Corpus
                                                                                                                          vertebrae

                                                                                                                          Rippe

                                                                                                                 Fascia
                                            Pars lumbalis           M. erector          Pars lumbalis            endothoracica
                                           diaphragmatis,            spinae            diaphragmatis,
                                           Crus sinistrum                               Crus dextrum

▶ Abb. 2.13 Zwerchfell (Ansicht von kranial). Es verschließt muskulär die untere Thoraxapertur. (aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U.
Prometheus, LernAtlas der Anatomie. Innere Organe. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)

                                                                                               Foramen
                               Hiatus                                                          venae cavae
                         oesophageus
                                                                                               Centrum
                         Lig. arcuatum                                                         tendineum
                            medianum
                                                                                               Pars costalis
                                                                                               diaphragmatis
                         Lig. arcuatum
                         laterale (Qua-
                                                                                               Pars lumbalis
                         dratusarkade)
                                                                                               diaphragmatis,
                                                                                               Crus sinistrum
                         Lig. arcuatum
                                mediale                                                        Hiatus aorticus
                         (Psoasarkade)
                                                                                               M. transversus
                         M. quadratus
                                                                                               abdominis
                           lumborum

                              M. psoas                                                         M. psoas major
                                minor

▶ Abb. 2.14 Zwerchfell (Ansicht von ventral). (aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus, LernAtlas der Anatomie. Innere
Organe. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)

     aus: Corts, Anatomie für Osteopathen (ISBN 9783132206212) © 2019 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Magga Corts Anatomie für Osteopathen - Leseprobe - Narayana Verlag
2 – Thorakolumbaler Übergang (TLÜ)
62

     2.3.2   Zwerchfellöffnungen, -lücken und                      Myofasziale Wirkungsketten
             durchtretende Strukturen                             Neben der tiefen Frontallinie ist das Diaphragma abdomi-
     Anatomie                                                     nale ein wichtiger Bestandteil der Zentralsehne. Nach
                                                                  kranial steht damit es in Verbindung mit den intrakrania-
     ▶ Abb. 2.15, ▶ Abb. 2.16, ▶ Abb. 2.17
                                                                  len Membranen. Die fasziale Kontinuität erfolgt über Me-
     ● Hiatus aorticus:
                                                                  diastinum, Halsfaszien, Mandibula, Os hyoideum und
       – Durchtritt von Aorta (Pars descendens) und Ductus
                                                                  Kehlkopf zur Synchondrosis sphenobasilaris.
         thoracicus
                                                                    Nach kaudal reicht die Zentralsehne bis zur Fußinnen-
       – vom Lig. arcuatum medianum begrenzt
                                                                  seite. Über Peritoneum, Fascia iliaca, Beckenboden- und
       – liegt weit dorsal, paramedian links auf Höhe von
                                                                  Adduktorenfaszien kann die Mobilität des Diaphragma
         Th 12
                                                                  abdominale einen weitreichenden Einfluss auf die Region
     ● Hiatus oesophageus:
                                                                  des Beckens und der unteren Extremität haben (Kap.
       – Durchtritt von Ösophagus, Trunci vagales anterior
                                                                  2.3.3).
         und posterior
       – die Speiseröhre ist durch ihre fasziale Einbindung im
         Bereich des Hiatus oesophagus elastisch fixiert          Osteopathische Korrespondenzen und
         (trichterförmig über Fascia supra- und subdiaphrag-      Behandlungshinweise
         matica)                                                  ●   Hiatus aorticus: Osteopathische Dysfunktionen, die
       – sie wird von den Muskelfasern des Zwerchfells um-            das Lig. arcuatum unter Spannung setzen (z. B. erhöh-
         schlossen, die aus den Crura entstammen; diese bei-          ter Zug über die Muskelfaserzüge des Zwerchfells im
         den medial liegenden Muskelfaserzüge überkreuzen             Bereich der Pars lumbalis), können den Lymphfluss im
         sich vorher und wirken wie eine Schlinge                     Ductus thoracicus beeinträchtigen und dadurch die
       – die Zwerchfellbewegung verengt in der Einatmungs-            Drainage der Körperregionen unterhalb des Zwerch-
         phase diese physiologische Engpassstelle des Öso-            fells. Bei Ödemen in den unteren Extremitäten, der Be-
         phagus und führt gleichzeitig dazu, dass die Speise-         cken- und Bauchregion sind zirkulatorische Techniken,
         röhre gestreckt wird                                         wie z. B. das Grand manœvre, und Diaphragmatech-
     ● Foramen venae cavae:                                           niken hilfreich (Kontraindikationen müssen aus-
       – Durchtritt von V. cava inferior und R. phrenicoabdo-         geschlossen sein).
         minalis des rechten N. phrenicus                         ●   Hiatus oesophageus: Unphysiologische Spannungen
       – Foramenrand ist fest mit der Gefäßwand der V. cava           in den Muskelfaserzügen können ggf. die Gleitbewe-
         inferior verwachsen, um das Lumen der Vene jeder             gung der Speiseröhre im Hiatus beeinträchtigen. Mobi-
         Zeit offen zu halten                                          lisierende und detonisierende Techniken für das
     ● Trigonum sternocostale:                                        Zwerchfell können daher hilfreich sein. Osteopathische
       – Durchtritt von A. und V. thoracica interna, A. und           Dysfunktionen im Bereich Th 12–L 2 sind ebenfalls zu
         V. epigastrica superior                                      prüfen.
       – Bereich zwischen den Muskelfasern der Pars sterna-       ●   Foramen venae cavae: Eine störungsfreie Bewegung
         lis und Pars costalis, der durch die Zwerchfellfaszien       des Diaphragma abdominale unterstützt den venösen
         und Fasern des M. transversus abdominis bedeckt ist          Rückfluss.
     ● Trigonum lumbocostale: (Dreieck von Grynfelt, Boch-        ●   Trigonum sternocostale: Adhäsionen in diesem Be-
       dalek-Dreieck):                                                reich können die Zirkulation beeinträchtigen.
       – Bereich zwischen Pars lumbalis und Pars costalis         ●   Trigonum lumbocostale: Hier besteht die Möglichkeit,
       – bindegewebig verschlossen                                    die Niere von dorsal über das Nierenlager zu behan-
     ● Spalten zwischen Crus mediale und Crus laterale:               deln.
       – Durchtritt des Truncus sympathicus                       ●   Das Diaphragma abdominale bildet zusammen mit den
       – lateral von Th 12/L 1                                        Bauchmuskeln und dem Beckenboden die parietale
     ● Spalten im Crus mediale:                                       Umfassung der Bauchorgane. Bei der Einatmung erhöht
       – Durchtritt von V. azygos, V. hemiazygos, Nn. splanch-        sich der intraabdominale Druck auf die Bauchorgane
         nici                                                         und der venös-lymphatische Rückfluss verstärkt sich
                                                                      in Richtung Thorax.

        aus: Corts, Anatomie für Osteopathen (ISBN 9783132206212) © 2019 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Magga Corts Anatomie für Osteopathen - Leseprobe - Narayana Verlag
2.3 Diaphragma abdominale (Zwerchfell)
                                                                                                                                             63

                                                                                             ▶ Abb. 2.15 Durchtrittsöffnungen in der
                                                                 Centrum
          V. cava inferior                                                                   Projektion auf die BWS (Ansicht von links).
                                                                 tendineum
                                                                                             (aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U.
           Lig. arcuatum                                         Oesophagus                  Prometheus, LernAtlas der Anatomie. Innere
              medianum                                           Hiatusschlinge              Organe. Illustrationen von M. Voll und K.

                                                                                                                                             Thorakolumbaler Übergang (TLÜ)
           Pars lumbalis dia-                                                                Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)
                                                                 Aorta
      phragmatis (medialer
     Teil des Crus dextrum)                                 Pars lumbalis dia-
                                                            phragmatis (medialer
                                                            Teil des Crus sinistrum)

                                                                         ▶ Abb. 2.16 Pars lumbalis und Teil des Centrum tendineum
                                                                         (Ansicht von ventral). (aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U.
                                                                         Prometheus, LernAtlas der Anatomie. Innere Organe. Illustrationen
                                                      BWK 8              von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)

                                                      V. cava
                                                      inferior

                                                      Oesophagus

                                                      BWK 10

                                                      BWK 12

                                                      Aorta

                                                     Trigonum     Sternum
                                                   sternocostale                  Pars sternalis M. rectus
                                 Foramen                                          diaphragmatis abdominis
                                                  (Larrey-Spalte)
                                venae cavae
                                                                                                                 Centrum
                                                                                                                 tendineum

          Lig. arcuatum                                                                                                Pars costalis
             medianum                                                                                                  diaphragmatis

         Hiatus aorticus
                                                                                                                          Hiatus
           M. obliquus                                                                                                    oesophageus
    externus abdominis                                                                                                    Pars lumbalis
                                                                                                                          diaphragmatis,
 Pars lumbalis diaphrag-
                                                                                                                          Crus sinistrum
    matis, Crus dextrum
                                                                                                                         Trigonum
            M. obliquus                                                                                                  lumbocostale
     internus abdominis                                                                                                  (Bochdalek-
         M. transversus                                                                                                  Dreieck)
             abdominis                                                                                                 M. latissimus
                                                                                                                       dorsi
               M. quadratus
                 lumborum                                                                                        Lig. arcuatum
                                                                                                                 laterale
                                                                                                                 (Quadratusarkade)
                                           M. psoas       Corpus         M. erector    Lig. arcuatum mediale
                                            major        vertebrae        spinae            (Psoasarkade)

▶ Abb. 2.17 Zwerchfellöffnungen und -lücken (Ansicht von kaudal). (aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus, LernAtlas der
Anatomie. Innere Organe. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012)

     aus: Corts, Anatomie für Osteopathen (ISBN 9783132206212) © 2019 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
2 – Thorakolumbaler Übergang (TLÜ)
64

     2.3.3   Atembewegung                                         ryngis) mit dem Zwerchfell in Verbindung. Pharynx, Os
     Physiologie                                                  hyoideum (über Lig. stylohyoideum), Cartilago thyroidea
                                                                  und Mandibula stehen mit der Fascia pharyngobasilaris,
     Zum Atemvolumen leistet das Zwerchfell einen wesentli-
                                                                  Fascia buccopharygea und Fascia praetrachealis in Ver-
     chen Beitrag. Die Kapazität der Einatmung ergibt sich aus
                                                                  bindung, die ebenfalls über die Zentralsehne mit dem
     dem Druck- und Volumenverhältnis von Brust- und
                                                                  Zwerchfell korrespondieren. Das Os occipitale (Pars basi-
     Bauchhöhle. Genau diese beiden Höhlen trennt das Dia-
                                                                  laris) korrespondiert über das Lig. longitudinale anterius
     phragma abdominale. Durch seine Kontraktionskraft er-
                                                                  mit den Anheftungen des Zwerchfells an der Wirbelsäule
     höht es den Druck im Abdomen (das Diaphragma pelvis/
                                                                  (Kap. 2.4.8).
     urogenitale bietet hier den kaudalen Widerstand) und
                                                                    Auch die Art des Sprechens und der Lautbildung kann
     vergrößert gleichzeitig das Volumen im Thorax. Die Kup-
                                                                  entscheidend über die Atmung und die Spannung des
     peln des Zwerchfells gleiten durch die Kontraktion der
                                                                  Zwerchfells in Verbindung mit dem M. transversus abdo-
     Muskelfasern dabei nach kaudal und flachen sich ab.
                                                                  minis beeinflusst werden. Atmungsart und Zwerchfell-
       Der Brustkorb funktioniert als Einheit bei der Atembe-
                                                                  bewegung wirken dabei u.a. über verschiedene myofas-
     wegung. Bei der Einatmung (Inspiration) vergrößern sich
                                                                  zialen Wirkungsketten auf Zirkulation, Verdauung, Kör-
     der sagittale, transversale und longitudinale Durchmes-
                                                                  perstatik und Sprachbildung.
     ser des Brustkorbs (▶ Abb. 2.18). Bei der Ausatmung (Ex-
     spiration) reduzieren sich die Durchmesser entspre-
     chend.                                                       Osteopathische Korrespondenzen
                                                                  Uneingeschränkte Gleiteigenschaften der beteiligten
     Myofasziale Wirkungsketten                                   Strukturen sind eine wesentliche Voraussetzung für die
                                                                  physiologischen Bewegungsabläufe bei der Atmung.
     Zwerchfellbewegung und Atmung bedingen sich gegen-
                                                                     Die unter dem Diaphragma liegenden Organe werden
     seitig. Die komplexe Einbindung des Diaphragma abdo-
                                                                  bei der Inspiration durch die Raumveränderung in ihrer
     minale in die Zentralsehne und tiefe Frontallinie kann für
                                                                  Form verändert und gegen die ventrale Bauchwand ge-
     die Körperstatik Konsequenzen haben. Parietale Dysfunk-
                                                                  drückt. Dabei hebt sich der vordere Rand der unteren
     tionen im Bereich des Thorax, z. B. Rippengelenkblocka-
                                                                  Thoraxapertur, die vordere Bauchwand wird gestreckt.
     den, können die Bewegung des Zwerchfells ebenso beein-
                                                                     Durch die Adhäsionskräfte (Peritonealüberzug) sind
     flussen wie die Körperstatik z. B. bei einer starken BWS-
                                                                  u. a. die Oberbauchorgane wie der Magen und die Dick-
     Kyphose (Kap. 2.4.14, Kap. 2.4.7). Umgekehrt können
                                                                  darmabschnitte verschieblich mit dem Zwerchfell ver-
     Dysfunktionen des Zwerchfells, z. B. aufgrund einer ver-
                                                                  bunden. So wie die Organe über die Zwerchfellbewegung
     minderten Elastizität oder von dysfunktionalen Adhäsio-
                                                                  in Form und Lage verändert werden können, können Or-
     nen im Bereich der Nachbarorgane (Herz, Lunge, Leber,
                                                                  gane bei veränderter Größe (z. B. Magenfüllung) oder
     Gallenblase, Magen, Duodenum, Milz, Nieren, Kolon), das
                                                                  verminderter Elastizität (Folge von Narben, faszialen Ad-
     Gleichgewicht der Körperstatik negativ beeinflussen und
                                                                  häsionen) auch die Bewegung des Zwerchfells negativ be-
     weitreichenden Einfluss auf die OAA und das Kranium
                                                                  einflussen.
     haben (Kap. 2.4.7, Kap. 2.4.10). Über vielfältige fasziale
                                                                     Bei Dysfunktion des Zwerchfells, z. B. in Exspiration
     Verbindungen können von einer dysfunktionalen Bewe-
                                                                  links, sind u. a. insbesondere die Oberbauchorgane Ma-
     gung des Zwerchfells auch Organe des Beckens betroffen
                                                                  gen, Colon transversum und Kolonflexur links auf Dys-
     sein, z. B. die Harnblase. Die Bogensehne, die der Gegen-
                                                                  funktionen zu untersuchen.
     spieler zu den Rückenfaszien ist, korrespondiert über Lig.
                                                                     Die Muskelfasern der Pars lumbalis und Pars costalis
     coronarium, Lig. falciforme, Lig. teres hepatis, Umbilicus
                                                                  sind länger als in der Pars sternalis. Folglich sind die Zug-
     und Plica umbilicalis mediana zwischen Apex der Harn-
                                                                  kraft und das Bewegungsausmaß im kostolumbalen Be-
     blase und dem Zwerchfell.
                                                                  reich auch ausgeprägter. Eine hohe Lendenlordose kann
        Nach kranial ist über die Zentralsehne, Bogensehne
                                                                  ein Hinweis auf eine unphysiologisch verstärkte Zugkraft
     und tiefe Frontallinie bei der Atembewegung des Zwerch-
                                                                  über das Zwerchfell sein und muss näher untersucht wer-
     fells eine Wirkung auf das Kranium und die Synchondro-
                                                                  den.
     sis sphenobasilaris möglich. Dysfunktionen des Zwerch-
                                                                     Entscheidend für die Funktionalität sind die Appositi-
     fells können auf Os temporale und Mandibula über die
                                                                  onszone zwischen Pleura und kranialer Seite des Zwerch-
     unterschiedlichen Anteile der Fascia cervicalis Einfluss
                                                                  fells sowie die Entfaltung der Reserveräume im thorako-
     nehmen. Eine Wechselwirkung vom Zwerchfell zum Os
                                                                  lumbalen Übergang Kap. 2.4.14).
     occipitale (Tuberculum pharyngeum) ist über die Pleura
                                                                     Die Atmung wird zentral über das Atemzentrum in der
     zur Fascia cervicalis (Lamina praevertebralis) möglich. Os
                                                                  Medulla oblongata gesteuert. Atemantrieb ist im Wesent-
     temporale (Pars petrosa), Os sphenoidale (Proc. pterygoi-
                                                                  lichen die Parameter O2-, CO2-Gehalt und pH-Wert des
     deus) und Os occipitale (Tuberculum pharyngeum) ste-
                                                                  Bluts. Sie werden von Presso- und Chemorezeptoren an
     hen über die fasziale Anheftung des Rachens (Raphe pha-
                                                                  verschiedenen Stellen im Körper gemessen, z. B. der O2-

        aus: Corts, Anatomie für Osteopathen (ISBN 9783132206212) © 2019 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
2.3 Diaphragma abdominale (Zwerchfell)
                                                                                                                                      65

Gehalt im Aortenbogen und im Karotisdreieck (Kap.                    Behandlungshinweise
1.1.3). Der Grundrhythmus der Atmung kann u.a. über                  Körpereigene rhythmische Bewegungen u.a. von Atmung,
folgende Faktoren beeinflusst werden: Irritation der Bro-            Herzschlag und Liquor (PRM) stellen wichtige Dynamiken
chialschleimhaut (z. B. durch Staub, der einen Hustenre-             dar, die für die osteopathische Behandlung genutzt wer-

                                                                                                                                      Thorakolumbaler Übergang (TLÜ)
flex auslöst), erhöhte Muskelaktivität (z. B. durch Sport,           den. Denn Rhythmen ermöglichen Austauschprozesse auf
körperliche Arbeit), Wärme- und/oder Kältereize über                 jeder Gewebeebene und stehen eng mit dem ZNS in Ver-
die Haut, Körpertemperaturveränderungen (z. B. Fieber),              bindung. Besonders der PRM, der sich aus der Mobilität
Emotionen (z. B. Freude, Schmerz, Angst) und Blutdruck-              der reziproken duralen Spannungsmembran und der Schä-
abfall.                                                              delknochen, der Motilität von Gehirn und Rückenmark
                                                                     und der Mobilität des Sakrums ergibt, ist Grundlage der
                                                                     kraniosakralen Behandlungstechniken. So soll mit der
                                                                     CV4-Technik eine bessere Zellversorgung und Lymphbewe-
                                                                     gung erreicht werden, indem die Liquorbewegung ansteigt
                                                                     und der Flüssigkeitsaustausch damit verstärkt wird.

                           a                           b                               c

                            Exspirationsstellung

                                                                              Angulus
                                                                           infrasternalis

                           d                       e                               f

                            Inspirationsstellung              transversaler                 sagittaler
                                                           Thoraxdurchmesser           Thoraxdurchmesser

▶ Abb. 2.18 Bewegungen des Brustkorbs während der Brust- oder Rippenatmung. a–c Ausatmung (Exspiration). d–f Einatmung (Inspirati-
on). (aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus, LernAtlas der Anatomie. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illus-
trationen von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2011)

     aus: Corts, Anatomie für Osteopathen (ISBN 9783132206212) © 2019 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Magga Corts
                                    Anatomie für Osteopathen
                                    Lehrbuch und Atlas

                                    528 Seiten, geb.
                                    erschienen 2019

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