Marktstudie Vietnam für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung - iMove Germany
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Marktstudie Vietnam für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung TRAINING – MADE IN GERMANY EinE initiativE vom
Impressum Herausgeber: iMOVE beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) Robert-Schuman-Platz 3 53175 Bonn Projektleitung: Monika Muylkens, Hans-Gerhard Reh iMOVE (International Marketing of Vocational Education) ist eine Initiative vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zur Förderung des Exports deutscher beruflicher Aus- und Weiterbildung. Deutschen Anbietern hilft iMOVE mit einem umfangreichen Serviceangebot bei der Erschließung internationaler Märkte. Mit der Marke „Training – Made in Germany“ wirbt iMOVE im Ausland für deutsche Kompetenz in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Inhalt: Gesellschaft für Projektierungs- und Dienstleistungsmanagement mbH (gpdm) Breslauer Straße 31 33098 Paderborn Autorin: Eva Bernecker Layout & Satz: MIC GmbH, Köln, www.mic-net.de Druck: print24 Haftungsausschluss: Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen die Autoren und Herausgeber keine Gewähr. Alle Rechte vorbehalten, auch die der fotomechanischen Wiedergabe und der Speicherung in elektronischen Medien. Diese Publikation wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt grundsätzlich bei iMOVE, für spezifische Inhalte bei gpdm mbH. Bildquellennachweis: Eva Bernecker: S. 17, 18, 20, 21, 37, 39 Michael Petzsche: S. 30, 33 © Januar 2012
Inhaltsverzeichnis � Inhalt � Abkürzungen 7� Zusammenfassung � 8� 1 � Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen 9� 1.1 � Bevölkerung, arbeitsmarkt, Kaufkraft, Urbanisierung 9� 1.2 � Wirtschaftsleistung, Branchen, investitionsfelder 10� 1.3 � außenwirtschaft, importe aus Deutschland, Wettbewerber 12 � 1.4� Wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen zu Deutschland 13� 2 � Bildungssystem 15 � 2.1 � Schulsystem 16 � 2.2 � Berufsbildung 16 � 2.3 � Hochschulbildung 17� 2.4 � Fort-/Weiterbildung 19� 2.5 � Bildungspolitische Rahmenbedingungen 19� 2.6 � Gesellschaftlich-kulturelle Stellung von Bildung 23 � 2.7 � Beziehungen zu Deutschland im Bereich Bildung 23 � 3 � Aus- und Weiterbildungsmarkt und Exportmöglichkeiten 25 � 3.1 � Status, Entwicklung und Bedarf im Bereich beruflicher aus- und Weiterbildung 25 � 3.2 � vietnamesische Bildungsträger in der beruflichen aus- und Weiterbildung 27 � 3.3 � internationale anbieter beruflicher aus- und Weiterbildung 28 � 3.4 � Deutsche anbieter beruflicher aus- und Weiterbildung und Kooperationen mit vietnamesischen Bildungsträgern 31 � 3.5 � Personalgewinnung und Qualifizierung – Beispiele deutscher Firmen in vietnam 33 � 3.6 � Finanzielle Rahmenbedingungen 37 � 3.7 � Rechtliche Rahmenbedingungen 38 � 3.8 � Praktische Hinweise 39 � 5
Inhaltsverzeichnis � 4 Informationsangebote und Kontakt- und Marketingmöglichkeiten 41 � 4.1 Einrichtungen in Deutschland 41 � 4.2 vietnamesische Einrichtungen und organisationen 43 � 4.3 Deutsche Einrichtungen in vietnam 46 � 4.4 vereine und verbände in vietnam 47 � 4.5 internationale institutionen in vietnam 50 � 4.6 Weitere adressen in vietnam 50 � 4.7 messen und Fachveranstaltungen 51 � 4.8 Fachmedien und allgemeine Presse 51 � 4.9 Datenbanken zur weiteren adressrecherche 52 � Quellen- und Literaturverzeichnis 53 � Anhang 58 � 6
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen aa auswärtiges amt KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau aDB asian Development Bank KPv Kommunistische Partei vietnam aFD L'agence Française de Développement moEt ministry of Education and training aHK auslandshandelskammer moLiSa ministry of Labour, invalids and Social affairs aWS american Welding Society moSt ministry of Science and technology aPEK asia-Pacific Economic Cooperation PPP Public Private Partnership aSEan association of Southeast asian nations StamEQ Directorate for Standards and Quality im BFW Bau Sachsen Berufsförderungswerk Bau Sachsen ministerium für Wissenschaft und Forschung BiBB Bundesinstitut für Berufsbildung tERma technology and Resources management in the BiP Bruttoinlandsprodukt tropics and Subtropics BmBF Bundesministerium für Bildung und tRiPS agreement on trade Related aspects of Forschung intellectual Property Rights BmZ Bundesministerium für wirtschaftliche tvEt technical and vocational Education and Zusammenarbeit und Entwicklung training Cim Centrum für internationale migration Un United nations und Entwicklung UnDP United nations Development Programme CtSi Construction technical Services inc. UniDo United nations industrial Development CUWC College of Urban Works Construction organization DaaD Deutscher akademischer vatC vietnamese american training Center austauschdienst vaWR vietnam academy for Water Resources DEG Deutsche investitions- und vCCi vietnam Chamber of Commerce and industry Entwicklungsgesellschaft vEt vocational Education and training DmG Deckel maho Gildemeister vGCL vietnam General Confederation of Labour DoLiSa Department of Labour, invalids and vGU vietnamese German University Social affairs vSRC vocational Science Research Center DvS Deutscher verband für Schweißtechnik vvta vietnam vocational training association EBG Europäisches Bildungswerk für Beruf WB Weltbank und Gesellschaft WiPo World intellectual Property organization EU Europäische Union Wto Welthandelsorganisation EuroCham European Chamber of Commerce FES Friedrich-Ebert-Stiftung GBa German Business association GDvt General Directorate for vocational training GEnEv German Education network for Employability in vietnam GiZ Deutsche Gesellschaft für Wechselkurse, Stand: 14. November 2011 internationale Zusammenarbeit 1 EUR = 1,3622 USD, 1 USD = 0,7342 EUR Gtai Germany trade & invest 1 EUR = 28.619 vnD, 100.000 vnD = 3,49 EUR HCmC Ho-Chi-minh City, Ho-Chi-minh-Stadt 1 USD = 21.013 vnD, 100.000 vnD = 4,75 USD HwC Handwerks-Center Quelle: Währungsrechner, www.finanzen.net/ iHK industrie- und Handelskammer waehrungsrechner/ 7
Zusammenfassung Deutschland und Vietnam pflegen nicht nur aufgrund großen Zahl junger Menschen, einem Lernwillen, der der engen Wirtschaftsbeziehungen eine spezielle Ver- sich durch alle Gesellschafts- und Altersgruppen zieht, bindung. Gut 100.000 Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie einem ausgeprägten persönlichen Ehrgeiz findet in Deutschland mit vietnamesischem Hintergrund und jede Verbesserung des vietnamesischen Bildungsange- etwa 100.000 deutschsprachige Vietnamesinnen und botes hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Vietnamesen in Vietnam prägen auch sehr persönliche Kontakte zwischen beiden Ländern. Allerdings liegt dabei das Interesse an Berufsbildung noch weit hinter dem an Hochschulbildung zurück. Seit Beginn der politischen Reformen und der Öffnung Obwohl die Arbeitsmöglichkeiten mit einem Hoch- Vietnams im Jahr 1986 entwickelte sich die vietname- schulabschluss in Vietnam häufig schlechter sind als sische Wirtschaft positiv. Ziel der Regierung ist es, bis mit einer beruflichen Ausbildung, gilt letztere nur als 2020 zum Kreis der Industriestaaten zu gehören. „zweite Wahl“. Dabei stehen sowohl für die berufliche als auch für die universitäre Bildung zinsgünstige Hier ist Vietnam auf einem guten Weg. Allerdings sind staatliche Darlehen für Lebenshaltungskosten und einzelne Hindernisse noch zu überwinden. Dazu zäh- Kursgebühren zur Verfügung. len der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die Siche- rung der Stromversorgung und insbesondere auch die Erklärtes Ziel der Regierung Vietnams ist es, die Leis- maßgebliche Verbesserung des Bildungssystems. tungsfähigkeit der Berufsbildung und der Hochschul- bildung zu verbessern, damit Bildung zum Motor der Während Vietnam im Grundschulbereich auf große wirtschaftlichen Entwicklung wird. Erfolge blicken kann, haben Berufsausbildung und Hochschulbildung noch nicht das gewünschte Niveau Im Jahr 2011 wurden hierzu umfangreiche Reformen erreicht. Zum einen fehlt es an Ausbildungsplätzen, so und Maßnahmen beschlossen und in die Wege geleitet. dass die Mehrzahl der Schulabsolventinnen und -ab- Von diesen Maßnahmen profitieren die vietname- solventen nicht zur höheren Bildung zugelassen wird sische sowie die deutsche Wirtschaft vor Ort. Die und deshalb unmittelbar nach der Schulzeit eine Arbeit Reformen ziehen zu Recht auch die Aufmerksamkeit aufnimmt. Zum anderen entspricht die Qualität der der deutschen Bildungsbranche auf sich. Die vorlie- Hochschulbildung und insbesondere der beruflichen gende iMOVE-Marktstudie zeigt auf, inwiefern sich Bildung noch nicht den Erfordernissen der moderni- insbesondere aus den aktuellen Reformen Chancen für sierten und prosperierenden Wirtschaft Vietnams. deutsche Bildungsträger ergeben. Die vietnamesische Bevölkerung ist traditionell sehr an Bildung und persönlicher Entwicklung interessiert. 70 % der Bevölkerung ist unter 30 Jahre alt. Mit dieser 8
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen 1.1 Bevölkerung, Arbeitsmarkt, Jedes Jahr suchen etwa 1 Mio. junger Menschen in Vietnam ihren Einstieg in den Arbeitsmarkt. Trotz Kaufkraft, Urbanisierung dieser großen Zahl neuer Arbeitskräfte herrscht auch in Vietnam Fachkräftemangel. Dies liegt einerseits an Mit 332.000 km² und 87 Mio. Einwohnern ist der positiven Wirtschaftsentwicklung. Andererseits Vietnam ungefähr so groß und bevölkerungsreich verfügen nur die wenigsten Berufsanfänger über eine wie Deutschland. Die beiden größten Religionsgemein- nachschulische Ausbildung (vgl. European Chamber schaften in Vietnam sind der Buddhismus und das of Commerce 2011a; Institute of Labour Science and Christentum. 70 % der Einwohner bekennen sich zum Social Affairs 11.2010). buddhistischen Glauben, 8 % sind Katholiken. Etwa 10 Mio. Bürgerinnen und Bürger gehören zu ethni- Der Erwerbstätigenanteil lag im Jahr 2007 bei 75 %. schen Minderheiten, wie der Gruppe der Hmong, der Nach wie vor arbeitet ein Großteil insbesondere in Thai, der Khmer oder der Chinesen (vgl. Auswärtiges den ländlichen Regionen im informellen Sektor, unter Amt 08.2011). entsprechend schlechteren Arbeitsbedingungen (European Chamber of Commerce 2011b). Die Regierungsform Vietnams ist das Einparteien- system. Einzige Partei ist die Kommunistische Partei Vietnam ist Mitglied bei den Vereinten Nationen Vietnam (KPV) mit 2,8 Mio. Mitgliedern. Eine Gewal- (UN, United Nations), dem südostasiatischen Staa- tenteilung ist in der vietnamesischen Verfassung aus tenverbund Association of Southeast Asian Nations dem Jahr 1992 nicht vorgesehen. Vietnam ist aufgeteilt (ASEAN), dem ASEAN Regional Forum, der Weltbank in 63 Provinzen, davon sind 58 Flächenprovinzen. Die (WB), dem Internationalen Währungsfond IWF, der fünf Provinzen Hanoi, Da Nang, Ho-Chi-Minh-Stadt, Asiatischen Entwicklungsbank (ADB, Asian Develop- Can Tho und Haiphong sind unabhängige Stadtverwal- ment Bank) und der Asiatisch-Pazifischen Wirtschafts- tungen. kooperation APEC (Asia-Pacific Economic Coopera- tion). Seit 2009 gehört Vietnam mit über 1.000 USD Jahres- durchschnittseinkommen pro Kopf zu den „Middle Mit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) Income Countries“. Die absolute Armut ist statistisch im Januar 2007 hat sich Vietnam zu Nichtdiskriminie- im Zeitraum 1993 bis 2011 von 58 % auf 10 % gesun- rung, Transparenz, Abbau von Handelshemmnissen ken (vgl. Germany Trade & Invest 31.08.2011). und Abschaffung bestehender Quoten sowie zum Schutz geistigen Eigentums verpflichtet. Der Beitritt Die Wirtschaftskraft ist regional ungleich verteilt: wurde auch als politisches Signal und als wesentliche 60 % der Bevölkerung wohnt auf dem Land und wirtschaftspolitische Weichenstellung gesehen. Er erwirtschaftet lediglich 20 % des Volkseinkommens, setze nicht zuletzt bei den Auslandsinvestitionen in während die Einwohner von Ho-Chi-Minh-City Vietnam kräftige Impulse (Konrad-Adenauer-Stiftung (HCMC) ein Zehntel der Gesamtbevölkerung ausma- 13.04.2007). chen und ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaften. Die Einwohner von HCMC erzielten so im Jahr 2010 mit 104 Mio. USD ein Pro-Kopf-Einkom- men von 1.260 USD (vgl. Auswärtiges Amt 10.2011c). 9
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen Vietnam China Burma Hainan Laos thailand vietnam Kambodscha 2010 übte Vietnam die rotierende, einjährige ASEAN- Seit Ende 2010 ist die Inflation in Vietnam wieder auf Präsidentschaft aus. Der Verbund strebt an, bis zum über 20 % gestiegen. Hauptursachen der Inflation sind Jahr 2015 eine „ASEAN Economic Community“ zu das chronische Handelsbilanzdefizit des Landes von werden, die, ähnlich wie die Europäische Union (EU), 12,4 Mrd. USD im Jahr 2010, der wachsende Vertrau- einen Binnenmarkt formen soll (vgl. Germany Trade ensverlust in die heimische Währung „vietnamesischer & Invest 31.08.2011). Dong“ (VND) und eine langjährige exzessive Geld- politik. Das Handelsbilanzdefizit kann auch durch die ausländischen Direktinvestitionen und die erheblichen Überweisungen der Auslandsvietnamesinnen und 1.2 Wirtschaftsleistung, -vietnamesen von etwa 8 Mrd. USD pro Jahr nicht Branchen, ausgeglichen werden. Die Direktinvestitionen umfas- Investitionsfelder sen ein Volumen von 17,2 Mrd. USD, sind über 969 Investitionsprojekte verteilt und stammen vor allem aus Singapur, den Niederlanden und der Republik Vietnam erlebt seit der wirtschaftlichen Öffnung hin Korea (vgl. Germany Trade & Invest 16.11.2010; zu einer „sozialistischen Marktwirtschaft“ im Rahmen Herr/Stachuletz 12.2010). der Reform „Doi Moi“ im Jahr 1986 einen kontinuier- lichen Wirtschaftsaufschwung mit Wachstumsraten Im Zuge der Mitgliedschaft bei der WTO wurden von durchschnittlich 7 %. Von der Wirtschafts- und Reformen bei den Staatsunternehmen angekündigt, Finanzkrise 2009 hat sich das Land vergleichsweise allerdings noch nicht vollständig umgesetzt. Von etwa schnell erholt, nicht zuletzt aufgrund staatlicher 12.000 staatlichen Unternehmen im Jahr 1989 ist die Konjunkturpakete, die mit einem Volumen von 8 Mrd. Zahl im Jahr 2011 auf etwa 1.500 gesunken und ihr USD rund 8,5 % des BIP ausmachen (vgl. Auswärtiges Anteil an der Wirtschaftskraft hat sich von 60 % im Amt 10.2011c). Jahr 2000 auf 30 % im Jahr 2011 halbiert. Allerdings 10
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen � verfügen diese staatlichen Unternehmen noch über • Technologietransfer (vgl. Botschaft der Sozialisti 60 bis 70 % der natürlichen und finanziellen Ressour schen Republik Vietnam in Deutschland 2011). cen. Besonders in den Schlüsselbereichen Kohle, Öl und Gas, Elektrizität sowie Chemie und Düngemittel Im Kontext von Sonderzonen wie Gewerbegebieten, dominieren die staatlichen Unternehmen. So gehören Exporthandelszonen, Wirtschaftszonen und High derzeit noch 34 staatliche Unternehmen zur Gruppe Tech-Zonen werden Unternehmen weitere Vergünsti der landesweit 50 umsatzstärksten Firmen. Neun von gungen gewährt. Diese Zonen sind über ganz Vietnam ihnen sind sogar unter den „Top Ten“ (vgl. Germany verteilt und werden sowohl in Vietnam als auch im Trade & Invest 19.07.2011; Germany Trade & Invest Ausland vermarktet, um weitere Investitionen anzu 13.10.2011). ziehen. Weil diese Zonen in der Regel außerhalb der Ballungszentren liegen und dadurch der Arbeitskräfte Vietnam strebt den Wandel in eine wissensbasierte mangel frappierend ist, ist die Akquise von Facharbei Wirtschaft und Gesellschaft an. Dazu bietet die Regie terinnen und Facharbeitern sowie die Weiterbildung rung entsprechende Anreize und investiert beispiels von potenziellen Arbeitskräften jetzt ein integraler Be weise in folgende Projekte: standteil dieser Zonen. Entsprechend werden in diesen • Herstellung von High-Tech-, biotechnologischen Zonen gezielt Bildungsinstitutionen angesiedelt und oder informationstechnischen Produkten bereits frühzeitig Arbeitskräfte angeworben. Zusätzlich werden die Etablierung von High-Tech-Zonen und die • Herstellung von industriegefertigten mechanischen Gründung entsprechender Zentren durch ein separates Produkten nationales Programm bis 2020 gefördert. • Züchtung von Nutztieren und Nutzpflanzen • Hochtechnologieforschung und Einsatz moderner Technologien Anteile der verschiedenen Wirtschaftssektoren am BIP (in Prozent) im Jahr 2010 � Elektrizität, Bildung und 3,53 Gas, Wasser Weiterbildung Bauwirtschaft 2,63 verwaltung und 7,02 2,79 Bergbau Soziale Sicherheit verarbeitende 3,58 immobilienwirt- industrie schaft und Beratung 10,86 4,08 Hotel und 0,73 � 4,31 Restauration Fischerei transport, Lagerhaltung 3,74 Forstwirtschaft 6,35 und Kommunikation Landwirtschaft weitere Dienstleistungen 19,68 Handel 16,11 14,59 Gesamt: Gesamt: Gesamt: 21 41 38 Land- / Forstwirt- Produzierendes Dienstleistungen schaft, Fischerei Gewerbe Quelle: allgemeines Statistikamt vietnam 2011 11
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen Welthandel Vietnam in mrd. USD 90 Export import 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Quelle: allgemeines Statistikamt (vietnam), zitiert aus: Botschaft der Sozialistischen Republik vietnam in Deutschland 2011, S. 11 Ende 2011 sahen sich private Investoren in Vietnam sowie Elektronikprodukte. Wichtigster Absatzmarkt hohen Zinsen ausgesetzt, während der Staat im Kampf für vietnamesische Produkte sind die USA mit knapp gegen die Inflation und zur Verhinderung weiterer 20 % aller vietnamesischen Exporte vor der EU und Abwertungen seine Ausgaben beschränkte. Daneben Japan. Die wichtigsten Lieferländer sind die asiatischen versucht der Staat, durch gezielte Einfuhrbeschränkun- Nachbarstaaten Vietnams, allen voran China. Im Jahr gen, wie bei der Sonderbesteuerung von Luxusgütern, 2010 ist der Außenhandel stark gewachsen, die Exporte das Handelsbilanzdefizit zu verringern und die ansäs- stiegen von 56,5 Mrd. USD auf 71,6 Mrd. USD und sige Industrie zu stärken. Die Auslandsinvestitionen in die Importe von 68,8 Mrd. USD auf 84 Mrd. USD Vietnam bleiben dennoch stabil. Der private Konsum (vgl. Germany Trade & Invest 07.06.2011). in Vietnam ist gegenwärtig durch steigende Nah- rungsmittel-, Strom- und Kraftstoffpreise belastet Deutschland ist der größte Handelspartner Vietnams (vgl. Auswärtiges Amt 10.2011c). innerhalb Europas. Zu den wichtigsten vietnamesi- schen Exporten nach Deutschland zählen Schuhe, Textilien, Kaffee, Pfeffer, Meeresfrüchte sowie Elek- tronikartikel und Möbel. Bedeutende Importe aus 1.3 Außenwirtschaft, Importe Deutschland sind Maschinen, Fahrzeuge, technische aus Deutschland, Anlagen und Produkte der chemischen Industrie. Wettbewerber Im Jahr 2010 stiegen die Exporte nach Deutschland um fast 30 % auf knapp 3 Mrd. EUR, im ersten Halbjahr Vietnams wichtigste Exportprodukte sind Textilien, 2011 sogar um fast 40 %. Die deutschen Importe wuch- Schuhe, Rohöl, Fisch und Meeresfrüchte, Elektronik- sen ebenfalls um 30 % auf 1,5 Mrd. EUR bei einem artikel, Möbel sowie Holzprodukte und Reis. Zu den Handelsbilanzüberschuss von 1,5 Mrd. EUR im Jahr häufigsten Importgütern zählen neben Maschinen und 2010 (vgl. Germany Trade & Invest 13.10.2011). Ersatzteilen auch Stahl, Stoffe für die Textilindustrie 12
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen SWOT-Analyse des Marktes Vietnam Die SWot-analyse gilt als instrument zur Situationsanalyse und Strategieentwicklung. Sie betrachtet Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken. in einer SWot-analyse (Strenghts, Weaknesses, opportunities, threats) zum Wirtschaftsstandort vietnam sieht die Gesell- schaft für außenwirtschaft und Standortmarketing der Bundesrepublik Deutschland, Germany trade & invest (Gtai), mitte 2011 als Stärken vietnams die stabile politische Lage, die junge und als fleißig geltende Bevölkerung sowie die durchschnitt- lich niedrigen Lohnkosten. Dem werden als Schwächen die fehlende demokratische Legitimation der Regierung, Engpässe bei qualifiziertem Personal und daraus resultierende hohe Kosten, ein stockender Reformprozess im Staatsunternehmens- sektor und infrastrukturelle Defizite wie die mangelhafte Stromversorgung und schlechte transportmöglichkeiten gegenüber- gestellt. als vietnams Chancen identifiziert Gtai eine exportorientierte, arbeitsintensive Fertigung mit hohen Stückzahlen, den hohen nachholbedarf bei Konsumgütern mit zunehmender Wertschätzung von Qualität und die möglichst über interna- tionale Gelder finanzierten infrastrukturprojekte. als Risiken gelten eine wenig leistungsfähige Zulieferindustrie, das wach- sende Handelsbilanzdefizit und die verteuerung der importe durch die abwertung der Landeswährung sowie intransparente bürokratische vorgänge und die Häufung von Korruptionsfällen. Daneben werden Repressionen gegenüber Kritikern und die zunehmende Umweltbelastung von Luft und Wasser als weitere Risiken gesehen (vgl. Germany trade & invest 07.06.2011). 1.4 Wirtschaftliche, 1,5 Mrd. EUR Unterstützung in Form von Krediten und Projektfinanzierungen aus Deutschland erhalten politische und kulturelle (vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- Beziehungen zu menarbeit und Entwicklung 2004). Für die Verwen- dung der 2011 vereinbarten neuen deutschen Kredite Deutschland und Zuschüsse in Höhe von 467 Mio. EUR wurde die Gründung einer Stiftung beschlossen. Neben den The- Als Investor nimmt Deutschland in Vietnam im men Umweltschutz, Energie, Gesundheit und Verkehr europäischen Vergleich nur Platz 5 ein, im weltweiten ist die Verbesserung der Berufsausbildung ein Schwer- Vergleich Platz 24 von 92 Auslandsinvestoren. Bis punkt der Kooperation. 2010 investierte Deutschland mit einem Gesamtkapital von 850 Mio. USD in Vietnam. Nicht berücksichtigt Gegenwärtig wird ein „Deutsches Haus“ in Hanoi sind dabei die weiteren deutschen Investitionen, die geplant, das ein Domizil und Präsentationsort für deut- deutsche Unternehmen nicht direkt in Vietnam leisten, sche Unternehmen und Organisationen werden und sondern über ihre Regionalbüros in Südostasien ab- als Kontaktforum dienen wird. Das Deutsche Haus soll wickeln. Diese Investitionen gehen nicht als deutsche, sich zu einem Markenzeichen für HCMC entwickeln sondern als regionale Investitionen in die Statistik ein. (vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregie- rung 12.10.2011). Während des Staatsbesuchs von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in Vietnam im Oktober 2011 schlossen Bei allen gemeinsamen Vorhaben und Aktivitäten ist Deutschland und Vietnam die gemeinsame „Hanoier die enge Verbindung zwischen Vietnam und Deutsch- Erklärung“ ab. Kernstück dieses Abkommens ist die land aus den langjährigen Austauscherfahrungen Gründung einer strategischen Partnerschaft, die an hilfreich. Schon im Jahr 1952 schrieb sich eine erste die traditionell guten Beziehungen der beiden Länder Gruppe Vietnamesinnen und Vietnamesen als Studie- anknüpft und die Bereiche Wirtschaft, Wissenschafts- rende an den Universitäten der früheren Deutschen austausch, Kultur, Entwicklungszusammenarbeit und Demokratischen Republik (DDR) ein. Bis 1995 wurden Rechtsstaatsdialog umfasst (vgl. Deutsche Botschaft insgesamt etwa 70.000 Vietnamesinnen und Vietname- Hanoi 2011a). sen in Deutschland ausgebildet. Umgekehrt ließen sich im Zeitraum von 1952 bis 1990 etwa 18.500 Deutsche Im Rahmen der bilateralen Entwicklungszusam- in Vietnam ausbilden. menarbeit hat Vietnam seit 1990 insgesamt etwa 13
1 Sozioökonomische, politische und gesellschaftlich-kulturelle Rahmenbedingungen Die 10 wichtigsten Import- und Exportgüter Vietnams (2010 in 1.000 USD) Import Chemikalien 2.119 M tiernahrung 2.172 metalle 2.523 Zusätze textilien/Leder 2.621 Kunststoffe 3.776 Elektronische Produkte 5.208 Export T Gummi 2.388 Edelsteine und metalle 2.823 maschinen und Geräte 3.056 Reis 3.247 möbel und Holz 3.435 Elektronische Produkte 3.590 Quelle: nationales Statistikamt vietnam, zitiert aus: Botschaft der Sozialistischen Republik vietnam in Deutschland 2011, S. 11 Die deutlich größere Gruppe der Vertragsarbeiterin- nen und Vertragsarbeiter kam ab 1980 in die ehemalige Optimismus – in allen Lebenslagen DDR. In der alten Bundesrepublik Deutschland (BRD) wiederum waren die meisten Vietnamesinnen und Vi- vietnam steht mit an vorderster Stelle beim etnamesen Boots- und so genannte Kontingentflücht- internationalen vergleich, wie optimistisch die linge, die ab 1975 in die BRD kamen (vgl. Katholischer Bevölkerung auf ihr Leben blickt. Dieser optimis- Akademischer Ausländer-Dienst 12.2010). mus zieht sich durch das gesamte Land und be- trifft auch das Berufsleben. Private und berufliche Der 35. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Be- Entscheidungen werden häufiger „aus dem Bauch ziehungen mit Deutschland wurde entsprechend 2010 heraus“ getroffen, im vertrauen auf die positive das ganze Jahr hindurch in Vietnam gefeiert. Die rund Entwicklung und unter scheinbar geringer Risiko- 60 Veranstaltungen, überwiegend im Kulturbereich, abschätzung. standen unter den Schirmherrschaften der Staatsober- häupter beider Länder. 14
2 Bildungssystem Mit der Marktöffnung Vietnams wurde auch der tig brechen vor allem Kinder auf dem Land nach der Bildungsbereich liberalisiert. Neben staatlichen Grundschule ihren Bildungsweg ab, weil die Eltern Bildungsangeboten entsteht eine wachsende Zahl nicht das erforderliche Schulgeld aufbringen können privater Bildungsinstitutionen, teilweise in Form von (vgl. Auswärtiges Amt 10.2011b). internationalen Kooperationen und Beteiligungen. Die staatlichen Zuständigkeiten wurden neu definiert und Unter den jungen Beschäftigten haben etwa 40 % mehrere umfassende Reformen auf den Weg gebracht. eine nachschulische Ausbildung genossen. Allerdings können nur 13 % der arbeitsfähigen Bevölkerung eine Die Alphabetisierungsrate von 93 % spiegelt die abgeschlossene Facharbeiterausbildung vorweisen Bildungserfolge im Primarbereich wider. Gleichzei- (vgl. iMOVE 2011b). Aufbau des vietnamesischen Bildungssystems vorschul- Sekundar- Primarbereich Sekundarbereich i Höhere Bildung bereich bereich ii Berufszentrum = Berufliches trainigscenter (vocational training center) vollzeit Berufs- Kinderkrippe (Kinder ab 9 monaten bis 3 Jahre) schule Berufscollege (voca- (vocational tional college) secondary school) Kindergarten Grundschule mittelschule (Primary school) (Junior high school Fachgym- = Lower secondary technische nasiale school) Berufsschule oberstufe = (technical höhere secondary Berufsfach- school) schule oberschule (Higher Universität (University) school = Bachelor Upper master secondary Promotion school) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Schuljahre Schulpflicht 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Alter Quelle: Eigene Darstellung; vgl. auch tvEt 2011; interne Übersicht des DaaD in Hanoi, Stand oktober 2011 15
2 Bildungssystem Aufbau des vietnamesischen Berufsbildungssystems Zugangs- Level Institution Zertifikat Dauer qualifikation Berufliches Berufszentren/Berufliche keine oder gemäß Bedürfnissen unter einem Jahr primäres Berufszertifikat trainingcenter des arbeitsmarkts (kurzes training) niveau 12. Klasse abgeschlossen 1 bis 2 Jahre Berufliches (vollzeit-) Berufsschulen/ 9. Klasse abgeschlossen 2,5 bis 3 Jahre Berufliches sekundäres Berufliche 9. Klasse vollendet mit beruf- Sekundardiplom niveau Sekundarschulen lichem Zertifikat und 2 Jahren 1,5 bis 2 Jahre Berufserfahrung 12. Klasse abgeschlossen 3 Jahre abschluss der beruflichen Berufscollege- Sekundarschule oder techni- 1,5 bis 2 Jahre Berufscolleges Berufscollegediplom niveau schen Sekundarschule technische Sekundarschule plus 1 bis 1,5 Jahre 2 Jahre Berufserfahrung Quelle: tvEt 2008 2.1 Schulsystem 2.2 Berufsbildung Das vietnamesische Schulsystem ist landesweit einheit- Das Berufsbildungssystem Vietnams umfasst drei lich strukturiert. Es beginnt mit der Kinderkrippe für Typen beruflicher Bildungseinrichtungen, die sich Kinder bis zu 3 Jahren oder dem Kindergarten für Kin- nach Zugangskriterien, Dauer der Angebote und der ab 3 Jahre. Dort wird bereits das Alphabet vermit- Abschlussmöglichkeiten unterscheiden: Berufszentren, telt. Mit 6 Jahren beginnen die Kinder die fünfjährige Berufsschulen und Berufscolleges. Grundschule. Schwerpunkt der Berufszentren sind kurze Weiterbil- Die an den Grundschulbesuch anschließende Mittel- dungen mit einer Dauer von 3 bis 12 Monaten. In einer schule dauert 4 Jahre, von der sechsten bis zur neun- Abfolge mehrerer Module werden aber auch Kurse ten Klasse. Zeugnisse werden erstmalig am Ende der über längere Zeiträume, bis zu eineinhalb Jahren, neunten Klasse und für den gesamten Zeitraum an der durchgeführt. Das Angebot soll sich am Bedarf der Mittelschule ausgegeben. Sie sind Grundlage für die lokalen Wirtschaft orientieren und richtet sich an Entscheidung, die Oberschule zu besuchen oder mit Schul- und Collegeabgänger ebenso wie an Berufs- einer Berufsausbildung zu beginnen. tätige. Voraussetzung für den Besuch einer Oberschule sind Die ersten Berufszentren wurden in den 90er Jahren zentrale Zugangsprüfungen, für die das jeweilige „Amt gegründet. Es gibt keine allgemeinen fachlichen Zu- für Ausbildung und Bildung“ verantwortlich ist. Pri- gangsvoraussetzungen. Allerdings gelten die Abschlüs- vate Oberschulen und Einrichtungen für Hochbegabte se von Berufszentren nicht als Qualifikation für den führen ihre Zugangsprüfungen selbst durch. Die drei- Zugang zu Berufsschulen oder Berufscolleges. jährige Oberschule wird mit dem Abitur abgeschlossen (vgl. Dernbach 2010). Die Ausbildung an Berufsschulen dauert 2 bis 3 Jahre. Die Berufsschulen bilden Facharbeiterinnen und 16
2 Bildungssystem auf dem Gelände der meisten Bildungsinstitute sind auch Unterkünfte und Sportplätze integriert, wie hier beim Duyen Hai vocational College. Facharbeiter aus. Es gibt Vollzeitberufsschulen und In Vietnam gibt es sowohl bei den Hochschulen als „Technische Berufsschulen“, die auch Unterrichtsfächer auch bei den Einrichtungen der Berufsbildung weitaus der gymnasialen Oberstufe umfassen. Der Abschluss mehr Bewerbungen als Plätze zur Verfügung stehen. an einer Technischen Berufsschule ermöglicht den In der Regel kommen auf einen Ausbildungsplatz 2 bis Übergang an die Universität, zur fachgymnasialen 3 Bewerbungen. Wer keinen Ausbildungsplatz findet, Oberstufe oder zum Berufscollege. Der Abschluss an bewirbt sich meist noch bei weiteren Berufsbildungs- einer Vollzeitberufsschule hingegen ermöglicht aus- einrichtungen, meldet sich zu Ausbildungskursen schließlich den Besuch eines Berufscolleges. an, die nicht zu den regulären Ausbildungsmodulen zählen, oder sucht sich eine Arbeitsstelle als ungelernte Das höchste Berufsausbildungsniveau bieten die Arbeitskraft (vgl. Keller/Fettke/Beyer 2002). Berufscolleges. Hier wird zwischen „pädagogischen Berufscolleges“ zur Ausbildung von Primarschullehr- kräften, „medizinischen Berufscolleges“ zur Ausbil- dung von Pflegekräften oberhalb des Krankenpflege- 2.3 Hochschulbildung berufes und „technischen Berufscolleges“ mit Angebo- ten in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Kultur und Mit dem Abitur ist die Zulassung zur zentralen Auf- Kunsthandwerk unterschieden. Eingangsvoraussetzung nahmeprüfung für das Studium an einer Universität ist die zentrale Aufnahmeprüfung. Der Abschluss an möglich. Welcher Notendurchschnitt für die Ein- einem Berufscollege ermöglicht ein Studium oder den schreibung erforderlich ist, bestimmt jede Hochschule Besuch der fachgymnasialen Oberstufe (vgl. Dernbach eigenständig (vgl. Dernbach 2010). 2010). 17
2 Bildungssystem Im Jahr 2010 waren in Vietnam an 369 Hochschulen Immer mehr Vietnamesinnen und Vietnamesen insgesamt 1,7 Mio. Studierende eingeschrieben. Von studieren im Ausland. Schwerpunkte sind Hongkong, diesen besuchten 220.000 eine der etwa 70 privaten Singapur und Australien. Seit 2001 vergibt die viet- Hochschulen, die 20 % aller Hochschulen ausmachen. namesische Regierung zudem Auslandsstipendien an Für den Besuch einer privaten Hochschule bringen die Masterkandidatinnen und Masterkandidaten sowie Studierenden Gebühren von 10.000 USD und mehr Doktoranden (vgl. Auswärtigen Amt 10.2011b). pro Studienjahr auf (vgl. Katholischer Akademischer Ausländer-Dienst 2010). Auch das vietnamesische Hochschulsystem soll ver- bessert werden. Eine häufig unzureichende materielle Insgesamt bewerben sich mehr Studierende als Plätze Ausstattung, überfrachtete und veraltete Lehrpläne, zur Verfügung stehen: Regelmäßig konkurrieren knapp nicht ausreichend qualifizierte Lehrkräfte und eine 2 Mio. Bewerberinnen und Bewerber um etwa 300.000 schwache Verwaltung werden häufig beklagt. So Studienplätze. Entsprechend genießen nur etwa 10 % ist etwa die Hälfte der Hochschuldozentinnen und der jungen Menschen eine Hochschulbildung. -dozenten lediglich durch einen Bachelorabschluss für die Lehre qualifiziert (vgl. Katholischer Akademischer Alternativ zum Studium ist es möglich, nach dem Ausländer-Dienst 2010). Abitur oder dem Berufsschulabschluss die höhere Berufsfachschule zu besuchen. Die Berufsfachschule Die „Bildungsoffensive“, die vom zuständigen Erzie- wird wie ein Studium der höheren Bildung zugerech- hungsministerium, Ministry of Education and Training net (vgl. Dernbach 2010; Schmeer/Duc Tri 2000). (MOET), gestartet wurde, sieht vor, den Hochschulen Gruppenarbeit in einem privaten ausbildungszentrum 18
2 Bildungssystem mehr Autonomie einzuräumen und ihnen die finan- Institutionen zuständig. Auf der Provinzebene sind die zielle Rechenschaftspflicht zu übertragen. Gleichzei- Abteilungen für Bildung und Ausbildung, Department tig öffnet sich das vietnamesische Hochschulsystem of Labour, Invalids and Social Affairs (DOLISA), und zunehmend für internationale Kooperationen und auf Bezirksebene die Büros für Bildung und Ausbil- den Wissenschaftsaustausch (vgl. Auswärtiges Amt dung (vgl. Kooperation International 2011) für die 10.2011b). berufliche Bildung zuständig. Mit dem Berufsbildungsgesetz von November 2006, dem „Erlass über die Verantwortlichkeiten des Staates 2.4 Fort- und Weiterbildung im Bereich der Berufsausbildung vom 21. August 2009“ und weiteren Entscheidungen wurden die histo- Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die nicht rischen Kompetenzüberschneidungen auf nationaler an Berufsschulen oder an einer Hochschule aufge- Ebene zwischen den Ministerien MOLISA und MOET nommen werden, besuchen oft Kurse zur beruflichen weitgehend ausgeräumt. Für das Management und die Fort- und Weiterbildung. Weitgehend offen für alle staatliche Verwaltung des Berufsbildungssystems ist Interessentinnen und Interessenten sind die beruf- seither das MOLISA verantwortlich. Zu den Aufgaben lichen Fort- und Weiterbildungen, die in Vietnam des Ministeriums zählt die Ausarbeitung der staatli- als kurzzeitige Kurse oder Angebote von 3 bis 12 chen Strategien und langfristigen, fünfjährigen und Monaten durchgeführt werden. Die Kurse finden ganz- jährlichen Planungen zur beruflichen Bildung sowie tägig oder stundenweise während der Woche oder am die Entscheidung über die Zulassung der einzelnen Wochenende statt. Die Bereitschaft, sich in der Freizeit Berufsbildungsinstitutionen. Die im MOLISA für Be- und auf eigene Kosten weiterzubilden, ist in Vietnam rufsbildung zuständige Stelle ist das Berufsbildungsamt, sehr hoch. Ziel ist dabei sowohl die aktuelle Arbeits- General Directorate for Vocational Training (GDVT). platzsicherung als auch die Weiterqualifizierung für Dennoch sind die Träger der einzelnen Berufsbil- neue Aufgaben. Beliebte Themen bei privaten Weiter- dungsinstitutionen nicht alle zentral dem MOLISA bildungen sind kaufmännische Inhalte, Management, oder dem MOET unterstellt, sondern teilweise auch Sprachen, EDV oder Softskills wie „Präsentationen anderen nationalen Ministerien, Provinzregierungen vorbereiten und halten“ oder „interkulturelle Kompe- oder weiteren Verwaltungseinheiten (Sozialistische tenz“. Diese Kurse werden sowohl von spezialisierten Republik Vietnam 2009, 2010a-h). Bildungsinstituten als auch von Berufsbildungsin- stitutionen und Hochschulen angeboten. Daneben Während sich die Wirtschaft positiv entwickelt, wird führen Branchenverbände und Organisationen wie der steigende Bedarf an gut ausgebildeten Arbeits- und die Vietnam Chamber of Commerce (VCCI) ebenfalls Fachkräften nicht gedeckt und gefährdet dadurch den Fort- und Weiterbildungen durch (VCCI 2008). weiteren Aufschwung. Die Wirtschaft vor Ort be- mängelt insbesondere, dass Berufsanfängerinnen und -anfänger trotz der überaus positiven Lerneinstellung kaum über praktische Erfahrungen und notwendiges 2.5 Bildungspolitische Fachwissen verfügen. Die Mehrzahl der Unternehmen Rahmenbedingungen sieht sich daher gezwungen, die benötigten Arbeits- kräfte aufwändig selbst aus- und weiterzubilden. Gleichzeitig ist die Mitarbeitersuche aufwändig und Administrative Zuständigkeiten Stellen können nicht unmittelbar besetzt werden (vgl. European Chamber of Commerce 2011b). Verwaltungstechnisch sind auf der nationalen Ebene das Ministerium für Arbeit, Invalide und Soziales, Vor diesem Hintergrund wurden seit Januar 2011 neue Ministry of Labour, Invalids and Social Affairs (MO- umfassende Reformen eingeleitet, um die quantitative LISA), mit Schwerpunkt auf beruflicher Bildung und und qualitative Leistungsfähigkeit des Berufsbildungs- das Erziehungsministerium, Ministry of Education and systems maßgeblich zu verbessern. Training (MOET), mit Schwerpunkt auf universitären 19
2 Bildungssystem Der Direktor eines vietnamesischen Bauunternehmens zu Gast in einem ausbildungszentrum der Handwerkskammer Rhein-main Herausforderungen Notwendig ist ferner eine weitere Professionalisierung des Schulmanagements und der Führungskräfte. Dies Die inhaltlichen und strukturellen Herausforderun- gilt für die Lehrgangs- und Teilnehmerverwaltung, die gen der beruflichen Bildung in Vietnam, die auch von Personalentwicklung, das Qualitätsmanagement, die internationalen Berufsbildnern und vietnamesischen Lehr- und Lernmittelverwaltung, die Prüfungsdurch- Expertinnen und Experten diskutiert werden, sind führung und -vorbereitung und für die Absolventen- vielfältig. vermittlung. Hierzu zählen die unzureichende fachliche, prakti- Die bisherigen Curricula und Lehrpläne gelten als sche, didaktische und methodische Qualifizierung teilweise zu theorielastig, überladen und veraltet. Die der Lehrkräfte, die den Einsatz moderner Lehrmit- Anpassung an den aktuellen und künftigen Bedarf der tel und Lehrmethoden limitiert (vgl. TVET 2008). Wirtschaft hinsichtlich der fachlichen und zeitlichen Daneben mangelt es an Lehrkräften. Nach Schätzung Vorgaben zum theoretischen und praktischen Unter- des Ministeriums MOLISA benötigt Vietnam bis 2015 richt steht teilweise noch aus. Ebenfalls notwendig ist zusätzliche 30.000 Lehrkräfte. Gleichzeitig liegt das die Aktualisierung von Unterrichtsmaterialien, wie staatlich regulierte Monatsgehalt zwischen 90 und Lehr- und Arbeitsbüchern in fachlicher und didak- 110 EUR, so dass Lehrkräfte oft für mehrere Bildungs- tischer Hinsicht, sowie die bessere Ausstattung mit träger gleichzeitig arbeiten oder ihr Gehalt durch technischen Lehrmitteln oder pädagogischen Multi- Nachhilfe und weitere Aktivitäten aufbessern. mediageräten, die einen praxisorientierten Unterricht ermöglichen, der am Bedarf der späteren Arbeitsumge- 20
2 Bildungssystem bung ausgerichtet ist (vgl. TVET 2008; Dernbach 2010; Die Rolle der Wirtschaft Didacta 2010). Eine weitere Herausforderung zur Verbesserung der Weitere strukturelle Herausforderungen der vietname beruflichen Bildung ist die bessere Vernetzung von sischen Berufsausbildung sind: Bildung und Wirtschaft. Die Berufsausbildung ist tra ditionell vollschulisch organisiert. Sowohl die berufs • Schulungen für Lehrkräfte bei der Neuanschaffung theoretische als auch die berufspraktische Ausbildung von Lehr- und Lernmitteln wie Maschinen und wird am Lernort Schule durchgeführt. Es sind so gut Schulbüchern, damit die Lehrkräfte die neuen Mate wie keine Beispiele beruflicher dualer Ausbildung rialien im Unterricht einsetzen können bekannt, bei der mindestens ein Teil der Lehrzeit im • Vergrößerung der Transparenz von Entscheidungs Lernort Betrieb stattfindet. In der aktuellen Praxis sind kompetenzen und des strukturellen Umfelds der nur wenige Berührungspunkte zwischen Bildung und Bildungseinrichtungen Wirtschaft festzustellen und eine formale Zusammen • Einführung und Standardisierung von unabhängi arbeit, etwa bei der Anpassung der Ausbildungsregula gen Abschlussprüfungen, um so das Ansehen und rien oder der Durchführung von Abschlussprüfungen, die Aussagekraft der Abschlüsse zu verbessern und fehlt. Die Wirtschaft beteiligt sich in der Regel nicht an Unregelmäßigkeiten entgegen zu wirken den Ausbildungsaktivitäten von Bildungseinrichtungen und auch die Prüfungen werden von den Bildungsins • Stärkung des Qualitätsmanagements von Bildungs titutionen allein durchgeführt (vgl. Didacta 2010). Das institutionen erschwert sowohl die Ausrichtung der Lehre am Bedarf • Einführung oder Anpassung von Standards in der der Wirtschaft als auch die Vorbereitung der Absolven Berufsausbildung, die auch die Qualifikation der tinnen und Absolventen auf ihr späteres Arbeitsum Lehrkräfte, die räumliche und technische Ausstat feld. tung der Institutionen sowie die Prüfungsvorberei tung und -durchführung umfassen (vgl. Dernbach 2010; Didacta 2010; Sozialistische Republik Viet nam 2011b) Führungskräfte vietnamesischer Bildungsträger zu Besuch im ausbildungszentrum für den metallbereich der gpdm mbH 21
2 Bildungssystem � Die aktuellen Reformen Zu Beginn jeder neuen Dekade werden vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei vietnams (KPv) die „Strategien für die sozioökonomische Entwicklung“ erarbeitet. Sie umfassen allgemeine Wertungen und Zielsetzungen für die sozioökono- mische Entwicklung des ganzen Landes für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren. auf dieser Grundlage wird ein master- plan erstellt, der die Zielsetzungen konkretisiert. nach verabschiedung des masterplans werden die konkreten Pläne für die nächsten 5 Jahre festgelegt. in diesen Plänen sind Zielsetzungen, aufgaben und die wichtigsten aktivitäten enthalten, um die Ziele aus dem masterplan und der zehnjährigen Entwicklungsstrategie zu erreichen. Strategie zur sozioökonomischen Entwicklung 2011– 2020 Für die aktuellen umfassenden Reformen im Bildungsbereich wurde ein wesentlicher Schritt anfang Januar 2011 vollzogen. mit der „Strategie zur sozioökonomischen Entwicklung 2011– 2020“ beschloss die KPv im Januar 2011 auf dem elften Partei- tag des Zentralkomitees umfangreiche Reformen des Bildungswesens und insbesondere des Berufsschulbereichs. vietnam soll durch Bildung bis zum Jahr 2020 in die Gruppe der industrieländer aufsteigen. Die Reform umfasst die Professionalisierung der aus- und Weiterbildung in allen Bereichen und Ebenen von Führungskräf- ten über verwaltungsangestellte und Fachkräfte bis zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Daneben wird die enge vernetzung von Wirtschaft, Bildung und Staat angemahnt, um künftig mit der aus- und Weiterbildung dem Bedarf der Wirtschaft optimal zu entsprechen. im Zuge der grundlegenden und umfassenden Erneuerung der Berufsausbildung sind beabsichtigt: • �die Einführung von Standards in der Berufsausbildung sowie für die ausstattung und Größe von Klassenräumen • �die modernisierung von ausstattung, Lehrplänen und Lehrformen • �internationale integration • �die verbesserung von Finanzierungsstrukturen in der Berufsausbildung • �die Überprüfung der Qualität von Bildung und ausbildung auf allen Ebenen • �der aufbau eines förderlichen pädagogischen Umfelds unter Einbeziehung von Schule, Familie und Gesellschaft auch der Bereich der Universitäten und Hochschulen soll maßgeblich verbessert werden. Geplant ist die Stärkung der au- tonomie dieser Bildungseinrichtungen, eine Konzentration der investitionen auf weniger Einrichtungen und dort jeweils auf ausgewählte Schwerpunkte mit hoher ausbildungsqualität (vgl. Sozialistische Republik vietnam 2011b). Strategie zur Entwicklung des Arbeitskräftepotenzials 2011– 2020 Die „Entwicklungsstrategie zur verbesserung des arbeitskräftepotenzials 2011–2020“ wurde als Konkretisierung der sozioökonomischen Strategie 2011–2020 von der vietnamesischen Regierung am 19.04.2011 verabschiedet. Sie wird durch entsprechende Fünfjahresstrategien 2011–2015 und 2015 –2020 ergänzt und zielt auf eine umfassende Weiterentwicklung und Professionalisierung des vietnamesischen arbeitskräftepotenzials. Die maßnahmen sind: • �die verbesserung der staatlichen verwaltungsstrukturen im Bereich Bildung • �die umfassende Förderung und Entwicklung aller arbeitskräfte im Hinblick auf ihre physische und psychische verfassung, ihren intellekt, ihre arbeitsmoral sowie ihre fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten • �der aufbau von arbeitskräftekontingenten in den Bereichen Wissenschaft und technologie, die Schaffung von Wirtschafts- beratungen mit einem festen mitarbeiterstamm und Kenntnissen über die heimische und die internationale Wirtschaft sowie über Wirtschaftsmanagement • �die verabschiedung eines masterplans zur gezielten Förderung des arbeitskräftepotenzials 2011-2020, um nach interna- tionalem Standard hoch qualifizierte mitarbeiter auszubilden und gleichzeitig die Qualifizierung von Berufstätigen auf verschiedenen niveaus entsprechend den Bedürfnissen in den unterschiedlichen Regionen zu fördern • �der aufbau eines Systems von fortgeschrittenen, modernen und differenzierten Bildungsinstituten, das die verschiede- nen Bildungsniveaus umfasst, modular durchlässig gestaltet ist und landesweit ein lebenslanges Lernen ermöglicht (vgl. Sozialistische Republik vietnam 2011b) 22
2 Bildungssystem maßnahmen im Rahmen des aktionsprogramms zur Umsetzung der nationalen Strategie zur Entwicklung des arbeitskräfte- potenzials 2011– 2020 sind: • �ausarbeitung und Erlass des Dritten Bildungsgesetzes, ausarbeitung und Erlass eines Lehrkräfte-Gesetzes, Formulierung von verordnungen zum Berufsbildungsgesetz in Bezug auf Lehrkräfte der Berufsbildung, Entwicklung eines Berufsausbil- dungssystems in Unternehmen, System zur Berufsausbildungsqualität • �ausarbeitung eines Erlasses zur Ermutigung und mobilisierung von Unternehmen zwecks stärkerer Beteiligung an der Berufsausbildung • �ausarbeitung eines Erlasses über vorgaben und mechanismen, um Unternehmen zu ermutigen, eine aktive Personalent- wicklung zu betreiben Zur Förderung der Personalentwicklung und Umsetzung der nationalen Strategie zur Entwicklung des arbeitskräftepotenzi- als 2011–2020 wurden auch folgende maßnahmen beschlossen: • �ausarbeitung einer Entwicklungsstrategie Bildung 2011– 2020 • �ausarbeitung einer Entwicklungsstrategie Berufsausbildung 2011 – 2020 • �Konzeption von Förderprojekten für Bildung, Weiterbildung und Entwicklung unter der verantwortung der vietnam Cham- ber of Commerce and industry (vCCi) • �Konzeption von Förderprojekten zur Etablierung von Exzellenz-Universitäten nach internationalem Standard • �Konzeption einer Förderung zur implementierung von 40 Colleges mit hoher Qualität, von denen 10 internationalen Quali- tätsstandards entsprechen • �Planung von Grundstücken für Bildungsinstitutionen über das Jahr 2020 hinaus (vgl. Sozialistische Republik vietnam 2011a) Mit einem Studium wird in Vietnam im Allgemeinen 2.6 Gesellschaftlich-kulturelle noch die Chance auf eine bessere Lebensperspektive Stellung von Bildung verbunden, auch wenn der Einstieg von Hochschulab solventen in die Arbeitswelt häufig schlechter ist als der von Facharbeitern. Die vietnamesische Gesellschaft hat eine starke Bil dungstradition mit einem großen Bildungsinteresse in allen Teilen der Gesellschaft. So ist es ein primäres Bestreben der meisten Familien, ihren Kindern und 2.7 Beziehungen zu Deutsch- sich selbst eine möglichst gute Bildung zu ermöglichen. land im Bereich Bildung Hierfür werden langfristige finanzielle und zeitliche Opfer in Kauf genommen. Ziel ist es, über Bildung die beruflichen Perspektiven zu verbessern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt deutsche Hochschulen dabei, Dieser „Bildungshunger“ und der Ehrgeiz der Eltern weltweit Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und führen auch zu einem enormen Ansturm auf die Uni Wissenschaftler für Studium, Lehre und Forschung versitäten, die bei weitem nicht alle jungen Menschen an deutschen Hochschulen zu gewinnen (vgl. BMBF aufnehmen können, sowie zu einem übergroßen 07.10.2011). Vietnam ist ein Schwerpunktland der Lerndruck, der manchmal zu diversen Unregelmäßig Bemühungen zur Internationalisierung des Hochschul keiten bei Prüfungen verleitet (vgl. GIZ 2011; Arthurs standorts Deutschland. Mittlerweile bestehen zwischen 11.07.2002). In Deutschland zeigt sich die vietnamesi deutschen und vietnamesischen Universitäten insge sche Bildungstradition auch in den überdurchschnittli samt über 80 Hochschulpartnerschaften (vgl. Hoch chen schulischen Leistungen vietnamesisch-stämmiger schulrektorenkonferenz 2011). Kinder (vgl. Katholischer Akademischer Auslands- Dienst 2010). 23
2 Bildungssystem Zur Vertiefung der wissenschaftlich-technologischen Umwelttechnologie 2007 ein gemeinsames Projektbüro Zusammenarbeit zwischen Vietnam und Deutschland in Hanoi eröffnet (vgl. BMBF 30.09.2011). finden regelmäßige Sitzungen des Ministry of Science and Technology (MoST) und des BMBF statt (vgl. Eine über den DAAD geförderte Wissenschaftskoope- BMBF 30.09.2011). ration betreibt seit 2009 auch die Fachhochschule Köln. Gemeinsam mit der Vietnam Academy for Water Ein Leuchtturmprojekt der bilateralen Hochschulzu- Resources (VAWR) führt sie in Hanoi den zweijährigen sammenarbeit ist die Vietnamese German University Masterstudiengang „Technology and Resources Ma- (VGU). Die VGU wurde im Jahr 2008 gegründet und nagement in the Tropics and Subtropics“ (TERMA) ist bis heute die einzige Universität Vietnams mit durch (vgl. BMBF 30.09.2011). ausländischer Beteiligung. Sie ist Teil der „New-Model- University-Project“-Politik Vietnams, mit der künftig In Zusammenarbeit mit der Berlin School of Econo- bis zu 4 internationale Universitäten in Vietnam aufge- mics and Law bietet außerdem die Banking Academy baut und zu Exzellenzzentren für das Hochschulwesen of Vietnam seit 2001 ein viersemestriges deutsches Vietnams entwickelt werden sollen. Masterstudium im Fach „Financial and Managerial Accounting“ an. Ab Anfang 2012 soll mit der Open Die VGU wird mit jährlich jeweils 1,5 Mio. EUR vom University in HCMC der gleiche Studiengang durch- BMBF und dem Hessischen Ministerium für Wissen- geführt werden. Beide Studiengänge sollen künftig mit schaft und Kunst sowie dem Deutschen Akademischen dem in diesem Jahr an der VGU gestarteten Angebot Austauschdienst (DAAD) und dem Bundesland Ba- im Bereich Bankenwesen verknüpft werden. Diese den-Württemberg unterstützt. Bei ihrer Gründung am internationalen Kooperationen werden durch den 17. Februar 2009 schlossen sich mehr als 30 deutsche DAAD unterstützt (vgl. Deutsche Botschaft Hanoi Hochschulen im Trägerverein der VGU zusammen, 2011b). um den Aufbau der Lehr- und Forschungsangebote gemeinsam voranzutreiben. Neben Aufbau und Betrieb der VGU ist die Qualitätssicherung von Forschung und Lehre eine weitere Aufgabe des Trägervereins. Nationaler Lehrerwettbewerb – Anreize schaffen Die VGU verleiht deutsche naturwissenschaftliche Studienabschlüsse in Vietnam auf Bachelor- und alle vier Jahre organisiert die abteilung für Masterniveau. Zum Wintersemester 2011/2012 wurde Lehrerweiterbildung im Berufsbildungsamt des die fachliche Ausrichtung um den Bereich „Economics ministeriums für arbeit, invalide und Soziales and Finance“ erweitert. Im Herbst 2011 wurden die (moLiSa) einen nationalen Wettbewerb. Wer sich ersten Absolventinnen und Absolventen von Master- auf Schulebene, Bezirks- und Provinzebene durch- studiengängen an der VGU verabschiedet. gesetzt hat, darf gegen die besten Lehrkräfte aus ganz vietnam antreten. Bei dieser Großveranstal- Bis 2017 wird für die VGU ein neuer Campus mit tung mit mehreren hundert konkurrierenden Lehr- etwa 45 Hektar in der Binh Duong Provinz, 40 km kräften und jeweils parallelen Prüfungsstunden von HCMC entfernt, fertig gestellt. Der Neubau wird wird alles per video aufgenommen. Die besten mit einem Kredit der Weltbank in Höhe von 180 Mio. Unterrichtsstunden werden später als anschau- USD mitfinanziert (vgl. Achtnich 27.102011; Deut- ungsmaterial an alle Bildungseinrichtungen scher Akademischer Austauschdienst 23.02.2009; VGU gesendet. Der Wettbewerb findet in allen Fächern 2011). statt. Jede Prüfungsstunde umfasst 20 minuten. Die Jury bilden 3 bis 6 Bildungsexpertinnen und Ein weiterer Schwerpunkt der Zusammenarbeit zwi- Bildungsexperten. Unterrichtet wird die mitge- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozia- reiste verstärkung aus dem eigenen Lehrerkolle- listischen Republik Vietnam ist die Umwelttechnologie. gium und die fremde Konkurrenz. So wurde für die Kooperation im Bereich Wasser- und 24
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