Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie - Graz, 29. Februar 2008

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Mathematische Methoden der
       allgemeinen
    Relativitätstheorie

             Florian Andritsch

       Fachbereichsarbeit aus Physik
      Vorgelegt bei Mag. Dr. Gerhard Rath

              BRG Keplerstraße
                Keplerstraße 1
                  8020 Graz

           Graz, 29. Februar 2008
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                                       2

Inhaltsverzeichnis

Abstract                                                                                         5

Vorwort                                                                                          6

Einleitung                                                                                       9

1 Vorstellungen von Raum und Zeit                                         12
  1.1 Die klassische Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
  1.2 Die spezielle Relativitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
  1.3 Moderne Theorien der Raumzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2 Mathematische Grundlagen                                                                      15
  2.1 Geometrie gekrümmter Räume . . . . . .            . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   15
      2.1.1 Gauß’sche Geometrie gekrümmter              Flächen     .   .   .   .   .   .   .   16
      2.1.2 Riemann’sche Geometrie . . . . .            . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   18
  2.2 Vektor-Tensorrechnung . . . . . . . . . .         . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   19
      2.2.1 Skalar-Vektor-Tensor . . . . . . .          . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   19
  2.3 Indexschreibweise der Relativitätstheorie         . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   22
      2.3.1 Kontravariante Form . . . . . . .           . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   22
      2.3.2 Kovariante Form . . . . . . . . .           . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   23
      2.3.3 Topologischer Raum . . . . . . .            . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   23
      2.3.4 Metrischer Raum . . . . . . . . .           . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   25
      2.3.5 Mannigfaltigkeiten . . . . . . . .          . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   27
  2.4 Das lokal ebene System . . . . . . . . . .        . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   27
      2.4.1 Die Minkowski-Metrik . . . . . .            . . . . .   .   .   .   .   .   .   .   28
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                                     3

   2.5   Tensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         .   .   .   .   29
         2.5.1 Tensoralgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            .   .   .   .   30
         2.5.2 Symmetrien von Tensoren . . . . . . . . . . . .                .   .   .   .   31
         2.5.3 Bedeutung von Symmetrien . . . . . . . . . . .                 .   .   .   .   32
         2.5.4 Spezielle Tensoren . . . . . . . . . . . . . . . .             .   .   .   .   32
         2.5.5 Eigenschaften des metrischen Tensors . . . . . .               .   .   .   .   33
         2.5.6 Verschieben der Indizes . . . . . . . . . . . . . .            .   .   .   .   34
   2.6   Christoffelsymbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            .   .   .   .   35
         2.6.1 Transformationsverhalten der Christoffelsymbole                 .   .   .   .   37
   2.7   Kovariante Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           .   .   .   .   38
         2.7.1 Rechenregeln für kovariante Ableitung . . . . .                .   .   .   .   39
   2.8   Paralleltransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          .   .   .   .   40
   2.9   Der Riemann’sche Krümmungstensor . . . . . . . . . .                 .   .   .   .   41
         2.9.1 Eigenschaften des Riemann-Tensors . . . . . . .                .   .   .   .   42
         2.9.2 Ricci-Tensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           .   .   .   .   43

3 Physikalische Aspekte                                                                       45
  3.1 Prinzipien der ART . . . . . . . . . . . . . . . .      .   .   .   .   .   .   .   .   45
      3.1.1 Korrespondenzprinzip . . . . . . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   45
      3.1.2 Kovarianzprizip . . . . . . . . . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   46
      3.1.3 Prinzip minimaler gravitativer Kopplung           .   .   .   .   .   .   .   .   46
      3.1.4 Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   47
      3.1.5 Mach’sches Prinzip . . . . . . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   48
  3.2 Geodätengleichung . . . . . . . . . . . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   49
  3.3 Einstein’sche Feldgleichungen . . . . . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   51
      3.3.1 Energie-Impuls-Tensor . . . . . . . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   51
      3.3.2 Einstein-Tensor . . . . . . . . . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   52
  3.4 Schwarzschildlösung . . . . . . . . . . . . . . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   54
      3.4.1 Analyse der Schwarzschildmetrik . . . .           .   .   .   .   .   .   .   .   60
  3.5 Kosmologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      .   .   .   .   .   .   .   .   60
      3.5.1 Das Kosmologische-Prinzip . . . . . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   61
      3.5.2 Mathematische Bedeutung . . . . . . . .           .   .   .   .   .   .   .   .   61
      3.5.3 Friedmann-Modell . . . . . . . . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   62
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 4

         3.5.4   Herleitung der Friedmann Gleichungen . . . . . . . . . 62
         3.5.5   Diskussion des Friedmann-Modells . . . . . . . . . . . 65
         3.5.6   Aktueller Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . 66

4 Zusammenfassung                                                         67

Erklärung                                                                 69

Literaturverzeichnis                                                      70

Protokoll der Arbeit                                                      72
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                     5

Abstract

The paper “Mathematical methods of the general theory of relativity“ intro-
duces the reader to Albert Einstein’s theory of general relativity. First of all,
theories of space and time, that were used in past are illustrated. Afterwards
the mathematical background of the theory of general relativity is develo-
ped. The reader is familarized with the tensor-calculus and the geometry of
a curved spacetime.
    Later on the physical aspects of Einstein’s theory are explained and the
theoretical background for a model describing the universe as a whole is
brought up to the reader. Further the considerations that are needed to pos-
tulate the Einstein field equations are illuminated. The idea of mass causing
gravitation, which is finally causing a curvature of spacetime is brought in.
Using the so far built up knowledge one solution of the field equations, the
Schwarzschild-metric, is derived in order to discuss the facts that follow this
solution.
    At the end the reader gets an insight into cosmology, a part of modern
physics that was founded by Einsteins work on the theory of relativity, since
this was the fist theory corresponding with a dynamic universe. According
to this, the Friedmann-model is explained and discussed.
    The paper’s purpose is to give a compact overview about the mathe-
matical model that is used to describe a curved spacetime and links the
mathematical methods with their use in describing the universe.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                   6

Vorwort

Albert Einstein, der sowohl als Schöpfer der Relativitätstheorie, als auch mit
Erhalt des Nobelpreises für die Erklärung des Photoeffekts in die Geschichte
einging, beeindruckte mich schon lange Zeit. Seine Arbeit auf den physikali-
schen Gebieten der Kosmologie, der “Physik des Großen“, sowie der Teilchen-
physik, der ”Physik des Kleinen“, war grundlegend für die Weiterentwicklung
der Physik im 20.Jahrhundert.
    Im Jahr 2005, als ich in die 5.Klasse ging, beschäftigte ich mich das erste
Mal mit der speziellen Relativitätstheorie. Über einige Wochen hinweg las
ich mir alles, was ich zu diesem Thema finden konnte, äußerst genau durch.
Mein Ziel war es, zumindest die Konzepte, womöglich aber noch mehr davon
zu verstehen. Natürlich war es anfangs ein mühsames Unterfangen, da meine
mathematischen Kenntnisse trotz jahrelanger Teilnahme an der Österreichi-
schen Mathematik Olympiade eindeutig nicht ausreichten. Dennoch verfolgte
ich mein Ziel, und bewerkstelligte es nach geraumer Zeit, die Lorentztrans-
formation selbst herzuleiten. Ich hatte es geschafft, einen Einblick in diese
weltverändernde Theorie zu bekommen. Sehr bald stellte ich mir die Frage
worin nun der Unterschied zur allgemeinen Relativitätstheorie bestand.
    Im Sommer 2006 startete ich den nächsten Versuch. Diesmal wollte ich
Einsteins allgemeine Relativitätstheorie zumindest teilweise verstehen. Ich
besorgte mir Vorlesungsskripten und Bücher, las mich intensiv in die Materie
ein. Es nahm ausgesprochen viel Zeit in Anspruch, mir die Grundgedanken
der differentialgeometrischen Inhalte selber beizubringen.
    Als dann im Schuljahr 2007/2008 das Thema Matura zunehmend kon-
kreter auf mich zukam, machte ich mir Gedanken, eine Fachbereichsarbeit
zu einem mich interessierenden Thema zu verfassen. Dafür kamen in meinem
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 7

Fall ganz klar nur bestimmte Fächer in Frage: Informatik, Mathematik oder
Physik.
    Seit dem Schuljahr 2001/2002 besuchte ich am BRG Kepler den Mathe-
matikolympiade Kurs unter der Leitung von Dr. Robert Geretschläger. In den
darauffolgenden Jahren lehrte er mich ausgesprochen viel mathematisches
Wissen. In der 3.Klasse meldete ich mich zusätzlich für den Freigegenstand
Physikolympiade, geleitet von Mag. Bernd Lackner, an. Ich sammelte auf
beiden Gebieten Wettbewerbserfahrung, und sorgte dafür, dass meine Kennt-
nisse in diesen Fächern über den gewöhnlichen Schulstoff hinausragten. Im
Rahmen dieser Bewerbe kam ich weit umher. Abgesehen von Wettbewerben
in Tschechien, Polen und Rumänien reiste ich zuletzt im Rahmen der Physik-
WM (IYPT - International Young Physicists’ Tournament) nach Südkorea.
Meine Vorstellungen bezüglich meiner weiteren Ausbildung änderten sich in
diese Zeit auch grundlegend vom bisher geplanten Studium der Medizin in
Richtung der beiden Naturwissenschaften Mathematik und Physik.
    Mit der Schwerpunktsetzung Informatik in der Oberstufe, und dem zu-
sätzlichen Freigegenstand Astronomie wurde mein Interesse in diesen Be-
reichen weiter bekräftigt. Als dann die Entscheidung drängte, in welchem
Gebiet ich nun die Fachbereichsarbeit schreiben wollte, kam ich auf die Idee,
mein schon länger anhaltendes Interesse an der Relativitätstheorie in dieser
Form weiterzuführen.
    Im Rahmen des AYPT - Austrian Young Phyicists’ Tournament - lernte
ich über meinen Physik-Lehrer, und späteren Betreuer der Fachbereichsarbeit
Dr. Gerhard Rath, Herrn Univ. Prof. Dr. Heimo Latal kennen, ohne dessen
Zutun diese Arbeit nie ihre jetzige Form annehmen hätte können. Er unter-
stütze mich hinsichtlich theoretischer Aspekte und erklärte sich bereit, die
Arbeit auf inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen, wofür ihm an dieser Stelle
größter Dank ausgesprochen sei. Auch bei Dr. Gerhard Rath möchte ich mich
für die Betreuung im Zuge des Entstehens dieser Arbeit bedanken. Ebenfalls
zur Hilfe kamen mir Mag. Bernd Lackner und Dr. Robert Geretschläger, die
mich im Laufe meiner Schulausbildung weit über den normalen Stoff hinaus
lehrten.
    Zum Erstellen einer Fachbereichsarbeit ist, wenngleich man es hierbei mit
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 8

einer vergleichsweise kleinen schriftlichen Abhandlung zu tun hat, einiges an
zu Arbeit zu investieren. Es bedarf Zeit, sich mit dem Thema vertraut zu
machen und anschließend dieses in eine schriftliche Form zu bringen. Deswei-
teren ist es unabdingbar, geeignete Quellen zu finden. Ist man letztendlich
in der Lage mit dem schriftlichen Teil der Arbeit zu beginnen, stößt man un-
weigerlich im Prozess des Arbeitens wiederholt auf neue Herausforderungen,
die es zu lösen gilt.
    Mir persönlich hat die Beschäftigung mit dieser Fachbereichsarbeit eine
ausgesprochen große Freude bereitet, und mich inhaltlich weit fernab der in
der Schule unterrichteten Themen geführt. Alles in allem eine Erfahrung,
die mich vieles lehrte, mein Verständnis von Raum und Zeit veränderte so-
wie mich persönlich, mathematisch und physikalisch gesehen einige Schritte
weiter brachte.

                                   Graz, 2008
                                Florian Andritsch
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Einleitung

Schon seit je her lag es in der Natur des Menschen sich Fragen zur Welt,
in der er lebte, zu stellen. Mit zunehmendem technischen Fortschritt waren
dem forschenden Wesen Mensch immer mehr Hilfsmittel gegeben, welche
er zu seinem Nutzen einsetzen konnte. Diese verschafften ihm laufend neue
Erkenntnisse über die Beschaffenheit seiner Umwelt.
    Sir Isaac Newton (1643-1727) schuf eine Theorie der Mechanik und Gra-
vitation, die es vermochte, entsprechende Messungen, derart exakt zu be-
schreiben, dass lange Zeit niemand auf die Idee kam, diese Theorie in Frage
zu stellen. Erst als James Clerk Maxwell Mitte des 19.Jahrhunderts seine
Gleichungen der Elektrodynamik veröffentlichte, nahm die Entwicklung rund
um eine weltbeschreibende Theorie ihre bis dato wichtigsten Formen an.
    Albert Einstein, der sich schon als Jugendlicher mit den Gleichungen Max-
wells auseinandersetzte, war es, der deren Unverträglichkeit mit der New-
ton’schen Mechanik erkannte. Als 1881 und 1887 die Michelson-Morley Ex-
perimente zu einem Negativresultat führten, deutete Einstein dieses Ergebnis
als eine Nichtexistenz des Lichtäthers, sowie Konstanz der Lichtgeschwindig-
keit. Im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie, damals noch als Ange-
stellter des Patentamtes in Bern, veröffentlichte er 1905 seine Deutung dieser
Postulate. Er entfernte alle Punkte, in denen die Newtonsche Theorie nicht
mit der Theorie der Elektrodynamik übereinstimmte. Newtons Theorie blieb
lediglich als Grenzfall für kleine Geschwindigkeiten erhalten.
    Die Ergebnisse seiner Arbeit blieben keineswegs unumstritten, zumal sei-
ne Relativitätstheorie mit den jahrhunderte alten Ideen eines absoluten eu-
klidischen Raums, sowie einer absoluten Zeit, in Konflikt stand. Verständlich,
dass die Menschen, die zur damaligen Zeit lebten, das Bild vom Universum
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                10

nicht so plötzlich von einem Berner Patentamtsbeamten in dieser Weise re-
volutionieren lassen wollten. Es wollte sich vorerst niemand damit abfinden,
dass Effekte wie Zeitdilatation und Längenkontraktion tatsächlich existie-
ren. Aber sobald eine neue Theorie veröffentlich wird, wird diese auch gleich
experimentell untersucht.
    In der Geschichte war es bisher meistens so, dass eine Theorie anhand
zahlreicher experimenteller Untersuchungen aufgestellt wurde. Einstein ver-
folgte beim Aufstellen seiner Relativitätstheorie jedoch erstmals den umge-
kehrten Weg. Er formulierte seine Theorie lediglich auf Gedankenexperimen-
ten basierend, und ließ sie nach der Publikation von Physikern praktisch
überprüfen. Es soll schon immer Einsteins Stärke gewesen sein, viel im Kopf
zu machen. So wird behauptet, er hätte sich die ersten Fragen zum Thema,
was ein Beobachter wohl sehe, wäre er mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs,
bereits als Schüler gestellt.
    Nach der Entdeckung der speziellen Relativitätstheorie folgten für Ein-
stein lange Jahre der Entwicklung und Weiterführung seiner Ideen. Das Pro-
blem war, dass diese Theorie – wie der Name schon sagt – nur für spezielle
Bezugssysteme, sogenannte Inertialsysteme, gültig ist. Die Transformationen
waren lediglich auf gleichförmig relativ zueinander bewegte Bezugssysteme
anwendbar. Um nun auch einen Zusammenhang mit beschleunigten Systemen
herstellen zu können, setzte sich Einstein zunächst mit der Differentialgeo-
metrie Bernhard Riemanns auseinander. Mithilfe dieses Formalismus sollte
es möglich sein, die spezielle Relativitätstheorie zu einer allgemeinen Theo-
rie der Gravitation und Bewegung umzuformen. Er setzte sich intensiv mit
den dahinterstehenden mathematischen Methoden auseinander, und ließ sich
von Mathematikern unterstützen, um zur Verallgemeinerung der speziellen
Relativitätstheorie zu kommen.
    Heute läuft die Software in den GPS Satelliten beispielsweise unter Ein-
berechnung Einsteins allgemein relativistischer Effekte, und erreicht nur da-
durch eine derart hohe Präzission. Die nachfolgende Fachbereichsarbeit soll
eben jene Theorie, die allgemeine Relativitätstheorie, in ihrer Struktur aus
mathematischer und physikalischer Sicht analysieren, und mehr als nur einen
groben Überblick über die Theorie geben, die auch heute noch, beinahe 100
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 11

Jahre nach ihrem Erscheinen, weder an Bedeutung noch an Richtigkeit ver-
loren hat. Natürlich kann eine so umfangreiche Theorie, wie die allgemeine
Relativitätstheorie im Rahmen einer Fachbereichsarbeit nicht in vollständi-
gem Ausmaß ergründet werden.
    Es stellte sich außerdem als schwierig heraus, zu entscheiden welche Vor-
kenntnisse mathematischer Fertigkeiten vorausgesetzt werden können. Die
verwendeten mathematischen Methoden reichen großteils über den Schul-
stoff hinaus. Auch wenn die Hauptaspekte des mathematischen Modells, wel-
ches hinter der allgemeinen Relativitätstheorie steckt, gründlich bearbeitet
werden, so bleiben doch manche Teile ohne Erklärung. Für das umfassende
Verständnis der nachfolgenden Arbeit empfiehlt es sich, sich mit dem Lösen
von Differentialgleichungen auseinander zu setzen, oder aber diese Schritte
beim Lesen nicht genau zu hinterfragen. Es wurde dennoch sehr auf eine ver-
ständliche Formulierung des Sachverhalts wertgelegt und versucht, den Leser
geeignet in die allgemeine Relativitätstheorie einzuführen.
    Die Fachbereichsarbeit wurde unter Verwendung der “wir” Form verfasst.
Dies ist eine für naturwissenschaftliche Arbeiten übliche Vorgehensweise und
soll den Leser beim Durchführen von Berechnungen das Gefühl geben, er
würde dies zusammen mit dem Autor durchführen. Mir persönlich ist diese
Art des Einbindens des Lesers bei komplizierteren Texten schon desöfteren
als sehr hilfreich erschienen, weshalb ich nun auf diese Methode zurückgreifen
möchte.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie              12

Kapitel 1

Vorstellungen von Raum und Zeit

Menschen können mit ihren Sinnen drei räumliche Dimensionen wahrneh-
men. Es ist uns möglich Breite, Höhe und Tiefe zu unterscheiden. Die Welt
in der wir leben wurde daher schon immer als (zumindest) 3-dimensionaler
Raum beschrieben. Der Raum stellte eine Art Behälter für alle in ihm ge-
schehenden Ereignisse dar. Dieses Kapitel soll einen kurzen Überblick der
verschiedenen mathematischen Methoden zur physikalischen Beschreibung
des Raumes schaffen

1.1      Die klassische Mechanik
In der klassischen Mechanik gilt die Raumdefinition von Isaac Newton mit
ihren beiden Axiomen:

   • Der Raum ist absolut, unveränderlich und unbeeinflusst von den phy-
     sikalischen Vorgängen, die sich in ihm abspielen.

   • Der Raum ist euklidisch und dreidimensional.

Die Zeit ist ein an allen Orten zu jedem Zeitpunkt gleichmäßig verfließendes
Metrum.
    Werden zwei Bezugssysteme S und S � , mit der Geschwindigkeit v in po-
sitive x-Richtung gleichförmig zueinander bewegt, gelten die Galilei-Trans-
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                  13

formationen.

                       x� = x − vt y � = y,      z � = z,    t� = t       (1.1)

mit den Koordinaten x, y, z, t in S bzw. x� , y � , z � , t� in S �
    Relativgeschwindigkeiten wurden demnach addiert, es gab keine Grenze
nach oben.
    Bis Ende des 19.Jahrhunderts war Newtons Vorstellung von Raum und
Zeit als richtig angesehen. Erst Maxwells Theorie zur Elektrodynamik warf
das erste Mal eine Unstimmigkeit auf. Albert Einstein entwickelte darauf hin
die spezielle Relativitätstheorie.

1.2      Die spezielle Relativitätstheorie
Einstein erkannte, dass die Lichtgeschwindigkeit eine für alle Beobachter glei-
che Größe ist. Diese Erkenntnis brachte eine Revolution des Raum-Zeit Be-
griffs mit sich. Raum und Zeit waren von nun an nicht mehr unabhängig
voneinander, sondern wurden zu einer 4-dimensionalen Raumzeit vereint.
    Damit waren Raum und Zeit nicht mehr absolut, sondern vom jeweiligen
Bezugssystem abhängig. Daraus resultieren die Effekte der Zeitdillatation
und der Lorentzkontraktion. Relativ zueinander bewegte Beobachter messen
demzufolge unterschiedliche Längen und auch die Zeit vergeht verschieden
schnell.
    Die Gallilei-Transformationen genügten den Anforderungen Einsteins je-
doch nicht. Damit die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gewährleistet wird,
führt Einstein eine neue Gruppe von Transformationen, die sogenannten
Lorentz-Transformationen ein. Werden wieder zwei Bezugsysteme S und S �
mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung gleichförmig zueinander bewegt gilt:
                                                                �vx �
          (x − vt)                                                  t−
    x� = �                   y� = y       z� = z        t� = �   c2       (1.2)
              � v �2                                             � v �2
           1−                                                 1−
                c                                                  c

Die gestrichenen Koordinaten bezeichnen dabei wieder jene in S � , die unge-
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 14

strichenen diese in S.
     Geschwindigkeiten wurden nicht mehr einfach addiert, sondern im Zuge
der Lorentztransformationen zusammen gerechnet. Man erkennt ein Problem
für v = c. Aus einer anderen Gleichung der speziellen Relativitätstheorie re-
sultiert allerdings die Lichtgeschwindigkeit c als nicht zu erreichender Limes
für Geschwindigkeiten. Was bleibt, ist, dass der Raum weiterhin euklidisch
ist, was sich erst in der allgemeinen Relativitätstheorie änderte. Die genauen
Aussagen der allgemeinen Relativitätstheorie werden in den folgenden Kapi-
teln dieser Arbeit genauer erklärt.

1.3      Moderne Theorien der Raumzeit
Das einzige Problem, das die allgemeine Relativitätstheorie aufweist, ist die
Unverträglichkeit mit der Quantenmechanik. Eine Theorie, die diese beiden
Teile der Physik vereint, eine sogenannte TOE – Theory of everything –
wurde bislang nicht gefunden. Ziel aktueller Forschungen ist es, die vier phy-
sikalischen Grundkräfte

   • Gravitation

   • elektromagnetische Wechselwirkung

   • starke Wechselwirkung

   • schwache Wechselwirkung

in einer einzigen Theorie zu vereinen. Die vielversprechendsten Entwicklun-
gen in diese Richtung bieten die Kaluza-Klein-Theorien und die Stringtheo-
rien. Gemeinsam versuchen sie die Raumzeit in kleinen Bereichen um zusätz-
liche Dimensionen zu erweitern. Es wird versucht den Raum nicht als etwas
Gegebenes anzunehmen, sondern zusammen mit den in ihm herrschenden
Kräften zu begründen. Der größte Kritikpunkt an diesen Theorien sind die
bislang fehlenden nachprüfbaren Voraussagen.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                  15

Kapitel 2

Mathematische Grundlagen

Dieser Teil der Fachbereichsarbeit behandelt die mathematischen Methoden,
auf die zur Beschreibung der allgemeinen Relativitätstheorie zurückgegriffen
wird. Es handelt sich vor allem um differentialgeometrische Inhalte, welche im
Rahmen der schulmathematischen Ausbildung nicht behandelt werden. Zu-
nächst ist es notwendig, wichtige Eigenschaften des 4-dimensionalen Raums
der allgemeinen Relativitätstheorie festzulegen.

2.1      Geometrie gekrümmter Räume
Im Normalfall beschränken sich geometrische Kenntnisse auf die ebene, eu-
klidische Geometrie, welche man irgendwann im Laufe seiner Ausbildung in
der Schule gelehrt bekommt. Diese spielt sich ausschließlich in einem flachen,
soll heißen nicht gekrümmten, Raum ab.
    Carl Friedrich Gauß (1777-1855) war der erste, der eine in sich schlüssige,
nicht-euklidische Geometrie einführte. Nun hatte man mehrere Geometrien,
die alle, unabhängig voneinander, vollkommen korrekt waren. Es stellte sich
die Frage, wie der Raum, in dem wir uns befinden, beschaffen ist, welche
Geometrie ihn beschreibt.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 16

2.1.1        Gauß’sche Geometrie gekrümmter Flächen
Ausgehend von der kürzesten Verbindung zweier Punkte, einer geodätischen
Linie, die in der euklidischen Geometrie einer Geraden entspricht, ist es
möglich eine Geometrie zu definieren, die ohne Einbettung in einen höher-
dimensionalen Raum in sich vollständig beschrieben werden kann. Zu Nutzen
machte sich Gauß dabei den Effekt, dass bei Verbiegen einer flachen Ebene
Abstände zwischen Punkten unverändert bleiben, da die Ebene weder ge-
dehnt noch gestaucht wird. Über die Berechnung so einer extremal- (mini-
mal) langen Verbindung zweier Punkte einer Punktmannigfaltigkeit ist es
möglich, konkrete Aussagen über die Beschaffenheit des vorhandenen Raum-
es zu machen, ohne diesen in einen höher-dimensionalen Raum einzubetten.
      Betrachten wir zunächst wie in [6]1 . einen Kreis in einer flachen Ebene
und auf einer Kugeloberfläche. Der Umfang in der Ebene berechnet sich
gewohnt mit U = 2π · r, auf der Kugel hingegen mit R . . . Kugelradius und
r . . . Kreisradius gilt U = 2π · R · sin α wobei r = R · α. somit folgt nach
kleinen Umformungen:
                                         sin α
                                U = 2π         r                         (2.1)
                                           α
bzw.
                                 U        sin α
                                    = 2π                                 (2.2)
                                  r         α
Dieses Verhältnis zwischen Umfang und Radius kann unabhängig von ei-
ner Einbettung in einen 3-dimensionalen Raum bestimmt werden. Sozusagen
könnten fiktive 2-dimensionale Lebewesen feststellen ob die Ebene in der sie
leben, flach oder gekrümmt ist, ohne etwas von einer dritten Dimension zu
wissen. Sie bräuchten lediglich den Umfang eines Kreises abzumessen und in
Verhältnis mit dem Radius zu stellen. Weicht dieses Verhältnis vom Wert 2π
ab, liegt eine Krümmung vor.

Definition 2.1.1 Die Gauß’sche Krümmung K ist für eine Kugeloberfläche
durch
                                  1
                              K= 2
                                  R
  1
      [Vgl. 6, S. 930ff]
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                    17

definiert. (R . . . Kugelradius)

Aus der vorangegangenen Betrachtung des Kreisumfangs auf der Kugelober-
fläche lässt sich eine andere Darstellung für K finden, die sich aus rein in
der Ebene messbaren Werten berechnen lässt. Die Herleitung erfolgt über
die Betrachtung der Reihenentwicklung der Sinusfunktion 2 .

Definition 2.1.2 (Formel von Bertrand und Pusseux)

                                            3     2π r − U
                                      K=      lim                           (2.3)
                                            π r→0    r3

    Setzt man nun im Fall einer flachen, bzw ungekrümmten Ebene für U 2rπ
ein, folgt sofort K = 0
    Diese fiktiven Lebewesen könnten also ausgehend von Abständen zweier
infinitesimal voneinander entfernten Punkten Aussagen über die Krümmung
der Ebene, in der sie leben, treffen.
    Im Euklidischen Raum gilt für die Abstandsberechnung der Satz des Py-
thagoras für drei Dimensionen

                                      ds2 = dx2 + dy 2 + dz 2               (2.4)

Verwenden wir nun für die Fläche die Parameterdarstellung

                               x = x(u, v), y = y(u, v), z = z(u, v)        (2.5)

                          ∂x
so folgt mit xu =         ∂u
                               ...

              dx = xu du + xv dv, dy = yu du + yv dv, dz = zu du + zv dv    (2.6)

und der Abstand zweier Punkte a(u, v) und a� (u + du, v + dv) ist mit

                  ds2 = g11 (u, v)du2 + g22 (u, v)dv 2 + 2g12 (u, v)du dv   (2.7)
  2
      [Vgl. 6, S. 936ff]
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                   18

gegeben, wobei

               g11 (u, v) = x2u + yu2 + zu2 , g22 (u, v) = x2v + yv2 + zv2

                   g12 (u, v) = g21 (u, v) = xu xv + yu yv + zu zv

Die gik sind dabei die sogenannten metrischen Koeffizienten. Durch aufsum-
mieren über die ds, also Integration kann die Länge jeder beliebigen Strecke
errechnet werden. Es müssen dazu nur die metrischen Koeffizienten bekannt
sein.
    Gauß suchte in weiterer Folge nach einer Möglichkeit die Krümung ei-
ner Fläche mittels eines Parameters zu berechnen, um mit Hilfe dessen eine
Kugeloberfläche von einer flachen Ebene bzw einer anders gekrümmten un-
terscheiden zu können. Aufgrund der Abhänigkeit der Länge von den gik war
es naheliegend aus ihnen ein Maß für die Krümmung zu bestimmen.

2.1.2     Riemann’sche Geometrie
Nach den Ergebnissen von Gauß für 2-dimensionale Flächen war es nicht weit,
zu vermuten, dass Ähnliches auch für allgemein-viele Dimensionen möglich
ist. Es stellte sich heraus, dass ein einziger Parameter analog zu K nicht aus-
reicht, sondern mehrere Größen benötigt werden. Der Schritt auf den allge-
meinen Fall war also keineswegs einfach, wurde allerdings noch zu Lebzeiten
Gauß von Georg Friedrich Bernhard Riemann gesetzt.
     Er behandelte den Raum in Form einer Punktmannigfaltikeit. Ist auf
dieser eine Metrik gegeben, also eine Vorgabe, wie Längen berechnet werden
können, spricht man von einer Riemann’schen Mannigfaltigkeit. Es wird in
jedem Punkt dieser Mannigfaltigkeit ein Tangentialvektorraum aufgespannt.
Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass die Krümmung lokal wegtransformiert
werden kann. Es benötigt darüberhinaus noch einer Vorschrift, wie zwischen
einzelnen Tangentialvektorräumen gerechnet werden kann.
     Wie wir in den folgenden Kapiteln dieser Arbeit sehen werden, können
mithilfe des Metrik-Tensors Eigenschaften des Raumes in Bezug auf seine
Krümmung, ähnlich wie schon Gauß es für zwei Dimensionen tat, berechnet
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                19

werden. Bevor in Kapitel 2.9 auf die Ergebnisse seiner Arbeit näher einge-
gangen wird, müssen einige mathematische Inhalte erläutert werden.

2.2      Vektor-Tensorrechnung
Bevor ich mich den für die Relativitätstheorie spezifischen Inhalten widme ist
es unabdingbar, die dafür nötigen mathematischen Grundlagen zu erläutern.
    Diese Grundlagen beschränken sich auf den Bereich der Vektor-Tensor-
rechnung in gekrümmten Räumen. Beginnen wir mit der Erarbeitung der für
die Theorie nötigen Inhalte.

2.2.1     Skalar-Vektor-Tensor
Definition 2.2.1 Ein Skalar ist ein Zahlwert, der sich bei Koordinatentrans-
formationen nicht ändert.
   Wird jedem Punkt in einem Raum ein Skalar zugeordnet spricht man von
einem Skalarfeld.

Beispiel für ein Skalarfeld

Ein Beispiel für ein Skalarfeld ist die Temperatur in einem Raum. Gibt es
Bereiche, in denen sich der Wert des Skalarfelds nicht ändert, so spricht man
von einer Niveaulinie, bzw Niveaufläche im 3-dimensionalen Raum.
   Skalare reichen in der Physik aber nicht aus, um alle Erscheinungen be-
schreiben zu können. Betrachten wir z.B. eine Kraft. Im Gegensatz zur Tem-
peratur ist es bei Kräften von Bedeutung, in welche Richtung sie in welcher
Stärke wirken. Zur Beschreibung von Kräften benötigen wir also ein Objekt,
welches neben einem skalaren Wert zusätzlich noch eine Richtungsangabe
enthält.

Definition 2.2.2 Ein Vektor ist eine gerichtete Größe. Er weist neben ei-
nem skalaren Wert (seinem Betrag) zusätzlich noch eine Richtungseigenschaft
auf. Man spricht von einem Vektorraum, wenn eine Funktion, das sogenannte
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                  20

Vektorfeld, existiert, welches jedem Punkt eines Raums einen Vektor zuord-
net.

   Vektoren können durch einen Pfeil in eine bestimmte Richtung mit der
Länge ihres Betrags sehr einfach veranschaulicht werden.

Beispiel für ein Vektorfeld

Ein Beispiel für ein Vektorfeld ist das Gravitationsfeld der Erde. Dessen Kraft
wirkt mit einer bestimmten Stärke (abstandsabhängig) in Richtung des Erd-
mittelpunktes. Jedem Punkt ist somit ein Vektor gegeben, der eine gewisse
skalare Größe (Stärke der Gravitation) und deren Richtung als Eigenschaft
beschreibt.
   Sobald man weitere Eigenschaften als Größe und Richtung mittels eines
Objektes zu beschreiben wünscht, muss man sich den Tensoren zuwenden.
Wir definieren nun den Begriff Tensor im n-dimensionalen Raum.

Definition 2.2.3 Ein Tensor der Stufe k ist ein k-fach indizierte Größe im
n-dimensionalen Raum mit nk Komponenten, die sich bezüglich jedes Index
wie ein Vektor transformiert.

   Die Formen eines Tensors sind Skalare, Vektoren oder Matrizen. Gehen
wir von der Definition des Tensors aus, erkennen wir:

   • Ein Tensor der Stufe 0 ist ein Skalar

   • Ein Tensor der Stufe 1 ist ein Vektor

   • Ein Tensor der Stufe 2 ist eine Matrix

Beispiel für einen Tensor

Ein Beispiel für einen Tensor liefert uns der Spannungstensor der Physik.
Dieser ist ein Tensor zweiter Stufe, der die mechanischen Spannungen an
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                           22

    Die Begriffe Skalar und Vektor werden wir nicht weiter behandeln, da
diese geläufig sein sollten, auf Tensoren jedoch kommen wir in Kapitel 2.5
noch genauer zu sprechen.

2.3      Indexschreibweise der Relativitätstheorie
Die Relativitätstheorie ist, wie sich im Laufe dieser Arbeit herausstellen wird,
eine tensoriell formulierte Theorie. Was das genau bedeutet sei vorerst nicht
erläutert, wird aber zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Es tauchen bei
diesen Objekten -Tensoren- regelmäßig Indizes auf. Es ist wichtig zu unter-
scheiden ob diese in Form von griechischen oder lateinischen Kleinbuchstaben
auftauchen. Die griechischen Indizes implizieren immer einen Wert der Men-
ge {0, 1, 2, 3}, während die lateinischen lediglich aus der Menge {1, 2, 3} zu
wählen sind. Oben stehende Indizes stehen für kontravariante- (vgl Kapitel
2.3.1), unten stehende für kovariante (vgl Kapitel 2.3.2) Formen eines Ten-
sors. Taucht ein Tensor, bzw eine Koordinate gestrichen (T �µν , x�µ ) auf, so
ist damit jeweils die Koordinate in einem neuen Koordinatensystem gemeint.

2.3.1     Kontravariante Form
Ein kontravariante Form eines Tensors transformiert nach

                                             ∂x�µ ν
                                    T �µ =       T                                (2.9)
                                             ∂xν

Geometrisch gesehen ergibt eine senkrechte Projektion eines Vektors u auf
eine kontravariante Basis ihn in kovarianter Form (siehe Abbildung 2.3.2).
Es taucht an dieser Stelle zum ersten Mal das Symbol für die partielle Ab-
leitung ∂ auf. Eine partielle Ableitung wird dann verwendet, wenn man eine
Funktion, die von mehreren Parametern abhängt, nur nach einem von diesen
ableiten möchte. Im Gegensatz dazu steht das totale Differential d, das nach
allen Parametern einer Funktion ableitet. 3
   3
    Die Kenntnis des Begriffs der Ableitung wird in dieser Arbeit als Voraussetzung ange-
nommen, und nicht näher erklärt. Für eine genauere Erläuterung dieses Sachverhalts sei
auf ein Lehrbuch der Mathematik verwiesen.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie              23

2.3.2     Kovariante Form
Die kovariante Form eines Tensors transformiert sich hingegen nach

                                  ∂    ∂xν ∂
                                     =                               (2.10)
                                 ∂xµ   ∂x�µ ∂xν

somit gilt für einen kovarianten Tensor:

                                           ∂xν
                                   Tµ� =        Tν                   (2.11)
                                           ∂x�µ

Die kovariante Form bildet eine Basis des im betrachteten Punktes befind-
lichen Tangentialvektorraums. Parallelprojektion eines Vektors u auf eine
kovariante Basis ergibt diesen in kontravarianter Form. Kovariante Formen
sind koordinatenunabhängig (siehe Abbildung 2.3.2).

   Abbildung 2.3.2

2.3.3     Topologischer Raum
Ein Raum ist mathematisch gesehen eine Menge von Punkten. Sobald eine
Struktur der Nähe eingeführt wird, welche zu jedem Punkt sogenannte Um-
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                  24

gebungen von Punkten definiert, spricht man von einem topologischen Raum.

Definition 2.3.1 Eine Menge U ist offen, wenn es zu jedem x ∈ U ein � > 0
gibt, sodass unendlich viele y ∈ U existieren, für die gilt: x − � < y < x + �.

    Zum besseren Verständnis stelle man sich einfach die offene Menge ]0; 1[
vor. 0 und 1 sind keine Elemente der Menge. Es existiert kein Randwert, es
gibt unendlich viele Zahlen zwischen 0 und 1. Genau in diesem Fall (unendlich
viele Werte, aber kein eindeutiger Randwert) spricht man von einer offenen
Menge.
    Im Gegensatz dazu ist eine geschlossene Menge gegeben, sobald eindeutige
Randwerte existieren. z.B.: [0; 1] hier gehören sowohl 0 als auch 1 zur Menge,
es gibt aber keine Elemente y derart, dass 0 − � < y < 0 + � erfüllt ist.

Definition 2.3.2 Eine Topologie T ist ein System aus offenen Teilmengen
eines Raums R für das folgende Axiome erfüllt sind:

  1. Die Vereinigung beliebig vieler offener Mengen ergibt eine offene Menge

  2. Der Durchschnitt endlich vieler offener Mengen ergibt eine offene Men-
     ge

  3. Die Grundmenge R und die leere Menge sind offene Mengen

Definition 2.3.3 Ein Raum R zusammen mit einer Topologie T heißt to-
pologischer Raum (R, T ).

Wozu benötigen wir den Begriff eines topologischen Raums?

Mittels der Topologie wird der Begriff der Nähe definiert. Dadurch bekommt
eine Menge eine Struktur, Umgebungen sind festgelegt und Längen können
berechnet werden.
    In der Allgemeinen Relativitätstheorie ist es von Bedeutung, dass die
Raumzeit ein Raum mit wohldefinierter Topologie ist, da sie sich mathema-
tisch hauptsächlich auf Verschiebungen von Vektoren bzw Tesoren um einen
infinitesimalen Bereich stützt. Um damit rechnen zu können, ist es notwen-
dig zu wissen, welcher Punkt “in der Nähe” eines anderen Punktes liegt. Die
Topologie gibt der Raumzeit ihre grundlegende Struktur.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                25

2.3.4     Metrischer Raum
Wir haben im vorigen Kapitel (2.3.3) den Begriff der Nähe eingeführt. Um
nun tatsächlich den Abstand zwischen zwei Punkten berechnen zu können
bedarf es einer Funktion, die angibt, auf welche Weise dies zu geschehen hat.
   Diese Abstandsfunktion ist definiert durch:
                                     n �
                                     � n
                                 2
                            ds =               gµν dxµ dxν             (2.12)
                                     µ=0 ν=0

   Hierbei ist zu beachten, dass die hochgestellten µ und ν keine Exponenten
sondern Indizes darstellen. x1 entspricht somit der x-Koordinate, x2 der y-
Koordinate und x3 der z-Koordinate (Im Falle eines 3-dimensionalen Raums).
Das Konstrukt gµν ist der Metrik-Tensor. Er definiert wie genau der Abstand
zu berechnen ist.
   Im n-dimensionalen euklidischen Raum ist der gµν nichts anderes als die
Verknüpfung der n Basisvektoren:
                                                     
                                     1    0    0
                                              ... 0
                                                     
                                   0     1    0
                                              . . . 0
                                                     
                                             . . . 0
                           gµν   = 0     0    1                      (2.13)
                                   .     ..   ..
                                               . . .. 
                                    ..    .    . . .
                                                     
                                     0    0 0 ... 1
   Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, die Einstein’sche Summenkonvention
zu erwähnen:

Definition 2.3.4 Die Einstein’sche Summenkonvention vereinbart, dass die
Aufsummierung nur über gleiche Indizes stattzufinden hat, wenn diese einmal
als kovarianter und einmal als kontravarianter Index auftauchen.

   Einfacher gesagt: steht unten und oben der gleiche Index, so wird sum-
miert.
   Hier ein Beispiel zur Verdeutlichung:
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                                26

                                                                                
                                                       x1                    y1
                                                                                
                                                      x2                  y2    
   • Skalarprodukt zweier Vektoren: �x = 
                                                       ..     und �y = 
                                                                            ..   
                                                                                   
                                                        .                   .   
                                                       xn                    yn
                                                n
                                                �
                                    �x · �v =         xi yi                            (2.14)
                                                i=1

      die Summenkonvention erlaubt es uns nun den selben Ausdruck kurz
      so zu schreiben: �x ∗ �v = xi yi das Summenzeichen kann weggelassen
      werden.
      Der Zweck ist vielleicht noch nicht ganz klar ersichtlich, aber spätestens
      wenn wir uns dann den Koordinatentransformationen bzw Gleichungen
      mit Tensoren widmen stellt sich die Summenkonvention als äußerst
      hilfreich heraus, um die Übersichtlichkeit zu bewahren.

   Nun aber zurück zum Metrik-Tensor. Mit der Einstein’schen Summenkon-
vention im Hinterkopf ergibt die Gleichung (2.12) im Allgemeinen folgendes:

              ds2 = gµν dxµ dxν                                                        (2.15)
              ds2 = gµν dxµ dxν = g11 (dx1 )2 + · · · + gnn (dxn )2                    (2.16)

   Denken wir uns zurück in den Euklidischen Raum, so gilt für gµν Glei-
chung 2.13. Setzten wir das in die obige Gleichung ein, erhalten wir die be-
kannte Abstandsformel für den euklidischen Raum.

                       ds2 = g11 dx2 + g22 dy 2 + g33 dz 2
                       ds2 = dx2 + dy 2 + dz 2                                         (2.17)
                             �
                        ds =   dx2 + dy 2 + dz 2                                       (2.18)

Dieser ist also ein metrischer Raum, was bedeutet, dass auf ihm zusätzlich
zur Topologie eine Abstandsfunktion (oder eben Metrik) definiert ist.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                  27

2.3.5     Mannigfaltigkeiten
In den vorangegangenen Kapiteln wurde der bekannte n-dimensionale Eukli-
dische Raum (Rn ) des öfteren als Veranschaulichungsobjekt gewählt. Jedoch
lassen sich nicht alle Objekte so einfach mit dem Rn vergleichen. Betrach-
ten wir beispielsweise eine Kugeloberfläche. Sie ist das einfachste Beispiel für
eine gekrümmte Fläche. Um sie nun auf einam Blatt Papier darstellen zu
können müsste man die Fläche an einer Stelle “aufschneiden” und anschlie-
ßend aufbreiten. Dabei passieren aber unweigerlich Verzerrungen von Längen
und Winkeln.
    Die Erdoberfläche ist annähernd eine Kugeloberfläche. Um sie in Atlan-
ten dennoch auf einer ungekrümmten Ebene darstellen zu können, zerteilen
wir sie in einzelne Karten. Die Karten untereinander haben bestimmte Über-
lappungsbereiche, und ergeben zusammen wieder die gesamte gekrümmte
Fläche.
    Eine Sammlung solcher Karten heißt in der Mathematik, so wie auch in
der Geographie, Atlas.
    Betrachtet man anstatt einer gesamten gekrümmten Fläche nur Teilge-
biete davon (eben diese Karten), hat man den Vorteil, dass die Fläche lokal
annähernd ungekrümmt ist, und ohne großen Fehler in den R2 übertragen
werden kann.
    In weiterer Folge bezeichnen wir gekrümmte Flächen bzw auch höher
dimensionale gekrümmte Räume als Mannigfaltigkeiten. Diese müssen nicht
zwangsläufig in einen höher dimensionalen Raum eingebettet sein, um deren
Eigenschaften bestimmen zu können, was wir in den folgenden Kapitel zeigen
werden.

2.4      Das lokal ebene System
Wie im vorigen Kapitel erwähnt verwendet man auf gekrümmten Mannig-
faltigkeiten die Eigenschaft, dass diese sich auf einem sehr kleinen Bereich
ohne großen Fehler auf einen ungekrümmten Raum abbilden lässt. Diese lo-
kal flachen Räume (vgl. Begriff Karte) besitzen im Falle der Raumzeit der
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                28

allgemeinen Relativitätstheorie eine wohldefinierte Metrik ηαβ . Sobald wir es
lokal mit einem flachen Raum zu tun haben, können wir dort die spezielle
Relativitätstheorie anwenden. Durch Transformationen ist man also in der
Lage für kleine Bereiche der Raumzeit deren Krümmung weg zu rechnen.

2.4.1     Die Minkowski-Metrik
Die Metrik der lokal ebenen 4-dimensionalen Raumzeit ist die Minkowski
Metrik, also genau jene, die in der speziellen Relativitätstheorie verwendet
wird:                                           
                                 1 0      0    0
                                                
                               0 −1 0         0
                        ηαβ =                  
                                                                      (2.19)
                                0   0   −1    0 
                                 0 0      0 −1

Die Signatur der Minkowski Metrik

Die Signatur einer Metrik beschreibt die Summe der Vorzeichen der Werte,
die in ihrer Diagonalen eingeschrieben sind. Im Falle der Minkowski Metrik
is diese also geich
                            1 − 1 − 1 − 1 = −2                      (2.20)

Der metrische Koeffizient der Zeitkoordinate (η00 ) hebt sich durch sein Vor-
zeichen von den drei übrigen Koeffizienten der Raumkoordinaten ab. Ein
Raum der durch diese Metrik gekennzeichnet ist, wird lokal als Inertialsys-
tem bezeichnet.
    Die Koordinaten des Minkowsiki Raums sollen sich von allgemeinen Ko-
ordinaten eines beliebig gekrümmten Raumes abheben und werden deshalb
mit dem griechischen Buchstaben ξ bezeichnet.

   Der Raumzeit Abstand des Minkowski-Raums ist demnach durch

                   ds2 = ηαβ dξ α dξ β = dt2 − dx2 − dy 2 − dz 2       (2.21)

   gegeben.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                29

2.5      Tensoren
Tensoren sind mathematische Objekte, die auf n-dimensionalen Mannigfaltig-
keiten durch ihr Transformationsverhalten festgelegt sind. Eine anschauliche
Darstellung, wie beispielsweise bei Vektoren, welche als Pfeile gedeutet wer-
den können, ist bei Tensoren nicht mehr möglich. Lediglich Tensoren 2.Stufe
können noch in Matrizenform dargestellt werden. Tensoren 3.Stufe könnten
höchstens mit einer 3 dimensionalen quaderfömigen Tabelle asoziiert werden.

Eigenes Vorstellungsmodell für Tensoren

Für mich persönlich hat sich das Vorstellungsmodell bewährt, ein Tensor
4.Stufe wäre in einem 4-dimensionalen Raum eine Ansammlung von vier
dreidimensionalen würfelförmigen Tabellen. Betrachten wir als Beispiel den
später in dieser Arbeit auftauchenden Krümmungstensor Rλµν κ
                                                              . Mit einem
der Indizes, sagen wir κ assoziieren wir die Nummer des Würfels. Die restli-
chen drei Indizes bezeichnen dann die x−, y− und z−Koordinate in diesem
Würfel.

    Nun aber zurück zu den relevanteren Eigenschaften von Tensoren. Ihre
Besonderheit ist das spezielle Transformationsverhalten ihrer Komponenten.
    Trotz ihrer Komplexität finden Tensoren in der theoretischen Physik eine
Vielzahl von Anwendungsbereichen. So auch in Einsteins allgemeiner Re-
lativitätstheorie. Sobald man sich mit den Konstrukten angefreundet hat,
erkennt man schnell deren sinnvolle Anwendungen. Gleichungssysteme kön-
nen ganz einfach in einer einzelnen Gleichung zusammengefasst werden und
in Verbindung mit Einsteins Summenkonvention fallen sogar die Summen-
zeichen weg.
    Eine Gravitationstheorie, wie es die allgemeine Relativitätstheorie ist,
verlangt nach einer einheitlichen, koordinatenunabhängigen Form ihrer Glei-
chungen. Genau diese Anforderungen sind der Grund, weshalb die allgemeine
Relativitätstheorie eine tensoriell formulierte Theorie ist.
    Bei Wechsel des Koordinatensystems transformiert sich jede Komponente
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                          30

eines Tensors wie ein Vektor:

                       1 ...µm
                                   ∂x�µ1       ∂x�µm ∂xβ1       ∂xβn α1 ...αm
                 Tν�µ1 ...ν    =         · · ·            · · ·      T           (2.22)
                            n
                                   ∂xα1         xαm ∂x�ν1       ∂x�νn β1 ...βn

    Wie wir bereits wissen bezeichnet man die hochgestellten Indizes als kon-
travariant, die tiefgestellten als kovariant (vgl. Kapitel 2.3). T � bezeichnet
hierbei den in ein anderes Koordinatensystem transformierten Tensor T ..
    Das allgemeine Transformationsgesetz für Tensoren (siehe Gleichung 2.22)
liefert für spezielle Tensoren

                  ∂x�µ ∂x�ν αβ          ∂xα ∂xβ                   ∂x�µ ∂xβ α
       T �µν =             T   , T �
                                   µν =           T αβ , T �µ
                                                              ν =          T β,
                  ∂xα ∂xβ               ∂x�µ ∂x�ν                 ∂xα ∂x�ν

2.5.1       Tensoralgebra
Betrachten wir die wichtigsten Rechenregeln für Tensoren.

Satz 2.5.1 Für a, b skalar und gleicher Stufe der Tensoren A...      ...
                                                            ... und B... gilt:

                               a Aµν11...ν
                                      ...µm
                                           n
                                             + b Bνµ11...ν
                                                       ...µm
                                                           n
                                                             = Tνµ11...ν
                                                                     ...µm
                                                                         n
                                                                                 (2.23)

Das bedeutet, bilden wir die Summe oder die Differenz zwischen zwei Tenso-
ren (oder Vielfachen derer) der gleichen Stufe, erhalten wir wiederum einen
Tensor dieser Stufe.
    Auch das Produkt zweier Tensoren A... ... der Stufe k und B... der Stufe l,
                                                               ...

die nicht notwendigerweise die selbe Stufe haben, ergibt einen Tensor T...... der
Stufe k + l.

Satz 2.5.2 Tνµ11...ν
                 ...µm ρ1 ...ρm
                     n σ1 ...σm
                                = Aµν11...ν
                                       ...µm
                                            n
                                              · Bσρ11 ...σ
                                                      ...ρm
                                                           n

    Noch eine weitere Methode steht uns beim Rechnen mit Tensoren zur
Verfügung, die sogenannte Verjüngung oder Kontraktion. Damit ist nichts
anderes gemeint, als die Reduzierung seiner Stufe. Setzt man einen kontrava-
rianten (oberen) und einen kovarianten (unteren) Index gleich, und summiert
gemäß der Einstein’schen Summenkonvention, so erhält man wiederum einen
Tensor, der als Verjüngung des ursprünglichen Tensors bezeichnet wird.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                31

Satz 2.5.3 T µν = Aµνρ
                   ρ   ist eine Verjüngung des Tensors Aµνρ
                                                        σ

   Oben genannter Satz gilt, da:

                                   ∂x�µ ∂x�ν ∂x�ρ ∂xδ αβγ
                         A�µνρ
                          σ    =                     A                 (2.24)
                                   ∂xα ∂xβ ∂xγ ∂x�σ δ

Daraus folgt:

              ∂x�µ ∂x�ν ∂x�ρ ∂xδ αβγ ∂x�µ ∂x�ν δ αβγ ∂x�µ ∂x�ν αβ
  T   �µν
            =                   A   =         δ A   =         T        (2.25)
              ∂xα ∂xβ ∂xγ ∂x�ρ δ      ∂xα ∂xβ γ δ     ∂xα ∂xβ

und T αβ gemäß des Transformationsgesetzes für Tensoren verhält.
   Es ist nun zum ersten mal das Kronecker-Symbol δγδ aufgetaucht. Hierbei
handelt es sich um eine 2-fach indizierte Größe, deren Definition wie folgt
aussieht:                        �
                                   1 falls i = j
                           δik =                                    (2.26)
                                   0 falls i �= j
    Anhand dieser Definition erkennt man schnell, dass es beim Kronecker-
Delta offenbar gleichgültig ist, welche Reihenfolge man für die Notation der
Indizes wählt. Es gilt sicher: δik = δki . Ist dies für einen Tensor der Fall
spricht man von einem symmetrischen Tensor.

2.5.2         Symmetrien von Tensoren
Sobald bei einem Tensor die Reihenfolge bestimmter, oder gar aller Indizes
gleichgültig ist, spricht man von sogenannten Symmetrien.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                    32

   Zur besseren Veranschaulichung seien einige Beispiele genannt:

   Tik = Tki . . . symmetrisch bezüglich der unteren Indizes
   Tik = −Tki . . . antisymmetrisch bezüglich der unteren Indizes
    i     i
   Tjk = Tkj . . . symmetrisch bezüglich der unteren Indizes
    i      i
   Tjk = −Tkj . . . antisymmetrisch bezüglich der unteren Indizes
   Tklij = Tklji . . . symmetrisch bezüglich der oberen Indizes
   Tklij = Tlkji . . . symmetrisch bezüglich der oberen und unteren Indizes
   ...

2.5.3     Bedeutung von Symmetrien
   • Verschwindet ein Tensor T µν in einem Koordinatensystem, verschwin-
     det er auch in allen anderen.
      Dieser Satz folgt aus dem allgemeinen Transformationsgesetz für Ten-
      soren (siehe Gleichung 2.22).

   • Erhaltung von Symmetrien: Ein Tensor A mit einer bestimmten Sym-
     metrie in einem Koordinatensystem Aµν     νµ
                                        λ = Aλ behält diese auch in
     allen anderen Koordinatensystemen.
      Beweisen lässt sich diese Tatsache sehr einfach über den Effekt, dass
      ein Tensor, sofern er in einem Koordinatensystem verschwindet, dies
      auch in allen anderen tut.

2.5.4     Spezielle Tensoren
In (siehe Gleichung 2.26) haben wir das Kronecker-Symbol δµ ν erstmals er-
wähnt und definiert. δµ ν bildet das sogenannte Einheitssymbol. Es ist in allen
Koordinatensystemen von der selben Form.
    Ein weiterer besonderer Tensor ist der Metrik Tensor gµν

Definition 2.5.1
                                            ∂ξ α ∂ξ β
                                gµν = ηαβ                               (2.27)
                                            ∂xµ ∂xν
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 33

Dabei handelt es sich bei ηαβ , gemäß Kapitel 2.4, um die Minkowski Metrik.
ξ α bezeichnen wie gewohnt lokal ebene Koordinaten.
    Zu diesem existiert ein zweiter (inverser) Tensor mit der folgenden Eigen-
schaft:
                                  g λµ gµν = δνλ                        (2.28)

mit
                                        ∂xλ ∂xµ αβ
                               g λµ =             η                    (2.29)
                                        ∂ξ α ∂ξ β
Es bleibt noch zu zeigen, dass auch g λµ ein Tensor ist:

                ∂x�λ ∂x�µ αβ ∂x�λ ∂x�µ ∂xρ ∂xσ αβ ∂x�λ ∂x�µ ρσ
      g �λµ =             η =                   η =         g          (2.30)
                ∂ξ α ∂ξ β     ∂xρ ∂xσ ∂ξ α ∂ξ β     ∂xρ ∂xσ

Wodurch g µν sich wie ein Tensor verhält.

2.5.5     Eigenschaften des metrischen Tensors
Es gibt in der allgemeinen Relativitätstheorie, gleich wie schon in der spezi-
ellen, drei Arten von Raum-Zeit Abständen
                                     
                                     < 0 . . . raumartig
                                     
                       2        µ  ν
                     ds = gµν dx dx = 0 . . . lichtartig               (2.31)
                                     
                                     
                                       > 0 . . . zeitartig

Was bedeuten nun diese drei Begriffe?
Raumartig: Zwei Ereignisse deren Weltlinie raumartig ist, können keinen
   kausalen Zusammenhang besitzen, da Information nicht schnell genug
   von einem Ereignis zum anderen übertragen werden könnte, da dies
   mit über Lichtgeschwindigkeit geschehen müsste. Sie können sich also
   nicht gegenseitig beeinflussen.

Lichtartig: Lichtartige Weltlinien werden ausschließlich von Photonen be-
     schrieben.

Zeitartig: Zeitartig bezeichnet man alle Weltlinien von Körpern, die sich in
     der Raumzeit bewegen. Eine Weltlinie ist hierbei einfach eine Verbin-
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                 34

      dung zwischen allen Ereignissen die dieser Körper im Laufe der Zeit
      durchläuft. Ist die Weltlinie zwischen zwei Ereignissen zeitartig bedeu-
      tet dies, dass diese beiden Ereignisse von einander abhängig sein kön-
      nen, dass Information vom einen Ereignis zum anderen transportiert
      werden kann, bevor das Ereignis eintritt.

Geometrisch besser vorstellen kann man sich diese Begriffe in Zusammenhang
mit dem Lichtkegel:

Die Seitenfläche des Keges wird durch lichtartige Weltlinien beschrieben.
befindet sich ein Ereignis P im Zentrum dieses Kegels, so können lediglich
Ereignisse die sich in dessen Zukunfts- oder Vergangenheitskegel befinden
Einfluss auf dieses Ereignis haben. Die Weltlinien innerhalb dieser beiden
Kegel werden als zeitartig, jene außerhalb der Kegel als raumartig bezeichnet.

2.5.6     Verschieben der Indizes
Während unseren bisherigen Begegnungen mit Tensoren tauchten immer wie-
der hoch- und tiefgestellte Indizes auf. Dieses Kapitel behandelt den Zu-
sammenhang zwischen den Komponenten mit hochgestellten und denen mit
tiefgestellten Indizes.
    Multipliziert man einen bestimmten Vektor V µ = g µν Uν mit gλµ so erhält
man wieder den Ausgangsvektor Uν

                       gλµ V µ = gλµ g µν Uν = δλ ν Uν = Uλ
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                        35

    Aufgrund dieses Zusammenhangs werden V µ und Uµ als kontra- bzw ko-
variante Form desselben Vektors U aufgefasst. Man spricht vom Heben und
Senken der Indizes, wenn man die kontravariante Komponente eines Vektors
in dessen kovariante wandelt.

                            Vµ = gµν V ν , V µ = g µν Vν                      (2.32)

   Das Skalarprodukt zweier Vektoren kann nun wie folgt definiert werden:

                     Uµ V µ = gµν U µ V ν = g µν Uµ Vν = U µ Vν               (2.33)

   Analog funktioniert das Herab- oder Heraufziehen von Indizes höherstu-
figer Tensoren. Gehen wir von einem (von uns) definierten Tensors Aµν aus.
Man kann mithilfe des metrischen Tensors rasch die zu Aµν gehörigen Ten-
soren

   Aµ ν = Aµρ g ρν , Aµ ν = g µρ Aρν , Aµν = Aµ λ g λν = g µλ Aλ ν = g µλ Aλρ g ρν
                                                                               (2.34)
definieren.
   Durch das Hinunterziehen der Indizes können wir von Aµν wieder auf Aαβ
kommen:

              gαµ gβν Aµν = gαµ g µλ gβν g ρν Aλρ = δα λ δβ ρ Aλρ = Aαβ       (2.35)

    Da wir nicht von vorn herein annehmen können, dass ein Tensor symme-
trisch sei, müssen wir bei den Indizes stets auf deren Reihenfolge achten. Im
Allgemeinen ist Aµ ν �= Aν µ ! Darum dürfen wir die Indizes auch nur dann
übereinander schreiben, wenn der Tensor symmetrisch ist.

2.6      Christoffelsymbole
Die Christoffelsymbole Γλµν setzen sich aus Ableitungen des metrischen Ten-
sors gµν zusammen und sind dadurch jene Größen, die die Änderung der
Metrik zwischen verschiedenen Punkten der Mannigfaltigkeit beschreiben.
Mathematische Methoden der allgemeinen Relativitätstheorie                   36

Sie werden daher auch als affine Zusammenhänge bezeichnet.

Definition 2.6.1
                                             ∂xλ ∂ 2 ξ α
                                  Γλµν =                                  (2.36)
                                             ∂ξ α ∂xµ ∂xν
mit ξ α als Koordinaten eines lokal flachen Koordinatensystems (vgl. Kapitel
2.4)

Sehen wir uns die Definition 2.6.1 im Vergleich mit der Definition der gµν an,
erkennen wir eine gewisse Ähnlichkeit.

                                 ∂ξ α ∂ξ β                ∂xκ ∂ 2 ξ α
                   gµν = ηαβ                     Γλµν =
                                 ∂xµ ∂xν                  ∂ξ α ∂xµ ∂xν

   Dies erlaubt uns die Christoffelsymbole mithilfe erster Ableitungen des
metrischen Tensors zu berechnen.
   Folgende Summe aus Ableitungen führt zum Ziel:

              ∂gµν ∂gλν          ∂gµλ
                    +        −        =
               ∂xλ       ∂xµ      ∂xν
                   ∂ 2 ξ α ∂ξ β       ∂ξ α ∂ 2 ξ β    ∂ 2 ξ α ∂ξ β
              ηαβ µ λ ν + ηαβ µ ν λ + ηαβ λ µ ν +
                 ∂x ∂x ∂x             ∂x ∂x ∂x       ∂x ∂x ∂x
                 ∂ξ α ∂ 2 ξ β           ∂ 2 ξ α ∂ξ β ∂ξ α ∂ 2 ξ β
              ηαβ λ ν µ − ηαβ µ ν λ − ηαβ µ λ ν =
                 ∂x ∂x ∂x             ∂x ∂x ∂x       ∂x ∂x ∂x
                       2 α      β
                    ∂ ξ ∂ξ
              2ηαβ µ λ ν                                                  (2.37)
                   ∂x ∂x ∂x

   Aufgrund der Vertauschbarkeit von α und β fallen 4 der zwei Summanden
weg, da sie sich gegenseitig aufheben. Aus der Definition der Christoffelsym-
bole, sowie der des metrischen Tensors folgt:

                              ∂ξ α ∂ξ β ∂xν ∂ 2 ξ γ        ∂ξ α ∂ 2 ξ β
             gµν Γνκλ = ηαβ                         = η αβ                (2.38)
                              ∂xµ ∂xν ∂ξ γ ∂xκ ∂xλ         ∂xµ ∂xκ ∂xλ
                                   � �� �
                                       δγβ

nach Gleichung 2.37 ist dies weiter gleich
                                       �                         �
                                   1       ∂gκµ ∂gλµ ∂gκλ
                      gµν Γνκλ   =             +     −                    (2.39)
                                   2       ∂xλ   ∂xκ   ∂xµ
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