M ttersterblichkeit w hrend Schwangerschaft und post abortum
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Gynäkologe 1997 ´ 30:682±693 Springer-Verlag 1997 Zum Thema H. Welsch · Frauenklinik Klinikum Groûhadern, LMU München Müttersterblichkeit während Schwangerschaft und post abortum Definitionen ± Amtliche Landesstatistiken Zusammenfassung bekannt. Aus dem Rückgang direkter Müt- Definitionen tersterbefälle intra graviditatem ergab sich In der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts konnte in eine Verschiebung in Richtung indirekter Bei mütterlichen Todesfällen während den Industriestaaten im Gegensatz zur drit- Sterbefälle. Schwangerschaft, Geburt und Wochen- ten Welt die Müttersterblichkeit während bett muû zwischen den durch die ICD Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett definierten Müttersterbefällen (mater- auf einen noch vor wenigen Jahrzehnten nal deaths) und Sterbefällen ohne kaus- nicht für möglich gehaltenen Tiefstand von 5±10 Todesfällen/100 000 Lebendgeborene (Lgb) gesenkt werden. Geblieben ist nur ein S chwangerschaft, Geburt und Wo- chenbett sind seit Beginn der Evolution ale Beziehung zur Gestation (nicht ge- stationsbedingte Todesfälle; fortuitous deaths) unterschieden werden. Beide minimales maternales Restrisiko. Landes- des Menschen durch mögliche Kompli- Kollektive werden unter dem Oberbe- weite Einzeluntersuchungen durch ärztliche kationen im physiologischen Fortpflan- griff ¹Sterblichkeit von Frauen im oder wissenschaftliche Gremien vermögen zungsgeschehen mit einem nicht uner- Verlauf der Gestationª subsumiert (s. bei Benutzung zusätzlicher Datenquellen die heblichen mütterlichen Sterblichkeits- dazu auch ICD-10 ¹pregnancy-related in allen Ländern wegen unvollständiger Er- risiko belastet. Die Höhe dieses Risikos deathª). fassung bestehende Dunkelziffer bei Müt- wird in erster Linie von Qualität und Nach der ICD-9 und ICD-10 (Ein- tersterbefällen zu reduzieren. Daneben kön- Umfang der medizinischen Versorgung führung in der BRD ab 01.01.1998 vorge- nen sie auf auch heute im Einzelfall potenti- bestimmt. Während am Ende des 20. sehen) gilt als Müttersterbefall: ¹der Tod ell noch drohende Gefahren aufmerksam Jahrhunderts die Müttersterblichkeit in jeder Frauwährendder Schwangerschaft machen und so zu einer weiteren Minimie- hochindustrialisierten Ländern auf ei- oder innerhalb von 42 Tagen nach Been- rung des gestationsbedingten mütterlichen nen noch vor wenigen Jahrzehnten digung der Schwangerschaft, unabhän- Mortalitätsrisikos beitragen. Seit 1983 wur- nicht für möglich gehaltenen Tiefstand gig von Dauer und Sitz der Schwanger- den in Bayern landesweit auf freiwilliger Ba- gesenkt werden konnte, sterben in den schaft. Dabei gilt jede Ursache, die in Be- sis und unter Wahrung des Datenschutzes im Entwicklungsländern nach Schätzun- ziehung zur Schwangerschaft oder deren Auftrag der Bayerischen Gesellschaft für Ge- gen der WHO jährlich immer noch ca. Behandlung steht oder durch diese ver- burtshilfe und Frauenheilkunde (BGGF) Ein- 580 000 Frauen ± andere Institutionen schlechtert wird, nicht aber Unfall oder zelfalluntersuchungen bei möglichst allen vermuten bis zu 1 Mio. ± an Komplika- zufällige Ereignisse.ª Müttersterbefällen durchgeführt. Ab 1987 tionen von Schwangerschaft Geburt Müttersterbefälle werden in direkte wurden zusätzlich die in der amtlichen Sta- und Wochenbett. Etwa 99 % aller Müt- und indirekte Sterbefälle unterteilt. In tistik bisher nicht aufgeführten nicht gesta- tersterbefälle ereignen sich in Entwick- der BRD werden seit Einführung der tionsbedingten mütterlichen Todesfälle lungsländern. ICD-9 (1979) dafür die Begriffe ¹unmit- während Schwangerschaft, Geburt und Wo- Die Thematik Mütterliche Gefähr- telbarª und ¹mittelbarª verwandt. Diese chenbett erfaût. Die Müttersterblichkeit ging dung während der Schwangerschaft er- von keinem anderen deutschsprachigen von 13,6/100 000 Lgb (1983±1988) auf 7,8/ fordert auch eine Auseinandersetzung Land übernommenen Begriffsbezeich- 100 000 Lgb (1989±1994) zurück. Rund 1/4 mit dem aktuellen maternalen Mortali- nungen entfallen mit der ICD-10 wieder (n = 43) der 176 Müttersterbefälle der Jahre tätsrisiko in der Gravidität. Ein weiterer zugunsten der weltweit benutzten No- 1983±1996 ereigneten sich intra gravidita- Beitrag im nächsten Heft wird sich mit menklatur ¹direktª und ¹indirektª: tem oder post abortum. Häufigste Todesur- der Müttersterblichkeit während Ge- · Direkt gestationsbedingte Sterbefälle sache waren: Lungenembolie (n = 10), burt und Wochenbett befassen. (direkte Müttersterbefälle, direct ob- Komplikationen nach legalem und illegalem stetric deaths) ¹treten als Folge von Schwangerschaftsabbruch (n = 8) und Ex- trauteringravidität (n = 6). In der 2. 6-Jah- Prof. Dr. H. Welsch res-Periode 1989±1994 wurden keine Müt- Frauenklinikum Groûhadern, LMU München, tersterbefälle bei Schwangerschaftsabbruch Candidstraûe 20, D-81543 München 682 Der Gynäkologe 9´97
pretation gebraucht werden; 4 Jahre Tabelle 1 nach Publikation der ICD-10 durch die Amtliche Müttersterblichkeit der BRD und der DDR 1983±1989, WHO [26] erschien aus den ¹Centers Gesamtdeutschland 1990±1995 ([15, 17, 20] ) for Disease Control and Preventionª (CDC), Atlanta, eine Publikation ¹Preg- BRD DDR nancy-related Mortality in the United Lebend- Materne Mortalität Lebend- Materne Mortalität States, 1987±1990ª [5]. Darin wurde geborene geborene ¹pregnancy-related mortalityª unter n 100 000 Lbg n 100 000 Lbg Bezug auf die Codenummern 630±676, ICD-9, als Synonym für Müttersterb- 1983 594 177 68 11,4 233 756 36a 15,4a lichkeit benützt: 1984 584 157 63 10,8 228 135 38a 16,7a 1985 586 155 63 10,7 227 648 34a 14,9a · Nicht gestationsbedingte Sterbefälle 1986 625 963 50 8,0 222 269 26a 11,7a (fortuitous deaths) 1987 642 010 56 8,7 225 959 27a 11,9a ¹ohne kausalen Zusammenhang mit 1988 677 259 60 8,9 215 734 32a 14,8a Schwangerschaft, Geburt und Wo- 1989 681 537 36 5,3 198 922 24a 12,1a chenbettª (ICD-9) sind in der ICD-10 präziser definiert als Todesfälle, ¹die Gesamtdeutschland davon Neue Bundesländer 1990 905 675 82 9,1 178 476 29 16,2 auf zufälligen Ursachen, Mord, 1991 830 019 71 8,6 107 769 10 9,3 Selbstmord oder auf nach gerichts- 1992 809 083 54 6,7 88 289 9 10,2 medizinischer (mediko-legaler) Un- 1993 798 447 44 5,2 80 532 6 7,5 tersuchung nicht abklärbaren Ursa- 1994 769 603 40 5,2 78 698 4 5,1 chen beruhen.ª 1995 765 221 41 5,4 83 847 9 10,7 a Nur direkte Müttersterbefälle. Für die internationale Berichterstat- tung über die Müttersterblichkeit sind nach der ICD-10 nur Müttersterbefälle innerhalb von 42 Tagen nach Beendi- gung der Schwangerschaft zu berück- Komplikationen der Gestation Jahres nach dem Ende der Schwan- sichtigen. Dennoch wird die Erfassung (Schwangerschaft, Geburt und Wo- gerschaft eintritt.ª der späten Müttersterblichkeit für na- chenbett), als Folge von Eingriffen, · Sterbefall während der Gestation tionale Auswertungszwecke als ¹nütz- Unterlassungen, unsachgemäûer Be- (pregnancy-related death): lichª angesehen. Voraussetzung für handlung oder als Folge einer Kausal- ¹Als Sterbefall während der Gestation eine zumindest teilweise Erfassung spä- kette, die von einem dieser Zustände ist der Tod jeder Frau anzusehen, die ter Müttersterbefälle in der BRD ist ausgeht, auf.ª während der Schwangerschaft oder eine Ergänzung der entsprechenden · Indirekt gestationsbedingte Sterbefäl- innerhalb von 42 Tagen nach dem Rubrik in der ärztlichen Todesbeschei- le (indirekte Müttersterbefälle, indi- Ende der Schwangerschaft eintritt, nigung. rect obstetric deaths) ¹ergeben sich wobei die Todesursache keine Rolle In Veröffentlichungen über Mütter- aus einer vorher bestehenden Krank- spielt.ª sterblichkeitsraten ist nach der ICD-10 heit, oder sind Sterbefälle aufgrund immer der Zähler zu spezifizieren (di- einer Krankheit, die sich während Der Begriff ¹pregnancy-relatedª sollte rekte oder direkte und indirekte Mütter- der Gestationsperiode entwickelt hat, daher künftig nur noch in dieser Inter- sterbefälle). Als Nenner ist entweder die nicht auf direkt gestationsbedingte Ursachen zurückgeht, aber durch physiologische Auswirkungen von Schwangerschaft, Geburt und Wo- chenbett verschlimmert wurde.ª Die ICD-10 enthält in Bd. II, Kap. ¹Stan- dards und Anforderungen an die Be- richterstattung der Müttersterblich- keitª 2 weitere Definitionen [10]: · Später Müttersterbefall (late maternal death): ¹Als später Müttersterbefall ist der Tod einer Frau aufgrund direkter und indirekter gestationsbedingter Ursa- chen anzusehen, der später als 42 Tage nach dem Ende der Schwan- Abb. 1. ~ Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900±1938 und in der BRD 1949±1995. gerschaft, aber noch vor Ablauf eines (Nach [4, 20]) Der Gynäkologe 9´97 683
Zum Thema Amtliche nationale und Tabelle 2 internationale Statistiken zur Amtliche Müttersterblichkeit im internationalen Vergleich Müttersterblichkeit 1980±1984 1985±1989 Letztpubliziertes Jahr Die amtliche Todesursachenstatistik Europa der BRD weist entsprechend der ICD-9 Belgien 9 7,5 5 4,2 8 6,6 (1989) die unmittelbaren (direkten) und mit- Bulgarien 25 20,1 20 17,0 19 21,3 (1992) telbaren (indirekten) Müttersterbefälle Tschechoslowakei 24 10,2 21 9,7 27 13,0 (1991) ± in der Regel gemeinsam ± aus. Anga- Dänemark* 3 5,6 3 5,3 5 7,4 (1992) ben über nicht gestationsbedingte To- Finnland 2 3,1 4 6,4 3 4,5 (1992) desfälle von Frauen während Schwan- Frankreich 112 14,3 78 10,1 96 12,9 (1992) gerschaft, Geburt und Wochenbett wer- Bundesrepublik Deutschland 99 16,2 53 8,2 41 5,4 (1995) den bisher in den amtlichen Statistiken Frühere DDRa 36 15,1 29 13,1 24 12,1 (1989) nicht veröffentlicht. In der früheren Griechenland 18 13,1 6 5,5 6 5,8 (1992) DDR wurden als ¹peripartale Mortali- Irland 5 7,2 2 3,5 3 5,8 (1992) tätª die direkten Müttersterbefälle und Italien 67 10,7 35 6,1 27 4,8 (1991) zusätzlich (ohne weitere Differenzie- Früheres Jugoslavien 76 20,2 52 14,6 xx xx rung) die Summe aus indirekten Müt- Niederlande 13 7,4 13 7,0 14 7,1 (1992) tersterbefällen und nicht gestationsbe- Norwegen 2 3,9 3 5,5 4 6,7 (1992) Österreich 10 10,9 6 6,9 4 4,2 (1992) dingten Todesfällen zusammengefaût; Polen 99 14,2 76 12,4 51 9,9 (1992) Bezugsgröûe waren 10 000 Lgb [15]. Portugal 28 18,7 12 9,7 11 9,6 (1992) Ein Säulendiagramm (Abb. 1) zeigt Rumänien 546 152,0 571 152,8 167 64,1 (1992) die Entwicklung der amtlichen Mütter- Russische Föderation 712 51,6 (1993) sterblichkeit im Deutschen Reich Spanien 46 9,0 20 4,7 19 4,9 (1993) (1900±1938) und in der BRD Schweden 4 4,3 6 5,6 6 5,1 (1993) (1949±1995). Während der Kriegsjahre Schweizb 5 6,7 5 6,4 5 6,0 (1993) Ungarn 26 19,2 22 17,4 22 18,8 (1992) wurden keine Daten veröffentlicht; aus United-Kingdom 66 9,0 53 6,9 52 6,7 (1992) den ersten Nachkriegsjahren liegen nur England and Wales 55 8,6 47 7,0 45 6,5 (1992) Zahlen auf Länderebene vor. In der 2. Nordirland 2 7,3 0 0,0 0 0,0 (1992) Hälfte dieses Jahrhunderts konnte die Schottland 9 13,5 6 9,1 7 10,6 (1992) materne Mortalität in West- und Ost- deutschland, wenn auch zeitversetzt zu Nordamerika Canada 18 4,8 15 4,0 19 4,8 (1992) anderen Ländern der ersten Welt, stark Unites States 302 8,3 294 7,6 318 7,9 (1993) gesenkt werden. Mexiko 2199 98,0 1594 60,2 1399 50,0 (1992) Tabelle 1 enthält die Anzahl der Le- bendgeborenen und die amtliche Müt- Südamerika tersterblichkeit (Anzahl der Mütterster- Argentinien 440 64,2 351 52,0 334 48,1 (1991) befälle und Mortalität pro 100 000 Lgb) Brasilien 1670 64,7 (1989) Chile 139 53,5 128 45,2 123 40,5 (1989) in der BRD und der früheren DDR von Ecuador 307 152,2 (1990) 1983±1989 und für Gesamtdeutschland Venezuela 286 56,8 300 58,3 339 64,0 (1989) von 1990±1995 mit zusätzlichen Anga- ben für die neuen Bundesländer. Der Asien starke Geburtenrückgang im Osten Israel 6 5,6 (1992) Deutschlands zwischen 1988 und 1994 Japan 272 17,8 167 12,4 111 9,2 (1992 ist deutlich erkennbar. Australien 20 8,5 13 5,3 9 3,5 (1992) Tabelle 2 zeigt die von der WHO a Nur direkte Müttersterbefälle. veröffentlichte Müttersterblichkeit eu- b ICD-8. ropäischer und ausgewählter auûereu- Jahresdurchschnittwerte in absoluten Zahlen und pro 100 000 Lebendgeborene für die Zeiträume ropäischer Länder für die 5-Jahres-Zeit- 1980±1984 und 1985±1989 sowie Einzeldaten für letztpubliziertes Jahr [ (1994, 1995, 1996) World Health räume 1980±1984 und 1985±1989 ein- Statistics Annuals 1993, 1994, 1995, WHO, Geneve; (1996) Demographic Yearbook 1994. United Nations, schlieûlich des letztpublizierten Jahres New York] [21, 27]. Auffallend sind die noch immer hohen Sterblichkeitszahlen osteuropäi- scher Länder, die 1992 in Rumänien zu 60 % und 1993 in Ruûland zu knapp Zahl der Lebendgeborenen (Lgb) oder neuerdings dafür die Gesamtzahl aller 30 % durch Todesfälle nach Schwanger- die Gesamtzahl der Geborenen zu be- Geborenen (100 000 Lebend- und Tot- schaftsabbruch bedingt waren. Die rücksichtigen und anzugeben. Während geborene) empfohlen [14]. Kluft zwischen Ländern der 1. und 3. bisher international meist 100 000 Lgb Welt ist auf dem Gebiet der Müttersterb- als Bezugsgröûe benutzt werden, wird lichkeit besonders ausgeprägt. Nach 684 Der Gynäkologe 9´97
Schätzungen der WHO ist das mütterli- unvollständig. In Groûbritannien ent- derartigen Zusammenstellungen (out- che Sterblichkeitsrisiko z. B. in Bangla- hielt die amtliche Statistik der Jahre put tables) sollte bei Anwendung der desh und der Sahelzone besonders 1991±1993 nur 61,4 % (n = 140) der tat- ICD-10 nach Tabelle 3 differenziert wer- hoch und dürfte bis zu 800±1000 Frau- sächlich bekannt gewordenen Fälle den [14]. en/100 000 Lgb erreichen. Der extrem (n = 228). Dadurch erhöhte sich die ma- hohen gestationsbedingten mütterli- terne Mortalität in Groûbritannien für Einzeluntersuchungen zur chen Gefährdung in den Entwicklungs- die Jahre 1991±1993 von 6,0 (amtliche Müttersterblichkeit ländern liegen multifaktoriellen Ursa- Statistik) auf 9,7/100 000 Lgb [9]. ¾hnli- chen zugrunde [18]. che Fehlerquoten sind u. a. aus Frank- Da einzelne Klinikstatistiken wegen zu Aussagekraft und Vergleichbarkeit reich, den Vereinigten Staaten, Holland kleiner Fallzahlen für die Müttersterb- amtlicher Müttersterblichkeitsstatisti- und Österreich bekannt [7, 9, 13]. lichkeit längst nicht mehr aussagekräf- ken sind abhängig vom Grad der Erfas- In den USA führten verstärkte lan- tig und amtliche Todesursachenstatisti- sung (Vollständigkeit) und einer weit- desweite Anstrengungen bei der Erfas- ken erfahrungsgemäû unvollständig gehend deckungsgleichen ICD-Signie- sung von Müttersterbefällen zu einem sind, werden in verschiedenen Staaten, rung möglichst aller Todesfälle während Anstieg der Müttersterblichkeit von 7,2/ teilweise bereits seit Jahrzehnten, Ein- Schwangerschaft, Geburt und Wochen- 100 000 Lgb im Jahr 1987 auf 10,0/ zelfalluntersuchungen von Mütterster- bett. Da beide Voraussetzungen bisher 100 000 Lgb im Jahr 1990. Trotzdem befällen auf Landesebene durchgeführt. in keinem Land der Welt voll realisiert wird nach wie vor eine hohe Dunkelzif- Bekanntestes Beispiel ist der seit 1952 werden konnten, ist ohne detaillierte fer von Müttersterbefällen vermutet als Dreijahresbericht erscheinende ¹Re- Kenntnis der Registrierungsverfahren (¹More than half of such deaths, how- port on Confidential Enquiries into Ma- und der im Einzelfall angewandten Si- ever, are probably still unreportedª) [5]. ternal Deaths in England and Walesª gnierung eine Vergleichbarkeit und Rei- In einem 1996 von der ¹European (CEMD), der ab dem Berichtszeitraum hung einzelner Länder im Sinne einer Association of Perinatal Medicineª 1985±1987 auf das vereinte Königreich Bewertungs- und Leistungsskala der je- (EAPM) vorgestellten Perinatal Audit ausgedehnt wurde [9]. weiligen Gesundheitssysteme bis heute wird empfohlen, Müttersterbefälle so- Einzelfalluntersuchungen zur Müt- weder auf internationaler noch nationa- wohl durch nationale Todesursachenre- tersterblichkeit auf Landesebene gibt es ler Ebene möglich. gister als auch in Ländern mit groûen u. a. in Holland [19], Österreich [3], Bevölkerungszahlen auf regionaler Ebe- USA [1, 5] und gab es früher in der Erfassung von ne zu sammeln. Es wird auf die in eini- DDR [15]. Müttersterbefällen gen Ländern bereits bestehenden zwei- Von 1953±1977 führten Dietel und fachen Registrierungssysteme (staatlich Keding Einzeluntersuchungen bei allen In vielen Staaten ist die amtliche Todes- und medizinisch) verwiesen. Alle ver- mütterlichen Todesfällen während bescheinigung der einzige Weg zur Er- fügbaren Erfassungssysteme sollten ge- Schwangerschaft, Geburt und Wochen- fassung und Registrierung von Mütter- nutzt werden, da einzelne Fälle in dem bett im Stadtstaat Hamburg durch. Ein sterbefällen. Nur in einem Teil der euro- einen oder anderen System nicht enthal- Studium der vier 5-Jahres-Berichte päischen Länder (z. B. Dänemark, ten sein können [14]. macht die groûen Unterschiede zwi- Schottland, Nordirland, Deutschland) Die EAPM empfiehlt weiter, Müt- schen damaliger und heutiger Geburts- enthält die Todesbescheinigung Zusatz- tersterbefälle evtl. jährlich tabellarisch hilfe deutlich [12]. Leider wurden die fragen bei Frauen im gebärfähigen Alter nach Todesursachen auszuweisen. We- Untersuchungen in Hamburg nach dem nach bestandener oder abgelaufener gen kleiner Fallzahlen dürfte es sich al- Weggang von Keding 1977 ebenso einge- Gravidität. Erfahrungsgemäû bleiben lerdings häufig als notwendig erweisen, stellt wie 1989 die sehr effektiven, staat- in der BRD diese Zusatzfragen häufig mehrere Jahre zusammenzufassen. In lich angeordneten Einzeluntersuchun- unbeantwortet und es erfolgen diesbe- züglich meist keine Rückfragen durch die zuständigen staatlichen Gesund- heitsämter. Fehlen in einer Todesbe- Tabelle 3 scheinigung bei der Todesursache bzw. Müttersterbefälle bei Anwendung der ICD-10-Codes bei den Zusatzfragen entsprechende Angaben, so entgeht dieser Mütterster- Thromboembolic 022,2; 022,3; 022,5; part of 022,8 and 022,9; 087,0; 087,1; 087,3; part of 087,8 and 087,9; 088 befall der amtlichen Statistik. Niemand kann derzeit sagen, wie groû diese mit Hypertensive 010±016 Sicherheit existierende Fehlerquote z. B. in der BRD bzw. einzelnen Bundes- Hemorrhagic 020, 044.1, 045, 046, 067, 072 ländern tatsächlich ist. Auûerdem ge- Sepsis 075.2, 075.3, 085, 086 hen in der BRD Obduktionsbefunde meist nicht in die amtliche Todesursa- Abortion/ectopic 000±008 chenstatistik ein. Auch in westeuropäischen Staaten Anesthetic 029, 074, 089 und den USA sind offizielle Mütter- Others sterblichkeitsstatistiken mit Sicherheit Der Gynäkologe 9´97 685
Zum Thema Einzeluntersuchungen zur Tabelle 4 Müttersterblichkeit in Bayern Lebendgeborene und amtliche Müttersterblichkeit Bayern Müttersterblichkeit in Bayern 1983±1996. Amtliche Daten (nach [2]) 1984 beauftragte die ¹Bayerische Gesell- und Daten der BGGF bei Anwendung der ICD-10 [10]. schaft für Geburtshilfe und Frauenheil- kundeª (BGGF) auf unsere Anregung Anzahl der Amtliche Mortalität BGGF hin eine Kommission ¹Mütterliche Lebend- geborenen n pro n pro 100 000 Lbg Mortalitätª, auf freiwilliger Basis und 100 000 Lbg unter Wahrung des Datenschutzes Ein- zeluntersuchungen bei möglichst allen 1983 112 644 11 9,8 11 9,8 (0) Müttersterbefällen in Bayern durchzu- 1984 111 183 20 18,0 17 15,3 (1) führen. Über die Resultate dieser Unter- 1985 111 365 20 18,0 20 18,0 (0) suchungen wurde wiederholt berichtet 1986 118 439 14 11,8 14 11,8 (0) 1987 119 623 15 12,5 17 14,2 (2) [22±24]. 1988 126 409 17 13,4 17 13,4 (1) 1989 127 029 13 10,2 10 7,9 (3) Datenmaterial 1990 136 122 13 9,6 16 11,8 (2) 1991 134 400 8 5,9 8 5,9 (0) Unsere Einzeluntersuchungen stützen 1992 133 946 12 9,0 12 9,0 (1) sich auf: 1993 133 897 11 8,2 8 6,0 (2) · Amtliche Todesursachenstatistik. 1994 127 828 11 8,6 9 7,0 (1) 1995 125 995 7 5,6 5 4,0 (2) · Anonymer Datenvergleich mit müt- 1996 129 376 11 8,5 12 9,3 (0) terlichen Todesfällen der Bayerischen Perinatalerhebung (BPE). n 1748 280 183 176 (15) · Individuelle Mitteilung von Mütter- sterbefällen und nicht gestationsbe- [BGGF Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, in Klammern Zusätzlich Anzahl der Suizide (nach ICD 10 nicht gestationsbedingter Todesfall); bezüglich Datendifferenz dingten Todesfällen. zwischen amtlicher Statistik und BGGF s. Text] · Nach Zustimmung der Angehörigen Mitteilung der Daten verstorbener Mütter durch das Bayerische Landes- amt für Versorgung und Familienför- gen zur peripartalen Mortalität in der Schwangerschaft, Geburt und Wochen- derung. früheren DDR. bett der Jahre 1992±1994 wurden · Pressemitteilungen. 1972 empfahlen die für das Gesund- anomymisiert und durch Expertengre- heitswesen zuständigen Minister und mien der teilnehmenden Länder nach Vom 01.01.1983±31.12.1996 weist die Senatoren des Bundes und der Länder einheitlichen Gesichtspunkten klassifi- amtliche Bevölkerungs- und Todesursa- in Anbetracht einer damals in unserem ziert. Am FIGO-Weltkongreû 1997 wer- chenstatistik für Bayern 1 748 280 Le- Land gegenüber west- und nordeuro- den Bouvier-Colle und Salanave erst- bendgeborene und 183 Müttersterbefäl- päischen Staaten überhöhten Mütter- mals darüber berichten. le aus (Tabelle 4). sterblichkeit auch für die BRD die Soweit uns vor Abschluû der jewei- Durchführung von Einzeluntersuchun- ligen offiziellen Todesursachenjahres- gen bei Müttersterbefällen auf freiwilli- statistik bisher amtlich nicht erfaûte ger Basis. Diese später wiederholt aus- gesprochene Empfehlung wurde bisher nur in Bayern aufgegriffen. 1992 inaugurierte Bouvier-Colle Tabelle 5 eine ¹European concerted action on Im Verlauf der Gestation verstorbene Frauen (pregnancy-related maternal mortality and severe morbi- deaths, ICD-10): Bayern 1983±1996 (nach [2] und BGGF) dityª. Sinn dieser Studie war eine Über- prüfung, wie weit die unterschiedlich Intra graviditatem Geburt und Total und post abortum Wochenbett hohe Müttersterblichkeit in verschiede- nen europäischen Ländern durch unter- Müttersterbefälle 43 133 (81) 176 schiedliche Erfassung und Signierung ± direkt 26 105 (64) 131 von Müttersterbefällen, unterschiedli- ± indirekt 17 28 (17) 45 che Häufigkeit schwerer materner Mor- Nicht gestationsbedingte 42 25 (10) 67 bidität oder unterschiedliche Qualität Todesfälle bei der Schwangerenvorsorge und ärzt- lichen Betreuung bedingt ist [6]. 13 eu- Gesamtzahl 85 158 (91) 243 ropäische Länder, darunter die BRD mit den Daten aus Bayern, beteiligten (in Klammern Todesfälle während und nach Sectio caesarea) sich an der Studie; 437 Sterbefälle aus 686 Der Gynäkologe 9´97
gewesen wären, sind wir allen beteilig- Tabelle 6 ten Kolleginnen und Kollegen zu gro- Müttersterblichkeit in Bayern 1983±1996 (BGGF): ûem Dank verpflichtet. Todeszeitpunkt im Verlauf der Gestation Wegen der relativ kleinen Jahres- Fallzahlen haben wir unsere Daten be- 1983±1988 1989±1994 1995±1996 reits früher in die zwei 6-Jahres-Peri- Schwangerschaft 20 (20,8 %) 19 (30,2 %) 4 (23,6 %) oden 1983±1988 und 1989±1994 aufge- teilt und nun die Zahlen der Jahre = < 20 SSW 11 9 2 1995±1996 als Beginn einer dritten 6- > 20 SSW 9 10 2 Jahres-Periode angefügt. Gesicherte Aussagen für den 3. Berichtszeitraum Geburt 10 (10,4 %) 2 (3,2 %) 0 Wochenbett 66 (68,8 %) 42 (66,6 %) 13 (76,4 %) sind aber erst nach dem Jahr 2000 mög- lich. Gesamtzahl 96 (100,0 %) 63 (100,0 %) 17 (100,0 %) Todeszeitpunkt während der Gestation Gesamtmortalität 13,7/100 000 7,9/100 000 6,7/100 000 pro 100 000 Lbg (Tabelle 6) Eine Aufteilung der Müttersterbefälle aus den drei Berichtszeiträumen Müttersterbefälle bekannt geworden dingte Todesfälle von Frauen während 1983±1988, 1989±1994 und 1995±1996 waren, konnten sie in die amtliche Stati- Schwangerschaft, Geburt und Wochen- hinsichtlich des Todeszeitpunktes wäh- stik noch eingefügt werden. bett. Beide Kollektive wurden nach To- rend der Gestation ergibt, daû zwischen In Bayern wurden bis 1996 alle müt- deszeitpunkt (intra graviditatem und 1983±1996 in Bayern 43 von 176 Mütter- terlichen Selbstmordfälle im Verlauf der post abortum; Geburt und Wochen- sterbefällen während der Schwanger- Gestation als indirekte Müttersterbefäl- bett), die Müttersterbefälle zusätzlich schaft oder post abortum (bis zur voll- le signiert, ebenso alle ungeklärten müt- in direkte und indirekte unterteilt; 81 endeten 22. SSW) eingetreten sind. terlichen Sterbefälle während Schwan- der 133 Müttersterbefälle während Ge- Trotz Rückgangs der Gesamtmortalität gerschaft, Geburt und Wochenbett. burt und Wochenbett ereigneten sich von 13,7/100 000 Lgb (1983±1988) auf Um unsere Daten der Jahre im Verlauf oder nach einer Sectio caesa- 6,7/100 000 Lgb (1995±1996) ist bei Weg- 1983±1996 mit Resultaten anderer Au- rea, desgleichen 10 der 25 nicht gesta- fall von Müttersterbefällen sub partu ab toren künftig besser vergleichen zu tionsbedingten Todesfälle von Frauen 1991 der Anteil der Müttersterbefälle in- können, haben wir für diesen Bericht sub bzw. post partum. tra graviditatem prozentual gering an- aus dem amtlichen Gesamtkollektiv Für die überwiegende Zahl der gestiegen und umfaût derzeit knapp 1/4 von 183 Müttersterbefällen 15 Suizide Müttersterbefälle und einen Teil der der maternen Gesamtmortalität. und 9 ungeklärte Müttersterbefälle ent- nicht gestationsbedingten Todesfälle Entsprechend dem Vorgehen des sprechend den Empfehlungen von ICD- wurden uns von den behandelnden ¾rz- CEMD haben wir die 43 Müttersterbe- 10 und EAPM herausgenommen und ten zusätzliche Patientinnendaten ein- fälle intra graviditatem und post abor- dem Kollektiv der nicht gestationsbe- schlieûlich der Obduktionsberichte zur tum zusätzlich in Frühtodesfälle (early dingten maternen Todesfälle zugeord- Verfügung gestellt. Für diese wertvolle pregnancy deaths up to 20 weeks gesta- net. Andererseits wurden 17 Mütter- Mithilfe und Unterstützung, ohne die tion) und Spättodesfälle unterteilt. In sterbefälle unserem Kollektiv hinzuge- diese Untersuchungen nicht möglich der Berichtszeit hat sich die Relation fügt, entweder weil sie uns erst nach Abschluû der amtlichen Statistik be- kannt geworden waren oder weil bisher als ¹nicht gestationsbedingtª signierte Tabelle 7 Todesfälle entsprechend der ICD-10 Müttersterblichkeit in Bayern 1983±1996 (BGGF): und dem CEDM 1991±1993 nunmehr Staatsangehörigkeit als indirekte Müttersterbefälle einge- stuft wurden. Aus diesen Subtraktionen 1983±1988 1989±1994 1995±1996 und Additionen ergeben sich die in Ta- Deutsche: belle 4 ausgewiesenen aktualisierten Verstorbene Mütter 78 54 15 Daten der BGGF (176 Müttersterbefäl- Lebendgeborene 651 481 719 503 226 904 le), die aus den angeführten Gründen Mortalität 12,0/100 000 7,5/100 000 6,6/100 000 mit früher publizierten Zahlen gering- Ausländerinnen: fügig differieren. Verstorbene Mütter 18 9 2 Im Zeitraum vom 01.01.1983 bis Lebendgeborene 48 182 73 719 28 467 31.12.1996 überblicken wir derzeit insge- Mortalität 35,4/100 000 12,2/100 000 7,0 samt 243 im Verlauf der Gestation ver- storbene Frauen (Tabelle 5), 176 Mütter- Gesamtmortalität 13,7/100 000 7,9/100 000 6,7/100 000 sterbefälle und 67 nicht gestationsbe- Der Gynäkologe 9´97 687
Zum Thema nen Schwangeren klinisch eine Lungen- Tabelle 8 embolie diagnostiziert. Nur bei 4 der 10 Müttersterblichkeit in Bayern 1983±1996 (BGGF): Obduktionen Frauen ist die klinische Diagnose durch Obduktion, in einem 5. Fall durch 1983±1988 1989±1994 1995±1996 Thrombektomie, gesichert. Dazu kom- Müttersterbefälle 96 63 17 men 4 weitere schwangerschaftsbeding- Klinische Obduktion 37 20 6 te Müttertodesfälle infolge z. T. rezidi- Gerichtliche Obduktion 21 23 4 vierender Lungenembolien am Ende Keine Obduktion 38 20 7 der Gravidität bzw. während einer Sec- tio in moribunda als Folge einer bereits Obduktionsrate [%] 60,4 68,3 58,8 in der Gravidität entstandenen Phlebo- thrombose (Bei 3 dieser 4 während oder wenige Stunden nach einer Sektio verstorbenen Patientinnen konnte die beider Gruppen nicht verändert, wohl Obduktionsrate bei Müttersterbefällen Diagnose Lungenembolie autoptisch aber die Art der Todesursachen. (Tabelle 8) gesichert werden). Vom Beginn des Jah- res 1991 bis Ende 1996 ist uns nur ein Müttersterblichkeit bei deutschen In allen 3 Berichtszeiträumen wurden weiterer Embolietodesfall im Verlauf und ausländischen Frauen (Tabelle 7) mit geringen Schwankungen nur ca. der Schwangerschaft bekannt gewor- 60 % der verstorbenen Mütter obdu- den. Lebensalter, Todeszeitpunkt und Für die Jahre 1983±1988 sind uns insge- ziert. Bei 176 Todesfällen wurden 63 kli- Sterbeort aller schwangerschaftsbe- samt 96 Müttersterbefälle bekannt ge- nische Obduktionen durch Pathologen dingten mütterlichen Embolietodesfäl- worden; 78 Mütter besaûen die deut- und 48 Autopsien auf Anordnung der len sind in Tabelle 10 zusammenge- sche, 18 eine ausländische Staatsange- Staatsanwaltschaft durch Rechtsmedizi- stellt. hörigkeit; 48 182 von insgesamt 699 663 ner vorgenommen; 65mal unterblieb Lebendgeborene dieser 1. Berichtsperi- eine Obduktion, meist auf Wunsch der Komplikationen nach Fehlgeburt ode hatten eine ausländische Mutter. Angehörigen. Damit beruht bei rund (Schwangerschaftsabbruch: missed Bei einer Gesamtmortalität von 13,7/ 40 % aller Müttersterbefälle die Todes- abortion) 100 000 Lgb ergibt sich daraus für deut- ursache ausschlieûlich auf klinischen sche Frauen eine Rate von 12,0/100 000 Angaben. In der Berichtszeit verstarben 8 Frauen, Lgb, für ausländische Mütter von 35,4/ darunter 5 Ausländerinnen, an den Fol- 100 000 Lgb. Damit war in den Jahren Todesursachen bei direkten und gen eines Schwangerschaftsabbruchs. 1983±1988 das materne Mortalitätsrisi- indirekten Müttersterbefällen Todesursachen waren 2mal Lungenem- ko für Ausländerinnen gegenüber deut- intra graviditatem und post bolien (einmal durch Obduktion gesi- schen Frauen um den Faktor 3 erhöht. abortum in Bayern 1983±1996 chert) am 3. bzw. 34. Tage nach legalem In der 2. Berichtsperiode 1989±1994 (Tabelle 9) Abort (6. bis 7. SSW; 11. SSW); 5mal betrug bei einer Gesamtmortalität von führte bei illegalem Abort eine Sepsis 7,9/100 000 Lgb die Müttersterblichkeit Im folgenden wird auf die Todesursa- zum Tod. Bei einem weiteren Mütter- bei Deutschen 7,5/100 000 Lgb, bei Aus- chen der 43 Müttersterbefälle intra gra- sterbefall mit Schwangerschaftsab- länderinnen 12,2/100 000 Lgb. Zwischen viditatem und post abortum näher ein- bruch enthielt die Todesbescheinigung 1989±1994 ist damit die Müttersterb- gegangen. Die Ursachen von Mütterto- keine zusätzlichen Angaben. Während lichkeit ausländischer Frauen deutlich desfällen während Geburt und Wochen- sich zwischen 1983±1988 in Bayern jähr- stärker zurückgegangen als bei Deut- bett werden in einem zusätzlichen lich 1±2 Müttersterbefälle pro Jahr nach schen. Beitrag im folgenden Heft dargestellt. Schwangerschaftsabbruch ereigneten, Für die Jahre 1995±1996 ist bei noch Die 43 Müttersterbefälle intra gra- ist von Juli 1988 bis Ende 1996 kein wei- kleinen Fallzahlen (15 deutsche, 2 aus- viditatem und post abortum wurden terer Müttersterbefall nach Interruptio länderische Müttertodesfälle) die ma- entsprechend der 1996 von der EAPM bekannt geworden. terne Mortalität in beiden Kollektiven vorgeschlagenen output table aufge- Zur tödlichen Luftembolie kam es bisher praktisch gleich hoch (6,6 bei In- schlüsselt. Dabei haben wir alle dort an- während einer Hysteroskopie bei einer länderinnen, 7,0/100 000 Lgb bei Aus- geführten Haupttodesursachen in Ta- dritten Kurettage nach Molenschwan- länderinnen). Ob damit bereits eine völ- belle 9 bewuût eingefügt, auch wenn in gerschaft. lige Angleichung des maternen Risikos den Berichtszeiträumen keine entspre- in beiden Kollektiven erreicht werden chenden Müttersterbefälle aufgetreten Ektopische Gravidität konnte, wird sich erst am Ende der drit- waren, um so das Fehlen dieser Todes- ten 6-Jahres-Periode zuverlässig beant- ursachen zu unterstreichen. 6 Frauen verstarben im Anschluû an worten lassen. eine Tubargravidität, 4 in der ersten Lungenembolie und 2 in der zweiten 6-Jahres-Periode. 2 Frauen waren zu Hause tot aufgefun- Als häufigste Todesursache intra gravi- den worden (eine Schwangere hatte ditatem wurde bei 10 der 43 verstorbe- noch wenige Tage vorher ihren Arzt 688 Der Gynäkologe 9´97
den Folgen einer teils aspirations-, teils Tabelle 9 hypoxisch bedingten Schocklunge. Müttersterblichkeit in Bayern 1983±1996 (BGGF): Direkte und indirekte Müttersterbefälle intra graviditatem und post abortum (nach output table Andere Todesursachen (indirekte EAPM, 1996 [14] ) Müttersterbefälle) 1983±1988 1989±1994 1995±1996 Herz-Kreislauf-Erkrankungen Thromboembolien ± Lungenembolie 5 (2) 5 (2) 0 Bei einer 21 jährigen Nullipara war ± Fruchtwasserembolie 1 (1) 0 0 6 Jahre vor dem Tod eine Transposition der groûen Gefäûe mit Detorsion von Hypertensive Erkrankungen 0 0 0 Aorta und A. pulmonalis korrigiert Genitalblutungen 0 0 0 und ein Aortenklappenersatz implan- tiert worden. Trotz Prophylaxe mit Genital- und Urosepsis 0 0 0 2mal 12 500 IE Heparin kam es in der 21. SSW zum akuten Herztod. Die Ob- Fehlgeburt duktion ergab ein kombiniertes Aor- ± Schwangerschaftsabbruch Thromboembolie 2 (1) 0 0 nach legalem Abort. tenvitium durch thrombotische Verleg- ± Sepsis nach illegalem Abort. 5 (4) 0 0 ung einer alloplastischen, zweiflügeli- ± Einzelheiten unbekannt 1 (1) 0 0 chen St.-Jude-Medical-Aortenklappe ± Missed abortion mit starrer Fixierung in Drittelöffnung- Luftembolie 0 0 1 (1) stellung. Eine 2. Schwangere wurde in der 28. SSW mit dekompensierter Herz- Ektopische Gravidität 4 (3) 2 (2) 0 insuffizienz bei stark eingeschränkter Anästhesiekomplikation 0 0 0 Pumpfunktion und hochgradiger Aortenstenose durch thrombotische Andere Ursachen (indirekte Müttersterbefälle) Klappenauflagerungen stationär aufge- Herz-Kreislauf-Erkrankungen nommen, 1 Tag später durch Sektio ent- ± Thrombosierte Aortenkunstklappe 1 (1) 0 0 ± Pulmonale Hypertonie 0 1 (0) 0 bunden, erhielt am folgenden Tag not- ± Aortendissektion, Marfan-Syndrom 0 1 (1) 0 fallmäûig einen neuen Aortenklappen- ± Dilatative Kardiomyopathie 0 0 1 (1) ersatz und verstarb nach weiteren 5 Ta- ± Myokardarteriolosklerose 0 0 1 (1) gen im Herzkreislaufversagen an rezidiviertem Myokardinfarkt bei Extragenitale Blutungen hochgradiger Myokardhypertrophie. ± Subarachnoidal/Intracerebralblutung, z. T. nach Aneurysmaruptur 0 3 (1) 1 (0) Bei Schwangerschaften mit vorausge- ± Ruptur Aneurysma A. lienalis 0 2 (2) 0 gangenem Klappenersatz sind daher re- ± Ösophagusvarizenblutung 0 1 (0) 0 gelmäûige kardiologische Untersu- chungen mit Überwachung einer opti- Extragenitale Sepsis malen Antikoagulantientherapie sowie ± Bagatellverletzung am Knöchel wiederholte Echokardiographie- und (B-Streptokokken) 0 1 (1) 0 Dopplerechokardiographiekontrollen Erkrankungen des Respirationssystems notwendig. ± Status asthmaticus 1 (0) 0 0 Bei einer 23 jährigen I. Gravida führten rezidivierende Hämoptysen auf Erkrankungen des zentralen Nervensystems dem Boden einer bekannten schweren ± Epilepsie 0 3 (2) 0 primären präkapillären pulmonalen Gesamtzahl 20 (13) 19 (11) 4 (3) Hypertonie in der 34. SSW zum Exitus. Eine 19 jährige Schwangere verstarb Müttersterblichkeit/100 000 Lbg 2,86 2,40 1,57 im 6. Monat kurz nach Notaufnahme in (in Klammern Anzahl der Obduktionen) ein Klinikum an den Folgen einer aku- ten Aortendissektion auf dem Boden ei- nes bekannten Marfan-Syndroms. Bei einer 36 jährigen Nullipara er- folgte in der 30. SSW wegen zunehmen- konsultiert), eine Patientin mit voraus- tungsanämie. Eine Patientin wurde am der Dyspnoe die stationäre Aufnahme gegangener zweitägiger Symptomatik 1. Tag nach der Laparotomie tot im Bett in ein Perinatalzentrum; 3 Tage später war bei Krankenhausaufnahme bereits aufgefunden, die Obduktion ergab kei- kam es zum globalen Herzversagen im moribund, eine weitere Frau verstarb ne Hinweise für eine Nachblutung. Eine kardiogenen Schock. Aufgrund eines an hypoxischem Hirnschaden infolge Frau verstarb nach Schwierigkeiten bei bei der Sektion gefundenen 3 cm groûen nicht rechtzeitig substituierbarer Blu- Narkoseeinleitung zur Laparotomie an Phäochromozytoms ist nach pathologi- Der Gynäkologe 9´97 689
Zum Thema mie der Exitus letalis nicht verhindert Tabelle 10 werden. Im Obduktionsbericht wurden Müttersterblichkeit in Bayern 1983±1996 (BGGF): Schwangerschafts- Zeichen der portalen Stauung (geringe bedingte Thromboembolie Todesfälle (n = 14) Ösophagusvarizenbildung und varikö- ses Venenkonvolut im Bereich des Pan- Alter Todeszeitpunkt Sterbeort Obduktion krasschwanzes) und als Blutungsquelle [Jahre] ein rupturiertes arteriovenöses Aneu- 26 22. SSW Krhs. Nein rysma der A. lienalis erwähnt. Bei einer chronischen Alkoholike- 21 6. Monat Krhs. Ja rin erfolgte im 5. Schwangerschaftsmo- nat eine tödliche Ösophagusvarizenblu- 33 9. Monat zu Hause Nein tung; eine Obduktion wurde nicht vor- 33 Akutes embolisches Geschehen am Termin, Krhs. Nein genommen. Sectio in moribunda, Exitus in tabula. Extragenitale Sepsis 32 32. SSW, Rezidivembolie, Krhs. Ja Sectio in moribunda, Exitus in tabula. Bei einer 41 jährigen Schwangeren führ- 34 35. SSW, Rez. Embolien, BEL, Krhs. Ja te eine von einer Bagatellverletzung am primäre Sektio, Exitus in tabula. rechten Auûenknöchel ausgehende per- akute B-Streptokokken-Sepsis in der 31. 26 32. SSW Krhs. Nein SSW im Verlauf weniger Tage zu Exitus 23 23. SSW zu Hause Ja letalis im septischen Schock. 24 8. Monat Krhs. Nein Erkrankungen des Respirationstraktes 40 8. Monat zu Hause Ja Eine 25 jährige Schwangere erlitt zu 28 10. SSW, Uterus myomatosus. Krhs. Neina Hause im 8. Monat im Status asthmati- cus einen Herz- und Atemstillstand, 33 23. SSW zu Hause Nein der vom sofort verständigten Notarzt 40 36. SSW, Rezidivembolie, Notsectio, Krhs. Ja nicht mehr überwunden werden konn- Exitus 2 h p. op. te. 30 29. SSW Krhs. Ja Erkrankungen des zentralen a Nervensystems Durch Thrombektomie gesichert. (Krhs. Krankenhaus) Eine 41 jährige Schwangere wurde zu Hause 3 Wochen vor dem Termin tot aufgefunden. Vorgeschichte und ge- richtsmedizinischer Obduktionsbefund scher Ansicht von einer primär phäo- SSW; 19. SSW), zweimal in Verbindung sprachen ¹mit hoher Wahrscheinlich- chromozytom-induzierten, durch die mit intrazerebralen Hämorrhagien keitª für eine zentrale Lähmung bei epi- Schwangerschaft aggravierten und zu- zum Exitus letalis. In 2 Fällen konnte leptischem Anfall als Todesursache. letzt dekompensierten Kardiomyopa- die Ruptur eines intracraniell gelegenen Eine weitere 19 jährige Schwangere thie auszugehen. Aneurysmas als Blutungsquelle nachge- mit seit Jahren bekannten Grand-mal- Ohne vorausgegangene kardiale wiesen werden. Anfällen wurde in der 13. SSW zu Hause Symptomatik wurde eine wegen De- 2 Frauen verstarben nach Ruptur tot aufgefunden. Die bei der gerichtsme- pressionen in einer Nervenklinik hos- eines Aneurysmas der A. lienalis. Eine dizinischen Obduktion nachgewiese- pitalisierte Schwangere im 7. Monat tot II. Gravida, I. Para war in der 39. SSW nen massiven Zungenbisse lassen einen aufgefunden. Die gerichtsmedizinische zu Hause tot aufgefunden worden. Die epiletischen Anfall als Todesursache Obduktion ergab eine ausgeprägte Ste- gerichtsmedizinische Obduktion ergab sehr wahrscheinlich erscheinen. nosierung der Myokardarteriolen und als Ursache einer massiven intraabdo- Eine 38 jährige Epileptikerin starb als Todesursache ¹am ehesten ein minalen Blutung (ca. 2,6 l) ein ruptu- im 6. Monat ebenfalls zu Hause durch plötzliches rythmogenes Herzversa- riertes Aneurysma der A. lienalis. Bei ei- Ersticken nach Aspiration im epilepti- gen.ª ner weiteren Patientin (I. Gravida, 20. schen Anfall. SSW) war seit 23 Jahren eine primär bi- Extragenitale Blutungen liäre Zirrhose bekannt gewesen. Obwohl sich die perakute Ruptur während einer Viermal führten Subarachnoidalblu- ambulanten internistischen Untersu- tungen in der ersten Hälfte der Schwan- chung in einem Groûklinikum ereigne- gerschaft (Gemini 7. SSW; 11. SSW; 18. te, konnte trotz umgehender Laparoto- 690 Der Gynäkologe 9´97
gerichtsmedizinischer Obduktion; 5mal Tabelle 11 war eine Autopsie von Angehörigen ab- Nichtgestations-bedingte Todesfälle von Frauen intra gravidita- gelehnt bzw. aus anderen Gründen (Ko- tem und post abortum Bayern 1983±1996 (nach [2] und BGGF) stenfaktor!) nicht durchgeführt worden; 5 Frauen waren zu Hause, eine Patientin 1983±1988 1989±1994 1995±1996 im Krankenhaus tot aufgefunden wor- Suizid 2 7 0 den, 1 weitere Patientin kam bereits mo- ribund zur stationären Aufnahme. In 2 Drogentod 0 1 0 Fällen konnte die Diagnose während des stationären Aufenthalts klinisch Malignom nicht geklärt werden, beide Male unter- ± Akute Promyelozytenleukämie 1 0 0 blieb jedoch eine Obduktion. Todesursache unklar 4 2 2 Diskussion ¾uûere Gewalteinwirkung: ± Verkehrsunfall 2 12 3 Ein Vergleich der Müttersterblichkeits- ± Aortenriû (traumatisch bedingt) 0 0 1 ± Mord 3 1 1 zahlen in der BRD und einzelnen Bun- desländern zeigt mit Ausnahme weni- Gesamtzahl 12 23 7 ger Jahre für Bayern überdurchschnitt- lich hohe Werte. Dies ist nicht Ausdruck einer qualitativ schlechteren ärztlichen Betreuung, sondern resultiert aus einer Todesursachen bei nicht Von 9 Schwangeren, die im Verlauf vollständigeren Erfassung der Mütter- gestationsbedingten der Gravidität freiwillig aus dem Leben todesfälle und teilweise differenten Si- mütterlichen Sterbefällen intra schieden, hatten 7 die deutsche und 2 gnierung einzelner Todesursachen. graviditatem und post abortum eine ausländische Staasbürgerschaft; Diese Annahme wird bestätigt (Tabelle 11) nur 2 Frauen waren verheiratet. Das Al- durch die Tatsache, daû zwischen ter der Frauen lag zwischen 21 und 1983±1995 die amtliche Statistik der Seit 1987 werden in Bayern neben Müt- 38 Jahren. Die Suizide ereigneten sich BRD bei insgesamt 728 Müttersterbefäl- tersterbefällen auch nicht gestationsbe- zwischen dem 2. bis 8. Schwanger- len 52 indirekte Müttersterbefälle ein- dingte Todesfälle von Frauen während schaftsmonat, die Selbsttötung erfolgte schlieût, die amtliche Statitik für Bayern Schwangerschaft, Geburt und Wochen- durch Medikamente (3), Sturz aus dem im selben Zeitraum bei 172 Mütterster- bett durch das Bayerische Landesamt Fenster (2), Erhängen (1), Eröffnung befällen 37 indirekte Sterbefälle. Das be- für Statistik und Datenverarbeitung sy- von Pulsadern und Medikamenteinnah- deutet für die Bundesrepublik ohne stematisch erfaût, soweit dies den ärztli- me (1), mit dem Auto (1) und durch Bayern einen Anteil indirekter Mütter- chen Todesbescheinigungen entnom- Überrollenlassen vom Zug (1). sterbefälle von 2,7 %, für Bayern von men werden kann. Für die Jahre Eine unverheirate 34 jährige 21,4 %. Im CEDM 1991±1993 lag der An- 1983±1986 enthält unser Kollektiv ledig- Schwangere fiel im 3. Monat einer Dro- teil indirekter Müttersterbefälle bei lich 4 bisher als indirekt eingestufte genüberdosierung zum Opfer. Bei einer 44 % [9]. In Österreich stieg bei Einzel- Müttersterbefälle (3 ungeklärte Todes- 33 jährigen Ausländerin wurde am Tag untersuchungen die Frequenz indirek- ursachen intra graviditatem und einen der Interruptio in der 7. SSW nach Ver- ter Müttersterbefälle von 12,4 % Suizid post partum) sowie einen Sterbe- legung in eine Medizinische Universi- (1975±1979) auf 38,6 % (1985±1989) [3]. fall nach verkehrsunfallbedingtem Po- täts-Klinik eine akute Promyelozyten- In diesem Zusammenhang sei dar- lytrauma mit Sectio caesarea in morib- leukämie diagnostiziert, der die Patien- auf hingewiesen, daû Perinatalerhebun- unda im Klinikum Groûhadern der tin trotz sofort begonnener Chemothe- gen aus mehreren Gründen keine gesi- LMU München. rapie nach 18 Tagen erlegen ist. cherten Aussagen zur Müttersterblich- Aus den Jahren 1983±1996 über- Durch äuûere Gewalteinwirkung keit erlauben: blicken wir in einem Gesamtkollektiv kamen insgesamt 23 der 42 Schwange- · Müttersterbefälle im Verlauf der von 67 nicht gestationsbedingten To- ren ums Leben. Dabei handelte es sich Schwangerschaft werden nicht erfaût. desfällen von Frauen während Schwan- 17mal um tödliche Verkehrsunfälle. In · Bei den nach Entbindungsmodus gerschaft, Geburt und Wochenbett (Ta- einem weiteren Fall konnte die Ursache (spontan, vaginal-operativ, Sektio) belle 5) 42 Todesfälle intra gravidit- einer durch gerichtsmedizinische Ob- aufgeschlüsselten mütterlichen To- atem. Da Frühschwangerschaften dem duktion nachgewiesenen traumatisch desfällen der Perinatalerhebungen er- Arzt und den Angehörigen vielfach bedingten Aortendissektion nicht mehr folgt keine Differenzierung in Mütter- noch unbekannt sind, dürfte die tat- ermittelt werden. sterbefälle und nicht gestationsbe- sächliche Zahl dieser Todesfälle mit Si- Insgesamt 5 werdende Mütter (4 dingte Todesfälle. cherheit höher liegen, ganz abgesehen Deutsche, 1 Ausländerin) wurden Opfer · Müttersterbefälle nach Verlegung ei- von den nicht immer vollständigen An- eines Mordanschlags. ner Wöchnerin in andere Abteilungen gaben in der ärztlichen Todesbescheini- In 8 Fällen blieb die Todesursache des eigenen Krankenhauses, auswär- gung. bei Schwangeren ungeklärt, 3mal trotz tige Kliniken oder nach Entlassung Der Gynäkologe 9´97 691
Zum Thema werden häufig nicht erfaût und ausge- cy-related deathsª über eine Autopsie- Teil der verstorbenen Mütter unseres wiesen. rate von 73 % berichtet [9]. Allerdings Kollektivs waren dem tödlichen Ereig- ´ Die Erfassungsquote der Perinataler- wurden in 53 Fällen (23 %) Autopsie nis kleinere Lungenembolien mit dis- hebungen beträgt nicht in allen Bun- und Obduktionsbericht als ¹inade- kreter Symptomatik bereits Tage vor- desländern 100 %. quateª eingestuft. Nur in 143 Fällen ausgegangen. Tachykardie, Dyspnoe, (62 %) erfolgten histologische Untersu- Brustschmerzen und Kollapszustände Trotz dieser Einwände eignen sich die chungen, die lediglich in 105 Fällen als bei Schwangeren bedürfen deshalb Perinatalerhebungen zum anonymen ¹adequateª bewertet wurden. In Öster- dringend einer sofortigen und kompe- Datenvergleich bei mütterlichen Todes- reich werden ¹mindestens 90 %ª aller tenten diagnostischen Abklärung. fällen, da auf diesem Weg in der amtli- Müttersterbefälle obduziert [3], in der Seit dem letzten Sepsis Mütterster- chen Statistik nicht enthaltene Mütter- DDR bestand für alle Todesfälle wäh- befall nach illegalem Schwangerschafts- sterbefälle entdeckt werden können. rend Schwangerschaft, Geburt und Wo- abbruch im Juni 1989 verstarb nur noch Die Signierung als ¹indirekter Müt- chenbett eine Obduktionspflicht ohne 1993 eine weitere Schwangere an einer tersterbefallª oder ¹nicht gestationsbe- Einspruchsrecht der Angehörigen. extragenitalen B-Streptokokken-Sepsis dingter Todesfallª ist gelegentlich pro- Über die Häufigkeit thromboem- im Anschluû an eine Bagatellverletzung. blematisch. Die Zuordnung wurde zu- bolisch bedingter Müttersterbefälle in- In Anbetracht der vielerorts beobachte- dem in den letzten ICD-Revisionen wie- tra graviditatem und post partum exi- ten Zunahme genitaler und extragenita- derholt geändert und ist letztlich stieren unterschiedliche Angaben. Häu- ler Sepsismüttertodesfälle, u. a. durch vielfach eine individuelle Entscheidung. fig wird das Thrombose- und Embolie- A- und B-Streptokokken, kommt der So finden sich auch im CEMD 1991±1993 risiko während der Schwangerschaft als frühzeitigen Erkennung eines begin- einzelne Diagnosen (Pneumonie, Sepsis niedrig, post partum als mittelgradig nenden septischen Schockzustands, ohne Beziehung zur Schwangerschaft) bis hoch eingestuft [11, 16]. In den USA u. U. noch vor gravierendem Tempera- sowohl im Kollektiv der indirekten als verteilten sich zwischen 1979 und 1986 tur- und Leukozytenanstieg, durch re- auch bei den nicht gestationsbedingten unter 2644 Müttersterbefällen 319 pul- gelmäûige Puls- und Blutdruckkontrol- Todesfälle [9]. Durch die in der ICD-10 monale Thromboembolien auf folgende le besondere Bedeutung zu. In den USA vorgesehenen Erfassung aller mütterli- Gestatiosnabschnitte: Wochenbett bis sind infektionsbedingte Müttersterbe- cher Todesfälle im Verlauf der Gestation 42 Tagen post partum (220); Schwan- fälle zwischen 1987±1990 deutlich ange- (pregnancy-related deaths) verliert bei gerschaft (31); nach EUG (8); nach lega- stiegen im Vergleich zu den Jahren Bekanntgabe sämtlicher Todesursachen lem und illegalem Schwangerschaftsab- 1979±1986 [5]. Dieselbe Tendenz wird diese Problematik an Relevanz. bruch, Spontanabort und Molen- aus England [9] und Holland berichtet Gelegentlich wird die Frage nach schwangerschaft (14); Zeitpunkt unbe- [13]. Vermeidbarkeit von Müttersterbefällen kannt (46) [1]. Für 1987±1990 fanden Sechs Müttersterbefälle durch Ver- gestellt und darüber auch berichtet [8]. sich unter 1 453 Müttersterbefällen 158 blutung infolge Extrauteringravidität In der früheren DDR wurden auf Be- tödliche Lungenembolien: Post partum seit Beginn unserer Einzeluntersuchun- zirksebene alle mütterlichen Todesfälle (101); Schwangerschaft (25); EUG (2); gen 1983 unterstreichen die Notwendig- im Verlauf der Gestation durch ärztliche Aborte (6); Zeitpunkt unbekannt (24) keit einer rechtzeitigen Diagnose durch Fachkommissionen zur Bekämpfung [5]. frühzeitigen sonographischen Nach- der Müttersterblichkeit bezüglich Ver- Andere Häufigkeitszahlen werden weis einer intrauterinen Gravidität bzw. meidbarkeit klassifiziert. So wurden bei aus Groûbritannien berichtet: Im bei Fehlen einer intrauterinen Frucht- einer direkten Müttersterblichkeit von CEMD der Jahre 1985±1993 stehen 38 anlage die dringende Notwendigkeit 13,82/100 000 Lgb der Jahre 1984±1987 Embolietodesfällen im Verlauf der weiterer diagnostischer Abklärung. In die 125 direkten Müttersterbefälle in Schwangerschaft ( + 1 Todesfall sub Groûbritannien verstarben von 54,4 % als ¹unvermeidbarª, in 22,4 % als partu + 3 nach Abort/EUG) 13 Mütter- 1991±1993 bei 228 Müttersterbefällen 8 ¹möglicherweise vermeidbarª, in 17,6 % sterbefälle nach vaginaler Geburt und Frauen infolge ektopischer Schwanger- als ¹vermeidbarª und 5,6 % als ¹nicht 28 nach Sectio gegenüber [9]. Diese Re- schaft [9]. Auffallend hoch ist der Anteil eingeschätztª bewertet [15]. Eine derar- sultate decken sich mit unseren Beob- dieser Todesursache am Gesamtkollek- tige Klassifizierung war in der DDR achtungen der Jahre 1983±1996: Unter tiv der Müttersterbefälle in den USA: möglich, weil sich daraus für die behan- 30 tödlichen Lungenembolien ereigne- 1979±1986 bei 2644 Müttersterbefälle delnde ¾rzte keine rechtlichen Konse- ten sich 15 intra graviditatem bzw. sub 343 Verstorbene infolge EUG, quenzen ergaben. In der BRD ist eine partu, 2 post abortum, nur 3 nach vagi- 1987±1990 unter 1453 Müttersterbefällen diesbezügliche Bewertung von Mütter- naler Entbindung, aber 11 als postopera- 156 EUG-Todesfälle (Verblutung 148, sterbefällen wegen eventueller juristi- tive Komplikation nach Sectio caesarea. Embolie 2, Infektion 2, Anästhesiekom- scher Konsequenzen nicht durchführ- In den vergangenen 14 Jahren war damit plikationen 3, Todesursache unbekannt bar. in Bayern die schwangerschaftsbeding- 1) [1, 5]. Mit rund 60 % lag die Obduktions- te tödliche Lungenembolie wesentlich Nach Eintritt eines mütterlichen rate bei Müttersterbefällen in Bayern re- häufiger als nach vaginalen Entbindun- Todesfalles während Schwangerschaft, lativ niedrig. Aus anderen Bundeslän- gen. Einer wirksamen Prophylaxe und Geburt und Wochenbett sollten u. a. dern sind keine diesbezüglichen Daten Therapie tiefer Venenthrombosen in 2 Punkte stets beachtet werden: bekannt. Im CEMD wird für die Jahre der Schwangerschaft kommt deshalb · Vollständige Angaben in der ärztli- 1991±1993 bei insgesamt 320 ¹pregnan- besondere Bedeutung zu [22]. Bei einem chen Todesbescheinigung über eine 692 Der Gynäkologe 9´97
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