Medien in den Medien - Analyse der Zitationshäufigkeit von Schweizer Informationsmedien - UZH

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Medien in den Medien - Analyse der Zitationshäufigkeit von Schweizer Informationsmedien - UZH
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 Year: 2019

   Medien in den Medien – Analyse der Zitationshäufigkeit von Schweizer
                          Informationsmedien

                             Udris, Linards ; Christen, Urs ; Hauser, Lucie

Abstract: Die Studie zeigt, wie oft die verschiedenen Informationsmedien in der Schweizer Medienarena
genannt und zitiert werden. Dazu wurde die im Jahrbuch verwendete repräsentative Stichprobe von Me-
dienbeiträgen anhand der Nennungen von Schweizer Medien automatisch strukturiert und mit den Vari-
ablen der Qualitätsmessung in Verbindung gebracht. Zudem wurden die Nennungen daraufhin geprüft,
ob die Medien auch mit Bezug zu spezifischen Inhalten ihrer Berichterstattung zitiert werden und ihnen
somit eine Themensetzungsleistung oder Rechercheleistung zugeschrieben wird. Die Resultate machen
deutlich, dass einige wenige Medien sehr häufig zitiert werden und die meisten Medien wenig bis gar nicht.
Medien mit Hauptsitz oder Schwerpunkt in Zürich dominieren: Am meisten Zitationen entfallen auf SRF
und auf den Blick, mit grossem Abstand folgen NZZ, Tages-Anzeiger, SonntagsZeitung, NZZ am Sonntag,
SonntagsBlick und 20Minuten. Gleichzeitig werden diese Medien in verschiedenen Themenbereichen un-
terschiedlich oft zitiert; dies zeigt, dass andere Medien ihnen je nach Themen-bereich unterschiedliche
Kompetenz und Rechercheleistung zuschreiben. So werden die grossen (Zürcher) Abon-nementstitel
und Sonntagszeitungen vor allem in der Politik- und Wirtschaftsberichterstattung zitiert, während die
SRGSSR-Titel neben der Politik- auch in der Kultur- und in der Human-Interest-Berichterstattung,
die Bou-levardtitel in der Sport- und die Pendlermedien in der Human-Interest-Berichterstattung zi-
tiert werden. Konkret gehört SRF in allen Themenbereichen zu den drei meistzitierten Medien. Zu
den «Top3» gehören ebenfalls der Blick in den Themenbereichen Wirtschaft, Kultur, Human Interest
und allen voran Sport, die NZZ in der Politik-, Kultur- und Sportberichterstattung, 20Minuten bei
Human-Interest-Themen, der Tages-Anzeiger in der Politik- und die SonntagsZeitung in der Wirtschafts-
berichterstattung.Ebenfalls eine Rolle für die unterschiedlichen Zitationschancen spielen die Zugehörigkeit
zu einer Medienorga-nisation und die Sprachregion. Titel von AZ Medien, Ringier und Tamedia werden
im Durchschnitt eher von einem Medium aus demselben Medienhaus zitiert als von verlagsfremden; bei
Medien der SRGSSR und der NZZ-Mediengruppe ist dies nicht der Fall, d.h., sie werden eher besonders
häufig von Medien konkurrierender Medien-häuser zitiert. Deutschschweizer Medien haben zudem die
besten Zitationschancen. Weil Deutschschweizer Me-dien vor allem (andere) Deutschschweizer Medien
zitieren, während in der Suisse romande die Medien aus der Svizzera italiana kaum eine Rolle spielen und
umgekehrt, erhalten die Medien der kleineren Sprachregionen ins-gesamt deutlich weniger Resonanz.

Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich
ZORA URL: https://doi.org/10.5167/uzh-177520
Scientific Publication in Electronic Form
Published Version
Medien in den Medien - Analyse der Zitationshäufigkeit von Schweizer Informationsmedien - UZH
The following work is licensed under a Creative Commons: Attribution-NonCommercial-NoDerivatives
4.0 International (CC BY-NC-ND 4.0) License.

Originally published at:
Udris, Linards; Christen, Urs; Hauser, Lucie (2019). Medien in den Medien – Analyse der Zitation-
shäufigkeit von Schweizer Informationsmedien. Zürich: fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und
Gesellschaft/UZH.

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Medien in den Medien - Analyse der Zitationshäufigkeit von Schweizer Informationsmedien - UZH
Studien                         3/2019

Qualität der Medien
Medien in den Medien – Analyse der
Zitationshäufigkeit von Schweizer
Informationsmedien

Schweiz     Suisse Svizzera

fög  / Universität Zürich
Diese Studie erscheint als frei zugängliches PDF und ist zugleich Bestandteil des Jahrbuch Qualität
der Medien – Schweiz Suisse Svizzera, 2019, das vom fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und
Gesellschaft / Universität Zürich herausgegeben wird. Das Jahrbuch und die Studien stehen zum freien
Download bereit unter: www.qualitaet-der-medien.ch.

Copyright © fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft / Universität Zürich
Gesamtherstellung: fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft / Universität Zürich
DOI: 10.5167/uzh-172858

www.foeg.uzh.ch
www.qualitaet-der-medien.ch
Studien
3/2019

Qualität der Medien
Schweiz – Suisse – Svizzera

Medien in den Medien – Analyse der
Zitationshäufigkeit von Schweizer
Informationsmedien

Linards Udris, Urs Christen, Lucie Hauser

Herausgegeben vom

fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft/Universität Zürich
im Auftrag der Kurt Imhof Stiftung für Medienqualität, Zürich
Über die Autoren

Linards Udris, Dr. phil. (1977). Studium der Allgemeinen Geschichte,
Englischen Sprachwissenschaft und Soziologie, Promotion in Soziologie.
Oberassistent in der Abteilung von Prof. Dr. Mark Eisenegger am IKMZ
(Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Uni-
versität Zürich) und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am fög – Forschungsin-
stitut Öffentlichkeit und Gesellschaft/Universität Zürich. Schwerpunkte:
Öffentlichkeitssoziologie, Politische Kommunikation, sozialer Wandel,
Qualität der Medien.

Urs Christen, (1966). Studium der Soziologie, Volkswirtschaft und
Politologie. Leiter IT am fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und
Gesellschaft/Universität Zürich. Schwerpunkte: Datenanalyse, Daten-
verwaltung.

Lucie Hauser, lic. phil. (1980). Studium der Publizistikwissenschaft, Sozio-
logie und Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Wissenschaftliche Mitarbei-
terin am fög – Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft/Universi-
tät Zürich. Schwerpunkte: Medienqualitätsforschung, Projektleitung
Jahrbuch Qualität der Medien.
3

Summary

Die Studie zeigt, wie oft die verschiedenen Informationsmedien in der Schweizer Medienarena genannt und
zitiert werden. Dazu wurde die im Jahrbuch verwendete repräsentative Stichprobe von Medienbeiträgen
anhand der Nennungen von Schweizer Medien automatisch strukturiert und mit den Variablen der Qualitäts-
messung in Verbindung gebracht. Zudem wurden die Nennungen daraufhin geprüft, ob die Medien auch mit
Bezug zu spezifischen Inhalten ihrer Berichterstattung zitiert werden und ihnen somit eine Themensetzungs-
leistung oder Rechercheleistung zugeschrieben wird. Die Resultate machen deutlich, dass einige wenige
Medien sehr häufig zitiert werden und die meisten Medien wenig bis gar nicht. Medien mit Hauptsitz oder
Schwerpunkt in Zürich dominieren: Am meisten Zitationen entfallen auf SRF und auf den Blick, mit gro-
ssem Abstand folgen NZZ, Tages-Anzeiger, SonntagsZeitung, NZZ am Sonntag, SonntagsBlick und 20
Minuten. Gleichzeitig werden diese Medien in verschiedenen Themenbereichen unterschiedlich oft zitiert;
dies zeigt, dass andere Medien ihnen je nach Themenbereich unterschiedliche Kompetenz und Recherche-
leistung zuschreiben. So werden die grossen (Zürcher) Abonnementstitel und Sonntagszeitungen vor allem
in der Politik- und Wirtschaftsberichterstattung zitiert, während die SRG SSR-Titel neben der Politik- auch
in der Kultur- und in der Human-Interest-Berichterstattung, die Boulevardtitel in der Sport- und die Pend-
lermedien in der Human-Interest-Berichterstattung zitiert werden. Konkret gehört SRF in allen Themenbe-
reichen zu den drei meistzitierten Medien. Zu den «Top 3» gehören ebenfalls der Blick in den Themenbe-
reichen Wirtschaft, Kultur, Human Interest und allen voran Sport, die NZZ in der Politik-, Kultur- und
Sportberichterstattung, 20 Minuten bei Human-Interest-Themen, der Tages-Anzeiger in der Politik- und die
SonntagsZeitung in der Wirtschaftsberichterstattung.
Ebenfalls eine Rolle für die unterschiedlichen Zitationschancen spielen die Zugehörigkeit zu einer Medien-
organisation und die Sprachregion. Titel von AZ Medien, Ringier und Tamedia werden im Durchschnitt eher
von einem Medium aus demselben Medienhaus zitiert als von verlagsfremden; bei Medien der SRG SSR
und der NZZ-Mediengruppe ist dies nicht der Fall, d.h., sie werden eher besonders häufig von Medien kon-
kurrierender Medienhäuser zitiert. Deutschschweizer Medien haben zudem die besten Zitationschancen.
Weil Deutschschweizer Medien vor allem (andere) Deutschschweizer Medien zitieren, während in der
Suisse romande die Medien aus der Svizzera italiana kaum eine Rolle spielen und umgekehrt, erhalten die
Medien der kleineren Sprachregionen insgesamt deutlich weniger Resonanz.

1 Einleitung
Im ständigen Strom von Ereignissen und Nachrichten       Integration der Öffentlichkeit bei. Eine Öffentlichkeit
kann kein einziges Medium alles abdecken. Deshalb        – oftmals gebunden an einen demokratischen Natio-
braucht eine Gesellschaft eine Vielzahl von Informati-   nalstaat – ist darauf angewiesen, dass Akteure aus ver-
onsmedien. Und deshalb ist auch jedes einzelne Infor-    schiedenen Bereichen und aus verschiedenen geogra-
mationsmedium auf die Berichterstattungsinhalte und      phischen Regionen sich wechselseitig wahrnehmen
Rechercheleistungen von anderen Medien und Agen-         und in ihrer Berichterstattung aufeinander Bezug neh-
turen angewiesen, damit es umfassender berichten         men. Denn die Medien in einer Gesellschaft sind in der
kann. Solche Rechercheleistungen müssen transparent      Regel segmentiert und stratifiziert, d.h., ein Medienti-
gemacht werden und die Leistungen der anderen            tel hat üblicherweise ein bestimmtes Publikum, das
Medien müssen eingeordnet, bewertet und, wo nötig,       sich mehr oder weniger vom Publikum eines anderen
kritisiert werden. Wenn verschiedene Medien aufein-      Medientitels unterscheidet – z.B. viele statt wenige
ander Bezug nehmen und sich zitieren, tragen sie zur     Junge, viele Personen mit mittlerem Bildungsab-
4

    schluss statt viele Akademiker, viele Sportbegeisterte      mit dem Medium des «gegnerischen» politischen
    statt Politikinteressierte, viele Personen aus dem          Lagers, zweitens können sie wegen des aktuellen Res-
    Grossraum Zürich statt Personen aus dem Waadtland.          sourcenmangels weniger Einordnungen vornehmen
    Wenn Medien jeweils in einem bestimmten Raum und            und somit keine substantielle Medienkritik betreiben.
    in bestimmten sozialen Gruppen verankert sind, so ist       Studien haben ebenfalls gezeigt, welche Medien über-
    gleichzeitig die wechselseitige Bezugnahme wichtig,         haupt zitiert werden. Forschungsergebnisse aus ande-
    damit eine «Vernetzung der Diskurse» stattfinden kann       ren Ländern zeigen, dass «Leitmedien» besonders häu-
    (Kleinen-von Königslöw 2010). Die Berichterstattung         fig zitiert werden, da sie einen hohen Status in der
    von Medien über Medien und das Nennen und Zitieren          Gesellschaft und bei den Redaktionen geniessen (vgl.
    von anderen Medien ist ein wichtiger Indikator dafür,       Jarren und Vogel 2011). Weniger bekannte «Folgeme-
    wie stark dieser Austausch ist.                             dien» werden selten zitiert. Für die Schweiz haben vor
    Die Forschung bietet verschiedene und sich teilweise        kurzem Thomas Mathis und Edda Humprecht von der
    widersprechende Erklärungen für die Fragen, weshalb         Universität Zürich eine Studie über die Zitationshäu-
    Medien gegenseitig aufeinander Bezug nehmen und             figkeit von 20 Schweizer Zeitungen im Kalenderjahr
    wie sich die Zitationshäufigkeit im Zeitverlauf verän-      2014 veröffentlicht (Mathis und Humprecht 2018).
    dert. Manche Autoren argumentieren, dass die Medien         Auch sie bestätigen, dass Leitmedien wie die NZZ, die
    sich immer mehr wechselseitig zitieren (z.B. Reine-         über viel Prestige verfügen, häufig zitiert werden. Dar-
    mann und Huismann 2007). Denn Journalistinnen und           über hinaus ist die Zitationshäufigkeit zwischen Zei-
    Journalisten würden sich als Teil einer gemeinsamen         tungen derselben Region und vor allem derselben
    Community verstehen und permanent beobachten, was           Sprachregion besonders hoch. Damit bleibt der Beitrag
    die anderen machen. Diese ständige Beobachtung hilft        zu einer schweizweiten Integration eher eingeschränkt.
    den einzelnen Medien bei der Einschätzung, welche           Keine Rolle spielt der Studie zufolge die Zugehörig-
    Themen und Ereignisse «relevant» sind (Harder et al.        keit zum selben Medienunternehmen; eine Zeitung
    2017). Sie hilft aber auch, Inhalte relativ rasch zu pro-   beispielsweise aus dem Hause Ringier zitiert nicht
    duzieren. So gehört gerade in einem schnelllebigen          zwingend Zeitungen von Ringier öfter als andere Zei-
    News-Zeitalter das ständige Ab- und Umschreiben von         tungen. Auch die Reichweite eines Mediums sei nicht
    anderen Medienquellen zur journalistischen Praxis.          entscheidend dafür, wie oft es zitiert wird.
    Schliesslich erleichtert auch die Digitalisierung die       Unsere Studie befasst sich damit, wie intensiv sich die
    Auffindbarkeit von Medieninhalten und die wechsel-          Informationsmedien in der Schweiz beobachten und
    seitige Bezugnahme.                                         welche Medien von anderen überhaupt genannt und
    Andere Autoren argumentieren gegenläufig, dass              zitiert werden. Mit einem Blick auf das gesamte
    Medien sich immer weniger wechselseitig zitieren.           Mediensystem überprüfen wir, wie stark Medien aus
    Auch hier werden verschiedene Gründe aufgeführt.            den verschiedenen Gattungen (Print, Radio, Fernse-
    Ein Argument ist, dass Medien untereinander im ver-         hen, Online) und aus den Sprachregionen Deutsch-
    schärften Wettbewerb stehen und sich deshalb kaum           schweiz, Suisse romande und Svizzera italiana genannt
    mehr zitieren. Denn eine Redaktion bzw. ein Medien-         und zitiert werden. Wir analysieren, wie stark die
    haus würde vor allem ökonomische Eigeninteressen            Medien vor allem innerhalb sowie ausserhalb des eige-
    verfolgen und deshalb den Konkurrenten möglichst            nen Medienhauses zitiert werden. Wir untersuchen
    wenig Beachtung und Anerkennung durch Zitationen            ebenfalls die Rolle der Sprachregionen, d.h., welche
    zubilligen wollen. Stattdessen würden Medientitel ten-      Medien in den einzelnen Sprachregionen besonders oft
    denziell diejenigen Medientitel zitieren, die aus dem-      zitiert werden. Und mit einem Blick auf die Themen,
    selben Medienhaus stammen. Ein anderes Argument             in denen die Medien zitiert werden, können wir wei-
    ist, dass Medien immer seltener substantielle Medien-       tere Erklärungen anbieten, warum manche Medien
    kritik betreiben und deshalb immer weniger auf andere       öfter zitiert werden als andere. Zu diesem Zweck wer-
    Medien eingehen und diese immer weniger zitieren            den die im Jahrbuch verwendeten Daten (repräsenta-
    (Wyss et al. 2012). Medien sind erstens weniger poli-       tive Stichprobe) anhand von Nennungen von Medien-
    tisch gebunden als früher und streiten deshalb seltener     titeln automatisch strukturiert und mit den Variablen
5

der Qualitätsmessung in Verbindung gebracht. Dies         Kalenderjahr 2017 jeweils 0,5% der sprachregionalen
lässt erstens Aussagen zur Quantität der Berichterstat-   Bevölkerung erreichten. Das Sample deckt also das
tung über die Medien hinweg zu, zweitens zeigen die       Universum derjenigen Medientitel ab, die im Jahrbuch
Resultate auch, auf welche Inhalte dabei fokussiert       in den Kapiteln zu den Strukturdaten abgebildet wer-
wird bzw. ob Politik-, Wirtschafts-, Kultur-, Sport-      den. Einige wenige Medien wurden zusätzlich aufge-
oder Human-Interest-Themen dominieren. Insgesamt          nommen, obwohl sie das Reichweitenkriterium nicht
interessiert sich unsere Studie damit für die Frage,      erfüllen: die Privatsender Léman Bleu, TeleBärn und
welchen Medien in der Medienarena durch häufige           Tele 1, deren Qualität regelmässig im Jahrbuch analy-
Zitation und Anschlusskommunikation ein Leitme-           siert wird, sowie die neu lancierten Online-Pure-Player
dienstatus zugewiesen wird und in welchen Themen-         Republik in der Deutschschweiz und Bon pour la tête
feldern und Kontexten (Sprachregionen; Referenzie-        in der Suisse romande.
rung innerhalb des eigenen Medienhauses oder darüber      Bei den thematisierten Rundfunkmedien wurde nach
hinaus) dies geschieht.                                   dem Sender bzw. dem Anbieter gesucht (z.B. SRF),
                                                          wobei die Suche auch einzelne Sendungen umfasste
                                                          (z.B. Arena auf SRF 1). Bei den thematisierten Print-
                                                          und Onlinemedien wurden die einzelnen Titel bzw.
2 Methode
                                                          Medienmarken als einzelne Medien (z.B. Berner Zei-
Die vorliegende Studie untersucht die Berichterstat-      tung) gesucht. Eingesetzt wurden als Suchbegriffe der
tung von Schweizer Medien über die wichtigsten            offizielle Titel selbst (z.B. Basler Zeitung) sowie
Medien der drei grossen Sprachregionen der Schweiz.       bekannte Synonyme (z.B. BaZ) und Internetadressen
Für das bessere Verständnis bezeichnen wir im Folgen-     (z.B. 20min.ch). Um schliesslich das Phänomen der
den diejenigen Medien, über die berichtet wird, als       Mantelredaktionen zu berücksichtigen, wurde zusätz-
«genannte Medien» oder «zitierte Medien». Diejeni-        lich nach den Mantelredaktionen gesucht (z.B. CH
gen Medien, die über andere Medien berichten,             Media in einem Beitrag mit dem Zitat «sagte sie ges-
bezeichnen wir als «Medienquellen». Die Datengrund-       tern gegenüber den Zeitungen von CH Media»). Total
lage der Studie bildet eine repräsentative Stichprobe     wurden 70 Suchagenten eingerichtet. Daraus resul-
der Berichterstattung der Jahre 2017 und 2018 (künst-     tierte eine bestimmte Anzahl Treffer bzw. eine
liche Wochen) aus 48 reichweitenstarken Medienquel-       bestimmte Anzahl Beiträge. Für jedes untersuchte
len (n = 39’237 Beiträge). Es handelt sich um Print-      Medium wurde jeder gefundene Beitrag nur einmal
und Onlinemedien, die zugleich Teil der                   gezählt, d.h. es spielte keine Rolle, ob ein Medium in
Qualitätsanalyse des Jahrbuchs sind. Darunter befin-      einem Beitrag einmal oder mehrfach genannt wurde.
den sich 29 Medienquellen aus der Deutschschweiz,         Ein Beitrag konnte allerdings gleichzeitig mehrere
13 aus der Suisse romande und 6 aus der Svizzera ita-     Treffer verschiedener Suchagenten aufweisen (z.B.
liana. Die Berichterstattung über die genannten           Nennung von RTS und Le Temps im selben Beitrag).
Medien wurde automatisiert ermittelt und mit den          Alle automatisch gefundenen Beiträge wurden
manuell erhobenen Variablen der Jahrbuch-Qualitäts-       anschliessend manuell validiert und bereinigt. Diese
codierung verknüpft. Dieses Verfahren erlaubt es, die     Überprüfung geschah in zwei Schritten. Im ersten
Menge der Berichterstattung über Schweizer Medien         Schritt wurden die Beiträge so bereinigt, dass nur tat-
sowie den thematischen Schwerpunkt zu ermitteln.          sächliche Nennungen vorliegen (vgl. nächsten
In den 48 Medienquellen wurde der Volltext genutzt,       Abschnitt). In einem zweiten Schritt wurden alle berei-
um dort nach genannten und zitierten Medien zu            nigten Beiträge daraufhin überprüft, ob die untersuch-
suchen. Gesucht wurde nach 70 verschiedenen               ten Medien nicht bloss genannt, sondern zitiert wer-
Medien. Zum Sample der untersuchten genannten und         den.
zitierten Medien zählen sämtliche Informationsme-         Nennungen: Bei der Bereinigung der Nennungen wur-
dien, die in den Gattungen Print, Radio, Fernsehen        den semantisch falsche Treffer manuell entfernt (z.B.
oder Online in den drei Sprachregionen Deutsch-           «ein Blick in die Daten zeigt»: kein Bezug zum
schweiz, Suisse romande oder Svizzera italiana im         Medientitel Blick). Zudem wurden selbstreferentielle
6

    Nennungen des Mediums im jeweiligen Medium (z.B.            Beitrag thematisiert werden, damit es sich um eine
    Weltwoche in der Weltwoche) ausgeschlossen. So ver-         Zitation handelt. Zitationen sind beispielsweise Bei-
    blieben nur Nennungen eines anderen Mediums.                träge mit Hinweisen, dass eine Politikerin in der Zent-
    Angesichts der vielfältigen Kooperationsformen stellt       ralschweiz am Sonntag ein Interview gegebeben hat
    sich die Frage, was als eigenes Medium gilt (nicht          oder dass die NZZ am Sonntag und Le Matin Diman-
    relevant für Analyse) und was als anderes Medium gilt       che eine Umfrage durchgeführt haben. Diese Medien-
    (relevant für Analyse). Bei den untersuchten Websites       zitationen sind für uns ein härterer Indikator als blosse
    von SRF, RTS und RSI gelten alle Bezüge auf dieselbe        Nennungen bei der Frage, welche Medientitel eine
    Unternehmenseinheit (z.B. von rts.ch auf die Sendung        Bedeutung im Nachrichtenfluss erreichen. Keine Zita-
    Temps présent oder von rsi.ch auf die Sendung Telegi-       tionen, sondern blosse Nennungen sind beispielsweise
    ornale sera) als Eigenbezüge, weil die SRG SSR-Web-         Beiträge darüber, dass ein TV-Moderator SRF verlässt,
    sites in ihren Beiträgen laut Konzession explizit einen     dass 20 Minuten eine reichweitenstarke Zeitung ist
    Sendungsbezug herstellen müssen; diese Eigenbezüge          oder dass der Blick in der Druckerei von Tamedia
    wurden von der Analyse ausgeschlossen. Ansonsten            gedruckt wird.
    verstehen wir neben offensichtlichen Eigenbezügen           Die Kombination mit den Daten des Jahrbuchs Quali-
    (z.B. SonntagsBlick auf SonntagsBlick) auch jene            tät der Medien ergab für die Jahre 2017 bis 2018 bei
    Fälle als solche, wenn in einer gedruckten Ausgabe auf      den Nennungen insgesamt 3260 Treffer in 2586 ver-
    die Onlineausgabe verwiesen wird (und umgekehrt)            schiedenen Medienbeiträgen (6,6% aller Beiträge der
    (z.B. Blick auf blick.ch); diese sind also nicht relevant   Qualitätsmessung) und bei den Zitationen 2551 Treffer
    für die Analyse. Bei Medien, die Teil einer Mantelre-       in 2141 verschiedenen Medienbeiträgen (5,5% aller
    daktion sind, gelten folgende Regeln: Wenn der Medi-        Beiträge der Qualitätsmessung).
    enbezug im Fliesstext vorgenommen wird (z.B. 24             In manchen Auswertungen wurden sowohl die unter-
    heures zitiert in der Tribune de Genève), gilt das Zitat    suchten Medien als auch die Medienquellen zu Grup-
    bzw. die Nennung nicht als Eigenbezug und wird somit        pen zusammengefasst. Die Zusammenfassung nach
    in der Analyse berücksichtigt. Aber wenn ein anderer        Sprachregionen (z.B. La Quotidiana als Zeitung der
    Titel derselben Mantelredaktion nur in der Autoren-         Svizzera italiana) ist selbsterklärend. Die Zusammen-
    oder Schlusszeile genannt wird, d.h., wenn der Beitrag      fassung nach Medientypen (z.B. 24 heures als Abon-
    gänzlich übernommen wurde, dann wird dieser nicht           nementszeitung) entspricht dem im Jahrbuch ange-
    in die Auswertung miteinbezogen (z.B. Beitrag auf           wendeten Verfahren (vgl. fög 2019, Kapitel
    tagesanzeiger.ch, der am Ende die SonntagsZeitung als       «Methodik»). Bei der Zusammenfassung nach
    Quelle angibt; Beitrag auf watson.ch, der einen Artikel     Medienorganisationen werden die Besitz- und Koope-
    der Aargauer Zeitung übernimmt). Denn in der vorlie-        rationsverhältnisse berücksichtigt, die im Untersu-
    genden Studie interessiert uns in erster Linie, wie         chungszeitraum 2017/2018 galten. Weil es innerhalb
    Redaktionen auf Leistungen anderer Medien eingehen.         des Untersuchungszeitraums Änderungen gab (Ver-
    Es interessiert uns hier nicht, wie viele Beiträge die      kauf Basler Zeitung, Einführung Mantelredaktionen),
    Medien untereinander teilen; diese relevante Frage          haben wir uns für folgende Zuordnung entschieden:
    wird an anderer Stelle im Jahrbuch Qualität der             Weil die Fusion zu CH Media erst im Herbst 2018
    Medien 2019 abgedeckt (vgl. fög 2019, Kapitel               erfolgte und die Zentralredaktion erst seit Juli 2019
    VIII.2.1).                                                  voll aktiv ist, wurden in unserer Studie die Medientitel
    Zitationen: Auf dieser Grundlage der bereinigten Nen-       (zitierte Medien und Quellen) entweder AZ Medien
    nungen wurde jeder Beitrag manuell auf Zitationen           (z.B. Aargauer Zeitung) oder der NZZ-Mediengruppe
    überprüft. Unter Zitationen verstehen wir, wenn auf         (z.B. St. Galler Tagblatt) zugeschlagen. Die Basler
    inhaltliche Leistungen eines Mediums Bezug genom-           Zeitung wurde Tamedia zugeschlagen – obwohl der
    men wird. Dies kann beinhalten, dass das zitierte           Verkauf erst im Frühjahr 2018 stattfand –, da die Zei-
    Medium selber etwas vermeldet oder interpretiert hat,       tung im Onlinebereich schon seit längerem Teil des
    oder auch, dass ein Akteur sich im zitierten Medium         Newsnet von Tamedia ist.
    geäussert hat. Die entsprechenden Inhalte müssen im
7
                                SRF
                               Blick
                                NZZ
                Tages-Anzeiger
              SonntagsZeitung
                  SonntagsBlick
               NZZ am Sonntag
                     20 Minuten
                                RTS
              Aargauer Zeitung
   Schweiz am Wochenende
                        Le Temps
                                 RSI
                     Weltwoche
                  Basler Zeitung
            Tribune de Genève
           Le Matin Dimanche
              Luzerner Zeitung
                       Der Bund
                          Tele M1
                       24 heures
                         Le Matin
                       watson.ch
                 Berner Zeitung
                  Le Nouvelliste
  Zentralschweiz am Sonntag
                 Südostschweiz
             St. Galler Tagblatt
                        L‘Express
             Corriere del Ticino
                     20 minutes
                          TeleZüri
                     Léman Bleu
                              WOZ
                         TeleBärn
   Tamedia-Mantelredaktion
                         Republik
       Ostschweiz am Sonntag
                      Le Courrier
                      La Regione
           Giornale del Popolo
                       20 minuti
                  La Quotidiana
                             Tele 1
                   Radio Energy
                       La Liberté
                       RTN / BNJ
                          Radio 3i
                   Radio Zürisee
                           Il Caffè
                       CH Media
                Blick am Abend
            Radio Fiume Ticino
                  Radio Argovia
                        Radio 24
                    Radio Pilatus
                          La Côte
                           Ringier
        Le Quotidien Jurassien
                      La Gruyère
                Journal du Jura
               Bon pour la tête
                       TeleTicino
                       Rouge FM
                 Radio Fribourg
                   Lausanne FM
                    Radio Rhône
                      Radio FM1
                  Radio Central
    Il Mattino della Domenica
                                       0%   2%      4%          6%          8%          10%          12%         14%         16%         18%

                                                         Nennungen             darunter Zitationen

Darstellung 1: Nennungen und Zitationen von Schweizer Informationsmedien
Die Darstellung zeigt pro Medium die Anteile jener Beiträge, in denen das Medium genannt oder zitiert wurde (n = 3260 Fälle mit Nennungen und 2551
Fälle mit Zitationen).
Lesebeispiel: Mehr als 16% aller Nennungen entfallen auf SRF. SRF wird insgesamt auch mehr zitiert, als die NZZ zitiert und genannt wird.
8

    3 Resultate                                                diejenigen sind, die häufig zitiert werden. Spannend
    Im folgenden Kapitel werden die Resultate der Unter-       sind jene Medien, die von diesem Muster abweichen.
    suchung präsentiert. Erstens wird aufgezeigt, welche       SRF, RSI, die Weltwoche und die Basler Zeitung wer-
    Bedeutung die genannten und zitierten Medien in der        den oft zitiert, aber noch häufiger einfach nur genannt,
    analysierten Medienberichterstattung haben. Zweitens       ohne zitiert zu werden. Das heisst: Diese Medien sind
    wird gezeigt, mit welchen thematischen Schwerpunk-         immer wieder Objekte der Berichterstattung und die
    ten die Medien zitiert werden. Drittens analysieren        Vorgänge bei diesen Medien scheinen besonders
    wir, wie stark die sprachregionalen Medienarenen über      berichterstattungswürdig zu sein. Bei SRF zeigt sich
    ihre Sprachgrenzen hinausblicken. Von Interesse ist        das beispielsweise darin, dass Medien die personellen
    also beispielsweise, wie häufig Deutschschweizer           Wechsel bei SRF häufig thematisieren (z.B. des Mode-
    Medien von Medienquellen in der Deutschschweiz             rators Roman Kilchsperger oder der Moderatorin
    zitiert werden, d.h. «von innen» betrachtet werden,        Monika Fasnacht). Auch die Weltwoche und die Basler
    und, im Vergleich dazu, wie häufig Deutschschweizer        Zeitung werden relativ viel erwähnt. Dies ist u.a. ein
    Medien von Medienquellen in der Svizzera italiana          Resultat davon, dass die Medien deren Besitzverhält-
    und in der Suisse romande zitiert werden, sprich «von      nisse zum Thema machen (z.B. Verkauf der Basler
    aussen» betrachtet werden und umgekehrt. Viertens          Zeitung, Verhältnis der Weltwoche zur SVP). Nur bei
    prüfen wir, wie oft die Medienquellen diejenigen           RSI entfallen von den Nennungen wenige auf Zitatio-
    Medien zitieren, die aus dem eigenen Medienhaus            nen, weil andere Medien sich damit begnügen, auf RSI
    stammen.                                                   als (Co-)Produzenten von Musikveranstaltungen und
                                                               Filmen hinzuweisen, statt die redaktionellen Inhalte
                                                               von RSI zu zitieren.
    3.1 Bedeutendste genannte und zitierte
                                                               Das Zitieren von Medien ist ein härterer Indikator als
    Medien
                                                               die reine Nennung dafür, ob ein Medium eine gewisse
    Auf Schweizer Informationsmedien wird höchst unter-        Themen- und Meinungsführerschaft hat und ihm
    schiedlich stark Bezug genommen. Darstellung 1 ver-        Rechercheleistungen zugeschrieben werden können.
    deutlicht diesen Befund und weist für jedes Medium         Die nachfolgenden Ergebnisse fokussieren deshalb auf
    den Anteil an Nennungen bzw. an Zitationen (vgl.           Zitationen.
    Kapitel 2) aus. Einige wenige Medien dominieren und        In der Schweiz ist SRF das meistzitierte Medium (12%
    die allermeisten werden selten bis praktisch nie           aller Zitationen). Auch Blick (11,5%), NZZ (7,4%),
    erwähnt, geschweige denn zitiert. Ganz klar an der         Tages-Anzeiger (7%), SonntagsZeitung (6,9%), NZZ
    Spitze der Nennungen und knapp an der Spitze der           am Sonntag und SonntagsBlick (je 5,3%) sowie 20
    Zitationen steht SRF, das allein 17% aller Nennungen       Minuten (4,6%) werden öfter zitiert als die anderen
    und 12% aller Zitate auf sich zieht. Auf der anderen       Medien. Ein zentraler Faktor für die Zitierhäufigkeit
    Seite werden die vier Privatradiosender Lausanne FM,       scheint der Standort Zürich zu sein. Viele reichweiten-
    Radio 3i, Radio 24, Radio Pilatus sowie die italie-        starke Medien werden in Zürich produziert und deren
    nischsprachige Zeitung La Quotidiana zwar erwähnt,         Medienorganisationen kontrollieren wiederum die
    aber kein einziges Mal zitiert. Und die drei Privatra-     Medien in anderen Regionen. Bezeichnend für die
    dios Radio Rhône, Radio FM1 und Radio Central              Dominanz der Zürcher Medien ist der Vergleich zwi-
    sowie das Sonntagsblatt Il Mattino della Domenica,         schen dem Zürcher Tages-Anzeiger und dem Berner
    nach denen wir in unserer Analyse ebenfalls gesucht        Bund. Obwohl diese beiden Medien schon seit mehre-
    haben, werden nicht zitiert und nicht einmal genannt.      ren Jahren die meisten redaktionellen Inhalte teilen,
    Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass die Zitati-     wird der Tages-Anzeiger (7%) in den Schweizer
    onshäufigkeit mit der Nennungshäufigkeit korreliert.       Medien viel häufiger zitiert als Der Bund (1,2%).
    Von sämtlichen erfassten Nennungen beinhalten 78%          Warum Medien dies tun, ist unklar. Vielleicht halten
    der Fälle auch Zitationen. So erstaunt es nicht, dass in   die Medien den Bund wegen seiner geringeren Reich-
    der Regel die Medien, die häufig genannt werden, auch      weite für weniger relevant und geben deshalb für ihre
9

Leserschaft lieber den reichweitenstärkeren, bekannte-      bis hin zu kaum zitierten Titeln wie La Liberté.
ren Tages-Anzeiger an. Oder sie interpretieren die          Wie lässt sich die unterschiedlich hohe Bedeutung
gemeinsame Nachrichtenproduktion von Bund und               dieser verschiedenen Medientypen erklären? Offen-
Tages-Anzeiger letztlich als Leistung, die wesentlich       sichtlich spielen weder die Reichweite allein noch die
vom Tages-Anzeiger betrieben und/oder von Tamedia           Qualität der Medientypen allein eine entscheidende
aus Zürich kontrolliert wird.                               Rolle. Wenn es nach der Reichweite ginge, müssten
Ein zweiter zentraler Faktor ist die Sprachregion.          beispielsweise die oft zitierten Titel von 20 Minuten
Medien aus der Deutschschweiz als grösster Sprach-          (bzw. 20 minutes und 20 minuti in ihren Sprachregi-
region werden häufiger zitiert als Medien aus der           onen) noch viel häufiger zitiert werden. 20 Minuten
Suisse romande. Medien aus der kleinsten Sprachre-          ist gemäss der breit angelegten Imagekampagne
gion, der Svizzera italiana, werden selten zitiert.         «DNA» zum Anlass des 20-Jahr-Jubiläums «die
Ausserdem zeigt der Vergleich innerhalb der Sprach-         Schweizer Nummer 1» und «das einflussreichste
regionen, dass auch französisch- und italienischspra-       Medium der Schweiz». Doch dieser Einfluss schlägt
chige Medien relativ häufig Medien aus der Deutsch-         sich offenbar nicht in einer höchsten Zitationshäufig-
schweiz zitieren (vgl. Kapitel 3.4).                        keit nieder. Und wenn es nach der Qualität der
Ein dritter zentraler Faktor ist der Medientyp. Der         Medientypen ginge, dann müssten die Boulevardme-
öffentliche Rundfunk wird sehr oft zitiert: SRF ist das     dien im Vergleich zu den (überregionalen) Abonne-
meistzitierte Deutschschweizer Medium, RTS das              ments- und Sonntagsmedien deutlich weniger zitiert
meistzitierte Medium der Suisse romande und RSI             werden.
das meistzitierte Medium der Svizzera italiana. Pro-        Wir argumentieren, dass hier zwei weitere Faktoren
gramme des Privatfernsehens hingegen werden selten          hinzukommen: erstens die (wahrgenommene) Kom-
zitiert, Privatradios noch seltener. Boulevardmedien        petenz und die (zugeschriebenen) Rechercheleistun-
werden ebenfalls oft zitiert, Pendlermedien im Ver-         gen eines Mediums in bestimmten Themenbereichen
gleich dazu etwas weniger. Sonntagstitel werden             (vgl. Kapitel 3.2) und zweitens die Zugehörigkeit
relativ ebenfalls häufig zitiert. Dies ist vor allem des-   eines Mediums zu einer grösseren Medienorganisa-
halb bemerkenswert, weil Sonntagstitel nur einmal           tion (vgl. Kapitel 3.3). Beides wird in den folgenden
wöchentlich erscheinen und deshalb rein quantitativ         Kapiteln überprüft.
weniger Berichterstattungsinhalte produzieren, das
andere zitieren könnten. Die Zentralschweiz am
                                                            3.2 Zitationen in den Themenbereichen
Sonntag beispielsweise wird praktisch gleich oft
zitiert wie ihre Schwesterzeitung, die wochentags           Unsere Befunde zeigen, dass Schweizer Medien vor
erscheinende Luzerner Zeitung. Wochenmagazine               allem in zwei Kontexten häufig zitiert werden: in der
werden seltener zitiert als Sonntagsmedien. Die bei-        Berichterstattung über Politik (36%) und in der
den Online-Start-ups Bon pour la tête und Republik          Berichterstattung über Human-Interest-Themen
werden noch relativ selten zitiert, wobei die Republik      (31%). Kultur (11%), Wirtschaft (14%) und vor allem
erst 2018 lanciert wurde und damit nur die Hälfte der       Sport (8%) sind seltenere thematische Schwerpunkte
Untersuchungsperiode abdeckt – 2018 wurde sie               für Medienzitationen (vgl. Darstellung 2). Auch in der
einige Male mit Eigenrecherchen zitiert (u.a. zum           Gesamtberichterstattung dominieren Politik- und
Baukartell in Graubünden). Die häufigen Zitationen          Human-Interest-Themen. Politik-Themen sind in den
von Sonntagstiteln unterstreichen sowohl deren              Beiträgen mit Medienzitationen im Verhältnis zur
Rechercheleistungen als auch deren Attraktivität für        Gesamtberichterstattung jedoch überrepräsentiert
Akteure, sich dort für exklusive Interviews zur Verfü-      (36% vs. 27%), während Sport-Themen im Vergleich
gung zu stellen. Die Zitationshäufigkeit von Abonne-        zur Gesamtberichterstattung unterrepräsentiert sind
mentsmedien (ge-druckte Zeitungen und ihre News-            (8% vs. 14%).
sites) schliesslich ist äusserst heterogen. Das             Interessant ist nun zu überprüfen, in welchen Themen-
Spektrum reicht von viel zitierten Titeln wie der NZZ       bereichen die einzelnen Medien zitiert werden. Medien
                                                            werden vor allem dann zitiert, wenn sie in einem
10

       40%
                         36%

       35%
                                                                                                                                       31%
       30%

       25%

       20%

                                                    14%
       15%
                                                                                11%
       10%                                                                                                  8%

        5%

        0%
                        Politik                   Wirtschaft                    Kultur                      Sport                  Human Interest

     Darstellung 2: Bedeutung der Themenbereiche im Vergleich
     Die Darstellung zeigt, auf welche Themenbereiche die Medienquellen fokussieren. Datengrundlage bilden alle Beiträge aus der Zufallsstichprobe der Jahre
     2017 und 2018, in welchen mindestens eines der untersuchten Medien zitiert wird (n = 2551 Fälle mit Zitationen).
     Lesebeispiel: In den Berichten mit Zitationen von Schweizer Medien dominieren Politik-Themen (36%).

     bestimmten Themenbereich als zuverlässig und glaub-                          Recherche über das Jihadisten-Milieu). Auch die grö-
     würdig wahrgenommen werden – so die Annahme.                                 sseren Deutschschweizer Abonnementstitel werden
     Weil sich die Medien in ihren Profilen unterscheiden                         relativ oft zitiert. Dazu gehören u.a. der Tages-Anzei-
     und manche Medien ihren Akzent beispielsweise stär-                          ger, die NZZ oder die Aargauer Zeitung. Gemessen
     ker auf Politik und manche eher auf Sport setzen, soll-                      daran, dass sie ansonsten häufig zitiert werden, fällt die
     ten sich auch die zugeschriebene Kompetenz und die                           Abwesenheit der Pendlertitel auf. Dieses Bild legt
     zugeschriebene Rechercheleistung je nach Themenbe-                           nahe, dass in der Politikberichterstattung die wahrge-
     reich unterscheiden.                                                         nommene oder auch tatsächliche Qualität eines
     Dies wird durch unsere Empirie bestätigt (vgl. Darstel-                      Medientitels und die damit verbundenen Recherche-
     lung 3). Dies zeigt sich zunächst einmal darin, dass die                     leistungen ein wichtiger Faktor sind. In der Politikbe-
     Zitationshäufigkeit der einzelnen Medientitel je nach                        richterstattung sind die meisten der vielzitierten
     thematischem Schwerpunkt variiert. Dies wird bereits                         Medien nicht bloss reichweitenstarke Medien, sondern
     mit Blick auf die meistzitierten Medien klar. SRF ist                        vielmehr auch Medien mit einer überdurchschnittli-
     bei Politikbeiträgen das meistzitierte Medium und                            chen Medienqualität und mit einem starken Fokus auf
     wird auch bei Human-Interest-Beiträgen oft zitiert,                          Politik. Nur die Boulevardtitel Blick und Sonntags-
     doch bei Letzteren verzeichnet der Blick die meisten                         Blick passen nicht ganz ins Bild; doch deren häufigere
     Zitationen. Die NZZ wiederum hat im Politikbereich                           Zitation gerade im Vergleich mit den im Politikbereich
     am drittmeisten Zitationen, aber im Human-Interest-                          wenig zitierten Pendlermedien ist vermutlich Aus-
     Bereich nur am achtmeisten. Im Folgenden werden                              druck davon, dass Blick und SonntagsBlick mehr
     nun für jeden Themenbereich die zehn meistzitierten                          Eigenleistungen und Einordnungen vornehmen als 20
     Medien dargestellt und beschrieben.                                          Minuten.
     In der Politikberichterstattung ist SRF das meistzitierte                    In der Wirtschaftsberichterstattung fällt die Bedeutung
     Medium. SRF wird in erster Linie häufig zitiert, weil                        nicht nur der grossen Abonnementstitel aus dem Wirt-
     Akteure aus der Politik sich dort erklären, und in zwei-                     schaftsraum Zürich auf (NZZ und Tages-Anzeiger
     ter Linie, weil SRF neue Informationen einspeist (z.B.                       bzw. deren Newssites), sondern vor allem der Sonn-
11

 zitierte Medien                   Politik         zitierte Medien                  Wirtschaft        zitierte Medien                   Kultur

 SRF                       10,3%                   SonntagsZeitung       14,2%                        SRF                       21,8%
 Tages-Anzeiger             9,2%                   SRF                   10,9%                        NZZ                       10,3%
 NZZ                        8,5%                   Blick                 10,1%                        Blick                      8,9%
 SonntagsZeitung            7,1%                   Tages-Anzeiger         9,8%                        NZZ am Sonntag             8,1%
 Blick                      7,1%                   NZZ                    9,5%                        Tages-Anzeiger             7,7%
 SonntagsBlick              6,7%                   NZZ am Sonntag         7,8%                        Weltwoche                  4,8%
 NZZ am Sonntag             5,4%                   Schweiz am Wochenende 7,0%                         SonntagsZeitung            3,7%
 Aargauer Zeitung           4,0%                   SonntagsBlick          3,6%                        24 heures                  3,0%
 RTS                        3,2%                   Le Temps               3,4%                        Le Nouvelliste             2,2%
 Le Temps                   3,1%                   RTS                    3,1%                        20 Minuten                 2,2%

 zitierte Medien                   Sport           zitierte Medien               Human Interest

 Blick                     31,0%                   Blick                     13,3%
 SRF                       14,0%                   20 Minuten                11,1%
 NZZ                        9,0%                   SRF                       10,5%
 SonntagsBlick              4,0%                   SonntagsBlick              5,9%
 Aargauer Zeitung           4,0%                   SonntagsZeitung            5,2%
 Le Matin                   4,0%                   NZZ am Sonntag             4,3%
 SonntagsZeitung            3,0%                   Tages-Anzeiger             4,2%
 Corriere del Ticino        3,0%                   NZZ                        3,8%
 Basler Zeitung             2,0%                   Aargauer Zeitung           3,7%
 St. Galler Tagblatt        2,0%                   Le Temps                   3,3%

Darstellung 3: Meistzitierte Medien nach Themenbereich
Die Darstellung zeigt die meistzitierten Medien nach Themenbereich. Datengrundlage sind alle Beiträge aus der Zufallsstichprobe der Jahre 2017 und
2018, in welchen mindestens eines der untersuchten Medien zitiert wird (n = 2551 Zitationen).
Lesebeispiel: SRF ist das meistzitierte Medium in der Politikberichterstattung. 10,3% der Zitationen, die im Themenbereich Politik vorgenommen werden,
entfallen auf SRF.

tagstitel (SonntagsZeitung, NZZ am Sonntag, Schweiz                          sserte Kritik an SRF zitiert wird.
am Wochenende, SonntagsBlick). Die SonntagsZei-                              In der Sportberichterstattung ist der Blick mit gro-
tung ist von allen Medien sogar der meistzitierte                            ssem Abstand (31%) das meistzitierte Medium.
Titel in der Wirtschaftsberichterstattung – und dies,                        Auch hier ist der Vergleich mit den Pendlermedien
obwohl sie deutlich seltener erscheint als die Tages-                        instruktiv, die hier gar nicht in der Liste der meistzi-
zeitungen. In erster Linie werden Enthüllungen und                           tierten Medien erscheinen: Boulevardmedien (auch
Recherchen der SonntagsZeitung (z.B. Bericht zu                              Le Matin und der SonntagsBlick) erhalten vermut-
CarPostal), in zweiter Linie Interviews von rangho-                          lich auch deswegen viele Zitationen, weil sie in
hen Personen im Allgemeinen und von Wirtschafts-                             ihrem Profil den Sport ins Zentrum rücken und
vertretern im Speziellen aufgenommen. Wie in der                             dabei relativ viele Eigenleistungen und Einordnun-
Politikberichterstattung erhalten Blick und Sonn-                            gen vornehmen. Ihre Sportberichterstattung wird
tagsBlick – anders als die Pendlermedien – relativ                           vermutlich von Journalistinnen und Journalisten als
viele Zitationen. Zu den meistzitierten Medien                               besonders glaubwürdig und substantiell eingestuft.
gehören ebenfalls SRF in der Deutschschweiz und                              Neben den Boulevardmedien erhalten auch die NZZ
RTS und Le Temps in der Suisse romande.                                      und SRF in der Sportberichterstattung viele Zitatio-
Bei Kulturthemen dominiert klar SRF: Das Spekt-                              nen.
rum der Kulturthemen, bei denen SRF zitiert wird,                            Die Human-Interest-Berichterstattung ist jenes
ist relativ breit und reicht von Wissenschaftsthemen                         Feld, in dem von allen Medien die Boulevard- und
über Religion und Satire bis hin zu Volkskultur (z.B.                        Pendlermedien am meisten zitiert werden. 20 Minu-
Jassen). Neben Medientiteln, die auch in den ande-                           ten und der Blick sind häufige Lieferanten für Zitate
ren Themenbereichen oft zitiert werden (v.a. NZZ,                            in anderen Medien, gerade bei Fällen von Verbre-
Blick, NZZ am Sonntag), fällt hier die Resonanz der                          chen oder bei Unfällen. Relativ oft werden bei-
Weltwoche auf, die unter anderem für dort geäu-                              spielsweise die «Leserreporter» von 20 Minuten
12

                Tamedia

                  Ringier

       NZZ-Mediengruppe

                SRG SSR

              AZ Medien

                  andere

                            0%            5%               10%              15%              20%               25%              30%              35%

     Darstellung 4: Zitierte Medien nach Medienorganisationen
     Die Darstellung zeigt, zu welchen Anteilen die Medien der verschiedenen Medienorganisationen zitiert werden. Dazu wurden alle untersuchten Medien
     einer der fünf grossen Medienorganisationen oder der Gruppe «andere» zugeordnet (n = 2551 Beiträge mit Zitationen). Die Zitationen wurden jeweils
     den Medienquellen der eigenen Medienorganisation und der anderen Medienorganisationen zugeordnet, mit Ausnahme der untersuchten Medien in der
     Kategorie «andere».
     Lesebeispiel: Die 13 untersuchten Titel von Tamedia werden zusammengenommen am meisten zitiert. 30% aller Zitationen entfallen auf Tamedia-Titel.
     16% aller Zitationen entfallen auf Zitationen von Tamedia-Titeln in Tamedia-Quellen, 14% auf Zitationen von Tamedia-Titeln in Quellen anderer Medien-
     organisationen.

     zitiert, die unter anderem dokumentieren, wenn sich                          Zeitung im Tages-Anzeiger zitiert wird, bedeutet dies
     ein Buschauffeur mit einem Fahrgast prügelt. Auch                            in der Regel gleichzeitig auch eine Zitation in den
     SRF wird häufig zitiert. Dies erklärt sich damit, dass                       Schwesterblättern Basler Zeitung und Berner Zeitung,
     SRF Meteo mit Meldungen und Einschätzungen zum                               weil dort dieselben Beiträge publiziert werden. Zwei-
     Wetter regelmässig Anlass für Zitate in anderen                              tens besteht die Vermutung, dass Medien aus derselben
     Medien gibt.                                                                 Medienorganisation sich bevorzugt gegenseitig zitie-
     Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die                         ren, statt Medien aus anderen Medienorganisationen
     Zitationschancen je nach Themenfeld unterscheiden.                           zu zitieren. Dies kann verschiedene Gründe haben: Im
     Viele Medienzitationen sind demnach profilkonform,                           Rahmen von Recherche-Kooperationen haben Journa-
     d.h., sie entsprechen den wahrgenommenen Kompe-                              listen aus derselben Medienorganisation vielleicht
     tenzen und Recherchekapazitäten, die Medien in                               schon zusammengearbeitet und verfolgen deshalb
     bestimmten Themenfeldern haben.                                              diese Medientitel nun stärker. Oder Journalisten ver-
                                                                                  spüren einen (diffusen oder konkreten) Druck von Sei-
                                                                                  ten der Medienorganisation, häufiger die Titel der
     3.3 Zitationen bei Medienorganisationen
                                                                                  eigenen Organisation zu zitieren und ihnen somit mehr
     Die Zitationschancen eines Mediums sind ausserdem                            Geltung zu verschaffen.
     abhängig von strukturellen Faktoren in der Nachrich-                         In einem ersten Schritt schauen wir, wie oft die Titel
     tenproduktion. Zu diesen Faktoren gehört die Einbin-                         der verschiedenen Medienorganisationen insgesamt
     dung in eine grössere Medienorganisation. Erstens                            zitiert werden. In einem zweiten Schritt interessieren
     verbessern sich die Zitationschancen, wenn die über-                         wir uns dafür, wie viele Zitationen davon in der eige-
     geordnete Medienorganisation gross ist und über viele                        nen statt in anderen Medienorganisationen vorkom-
     (reichweitenstarke) Titel verfügt, die zudem unterein-                       men.
     ander kooperieren. Wenn beispielsweise die Sonntags-                         Am meisten Zitationschancen haben die Titel bzw.
13

          AZ Medien                                                   81%                                                          19%

            Tamedia                                        64%                                                           36%

              Ringier                                   59%                                                           41%

  NZZ-Mediengruppe                              44%                                                           56%

            SRG SSR                       36%                                                           64%

                        0%      10%          20%         30%         40%          50%         60%         70%          80%         90%         100%

                                              eigene Medienorganisation        andere Medienorganisationen

Darstellung 5: Konzerneigene Zitationen vs. Fremdzitationen
Die Darstellung zeigt pro Medienorganisation den Anteil an Eigenzitationen, d.h., in welchem Mass ihre Titel von Medien aus der eigenen Medienorga-
nisation zitiert werden statt von Medien einer anderen Medienorganisation (n = 2551 Zitationen). Weil sich die Anzahl der Medienquellen nach Medien-
organisation unterscheidet, wurde jeweils der Durchschnitt berechnet.
Lesebeispiel: Wenn die Titel von Ringier (z.B. SonntagsBlick) zitiert werden, dann stammen 59% der Zitationen von einer Quelle von Ringier (Durchschnitt)
und 41% von einer Quelle, die nicht zu Ringier gehört (Durchschnitt).

Sendungen von Tamedia, Ringier, NZZ-Mediengruppe                              lich gute Zitationschancen.
und SRG SSR (vgl. Darstellung 4). Die 13 untersuch-                           Ob aber «Konzernlogiken» eine Rolle spielen und
ten Medien von Tamedia werden zusammen mit                                    ob ein Medientitel häufiger ein Medium des eigenen
Abstand am meisten zitiert: 30% aller Zitationen                              Medienhauses zitiert als ein Medium eines anderen
entfallen auf Medien, die zu Tamedia gehören. Auch                            Medienhauses, müssen wir in einem zusätzlichen
die sieben untersuchten Ringier-Medien (20%), die                             Schritt prüfen. Dazu muss die unterschiedliche Zahl
neun Medien der NZZ-Mediengruppe (16,4%) und                                  der verfügbaren Medienquellen berücksichtigt wer-
der öffentliche Rundfunk (SRF, RTS und RSI                                    den, in denen wir nach Medienzitationen gesucht
zusammen: 16,3%) werden relativ oft zitiert. Weni-                            haben. Wir haben es also mit dem Durchschnitt zu
ger Zitationschancen haben die neun Titel von AZ                              tun, wie oft die verschiedenen Medienquellen die
Medien (8,7%). Nur sehr geringe Chancen haben                                 untersuchten Titel zitieren (z.B. 766 Zitationen von
diejenigen Medien, die nicht zu diesen Medienorga-                            Tamedia-Titeln in 48 Medienquellen, also pro
nisationen gehören: Alle 29 untersuchten Medien                               Medienquelle 16-mal). Der durchschnittliche Anteil
jenseits dieser fünf grossen Medienorganisationen                             an konzerneigenen Zitationen zeigt, in welchem
erzielen zusammen mit 8,5% nur so viel Resonanz                               Mass die Titel im Durchschnitt von Quellen zitiert
wie die neun Titel von AZ Medien (8,7%).                                      werden, die zur eigenen Medienorganisation gehö-
Diese unterschiedlichen Zitationschancen liegen                               ren, im Vergleich zum Durchschnitt der Medien-
auch daran, dass manche Medien von Medienquel-                                quellen anderer Medienorganisationen. Die drei
len der eigenen Organisation aufgenommen werden                               Medienorganisationen AZ Medien (81%), Tamedia
können, die wiederum weitverbreitet sind. Beson-                              (64%) und Ringier (59%) haben besonders hohe
ders Tamedia mit ihren vielen reichweitenstarken                              Anteile an konzerneigenen Zitationen (vgl. Darstel-
Titeln, von denen zudem viele ihre Beiträge mitein-                           lung 5). Ihre Medien werden durchschnittlich häufi-
ander teilen, bietet den eigenen Medien diesbezüg-                            ger aufgenommen, wenn diese Quelle zur eigenen
                                                                              Medienorganisation gehört. Dies zeigt sich stark bei
14

AZ Medien. Die Titel von AZ Medien werden in den                             und der SRG SSR (36%) ist es umgekehrt: Ihre
48 Medienquellen insgesamt in 223 Beiträgen                                  Medien werden in Quellen der eigenen Medienorga-
zitiert, d.h. durchschnittlich 4,6-mal. In den drei                          nisation seltener zitiert als in Quellen anderer
untersuchten Medienquellen, die zu AZ Medien                                 Medienorganisationen. Die NZZ am Sonntag bei-
gehören, werden die Titel von AZ Medien im Durch-                            spielsweise wird auf nzz.ch weniger oft aufgenom-
schnitt 16,3-mal zitiert und in den anderen 45                               men als auf tagesanzeiger.ch.
Medienquellen im Durchschnitt 3,9-mal; der kon-
zerneigene Zitationsanteil beträgt demnach 81%.
                                                                             3.4 Blick über die Sprachgrenzen
Dies liegt vor allem an einem Effekt: Wenn die Aar-
gauer Zeitung von Schweizer Medien zitiert wird,                             Die Zuordnung der Zitationen zu den drei Sprachregi-
dann in allererster Linie von ihrem Schwesterblatt                           onen gibt Aufschluss darüber, wie intensiv die Medien
Schweiz am Wochenende. Dieses Muster weist dar-                              in der Deutschschweiz, der Suisse romande und der
auf hin, dass die beiden unterschiedlichen Titel als                         Svizzera italiana die anderen Medien «im Inneren»
Teil einer gemeinsamen Marke gesehen werden und                              verfolgen bzw. «nach aussen» blicken, indem sie
dass die Schweiz am Wochenende auch die Funk-                                andere Medien zitieren. Wir prüfen deshalb, welche
tion hat, die Berichterstattung der Aargauer Zeitung                         Medien die deutschsprachigen, die französischsprachi-
am Samstag fortzuführen. Eigenzitationen sind auch                           gen und die italienischsprachigen Medienquellen zitie-
bei Tamedia und Ringier häufig: 20 Minuten wird                              ren und aus welchen Sprachregionen diese zitierten
beispielsweise im konzerneigenen Tages-Anzeiger                              Medien kommen.
öfter zitiert als in der NZZ, der Blick häufiger im                          In den Daten lassen sich zwei Muster erkennen (vgl.
konzerneigenen Blick am Abend als in 20 Minuten                              Darstellung 6): überproportionale Vertretung der eige-
von Tamedia. Bei der NZZ-Mediengruppe (44%)                                  nen Sprachregion und insgesamt Dominanz der

100%             93%                              100%                                             100%

  90%                                              90%                                              90%

  80%                                              80%                                              80%

  70%                                              70%                                              70%
                                                                                                                           62%
  60%                                              60%                                              60%
                                                                          51%
                                                                  47%
  50%                                              50%                                              50%

  40%                                              40%                                              40%

  30%                                              30%                                              30%
                                                                                                                   18%              19%
  20%                                              20%                                              20%

  10%                     6%                       10%                                              10%
                                   1%                                               1%
   0%                                               0%                                                0%
             deutschsprachige Medien                         französischsprachige Medien                       italienischsprachige Medien

            Innenblick                                       Innenblick                                       Innenblick

            Aussenblick: Suisse romande                      Aussenblick: Deutschschweiz                      Aussenblick: Deutschschweiz

            Aussenblick: Svizzera italiana                   Aussenblick: Svizzera italiana                   Aussenblick: Suisse romande

Darstellung 6: Zitationen in den Sprachregionen
Die Darstellung zeigt, zu welchen Anteilen die drei nach Sprachen differenzierten Medienarenen ihren Blick auf sich selbst (Innenblick) bzw. über die
Sprachgrenze hinaus (Aussenblick) richten. Datengrundlage bilden alle Beiträge aus der Zufallsstichprobe der Jahre 2017 und 2018, in welchen mindes-
tens eines der untersuchten Medien zitiert wird (n = 2551 Fälle mit Zitationen).
Lesebeispiel: Die deutschsprachigen Medien geben den Medien aus der eigenen Sprachregion mit 93% mit Abstand am meisten Gewicht im Vergleich
zu den beiden anderen Medienarenen (47% bzw. 18%).
15

                Deutschschweiz                                    Suisse romande                                    Svizzera italiana
         Zitationsanteile französisch- und                 Zitationsanteile deutsch- und                      Zitationsanteile deutsch- und
           italienischsprachiger Medien                    italienischsprachiger Medien                      französischsprachiger Medien
Le Temps                      2,3%                Blick                      11,3%                  20 Minuten                   9,8%
RTS                           0,8%                Tages-Anzeiger              7,7%                  SonntagsZeitung              7,8%
Le Matin Dimanche             0,8%                NZZ am Sonntag              4,9%                  NZZ am Sonntag               6,9%
Le Matin                      0,7%                SonntagsZeitung             4,9%                  SRF                          6,1%
24 heures                     0,5%                SRF                         4,3%                  Tages-Anzeiger               4,9%

Darstellung 7: Sprachregionenübergreifende Zitationen – Top 5
Die Darstellung zeigt, welche fünf Medien der jeweils anderen beiden Sprachregionen pro Medienarena am häufigsten zitiert werden. Datengrundlage
bilden alle Beiträge aus der Zufallsstichprobe der Jahre 2017 und 2018, in welchen mindestens eines der untersuchten Medien zitiert wird (n = 2551).
Lesebeispiel: Wenn in der Medienarena der Deutschschweiz Medien aus den anderen zwei Sprachregionen zitiert werden, dann hauptsächlich Medien
aus der Suisse romande und allen voran Le Temps. 2,3% aller Zitationen in Deutschschweizer Medienquellen entfallen auf Le Temps.

Deutschschweizer Medien. Das erste Muster – die                             der Svizzera italiana (1% bzw. 18%).
überproportionale Vertretung der eigenen Sprachre-                          In den einzelnen Sprachregionen werden Medien
gion gemessen am Mediensample – zeigt sich in jeder                         aus den anderen Sprachräumen nur selektiv aufge-
Sprachregion, wenn auch mit Unterschieden. Wir                              nommen und zitiert. Die meisten Medientitel eines
haben im Untersuchungssample neben 38 Deutsch-                              anderen Sprachraums werden in der Regel gar nie
schweizer Medien (54% der untersuchten Medien)                              zitiert. Dafür gibt es einige (wenige) Medientitel,
auch nach 21 Medien aus der Suisse romande (30%)                            die in allen Sprachregionen präsent sind und zitiert
und nach 11 Medien aus der Svizzera italiana (16%)                          werden. Dies macht Darstellung 7 deutlich.
gesucht; trotzdem zeigt sich, dass in der Deutsch-                          In der Deutschschweiz haben Medien aus der Suisse
schweiz fast ausschliesslich Deutschschweizer                               romande und besonders aus der Svizzera italiana
Medien zitiert werden (93%), in der Suisse romande                          einen schweren Stand. Le Temps erhält noch am
fast so häufig eigene Medien (47%) wie solche aus                           ehesten eine gewisse Bedeutung, erreicht aber auch
der Deutschschweiz (51%) und in der Svizzera itali-                         nur 2,3% aller Zitationen in der Deutschschweizer
ana fast so häufig Medien aus der eigenen Sprachre-                         Medienarena. Bereits RTS, Le Matin Dimanche, Le
gion (18%) wie aus der Suisse romande (19%). Der                            Matin und 24 heures werden noch viel seltener
Innenblick ist also besonders in der Deutschschweiz                         zitiert. Bekannte Medien aus der Svizzera italiana
ausgeprägt und am wenigsten in der Svizzera itali-                          werden in den untersuchten deutschsprachigen
ana. Damit kommt die Analyse der Zitationshäufig-                           Medien selten oder – in manchen Fällen wie laRegi-
keit zu einem ähnlichen Befund wie die Studie zur                           one oder Il Caffè – kein einziges Mal zitiert.
Thematisierung der Ortschaften, Kantone und                                 Auch in der Suisse romande haben es Medien aus
Sprachregionen (vgl. fög 2019, Kapitel V).                                  der Svizzera italiana schwer, überhaupt zitiert zu
Das zweite Muster zeigt eine klare Dominanz der                             werden. Unter den ersten fünf meistzitierten Medien
Deutschschweizer Medien. Insgesamt werden                                   finden sich ausschliesslich deutschsprachige Titel.
Deutschschweizer Medien nicht nur in der Deutsch-                           Die Rangliste wird angeführt vom Blick (11,3%)
schweiz häufig zitiert (93% aller Zitationen), son-                         und dem Tages-Anzeiger (7,7%). Bezüge auf
dern auch in der Suisse romande (51%) und in der                            Deutschschweizer Medien sind in der Suisse
Svizzera italiana (62%). Die grösste Sprachregion                           romande relativ präsent. Beispielsweise wird der
dominiert also gegenüber den beiden kleineren, und                          Blick sogar häufiger zitiert als RTS und der Tages-
die Suisse romande wiederum dominiert gegenüber                             Anzeiger praktisch gleich oft wie die Tribune de
der Svizzera italiana. Medien der Suisse romande                            Genève.
erhalten sowohl in der Deutschschweiz (6%) als                              In der Medienarena der Svizzera italiana werden
auch sogar in den italienischsprachigen Medien                              viele deutschsprachige Medien gar nie zitiert, dar-
(19%) in der Summe mehr Zitationen als Medien                               unter auch reichweitenstarke Medien wie die Basler
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