Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau - Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik
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Impressum Herausgeber Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. Littenstr. 10 | 10179 Berlin | T: +49 (0)30 20613250 | info@deutscher-verband.org www.deutscher-verband.org für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) im Rahmen des ExWoSt-Projektes „Be- treuung der Arbeitsgruppe „Aktive Liegenschaftspolitik, fachliche Gesamtkoordi- nation und Aufbereitung liegenschaftspolitischer Instrumente und Strategien“ Projektkonzeption und -begleitung Einbindung in das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Nicola Müller Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Mathias Metzmacher Bearbeitung Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. Jens Freudenberg Christian Huttenloher Gestaltung/Satz VorSprung Design & Kommunikation www.werbe-vorsprung.de Druck/Herstellung Spree Druck Berlin GmbH www.spreedruck.de Bildnachweis Angaben direkt an den Fotos Vervielfältigung Alle Rechte vorbehalten Stand Dezember 2016
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik Vorwort In vielen städtischen Ballungsräumen ist durch anhaltenden Bevölkerungszuzug die Nachfrage nach Wohnungen größer als das Angebot: Mieten und Kaufpreise steigen. Die Engpässe auf den Wohnungs- märkten führen auch zu der Frage, wie das Baulandangebot ausgeweitet und vorhandenes Bauland mobilisiert werden kann. Denn dies ist neben den Baukosten eine maßgebliche Stellschraube für be- zahlbaren Wohnraum. Normalerweise macht das Bauland bis zu einem Fünftel der Gesamtkosten für den Wohnungsneubau aus – in den Hochpreisregionen ist dieser Anteil mittlerweile auf mehr als das Doppelte gestiegen. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, das kommunale Engagement in der Bauland- bereitstellung zu stärken. Um bezahlbare Wohnungen zu schaffen und die städtebauliche Qualität zu sichern, sind kommunale Baulandstrategien notwendig. Das Städtebaurecht bietet eine Vielzahl an geeigneten Instrumenten für die Baulandentwicklung. Die Instrumente müssen gebündelt und transparente, effiziente Strukturen innerhalb der Verwaltungen verankert werden. Dazu legen immer mehr Städte in kommunalen Bauland- beschlüssen ihre Strategie fest. Dies ermöglicht es Kommunen, die Schaffung und Mobilisierung von Baurecht mit stadtentwicklungs- und wohnungspolitischen Zielen zu verknüpfen: Es werden bestimmte Flächenanteile für preisgünstigen und geförderten Wohnungsbau oder für die Eigentumsbildung von Haushalten mittleren Einkommens vorgesehen. Ziel ist es, bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölke- rungsgruppen zu schaffen. Dafür müssen mehr Kommunen mehr Bauland in eigener Verantwortung entwickeln, um Baulandpotenziale zu schaffen und zu aktivieren. Mit einer strategischen Bodenvor- ratspolitik sowie kommunalem Zwischenerwerb können bedarfsgerecht neue Flächen an den Markt gebracht werden. Baulandpolitik wird in den Kommunen gemacht. Dennoch leisten auch Bund und Länder einen Beitrag, indem sie etwa ihre Liegenschaften für bezahlbaren Wohnraum einsetzen. Bundes- und Landespolitik kann darüber hinaus vor allem mit planungs-, bau- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen die Schaffung von mehr Bauland entscheidend unterstützen. Mit dieser Dokumentation möchten wir die in der Arbeitsgruppe Aktive Liegenschaftspolitik im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen erörterten Handlungsmöglichkeiten zur Schaffung von Bauland aufzeigen. Dafür haben wir aus der Vielzahl guter Beispiele aus der kommunalen Praxis einige Verfah- ren ausgewählt. Es ist uns ein Anliegen, bei Praktikern und Entscheidern für eine aktive Baulandpolitik zu werben. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre. Dr. Josef Meyer Vizepräsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. [3]
Inhalt Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Wohnungsbau-Offensive – das 10-Punkte-Programm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Teil 1 – Handlungsfelder kommunaler Baulandpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Grundstückserwerb und Handlungsmöglichkeiten auf kommunalen Grundstücken . . . . . . . . . . . . 11 Kommunale Handlungsmöglichkeiten auf privaten Grundstücken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Baulandstrategien als Grundlage für die Baulandentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Instrumente zur Baulandentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Baulandumlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Vorhabenbezogener Zwischenerwerb zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum. . . . . . . . . 17 Zwischenerwerb als Instrument der Bodenvorratspolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Zuführung des Baulandes zur vorgesehenen Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Städtebauliche Verträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Einordnung und Bewertung der vorgestellten Instrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Umsetzung kooperativer Baulandmodelle durch städtebauliche Verträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Grenzen von kooperativen Baulandmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Ausgestaltung und Umsetzung von Zwischenerwerbsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Entwicklungsträgermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Teil 2 – Liegenschaftspolitische Instrumente in der Praxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Münster Münsteraner Modell der sozialgerechten Bodennutzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Köln Baulandstrategien zur Entwicklung verschiedener Marktsegmente am Beispiel des Clouth-Quartiers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Hamburg Konzeptausschreibungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Ulm Ulmer Bodenvorratspolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Offenburg Verfahrensmanagement am Beispiel des Offenburger Baulandmodells. . . . . . . . . . . . . . 52 Berlin Direktvergabe als Sachwerteinlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Stuttgart Stuttgarter Innenentwicklungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Düsseldorf Quotierungsregelungen für preisgedämpften Wohnungsbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Heidelberg Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Bahnstadt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 [4]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik Teil 3 – Ausblick: Bedeutungszuwachs aktiver Baulandpolitik und Ergänzung des vorhandenen Instrumentariums zur Innenentwicklung. . . . . . 78 Weiterentwicklung der Instrumente zur Stärkung der Innenentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Stärkung der Innenentwicklung durch Anpassung des Bauplanungsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Vermehrte Anwendung eines qualifizierten Innenentwicklungsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Prüfung einer „Innenentwicklungsmaßnahme“ als zusätzliches Instrument des Boden- und Städtebaurechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Weitere Handlungsmöglichkeiten zur Stärkung der Innenentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Verbilligte Abgabe von Bundesliegenschaften über die BImA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 „Wenn Kommunen in diesem wichtigen Feld der Stadtentwicklung nicht selbst maßgeblich liegenschaftlich am Markt agieren, werden das Andere tun.“ Andreas Nienaber, Stadt Münster [5]
Einführung Einführung Ein wesentliches Potential für den Wohnungsbau liegt in der Aktivierung von Innenentwicklungs- Das Wohnungsangebot ist derzeit in vielen Städ- potentialen. Die Innenentwicklung vermeidet die ten viel zu gering. Mehr Wohnungsneubau, vor Nutzung zusätzlicher Flächen im Außenbereich allem bezahlbarer, ist unverzichtbar. Trotz relativ und leistet einen wichtigen Beitrag zum Errei- hoher Baukosten bestehen ein hohes Interesse chen des 30-ha-Ziels. und eine hohe Bereitschaft von unterschied- lichen Investorengruppen, das Wohnungsan- Es gilt also, verschiedene Instrumente sinnvoll gebot durch mehr Neubau auszuweiten. Im- zu kombinieren und für die Ziele der Stadtent- mer wieder erweist sich dabei der Mangel an wicklungs- und Wohnungspolitik einzusetzen. Bauland, sowohl hinsichtlich seiner generellen Eine ganze Reihe von Kommunen verfolgen Verfügbarkeit, als auch hinsichtlich der Preise hier bereits eine differenzierte und umfassende als ein erheblicher Engpassfaktor. Vor diesem Gesamtstrategie, sei es im Rahmen von umfas- Hintergrund gewinnt die kommunale Bodenpo- senden Baulandbeschlüssen, im Rahmen von litik gerade in vielen wachsenden Städten mit kommunalen Bündnissen für Wohnen und Bau- Wohnungsmarktengpässen wieder stark an Be- en oder im Prozess der Erarbeitung von woh- deutung. Derzeit wird die Diskussion häufig von nungspolitischen Handlungskonzepten oder in- den Möglichkeiten der Konzeptvergabe und der tegrierten Stadtentwicklungskonzepten. Vorgabe von Quoten für den geförderten Woh- nungsbau geprägt, während andere Elemente In diesem Sinne wird eine aktive kommunale Bo- einer auf die Schaffung von Bauland gerichteten denpolitik bewusst breit verstanden; sie wird in Bodenpolitik weniger Aufmerksamkeit erfahren. der Praxis den lokalen Bedarfen entsprechend gestaltet und umfasst im Normalfall mehrere Über die gezielte Unterstützung des geförder- aufeinander abgestimmte Bausteine und Instru- ten Wohnungsneubaus durch spezifische An- mente zur Baulandbeschaffung und -bereitstel- sätze hinaus bedarf es einer auf die generelle lung und für die Mobilisierung von Bauflächen Angebotsausweitung ausgerichtete Bodenpoli- und Baurechten. tik, um ausreichend verfügbares Bauland bereit zu stellen und über einen Mengeneffekt eine Die AG Aktive Liegenschaftspolitik im Bündnis Dämpfung der Baulandpreise zu erreichen. Eine für bezahlbares Wohnen und Bauen des Bun- aktive kommunale Bodenpolitik erfordert ins- desministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau besondere einen vorhandenen Grundstock an und Reaktorsicherheit (BMUB) hat in einer in- eigenen kommunalen Grundstücken, der durch tensiven fachlichen Auseinandersetzung un- den Ankauf von preisgünstigen potentiellen Ent- tersucht, welchen Beitrag die verschiedenen wicklungsflächen im Rahmen einer langfristigen boden- und baulandpolitischen Instrumente für Bodenvorratspolitik gebildet wird. Auch der Weg mehr bezahlbaren Wohnraum leisten und wie eines vorhaben- oder projektbezogenen Zwi- sie sinnvoll verknüpft werden können. schenerwerbs ist Teil einer solchen Bodenpolitik. [6]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik Vor allem in Regionen mit angespannten Woh- Im zweiten Teil werden unterschiedliche Instru- nungsmärkten gibt es einen bodenpolitischen mente, die in der Praxis zur Anwendung gelan- Handlungsbedarf. Benötigt werden geeignete gen, beispielhaft vorgestellt. Hier wird beschrie- kommunale Strategien und die Anwendung der ben, wie Bauland für bezahlbares Wohnen und Instrumente für die Baulandbereitstellung. Bauen von den Kommunen strategisch erworben beziehungsweise an den Markt weitergegeben Die Arbeit der AG war ganz maßgeblich von wird. Dabei kommen im Rahmen kommunaler den Beiträgen aus der kommunalen Praxis be- Baulandstrategien unterschiedliche Instrumen- stimmt. Die Erfahrungsberichte haben gezeigt, te und Verfahren zum Einsatz. Im Format eines welche Gesamtstrategien und welche einzel- Steckbriefs wird jeweils ein konkretes Instru- nen Bausteine und Instrumente zugunsten be- ment oder Verfahren aus der Gesamtstrategie zahlbaren Wohnungsbaus bereits angewendet herausgegriffen und vorgestellt. werden. Vielfach bestehen bereits erfolgreiche Modelle, an die andere Kommunen anknüpfen können. Aufbau der Dokumentation In diesem Sinne verfolgt die vorliegende Doku- mentation das Ziel, interessierten Kommunen und weiteren Akteuren konkrete Beispiele aus der Praxis vorzustellen, die ein breites Spektrum der für mehr bezahlbaren Wohnungsbau rele- vanten bodenpolitischen Aktivitäten abbilden. Sie gliedert sich in zwei Teile: Einführend werden wichtige Instrumente der Baulandentwicklung beschrieben und in den Gesamtkontext der Baulandentwicklung einge- ordnet. Dabei werden sie anhand ihres Beitrags, der Verfahrensdauer sowie hinsichtlich der kom- munalen Steuerungsmöglichkeiten zur Umset- zung der mit der Baulandentwicklung verbunde- nen Ziele bewertet. [7]
Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen Bündnis für bezahlbares Wohnen die Voraussetzungen für den Bau und die Mo- und Bauen dernisierung von Wohnraum in guter Qualität, vorzugsweise im bezahlbaren Marktsegment, zu Als zentrales Instrument für die Intensivierung verbessern und das Wohnungsangebot in Ge- des Wohnungsbaus hat Bundesbauministerin bieten mit Wohnraummangel zu erweitern. Dr. Barbara Hendricks am 10. Juli 2014 das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ Die Bündnispartner haben gemeinsam vier zen- mit den Ländern, kommunalen Spitzenverbän- trale Handlungsfelder identifiziert und Arbeits- den, der Wohnungs- und Bauwirtschaft und an- gruppen sowie die Baukostensenkungskommis- deren gesellschaftlichen Akteuren ins Leben ge- sion eingerichtet. rufen. Ziel der Bündnispartner ist es, gemeinsam Abbildung 1: Struktur „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. [8]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik Zentrale Bausteine für die Bereitstellung von Wohnungsbau-Offensive – Wohnraum sind die Verfügbarkeit von Bauland das 10-Punkte-Programm und die Schaffung und Mobilisierung von Bau- rechten. Im Bündnis erfolgte deshalb in der AG 1. Bauland bereitstellen und Grundstücke der „Aktive Liegenschaftspolitik“ ein zielgerichteter öffentlichen Hand verbilligt und nach Kon- Erfahrungsaustausch über liegenschaftspoli- zeptqualität vergeben tische Instrumente, Strategien und gute Pra- 2. Wohnsiedlungen nachverdichten, Brachflä- xisbeispiele. Das bestehende städtebau- und chen und Baulücken schließen bodenrechtliche sowie liegenschaftspolitische 3. Soziale Wohnraumförderung und genossen- Instrumentarium wurde aufbereitet und bewer- schaftliches Wohnen stärken tet. Hemmnisse und Erfolgsfaktoren wurden an- 4. Zielgenaue steuerliche Anreize für mehr be- hand konkreter Praxiserfahrungen sowie fach- zahlbaren Wohnraum schaffen wissenschaftlicher Erkenntnisse aufgezeigt. 5. Bauordnungen harmonisieren – Aufwand re- duzieren Die Arbeitsgruppen und die Baukostensen- 6. Standards im Bauwesen auf den Prüfstand kungskommission haben im Herbst 2015 Hand- stellen lungsempfehlungen vorgelegt. Diese wurden in 7. Serielles Bauen für ansprechenden und einem Spitzengespräch der Bündnispartner am günstigen Wohnraum forcieren 27. November 2015 beschlossen und in drei 8. Stellplatzverordnungen flexibler ausgestalten Teilbänden veröffentlicht: 9. Energie-Einsparverordnung und Erneuerbare- • Kernempfehlungen und Maßnahmen, Energien-Wärmegesetz strukturell neu konzi- • Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppen, pieren • Bericht der Baukostensenkungskommission. 10.Gemeinsam für mehr Akzeptanz für Neubau- vorhaben werben Die Empfehlungen sind online unter www.bmub. bund.de und in gedruckter Form beim Bundes- Das breite Bündnis auf Bundesebene hat dazu ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und beigetragen, dass sich die Rahmenbedingun- Reaktorsicherheit erhältlich. gen für den Bau bezahlbarer Wohnungen in Deutschland verbessert haben. Wichtige politi- Aus den Empfehlungen des Bündnisses wurde sche Entscheidungen für Rahmenbedingungen, die Wohnungsbau-Offensive abgeleitet. Hinter finanzielle Ausstattung und insbesondere auch den 10 Punkten verbirgt sich ein ganzes Bündel für die Aufnahme der Flüchtlinge in den Jahren von Maßnahmen, für die die unterschiedlichen 2015 und 2016 konnten im Bündnis aufgrund föderalen Ebenen verantwortlich sind. Alle Bünd- der regelmäßigen und vertrauensvollen Zusam- nispartner tragen ihren Teil zur Umsetzung bei. menarbeit zügig und praxisnah zwischen den Partnern vorbereitet werden. Die Arbeit zur Umsetzung der Empfehlungen auf allen föderalen Ebenen wird fortgesetzt, zumal viele Maßnahmen und Empfehlungen erst mit- telfristig ihre volle Wirkung entfalten können. [9]
Kapitel Teil 1 Handlungsfelder kommunaler Baulandpolitik [ 10 ]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik Eine aktive Baulandpolitik umfasst mehr als die orts stehen den Kommunen eigene Flächen zur klassische Angebotsplanung, sondern nutzt viel- Baulandentwicklung zur Verfügung. Ist dies nicht fältige Instrumente. Grundsätzlich können für die der Fall, setzt die Entwicklung auf eigenen Flä- Baulandbereitstellung öffentlich-rechtliche und chen den Erwerb der Grundstücke voraus. privatrechtliche Instrumente und Verträge zur An- wendung kommen. Das zum Einsatz kommende Instrumentarium deckt verschiedene Handlungs- Grundstückserwerb und Handlungsmöglich- felder und Steuerungsmöglichkeiten der Bau- keiten auf kommunalen Grundstücken landpolitik ab. So ist ein wesentliches Ziel die generelle Ausweitung eines bedarfsgerechten Der Kommune stehen verschiedene Instrumen- Baulandangebotes für alle Zielgruppen. te zum Grundstückserwerb zur Verfügung. In der Praxis relevant ist der privatrechtliche Ankauf Von zentraler Bedeutung ist darüber hinaus die im Rahmen einer langfristigen Bodenvorratspo- Steuerungsfunktion der Baulandpolitik; dabei litik für eine spätere Entwicklung oder als Option soll Einfluss auf die Wohnbaulandpreise (Preis- für einen Grundstückstausch etc. oder ein pro- dämpfung) ausgeübt und bodenspekulative Be- jektbezogener Zwischenerwerb zur Realisierung strebungen unterbunden oder minimiert werden. eines konkreten Vorhabens, das zeitnah reali- Durch den Teilverzicht auf Bodenwertsteigerun- siert werden soll. gen beim (Alt-) Eigentümer oder Investor sollen zudem kommunale Baulandproduktionskosten Daneben existieren für Kommunen unter be- mitfinanziert werden. stimmten Voraussetzungen Möglichkeiten der Ausübung eines Vorkaufsr echts nach §§ 24- Der Einsatz entsprechender Instrumente und 28 BauGB. Dies gilt unter anderem in Gebieten, Verträge ermöglicht der Kommune eine Steue- die nach § 30, 33 oder 34 Abs. 2 vorwiegend mit rung der Bautätigkeit an den dafür vorgesehe- Wohngebäuden bebaut werden können, soweit nen Standorten (= allokatives Bodenmarktziel) die Grundstücke unbebaut sind (§ 24 Abs. 1 Nr. sowie eine gezielte Einflussnahme auf das Woh- 6 BauGB). Eine langfristige Bodenvorratspolitik nungsangebot und die Berücksichtigung unter- begründet jedoch kein Vorkaufsrecht, da dies schiedlicher Wohnungssegmente (= distributi- ein streng planakzessorisches Instrument ist.1 ves Bodenmarktziel). Kommunen haben nach BauGB die Möglich- Von Bedeutung ist gleichwohl das allgemei- keit entsprechend dem Bedarf Bauland aus- ne Vorkaufsrecht für Grundstücke, die im Gel- zuweisen. Dies kann sowohl auf eigenen als tungsbereich eines Flächennutzungsplans lie- auch auf privaten Flächen erfolgen. Bei der gen, soweit es sich um unbebaute Flächen im Baulandbereitstellung auf eigenen Flächen kön- Außenbereich handelt, für die nach dem Flä- nen entwicklungsbedingte Wertsteigerungen für chennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbau- projektbezogene kommunale Aufgaben und ge- fläche oder Wohngebiet dargestellt ist (§ 24 meinwohlorientierte Ziele genutzt werden, zum Beispiel für eine zielgruppenspezifische und 1 VG Karlsruhe: Urteil vom 24. Januar 2008, Az. 2 K konzeptbezogene Grundstücksvergabe. Vieler- 2600/07, Fundstelle openJur 2012, 66967. [ 11 ]
Teil 1 – Handlungsfelder kommunaler Baulandpolitik Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder für Grundstücke, die der Zwischenerwerb durch beauftragte kommu- in einem Umlegungsgebiet (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 nale Eigengesellschaften/Eigenbetriebe oder pri- BauGB) oder in einem förmlich festgelegten Sa- vate Entwicklungsträger. nierungsgebiet (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) liegen. Ein Vorkaufsrecht steht der Kommune auch zur Gewünschte wohnungs- und sozialpolitische Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Ziele, die mit der Baulandentwicklung verbun- Stadtumbaus und im Rahmen einer Erhaltungs- den werden sollen, können in privatrechtlichen satzung (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB) zu. Kaufverträgen mit dem Investor oder mit Selbst- nutzern vereinbart werden. Dies sind insbe- Das besondere Vorkaufsrecht ist im Übrigen – sondere die auf die jeweilige lokale Situation ohne dass ein Bebauungsplan vorliegen muss zugeschnittene Vergabekriterien, Bauverpflich- – in Gebieten möglich, in denen die Kommu- tungen, Rückkaufsrechtsvereinbarungen und nen städtebauliche Maßnahmen zur Sicherung mögliche Preisrabatte. einer städtebaulichen Ordnung in Betracht zie- hen (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). Daneben nimmt die Bedeutung von Konzept- ausschreibungsverfahren zu, bei der Grund- Die geschickte und konsequente Anwendung stücke nicht nach dem Höchstpreis, sondern des Vorkaufsrechtes verschafft der Kommune dem geeignetsten Konzept zur Verwirklichung zum Teil erhebliche bodenpolitische Vorteile, vorgegebener Ziele anhand eines Kriterienka- unter Umständen auch beim Einfluss auf die talogs veräußert werden. Ein weiteres Vergabe- Höhe des zu zahlenden Betrags (sogenanntes instrument zur Durchsetzung gewünschter Ziele „preislimitiertes Vorkaufsrecht“ gemäß § 28 Abs. besteht in der Direktvergabe. Dabei werden mit 3 BauGB). dem Käufer bei einem Festpreis Auflagen in der Grundstücksentwicklung vereinbart. Darüber hinaus besteht für Kommunen ein eigenes hoheitliches Ankaufsrecht (= Durch- gangserwerb) im Zuge einer städtebaulichen Kommunale Handlungsmöglichkeiten auf Entwicklungsmaßnahme nach § 165 BauGB. privaten Grundstücken An die Geltungsvoraussetzungen legt der Ge- setzgeber jedoch hohe Maßstäbe, da die städ- Neben der Baurechtschaffung auf kommunalen tebauliche Entwicklungsmaßnahme stark in das Grundstücken ist die Entwicklung von privaten Eigentumsrecht eingreift. Dieses sehr wirkungs- Grundstücken von wesentlicher Bedeutung. Auch mächtige Instrument zur umfassenden Bauland- dabei hat die Kommune verschiedene Instru- entwicklung hat in der Vergangenheit zu erfolg- mente zur Auswahl, um ihre Ziele umzusetzen. reichen Lösungen beigetragen. Dies gelingt zumeist jedoch nur in den Fällen, in denen ein privater Bauherr oder Investor bei der Als Grundstückseigentümerin hat die Kommune Grundstücksentwicklung noch kein Baurecht hat sehr gute Einflussmöglichkeiten, die mit der Bau- oder eine Änderung im Falle eines bestehenden landbereitstellung verknüpften sozialpolitischen, Baurechts nötig ist. In einem kooperativen Ver- wohnungspolitischen, städtebaulichen und öko- fahren werden dann mit dem Eigentümer/Inves- logischen Ziele durchzusetzen. Eine Variante ist tor Bedingungen vereinbart, die bei der Grund- [ 12 ]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik stücksentwicklung zu erfüllen sind. Als Instrument Dem Münchner Modell der sozialgerechten Bo- stehen der Kommune dabei vor allem städtebau- dennutzung folgend hat sich dabei insbeson- liche Verträge nach § 11 BauGB zur Verfügung. dere in wachsenden Städten mit angespanntem Städtebauliche Verträge sind vom Gesetzgeber Wohnungsmarkt die Einführung von Quoten zur ausdrücklich für die Neuordnung der Grund- Errichtung von Mietwohnungen, insbesondere stücksverhältnisse und für Grundstückserschlie- für den geförderten oder preisgedämpften Woh- ßungen vorgesehen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). nungsbau auf privaten Grundstücken weiter In diesen wird die Übernahme der Planungs-, verbreitet. Entwicklungs- und Folgekosten durch den Inves- tor vereinbart. Gleichwohl sind hierbei stets die Abbildung 2 stellt die Zusammenhänge der ver- Anwendungsvoraussetzungen hinsichtlich der schiedenen Handlungsmöglichkeiten und Inst- notwendigen Kausalität, des Koppelungsverbots rumente der kommunalen Baulandentwicklung und des Angemessenheitsgebots zu beachten dar. (§ 11 Abs. 1 und 2 BauGB). Abbildung 2: Grundsätzliche Baulandbereitstellungswege Entwicklung auf Hoheitlicher Ankauf kommunalen Flächen: über städtebauliche privatrechtliche Boden- Privater Amtliche Entwicklungs- vorratspolitik und Grundstücksmarkt Bodenordnung maßnahme vorhabenbezogener Zwischenerwerb Konzept- Amtliche Verfahren für: vorgaben Veräußerung/Repriva- Kooperative Bauland- Umlegung §§ 45-79 Direkt- Erbbau- tisierung zum Neuord- modelle und freiwillige BauGB und verein- vergaben recht nungswert Umlegungen fachte Umlegung Bieterver- §§ 80-84 BauGB fahren Städtebauliche Verträ- Grundstücksverträge ge gemäß § 11 BauGB Eigentümer der zuge- teilten Grundstücke entscheidet über die Baurealisierung und Verwertung der Kriterien: Grundstücke Bauverpflichtungen / Quotierung, Bauverpflichtung, Übernahme von Quotierungsvorgaben Planungskosten / Folge-Erschließungsmaßnahmen [ 13 ]
Teil 1 – Handlungsfelder kommunaler Baulandpolitik Baulandstrategien als Grundlage für die Aus der Praxis wird berichtet, dass erfolgrei- Baulandentwicklung che Baulandbeschlüsse einer breiten Mehrheit im kommunalen Gremium bedürfen, damit sie Unter Baulandentwicklung wird der Prozess auch bei sich ändernden Mehrheitsverhältnissen verstanden, der bei der städtebaulichen Planung im Gemeinderat Bestand haben. Der zeitliche beginnt, die Bodenordnung und Erschließung des Vorlauf von der inhaltlichen Diskussion bis zur Grundstücks einschließt und erst mit der Mobili- endgültigen Fassung eines Baulandbeschlusses sierung des Baulandes, also der Zuführung der beträgt nach Erfahrungen aus der Praxis bis zu vorgesehenen Nutzung abgeschlossen ist. einem Jahr, da der Grundsatzbeschluss meist damit verbunden ist, dass lokale Traditionen und Im kommunalen Baulandbeschluss werden Verfahren geändert werden. Diese Veränderun- der grundsätzliche strategische Rahmen (Bau- gen müssen im Stadtrat und in der Verwaltung, landstrategie), die Verfahrensweise und die aber auch mit den lokalen Akteuren der Bau- und Kombination von Instrumenten zur kommunalen Immobilienwirtschaft sowie in der Stadtgesell- Baulandentwicklung festgelegt. Manchmal gehö- schaft diskutiert und gestaltet werden. Hierzu ren dazu auch Regelungen der administrativen eignen sich lokale oder regionale Bündnisse, ge- Umsetzung innerhalb der kommunalen Verwal- gebenenfalls mit externer Moderation. tung (zum Beispiel eigenes neues Amt, Projekt- gruppen, Stabsstellen, etc.) In der Anwendungs- Ein weiterer Schlüssel des Erfolges kommunaler praxis wird der Begriff Baulandstrategie zum Baulandstrategien liegt darin, diese konsequent Teil auch synonym mit dem Begriff Baulandmo- anzuwenden und auch langfristig durchzuhalten. dell verwendet. Das Baulandmodell kann aber Erst dadurch besteht die Möglichkeit, dass sich auch nur einen Teil der gesamten Baulandstra- im Laufe der Zeit eine preisdämpfende Wirkung tegie bezeichnen. Insofern besteht in der Praxis auf den Bodenmarkt einstellt. Die Gleichbehand- auch keine eindeutige Begriffsbestimmung bzw. lung der Marktteilnehmer und die Transparenz -abgrenzung. durch die Aufstellung des Grundsatzbeschlus- ses zur Baulandentwicklung leisten einen we- Die Festlegung der Verfahrensweise sowie die sentlichen Beitrag zur Akzeptanz des Vorgehens Auswahl der Instrumente sind auf die lokalen bei den Marktteilnehmern. Bedürfnisse und Potenziale der Baulandent- wicklung abgestimmt. Daraus ergeben sich in Neben der langfristigen Unterstützung des der Praxis eine Vielzahl unterschiedlicher Bau- Stadtrats und dem Vorhandensein einer kom- landstrategien, in denen die verschiedenen In- munalen Baulandstrategie ist ein vorhandener strumente (Zwischenerwerb, städtebaulicher Grundstock an kommunalen Entwicklungsflä- Vertrag, Quotenmodelle etc.) kombiniert und chen ein weiterer, entscheidender Erfolgsfaktor auf die örtlichen Gegebenheiten und Möglich- einer aktiven Baulandpolitik. keiten ausgerichtet sind. Dazu bedarf es einer kommunalen Gesamtstrategie, in der sowohl Von Bedeutung ist auch, dass in der Regio- der quantitative als auch qualitative Bedarf an nal- und Landesplanung möglichst gleichzeitig Wohnflächen analysiert und in einem Konzept alternative potentielle Flächen ausgewiesen zusammengefasst ist. sein müssen. Baulandentwicklungen sind in der [ 14 ]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik In Münster wurde der Handlungsdruck zur Bereitstellung von mehr bezahlbarem Wohnraum sowohl von der Politik, als auch von der Stadtgesellschaft, der Universität und der Wohnungswirtschaft wahrgenommen. Da- durch gelang es vergleichbar zügig, einen Konsens darüber zu erreichen, sämtliche Flächenpotenziale auszu- schöpfen. Dies betrifft auch die Entwicklung von Flächen im Außenbereich, da die bekannten und berücksich- tigten Innenentwicklungspotenziale (unter anderem Kasernenkonversionsfläche) allein nicht ausreichen, um den Wohnraumbedarf in der Stadt zu decken. Zudem gibt es parteiübergreifend ein politisches Bekenntnis zum sozialen Wohnungsbau. Darüber konnte der allgemeine Beschluss zum Münsteraner Modell der sozialgerech- ten Bodennutzung nach etwa einjähriger Vorlaufzeit im April 2014 gefasst werden. Regel nicht erfolgreich, wenn Grundeigentümer Instrumente zur Baulandentwick- diese Situation für sich auszunutzen wissen. lung Sollten die kommunalen baulandpolitischen Be- dingungen bei einem bestimmten Entwicklungs- Der Bebauungsplan (§ 8 ff. BauGB) ist das zen- standort nicht umsetzbar sein, muss die Kom- trale Steuerungsmittel zur städtebaulichen Ent- mune auf einen anderen Standort umschwenken wicklung der Kommune. Er enthält unter ande- können. Ausweisungskontingente über dem rem die rechtsverbindlichen Festsetzungen für eigentlich errechneten Nachfragebedarf sind die städtebauliche Ordnung sowie Art und Maß hierbei hilfreich, manchmal zwecknotwendig. der baulichen Nutzung des Grundstücks. Hat die Kommune im Übrigen keine Möglichkeit, die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen ge- Der Bebauungsplan ist für verschiedene Typen mäß der beschlossenen Baulandstrategie an die der Baulandentwicklung relevant. Unmittelbar Einleitung eines Bauleitverfahrens zu knüpfen, als Instrument wirksam ist er bei der klassischen da sie nicht auf alternative Grundstücke zurück- Angebotsplanung, die nach wie vor eine gewis- greifen kann, ist die Wirkung der Strategie sehr se Bedeutung hat. Sie wird aber aufgrund ihrer begrenzt. nur begrenzten Steuerungsfunktion und ihrer ungünstigen ökonomischen Wirksamkeit für die Eine Baulandstrategie sollte neben einer Stär- Kommune nicht zur Anwendung im Sinne einer kung der Innenentwicklung, zum Beispiel durch aktiven Liegenschaftspolitik empfohlen. Hier die Schließung von Baulücken und der optima- übernimmt die Kommune die Planung, Boden- len Ausnutzung sogenannter mindergenutz- ordnung und Erschließung als Mindestaufgabe ter Grundstücke sowie der Revitalisierung von gemäß BauGB. Die Wertsteigerungen verblei- Brachflächen auch die Entwicklungsperspektive ben bis auf den Erschließungsbeitrag bei den für Baugebiete der 60er, 70er und 80er Jahre Grundstückseigentümern, die Kommune kann einbeziehen. Bei diesen Baugebieten handelt es Planungs-, Entwicklungs- und Folgekosten da- sich um klassische Einfamilienhausgebiete mit durch nicht refinanzieren lassen. Darüber hinaus relativ einheitlicher Altersstruktur. Hier sind neue fehlt der Kommune eine Steuerungsmöglichkeit Entwicklungsperspektiven erforderlich. zum Planungsvollzug, solange ihr das betreffen- [ 15 ]
Teil 1 – Handlungsfelder kommunaler Baulandpolitik de Grundstück nicht gehört. So kann es unter Um den beschriebenen Nachteilen der klassi- Umständen passieren, dass ein von der Kom- schen Angebotsplanung zu begegnen wird die- mune aufgestellter Bebauungsplan (B-Plan) se nicht nur allein, sondern auch in Verbindung nicht oder nur in Teilen zur Umsetzung kommt, mit weiteren Instrumenten wie städtebaulichen sei es zum Beispiel aus Gründen des Bestands- Verträgen oder Konzeptausschreibungsver- schutzes vorhandener Nutzungen oder aufgrund fahren eingesetzt. Diese flankieren die städ- des Scheiterns geplanter Privatinvestitionen. In tebauliche Planung der Kommune und dienen diesem Fall existiert ein B-Plan, der gegebe- dem Planungsvollzug und der Übernahme der nenfalls zu einem späteren Zeitpunkt an neue Planungs-, Erschließungs- und Folgekosten städtebauliche Ziele der Kommune angepasst durch den Investor. Im Zusammenspiel der un- und verändert werden muss. Dies ist mit einem terschiedlichen Instrumente erreicht die Kom- erheblichen Aufwand verbunden. mune damit einen wirksamen Einfluss auf die gewünschte Umsetzung der Baulandentwick- Im Regelverfahren dauert die Aufstellung eines lung, damit auch auf die tatsächliche Bebauung Bebauungsplans durchschnittlich etwa drei Jah- („Bauverpflichtung“); Baulücken werden so nicht re. Aufgrund der im Gesetz vorgegebenen Ver- immer wieder von neuem „produziert“. fahrensschritte einschließlich der öffentlichen Auslegung wird in der Praxis der Zeitraum von einem Jahr ab Aufstellungsbeschluss kaum un- Baulandumlegung terschritten.2 Die Baulandumlegung (BauGB § 45 ff.) ist ein Bei der Angebotsplanung durch einen B-Plan Verfahren zur Neuordnung der Grundstücke entstehen also Nachteile für die Gemeinde hin- im (Alt-)Eigentum. Es dient dazu, bebaubare sichtlich der Kosten, des Arbeitsaufwands, der Grundstückszuschnitte zu schaffen. Es existie- zeitlichen Umsetzung und der letztlichen Mobili- ren zwei Verfahren: das freiwillige und das amt- sierung des Baulands. Auch wenn die Angebots- liche Verfahren. Das amtliche Verfahren ist im planung nach wie vor eine wesentliche Bedeu- BauGB geregelt. Dabei wird durch Satzungsbe- tung bei der Baulandschaffung einnimmt, wird schluss der Umlegungsausschuss ermächtigt, sie in den größeren Städten mit angespannten das rechtlich festgelegte Verfahren einzuleiten Wohnungsmärkten mittlerweile kaum mehr an- und durchzuführen. Das amtliche Verfahren gewandt. Ein gesellschaftspolitischer Nachteil kommt unter anderem dann zum Tragen, wenn der klassischen Angebotsplanung ergibt sich keine Einigkeit der an der Umlegung beteiligten zudem daraus, dass die Planungs-, Entwick- Eigentümer erreicht werden kann oder das Um- lungs- und Folgekosten sozialisiert, Erträge und legungsverfahren sehr komplex ist. Die amtliche Gewinne hingegen privatisiert werden. Neben Umlegung erzeugt eine hohe Rechtssicherheit den negativen Auswirkungen auf die Gemeinde- und sorgt für einen gerechten Ausgleich zwi- finanzen ist dieser Effekt auch aus gesellschafts- schen den Eigentümern. politischer Sicht unerwünscht. Das freiwillige Verfahren wird durch privatrecht- liche Verträge oder durch einen städtebaulichen 2 Schmidt-Eichstaedt, G., Weyrauch, B., Zemke, R. (2013): Städtebaurecht. Einführung und Handbuch, S. 198. Vertrag geregelt. Dort können auch Bauverpflich- [ 16 ]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik tungen zur Mobilisierung des Grundstücks nach Ein besonderes Verfahren ist die vereinbarte der Umlegung vereinbart werden. Es setzt die amtliche Umlegung. Die vereinbarte Umlegung Einigung aller am Verfahren beteiligten Grund- kombiniert die Vorteile der amtlichen Umlegung stückeeigentümer voraus. (Rechtssicherheit eines bewährten Verfahrens, Gebühren- und Steuerbefreiung) mit den Vor- Die Umlegung hat verschiedene Vorteile. Es teilen der freiwilligen Umlegung (Zeitersparnis, entstehen für die Kommune kein Zwischener- Berücksichtigung individueller Wünsche). werbsrisiko, keine Grunderwerbskosten, Ne- benkosten und Finanzierungskosten. Durch die Gleichbehandlung der am Verfahren beteiligten Vorhabenbezogener Zwischenerwerb zur Eigentümer ist die Umlegung ein transparen- Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum tes und gerechtes Verfahren. Es können umle- gungsbedingte Wertvorteile bei den begünstig- Beim vorhabenbezogenen Zwischenerwerb kauft ten Eigentümern abgeschöpft werden. Diese die Kommune die zu entwickelnden Grundstü- sind aber auf den Wertsprung von Rohbauland cke auf und übernimmt selbst die Planung, Bo- (gemäß § 5 Abs. 3 ImmoWertV) zu baureifem denordnung und Erschließung. Die Kosten der Land (in der Regel erschließungsflächenbei- Vorleistung finanziert die Kommune durch den tragsfrei, aber erschließungsbaukostenbeitrags- Verkauf der voll erschlossenen Baugrundstücke. pflichtig) begrenzt; weitere planungs- und ent- Sie hat somit die Möglichkeit, die planungs- und wicklungsbedingte Wertsteigerungen dagegen maßnahmenbedingte Bodenwertsteigerung di- bleiben beim Eigentümer. Das Verfahren ist in rekt zur Deckung der Planungs-, Erschließungs- der Regel zeitaufwendig. Die Kommunen haben und Folgekosten zu nutzen. Zudem hat sie als zudem – ohne zusätzliche vertragliche Regelun- Grundstückseigentümerin im Rahmen des Ver- gen – keinen Einfluss auf die tatsächliche Bau- kaufs die Möglichkeit, auch auf die Umsetzung realisierung. Dies fördert tendenziell die Hortung der, mit der Baulandschaffung verbundenen, von Baulücken. Ziele hinzuwirken. Der Zwischenerwerb birgt auf- grund der hohen Steuerungsmöglichkeiten für Im Rahmen der freiwilligen Umlegung bieten den Träger (die Kommune beziehungsweise die sich durch die Vertragsgestaltung städtebauli- Projektentwicklungsgesellschaft im Auftrag der cher Verträge viele Handlungsoptionen für die Kommune) Vorteile. Zudem ist die Mobilisierung Kommune (unter anderem Übernahme von ge- des Baulandes in der Regel durch eine vertragli- bietsbezogenen Kosten, Flächenabtretung pri- che Bauverpflichtung gewährleistet. vater Flächen an die Kommune etc.). Die Kom- bination des (freiwilligen) Umlegungsverfahrens mit städtebaulichen Verträgen eröffnet grund- Zwischenerwerb als Instrument der Boden- sätzlich die Möglichkeit, boden- beziehungswei- vorratspolitik se wohnungspolitische Zielsetzungen zu errei- chen. Nachteil dieses kooperativen Verfahrens Der Zwischenerwerb eignet sich auch für eine ist, dass es abhängig ist von der Mitwirkungsbe- langfristige Bodenvorratspolitik. In diesem Fall reitschaft aller Grundstückseigentümer. kauft die Kommune Grundstücke günstig an, auch wenn keine konkrete Planungsabsicht [ 17 ]
Teil 1 – Handlungsfelder kommunaler Baulandpolitik besteht. Ein kommunales Grundvermögen ist Zuführung des Baulandes zur vorgesehenen aber nicht schnell aufzubauen, sondern bedarf Nutzung einer langjährigen Strategie und konsequenten Durchführung. Sobald sich das Grundstück im Eigentum der Kommune befindet, bieten sich vielfältige Ein- Nachteile von Zwischenerwerbsmodellen sind die flussmöglichkeiten der Steuerung zur Erreichung zu erbringenden finanziellen Vorleistungen der der Ziele, die mit der Baulandschaffung verbun- Kommune für den Grunderwerb sowie das Ver- den sind. So kann sich die Kommune entschei- marktungsrisiko bei der späteren Veräußerung. den, das Grundstück an den Interessenten mit Wie bei allen kooperativen Verfahren ist auch dem geeignetsten Konzept zur Verwirklichung beim Zwischenerwerb die freiwillige Mitwirkung ihrer städtebaulichen, sozialen, wohnungs- und (Veräußerung) aller Eigentümer erforderlich. umweltpolitischen Ziele zu vergeben (Konzept- vergabeverfahren, Direktvergabe mit Auflagen). Für Kommunen mit Haushaltsschwierigkeiten Auch eine Vergabe an Selbstnutzer zur Bildung bietet sich deswegen die Gründung von Projekt- von Wohneigentum unter Berücksichtigung be- gesellschaften an. Auch revolvierende Boden- stimmter soziodemographischer Kriterien ist im fondsmodelle sind eine erfolgreiche Methode für Zwischenerwerb möglich. Im Gegensatz dazu eine aktive Bodenvorratspolitik. Hier werden die steht die Vergabe des Grundstücks zum Höchst- Gewinne aus den Grundstücksverkäufen in den preis (Bieterverfahren). Erwerb weiterer Grundstücke investiert. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verga- Privatrechtliche Modelle des Zwischener- be eines Erbbaurechts am Grundstück durch werbs, in der die Kommune entweder selbst die Kommune, die in diesem Fall Eigentümerin oder über einen öffentlichen oder privaten Ent- bleibt. Im Erbbaurechtsvertrag kann zum Bei- wicklungsträger die Grundstücke erwirbt, sind spiel die Nutzung des Grundstücks festgeschrie- in der Praxis das Regelverfahren. ben werden und damit bestimmte Zielgruppen und Segmente mit Wohnraum versorgt werden. Das derzeitig niedrige Zinsniveau und eine damit verbundene günstige Kreditfinanzierung macht jedoch das Erbbaurecht für den Erbbaurecht- nehmer aus finanzieller Hinsicht wenig attraktiv. Gleichwohl ist die Vergabe von Erbbaurechten nach wie vor aus sozialen Überlegungen heraus ein gutes Instrument, auch einkommensschwä- In Ulm ist eine aktive Bodenvorratspolitik bereits cheren Haushalten die Möglichkeit zu geben, Ei- viele Jahrzehnte in der Stadtgesellschaft veran- gentum zu bilden. Auch behält die Kommune so kert. Dort gibt es nur auf kommunalen Flächen die Möglichkeit, sich langfristig Optionen für die Baulandentwicklungen auf unbebauten Grund- Stadtentwicklung zu verschaffen. stücken. Dazu kauft die Stadt langfristig bislang unbeplante Grundstücke auf, um diese im Be- darfsfall einer Entwicklung zuzuführen. [ 18 ]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik damit verbundenen Bodenwertsteigerung auf. Werden diese in der kommunalen Praxis konse- quent und transparent angewendet, steigt ihre In Hamburg hat sich bei der Grundstücksvergabe das Instrument der Anhandgabe bei sehr komple- Akzeptanz bei allen Marktteilnehmern. xen Bauprojekten mit oft längerfristigen Entwick- lungsprozessen erfolgreich bewährt (Wohngrup- penprojekte, Baugruppen etc.). Dabei erhält der Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme künftige Käufer Zeit, nach der Auswahlentschei- dung, die durch das Nutzungskonzept und ande- Unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen re wichtige Merkmale bestimmt wird, notwendige insbesondere bei einem erhöhten Bedarf an Details zur Bebaubarkeit und Finanzierung sei- Wohn- und Arbeitsstätten, zur Errichtung von nes Vorhabens vor Abschluss des Kaufvertrages Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen oder zu klären. Die Stadt gibt dem Interessenten die zur Wiedernutzung brachgefallener Flächen ist Gewähr, dass das Grundstück innerhalb des An- die Durchführung der städtebauliche Entwick- handgabezeitraums keinem anderen Interessen- lungsmaßnahme nach dem Baugesetzbuch mit ten angeboten wird. flächendeckendem transitorischen Grunder- werb zulässig. Städtebauliche Verträge Als öffentlich-rechtliches Modell wird der Zwi- schenerwerb als städtebauliche Entwicklungs- Als eine weitere Möglichkeit der Baulandent- maßnahme (SEM) nach § 165 BauGB durch- wicklung haben sich seit etwa 20 Jahren koope- geführt. Die Entwicklungsmaßnahme ist ein rative Baulandmodelle mit städtebaulichen „koordiniertes Maßnahmenbündel“, das durch Verträgen (§ 11 BauGB) etabliert. Diese können eine flächendeckende und zeitlich geschlossene mit dem Ziel eingesetzt werden, die Wohnungs- Planungskonzeption für ein exakt umgrenztes knappheit zu verringern und einen Beitrag zu Gebiet verwirklicht werden soll. Wie die Stellung sozial ausgewogenen Stadtquartieren sowie zur des § 165 BauGB im Kapitel „Besonderes Städ- Finanzierung der erforderlichen städtebaulichen tebaurecht“ verdeutlicht, ist das Instrument der Infrastruktur zu leisten. Entwicklungsmaßnahme zur Lösung von beson- deren städtebaulichen Problemen bestimmt und Insbesondere bei der Ausgestaltung von kom- setzt einen qualifizierten städtebaulichen Hand- munalen Baulandmodellen nehmen städte- lungsbedarf voraus. Die Kommune kann mit bauliche Verträge eine wichtige Funktion ein. diesem Instrument Grundstücke nicht verkaufs- Baulandmodelle bilden das Regelwerk unter williger Eigentümer mobilisieren. Der Ankauf anderem für den Abschluss städtebaulicher Ver- der Grundstücke erfolgt zum entwicklungsun- träge zur Steuerung der Bodennutzung. Sie ver- beeinflussten Wert. Die SEM kann angewendet einheitlichen die Vorgehensweise der Kommune werden, wenn die Gebietsentwicklung von be- bei der Baulandentwicklung im Gegensatz zur sonderer Bedeutung für die städtebauliche Ent- Einzelfallentscheidung und stellen transparente wicklung und Ordnung der Gemeinde ist (zum Rahmenbedingungen über eine Kostenbetei- Beispiel ein örtlicher Wohnungsbauschwerpunkt) ligung im Zuge der Baurechtschaffung und der oder – wenn Grundstücke entsprechend der an- [ 19 ]
Teil 1 – Handlungsfelder kommunaler Baulandpolitik gestrebten Entwicklung des Landesgebiets oder denvorratspolitik und vorhabenbezogenem Zwi- der Region entwickelt werden sollen (zum Bei- schenerwerb, um bestimmte Flächenpotenziale spiel regional bedeutsame Gewerbestandorte). zu aktivieren und die ganze Palette der Instru- Das städtebauliche Vorhaben muss den Charak- mente, insbesondere auch die Umlegung sowie ter einer Gesamtmaßnahme haben, die darauf die Optionen von privatrechtlichen Verträgen zu angelegt ist, für einen bestimmten Bereich ein nutzen. In der Bereitstellung, Mobilisierung und Geflecht mehrerer Einzelmaßnahmen über einen Steuerung der Baulandentwicklung spielen die längeren Zeitraum koordiniert und aufeinander kooperativen Baulandmodelle mit städtebauli- abgestimmt vorzubereiten und durchzuführen. chen Verträgen sowie die Konzeptvergaben zur Bei der SEM darf die Kommune keinen Gewinn Erreichung wohnungs- und stadtentwicklungs- machen, trägt aber wie beim Zwischenerwerb politischer Ziele eine wichtige Rolle. das Risiko der Entwicklungskosten. Dieses Instrument ist nicht für den Regelfall der Umsetzung kooperativer Baulandmodelle Bauentwicklung vorgesehen, bietet aber wei- durch städtebauliche Verträge terreichende Möglichkeiten zur geschlossenen Durchführung und umfassenden Finanzierung Kooperative Baulandmodelle unter Anwendung der Baulandentwicklung. Unter gewissen Um- städtebaulicher Verträge werden unter woh- ständen sind im Rahmen einer städtebaulichen nungspolitischen Gesichtspunkten intensiv dis- Entwicklungsmaßnahme Enteignungen unko- kutiert. Nach dem Vorbild des Münchener Mo- operativer Grundstückseigentümer möglich. dells haben sich diese in mehr oder weniger individueller Adaption auf verschiedene lokale Rahmenbedingungen und Bedarfslagen in vie- len Kommunen weiter verbreitet oder sind in Einordnung und Bewertung der Vorbereitung. Gleichwohl können und sollen sie vorgestellten Instrumente aber nur einen Teil der benötigten Angebotsaus- weitung leisten und tragen gemeinsam mit an- Zu den vorgestellten Partialmodellen gibt es der- deren Verfahren in den Kommunen zur Bauland- zeit keine breite empirische Grundlage zu ihrer bzw. Baurechtsschaffung bei. Anwendung und es fehlen belastbare Erkennt- nisse dazu, wie hoch die Mengeneffekte aus die- Ein wesentlicher Bestandteil städtebaulicher sen Modellen zu veranschlagen sind. Es besteht Verträge besteht in der Vereinbarung, welche aber Konsens darüber, dass sie – bis auf die rei- Leistungen bzw. Kosten bei der Schaffung von ne Angebotsplanung – für eine aktive Bauland- neuem oder höherwertigem Baurecht auf Grund- politik grundsätzlich relevant und geeignet sind. stücken durch den Grundstückseigentümer aus der Bodenwertsteigerung getragen werden Bei der Auswertung der Praxisbeispiele wurde können (Planungskosten, Erschließung, natur- deutlich, dass eine Kombination verschiedener schutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen, Folge- Instrumente der Baulandentwicklung möglich kosten für soziale Infrastruktur etc.). Auch Quo- und sinnvoll ist. Besonders wichtig ist die sys- ten für sozialen oder preiswerten Wohnungsbau tematische Verzahnung von langfristiger Bo- und Eigenheimbau können festgelegt werden. [ 20 ]
Mehr Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau Gute Beispiele kommunaler Boden- und Liegenschaftspolitik Um eine Mitwirkungsbereitschaft der Investoren Die Steuerungsmöglichkeiten der Kommune bei und Eigentümer zu schaffen, ist in einigen Bau- der Baulandentwicklung in kooperativen Ver- landmodellen (zum Beispiel Stuttgart, München, fahren richten sich nach ihrer Verhandlungspo- Köln) geregelt, dass mindestens ein Drittel der sition gegenüber den Grundstückseigentümern Bodenwertsteigerung beim Planungsbegüns- und ihrem wirtschaftlichen Spielraum. Um die- tigten verbleibt. Dieser in der Praxis gängige sen zu berechnen, ist eine städtebauliche Kal- Anteil ist bisher noch nicht gerichtlich bestätigt kulation unerlässlich. Dies ist für die Kommune (Frage der Angemessenheit der Leistungen und auch sinnvoll, um anhand der baulichen Ausnut- Gegenleistungen in städtebaulichen Verträgen zung des Grundstücks über die Festlegung der gemäß § 11 BauGB). Andererseits wird von Grundflächenzahl (GRZ) und der Geschoßflä- Praktikern angeführt, dass derartige Festset- chenzahl (GFZ) im städtebaulichen Vertrag den zungen nicht notwendig sind. In anderen Woh- Verhandlungsspielraum der Investoren besser nungsmarktregionen funktioniert der Markt auch einschätzen zu können. mit geringeren Margen bei der Baulandentwick- lung. Darüber hinaus könnte der beim Investor Bei der Anwendung kooperativer Verfahren be- verbleibende Anteil der Bodenwertsteigerung nötigen Kommunen ausreichende Flächenpo- (Investitionsanreiz) auch innerhalb einer Stadt tenziale zur Baulandentwicklung um eine gute variieren und zum Beispiel am unterschiedlichen Verhandlungsposition gegenüber den Grund- Bodenpreisniveau ausgerichtet sein. stückseigentümern einzunehmen und deren Mitwirkungsbereitschaft zu erreichen. Sonst Regelungen, die einen gewissen Mindestverbleib können monopolartige Stellungen einzelner Ei- der Bodenwertsteigerung beim Grundeigentümer gentümer die Umsetzung eines solchen Modells beinhalten, sind teilweise vorhanden und von den blockieren. In diesem Zusammenhang wird auf Marktteilnehmern akzeptiert. Sie wirken auch in die Bedeutung der Flächenausweisung alternati- geringer Höhe als Investitionsanreiz und stellen ver Standorte für eine Baulandentwicklung in der somit bei den Investoren kein Hemmnis dar. Von Landesplanung hingewiesen, die ein solches Investoren wird in diesem Zusammenhang immer Vorgehen in Verhandlungen erst ermöglicht. wieder die Bedeutung verlässlicher, kalkulierba- rer und transparenter Rahmenbedingungen und Regelungen über mehrere Jahre hinweg von der Grenzen von kooperativen Baulandmodellen Planung bis zur Baufertigstellung unterstrichen. Ebenso wichtig ist die konsequente Anwendung Baulandmodelle verknüpfen die kommunale der Baulandmodelle, um eine Gleichbehandlung Bodenpolitik mit inhaltlichen Zielen (vor allem der Marktteilnehmer zu gewährleisten und damit soziale, ökonomische und städtebauliche Zie- die Akzeptanz des Verfahrens am Markt durch- le). Sie sind daher geeignet, einen Beitrag zum zusetzen. Notwendig ist jedoch bei der Ausge- Ziel des bezahlbaren Wohnens und Bauens zu staltung der Auflagen die Berücksichtigung der leisten und haben dies in der Praxis mehrfach Gesamtwirtschaftlichkeit des Vorhabens, um ein bewiesen. Die untersuchten Beispiele machen Scheitern zu vermeiden. deutlich, dass mit Baulandmodellen keine aus- reichenden Mengeneffekte zu erzielen sind. Al- lein die Angebotsausweitung durch vermehrte [ 21 ]
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