Meine Kleider sollen Halt verleihen

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Meine Kleider sollen Halt verleihen
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 TITELGESCHICHTE
                                            «Meine Kleider sollen
                                             Halt verleihen»
                                                      Vor zwanzig Jahren hat sich die Designerin Claudia
                                                        Güdel in Basel selbstständig gemacht. Ihre meist
                                                          unprätentiösen Stücke zeichnen sich durch
                                                            Eleganz und Funktionalität aus und stossen
                                                              auf immer mehr Anklang.
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Meine Kleider sollen Halt verleihen
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     Zusammen mit ihrem «Superteam» ist Claudia Güdel stets auf der Suche nach dem perfekten Stoff, um langlebige Kleider zu kreieren, in denen man sich wohlfühlt.

                                                           Atelier dient zudem als Outlet-Geschäft. Wäh-        Atelier im hinteren Kleinbasel aufschlägt, muss
     D     ie Sommermode ist bereits eingetroffen
           und wartet auf meterlangen Kleiderstan-
     gen darauf, in die Shops und den Verkauf zu
                                                           rend sie früher oft bis nach 22 Uhr an der Ar-
                                                           beit sass, gönnt sie sich mittlerweile ein biss-
                                                                                                                darauf achten, nicht unversehens vergessen
                                                                                                                zu gehen.» Deshalb sei sie immer an Events
     kommen. Momentan treffen im Atelier von               chen mehr Freizeit. Diese verbringt sie etwa         wie der internationalen Designmesse Blick-
     Claudia Güdel vier Kollektionen aufeinander,          mit Wandern, aber auch im St. Johann, wo sie         fang in Basel vertreten.
     weshalb sich die Räumlichkeiten der ehema-            von zwei Terrassen umgeben wohnt. «Wenn
     ligen Seifenfabrik an der Markgräflerstrasse 34       ich meine Hände in der Erde habe, fühle ich          Langer Atem
     voller als üblich präsentieren. Aufgewachsen          mich glücklich.»                                     Ihren Erfolg führt die Designerin namentlich
     ist die Designerin in Zürich. «Ich fühle mich mitt-      In den vergangenen fünf Jahren sei ihr Busi-      auf Glück, einen langen Atem und ihre tolle
     lerweile aber zu hundert Prozent als Baslerin»,       ness stetig gewachsen. «Wir haben keine gros-        Kundschaft zurück. «Essentiell ist überdies, dass
     sagt sie und zupft kurz am gelben Meterband,          sen Sprünge gemacht, aber immer vorwärts»,           ich mir und meinen Werten treu bleibe», hält
     das sie um die Schultern trägt. An der Stadt          erklärt die 48-Jährige. Obschon sie sich im          sie fest. Eine Haltung, die mit sich bringt, dass
     schätze sie insbesondere die vielen mutigen           Vergleich zu früher we-                                                       sie nicht alle Kunden-
     Akteure, die spannende Projekte umsetzten,            niger stark um die ad-                                                        wünsche erfüllen kön-
     Workspaces erschaffen oder grosse wie kleine
     Restaurants betreiben würden. «Zudem gibt
                                                           ministrativen Aspekte
                                                           ihres Geschäftes küm-
                                                                                           «Daheim ist,                                  ne.    «Daunenjacken
                                                                                                                                         biete ich etwa keine –
                                                                                          wo das Herz ist –
                                                                                                                                                                           3-2020

     es hier zahlreiche Museen und Offspaces mit           mern muss, wünscht sie                                                        stattdessen habe ich
     internationaler Ausstrahlung.» Und weil Basel         sich noch mehr Musse                                                          jetzt ein Woll-Fleece
     so überschaubar sei, kenne man sich und ar-           für die Kreativität. «Die-     das ist in Basel»                              aus Schweizer Schaf-
     beitete Hand in Hand.                                 se kommt im Hamster-                                                          wolle im Sortiment,
                                                                                                                                                                                n
                                                                                                                                                                           www.regioaktuell.com

                                                           rad des Alltags oft zu                                                        das wir als isolierende
     Wahlheimat Basel                                      kurz.» Fakt sei aber, dass sie sich als Designerin   Schicht verarbeiten.» Auf die Frage, ob sich
     Eigentlich hätte die Stadt für sie nur Zwischen-      und nicht etwa als Managerin verstehe. In            zwischen Basel und Zürich eigentlich ein mo-
     station sein sollen. Ihr grosses Ziel war New York,   den Anfangstagen ihres Labels musste sich            discher Graben auftue, meint Güdel: «Wenn
     wo sie an der Metropolitan Opera ein Prakti-          Güdel als Informatik-Dozentin querfinanzieren,       ich die Fahrgäste der Basler Tramlinie 8 mit ih-
     kum absolviert hatte. Doch Güdel blieb nach           tempi passati. «Aber es war eine Tätigkeit, die      rem Zürcher Pendant vergleiche, ist der Unter-
     ihrem Studium an der hiesigen Hochschule für          mir heute noch dabei hilft, den Überblick im         schied frappant. Die Zürcher Fahrgäste prä-
     Gestaltung und Kunst in Basel und hat 2002 ihr        Geschäftsalltag zu bewahren.» Aktuell be-            sentieren sich doch einiges mondäner.» Auch
     eigenes Label gegründet. «Daheim ist, wo das          schäftigt Güdel in Atelier, Büro und in den Lä-      Guy Morin, früherer Regierungspräsident des
     Herz ist – und das befindet sich hier.» Aktuell       den ein «Superteam», das sich rund 600 Stel-         Kantons Basel-Stadt, hat sich im Verlaufe sei-
     betreibt Güdel zwei Shops in Zürich und in            lenprozente teilt. Ihr Label floriert, selbstver-    ner Amtszeit bei Claudia Güdel einkleiden
     Basel an der Schnabelgasse. Ihr Kleinbasler           ständlich sei dies allerdings nicht. «Wer sein       lassen. Einen Fokus auf VIPs lege sie aber mit 13
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                                                                                                                                     Persönlich
                                                                                                                                     Claudia Güdel (*1972) ist in Zürich aufgewach-
                                                                                                                                     sen und hat in Basel die Modefachklasse an der
                                                                                                                                     Hochschule für Gestaltung und Kunst besucht.
                                                                                                                                     2002 gründete sie ihr Label und fokussierte auf
                                                                                                                                     Männermode. 2007 gewann sie mit ihrer Män-
                                                                                                                                     nerkollektion den eidgenössischen Preis für De-
                                                                                                                                     sign. Im Folgejahr lancierte sie ihre erste Kollek-
                                                                                                                                     tion für die Frau. Sie ist verheiratet und lebt im
                                                                                                                                     St. Johann.

                                                                                                                                   dern für die Hotellerie. «Damals durften wir ein
                                                                                                                                   Bekleidungskonzept für die Mitarbeitenden
                                                                                                                                   des Hotels Nomad in Basel entwickeln und
                                                                                                                                   umsetzen.» Weil sich die Funktionskleider im
                                                                                                                                   Arbeitsalltag bestens bewährt haben, durften
                                                                                                                                   Güdel und ihr Team in der Folge auch das
                                                                                                                                   Bekleidungskonzept für das Hotel Krafft reali-
                                                                                                                                   sieren. «Letztes Jahr durften wir auch die Mit-
                                                                                                                                   arbeitenden des neu eröffneten Casino Bern
                                                                                                                                   einkleiden.» Aufgrund der positiven Erfahrun-
                                                                                                                                   gen ist sich Güdel sicher: «Den Bereich Ar-
                                                                                                                                   beitskleidung werden wir noch ausbauen und
                                                                                                                                   optimieren.»
                                                                                                                                      Unterdessen sei es ziemlich genau zwanzig
                                                                                                                                   Jahre her, seit sie sich selbstständig gemacht
                                                                                                                                   hat, konstatiert sie. «Eine Zeit, in der ich viel ge-
                                                                                                                                   lernt habe.» Ihre Energie sei zweifellos ein biss-
                                                                                                                                   chen weniger geworden. «Also muss ich mir
                                                                                                                                   meine Frische anderswo holen – etwa beim
                                                                                                                                   Wandern», sagt Güdel und verweist nochmals
                                                                                                                                   auf ihr anhaltendes Glück: «Ich habe eine
                                                                                                                                   supertolle Vermieterin, der es am Herzen liegt,
                                                                                                                                   dass die Innenstadt lebendig bleibt.» Das sei
                                                                                                                                   umso wichtiger, da die Zeiten längst vorbei
                                                                                                                                   sind, in denen es genügte, einen Laden zu
                                                                                                                                   haben und dieser quasi von alleine lief. «Es ist
                                                                                                                                   für Basel wesentlich, über eine grosse Laden-
                                                                                                                                   vielfalt im Zentrum zu verfügen. Toll ist auch
                        Claudia Güdel schätzt es, ihre Freizeit im St.Johann-Quartier zu verbringen, wo sie auch wohnt.            der Zusammenhalt zwischen den kleinen Ge-
                                                                                                                                   schäften der Innenstadt. Am 12. März feiern
                        Bestimmtheit nicht. «Wichtig ist mir vielmehr,         Stoffe oder auch bei der Erinnerung an Ge-          wir denn auch unseren Saisonstart gemein-
                        Kleider zu kreieren, die Halt verleihen und das        schichten aus ihrer Kindheit. «Mein Mann ist        sam», erklärt Claudia Güdel. Eine allerletzte
                        Rückgrat stärken», so Güdel. Käuferinnen und           geschäftlich viel unterwegs und bringt öfters       Frage muss noch sein: Was bringt der kom-
                        Käufer schätzten insbesondere den unprä-               wieder schräge Designs mit nach Hause –             mende Modesommer? «Ich kann nur für mein
                        tentiösen Stil der Stücke – diese erweisen sich        auch diese kurbeln meine Fantasie an.» Seit         Label sprechen – und bei uns wird es ausge-
                        als funktional und elegant zugleich und ver-           2015 beschäftigt sich Güdel überdies mit Klei-      sprochen bunt!»                  Michael Gasser n
                        stehen es, mit ihrer Konzentration auf das We-
                        sentliche zu gefallen. «Ich will nicht Mode ma-
                        chen, sondern langlebige Kleider, in denen
                        man sich wohlfühlt», heisst denn auch Güdels
                        seit Jahren gleichbleibendes Motto. Entschei-
                        dend für den Tragekomfort eines Kleides seien
                        in erster Linie der verwendete Stoff und dessen
                        Dehnbarkeit, zeigt sich die Unternehmerin
 3-2020

                        überzeugt. «Und auch das Design spielt viel-
                        leicht eine gewisse Rolle.» Zu ihren grossen An-
                        liegen gehören eine nachhaltige Produktion
                        und faire Preise. Dass der Mindestlohn in Polen,
 n
 www.regioaktuell.com

                        wo das Gros ihrer Kreationen gefertigt wird,
                        aktuell verdoppelt werden soll, bleibe nicht
                        ohne Auswirkungen, sagt Güdel.

                        Ankurbeln der Fantasie
     «Ich muss deshalb an meinen Margen schrau-
     ben und auch noch etwas an den Preisen
     drehen.» Aber am eingespielten Produktions-
     standort will sie – wenn immer möglich – fest-
     halten, auch der guten Beziehungen wegen.
     Inspiration für die Kleider finde sie etwa bei                            Zu den grossen Anliegen von Claudia Güdel gehören nicht zuletzt eine nachhaltige Produktion und faire
  14 Gesprächen mit Kunstschaffenden, durch                                    Preise.
Meine Kleider sollen Halt verleihen
s12-15_ra320_titelstory.qxp_Layout 1 28.02.20 16:06 Seite 15

                                                                                                                                                                   BLICKFANG 2020
     Shoppingerlebnis: Wer das ganz Besondere sucht, ist auf der internationalen Designmesse genau richtig.                                           Fotos: zVg

     Swiss made trifft auf
                                                                                                              Ladekabel – bietet das Basler Label Etmoiet-
                                                                                                              moi. Weiter sind auch Designer aus dem Ba-
                                                                                                              selbiet vertreten, zwei davon kommen aus Bin-

     internationales Design                                                                                   ningen: Die Manufaktur 5 präsentiert Möbel
                                                                                                              und Objekte, während das Haus Kinisi auf ed-
                                                                                                              le Holzleuchten spezialisiert ist. Auch aus Mün-
     Vom 20. bis 22. März öffnet in der Messe Basel der grösste Design-Pop-Up-                                chenstein kommen gleich zwei Aussteller: Ky-
                                                                                                              burz Made zeigt Möbel aus Altholz; in Hand-
     Store der Nordwestschweiz. 150 Möbel-, Mode- und Schmuckdesigner                                         arbeit gefertigte Zweiräder gibt’s von Veo
     laden ein zum Schlendern, Staunen und Shoppen.                                                           Bikes. Rudin Solution Design aus Oberdorf pro-
                                                                                                              duziert Möbel nach Mass mit hochwertigen
                                                          berücksichtigt – diese Designer kommen aus          und recyclingfähigen Materialien und die et-
     W     er auf der Suche nach dem ganz Be-
           sonderen ist und der Langeweile im
     Wohnzimmer und im Kleiderschrank für immer
                                                          Europa, der Schweiz – und aus der Region Ba-
                                                          sel.
                                                                                                              was anderen Gartenstühle bietet Ticotaca
                                                                                                              aus Gelterkinden.                         (tok) n
     Adieu sagen möchte, liegt mit einem Besuch
     der Blickfang Basel genau richtig. Hier warten       Möbel, Schmuck und Mode
     Lieblingsstücke mit Ecken, Charakter und ei-         Neben der Basler Kleidermacherin Claudia
     nem gehörigen «Will-ich-haben»-Faktor auf            Güdel gibt’s an der diesjährigen Ausgabe             Tickets gewinnen!
     ihre neuen Besitzer. Bereits zum elften Mal          noch viel mehr spannende Designerinnen               Für die Design-Messe Blickfang Basel 2020 ver-
     kann man während dreier Tage in der Messe-           und Designer aus der Region zu entdecken.            lost Regio aktuell 5x 2 Tickets, gültig an einem
     halle 3 Möbel, Schmuck und Mode jenseits             Zum Beispiel die Mobiliarwerkstatt, welche das       Tag nach Wahl. Einfach eine E-Mail an die Adres-
     der Massenproduktion entdecken und kau-              Bett oder den Tisch aus Massivholz präsentiert       se wettbewerb@regioaktuell.com mit dem Stich-
     fen. Ein Auswahlgremium sorgt dafür, dass sich       und ebenfalls in der Stadt Basel beheimatet          wort «Blickfang» senden. Name und Adresse nicht
     nur bestes Design präsentieren darf. Nur wer in      ist, so wie das Atelier von Kunotechnik, wo die      vergessen. Einsendeschluss ist der Sonntag, 15.
     Punkto Ästhetik, Originalität und Fertigungs-        etwas filigraneren Möbel herkommen. Feines           März. Viel Glück!
     qualität überzeugte, wurde für die Blickfang         aus Leder – von der Schultertasche bis zum

                                                                                                                                                                        3-2020
                                                                                                                                                                             n
                                                                                                                                                                        www.regioaktuell.com

     Besucher und Designer tauschen sich aus.             Auch Familien werden bei der Suche nach dem passenden Stoff fachkundig beraten.                             15
Meine Kleider sollen Halt verleihen Meine Kleider sollen Halt verleihen Meine Kleider sollen Halt verleihen
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