METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN - ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN MODUL FÜR MODERATOREN OKTOBER 2018 - KBV
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METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN MODUL FÜR MODERATOREN OKTOBER 2018
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 3 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN INHALT ARBEITSZIELE 4 THEMENHINTERGRUND 5 EMPFEHLUNGEN FÜR DIE ZIRKELMODERATION 13 UNTERSTÜTZENDE MATERIALIEN 20 KURZVERSION 24 LITERATURVERZEICHNIS 26 TABELLEN UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS 27 ANLAGEN: Präsentation „Evidenzbasierte Medizin im QZ“ Präsentation „Bewertung von Evidenz“ Präsentationen unter: www.kbv.de/qz Autoren: Anja Katharina Dippmann Corinna Schäfer Susanne Weinbrenner Christoph Röllig Sylvia Sänger Günter Ollenschläger
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 4 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN ARBEITSZIELE FÜR TUTOREN: FÜR MODERATOREN: FÜR QZ-TEILNEHMER: > Die Tutoren sind befähigt, > Die Qualitätszirkel-Moderatoren > Die QZ-Teilnehmer sind in der Qualitätszirkel-Moderatoren einen sind darin geschult, anhand der Lage, das eigene berufliche Handeln Überblick zu den Methoden und vorliegenden Unterlagen Methoden kritisch zu reflektieren. Instrumenten der Evidenzbasierten und Instrumente der EbM in ihrem Medizin (EbM) zu vermitteln. Qualitätszirkel zu vermitteln. > Sie können vorgefertigte Informationen kritisch bewerten. > Tutoren können das eigene > Sie sind befähigt, Evidenzquellen berufliche Handeln kritisch für die Themenbearbeitung im Qua- > Sie nutzen die EbM als Technik reflektieren und Informationen litätszirkel zu recherchieren, des Informationsmanagements. kritisch bewerten. zu bewerten und zu nutzen. > Sie erkennen die Grenzen der EbM. > Sie nutzen die EbM als Technik > Moderatoren können das des Informationsmanagements. eigene berufliche Handeln > Sie haben gelernt, EbM für ihren kritisch reflektieren. Praxisalltag zu nutzen. > Sie erkennen die Grenzen der EbM. > Sie sind qualifiziert, einen Zirkel > Sie können Moderatoren lehren, zum Thema Original- und Über- Evidenzquellen für die Zirkelarbeit sichtsarbeiten ergebnisorientiert zu zu nutzen. leiten. Die Tutoren sollten vorzugsweise über eine Qualifikation in Evidenz- basierter Medizin verfügen. Die QZ-Tutorenausbildung und dieses Handbuch können einen Kurs in Evi- denzbasierter Medizin nicht ersetzen. Es wird daher allen Moderatoren und Tutoren empfohlen, einen Grundkurs in EbM zu absolvieren.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 5 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN THEMENHINTERGRUND EVIDENZBASIERTE MEDIZIN > Der gewissenhafte, ausdrück- ausreicht. Ohne klinische Erfahrung liche und vernünftige Gebrauch kann es passieren, dass die ärztliche Entscheidungen über die Behand- der gegenwärtig besten externen, Praxis durch den bloßen Rückgriff lung individueller Patienten trifft wissenschaftlichen Evidenz für auf die Evidenz an der besten Her- jeder praktisch tätige Arzt jeden Tag. Entscheidungen in der medizini- angehensweise vorbeigeht, da selbst Dabei wird er selbstverständlich so- schen Versorgung individueller exzellente Forschungsergebnisse wohl die aktuelle klinische Situation Patienten. EbM beinhaltet die für diesen individuellen Patienten als auch die Präferenzen und Mög- Integration klinischer Expertise mit nicht anwendbar oder unpassend lichkeiten der Patienten berücksich- der bestmöglichen externen Evidenz sein können. Andererseits kann die tigen. Die Evidenzbasierte Medizin aus systematischer Forschung und ärztliche Praxis ohne das Einbezie- bietet für beide Aspekte Instrumente den individuellen Bedürfnissen der hen aktueller externer Evidenz leicht und Hilfsmittel zur Unterstützung Patienten. veraltetem Wissen – zum Nachteil solcher Entscheidungen mit aktuel- des Patienten – folgen. len, wissenschaftlichen Nachweisen. > Das Können und die Urteilskraft, Dies verdeutlicht auch das 2002 von die Ärzte durch ihre klinische Praxis Evidenzbasierte Medizin B. Haynes et al.1 aktualisierte Modell erwerben, machen die klinische Er- und Qualitätszirkel evidenzbasierter klinischer Ent- fahrung aus. Die Expertise spiegelt scheidungen, das diese Vorgehens- sich besonders in der Identifizierung Der Anknüpfungspunkt von Quali- weise mit dem Untertitel „evidence und Berücksichtigung der beson- tätsmanagement (QM) und Qualitäts- does not make decisions, people deren Situation, der Rechte und zirkelarbeit an der Evidenzbasierten do“ – „Entscheidungen werden nicht Präferenzen von Patienten bei der Medizin liegt in der Bereitstellung von der wissenschaftlichen Evidenz klinischen Entscheidungsfindung von Werkzeugen und Materialien, getroffen, sondern von Menschen“ wider. um relevante Informationen, die bei veranschaulicht (Abbildung 1). klinischen Fragestellungen zur Pro- > Beste verfügbare externe Evidenz blemlösung herangezogen werden beinhaltet klinisch relevante For- können, zu identifizieren und ihre Klinischer Status schung, oft medizinische Grundla- entsprechende Eignung beurteilen des Patienten genforschung, aber insbesondere zu können. Durch systematische patientenorientierte Forschung zur Identifikation und Bewertung von Klinische Erfahrung Genauigkeit diagnostischer Verfah- Evidenz in Form von Primärstu- ren (einschließlich der körperlichen dien oder aggregierter Evidenz Untersuchung), zur Aussagekraft (systematische Übersichtsarbeiten, prognostischer Faktoren und zur Metaanalysen, Health Technology Präferenz Wissenschaftlicher des Patienten Nachweis Wirksamkeit und Sicherheit präven- Assessments, Leitlinien und Pati- tiver, therapeutischer und rehabilita- enteninformationen) kann mithilfe tiver Maßnahmen. Externe klinische der EbM gezieltes und effektives Abbildung 1: Modell der Evidenz- Evidenz führt zur Neubewertung bis- Wissensmanagement betrieben basierten Medizin her akzeptierter diagnostischer Tests werden. Auf diese Weise können und therapeutischer Methoden und aktuelle Erkenntnisse unmittelbar in EbM wurde aus der praktischen, kann in diesem Prozess zu einem der Patientenversorgung umgesetzt klinischen Medizin heraus entwi- Ersatz durch wirksamere, genauere werden. ckelt. Durch systematisch recher- oder effektivere Verfahren führen chierte und bewertete Information – unter Beachtung von Nebenwir- Das Thema „Evidenzbasierte unterstützt sie das ärztliche Handeln kungen und Komplikationen für die Medizin in der Qualitätszirkelarbeit“ im Dialog und in direkter Verant- Patienten. umfasst drei Module: wortung für individuelle Patienten (Raspe, EbM Lehrbuch2). > Die beiden Aspekte klinische 1. Qualitätszirkelarbeit mit Expertise und beste verfügbare Original- und Übersichtsarbeiten Nach Sackett 3, einem der Begründer externe Evidenz sollten von Ärzten nach den Prinzipien der Evidenz- der Technik der EbM, ist die Definiti- zur Entscheidungsfindung zusam- basierten Medizin on und Praxis der EbM: mengeführt werden, da keiner der genannten Faktoren für sich allein
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 6 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN 2. Qualitätszirkelarbeit mit 2. Schritt – Durchführung einer Schritt ist einer der Hauptinhalte der evidenzbasierten Leitlinien systematischen Literaturrecherche Versorgungsforschung und kann Anhand der spezifischen Frage vom einzelnen, am QZ teilnehmen- 3. Qualitätszirkelarbeit mit lässt sich unter Anwendung der den Arzt nicht geleistet werden. evidenzbasierter Patienten- sogenannten Bool’schen Operatoren Bietet sich jedoch die Möglichkeit, information [Kombination der Suchbegriffe mit an Versorgungsforschungsprojekten AND (Verknüpfung: beide Begriffe teilzunehmen bzw. Patienten in Vorgehensweise der sollen z.B. in Titel und Abstract Register einzutragen, ist dies im Hin- Evidenzbasierten Medizin einer Publikation vorhanden sein), blick auf den Nutzen für zukünftige OR (explizite Nichtverknüpfung: Patientengenerationen ausdrücklich Unabhängig davon, ob als Informati- der eine oder der andere Begriff soll zu begrüßen. onsquelle Originalliteratur, Leitli- vorkommen) oder NOT (Negation: nien oder Patienteninformationen der Begriff soll nicht vorkommen)] Glossar herangezogen werden sollen, ist das eine Suchstrategie erstellen. Prinzip der EbM immer das Gleiche. Auf die Erstellung eines eigenen Ausgehend von einer klinischen 3. Schritt – kritische Bewertung Glossars wurde verzichtet, da das Fragestellung geht die EbM systema- der gefundenen Literatur Glossar des Deutschen Netzwerks tisch in fünf Schritten vor, um ein Diese kritische Bewertung kann bei für Evidenzbasierte Medizin einen klinisches Problem zu lösen. Originalliteratur und Übersichts- umfassenderen Überblick gibt und arbeiten anhand von Checklisten ständig aktualisiert wird. Sie finden erfolgen oder mit Hilfe des Critical es unter: Fünf Schritte der EbM: Appraisal Tools „CAT Maker“ des http://www.ebm-netzwerk.de/ „Center for Evidence based Medi- grundlagen/glossar#einleitung 1. Schritt – Formulierung einer cine Oxford“4. recherchierbaren Frage Setting 2. Schritt – Durchführung Für Leitlinien und Patienteninforma- einer systematischen tion existieren spezifische Bewer- > Qualitätszirkeltyp Literaturrecherche tungsinstrumente wie DELBI – das 3. Schritt – kritische Bewertung Deutsche Leitlinien Bewertungs- Bei diesem Qualitätszirkel (QZ) han- der gefundenen Literatur instrument 5 – und DISCERN (engl. delt es sich um eine sogenannte In- 4. Schritt – Anwendung der erkennen, unterscheiden) – das Be- tervisionssitzung mit Schwerpunkt gefundenen Erkenntnisse auf wertungsinstrument für Patienten- auf der Lösung von Problemen aus den konkreten Patienten information6. Beide werden in den der Berufspraxis. 5. Schritt – Evaluation des jeweiligen Modulen beschrieben. Ergebnisses > Gruppengröße 4. Schritt – Anwendung der Evidenz auf den konkreten Patienten Für die Einbindung der mithilfe der Bei der täglichen Berufsausübung Hierbei geht es um die Fragen, Instrumente der EbM gewonnenen steht dem praktisch tätigen Arzt inwieweit das Ergebnis der Pub- und bewerteten Informationen in meist jedoch nicht ausreichend Zeit likationen auf den individuellen die Praxis der QZ-Teilnehmer ist eine zur Verfügung, um dieses Vorge- Patienten übertragbar ist und ob es Gruppengröße von 8 bis max. 12 Teil- hen bei jeder Frage anzuwenden. aufgrund von Faktoren wie Komorbi- nehmern ideal. Eine kleinere Gruppe Bei häufig vorkommenden Frage- ditäten oder Präferenzen trotz guter erlaubt es i.d.R. nicht, eine verglei- stellungen lohnt sich jedoch ein Evidenzlage zu einem abweichenden chende Auswertung der Ergebnisse Abgleich zum wissenschaftlichen Vorgehen Anlass gibt. der Bewertungen durchzuführen. Hintergrund. Eine größere Gruppe erfordert vom 5. Schritt – Evaluation Moderator ein zu hohes Maß an 1. Schritt – Formulierung einer der Anwendung Moderationsaktivität. suchtauglichen Frage Darunter versteht man die systema- Die Aufgabe besteht darin, mit tische Aufzeichnung von Therapie- > Offene vs. geschlossene Gruppe Hilfe des PICO-Schemas (s.u.) eine ergebnissen in Datenbanken oder Frage so zu formulieren, dass sie in Registern, um eine Wirksamkeit Im Gegensatz zu den anderen Modu- einschlägigen Datenbanken leicht evidenzbasierter Therapiestrategien len des Handbuchs Qualitätszirkel recherchiert werden kann. überprüfen zu können. Dieser fünfte wird nur dann eine besondere Grup-
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 7 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN penstruktur vorausgesetzt, wenn die · Wie viel Lesezeit wird be- tierung des bisherigen bewährten Suche nach der zu bewertenden Pub- nötigt? Müssen die Unter- Vorgehens und keine Methode zur likation auf Rückmeldeberichten ba- lagen zwei Wochen vorab Kostenkontrolle. siert. Wird die Fragestellung jedoch versandt werden oder sind im Rahmen einer Qualitätszirkelsit- 15 Minuten Lesezeit zu Be- > Diskussion um den zung entwickelt, ist diese Vertraut- ginn der Zirkelsitzung aus- imaginären Fallbericht heit nicht erforderlich. In diesem Fall reichend? eignet sich das Thema auch für neu Wir empfehlen, den in EbM uner- gegründete Zirkel. Die Gruppe sollte · Wie stark soll der Ablauf der fahrenen Qualitätszirkel über einen dennoch eine gewisse Stabilität Sitzungen strukturiert wer- imaginären Fallbericht zu einer The- vorweisen. Da die Auswertung einer den (strenger Zeitplan, der rapiefragestellung in die Vorgehens- Primärquelle nicht in jedem Fall eine Zeit für die Bearbeitung aller weise einzuführen, bevor ein aus eindeutige Antwort auf die klinische Punkte vorsieht, oder offene der Patientenfallkonferenz aufbe- Fragestellung geben kann, könnte Kleingruppenarbeit, in der reiteter „Problemfall“ im QZ hierfür dies leicht zu einer Belastungsprobe die Zeit zur Diskussion ein- herangezogen wird. Der reale Fall oder zum Verwerfen der Instrumente zelner Punkte durch den erfordert das sichere Beherrschen führen, wenn kein Gruppenkonsens aktuellen Bedarf der Gruppe des gesamten Vorgehens einschließ- über die Ziele der Arbeit besteht. festgelegt werden kann)? lich der systematischen Suche nach den Informationsquellen durch den > Wichtige Settingregeln Umgang mit kritischen Moderator. Moderationssituationen · Zu Beginn der Qualitätszirkel- Bei den Fallberichten kommt es arbeit sollten sich die Teilneh- Bei der Arbeit nach den Methoden häufig zur Diskussion darüber, dass mer gemeinsame Regeln geben. der EbM kann man im Wesentlichen dieser Fall so in der Praxis nicht auf- drei häufige, kritische Moderations- treten würde oder die Therapieent- · Zur Bearbeitung müssen die situationen beobachten: scheidung so eindeutig ist, dass sich Publikationen (Original- und der „Aufwand der EbM“ ja gar nicht Übersichtsarbeiten, Leitlinien, > Widerstände lohnt. Hier ist es hilfreich darauf Patienteninformation) recher- hinzuweisen, dass es sich bei den chiert und für den Qualitäts- Die möglicherweise geäußerte Beispielfällen um ein didaktisches zirkel ausgewählt werden. Damit Kritik: „Was bringt das neue Verfah- Instrument handelt, welches das Er- alle gemeinsam am Problem ren, warum soll ich mein Verhalten lernen der Methodik erleichtern soll. diskutieren können, wird vor- ändern?“ ist ein Punkt, der kritisch ausgesetzt, dass die teilweise werden kann, da der Nutzen der > Zu frühe inhaltliche Diskussion sehr umfangreichen Publika- EbM nur schwierig objektiv darzu- der Empfehlungen tionen auch gelesen werden. stellen ist. Im Rahmen der Bewertung kann es · Insbesondere der Umfang der EbM liefert eine Technik zur syste- zu einem Abschweifen in inhaltli- zu leistenden Vorarbeiten durch matischen Informationsgewinnung che Diskussionen über die richtige die Teilnehmer und den Modera- und Überprüfung der Informatio- Therapie und die vorgelegte Studie tor sollte vorab klar festgelegt nen auf ihre Vertrauenswürdigkeit. kommen. So werden die inhaltlichen werden: Dabei kann man nicht alle Fragen Aussagen durch das Zitieren von gleich gut mit EbM bearbeiten. eigenen Fallberichten oder anderen · Recherchiert der Moderator Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass Quellen angezweifelt. Dies gilt umso nach einer geeigneten Studie die EbM dem praktisch tätigen Arzt mehr, wenn die Empfehlungen nicht oder wird die Recherche im die Möglichkeit bietet, die tägliche den eigenen Erfahrungen (interne nächsten Qualitätszirkel medizinische Praxis zu ergänzen, Evidenz) oder der gängigen Praxis gemeinsam durchgeführt? Therapiestrategien zu überprüfen entsprechen. In solchen Situationen und ggf. zu verbessern und das eige- finden sich schnell viele Beispiele · Art und Umfang der ausge- ne Handeln gegenüber dem Patien- und Begründungen, die die Emp- wählten Materialien (z.B. ten und auch gegenüber Dritten (z.B. fehlung scheinbar widerlegen. Es ist Publikation in deutscher/ Kostenträger) transparent darstellen für die Teilnehmer aber wichtig, ihre englischer Sprache). und begründen zu können. EbM ist eigenen Erfahrungen in die Diskussi- keinesfalls ein Mittel zur Diskredi- on einbringen und auch diskutieren
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 8 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN zu können. Der Moderator muss die zu verteilen. Die kritische Größe liegt entwickelt und enthält folgende Diskussion wieder auf das eigent- bei einem Drittel der Teilnehmer. Bestandteile: liche Ziel zurückführen, die eigene Wenn die kritische Größe überschrit- Erfahrung (interne Evidenz) mit der ten sein sollte, muss kurzfristig eine P Beschreibung des Patienten, Studienlage (externe Evidenz) zu „Lesezeit“ eingeräumt werden. Hier der Population oder des Problems vergleichen. Die Gruppe kann mit besteht, insbesondere wenn dies Hilfe der vorbereiteten Checkliste häufiger vorkommt, die Gefahr, dass I Intervention (z.B. Diagnostik, zum eigentlichen Thema zurückge- die vorbereiteten Teilnehmer demo- Therapie, Prävention etc.) führt werden. tiviert werden. Der Moderator sollte überlegen, ob es sinnvoll ist, mit C Vergleichsmaßnahme/ Der Moderator sollte mit der Gruppe dem Zirkel die Diskussion über die Comparator/Kontrollgruppe vereinbaren, die inhaltlich strittigen vereinbarten Settingregeln wieder (idealerweise der Goldstandard) Punkte am Ende der Phase C wieder aufzugreifen, um sie ggf. dahinge- aufzunehmen. So wird die Diskussi- hend zu ändern, dass sie auch von O Ergebnis/Outcome/Endpunkt, on nicht unterbunden sondern nur allen Teilnehmern erfüllt werden an dem der Erfolg gemessen vertagt. können. werden kann > Die Teilnehmer haben ORIGINAL- UND Mithilfe der so gestalteten Frage wer- sich nicht vorbereitet ÜBERSICHTSARBEITEN den elektronische Datenbanken wie die der National Library of Medicine Es kommt immer wieder vor, dass Anhand eines fiktiven Fallbeispiels (Pubmed*) und die Cochrane Libra- Teilnehmer die versandten Unter- (siehe unten) oder später anhand ry** nach Primärstudien zu dieser lagen und die damit verbundenen geschilderter, konkreter Fälle der Fragestellung durchsucht. Dabei Aufgabenstellungen nicht aus- Teilnehmer des Qualitätszirkels wird werden die einzelnen Suchbegriffe reichend durcharbeiten. Deshalb das klinische Problem identifiziert. eingegeben und mit Bool’schen sollte darauf geachtet werden, dass Um die damit verbundenen Fragen Operatoren (AND, OR oder NOT) der Vorbereitungsaufwand für die beantworten zu können, müssen verknüpft. Um die Anzahl der Treffer Teilnehmer nicht allzu hoch ist und Studien zu diesem Thema gefunden sinnvoll einzugrenzen, kann als Ein- vor der Qualitätszirkelsitzung Art, werden. Dazu muss eine „suchtaug- schränkung noch „human“ eingege- Umfang und Ziel der Vorbereitung liche“ Frage formuliert werden. ben werden, da tierexperimentelle vereinbart werden. Wenn nur einzel- Studien die klinische Frage nicht ne Teilnehmer sich nicht vorbereitet Ein gut konstruierte und damit beantworten können. Aufgrund des haben, ist es empfehlenswert, diese „suchtaugliche“ Frage wird nach größeren Vertrauens, das in ihre gleichmäßig auf die Kleingruppen dem sogenannten PICO Schema7 Ergebnisse gesetzt werden kann, BEISPIEL Reduziert die Kombination von Nordic Walking und Diät bei Menschen mit einem BMI von größer Frage als 30 stärker die adipositasassoziierte Morbidität bei gleichzeitig höherem Gewichtsverlust und höherer Therapieadherance im Vergleich zur alleinigen Diät? Population Patienten mit Adipositas mit einem BMI größer 30 Nordic Walking niedriger Intensität kombiniert mit einer Diät mit einem Energiedefizit von Intervention 1000 kcal/Woche Comparator alleinige Diät mit einem Energiedefizit von 1000 kcal/Woche Outcome Gewichtsverlust, adipositasassoziierte Morbidität, Langzeit-Adherance
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 9 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN werden methodisch hochwertige gebnis kann grundsätzlich aus zwei der sogenannten Evidenzstufen Studien bevorzugt. Die Suche kann Gründen vom „wahren“ Effekt in der möglich. Je höher ein Studientyp auf dann mit einem sogenannten Filter Grundpopulation abweichen: der Evidenztreppe angeordnet ist, auf „randomized controlled trials“ desto geringer ist das Fehlerrisiko (RCT – randomisierte kontrollierte 1. durch Zufallsfehler und desto glaubwürdiger (valider) Studien) eingeschränkt werden. Dies Zufallsfehler entstehen, weil die Per- sind die Studienergebnisse. Aller- ist allerdings nicht für alle Fragestel- sonen und Messwerte in der Stich- dings kann die Glaubwürdigkeit lungen möglich, da es nicht zu jeder probe zufällig vom Durchschnitt einer Studie durch zusätzliche Fragestellung RCTs gibt. der Grundpopulation abweichen. Fehlerquellen im Studiendesign Angaben über die Power der Studie innerhalb desselben Studientyps Klinische Studien zur Wirksamkeit (Anzahl der Probanden) und die sta- eingeschränkt werden, auch wenn einer Therapie oder einer präven- tistische Signifikanz der Ergebnisse der Studientyp grundsätzlich einer tiven Maßnahme untersuchen den (mit welcher Wahrscheinlichkeit ist hohen Evidenzstufe zugeordnet ist Zusammenhang zwischen der The- der Unterschied zwischen den Be- (siehe Tabelle 1). rapie (z.B. Nordic Walking und Diät handlungsgruppen auf die geprüfte oder Thrombozytenaggregations- Therapie zurückzuführen) helfen, hemmung) und einer oder mehreren die Wahrscheinlichkeit für einen Outcomes (wie z.B. Gewichtsverlust, Zufallsfehler einzuschätzen. Schlaganfall oder Todesfälle) an ei- ner definierten Patienten-Population 2. durch systematische Fehler (Bias) (z.B. Patienten mit einem BMI über Systematische Fehler entstehen, 30 oder Patientinnen mit transitori- wenn der Zusammenhang zwi- scher ischämischer Attacke – TIA). schen einer Intervention bzw. einer Das an dieser Studienpopulation Therapie und dem klinischen Effekt gemessene Ergebnis wird dann als durch Störfaktoren verfälscht wird. Schätzwert für diese Grundpopula- Dadurch kann der Effekt über- oder tion verwendet. Je besser die Studie unterschätzt werden. Das Risiko für aufgebaut ist, desto sicherer kann das Vorliegen von systematischen von dem gemessenen Ergebnis auf Fehlern kann anhand der methodi- den „wahren“ Therapieeffekt in schen Qualität des Studiendesigns der Grundpopulation geschlossen abgeschätzt werden. werden. Eine erste Einschätzung der Validität Das in einer Studie beobachtete Er- eines Studienergebnisses ist anhand 1 ++ High quality meta-analyses, systematic reviews of RCTs, or RCTs with a very low risk of bias 1+ Well-conducted meta-analyses, systematic reviews, or RCTs with a low risk of bias 1– Meta-analyses, systematic reviews, or RCTs with a high risk of bias High quality systematic reviews of case control or cohort or studies 2 ++ High quality case control or cohort studies with a very low risk of confounding or bias and a high probability that the relationship is causal Well-conducted case control or cohort studies with a low risk of confounding or bias and a 2+ amoderate probability that the relationship is causal Case control or cohort studies with a high risk of confounding or bias and a significant risk 2– that the relationship is not causal 3 Non-analytic studies, e.g. case reports, case series 4 Expert opinion Tabelle 1: Hierarchie der Evidenz nach der Klassifikation des Scottish Intercollegiate Guideline Network4, Quelle: Scottish Intercollegiate Guideline Network, SIGN website * http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/ ** http://www.cochrane.org/reviews/index.htm
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 10 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN Die Stufen der Evidenztreppe ver- Auswahl der Kontrollen, die alle po- Wahrscheinlichkeit maximiert, anschaulichen die von unten nach tentiell gefährdeten Personen ohne dass Patienten mit bekannten und oben zunehmende Aussagekraft entsprechende Erkrankung reprä- unbekannten Risikofaktoren für das und Glaubwürdigkeit der Ergebnisse sentieren sollen. Durch die Aus- Zielereignis gleichmäßig auf Thera- verschiedener Studientypen. Die wahl besonders kranker oder auch pie- und Kontrollgruppe verteilt wer- Fallserien der Stufe IV stellen im Ge- besonders interessierter Kontrollen den. Die zwei so gebildeten Gruppen gensatz zu den Expertenmeinungen, kann ebenfalls ein Selektionsbias unterscheiden sich somit einzig und physiologischen Überlegungen und entstehen. Recall-Bias und Selekti- allein in Bezug auf die untersuchte Tierstudien auf Stufe V, systematisch onsbias können zu verzerrten und Intervention bzw. Therapie – der dokumentierte Beobachtungen an damit falschen Ergebnissen führen. gemessene Effekt ist so (im Idealfall) betroffenen Patienten dar, die eine Aus diesem Grund sind Ergebnisse nicht von Störgrößen verzerrt. bestimmte Therapie erhalten haben. der prospektiven Studien auf Stufe Allerdings bleibt die Frage offen, wie II und I glaubwürdiger als die der Anhand des nachfolgenden Beispiels sich der Gesundheitszustand der Pa- retrospektiven Studien. (Recherche 2008) soll das Vorgehen tienten ohne die Therapie entwickelt im Qualitätszirkel skizziert werden: hätte, so dass Verbesserungen nicht In Kohortenstudien der Evidenzstufe sicher auf die Therapie zurückge- II werden Therapie- und Kontroll- Fallbeispiel Originalarbeiten führt werden können. gruppe von Beginn der Therapie an in der Arztpraxis beobachtet und das Eintreten von Alle Studien ab Stufe III aufwärts Zielereignissen in einem bestimm- In Ihrem Qualitätszirkel stellt eine beobachten deswegen parallel zur ten Zeitraum erhoben. Die Therapie Kollegin den folgenden Fall vor6: Therapiegruppe eine Kontroll-, Pla- kann standardisiert werden und alle cebo- oder Standardtherapiegruppe. wichtigen Variablen, die den Krank- 72-jährige Patientin mit einer akut Erst der Unterschied in der Zieler- heitsverlauf mit beeinflussen, kön- aufgetretenen Hemiparese. Über- eignisrate zwischen Therapie- und nen im Zeitverlauf direkt beobachtet weisung der Patientin in die neu- Kontrollgruppe (im unten stehenden werden. Bleibt die Einteilung eines rologische Abteilung der nächsten Beispiel die Rate der Schlaganfälle) bestimmten Patienten in die Thera- Klinik. Die Anamnese ergibt: Vor ermöglicht eine Einschätzung des pie- bzw. die Kontrollgruppe dabei einem Jahr die erste TIA, seitdem Therapieeffektes. Die retrospekti- aber den Patienten oder ihren Ärzten regelmäßige Einnahme von 100mg ven Studien der Gruppe III (Fall- überlassen, besteht die Gefahr, dass ASS, dennoch Entwicklung eines Kontrollstudien) vergleichen in der sich die beiden Gruppen von Anfang zerebrovaskulären Ereignisses. Auch Regel eine Gruppe von Patienten, an hinsichtlich ihres Risikos für das dieses Mal bilden sich die neurologi- bei denen das Zielereignis, z.B. der Zielereignis unterscheiden. Zum schen Defizite komplett zurück. Die Schlaganfall, bereits eingetroffen Beispiel wählen besonders vorsich- Klinik empfiehlt im Entlassungsbrief ist, mit einer Gruppe Patienten tige Patienten eher die zusätzliche die Rezidivprophylaxe mit 75mg ohne Zielereignis. Sie ermitteln, Therapie oder die Ärztin teilt Patien- Clopidogrel, da ASS nicht wirksam wie diese Patienten in der Vergan- ten, denen sie das exakte Einhalten gewesen sei. genheit behandelt wurden und ob des Therapieschemas nicht zutraut, ein Behandlungsunterschied in der bevorzugt der Kontrollgruppe zu. Die Kollegin kommt mit der Frage: Vergangenheit das Auftreten von Am Ende bleibt die Frage offen, ob „Ist bei Patienten mit Z. n. TIA die Schlaganfällen in der Fallgruppe Unterschiede in den Ergebnissen auf Medikation mit Clopidogrel bezüg- erklärt. Dieses Studiendesign ist die Therapie zurückgehen, oder aber lich der Verhinderung eines Rezidivs schnell und kostengünstig, birgt von vornherein durch die ungleiche dem Medikament ASS überlegen? aber das Problem, dass die frühere Gruppeneinteilungen zu erwarten Therapie oft nur lückenhaft aus waren. Neben der medizinischen Fragestel- Dokumenten oder Erinnerungen lung sind auch die Tagestherapie- beteiligter Personen rekonstruiert Dieses Problem des Selektionsbias kosten wichtig. Für 75mg Clopidrogel werden kann (Recall-Bias). Auch die lösen die randomisierten Studi- lagen sie zum Zeitpunkt der Recher- Auswahl der Kontrollpatienten für en der Evidenzstufe I. In diesem che (2008) höher als für 100mg ASS. die Studie entspricht häufig nicht Studiendesign wird die Zuordnung Auch dieser Aspekt spricht dafür, dem Durchschnitt aller therapier- eines Studienteilnehmers zu einer die Therapieentscheidung gründlich ten Patienten (Selektionsbias). Als der Gruppen allein durch den Zufall zu bedenken. besonders schwierig erweist sich die entschieden. Dadurch wird die
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 11 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN Diskussion des Themas im Quali- „Ist Clopidogrel bei Patienten mit Entsprechend der zu bearbeitenden tätszirkel Z. n. TIA ASS 100 im Hinblick auf Fragestellung werden die gefunde- die Verhinderung eines erneuten nen Artikel überprüft. Im Ergebnis 1. Der QZ entwickelt gemeinsam eine zerebrovaskulären Ereignisses der Recherche werden drei relevante suchtaugliche Frage nach dem PICO- überlegen?“ Studien7;8;9 identifiziert, die sich mit Schema. der Frage beschäftigen, ob Clopi- 2. Einer der Kollegen aus dem QZ dogrel bezüglich der Verhinderung P Patient(encharakteristika) übernimmt die Aufgabe, bis zum eines erneuten zerebrovaskulären nächsten Treffen eine Recherche in Ereignisses ASS überlegen ist. Eine I Intervention (z.B. neues der National Library of Medicine der Studien verfolgt aber eher die Medikament) „Pubmed“ durchzuführen. Unter Frage, welches der beiden Medika- den Suchbegriffen „Clopidogrel“ mente bezüglich Klinikeinweisun- C Comparator (z.B. Standard- AND „cerebrovascular accident“ gen aufgrund eines zerebrovasku- medikation) mit der Begrenzung auf randomi- lären Ereignisses überlegen ist und sierte kontrollierte Untersuchungen passt deshalb doch nicht so ganz auf O Outcome (z.B. Senkung an Menschen landet er unter: die Fragestellung, so dass am Ende der Sterblichkeit) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ nur die Veröffentlichungen aus der entrez/ 69 Treffer (zum Zeitpunkt ältesten Studie (sog. CAPRIE Trial) der Recherche). einer kritischen Bewertung unterzo- gen werden. 3. Kritische Bewertung der gefunde- 11 Treffer ausgeschlossen nen Literatur Fragestellung: Clopidogrel bei Bei der kritischen Bewertung der akutem Koronarsyndrom gefundenen Studien ist vor allem wichtig, dass auf die in der Studie dargestellten Ergebnisse Verlass 25 Treffer ausgeschlossen ist. Hierbei ist in erster Linie darauf Fragestellung:Clopiogrel + ASS zu achten, wie anfällig das Design vs. ASS oder Clopiogrel mono der Studie für systematische Fehler (Bias) ist (s.o.). Bei methodisch hochwertigen Studi- 9 Treffer ausgeschlossen en werden mit diesem Ziel folgende Fragestellung: Clopiodogrel Maßnahmen durchgeführt: vs. andere Medikation > zufällige (randomisierte) Zuwei- 69 Treffer sung der Patienten zu Interventions- in Pubmed 10 Treffer ausgeschlossen und Kontrollgruppe Fragestellung: Antikoagulation bei Interventionen (Carotis-TEA, > versteckte Randomisierungsse- Revaskularisation) quenz (sog. allocation concealment) > verblindete Intervention (gegen- 11 Treffer ausgeschlossen über den Patienten und dem medi- keine oder anderen klinische zinischen Personal, d.h. Patienten Endpunkte und Behandler wissen nicht, ob der Patient der Kontroll- oder der Interventionsgruppe angehört, sog. blinding) 3 Treffer eingeschlossen: relevante Artikel > Vergleichbarkeit der Gruppen > verblindete Ereignisauswertung Abbildung 2: Rechercheergebnis, Pubmed-Recherche am 03.07.2008 Quelle: eigene Darstellung
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 12 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN > Analyse und Minimierung von darf deshalb nur bezüglich der ge- 4. Die Gruppe überlegt nun, wie sich Nachuntersuchungsausfällen (sog. sammelten Endpunkte Schlaganfall, diese Zahlen in der täglichen Bera- loss to follow-up) Herzinfarkt und kardiovaskulärer tung der Patienten umsetzen lassen. Tod interpretiert werden. Da es sich Sie kommt zu dem Schluss, dass > „Intention to Treat“ versus „Per insgesamt um vaskuläre Ereignisse Clopidogrel für die Patientin, die Protokoll“ Analyse handelt und die Tendenz bei allen durch die Kollegin im QZ vorgestellt einzelnen Endpunkten ähnlich ist, wurde, keine Alternative darstellt, Im Rahmen der CAPRIE-Studie kann die Studie jedoch weiter für da der zusätzliche Nutzen im Sinne wurde der Nutzen von Clopidogrel Fragestellung herangezogen werden. der Risikoreduktion klein ist. im Vergleich zu ASS zur Verhinde- rung von Schlaganfall-Rezidiven In der CAPRIE-Studie traten unter 5. Die Kollegin wird die Gruppe über untersucht. Damit untersucht die ASS pro Jahr bei 1.021 von 9.586 Fäl- den weiteren Krankheitsverlauf ihrer Studie genau die Frage, die für den len (entsprechend 5,83% Ereignisse Patientin auf dem Laufenden halten. Qualitätszirkel interessant ist. jährlich) die genannten vaskulären Eine Evaluation im eigentlichen Sinn Ereignisse auf – unter Clopidogrel kann in einem Qualitätszirkel ohne Die Studie wird mithilfe einer Check- bei 939 von 9.599 Fällen (entspre- Rückmeldesysteme nicht geleistet liste daraufhin geprüft, ob sie die chend 5,32% Ereignisse jährlich). werden. oben angeführten Qualitätskriterien erfüllt. 19.185 Patienten erhielten 509 von 9.599 mit Clopidogrel und eine der beiden Substanzen. Die 546 von 9586 mit ASS behandelten große Anzahl von Probanden gibt in Patienten erlitten während der 1,91 Bezug auf das Ergebnis der Studie Jahre dauernden Beobachtung einen schon eine gewisse Sicherheit (die Schlaganfall. statistische Power der Studie ist hoch). Die Zuweisung der Patien- In der Studie wird dargelegt, dass ten zu den beiden Studienarmen unter Clopidogrel die relative Risi- erfolgte zufällig, das heißt rando- koreduktion (RRR), ein vaskuläres misiert. Durch diese Maßnahme Ereignis zu erleiden, 8,7% beträgt. wurde versucht eine systematische Eine Zahl, die im Qualitätszirkel Fehlermöglichkeit (Selektionsbi- beim nächsten Treffen unter dem as) zu vermeiden. Patienten und Aspekt der fraglichen Überlegenheit behandelnde Ärzte waren bezüglich des Clopidogrels gegenüber ASS der Zuordnung zu den Therapiear- heiß diskutiert wird. Der Einsatz der men verblindet. Auch diese Vorge- teureren Substanz scheint sich auf hensweise erniedrigt das Risiko für den ersten Blick zu lohnen. eine systematische Verzerrung der Studienergebnisse. Die Nachbeob- Ganz überzeugt sind die Teilneh- achtungszeit war mit ein bis drei mer des Qualitätszirkels von der Jahren lang genug um das Eintreten Darstellung der Ergebnisse jedoch relevanter Ereignisse abzubilden. nicht. Die Kollegin, die den Fall eingebracht hat, stellt fest, dass es Es gibt allerdings eine Schwäche bei sich angesichts der großen Anzahl dieser Studie: Der Schlaganfall war beobachteter Patienten doch eigent- kein vor Studienbeginn klar definier- lich nur um einen geringen Nutzen ter Untersuchungsgegenstand (pri- handeln würde. Sie rechnet mit den märer Endpunkt). Der beobachtete absoluten Zahlen: Jährlich kam es gemischte primäre Endpunkt setzte unter beiden Medikamenten nur bei sich zusammen aus Schlaganfall, ca. jedem 20. Patienten (5,83% ver- Herzinfarkt und kardiovaskulärem sus 5,32%) zu einem ischämischen Tod. Statistisch gesehen ist es unzu- Ereignis. Betrachtet man also die lässig, die Studie einzig mit Blick auf absolute Risikoreduktion (Absolute die Verminderung eines Schlagan- Risiko-Reduktion = ARR), so ist sie falles auszuwerten, weil sie darauf mit 0,51% bei weitem nicht mehr so nicht angelegt war. Das Ergebnis beeindruckend.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 13 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN EMPFEHLUNGEN FÜR DIE ZIRKELMODERATION Für den Einstieg in die Thematik Wenn die Qualitätszirkel routinierter wird empfohlen, mit dem oben mit den Methoden der EbM umgehen genannten Fallbeispiel zu arbeiten. und zur Lösung realer Probleme Die Moderation einer 90-minütigen genutzt werden sollen, ist es mögli- Sitzung mit der Bewertung einer cherweise zu empfehlen, den Fall in Originalarbeit oder eines Evidenzbe- zwei Zirkelsitzungen zu bearbeiten. richts gliedert sich dabei in vier Pha- Die in einer Qualitätszirkelsitzung sen. Je nach vereinbartem Setting vergleichbar geringe Zeit wird in der kann diesem Ablaufplan Lesezeit für Regel eine komplette Bearbeitung das Bearbeiten vorangestellt werden. der fünf Schritte der EbM zur Prob- Die in der Regel 15-minütige Lesezeit lemlösung nicht erlauben. Die meiste bietet den Teilnehmern die Mög- Zeit wird dabei durch die Bewertung lichkeit, sich auf den gemeinsamen der Studie(n) und die Diskussion der Arbeitsprozess einzustimmen. Die Ergebnisse beansprucht. In der Re- angegebenen Zeitvorstellungen sind gel empfiehlt es sich, dass der Mode- für eine Qualitätszirkelsitzung kal- rator (nach den Vorgaben der Gruppe kuliert, in der die Bewertung einer z.B. Generierung der Fragestellung, Arbeit zum ersten Mal stattfindet. Festlegung der Suchstrategie) die entsprechenden Studien recherchiert Wenn sich der Qualitätszirkel an die und an die Teilnehmer verteilt. Vorgehensweise gewöhnt hat, wird Alternativ könnte der Suchauftrag sich der zeitliche Umfang insbe- (im Sinne des ersten EbM-Schrittes: sondere der ersten Schritte deut- „Formulierung einer beantwort- lich reduzieren, z.B. geschieht das baren Frage“) auch bereits in den Formulieren einer „suchtauglichen Modulen „Patientenfallkonferenz" Frage“ dann schon fast automatisch oder „Arbeit mit Rückmeldesyste- und die Schwerpunkte der Moderati- men" im Rahmen einer 5-10-minüti- on verschieben sich auf die kritische gen Abschlussdiskussion erarbeitet Bewertung und die Übertragung der werden. In diesem Fall wird sich Ergebnisse auf den konkreten Fall. der Schwerpunkt der Moderation im Teil EbM auf die Moderationsphasen C (Bewertung der Evidenz) und D (Übertragung der Ergebnisse in den Alltag) verlagern.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 14 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN Phase EINFÜHRUNG A ZEITBEDARF: 20 MINUTEN SCHRITT 1 Ausgehend von dem vorgestellten Fall wird gemeinsam erarbeitet, welche weiteren Informatio- nen erforderlich sind, um die notwendigen Entscheidungen richtig zu treffen und welche Quel- len hierfür genutzt werden können. Dabei werden zunächst Informationsquellen gesammelt, welche die QZ-Teilnehmer in ihrer täglichen Praxis nutzen würden, um den Fall zu lösen. Die Gruppe diskutiert kurz über das Vorgehen und identifiziert mögliche Mängel im methodischen Vorgehen. Die Diskussion dient neben der „Problemsammlung“ auch der Sensibilisierung der Teilnehmer für das Thema. Es ist wichtig darauf hinzuarbeiten, sich bei der Auswertung der Falldarstellung nicht mit den inhaltlichen Fakten zu beschäftigen, sondern mit der angewandten Methode zur Lösung des Problems. Dies kann der Moderator durch folgende Fragen unterstützten: > Welche Informationen lagen der Entscheidung zugrunde? > Wurden alle verfügbaren Informationsquellen genutzt? > Wurde die Information systematisch gesucht? > Wurde die Information nach Qualitätsmerkmalen ausgewählt? > Wie wurden individuelle Bedürfnisse des Patienten berücksichtigt? > Welche Vorteile/Barrieren bei Anwendung von EbM in der Praxis werden gesehen? Empfohlene Moderationsmedien: Moderationsplakat 1: Einführung in die EbM/PICO-Frage Pinnwand/Moderationskoffer Methodische Hinweise: Zur Straffung der Diskussion und Sammlung von möglichen Informationsquellen eignet sich eine 2-stufige Abfrage mit verschiedenfarbigen Karten. Dabei wird bei der Frage nach Informa- tionsquellen eine Karte ausgegeben, auf der jeder QZ-Teilnehmer die am häufigsten genutzte Quelle angibt, während die Karten der anderen Farbe zur Ideensammlung potenzieller Informa- tionsquellen dienen. Die Quellen „Eigene klinische Erfahrung“ und „Patient“ werden dabei häufig vergessen. Auf die besondere Bedeutung dieser Quellen sollte der Moderator im Hinblick auf die Definition der EbM nach Sackett besonders hinweisen (s. Tabelle 2). Im Anschluss an die Kartenabfrage zur Nutzung von Quellen führt der Moderator in die Beson- derheiten des strukturierten Vorgehens zur Problemlösung mit Hilfe der Methoden der Evidenz- basierten Medizin (Fünf Schritte der EbM) ein. Übergreifende methodische Hinweise: Als Hilfestellung können die fünf Schritte der EbM auf einem Flipchart oder mittels Beamerprojektion visualisiert werden.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 15 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN ZIELE > Die QZ-Teilnehmer haben sich über notwendige Informationen und die dafür PHASE A erforderlichen Quellen verständigt. > Die wesentlichen Probleme des Patientenfalls sind identifiziert. > Den Teilnehmern sind die Besonderheiten eines strukturierten Vorgehens zur Problemlösung bekannt. INFORMATIONSQUELLE FRAGE KLINISCHE ERFAHRUNG PATIENT FACHZEITSCHRIFT FORTBILDUNG KOLLEGE PHARMAVERTRETER INTERNETSUCHMASCHINEN DATENBANKEN EVIDENZBERICHTE LEITLINIEN PATIENTENINFORMATIONEN Tabelle 2: Beispieltabelle Kartenabfrage Informationsquellen
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 16 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN PRAKTISCHE ARBEIT AM THEMA – Phase B FINDEN DER SUCHTAUGLICHEN FRAGE ZEITBEDARF: 10 MINUTEN SCHRITT 1 Der vorgestellte Fall wird systematisch daraufhin untersucht: > Welche Fragestellungen sich aus dem „Fall“ ergeben, > wie diese in so genannte „Suchtaugliche Fragen“ aufgegliedert werden und > auf welchem Wege die Antwort gesucht werden soll, um das Problem zu lösen. Hierzu wird nach Sammlung der Fragen und möglicher Informationsquellen eine Zuordnung getroffen, wann welches Vorgehen (Entscheidung aufgrund der Erfahrung des Arztes und des Patienten vs. systematische Suche nach der besten verfügbaren Evidenz) erforderlich ist. Ziel ist es, die als EbM-relevant identifizierten Fragestellungen in ein Format umzusetzen, welches die Entwicklung einer systematischen Datenbankrecherche erleichtert. Für den Bereich der Therapie-(Interventions-)Studien hat sich das PICO-Schema bewährt. Zunächst wird bei der Recherche die vorgeschlagene Frage bearbeitet. In späteren Sitzungen wird bei steigender Routine mit der Vorgehensweise aus den formulierten, suchtauglichen Fragen eine ausgesucht, die im Verlauf der QZ-Sitzung weiter bearbeitet wird. Empfohlene Moderationsmedien: Moderationsplakat 1: Einführung in die EbM/PICO-Frage Pinnwand/Moderationskoffer Methodische Hinweise: Die Diskussion kann durch eine Kartenabfrage unterstützt werden (siehe Tabelle 3). Sie erlaubt eine rasche Zuordnung der Fragen zu möglichen Informationsquellen. Es sollten die Fragestel- lungen herausgearbeitet werden, die durch eine systematische Suche (z.B. in Datenbanken) beantwortet werden können. ZIELE > Die suchtaugliche(n) Frage(n) ist/sind identifiziert. PHASE B INFORMATIONSQUELLE FRAGE PROBLEM INTERVENTION KONTROLLE OUTCOME (ERGEBNIS) Tabelle 3: Beispieltabelle für Kartenabfrage PICO
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 17 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN Phase PRAKTISCHE ARBEIT AM THEMA – C BEWERTUNG VON ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN ZEITBEDARF: 45 MINUTEN SCHRITT 1 Ausgehend von dem Fall und der in diesem Zusammenhang formulierten suchtauglichen Frage wird die Studie des Fallbeispiels und später eine durch den Moderator ausgewählte und zuvor bewertete Studie als Ergebnis der Suche vorgelegt. Bei dieser soll durch die Teilnehmer die Qualität der Methodik der Durchführung der Studie und der Darstellung der Ergebnisse hinter- fragt werden. Hierzu können in einem ersten Schritt wichtige Qualitätsaspekte an die methodischen Anforde- rungen bei den Teilnehmern gesammelt werden, um aus einer generischen Checkliste (CL) die Punkte auszuwählen, die für die anschließende Bewertung herangezogen werden sollen. Empfohlene Moderationsmedien: Moderationsplakat 2: Kritische Bewertung einer Therapiestudie Flipchart, verschiedenfarbige Moderationskarten und verschiedenfarbige Stifte Kopien des Fallberichtes und der ausgewählten Studien Methodische Hinweise: Die Ermittlung spezifischer methodischer Anforderungen soll die QZ-Teilnehmer für methodi- sche Fragestellungen sensibilisieren. Die Priorisierung der Schwerpunkte kann beispielsweise mithilfe einer Punktabfrage erfolgen. SCHRITT 2 Nach einer Priorisierung der Schwerpunkte erfolgt eine Bewertung der Studie mit Hilfe der Checkliste in Kleingruppen (drei bis vier Teilnehmer). Die dort ermittelten Ergebnisse werden anschließend in der gesamten Gruppe moderiert vorgestellt. Am Ende der Moderation sollte auf Grundlage der erfolgten methodischen Bewertung die Entscheidung getroffen werden, ob die Ergebnisse zuverlässig und vertrauenswürdig sind und bei der Entscheidung berücksichtigt werden sollen. Das Arbeitsblatt (AB) „Berechnung wichtiger Kenngrößen“ bietet eine Hilfestellung für die Berechnung wichtiger Kennzahlen. Empfohlene Moderationsmedien: Checkliste: Bewertung von Studien Kleingruppenarbeit Arbeitsblatt 1: Berechnung von Kenngrößen bei Therapiestudien Methodische Hinweise: Bei der Vorbereitung der Checkliste ist darauf zu achten, dass die Fragen für die Bewertung des jeweiligen Quelltextes (z.B. Therapie-, Diagnostikstudie, entsprechende Reviews) geeignet sind. Da es oft nicht sinnvoll ist, in der zur Verfügung stehenden Zeit die teilweise umfangrei- chen Checklisten komplett abzuarbeiten, sollte ein an die Fragestellung und die vorliegende Studie angepasster verkürzter Fragenkatalog verwendet werden. Hilfreich ist dabei die vorher erfolgte Priorisierung der Qualitätsanforderungen der Teilnehmer. Die Analyse der ausgewählten Studie durch Berechnung wichtiger Kenngrößen ist dann beson- ders hilfreich, wenn die in der Studie dargestellten Ergebnisse für die Entscheidungsfindung wegweisend sind.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 18 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN Die eigentliche Bewertung erfolgt in Kleingruppen mithilfe einer vorbereiteten Checkliste, wobei die Fragen nach der erfolgten Priorisierung abgearbeitet werden. Das Vorgehen der weitgehend selbstständigen Lösung der Aufgabenstellung hat sich schon in vielen EbM-Kursen bewährt. Die optimale Größe von Kleingruppen sind drei bis vier Personen. Der Arbeit in Klein- gruppen sollte ca. die Hälfte der Zeit gewidmet sein. Die anschließende gemeinsame Diskus- sion der Ergebnisse hat primär zum Ziel, unterschiedliche Vorgehensweisen und Ergebnisse bei der Bewertung herauszufinden. Dies dient nicht nur dazu, von Anderen zu lernen, sondern auch den Teilnehmern die Grenzen des gewählten Vorgehens aufzuzeigen. Wenn ausreichend Zeit zur Verfügung steht, können zusätzlich wichtige Kenngrößen von Interventionsstudien berechnet werden (siehe Kopiervorlage „Wichtige Kenngrößen…“). Übergreifende methodische Hinweise: Achten Sie bei der Vorbereitung der QZ-Sitzung darauf, dass Kopien des Fallberichts und der ausgewählten Studien in einer ausreichenden Anzahl für die QZ-Teilnehmer zur Verfügung stehen. ZIELE > Die QZ-Teilnehmer sind für die methodischen Fragestellungen sensibilisiert. PHASE C > Die ausgewählte(n) Studie(n) ist/sind durch die Teilnehmer bewertet. Phase PRAXISTRANSFER/WEITERES VORGEHEN D ZEITBEDARF: 15 MINUTEN SCHRITT 1 Diese Moderationsphase widmet sich der Entscheidung darüber, ob die/das ausgewählte Stu- die/Review geeignet ist, den realen/imaginären Ausgangsfall zu lösen. Die Diskussion sollte folgende Punkte umfassen: > Erfolgte die Recherche ausreichend systematisch? > Reicht die methodische Bewertung, wie sie in der Phase C durchgeführt wurde, aus? > Ist das in der Phase A (Systematik der EbM) diskutierte Vorgehen eine Alternative? > Muss aufgrund der vorgelegten Ergebnisse die Therapieentscheidung geändert werden? > Ergibt sich die Notwendigkeit für eine weitere Qualitätszirkelsitzung zum Thema EbM (ggf. mit dem Schwerpunkt Leitlinien, Patienteninformationen)? > Welche weiteren Konsequenzen ergeben sich für die Entscheidung über das Vorgehen bei der Beantwortung der in der Phase B aufgeworfenen Fragen? Empfohlene Moderationsmedien: Flipchart Methodische Hinweise: In einer moderierten Diskussion sollen Erfahrungen zu Defiziten und Grenzen der EbM von den Teilnehmern ausgetauscht werden.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 19 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN SCHRITT 2 Schließen Sie die Arbeit mit Original- und Übersichtsarbeiten im Zirkel ab und verweisen Sie auf die folgenden Module zur Arbeit mit evidenzbasierten Leitlinien und evidenzbasierten Patienteninformationen. Holen Sie sich ein Feedback zur Zirkelsitzung ein. Empfohlene Moderationsmedien: Blitzlichtfeedback Methodische Hinweise: Empfehlen Sie dem Zirkel die Fortsetzung der Arbeit zu EbM mit den beiden genannten Modu- len als wichtige Voraussetzung für die weitere Zirkelarbeit und den Transfer aktuellen Wissens in die Praxis. ZIELE > Die QZ-Teilnehmer haben sich eine Meinung dazu erarbeitet, ob die ausgewählte Studie PHASE D geeignet ist, die identifizierten Probleme des Behandlungsfalls zu lösen. > Die Teilnehmer kennen die Möglichkeit, die Themen „Evidenzbasierte Leitlinien“ und „Evidenzbasierte Verfahrensanweisungen“ für die weitere Arbeit zum Thema nutzen zu können. > Sie haben ein Feedback zur Moderation erhalten.
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 20 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN UNTERSTÜTZENDE MATERIALIEN EINFÜHRUNG IN DIE SYSTEMATIK DER EbM: DAS FINDEN DER SUCHTAUGLICHEN FRAGE (STUDIENBEWERTUNG – TEIL I) DIE PROBLEME UND KLINISCHEN FRAGESTELLUNGEN DER AUSGANGSSITUATION DATUM: WIE WIRD DIE INFORMATION BESCHAFFT?/WAS WÜRDEN SIE OHNE EbM TUN? Quelle: Frage/Information: Eigene klinische Erfahrung Patient WELCHE DER FRAGEN ERFORDERT EINE SYSTEMATISCHE RECHERCHE? GEORDNETE FRAGESTELLUNG, DIE DIE/DER ZU SUCHENDE STUDIE/EVIDENZBERICHT BEANTWORTEN SOLL (Z.B. PICO, AUCH FESTLEGUNG ÜBER SUCHSTRATEGIE, DATENBANKEN ALS AUFTRAG AN DEN MODERATOR) P: I: C: O: MP 1: Einführung in die EbM und PICO-Frage
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 21 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN BEWERTUNG EINER THERAPIESTUDIE: KONSEQUENZEN FÜR DIE PRAXIS (STUDIENBEWERTUNG – TEIL II) WELCHE ANFORDERUNGEN MUSS DIE STUDIE ERFÜLLEN? DATUM: PRIORISIERUNG DER FRAGEN IN DER CHECKLISTE? WICHTIGE KENNGRÖSSEN FÜR THERAPIESTUDIEN Absolute Risikoreduktion Relatives Risiko Relative Risikoreduktion Number needed to treat WAS MACHEN SIE IM KONKRETEN FALL? KONSEQUENZEN FÜR DIE ZUKUNFT? (Hier neben Fehleranalyse zum Vorgehen auch konkrete Aufträge an den Qualitätszirkel festhalten.) MP 2: Kritische Bewertung einer Therapiestudie
HANDBUCH QUALITÄTSZIRKEL 22 MODUL: METHODEN UND INSTRUMENTE DER EVIDENZBASIERTEN MEDIZIN – ORIGINAL- UND ÜBERSICHTSARBEITEN CHECKLISTE THERAPIESTUDIE* STUDIE + – +/– Handelt es sich um eine klinisch relevante, sinnvolle Fragestellung? Angemessener Studientyp (Hierarchie der Evidenz) zur Beantwortung der gestellten Frage? Einschluss von für das Problem charakteristischen Patienten? („baselines“) Angaben über die Gesamtheit des betroffenen Patientenklientels aus denen Studien-Patienten rekrutiert wurden, d.h., sind spezielle „geeignete“ Patienten für die Studie ausgewählt worden oder handelt es sich um einen repräsentativen Querschnitt der Patientengesamtheit? Randomisierung Randomisierungsverfahren "concealment of allocation" Vergleichbarkeit der Patienten zu Studienbeginn bezüglich prognostisch wichtiger Merkmale? Sind Angaben zur geplanten statistischen Auswertung enthalten? Verblindung (doppel-blind +, einfach-blind +/-, offen -) Gleiche Therapie abgesehen von der zu untersuchenden? Wurden alle randomisierten Patienten in ihren "Gruppen" ausgewertet? - intention-to-treat - Angemessene Kontrolltherapie? Ist das primäre Zielkriterium klinisch relevant? (Surrogatparameter klinischer Endpunkt) Ausmaß des Therapieeffektes in „absoluten Werten“ angegeben? Absolute Risikoreduktion/Number Needed to Treat Angaben über Konfidenzintervalle? Angaben über unerwünschte Effekte? Übertragbarkeit/Anwendbarkeit der Ergebnisse? („baselines“ u.a.) Gibt es Angaben zu möglichen Interessenkonflikten? Die grau unterlegten Fragen sind allein auf dem Boden klinischer Erfahrung – ohne Methodenwissen – zu beantworten. Fazit: Relevante Fragestellung? Studie methodisch valide? Relevantes Ergebnis? CL: Therapiestudie * Modifizierte Checkliste. Quelle: Systems to Rate the Strength of Scientific Evidence. Summary, Evidence Report/Technology Assessment: Number 47. AHRQ Publication No. 02-E015, March 2002. Agency for Healthcare Research and Quality, Rockville, MD. Zitiert nach: Handbuch zur Entwicklung regionaler Leitlinien, Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), PMV forschungsgruppe an der Universität zu Köln, Leitliniengruppe Hessen. Berlin: ÄZQ; 2006
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