Ludwig-Maximilians-Universität München - Schriften zur Empirischen Forschung und Quantitativen Unternehmensplanung

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Ludwig-Maximilians-Universität München
Schriften zur Empirischen Forschung und Quantitativen Unternehmensplanung

                Heft 12 / 2002

         Bewertung von CRM-Aktivitäten aus
                    Kundensicht
                  – eine empirische Untersuchung –

                   Markus Zinnbauer/ Markus Eberl

                                           Ludwig - Maximilians - Universität
                                           München

                                           Institut für Unternehmensentwicklung und
                                           Organisation
                                           Seminar für Empirische Forschung und
                                           Quantitative Unternehmensplanung
                                           Prof. Dr. Manfred Schwaiger

                                           Kaulbachstr. 45 / I
                                           D-80539 München

                                           Tel.:   (089) 2180 5640
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M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht             I

Zusammenfassung

Das Konzept des Customer Relationship Managements (CRM) ist zu einem bedeu-
tenden Baustein in der Endkunden-Vertriebsstrategie vieler Branchen - so auch in
der Automobilindustrie - avanciert. Da es allerdings neben Planung und Umsetzung
einzelner CRM-Aktivitäten auch zu evaluieren gilt, ob die Maßnahmen aus Kunden-
sicht den gewünschten Nutzen stiften und damit ihr Ziel angemessen erfüllen, wird
ein entsprechendes Messinstrument entwickelt und getestet. Die Ergebnisse der
Erstmessung im Rahmen einer deutschlandweit repräsentativen Erhebung zeigen,
dass die Annahme einer homogenen Kundenstruktur die Realität nicht hinreichend
erklärt. Deshalb werden mittels einer Clusteranalyse drei Kundengruppen identifiziert,
die mit differenzierten CRM-Aktivitäten besser zu erreichen sind
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                                                          II

Inhalt

Zusammenfassung ...................................................................................................... I
Inhalt........................................................................................................................... II
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... III
Tabellenverzeichnis ................................................................................................... III
1      Einleitung und Problemstellung ........................................................................... 1
2      Begriffliche Einordnung und Untersuchungsziel .................................................. 2
    2.1      Customer Relationship Management (CRM) in der Automobilbranche ........ 2
    2.2      Zielgruppenspezifische Ausrichtung von CRM-Aktivitäten ........................... 4
3      Empirische Erhebung .......................................................................................... 5
    3.1      Operationalisierung und Durchführung......................................................... 5
    3.2      Datenbasis ................................................................................................... 8
    3.3      Zufriedenheiten mit einzelnen CRM-Maßnahmen ........................................ 9
    3.4      Identifikation von Zielgruppen für CRM-Maßnahmen ................................. 13
4      Fazit................................................................................................................... 17
Literaturverzeichnis .................................................................................................. 18
Anhang ..................................................................................................................... 21
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                                              III

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - CRM-
             Kanal Broschüren ................................................................................ 10
Abbildung 2: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - CRM-
             Kanal Händler...................................................................................... 11
Abbildung 3: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - CRM-
             Kanal Call Center ................................................................................ 11
Abbildung 4: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - Internet
             Hersteller ............................................................................................. 12
Abbildung 5: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern -
             Zusammenfassung .............................................................................. 12

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Globale Zufriedenheiten mit den CRM-Aktivitäten ..................................... 9
Tabelle 2: Identifizierte Cluster - Mittelwerte der Bedeutungsgewichte .................... 14
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                                 1

1 Einleitung und Problemstellung
Der in vielen Branchen festzustellende Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten so-
wie die zunehmende Homogenisierung der Produkte und Leistungen lassen die Pfle-
ge und das Management von Kundenbeziehungen zu einer der zentralen Herausfor-
derungen an Unternehmen werden.1 Gleichzeitig werden die Kunden – speziell auf
Endverbrauchermärkten – einer zunehmenden Reizüberflutung bis hin zum Informa-
tion Overload ausgesetzt,2 wodurch Massenkommunikation erschwert wird bzw.
Streuverluste stark ansteigen.

Diese Problemfelder gelten auch für all jene Unternehmen der Verkehrswirtschaft,
deren finale Zielgruppe aus Endverbrauchern besteht und damit gleichsam für öffent-
liche und privatwirtschaftliche Unternehmen des Personenverkehrs, unabhängig da-
von, ob sie im Schienenverkehr, in der Luftfahrt oder im Automobilbereich Mobilitäts-
leistungen/-produkte anbieten.

Als Reaktion auf diese Entwicklungen bedienen sich die Unternehmen seit geraumer
Zeit eines Ansatzes, der die Beziehung zum Kunden in den Mittelpunkt stellt. Das
Customer Relationship Management (CRM) basiert auf dem Gedanken, dass erfolg-
reiche Kundenbeziehungen eine Voraussetzung zur besseren Befriedigung von Kun-
denwünschen darstellen und damit zum Aufbau schwer kopierbarer, strategischer
Wettbewerbsvorteile beitragen.

Aus der in der Praxis dementsprechend zunehmenden und in der Literatur gleichsam
geforderten Implementierung eines CRM-Konzepts erwächst allerdings die For-
schungsfrage, welche kundengerichteten Prozesse in der unternehmerischen Reali-
tät möglichst effizient einzubinden sind. Denn Kundenbindung wirkt sich durch Nach-
und Wiederkäufe sowie durch Cross-Selling und Weiterempfehlung mit steigender
Beziehungsdauer langfristig zwar gewinnsteigernd aus,3 gleichzeitig bergen CRM-
Investitionen aber auch Risiken. Hauptsächlich sind dabei Probleme der mangelnden
Wahrnehmung dieser Aktivitäten auf Kundenseite sowie Fehlallokationen kostenin-
tensiver Maßnahmen auf jene Kunden anzuführen, deren (zu) geringer „Life Time
Value“ keinen positiven ROI ermöglicht.4

Bislang fehlen allerdings Konzepte in der Literatur und auch in der Praxis, um CRM
aus Kundenperspektive effizienter und zielgruppenspezifischer durchzuführen. Da
die Kundensicht speziell in der Automobilbranche im Gegensatz zu näher an den

1
  Vgl. bspw. Muther (2001), S. 12 f.
2
  Vgl. Meyer (1998), S. 202.
3
  Vgl. Anderson et al. (1994), S. 54 f. sowie Meinig (1994), S. 94.
4
  Vgl. überblicksweise zur Modellierung und Operationalisierung von Kundenwert und Kundenlebenszeit Krafft
(2002), S. 33-39.
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Verbrauchern operierenden Verkehrsdienstleistern nicht aus den reinen Transakti-
onsdaten ersichtlich wird, besteht hier besonderer Forschungsbedarf.

Daher bildet die Identifikation von CRM-Zielgruppen beim Neuwagenkauf einschließ-
lich spezieller CRM-Bedürfnisstrukturen das Erkenntnisziel dieser Arbeit. Dazu wur-
den im Rahmen einer Forschungsstudie bundesweit Neuwagenkäufer befragt, wie
sie CRM-Maßnahmen und angebotene Interaktionskanäle wahrnahmen und verwen-
deten, und inwieweit die Kunden mit diesen Services zufrieden waren.

Im folgenden Kapitel wird nun kurz auf den Begriff Customer Relationship Manage-
ment eingegangen sowie dessen Relevanz für den Verkehrssektor, respektive die
Notwendigkeit eines zielgruppenspezifischen CRM, dargelegt. Im Anschluss daran
werden das empirische Vorgehen beschrieben und die Erkenntnisse vorgestellt.

2 Begriffliche Einordnung und Untersuchungsziel
2.1 Customer Relationship Management (CRM) in der Automobilbranche
Der Begriff des Relationship Managements wird erstmals 1983 in der Literatur ge-
nannt, wobei Berry das Thema mit „attracting, maintaining and [..] enhancing custo-
mer relationships“5 erfasst. Dabei wurde auf eine strikte Abgrenzung von Transakti-
onsmarketing und Beziehungsmarketing geachtet. Die zunehmende Bedeutung des
Beziehungsaspekts wurde auch als neues Marketing-Paradigma beschrieben,6 da
statt der reinen Kundenakquisition, der Maximierung der Anzahl von Verkäufen und
statt der anonymen Kundenauffassung die Bindung des Kunden zur Priorität wurde.
Die klassische Stimulus-Response-Perspektive ging somit in eine interaktionsbezo-
gene Sichtweise über.7

Aus Unternehmenssicht werden dabei als Teilziele Kundenzufriedenheit, Kunden-
treue und -bindung sowie Kunden(rück)gewinnung und Cross-Selling verfolgt. Blie-
mel/Eggert differenzieren zwischen den Bindungszuständen „Verbundenheit durch
Zufriedenheit“ und „Gebundenheit durch Wechselbarrieren“.8 Durch die Umwandlung
der Sichtweise von der Objektorientierung zur Prozessorientierung verlieren die klas-
sischen Marketinginstrumente wie Preis oder Produkt nicht an Bedeutung; Aktivitäten
müssen sich nun jedoch auf den gesamten Geschäftsprozess und nicht mehr auf
einzelne Parameter beziehen.9

5
  Berry (1983), S. 25 (ein Überblick über die maßgeblichen Definitionen findet sich bei Wirtz (2001), S. 495).
6
  Vgl. Bauer et al. (1999), S. 284.
7
  Vgl. Peter (1997), S. 58.
8
  Bliemel/Eggert (1998), S. 39 ff.
9
  Vgl. Grönroos (1990), S. 3.
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Heute finden sich vier zentrale Perspektiven zur Ausgestaltung der Kundenbezie-
hung: Selektion, Individualisierung, Interaktion und Integration.10 Der Aspekt der Se-
lektion hält auf Grund der Ausrichtung an mehrperiodischen Ein- bzw. Auszahlungs-
strömen am Streben nach langfristig ausgelegten aussichtsreichen Geschäftsbezie-
hungen fest. Das Prinzip der Individualisierung fordert marketingtechnische Bemü-
hungen zur Befriedigung der Bedürfnisse des einzelnen Kunden. Die Interaktion,
also der direkte und intensive Kontakt zum Kunden, stellt wohl das Hauptziel des Re-
lationship Marketing. Durch eine breit gefächerte Kundenansprache können Einblicke
in Verhältnisse des Kunden und Gründe für Beziehungsschwierigkeiten gewonnen
werden und damit die Chancen zur Verwirklichung der Beziehungsziele erhöht wer-
den. Somit umfasst der Interaktionsaspekt neben dem „In-Beziehung-Treten“ auch
die Aktivierung des Kunden, mit dem Unternehmen Kontakt aufzunehmen. Mit der
vierten Säule des Beziehungsmarketings, der Integration, vollzieht sich schließlich –
in Abhängigkeit von Branchenspezifika – der Einbezug des Kunden in den Leis-
tungserstellungsprozess, der in mehrfacher Hinsicht und an verschiedensten Stellen
der Herstellung aktiv wird.

Wie eingangs dargelegt, bieten CRM-Maßnahmen mit dem Ziel der verstärkten Kun-
denbindung und Beziehungspflege u.a. die Antwort auf die Dynamisierung von Märk-
ten und die zunehmende Angleichung der Kernleistungen und -produkte. Insbeson-
dere im Bereich der Kundeninteraktion, der gegenüber dem Kunden besonders stark
sichtbar wird und der trotz Homogenisierung Raum zur kreativen und kompetenten
Differenzierung bietet, können Wettbewerbsvorteile erarbeitet werden. Daher be-
schränken wir uns im Folgenden zweckmäßiger Weise auf dieses Ziel.

Die exogenen Auslöser lassen sich nun auch in Mobilitäts- und Verkehrsbranchen
nachvollziehen. So werden z.B. die Kernleistungen von Fernverkehrssystemen, was
Gesamtreisezeit (von Tür zu Tür) und Komfort anbelangt, immer austauschbarer.
Darüber hinaus gleichen sich auf Grund des zunehmenden Preiswettbewerbs auch
die Beförderungsentgelte zunehmend an. Deshalb fokussieren ehemals leistungs-
und kostentechnisch deutlich unterscheidbare Anbieter, wie die Deutsche Bahn AG
(bzw. deren Vorläufergesellschaft) und innerdeutsch operierende Fluggesellschaften,
zwangsläufig immer öfter die selben Zielgruppen – teils sogar kooperativ.11 Gleich-
sam reichen in der Automobilbranche klassische generische Strategien nicht mehr
aus, da auch beim motorisierten Individualverkehr Produkthomogenisierung und ab-
nehmendes Prestigeempfängnis (und damit verbundener Anstieg der Preis-
Reagibilität) feststellbar sind.12

10
   Vgl. hierzu bspw. Diller (1995), S. 443 f., Holland et al. (2001), S. 57 oder Piller (1998), S. 103 ff.
11
   Vgl. Ludewig (1999), S. 127 oder Kittel (1999), S. 82.
12
   Vgl. Dudenhöfer (1997), S. 5 ff., Freter/Barzen (1988), S. 87 und Herrmann et al. (2001), S. 571.
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Der Kunde wird somit zum „knappen Gut“13 und damit zum zentralen Baustein für den
langfristigen Unternehmenserfolg. Auch im Personenverkehrssektor wird Kundenzu-
friedenheit deshalb immer bedeutender14 und wirkt sich wegen dessen oftmals mono-
bzw. oligopolistischer Strukturen sogar auf den Fortbestand ganzer Branchen aus.

2.2 Zielgruppenspezifische Ausrichtung von CRM-Aktivitäten
Auf Grund der maßgeblichen Rolle der Kundenbeziehungspflege und dabei vor allem
der Kundeninteraktion ist es in besonderem Maße bedeutsam, diese Aktivitäten effi-
zient zu steuern. Dabei ist vor allem die Interaktion mit den Kunden eher kurzfristig
steuerbar. Die Entscheidung, welche der zahlreichen möglichen mediatisierten und
personalisierten Kanäle welchen Kunden zur Verfügung gestellt und von diesen auch
als nutzbringend empfunden werden, erfordert Wissen um das Informationsverhalten
der Kunden und anschließendes Controlling.

Bestehende Konzepte zum CRM-Controlling basieren allerdings auf einer investiti-
onstheoretischen und damit renditeorientierten ex-post Betrachtung und sind oftmals
aus der Beratungspraxis entstanden.15 Die erforderliche Kundenperspektive fehlt da-
bei. Das Verständnis dieser Sichtweise wäre entweder über eine implizite Analyse
möglich, die aufbauend auf sehr detaillierten Informations- und Transaktionsdaten
erfolgt bzw. über eine direkte Befragung der Kunden und deren Wahrnehmungen
und Zufriedenheiten mit den nach außen sichtbaren Front-Office-CRM-Aktivitäten.

Im Verkehrswesen ist eine implizite Beurteilung der Effizienz von Maßnahmen zur
Kundenbeziehungspflege und zur Steigerung der Kundenzufriedenheit nun in Ab-
hängigkeit von der Vertriebssituation und den damit verbundenen Endverbraucher-
kontakten unterschiedlich komplex.

Bei Unternehmen, die großteils im Direktvertrieb Kundenkontakte anbahnen und über
den Kaufabschluss bis hin zur Leistungserbringung den Kunden direkt betreuen, ist
das Wissen um Bedürfnisse und das Verständnis (neudeutsch: Customer Insight)
naturgemäß deutlich höher. Erfolgreiche CRM-Tools, wie Kundenkartensysteme (z.B.
die Bahncard der Deutschen Bahn AG oder das Miles&More-System der Lufthansa
AG), die teilweise sogar mit Kreditkartenfunktionalitäten hinterlegt sind,16 ermöglichen
dem ausgebenden Unternehmen mittels Data Mining-Methoden weitreichende Infor-
mationen über Konsum- und Reisegewohnheiten der Kunden.17 Dieses Wissen stellt
einen weitreichenden Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz dar und ermög-

13
   Butscher (1998), S.11.
14
    Vgl. z.B. Herrmann (1998), der Kundenzufriedenheitskonzepte schon für öffentliche Personennahverkehrs–
unternehmen fordert.
15
   Hier sind insbesondere die Scorecard-Systeme von Kohl/Zimmermann (2001), Säuberlich et al. (2002) oder
Schröter/Dusch (2001) sowie CRM-Metriken von Hippner et al. (2002) oder Younker (2001) anzuführen.
16
   Vgl. Krah (2000), S. 56 f.
17
   Vgl. etwa Berry/Linoff (2000), S. 66 ff.
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licht maßgeschneiderte Angebote. Darüber hinaus kann verfolgt werden, inwieweit
einzelne CRM-Aktivitäten von den Kunden allgemein und von welchen Kundengrup-
pen besonders angenommen werden.

Anders verhält es sich bei Unternehmen, deren mehrstufige Vertriebsstruktur Ab-
satzmittler beinhalten, die naturgemäß auch im Besitz der Transaktionsdaten sind
und diese auch nicht an den Hersteller weitergeben. Im Verkehrssektor befinden sich
auf Grund der Schlüsselstellung der Handelsbetriebe vor allem die Automobilunter-
nehmen in einer derartigen Situation.18 Da eine Evaluierung des vom Kunden wahr-
genommenen Nutzens bislang fehlt19 und die Daten über den Kauf- und Informati-
onsprozess bei den Automobilherstellern nur in Einzelfällen in personalisierter Form
vorliegen, kann im Unternehmen weder explizit noch implizit erschlossen werden,
welche CRM-Aktivitäten von welchen Zielgruppen besonders angenommen werden.

3 Empirische Erhebung
Im Folgenden wird nun das Untersuchungsdesign vorgestellt und die Operationalisie-
rung des wahrgenommenen Kundennutzens der CRM-Aktivitäten in der Automobil-
branche skizziert.

3.1 Operationalisierung und Durchführung
Im Rahmen der verschiedenen CRM-Aktivitäten erbringt das Unternehmen unter-
schiedliche Leistungen, welche zumeist kommunikativer Natur sind. Der dadurch
beim Kunden gestiftete, also von diesem wahrgenommene Nutzen der CRM-
Aktivitäten ist damit letztendlich äquivalent zur Kundenzufriedenheit, wie sie in den
meisten Publikationen zum Thema verstanden und beispielsweise von Mey-
er/Dornach definiert wird.20 Demnach ist darunter das Ergebnis eines subjektiven Ab-
gleichs einer Soll-Komponente (Erwartungen und Ansprüche) mit einer Ist-
Komponente (wahrgenommene Leistung) zu verstehen. Diese Auffassung wird als
Confirmation/Disconfirmation-Paradigma bezeichnet.21

Die Soll-Komponente steht dabei für einen individuellen Vergleichsstandard, der
durch Erfahrungsnormen, Erwartungen sowie Ideale gebildet worden sein kann.22

18
   Vgl. z.B. Heß (1997), S. 25 f. Außerdem setzte eine weitere einschneidende Veränderung in der Distributions-
politik mit dem Fall der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) am 30. September 2002 ein (vgl. Diez (2002)).
Die von Burmann ((1991), S. 250) festgestellte Beziehung, dass Markenloyalität die Voraussetzung für Händler-
loyalität darstellt, befindet sich insofern in Auflösung. Es ist vielmehr mit einem „Intra-Brand-Wettbewerb“
unter den Vertragshändlern einer Marke zu rechnen.)
19
    Studien zur Kundensicht werden bislang vor allem produktgetrieben durchgeführt. So ist auch die von der
Automobilindustrie stetig unter strenger Geheimhaltung durchgeführte New Car Buyer Survey (NCBS) aus-
schließlich auf die Zufriedenheit mit Marken und Modellen bzw. auf Wechselmotive ausgerichtet, nicht aber auf
den Kommunikations- und Beziehungsprozess (vgl. Benady 2001, S. 22).
20
   Vgl. Meyer/Dornach (1998), S. 249.
21
   Vgl. z.B. Homburg/Rudolph (1998), S. 39.
22
   Vgl. ebenda.
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Demgegenüber wird in großer Übereinstimmung unter der Ist-Komponente die sub-
jektiv wahrgenommene Leistung eines Produktes oder einer Dienstleistung verstan-
den.23 Durch die Gegenüberstellung der Soll- und der Ist-Komponente findet ein kog-
nitiver Abgleich, der so genannte Soll-Ist-Vergleich, statt.24 Dessen Ergebnis kann
Bestätigung (Konfirmation) oder Nichtbestätigung (Diskonfirmation) der Erwartungs-
haltung darstellen. Unter zusätzlicher Wirkung situativer Faktoren entsteht im Falle
von Konfirmation und positiver Diskonfirmation (Ist > Soll) Zufriedenheit, im Falle ne-
gativer Diskonfirmation (Ist < Soll) Unzufriedenheit.25

Zur Messung des theoretischen Konstrukts kommen prinzipiell objektive und subjek-
tive Verfahren in Betracht, wobei nur Letztere für eine valide Messung in Frage
kommen.26 Innerhalb dieser Gruppe lassen sich ereignisorientierte und merkmalsori-
entierte Ansätze trennen. Die jeweilige Vorteilhaftigkeit der Verfahren wird in der
Wissenschaft ausgiebig diskutiert,27 als spezifischer Nachteil der ereignisorientierten
Ansätze lassen sich jedoch Repräsentativitätsprobleme anführen. Deshalb wird im
weiteren Vorgehen der Fokus auf merkmalsorientierte Verfahren gelegt, bei denen
die Zufriedenheit als Ergebnis der Bewertung von Einzelmerkmalen der wahrge-
nommenen Leistung verstanden wird. Die Zerlegung der Gesamtbeurteilung in Teil-
zufriedenheiten für einzelne Leistungsmerkmale wird auch als multiattributive Mes-
sung bezeichnet. Zuletzt ist zu unterscheiden, ob eine separate Erfassung der Soll-
Komponente erfolgen oder die Zufriedenheit direkt abgefragt werden soll. Die sepa-
rate Messung der beiden Komponenten ist jedoch mit verschiedenen Validi-
tätsproblemen verbunden28, sodass für die vorliegende Studie die merkmalsbezoge-
ne, multiattributive Erfassung der Zufriedenheit ohne Erwartungsmessung zur An-
wendung kommt. Dieses Verfahren dominiert in der theoretischen Diskussion und
praktischen Anwendung gleichermaßen und wird von Homburg/Werner als „valideste
Form der Messung“29 identifiziert.

Neben den eigentlichen Zufriedenheitsurteilen sind auch die jeweiligen subjektiven
Wichtigkeitsurteile der Befragten für jedes Leistungsmerkmal relevant. Die Bedeu-
tung einzelner Merkmale ist insbesondere für ein Controlling von CRM-Maßnahmen
maßgeblich, da nur durch ein entsprechendes Bedeutungsgewicht Aussagen über
den gesamten Nutzen getroffen werden können, den einzelne Handlungsfelder zu
erbringen imstande sind. Durch diese Urteile lassen sich schließlich die aus Sicht des
Kunden wichtigen und unwichtigen Leistungsmerkmale trennen und einzelne Ziel-

23
     Vgl. Stauss (1999), S. 7.
24
     Vgl. Müller (1996), S. 151.
25
     Vgl. Oliver 1980, S. 460 f.
26
     Vgl. Stauss (1999), S. 12.
27
     Vgl. etwa Engelmann/Müller (1997), S. 49.
28
     Vgl. bspw. Meyer/Ertl (1998), S. 229.
29
     Homburg/Werner (1998), S. 133.
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gruppen identifizieren, die unterschiedliche Anforderungen an CRM-Aktivitäten stel-
len. Im Rahmen des dargestellten Messinstruments sollen diese Bedeutungsgewich-
te entsprechend des Zweikomponentenansatzes zusätzlich zur Zufriedenheit für je-
des Merkmal abgefragt werden.30

Gegenstand der eigentlichen Operationalisierung des wahrgenommenen Nutzens
von CRM-Aktivitäten ist es damit, Indikatoren für dessen einzelne Leistungsmerkma-
le zu identifizieren. Im entwickelten Messinstrument erfolgt eine Untergliederung der
Leistungsmerkmale anhand der wichtigsten Kommunikationskanäle, die im Rahmen
des Kundenbeziehungsmanagements von Bedeutung sein können. Hierbei wurden
als CRM-Maßnahmenbereiche die Kontaktkanäle Broschüre, Beratung beim Auto-
händler, telefonischer Kontakt via Call Center, Website, E-Mails sowie elektronische
Informations-Terminals (sog. Kiosk-Systeme) identifiziert. Um die Bedeutung anderer
Kommunikationskanäle im Verhältnis zu CRM-Aktivitäten zu erfassen, wurden eben-
falls Autozeitschriften, Herstellermagazine, Kunden-Clubs sowie Information bei Be-
kannten und Freunden31 in die Untersuchung aufgenommen. Die Entwicklung der
Kriterien erfolgte speziell für diese Studie bezogen auf Automobilhersteller und -
händler. Die gewonnenen Merkmale lassen sich jedoch auch auf andere Branchen
übertragen.

Neben der globalen Wichtigkeit und Zufriedenheit der Kontaktkanäle wurde die CRM-
Leistung eines Unternehmens für die von ihm kontrollierbaren Kommunikationskanä-
le Broschüre, Beratung, Call Center, Website, E-Mails sowie elektronische Informati-
ons-Terminals in einzelne Leistungsattribute zerlegt. Zu diesem Zweck wurden für
jede CRM-Maßnahme zwischen sieben und neun Merkmale entwickelt, welche aus
Sicht der Kunden zufriedenheitsbestimmend sein können. Zusätzlich zu den genann-
ten Informationskanälen wurden der Vollständigkeit halber auch die Kanäle Autozeit-
schriften sowie Bekannte, Freunde und Familie abgefragt, welche außerhalb des
Gestaltungsbereichs des Automobilherstellers liegen. Auf diese Art und Weise lassen
sich auch nicht durch CRM beeinflussbare Interaktionen erfassen. Es zeigte sich,
dass die Befragten nicht zwischen Broschüren und Hersteller-Magazinen differenzie-
ren konnten. Deswegen wurde letztere Variable aus allen weiteren Analysen ausge-
schlossen.

30
   Dies erscheint in Abgrenzung zu einer Berechnung der Bedeutungsgewichte aus den Zufriedenheiten als vali-
des Vorgehen, da davon auszugehen ist, dass die Zielgruppe der Befragten ein hohes Involvement und Fachwis-
sen aufweist (vgl. Zacharias (1998), S. 104 f.).
31
   Dabei wirken sich Freunde und Bekannte entweder als bloße Referenzgruppen (vgl. Sheth/Parvatyar 2000,
S. 183 ff.) oder sogar als meinungsbildende Opinion Leader aus. Meinungsführer wiederum werden durch Ihre
Verhaltensdisposition definiert, neue Informationen mittels indirekter Kommunikation als Erste aufzunehmen
(Rezeptionsverhalten) und diese an Nicht-Meinungsführer, so genannte weniger aktive Rezipienten, direkt wei-
terzugeben (Kommunikationsverhalten) (vgl. Gawronski/Erb (2001), S. 199).
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3.2 Datenbasis
Die Grundgesamtheit der Erhebung lässt sich als „Neuwagenkäufer der letzten zwei
Jahre und aktuell Kaufinteressierte im gesamten Bundesgebiet“ beschreiben. Verein-
fachend soll im Folgenden die Bezeichnung „Neuwagenkäufer“ für diese Personen-
gruppe verwendet werden. Um eine möglichst repräsentative Stichprobe zu erhalten,
wurde die Erhebung in Form einer schriftlichen Befragung durchgeführt. Hierzu wur-
de anhand der oben beschriebenen Items unter Beachtung der üblichen Regeln zur
Gestaltung eines Fragebogens32 ein entsprechendes Erhebungsinstrument entwi-
ckelt, das dem Anhang entnommen werden kann. Die Bewertung der Zufriedenhei-
ten und Bedeutungsgewichte erfolgt mittels in der Zufriedenheitsforschung üblicher
quasi-mertrischer 5-stufiger Rating-Skalen. Dabei beziehen sich die Extremwerte „1“
auf die Ausprägung „völlig unzufrieden“ bzw. „völlig unwichtig“ und „5“ auf „sehr zu-
frieden“ bzw. „sehr wichtig“. Die anderen Skalenwerte liegen dann äquidistant zwi-
schen diesen Polen.

Da der Anteil der Grundgesamtheit an der gesamten Bundesbevölkerung als eher
gering anzusehen ist, wurden 2.500 Fragebögen an zufällig ausgewählte Haushalts-
vorstände im Bundesgebiet versandt. Der erzielte Rücklauf von 174 auswertbaren
Fragebögen entspricht einer Rücklaufquote von etwa 7%. Dieser Wert liegt zwar für
schriftliche Befragungen am unteren Ende, ist aber vor dem Hintergrund der relativ
eng definierten Zielgruppe als guter Wert zu bezeichnen.

Das übliche Vorgehen zur Quantifizierung dieser Verzerrungen durch Abgleich ver-
schiedener Kenngrößen mit denjenigen der Grundgesamtheit bereitet im vorliegen-
den Fall jedoch Probleme, da für die Personenmenge „Neuwagenkäufer der letzten
zwei Jahre und aktuell Kaufinteressierte“ keine entsprechenden Daten vorliegen. Un-
ter den Befragten befinden sich 43 Frauen (24,7%) und 126 Männer (72,4%). 6,3%
der Teilnehmer sind unter 30 Jahre alt, der Großteil (62,1%) der Befragten entstammt
mittleren Altersklassen zwischen 30 und 60 Jahren. 47,4% der Befragten gaben als
höchsten Ausbildungsabschluss Haupt- oder Realschule an, weitere 43,2% höhere
Ausbildungsabschlüsse. Diese Abweichungen von den Soziodemografika der Ge-
samtbevölkerung lassen sich auf geschlechts- bzw. altersspezifischen Bezug zum
Neuwagenkauf zurückführen und deuten eher darauf hin, dass keine systematischen
Ausfälle in der Stichprobe im Vergleich zur Grundgesamtheit vorliegen, die abwei-
chend von der Gesamtbevölkerung definiert ist. Insgesamt wurden Erfahrungen mit
den CRM-Aktivitäten 28 unterschiedlicher Automobilhersteller in der Stichprobe ver-
einigt.

32
     Vgl. bspw. Berekoven et al. (2001), S. 100-103.
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                                     9

3.3 Zufriedenheiten mit einzelnen CRM-Maßnahmen
Bei Betrachtung der globalen Zufriedenheiten aller Befragter mit den einzelnen In-
formationskanälen fällt zunächst ein deutlicher Unterschied in der Bewertung der
„klassischen“ Informationskanäle Broschüre und Beratung beim Autohändler im Ver-
gleich zu den anderen Kanälen auf. Broschüren wurden im Mittel mit 3,8 und die Be-
ratung beim Händler mit 4,0 auf der 5-stufigen Skala33 und damit im Bereich der Aus-
prägung „zufrieden“ bewertet. Im Vergleich dazu zeigen sich die Befragten auf dem
10%-Niveau signifikant34 unzufriedener mit den anderen Kontaktkanälen Call Center,
Kunden-Club, Internetsite des Händlers und des Herstellers, E-Mail-Kontakt mit dem
Händler und dem Hersteller sowie dem Kiosk-System. Diese werden durchschnittlich
mit der mittleren Zufriedenheitskategorie bewertet. Tabelle 1 zeigt die Zufriedenheits-
verteilungen und jeweiligen Mittelwerte mit den einzelnen CRM-Aktivitäten.

                                                                       Internet          E-Mail
                                    Bro–              Call    Internet           E-Mail          Kiosk-
             Zufriedenheit                 Händler                     Herstel-         Herstel-
                                   schüren           Center   Händler           Händler          System
                                                                          ler              ler

          völlig unzufrieden (1)    1,8 %   2,4 %    3,6 %    3,0 %    2,4 %    3,0 %    3,6 %    3,0 %

                unzufrieden (2)     4,1 %   5,3 %    7,1 %    6,0 %    5,4 %    3,0 %    3,0 %    4,7 %

            mittel zufrieden (3) 25,4 %     15,4 %   3,0 %    7,1 %    11,9 %   2,4 %    3,0 %    1,8 %

                  zufrieden (4) 35,5 %      32,5 %   5,9 %    2,4 %    8,3 %    2,4 %    1,2 %    2,4 %

             sehr zufrieden (5) 21,9 %      36,1 %   0,6 %    1,8 %    4,2 %    1,8 %    0,6 %    0,0 %

                  nicht genutzt 11,2 %      8,3 %    79,9 %   79,8 %   67,9 %   87,5 %   88,7 %   88,2 %

                    Mittelwert      3,81     4,03     2,65     2,71     3,20     2,76     2,32     2,30

                         Tabelle 1: Globale Zufriedenheiten mit den CRM-Aktivitäten

Es erscheint plausibel, dass die höhere Zufriedenheit mit einzelnen Kontaktkanälen
im vorliegenden Fall mit größerer Nutzungshäufigkeit korreliert. 88,8% bzw. 91,7%
der Befragten hatten Broschüren bzw. die Beratung beim Autohändler in Anspruch
genommen. Höchstens 32,1% der Befragten machten Erfahrungen mit den anderen
Interaktionswegen der Hersteller bzw. Händler. Dies zeigt sich ebenfalls in den ver-
gebenen Bedeutungsgewichten: im Mittel werden Broschüren mit 3,8 und die Bera-
tung mit 4,3 und damit als „wichtig“ eingestuft. Dies ist deutlich höher als die mittleren
Wichtigkeiten der anderen Kanäle, welche im Bereich von „mittel wichtig“ oder „un-
wichtig“ liegen. In der vorliegenden Stichprobe liegt also kein Problem der Erwar-
tungsinflation35 vor.

33
   Die Ausprägung 1 entspricht dabei dem Urteil „völlig unzufrieden“, ein Skalenwert von 5 „sehr zufrieden“.
34
   Zur Untersuchung der Mittelwertunterschiede wurden paarweise t-Tests durchgeführt.
35
   Mit Erwartungsinflation wird die für die Ergebnisinterpretation problematische Neigung der Befragten be-
zeichnet, alle Leistungsmerkmale als wichtig einzustufen (vgl. Zacharias (1998), S. 103).
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                       10

Es fällt auf, dass die Bewertungen durch die Kunden über die einzelnen Automobil-
hersteller streuen. Daher soll im Folgenden ein Vergleich der Zufriedenheitswerte der
einzelnen Hersteller angestellt werden. Da lediglich für die Marken Audi, BMW, Ford,
Mercedes, Opel und VW ausreichende Fallzahlen vorlagen, beschränken sich die
gewonnenen Aussagen auf diese Hersteller. Um intersubjektive Vergleichbarkeit her-
zustellen, wurden jeweils die von den Befragten angegebenen Zufriedenheitswerte
mit den entsprechenden Bedeutungsurteilen gewichtet und auf das ursprüngliche
Skalenintervall 1-5 standardisiert. Ein hoher gewichteter Zufriedenheitswert deutet
somit auf hohe Zufriedenheit bei gleichzeitig hoher Bedeutung hin.

Abbildung 1 zeigt die mittleren gewichteten Zufriedenheitswerte der betrachteten
Hersteller über alle Befragten in Bezug auf den CRM-Kanal Broschüren. Mit seinen
Broschüren trifft BMW am ehesten den Geschmack der Kunden, die von Mercedes
erfüllen am wenigsten die Anforderungen der Leser. Jedoch liegen die Bewertungen
mit einem Abstand von rund einem halben Punktschritt relativ wenig auseinander.
Insgesamt zeigt sich zusätzlich, dass keine der angebotenen Broschüren optimal ist,
alle stellen die Kunden nur „Mittel“ zufrieden.

                                5
                               4,5
     Gesamturteil Broschüren

                                4
                               3,5          3,28   3,25
                                     2,94                                2,81       2,95
                                3                             2,77
                               2,5
                                2
                               1,5
                                1
                               0,5
                                0
                                     Audi   BMW    Ford     Mercedes     Opel        VW

 Abbildung 1: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - CRM-Kanal Broschüren

Im Vergleich der Beratung durch die Händler nimmt Ford klar die Spitzenposition ein
und mit einem Wert von 4,67 wird zudem das Optimum fast erreicht. Die vier deut-
schen Anbieter liegen alle sehr nahe zusammen und erreichen mit rund 4 Punkten
ebenfalls einen vergleichsweise hohen Wert. Dies entspricht der insgesamt relativ
hohen Bedeutung und Zufriedenheit über alle Hersteller hinweg, welche bereits oben
dargestellt wurde. Die gewichteten Zufriedenheitswerte für die einzelnen Hersteller
sind Abbildung 2 zu entnehmen.
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                                                11

                                         5                              4,67
                                       4,5      4,16        4,04                                4,15
                                                                                     3,95                   4,00
                Gesamturteil Händler     4
                                       3,5
                                         3
                                       2,5
                                         2
                                       1,5
                                         1
                                       0,5
                                         0
                                                Audi        BMW         Ford       Mercedes     Opel        VW

   Abbildung 2: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - CRM-Kanal Händler

Die Bewertung des telefonischen Kontakts mit dem Hersteller ist bei den fünf Mar-
ken, die in der Umfrage am häufigsten genannt wurden, problematisch, da diesen
Kanal kaum jemand nutzte – nur 22 % der Befragten griffen hierauf zurück. Einzig
der Wert für Opel, der auf 4 Meinungen beruht, besitzt Aussagekraft. Mit einem Wert
von 3,21 wird dieser jedoch nur mittelmäßig beurteilt. Die Messwerte der anderen
Hersteller sind in Abbildung 3 dargestellt. Die darin dokumentierten starken Schwan-
kungen zwischen den Marken müssen jedoch wahrscheinlich als Zufallsschwankun-
gen interpretiert werden.

                                         5
                                       4,5                   4,0                     4,12                    4,05
         Gesamturteil Call Center

                                         4
                                       3,5                                                      3,21
                                         3      2,5
                                       2,5
                                         2
                                       1,5
                                         1
                                       0,5                                0
                                         0
                                             Audi (n=1)   BMW (n=1)   Ford (n=0)   Mercedes   Opel (n=4)   VW (n=3)
                                                                                    (n=2)

 Abbildung 3: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - CRM-Kanal Call Center

Bezüglich des Internetauftritts der Automobilhersteller ist hingegen wieder eine Aus-
sage möglich, denn es nutzten rund 35% der Befragten diese Informationsquelle.
Wie aus Abbildung 4 ersichtlich, teilen sich hierbei Opel und Audi den Spitzenplatz
mit einem Abstand von 0,5 Bewertungseinheiten auf Mercedes, dessen Homepage
am schlechtesten bewertet wurde. Dies legt zumindest in der Tendenz die Vermu-
tung nahe, dass zwischen den Kunden des Premium- und des Volumensegments
weder die Bedeutung noch die Zufriedenheit mit dem Kanal unterschiedlich sind.
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                                                                                                        12

Über alle Befragten zeigt sich jedoch eine relativ geringe Spannweite der gewichte-
ten Zufriedenheiten über die Hersteller.

                                            5
                                           4,5
           Gesamturteil Internetauftritt

                                            4              3,67                                                                     3,67
                                                                             3,43                                                                      3,48
                                                                                                3,32
                                           3,5                                                                            3,12
                                            3
                                           2,5
                                            2
                                           1,5
                                            1
                                           0,5
                                            0
                                                           Audi              BMW                Ford                 Mercedes       Opel                VW

    Abbildung 4: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - Internet Hersteller

Auf eine Betrachtung der CRM-Tools „E-Mail“ und „Kiosk-System“ muss vollständig
verzichtet werden, denn selbst im besten Fall gaben lediglich zwei Personen an, die-
sen Kanal ihrer Automarke genutzt zu haben.

Die gewichteten Zufriedenheitswerte mit jedem CRM-Kanal können für die betrachte-
ten Hersteller in graphischer Form in sog. Spinnendiagrammen aggregiert werden.
Abbildung 5 stellt so zusammengefassten Ergebnisse überblicksartig dar.

                                                                                                       BMW                                             Ford
                                                    Audi

                                              Broschüren                                             Broschüren                                      Broschüren
                                             2,94                                                     3,28                                           3,25
    Kiosk-System                                                  Händler           Kiosk-System                         Händler
                                            *                      4,16                       *                          4,04
                                                                                                                                    Kiosk-System
                                                                                                                                               *                  Händler
                                                                                                                                                                  4,67
                                                   0                                                    0                                              0
                                                                                                                                                       00
           3,83                                                    3,67                     3,86                         3,43                                     3,32
         E-Mails                                                  Internet               E-Mails                         Internet          E-Mails                Internet
                                                         2,5
                                                                                                                                               *
                                                                                                             4
                                                  Telef on                                             Telefon                                        Telefon
                                                                                                                                                             *
                                            Mercedes-Benz                                               Opel                                            VW

                                                 Broschüren                                           Broschüren                                     Broschüren
                                                       2,77                                         2,81                                                  2,95
    Kiosk-System                                                  Händler           Kiosk-System                         Händler    Kiosk-System                  Händler
                                                                  3,95                         4                         4,15                                     4
               4                                                                                                                            3,08
                                                                                                        0
                                                                                                                         3,67
           3,33                                                 3,12                      E-Mails                        Internet            3,67                 3,48
         E-Mails                                                Internet                                                                   E-Mails                 Internet
                                                                                              *                   3,21
                                                         4,12                                          Telef on                                            4,05
                                                  Telefon                                                                                             Telefon

    *) Informationskanal nicht genutzt/nicht vorhanden

   Abbildung 5: gewichtete Zufriedenheit mit einzelnen Automobilherstellern - Zusammenfassung
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                       13

Die unterschiedliche Bedeutung, welche die Befragten den einzelnen CRM-
Maßnahmen beimessen, darf jedoch nicht undifferenziert als Handlungsempfehlung
in Bezug auf einzelne Kontaktkanäle betrachtet werden. Die Bedeutungsgewichte
streuen relativ stark zwischen den Befragten: die Standardabweichungen der globa-
len Zufriedenheiten betragen durchgängig zwischen 1,0 und 1,4. Dies deutet auf
starke Heterogenität der Bedürfnisstrukturen hin, die im Rahmen eines zielgruppen-
spezifischen CRM Berücksichtigung bei der Wahl des jeweiligen Interaktionskanals
finden muss.

3.4 Identifikation von Zielgruppen für CRM-Maßnahmen
Es bleibt die bereits formulierte Vermutung bestehen, dass innerhalb der gesamten
Zielgruppe der Neuwagenkäufer Segmente mit unterschiedlichem Informationsver-
halten bestehen, welche differenziert mittels unterschiedlicher CRM-Aktivitäten sei-
tens des Automobilherstellers bearbeitet werden können. Auf diese Art und Weise
ließe sich die Gesamtzufriedenheit und der Kundennutzen aus den CRM-
Maßnahmen steigern.

Um einzelne Gruppen von Kunden zu identifizieren, welche in Bezug auf ihre subjek-
tiven Bedeutungsgewichte untereinander möglichst homogen, zwischen den Grup-
pen aber möglichst unterschiedlich sind, bietet sich die Clusteranalyse als Analyse-
verfahren an.36 Um möglichst stabile Lösungen zu erhalten, ist jedoch der Umgang
mit fehlenden Werten zu klären. Da ein fehlender Wert bei nur einer Clustervariable
bereits zum Ausschluss des gesamten Falls aus der Analyse führt, besteht die Ge-
fahr von degenerierten Lösungen. In der vorliegenden Untersuchung kamen fehlende
Werte zwar nur in wenigen Einzelfällen vor, wirkten sich aber in Kombination negativ
auf die clusteranalytisch untersuchte Fallzahl aus. Neben dem Ausschluss besteht
jedoch soweit dies sachlogisch gerechtfertigt ist, die Möglichkeit der Imputation feh-
lender Werte. Da dieses Problem in der vorliegenden Untersuchung nur vereinzelt
auftritt, und bei den entsprechenden Probanden keine systematische Auslassung
festzustellen ist, scheint eine Imputation der fehlenden Werte für Zwecke der Cluste-
rung zweckmäßig.37 So kann davon ausgegangen werden, dass die Befragten gerade
im Bereich des High-Involvement-Produkts Automobil Präferenzen für jeden beliebi-
gen Kontaktkanal besitzen. Schließlich können sich auch Nicht-Nutzer ein Wichtig-
keitsurteil bilden. Wird mithin ein fehlender Wert in Bezug auf die Wichtigkeit eines
Kontaktkanals gemessen, könnte argumentiert werden, dies impliziere die Aussage
„völlig unwichtig“. Wir haben uns jedoch im vorliegenden Fall für eine weniger mittel-
wertverzerrende Imputationsmethode entschieden und die fehlenden Werte durch
den jeweiligen Median ersetzt. Dies entspricht noch eher als der Mittelwert dem ordi-
nalen Charakter der verwendeten Rating-Skala.

36
     Zum Verfahren der Clusteranalyse vgl. ausführlich Backhaus et al. (2000), S. 329-389.
37
     Vgl. Little (1987), S. 62-64 sowie Wagner et al. (1998), S. 402 f.
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht                                      14

Zur Durchführung der Clusteranalyse auf Basis der imputierten globalen Wichtig-
keitsvariablen wurde als Distanzmaß die quadrierte euklidische Distanz und zur Fu-
sion der Cluster das hierarchische Complete Linkage-Verfahren verwendet, da damit
in der Regel Probleme wie bspw. Kettenbildung vermieden werden können. Die iden-
tifizierte und im Folgenden dargestellte Clusterlösung zeigte sich jedoch auch über
andere Verfahren reproduzierbar und stabil.

Es konnten drei Segmente von CRM-Kunden identifiziert werden, welche sich signifi-
kant voneinander unterscheiden lassen. Sie lassen sich prägnant beschreiben als
„Die Zuhörer“, die besonderen Wert auf Informationen im direkten persönlichen und
zwischenmenschlichen Kontakt legen sowie als „Die Konservativen“, die Informatio-
nen aus konventionellen Quellen, wie Broschüren und Händlerbesuch beziehen und
schließlich die „Die Multimedialen“, die neben den konventionellen Quellen auch
neue Medien nutzen. Die clusterspezifischen Mittelwerte der einbezogenen Wichtig-
keitsvariablen sind in Tabelle 2 zusammengefasst, wobei Werte größer 3,5 (und da-
mit Kanäle von hoher clusterspezifischer Relevanz) durch Fettierung hervorgehoben
sind. Im Folgenden soll daher die Beschreibung der ermittelten CRM-Zielgruppen nur
in der gebotenen Kürze erfolgen.

                                                        Mittelwert der Wichtigkeiten
                   Cluster                                                                   a
                                                (Skala: 1= völlig unwichtig, 5= sehr wichtig)
                                        Bro–    Beratung       Call      Zeit-    Kunden-        Freunde,
                                      schüren** Händler*     Center** schriften** Club**         Familie*
         Cluster 1:
                                        3,17       4,03        1,46       2,03       1,02         3,67
         »Die Zuhörer«       (n=45)
         Cluster 2:
                                        4,08       4,40        1,68       3,52       1,53         3,02
         »Die Konservativen« (n=60)
         Cluster 3:
         »Die Multimedialen« (n=69)     4,12       4,35        3,11       3,20       1,88         3,49

                                       Internet  Internet     E-Mail     E-Mail      Kiosk-
                                      Händler** Hersteller** Händler** Hersteller** System**
         Cluster 1:
                                        1,52       1,71        1,43       1,23       1,19
         »Die Zuhörer«       (n=45)
         Cluster 2:
                                        1,55       1,88        1,29       1,31       1,44
         »Die Konservativen« (n=60)
         Cluster 3:
                                        3,14       3,63        2,87       2,73       2,47
         »Die Multimedialen« (n=69)

         a Signifikanzen (ANOVA): ** p
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht             15

selbst. Vor dem Hintergrund der beiden Kontaktkanäle mit der größten Bedeutung
lässt sich diese Gruppe als vom persönlichen Kontakt bestimmt charakterisieren.
Dieser Zielgruppe sind moderne CRM-Maßnahmen wie die Beziehungspflege via
Call Center oder Internetseiten eher unwichtig. Daher lässt sich diese Zielgruppe
auch als „Die Zuhörer“ betiteln.

Die Mitglieder des Clusters 1 lassen sich zusammenfassend als mittleren Alters und
guter, solider Ausbildung beschreiben: Personen über 50 Jahre sind in dieser Grup-
pe tendenziell eher überrepräsentiert, nur 42,2% sind jünger als 50 Jahre. Das
Cluster lässt sich darüber hinaus gut durch das höhere Bildungsniveau der Befragten
abgrenzen: 39,5% der Personen in Cluster 1 gaben als höchsten Abschluss Haupt-
oder Realschule an. Des Weiteren existiert in diesem Cluster eine relativ große Un-
tergruppe von Personen deren höchste Bildungsabschlüsse nicht schulischer oder
universitärer Natur sind (z.B. Ausbildungs- oder Lehrberufe).

Mitglieder dieser Zielgruppe sind für die Automobilhersteller schwierig mit CRM-
Maßnahmen anzusprechen. Den wichtigsten Kanal stellt der Autohändler dar, wel-
cher damit den größten Beitrag zur CRM-Zufriedenheit dieser Gruppe leistet. Dieses
aus Kundensicht wichtigste Gebiet bietet Verbesserungspotenzial für bestehende
Aktivitäten der Automobilhersteller: die Mitglieder des Clusters sind tendenziell weni-
ger mit der Beratung durch den Händler zufrieden als die der anderen Cluster. Da
sonstige Informationsprozesse über indirekte Strukturen, respektive Opinion Leader
in Form von Freunden und Bekannten, ablaufen, fallen diese Kunden weitgehend
durch das standardisierte CRM-Raster. Dieses Wissen kann aber werblich genutzt
werden, indem Meinungsführer z.B. über Fachpublikationen angesprochen werden,
die dann die entsprechenden Informationen auf einer zweiten Stufe an die eigentli-
chen Rezipienten weitergeben.

Cluster 2 umfasst 34,5% der Stichprobe. Seine Mitglieder messen den meisten klas-
sischen Interaktionskanälen zur Beziehungspflege eher größere Bedeutung bei. In
Abgrenzung zu Cluster 1 wurde daher die Bezeichnung „Die Konservativen“ ge-
wählt, um sie vereinfachend zu charakterisieren. Insbesondere lässt sich eine Affini-
tät zu Printmedien wie Broschüren oder Zeitschriften feststellen. Beide Kommunikati-
onskanäle werden im Mittel auf der oberen Hälfte der Wichtigkeitsskala wahrgenom-
men. In Abgrenzung zu Cluster 3 fällt hier jedoch die Zurückhaltung in Bezug auf e-
lektronische Medien auf. Die Mitglieder von Cluster 2 legen auch im Mittel weniger
Gewicht auf die Beratung durch Freunde und Bekannte, sodass sich diese Zielgrup-
pe als potenziell offener für CRM-Maßnahmen durch den Hersteller charakterisieren
lässt. Anders als im Cluster 1 zeigt sich diese Gruppe mit dem für sie wichtigsten
Kontaktkanal Beratung beim Händler mit einem Zufriedenheitsmittelwert von 4,24
(bei sehr geringer Streuung) auch sehr zufrieden.
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht            16

Demografisch ist die Gruppe von älteren, gut ausgebildeten Personen mittlerer Ein-
kommensklassen geprägt. Während sie vergleichbar mit Cluster 1 zu 40,1% aus un-
ter 50-Jährigen besteht, sind Personen über 60 Jahren (welche 35% der Population
des Clusters ausmachen) hier jedoch leicht überrepräsentiert. Auch dominieren hier
Personen mit Hochschulabschluss, die immerhin 39% des Clusters ausmachen.
Dennoch besteht das Haushalts-Netto-Einkommen bei den meisten Personen
(41,7% des Clusters) aus nicht mehr als 2.000 € je Monat, was sich deutlich von den
Einkommensverteilungen der beiden anderen Gruppen abhebt.

Innerhalb dieses Segments muss sich CRM auf die klassischen Interaktionskanäle
stützen. Naturgemäß besteht bei Printmedien wie Broschüren oder Zeitschriften das
Problem, dass die Interaktion nur in der Richtung Unternehmen-Kunde stattfindet.
Erste Ansätze, diese Beziehung rückkoppelungsfähig zu machen, finden sich in der
Anwendung von Response-Elementen. Dennoch erhöht der wichtigste Kanal zur Be-
ziehungspflege, nämlich der Händler, für den einzelnen Hersteller gleichzeitig die
Komplexität. Soll diese Zielgruppe also zufrieden gestellt werden, scheint ein starkes
Controlling des Händlers aus Sicht des Herstellers erfolgskritisch.

Schließlich lassen sich mit einem Anteil von 39,6% des Stichprobenumfangs als
Cluster 3 die Nutzer moderner Informationstechnologien identifizieren. Da in dieser
Gruppe den elektronischen Kontaktkanälen, wie dem E-Mail-Kontakt zu Hersteller
und Händler, der jeweiligen Internetseite sowie den elektronischen Informationster-
minals (Kiosk-Systemen) durchgängig signifikant größere Bedeutung als in den bei-
den anderen Clustern beigemessen wird, lässt sie sich als „Die Multimedialen“ be-
zeichnen. Dennoch hält diese Zielgruppe nicht nur elektronischen Kontakt für wichtig,
sondern auch die Kommunikation via Call Center. Im Mittel wird dessen Wichtigkeit
mit 3,11 tendenziell eher wichtig eingestuft. Verglichen mit den beiden anderen
Clustern ist dieses Bedeutungsgewicht deutlich (und hochsignifikant) höher. Das Bild
des kanalübergreifenden Informationsverhaltens wird letztlich durch die hohe Wich-
tigkeit von Broschüren und der Beratung beim Händler komplettiert.

Es überrascht nicht, dass sich in dieser Gruppe die jüngeren, gut verdienenden Per-
sonengruppen häufen: 53,6% der Clusterpopulation sind jünger als 50 Jahre. Inte-
ressant ist dabei, dass die Altersklasse zwischen 41 und 50 Jahren mit 29,0% Anteil
am Cluster im Vergleich zu den anderen Zielgruppen sehr stark überrepräsentiert ist,
Personen unter 40 Jahren sind dagegen im Vergleich eher unterrepräsentiert. Dies
trifft auch auf die über 60-jährigen zu, auch wenn diese Untergruppe immerhin noch
27,5% der Clusterstärke ausmacht. Im Vergleich zu den anderen Zielgruppen lässt
sich hier auch im Mittel das höchste Einkommen ermitteln: 70,9% der Clusterpopula-
tion verdienen mehr als 2.000 € im Monat.
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht           17

Mit Cluster 3 werden die Nutzer elektronischer Kommunikationsformen gegenüber
den anderen Kunden des Unternehmens abgegrenzt. Aktivitäten im Bereich des In-
ternets sind also für Autokäufer keinesfalls unbedeutend, wie aus undifferenzierter
Betrachtung aller Kunden anzunehmen wäre. Eine spezifische Ausrichtung auf die
Altersgruppe kann hier evtl. die Zufriedenheitswerte steigern. Als problematisch ist
anzusehen, dass die Zufriedenheit mit dem E-Mail-Kontakt in dieser Gruppe relativ
gering ist. Durch ihr reges Informations- und Kommunikationsverhalten liegt die Ver-
mutung nahe, dass sie auch selbst als Multiplikatoren auftreten können.

4 Fazit
Für einzelne Automobilhersteller liegt der Nutzen der Identifikation von CRM-
Zielgruppen jedoch auch in einem Beitrag zum rationalen Controlling, welche CRM-
Maßnahmen eigentlich von der Zielgruppe des Unternehmens als wichtig erachtet
werden. Entsprechend ist für Unternehmen prinzipiell nur eine hohe Kundenzufrie-
denheit in Bezug auf diese wertgeschätzten Kanäle relevant. Kontaktkanäle, die
kaum genutzt oder aus Sicht der Kaufinteressierten als tendenziell unwichtig erachtet
werden, wirken nicht positiv auf die Globalzufriedenheit mit dem CRM und damit auf
die Beziehung zum Unternehmen. Entsprechend lohnt sich eine Allokation des Bud-
gets für CRM-Maßnahmen auf diejenigen Aktivitäten und Interaktionskanäle, die als
wichtig betrachtet werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der hohen
Komplexität von CRM-Maßnahmen im Bereich des mehrstufigen Kundenkontakts in
der Automobilbranche hilfreich.

Derartige Handlungsempfehlungen für einzelne Unternehmen lassen sich ableiten,
sobald es gelingt, die in der vorliegenden Studie ermittelten CRM-Zielgruppen in der
eigenen Zielgruppe zu identifizieren. Dies kann anhand der hier erhobenen Sozio-
demografika geschehen. Psychografika, die wir aus diesem Grunde auch nicht erho-
ben haben, sind weniger hilfreich, da auf einem Massenmarkt nur schwerlich einzel-
nen Kunden zuzuordnen.

Daneben kann das entwickelte Erhebungsinstrument aber auch gute Dienste im Sin-
ne eines Controllings der Umsetzungsqualität von einzelnen CRM-Maßnahmen in
den Zielgruppen leisten. Auf diese Art und Weise wird die einzig relevante Zielgröße,
die durch den Kunden wahrgenommene Qualität, Gegenstand der Betrachtung. Ne-
ben einem Vergleich einzelner Unternehmen im Automobilbereich ist mit leichten
Modifikationen auch ein Vergleich der CRM-Zufriedenheit mit anderen Sektoren in
der Verkehrsbranche leicht möglich. Vor dem Hintergrund der oben genannten zu-
nehmenden Konkurrenz ehemals wohldifferenzierter Anbieter von Verkehrsdienst-
leistungen kann ein derartiges Benchmarking die Informationsbasis für gezielte In-
vestitionen in Maßnahmen darstellen, welche eine tragfähige Beziehung zum Kun-
den und damit langfristige Wettbewerbsvorteile aufbauen.
M. Zinnbauer; M. Eberl – Bewertung von CRM-Aktivitäten aus Kundensicht              18

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