MIT DEN WAFFEN EINES BAUMES
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Mit den Waffen eines Baumes Text: Catarina Pietschm ann Bäume stehen für Stärke und Standhaftigkeit. Letzteres ist aber auch ein Handicap: Sie können vor Feinden weder weglaufen noch sich ver- stecken. Trotzdem sind 56 Bäume keineswegs wehrlos. Sybille Unsicker vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena erforscht, wie sich Schwarz- pappeln gegen gefräßige Insekten verteidigen. Auch Fressfeinde müssen mit diesen sich Feind meines Feindes ist mein laufend ändernden und lokal unter- Freund.“ Wie diese Allianzen im De- schiedlichen Bedingungen zurecht- tail funktionieren, das möchte Sybille kommen. Eine im Pflanzenreich be- Unsicker herausfinden. liebte Art, Angreifern den Appetit zu An einem Baum nagt nicht nur der Zahn verderben, ist die Produktion von Schon für ihre Diplomarbeit hat sie F o t o: A n dr e a s B ö ckl e r / M PI f ü r c h e m i s c h e Ökol o gi e der Zeit, auch eine Heerschar großer schwer bekömmlichen oder gar gifti- Baumkronen untersucht, damals an und kleiner Pflanzenfresser, Bakte- gen Inhaltsstoffen. Allerdings gibt es der Elfenbeinküste. Mittlerweile rien, Pilze und Viren setzen ihm zeit- kaum ein Gift, das alle Fressfeinde forscht sie in einem Auwald auf der lebens zu. Welche Schädlinge welche gleichermaßen auf Abstand hält. Was Oderinsel Küstrin-Kietz, einem Na- Teile des Baums heimsuchen, hängt bei dem einen schwere Vergiftungser- turschutzgebiet direkt an der Grenze unter anderem von seinem Alter und scheinungen hervorruft, kann auf den zu Polen. Die mehr als 300 Schwarz- dem seiner Blätter ab, von Jahreszeit anderen anziehend wirken. Zum Bei- pappeln (Populus nigra), die dort die und Wetter. Zudem herrschen auch spiel das Nikotin der Tabakpflanzen, Oder säumen, gehören zu den letzten innerhalb der Baumkrone unter- das Koffein des Kaffees oder das Pi- natürlich vorkommenden Beständen schiedliche Bedingungen: Je nach perin des Pfeffers: Diese Substanzen in Deutschland. Während ihnen an- Höhe, Himmelsrichtung und Lage sollen die Blätter oder Früchte der je- dernorts konkurrenzstärkere Arten können Blätter zum Beispiel ein an weiligen Pflanzen ungenießbar ma- das Leben schwer machen, vernichte- deres Mikroklima aufweisen. „Man chen. Bei den meisten Insekten funk- ten hier die heftigen Kämpfe am Ende muss sich einen Baum eher wie eine tioniert das auch, für den Menschen des Zweiten Weltkriegs fast jegliche Wiese vorstellen, in der es verschie- sind die Substanzen dagegen beliebte Vegetation – ein Glücksfall für die dene ökologische Nischen gibt“, er- Genussmittel. Andere Pflanzen holen konkurrenzschwachen Bäume, die klärt Sybille Unsicker. Der Baum als sich externe Hilfe bei der Verteidi- sich als Sämlinge kaum gegen andere Ökosystem sozusagen. gung, frei nach dem Motto: „Der Pflanzen durchsetzen können. „Ich Max Planck Forschung · 3 | 2020
wissen Aus biologie & medizin 57 Bis zu 30 Meter hoch wird eine Schwarzpappel. Dank professioneller Kletterausrüstung kann Sybille Unsicker die Baumkronen auch in luftiger Höhe unter- suchen. Max Planck Forschung · 3 | 2020
wissen aus Vielleicht doch kein reiner Pflanzenfresser? Zusammen mit den Blättern fressen die Raupen des Schwammspinners gerne Pilze. Die orangefarben erscheinenden Sporenlager des Pappelblattrost- Pilzes verändern die Duftstoff- mischung, welche die Pappeln aus Luptati veris ihren Blättern abgeben. asperib eatus.Ebis et omnisit aut lautaeptatem faccab incto commos voluptusam quunt. Apistrum hiligent laborum fugitio bero odit pra et wollte unbedingt eine heimische facereptat.Beatemp Baumart untersuchen, die in einem oremquae rem Ökosystem mit großer Artenvielfalt velite id moluptas vorkommt. Auwälder sind Hotspots audis et, autatis der Biodiversität. Die Tatsache, dass dolla nossunt ut aut quibus ma acea die Schwarzpappel in Europa selten santio id ent que geworden ist, hat mich noch zusätz- lab ipitae lich motiviert: So können unsere For- schungsergebnisse vielleicht zum Er- halt dieser Bäume beitragen“, sagt Unsicker. Seit 2009 studieren sie und ihr Team im Freiland und im Labor, wie die Pappeln auf Insektenfraß re- agieren. Im Auwald hat Unsicker des- 58 halb mehrere Bäume mit Seilen aus- gestattet. An diesen klettern die For- schenden in die Baumkronen und nehmen dort Blattproben aus unter- schiedlichen Höhen. Und dabei sto- ßen sie regelmäßig auf Raupen des attackierten Bäume. Diese leiten die wespen. Die Insekten deponieren Schwammspinners, eines etwa drei Forschenden dann durch einen Filter, mehrere Eier im Körper der Raupen. Zentimeter großen Nachtfalters. Die in dem sich die Duftmoleküle verfan- Die geschlüpften Wespenlarven er- Untersuchungen haben ergeben, dass gen. Der Filterinhalt wird mit Lö- nähren sich vom Gewebe ihrer Wirte, die Insekten am liebsten an älteren, be- sungsmittel ausgespült und mittels sie sparen allerdings lebenswichtige reits ausgehärteten Blättern fressen. Gaschromatografie und Massens- Organe aus. Deshalb lebt die Raupe pektrometrie analysiert. zunächst weiter, bis sich die Wespen- Damit sie nicht jedes Mal in die Baum- larven durch die Raupenhaut nach kronen klettern müssen, wenn sie das Der Unterschied zwischen den ange- außen bohren und sich verpuppen. In Wechselspiel zwischen Raupen und fressenen und unversehrten Blättern diesem Stadium verhält sich die Pappeln beobachten wollen, haben ist enorm: „Befallene Blätter produ- Raupe wie fremdgesteuert und ver- Unsicker und ihr Team Pappelsteck- zieren große Mengen grüner Blatt- teidigt ihre todbringenden Untermie- linge aus dem Auwald in ihrem Ge- duftstoffe, die zerriebenen Blättern ter sogar gegen Angreifer. Schließlich wächshaus in Jena eingepflanzt. Für ihren charakteristischen Geruch ver- sind ihre Kräfte erschöpft, und sie ihre Analysen wickelten die Forsche- leihen. Außerdem können wir Sesqui- stirbt. Die Analyse der Duftstoffe er- rinnen und Forscher die Zweige in und Monoterpene, aromatische Koh- gab, dass die Brackwespen die Mole- feine Netze und setzten Schwamm- lenwasserstoffe und stickstoffhaltige küle aus den verletzten Blättern ext- spinnerraupen hinein. „Man kann Duftstoffe nachweisen, darunter rem gut riechen können. Vor die schon mit ‚bloßer Nase‘ riechen, dass auch das sogenannte Benzylcyanid“, Wahl zwischen dem Blattduft intak- sich der Geruch der Blätter durch die so Sybille Unsicker. ter und angenagter Blätter gestellt, Insekten verändert“, erzählt Unsicker. bevorzugen sie eindeutig die ange- Sobald die Raupen mit ihrem zerstö- Ist das der gesuchte „Hilfeschrei“ – die fressenen Blätter. Für die hochsen- rerischen Werk begonnen haben, er- Botschaft an den Feind des Feindes? siblen Antennen der Brackwespen setzen die Forschenden die Netze Von Kollegen aus Österreich ließ sich reichen nur wenige Duftmoleküle, durch gasundurchlässige Beutel. Da- das Team einen der gefährlichsten um ihre Beute zu orten. Doch läuft es rin sammeln sich die Duftstoffe der Feinde der Raupen schicken: Brack- auch in freier Natur so ab – dort, wo Max Planck Forschung · 3 | 2020
biologie & medizin Welche Duftstoffe die Blätter dabei genannte Salicinoide zum Beispiel abgeben, hängt von der Art der Ver- können gerade für Generalisten – also letzung ab: Werden sie zum Beispiel Raupen die an verschiedenen Baum mit einer Schere zerschnitten, so rie- arten fressen – wie die Schwamm chen sie anders als bei Raupenbefall. spinnerraupen giftig sein. Aber die Doch woher weiß ein Blatt, wer ihm Gefahr ist groß, damit auch all die F o t o: F ra nz i ska Eb e rl gerade zusetzt? „Blätter können In- vielen Nützlinge zu treffen, die an sekten an deren Speichel erkennen, und in einem Baum leben.“ Sybille der durch die Verletzungen in das Unsicker vermutet, dass das Arsenal Blattgewebe eindringt. Außerdem an Verteidigungsmolekülen von nehmen sie die Art und Weise wahr, Pflanzen sehr komplex ist und varia- wie ein Tier frisst und wie viel Blatt- bel eingesetzt wird. Nur so ist es vor- fläche dabei verloren geht“, erklärt stellbar, dass eine Pappel, die frühes- Sybille Unsicker. „Saugende Blatt- tens im Alter von zehn Jahren ge- läuse lösen eine andere Reaktion aus schlechtsreif wird und dann noch als großflächig fressende Raupen weitere 90 Jahre lebt, die Angriffe un- oder Blattkäfer, die kleine Löcher in terschiedlichster Fressfeinde über- die Blätter stanzen.“ stehen kann. Die Bäume können so nicht nur Hilfe von außen herbeirufen, sondern mög- licherweise auch noch nicht befallene Teile der Krone vor Schädlingen war- 59 nen. Schließlich sind Äste bei großen Bäumen oft viele Meter voneinander entfernt. „Die Kommunikation in der Baumkrone über Duftstoffe wäre Auf den Punkt neben Pappeln auch noch andere vergleichsweise schnell. Würden In- gebracht Pflanzen ihre Duftstoffe absetzen formationen über die Versorgungslei- und der Wind sämtliche Düfte mitei- tungen vom Blatt in den Zweig, zum Schwarzpappeln sondern aus nander verwirbelt? Die Forschenden Stamm und von dort wieder in einen ihren Blättern Duftstoffe ab, platzierten deshalb die mutmaßli- anderen Ast weitergegeben, so würde die Brackwespen anlocken. Die Insekten parasitieren chen Lockstoffe auf Klebefallen im das sehr viel länger dauern“, sagt Sy- Schmetterlingsraupen und Auwald. „Schon nach kurzer Zeit hat- bille Unsicker. Wie genau ein Blatt helfen den Bäumen so, die ten wir Brackwespen und andere pa- den Duft eines anderen wahrnimmt, gefräßigen Larven im Zaum rasitäre Insekten wie zum Beispiel welche Rezeptoren und welche zu halten. Schlupfwespen in den Fallen“, er- Transportmoleküle ihn durch die zählt Unsicker. Zellmembranen bringen, das will die Duftstoffe sind auch geeignete Medien, um Wissenschaftlerin in den kommen- Informationen von Baum zu Untersuchungen an den Stecklingen im den Jahren herausfinden. Baum und innerhalb der Gewächshaus bestätigten den Be- Baumkrone zu transportie- fund: Sobald die Forschenden die ren. Sie erreichen ihr Ziel Raupen von den Blättern entfernten, Raupengifte vergleichsweise schnell und sind einfach herzustellen. sank die Konzentration der stick- stoffhaltigen Duftstoffe auf null. Da in den Blättern Von Pilzen befallene Blätter die Wespen gerade von diesen Düften geben ebenfalls charakteristi- angezogen werden, war klar: „Wir Aber warum produzieren die attackier- sche Duftstoffe ab. Der hatten die Notrufmoleküle der ten Pappelblätter nicht so wie bei- Geruch lockt Schmetter- Bäume gefunden“, so Unsicker. Pap- spielsweise Tabak, Kaffee und Pfeffer lingsraupen an, die offenbar peln produzieren vor allem tagsüber Gifte, welche die Raupen vergraulen? nicht rein vegetarisch leben, sondern die Pilze als Duftstoffe, wenn sie auch Fotosyn- „Auch die Blätter der Schwarzpap- Stickstoffquelle nutzen. these betreiben. Nachts dagegen stel- peln enthalten Stoffe, die in hohen len sie die Produktion weitgehend ein. Konzentrationen toxisch wirken. So- Max Planck Forschung · 3 | 2020
wissen aus Dafür spricht, dass die Moleküle, die die über Pilzgeflechte an den Wurzeln, Blätter geweht oder durch Regen auf Brackwespen herbeirufen, sehr ein- die sogenannten Mykorrhizen, stehen tiefer liegende Kronenteile gespült. fach produziert werden können. Aus- Bäume miteinander in Verbindung. Durch die Spaltöffnungen drin- gangspunkt ist die Aminosäure Phe- Kritiker werfen Wohlleben gleich- gen sie anschließend in die Blätter ein. nylalanin, die in nur zwei Schritten in wohl vor, die Bäume zu vermenschli- Nach wenigen Tagen bilden sie Spo- das Benzylcyanid umgewandelt wird. chen. „Auch für meinen Geschmack renlager, die als orangefarbene Pus- Die Zwischenstufe, das sogenannte schmückt er die Fakten manchmal zu teln durch die Blattoberfläche drin- Phenylazetaldoxim, kann sich im Blatt stark aus. Aber ich finde es toll, dass gen und aus denen neue Sporen frei- anreichern und ist giftig. Je höher die es jemand geschafft hat, die Auf- gesetzt werden. In einer Pilotstudie Konzentration auf dem Blattfutter der merksamkeit auf das Ökosystem besprühte Unsickers Mitarbeiterin Schwammspinner, desto höher ist Wald zu lenken“, sagt Unsicker. Franziska Eberl einige der kleinen auch die Sterblichkeit der Raupen. Pappeln im Gewächshaus mit Rost- „Die Produktion dieser Stoffe dient pilzsporen und setzte zusätzlich noch also nicht nur der indirekten, sondern Bäume haben Schwammspinnerraupen auf die Blät- auch der direkten Verteidigung mit- tels Toxinen. Der Baum besitzt folg- viele Feinde ter. Eine Analyse der Blatt- düfte ergab, dass Blätter, die so einer lich eine doppelte Verteidigungsstra- doppelten Attacke ausgesetzt waren, tegie“, sagt Unsicker. Während Wohlleben für mehr Wert- ein ganz anderes Duftbouquet abga- schätzung der Bäume und des Waldes ben als Blätter, an denen nur Raupen Die Pappeln kommunizieren aber nicht wirbt, sammeln Sybille Unsicker und genagt hatten. „Die Blätter riechen nur mit den Brackwespen, sie tau- ihr Team weiter wissenschaftliche ein wenig nach Champignons. Der schen sich auch untereinander aus – Daten. Neben Schwammspinnern ha- Anteil an Terpenen ist deutlich niedri- ein Phänomen, das nicht zuletzt dank ben Bäume ja meist noch mit einer ger, dafür enthalten die Proben Koh- der Bücher von Peter Wohlleben auch Vielzahl anderer Feinde zu kämpfen. lenwasserstoffe, wie sie für Pilze ty- in der Öffentlichkeit angekommen ist. So werden Schwarzpappeln oft von pisch sind“, erläutert Unsicker. Die Schon seit den 1980er-Jahren ist be- Rostpilzen befallen, die sich im stickstoffhaltigen Substanzen, welche kannt, dass Bäume Informationen Spätsommer im Großteil der Baum- den Hilferuf an die Brackwespen do- 60 über Schädlinge mithilfe von Duft- krone ausbreiten können. Die Pilzspo- minieren, werden von den Rostpilzen stoffen weitergeben können. Auch ren werden durch den Wind auf die dagegen nicht beeinflusst. Kommunikation mittels Duftstoffen Schutz vor Hitze und oxidativem Stress Bestäubung Verbreitung von Samen Graf i k : G C O nac h S y bi ll e U nsick e r Kommunikation zwischen Pflanzen Schutz vor Pflanzenfressern Gegenseitige Hem- Graf i k : G C O mung des Wachstums Schutz vor Krankheitserregern Oberirdisch Schutz vor Kommunikation Pflanzenfressern zwischen Pflanzen ? Schutz vor Gegenseitige Hem- Krankheitserregern mung des Wachstums Unterirdisch Duftstoffe von Pflanzen erfüllen vielfältige Aufgaben – und das sowohl über als auch unter der Erde. Bäume locken damit Nützlinge wie Bestäuber, Samenverbreiter und Feinde von pflanzenfressenden Insekten an. Auch untereinander stehen sie in Kontakt: Manche Duftstoffe können das Wachstum ihrer Nachbarn hemmen oder diese vor Hitze und Schädlingen warnen. Max Planck Forschung · 3 | 2020
biologie & medizin Raupen lieben Pilze Die Pilze können insbesondere den Phe- nolgehalt der Blätter verändern. So F o t o: S y bi ll e U nsick e r / M PI f ü r c h e m i s c h e Ökol o gi e lösen sie beispielsweise in den Blät- tern die Bildung von Catechinen aus, den Grundbausteinen verschiedener Gerbstoffe. Diese sind für den Pilz schädlich. Da Rostpilze in den Baum- kronen im Spätsommer sehr domi- nant werden können, könnten sie auch die Häufigkeit anderer Fress- feinde der Pappeln beeinflussen. Doch die eigentliche Überraschung für die Forschenden war, dass der Pilzgeruch die Raupen offenbar nicht stört! Ganz im Gegenteil: Vor die Wahl zwischen gesunde und verpilzte Blätter gestellt, stürzen sich die Rau- pen regelrecht auf Letztere. Lang- zeitbeobachtungen zeigen sogar, dass vor allem ganz junge Raupen, ange- lockt vom Duft, zuerst die Pilze von den Blättern naschen, bevor sie sich Tage später über die Blätter selbst hermachen. Die Forschenden fangen die gasförmigen Duftsignale der Blätter in 61 Kunststoffbeuteln auf und leiten sie durch einen Filter. Im Labor Die Forschenden hielten ihren Befund bestimmen sie anschließend die chemische Struktur der Substanzen. zunächst für einen Messfehler – schließlich galten die Schwammspin- nerraupen als reine Pflanzenfresser. „Deshalb haben wir das gleiche Expe- riment mit dem nah verwandten Schlehen-Bürstenspinner gemacht – Inwieweit sich die Befunde von den Pap- GLOSSAR mit demselben Ergebnis: Auch er ist peln auf andere Baumarten übertra- ganz wild auf den Rostpilz.“ gen lassen, ist noch nicht ganz geklärt. Schwammspinner Eichen zum Beispiel können in man- Zur Familie der Eulenfalter chen Jahren von massenhaft auftre- Eiweißreiche Kost tenden Schwammspinnern massiv ge- gehörende Nachtfalter. Der Name bezieht sich auf das schädigt werden. Förster und Waldbe- schwammartige Äußere des Zuerst vermutete Unsicker, dass die sitzer besprühen mittlerweile Wälder Eigeleges. Die Eier werden auf pilzbefallenen Blätter vielleicht weni- mit Pestiziden, um die wirtschaftli- die Stämme der Bäume gelegt und überdauern den Winter. Im ger Giftstoffe bilden, denn die Rau- chen Schäden zu begrenzen. „Aus Frühjahr schlüpfen die Raupen pen entwickeln sich auf ihnen schnel- ökologischer Sicht ist es ganz natür- und fressen bevorzugt Eichen- ler und verpuppen sich früher. Doch lich, dass Arten wie der Schwamm- blätter, verschmähen aber auch das ist nicht der Fall. Es geht vielmehr spinner immer wieder in Massen auf- andere Laub- und Nadel- um die Inhaltsstoffe der Pilze: Die treten. Die Natur würde das jeweils bäume nicht. Schwammspinner zählen zu den gefürchtetsten Sporen sind sehr stickstoffreich und selbst regeln, denn die natürlichen Schädlingen in Eichenwäldern. enthalten viele für die Entwicklung Feinde reagieren auf das hohe Nah- Eine einzige Raupe kann vom der Raupen essenzielle Aminosäuren rungsangebot und dezimieren die Schlupf bis zur Verpuppung und B-Vitamine. „Pilze und andere Schwammspinner wieder. Wenn über- einen Quadratmeter Blattfläche Mikroorganismen könnten also die haupt, dann sollten Pestizide also nur vertilgen. Bei Massenvermehrung gemeinsame Evolution von Pflanzen so eingesetzt werden, dass danach können so ganze Eichenwälder entlaubt und die Bäume und Insekten stärker beeinflusst ha- noch genügend Fressfeinde übrig dauerhaft geschädigt werden. ben als bislang angenommen“, sagt sind, die die Falter künftig in Schach Sybille Unsicker. halten können.“ Max Planck Forschung · 3 | 2020
Sie können auch lesen