Mit engagierter Gelassenheit - Interview mit dem neuen Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), Dr. Gerald Gaß - Deutsche ...

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Politik

Mit engagierter Gelassenheit
Interview mit dem neuen Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG),
Dr. Gerald Gaß

Angesichts der beginnenden Amtszeit als DKG Präsident                  eine konstruktive Auseinandersetzung mit unseren Partnern in
macht die Frage wirklich Sinn: Haben Sie gute Vorsätze für             der Selbstverwaltung, mit den Krankenkassen und der Ärzte-
das neue Jahr 2018?                                                    schaft und der Politik führen, um ein möglichst großes Maß an
Ich habe mir vorgenommen, meinen Optimismus zu bewahren                Vertrauen in unsere Arbeit zu gewinnen. Die derzeitige Miss-
im Hinblick auf die Gespräche und Verhandlungen, die wir zu            trauenskultur mit den daraus resultierenden Kontrollinstru-
führen haben – auch in der Selbstverwaltung. Ich glaube fest           menten bindet Ressourcen und Engagement, das wir an ande-
daran, dass es trotz unterschiedlicher Interessen immer auch           rer Stelle benötigen.
Gemeinsamkeiten gibt, die es möglich machen, Konflikte zu              Die größte Herausforderung ist schon heute und wird es zuneh-
lösen, konstruktive Ansätze zu finden und voranzukommen.               mend sein, qualifizierte und engagierte Mitarbeiter zu finden
Den Optimismus habe ich hier in Rheinland-Pfalz nicht nur              und zu halten. Krankenhäuser müssen attraktive Arbeitgeber
bewahrt, er hat auch zu Ergebnissen geführt. Ich werde auch in         sein und bleiben, wenn wir auch in Zukunft die flächende-
Berlin versuchen, den mir gestellten Aufgaben mit einer enga-          ckende Gesundheitsversorgung mit hoher Qualität erbringen
gierten Gelassenheit zu begegnen.                                      wollen. Die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern – das
                                                                       möchte ich ganz oben auf die Agenda setzen. Wir müssen na-
Was wird das Kernthema ihrer Präsidentschaft sein?                     türlich auch selbst etwas beitragen als Krankenhäuser. Dies ist
Nach innen gilt es, die DKG als starke Interessenvertretung der        meiner Auffassung nach das ganz große Thema: Den Arbeits-
Krankenhäuser in Deutschland zu festigen und den Kliniken              platz Krankenhaus attraktiv zu halten und ihn auch öffentlich
die Stimme und das Gewicht zu geben, das uns im Gesund-                wieder ins rechte Licht zu setzen. Denn gegenwärtig wird in
heitswesen und in der Öffentlichkeit zukommt. Wir müssen               der Öffentlichkeit und in den Medien teilweise ein schlechtes

Der neue DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß: Hier erwarte ich auch die Souveränität von Seiten der Politik, zu sagen, wir gehen noch einmal einen
Schritt zurück und sind bereit, gegebenenfalls zu korrigieren, was nicht gut läuft. Fotos: Tobias Vollmer

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Mit engagierter Gelassenheit - Interview mit dem neuen Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), Dr. Gerald Gaß - Deutsche ...
Politik

Bild gezeichnet. Ich bin überzeugt, dass die Arbeit, die wir in   dann merke ich, dass die Standardisierung nicht mehr funktio-
den Krankenhäusern anbieten und die unsere Mitarbeiter täg-       niert. Sie haben Patienten, die sehr viel höheren Versorgungs-
lich zum Wohle der Patienten tun, enorm sinnstiftend ist. Sie     bedarf haben als die Standards das vorgeben, und an anderer
helfen Menschen in Not, lindern Leiden. Sich dessen gewiss zu     Stelle kann man durchaus mit weniger Personal auskommen.
sein am Ende eines Tages, das macht die Arbeit in der Klinik      Diese Flexibilität als Unternehmer, als Arbeitgeber und Verant-
aus.                                                              wortlicher müssen wir behalten. Wenn uns diese durch eine
                                                                  Vorfestlegung aus der Hand genommen wird und wir dann nur
Wird das Krankenhaus als Arbeitsplatz zu wenig ge-                noch Personal zuordnen, aber nicht mehr sinnvoll und ange-
schätzt?                                                          messen einsetzen können, dann verlieren wir jede Gestaltungs-
Ich bin davon überzeugt, dass wir uns vielfach noch unter Wert    möglichkeit, und zwar auch zu Lasten der Patientinnen und
verkaufen. Kliniken bieten grundsätzlich sehr attraktive Ar-      Patienten.
beitsplätze. Im Krankenhaus zu arbeiten, Menschen in gesund-
heitlicher Not zu helfen und Leiden zu mindern ist hoch sinn-     Sie sind seit 2016 Vorsitzender der Landeskrankenhausge-
voll und befriedigend.                                            sellschaft Rheinland-Pfalz. Welche Erfahrungen aus Rhein-
Genau das darf im Alltag nicht verloren gehen. Wir dürfen         land Pfalz wollen Sie für Ihr neues Amt nutzen?
nicht zulassen, dass Mitarbeiter das Gefühl haben, sie beschäf-   Gemeinsam mit dem Vorstand und unserer Geschäftsstelle ha-
tigten sich eigentlich nur noch mit Bürokratie, ohne dass Zeit    ben wir einen sehr konstruktiven und ergebnisorientierten in-
für Empathie und Zuwendung dem Patienten gegenüber bleibt.        ternen Diskussionsprozess zur Umstellung der Investitionsför-
Wir müssen zudem Möglichkeiten der Qualifikation schaffen,        derung im Land initiiert und moderiert. Soll es bei Einzelfinan-
wir müssen Führungskräfte besser für ihre Aufgaben qualifizie-    zierung bleiben oder wollen wir eher den Weg der Pauschalen
ren. So brauchen Mediziner auch Führungsqualifikation in          gehen, den auch andere Bundesländer gegangen sind? Da gibt
­ihrer Ausbildung. Und wir müssen die ganz jungen Menschen        es ein sehr unterschiedliches Meinungsbild. Im Ergebnis sind
 ansprechen, sie für die Berufe im Krankenhaus begeistern. Wir    wir geschlossen gegenüber der Politik aufgetreten und haben
 müssen in die Schulen gehen und dort zeigen, welche Möglich-     damit unsere Position deutlich gestärkt. Im Dialog haben wir
 keiten sich bei uns bieten. Und nicht zuletzt wir müssen Ent-    den Konsens innerhalb der Krankenhausgesellschaft Rhein-
 wicklungsmöglichkeiten bieten, so zum Beispiel für akade-        land-Pfalz bei dem Thema Investitionsfinanzierung gefunden.
 mische Pflegekräfte im Behandlungsprozess und nicht nur im
 Management.                                                      Im Hauptberuf führen Sie die Geschäfte des Landeskran-
                                                                  kenhauses mit Sitz in Andernach. Welche besonderen
Können Personaluntergrenzen eine Lösung sein?                     ­Herausforderungen prägen den Alltag für Geschäftsführer
Das ist ein ganz schwieriges Thema. Personaluntergrenzen           psychiatrischer Kliniken?
können eine Chance, auf der anderen Seite aber auch ein Troja-     Neben all den Themen, die auch die somatischen Kliniken be-
nisches Pferd sein. Wenn wir sie jetzt einführen, machen wir       treffen, haben wir in der Psychiatrie den besonderen Auftrag,
den zweiten Schritt vor dem ersten. Wir müssen zunächst ein-       Patienten auch gegen ihren Willen und bei fehlender Krank-
mal dafür sorgen, dass die Krankenhäuser das Per­sonal, das sie    heitseinsicht zu behandeln. An guten Tagen erwarten die Öf-
beschäftigen wollen, auch finanzieren können. Personalunter-       fentlichkeit und die Politik die Reduzierung von Zwangsmaß-
grenzen können nur dann eingeführt werden, wenn die Kran-          nahmen und ein hohes Maß an Selbstbestimmung für unsere
kenhäuser über eine entsprechende Refinanzierung verfügen          Patienten. An schlechten Tagen müssen wir uns den kritischen
und wenn die notwendigen Mitarbeiter am Arbeitsmarkt auch          Fragen stellen, ob die Türen dicht und die Zäune hoch genug
zur Verfügung stehen. Sonst können Personaluntergrenzen            sind, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Die
dazu führen, dass wir in manchen Bereichen Personal beschäf-       Psychiatrie übernimmt damit neben dem Behandlungsauftrag
tigen, das uns dann an anderer Stelle fehlt, nur um die Vorga-     auch einen ordnungspolitischen Auftrag gegenüber der Gesell-
ben zu erfüllen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was dann     schaft. Das ist ein enormes Konfliktpotenzial, dem sie sich mit
passiert, auch welcher Wettbewerb um qualifiziertes Personal       Transparenz und Überzeugungskraft stellen müssen. Hier ist
sich dann zwischen den Krankenhäusern entwickeln würde.            eine ganz intensive Kommunikation mit der Öffentlichkeit und
Personaluntergrenzen können nur funktionieren, wenn die            mit den Mitarbeitern notwendig, um immer wieder den rich-
Rahmenbedingungen tatsächlich stimmen und alles gut durch-         tigen Weg in diesem Spannungsfeld zu finden.
dacht und vorbereitet ist.
Im Zusammenhang mit der Psychiatrie-Personalverordnung be-        Kernanliegen der Krankenhausstrukturreform ist die Qua-
schäftigen wir uns ja schon länger mit der Frage standardisier-   lität. Wie sind die Kliniken hier aufgestellt?
ter Personalausstattung in der Versorgung. Wenn ich die Perso-    Ich fand es befremdlich, wie omnipräsent das Thema Qualität
nalausstattung als Geschäftsführer auf die gesamte Klinik umle-   im Krankenhaus im Koalitionsvertrag vor vier Jahren und in der
ge, dann kann ich damit umgehen. Sobald dies aber auf einzel-     späteren Gesetzgebung platziert war. Das war für unsere Mitar-
ne Abteilungen oder sogar Stationen heruntergebrochen wird,       beiterinnen und Mitarbeiter in den Kliniken ein Stück weit Aus-

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Politik

druck des Misstrauens der Politik ihrer Leistung gegenüber.
Respekt und Wertschätzung gegenüber den Ärzten und den
Pflegenden, die in unseren Krankenhäusern Tag für Tag für die
Patienten ihren Dienst tun, habe ich dort nicht wiedergefunden.
Wenn wir aber die engagierten Mitarbeiter nicht wertschätzen,
werden wir sie verlieren.
Ich bin überzeugt davon, dass wir insgesamt stolz sein können
auf die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitswesens
im Allgemeinen und unsere Krankenhäuser im Besonderen. Ich
will damit nicht negieren, dass es auch Probleme bei der Quali-
tät gibt, das ist aber ebenso wenig ein flächendeckendes Pro-
blem wie die häufig öffentlich angeprangerten Hygienemängel.
Wir müssen aufpassen und dürfen dass das Kind nicht mit dem
Bade ausschütten. Es ist unsere Aufgabe, tatsächliche Qualitäts-
mängel anzugehen.
Ich erwarte, dass sich die Politik auch ein Stück weit besinnt.
Wir brauchen eine Phase der Konsolidierung wo wir schauen,
wie das, was wir auf den Weg gebracht haben, eigentlich in der
Praxis wirkt. Hier erwarte ich auch die Souveränität von Seiten    zum einen der Politik vermitteln, dass die Krankenhäuser als
der Politik, zu sagen, wir gehen noch einmal einen Schritt zu-     Leistungserbringer auch ohne permanente Kontrolle ein Inte-
rück und sind bereit, gegebenenfalls zu korrigieren, was nicht     resse daran haben, die bestmögliche Leistung für ihre Patienten
gut läuft: Wenn etwa der Aufwand, ein bestimmtes Ziel zu er-       zu bieten. Ich habe auch das Vertrauen in die anderen Selbst-
reichen, unverhältnismäßig ist.                                    verwaltungspartner, dass diese zunächst ein Interesse daran
                                                                   haben, für ihre Patienten und Versicherten da zu sein.
Aus dem Krankenhausstrukturgesetz spricht deutlich der             Wir müssen gemeinsam bei der Umsetzung politischer Vorga-
Wunsch des Gesetzgebers nach Strukturveränderungen                 ben darauf achten, dass wir nicht mehr Bürokratie als notwen-
im Krankenhausbereich. Hat das auch Konsequenzen für               dig zulassen. Die Kontrolle sollte sich auf die wirklich kritischen
die Arbeit der DKG?                                                Themen konzentrieren. Wir müssen zu mehr Vertrauen kom-
Wenn der Gesetzgeber seinen Wunsch nach Strukturverände-           men und weniger von vornherein nach dem Motto „Vertrauen
rung in die Hände der Selbstverwaltung gibt, überträgt er auch     ist gut, Kontrolle ist besser“ handeln.
einen Teil seiner politischen Gestaltungsverantwortung. Das ist
für die DKG als Dachverband aller Krankenhäuser in Deutsch-        Kürzlich beschloss der G-BA Regeln für Mindestmengen.
land eine schwierige Gratwanderung. Denken Sie nur an das          Als Instrument der Qualitätssicherung. Was kommt auf die
Thema Zentralisierung versus einer wohnortnahen Versorgung.        Krankenhäuser zu?
Natürlich beteiligen wir uns konstruktiv und aktiv an der fach-    Hinter dem Instrument der Mindestmengen steht der zunächst
lichen Diskussion zu Strukturentwicklungen. Diese müssen           richtige Gedanke, dass Erfahrungswissen einen positiven Bei-
dann aber im Ergebnis einem gemeinschaftlich definierten Ziel      trag zur Ergebnisqualität bringt. Das ist grundsätzlich nicht an-
folgen und dafür braucht es dann auch die richtigen Anreize        zuzweifeln. Aber konkret kann wissenschaftlich nur selten be-
und Rahmenbedingungen. Wenn die Politik zum Beispiel eine          legt werden, ab welcher Menge an Erfahrung und in welcher
wohnortnahe akutstationäre Grundversorgung als Daseinsvor-         organisatorischen Konstellation die Ergebnisse signifikant bes-
sorge erhalten und gleichzeitig bestimmte Leitungen zentrali-      ser werden.
sieren will, dann müssen wir diese Grundversorgung im länd-        Wir dürfen uns nicht stur an bestimmten Fallzahlen entlang-
lichen Raum auch entsprechend finanziell absichern. Dieser         hangeln. Wir müssen analysieren, wie wir das Erfahrungswis-
Diskussion stellen wir uns als DKG und legen auch eigene Vor-      sen, das ja hinter Mindestmengen steht, in eine konkrete Lei-
schläge vor.                                                       stungserbringung einbringen, sodass am Ende gute Ergebnisse
                                                                   für die Patientinnen und Patienten erzielt werden können.
Nicht zuletzt die überbordende Bürokratie macht die Ar-            In unserem eigenen Unternehmen haben wir einen kleinen
beit in der Klinik für Ärzte und Pflegende unattraktiv. Was        ländlichen Standort, der durch die Kooperation mit einem
muss getan werden um diese Entwicklung zu stoppen?                 Schwerpunkt-Krankenhaus Erfahrungen bündelt und so wohn-
Die Bürokratie dient nur teilweise der Verbesserung der Quali-     ortnah Leistungen in hervorragender Qualität anbieten kann.
tät der Behandlung. Vieles entspringt einer ausgeprägten Miss-     Das heißt, wir erkennen das Instrument grundsätzlich an, for-
trauenskultur in unserem Gesundheitswesen und insbesondere         dern aber eine Umsetzung, die sich an den tatsächlichen Ergeb-
gegenüber Krankenhäusern. Dieses gelebte Misstrauen bindet         nissen orientiert und damit flexibel auf die konkreten Bedin-
unglaubliche Ressourcen. Die sind aber knapp! Wir müssen           gungen vor Ort angewendet werden muss.                         u

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Politik

Dem MDK werden künftig erhebliche Kontrollbefugnisse               Standorte als wichtige Bestandteile der sozialen Infrastruktur
zu Qualitätsvorgaben eingeräumt. Was kommt da auf die              erhalten wollen, müssen wir sie auch ihrem Auftrag entspre-
Kliniken zu?                                                       chend finanzieren und uns Gedanken machen, wie das gelin-
Der MDK ist keine unabhängige Prüfeinrichtung. Das ist eine        gen kann. Der Sicherstellungszuschlag in seiner jetzigen Form
schlichte Tatsache. Deshalb ist den Mitarbeitern des MDK auch      ist dafür untauglich. Wir brauchen Bestandteile im System, die
nicht vorzuwerfen, dass sie zunächst einmal die Interessen         diese notwendigen Strukturvorhaltungen refinanzieren.
ihres Auftraggebers, den Kassen, verpflichtet sind. Diese sind
nicht 1:1 deckungsgleich mit denen der Krankenhäuser und           Die Digitalisierung der Krankenhäuser ist in Deutschland
auch nicht mit den Interessen der Politik. Wenn die Politik eine   noch nicht sehr weit vorangeschritten. Was muss aus Ihrer
unabhängige Qualitätskontrolle möchte, die sich strikt am me-      Sicht geschehen, um die Krankenhäuser besser aufzustel-
dizinischen Standard und am Patientennutzen orientiert, dann       len?
ist der MDK die falsche Adresse, das müssen wir der Politik        Ich kann mich gut an die ersten politischen Initiativen zur Ein-
deutlich machen.                                                   führung der elektronischen Gesundheitskarte erinnern. Damals
                                                                   war ich im rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium tä-
Laut aktuellem Krankenhausbarometer des DKI hat jedes              tig. Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte war
dritte Allgemeinkrankenhaus im Jahr 2016 Verluste ge-              ein Beispiel, wie man es besser nicht macht. Wir leiden teilwei-
schrieben. Noch mehr, 37,2 %, erwarten für das Jahr 2018           se noch heute an den Mängeln, die sich aus dem damaligen
eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation.            Vorgehen ergeben haben.
Was tun?                                                           Man hat bestimmte Ziele formuliert von politischer Seite und es
Zuallererst brauchen wir eine auskömmliche und nachhaltige         dann in die Selbstverwaltung gegeben in der Hoffnung, dort
Investitionsfinanzierung, die es den Häusern ermöglicht, durch     bestehe ein gemeinsames Interesse, hiermit voranzukommen.
die entsprechende bauliche Infrastruktur effiziente Prozessab-     Dieses gemeinsame Interesse war aber erkennbar sehr be-
läufe zu organisieren und die Betriebskosten zu optimieren.        grenzt. Man hätte frühzeitiger das Projekt wieder auf die poli-
Moderne Infrastruktur im baulichen und in der Medizintechnik       tische Ebene nehmen und klare Vorgaben machen müssen, was
ist ein wichtiger Aspekt der Abeitsplatzattraktivität. Auch des-   die Standardisierung und die Einführung bestimmter Technolo-
halb brauchen wir mehr Investitionen in den Krankenhäusern.        gien angeht und welche Daten in welcher Form zwischen den
Die Potenziale der Digitalisierung müssen mithilfe von Investi-    Sektoren verfügbar sein sollen.
tionen gehoben werden. Die mangelnde Investitionsfinanzie-         Die Industrie kann deshalb bis heute vielfach keine funktionie-
rung ist das Hauptproblem der Kliniken, das viele andere Pro-      rende Lösung anbieten. Daraus hat sich ein großes Defizit in
bleme nach sich zieht und am dringendsten gelöst werden            Sachen Standardisierung entwickelt. Wir können bis heute
muss. Die Personalkosten der Häuser müssen entsprechend der        nicht, ähnlich wie wir das von privatem Markt kennen, uns
tariflichen Vorgaben ausfinanziert werden. Wir wollen und sol-     bestimmter Module bedienen und diese in die digitale Infra-
len faire Bezahlung garantieren und als Arbeitgeber attraktiv      struktur einfach implementieren, weil eine Vielzahl von
sein. Das tun wir auch, fast alle Häuser sind tarifgebunden. Die   Schnittstellenproblemen dies verhindern. Die Einführung neuer
faire Entlohnung muss sich aber auch in den Erlösen nieder-        Instrumente ist deshalb oft mit viel Frust bei den Mitarbeitern
schlagen: Wir brauchen eine volle Refinanzierung der Tariflöh-     verbunden.
ne. Wer von den Kliniken erwartet, attraktiver Arbeitgeber zu      Die Digitalisierung ist unverzichtbar, wenn wir Prozesse in den
sein, der muss auch für die entsprechenden Rahmenbedin-            Häusern effizienter gestalten wollen. Und dies müssen wir tun!
gungen sorgen.                                                     Ohne digitale Patientenakte sind die umfassenden Anforderun-
                                                                   gen an die Dokumentation heute nicht mehr zu erfüllen. Zu-
Vor allem kleine Kliniken mit weniger als 300 Betten sind          dem ermöglicht die Digitalisierung, knappe Ressourcen in der
betroffen. Haben kleinere Häuser eine Zukunft im Wettbe-           Fläche verfügbar zu machen. Digitalisierung kann die Mitarbei-
werb?                                                              ter entlasten und helfen, Bürokratie abzubauen. Diese Entla-
Auch kleinere Häuser kann man nicht über einen Kamm sche-          stung wiederum macht Arbeitsplätze im Krankenhaus attrak-
ren. Entscheidend ist der Versorgungsauftrag. Die spezialisierte   tiver.
Fachklinik mit überwiegend elektiver Aufnahme ist nicht zu         Aber die Investitionen reichen überhaupt nicht für eine umfas-
vergleichen mit dem Grundversorger im ländlichen Raum. Da          sendere Digitalisierung der Kliniken aus. Heute müssten die
sind oftmals die Fallzahlen schlicht nicht ausreichend, wenn       Häuser zwei bis drei Prozent ihres Umsatzvolumens in die Di-
über die klassische DRG die kompletten Betriebskosten über die     gitalisierung stecken. Dieses Geld steht den Kliniken nicht zur
einzelne Behandlung bezahlt werden müssen. Das DRG-System          Verfügung, deshalb kommen wir hier auch nicht voran.
kennt keine Basisfinanzierung für bestimmte Strukturvorhal-        Die Investitionserfordernisse sind sehr viel größer als die Län-
tungen. Die kleineren Häuser sichern aber in der Regel die Ver-    der heute zur Verfügung stellen können. Die Erwartungen der
sorgung in der Fläche und sind vielfach gleichzeitig die einzige   Patienten und des Gesetzgebers an die Krankenhäuser sind
Anlaufstelle auch für ambulante Notfälle. Wenn wir diese           vielfältig und sehr hoch. Deshalb müssen wir als Bürger und

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Politik

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                                                                    Dass Bund und Länder sich an dieser Stelle zusammentun und
                                                                    deutlich mehr Geld für die Krankenhäuser zur Verfügung stel-
                                                                    len als das heute geschieht. Der Bund greift über die Gesetzge-
                                                                    bung immer stärker in die Krankenhausstrukturentwicklung
                                                                    ein. Auch deshalb ist es richtig, dass er mitfinanziert.

                                                                    Wie sollte die ambulante Notfallversorgung in Zukunft
                                                                    aufgestellt sein?
                                                                    Nach meiner Überzeugung gibt es nicht den einen richtigen
                                                                    Weg. Fakt ist, dass der niedergelassene ärztliche Sektor die flä-
                                                                    chendeckende Notfallversorgung ohne die Krankenhäuser nicht
                                                                    sicherstellen kann. Nicht selten ist die Notfallversorgung in der
                                                                    Klinik ohne Alternative als einzige Einrichtung, die rund um
                                                                    die Uhr medizinische Versorgung anbietet. Die Patienten kom-
                                                                    men in die Klinik, weil sie dort häufig schneller und umfas-
                                                                    sender versorgt werden. Dort muss die Notfallversorgung auch
                                                                    entsprechend bewertet und finanziert werden. Was heute ge-
                                                                    zahlt wird, wird in keiner Weise dem Aufwand gerecht, der an
                                                                    Diagnostik und Behandlung im Krankenhaus dahinter steht.

                                                                    Wie immer diese auch aussehen mag: Was erhoffen Sie
                                                                    sich für die Krankenhäuser darüber hinaus von der neuen
Seit Beginn des Jahres 2018 ist Dr. Gerald Gaß der neue Präsident   Bundesregierung?
der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Seit 2016 ist der Diplom-    Ich erhoffe mir ein Bekenntnis der Politik zur flächendeckenden
Volkswirt und -Soziologe bereits Vorsitzender der Landeskranken-
hausgesellschaft Rheinland-Pfalz sowie Mitglied des DKG-Vor-        Krankenhausversorgung und bessere Rahmenbedingungen, um
standes.                                                            den Herausforderungen bei der Fachkräftesiche­rung zu begeg-
Gerald Gaß ist seit 2008 Geschäftsführer des Landeskranken-
hauses (AöR) mit Sitz in Andernach, das an insgesamt 17 Standor-    nen. Daneben hoffe ich darauf, dass die Politik erkennt, dass
ten über rund 2 200 Betten verfügt. Rund 4 000 Mitarbeiter ar-      wir nun auch eine Phase der Konsolidierung brauchen, um zu
beiten beim größten Anbieter psychiatrischer und neurologischer
Leistungen sowie des Maßregelvollzugs des Landes Rheinland-         sehen, wie die zuletzt auf den Weg gebrachten Veränderungen
Pfalz.                                                              wirken. Auch erwarte ich mehr Wertschätzung und Respekt in
Zuvor leitete er von 2001 bis 2008 die Abteilung Gesundheit im
rheinland-pfälzischen Arbeits- und Sozialministerium, von 2002
                                                                    der Kommunikation, was die Leistung der Kliniken und deren
an unter der damaligen Gesundheits- und Sozialministerin Malu       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft.
Dreyer, heute Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz.

                                                                    Was fürchten Sie?
Steuerzahler, muss auch die Politik bereit sein, die notwendige     Ich bin Optimist und setze auf die von mir angesprochenen
moderne Infrastruktur hierfür zu finanzieren.                       Hoffnungen.

In Bezug auf die Krankenhausfinanzierung wird eine Ko­              Wie werden Sie in drei Jahren am Ende dieser Amtsperiode
operation von Bund und Ländern angesprochen. Wo sehen               zurückblicken?
Sie hier Möglichkeiten, die Problematik anzugehen?                  Ich werde mich selbst an den eingangs angesprochenen guten
Wir haben in Rheinland-Pfalz bei den letzten Landtagswahlen         Vorsätzen und Kernthemen messen. Wie die Bewertung dann
2016 einen Forderungskatalog entwickelt, wonach sich die neue       ausfällt, werden wir in drei Jahren sehen.
Landesregierung vor allem auch für einen Inves­titionspakt des
Bundes und der Länder einsetzen sollte. Wir sehen, dass die         Auffallend oft werden auf Konferenzen der Krankenhaus-
ehemals strikte Trennung der Aufgaben der Länder und des            branche Vergleiche und Metaphern aus dem Fußball be-
Bundes, bei anderen Themen wie der Bildung längst aufge-            müht. Erlauben Sie mir die Frage: Für welchen Verein
weicht ist, Der Bund hat deutliche Überschüsse im Finanzhaus-       schlägt Ihr Herz an den Wochenenden?
halt. Wir sehen die zwingende Notwendigkeit, dass Bund und          (lacht) Auch in dieser Beziehung ist engagierte Gelassenheit
Länder gemeinsam dafür sorgen, dass ausreichend Investitions-       meine Strategie. Ich bin Fan des großen, traditionsreichen, aber
mittel für die Krankenhäuser zur Verfügung gestellt werden          zuletzt wenig erfolgreichen 1. FC Kaiserslautern. Wir kommen
und zwar nicht nur mit einem Sonderprogramm für zwei oder           wieder.
drei Jahre. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, die
uns erlauben, langfristig unsere Investitionen planen zu kön-       Das Gespräch führte Katrin Rüter de Escobar                   n

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