Modellprojekt Naturverträgliche Felssicherung im Biosphärengebiet Schwäbische Alb
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Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 2 Teil 1, Endfassung Stand 30.03.2020 Auftraggeber Geschäftsstelle Biosphärengebiet im Regierungspräsidium Tübingen Bearbeiter Norbert Menz Wolfgang Siewert Projektbetreuung Dr. Rüdiger Jooß (Geschäftsstelle Biosphärengebiet) www.menz-umweltplanung.de info@menz-umweltplanung.de Magazinplatz 1 72072 Tübingen Fax 07071 - 440236 Tel 07071 – 440235 1707 Bericht_end2.docx
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 3 Mitglieder der projektbegleitenden Arbeitsgruppe Regierungspräsidium Tübingen Ref. 45: Frau Wolfer-Ansorge, Herr Beiter Ref. 55: Herr Dr. Kratsch, Frau Dr. Barner, Herr Maier Ref. 56: Frau Riedinger, Herr Arnold Ref. 82 (ehem.): Herr Kumpf Regierungspräsidium Stuttgart Ref. 42: Herr Beutinger, Frau Herburger Ref. 44: Frau Schober Ref. 55: Frau Säle, Herr Kitz Ref. 56: Frau Paak, Herr Frosch Landratsamt Reutlingen Straßenbauamt: Herr Pasler, Herr Streich, Herr Schäfer, Herr Söll, Herr Schneck Untere Naturschutzbehörde: Frau Himming, Frau Dr. Drobnik, Naturschutzbeauftragter Herr Ressel Untere Forstbehörde: Herr Kiess, Herr Krebs, Herr Mann Landratsamt Esslingen Straßenbauamt: Herr Schulz, Frau Eisele Untere Naturschutzbehörde: Herr Dr. Bauer, Herr Blanz, Herr Ruoß, Herr Pfeiffer Untere Forstbehörde: Herr Fischbach-Einhoff, Herr Hegelau, Herr Tomm, Landratsamt Alb-Donau-Kreis Fachdienst Straßen: Herr Weih Untere Forst- und Naturschutzbehörde: Herr Glöggler, Herr Stich Beteiligte Verbände Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz: Herr Buck Arbeitskreise Klettern und Naturschutz: Herr Köhler, Herr Weber, Herr Nordmann Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland: Frau Lupp, Herr Störmer Bund Naturschutz Alb-Neckar: Herr Künkele Bergwacht: Herr Greiner, Herr Groh Deutscher Alpenverein: Herr Wiening IG Klettern: Herr Bopp Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg: Herr Luz menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 4 Inhalt 1 Ausgangslage ....................................................................... 7 2 Zu beachtende naturschutzrechtliche Bestimmungen ...... 9 2.1 Biosphärengebiet ................................................................. 10 2.2 Natura 2000-Gebiete ............................................................ 11 2.3 Naturschutzgebiete............................................................... 14 2.4 Naturdenkmale ..................................................................... 14 2.5 Landschaftsschutzgebiete .................................................... 14 2.6 Gesetzlich geschützte Biotope und Biotopschutzwälder ....... 15 2.7 Bann- und Schonwälder ....................................................... 15 2.8 Artenschutz .......................................................................... 16 2.9 Bodenschutzwald ................................................................. 18 2.10 Umwelthaftung ..................................................................... 18 3 Häufig betroffene Lebensräume und Arten ...................... 19 3.1 FFH-Lebensraumtypen......................................................... 20 3.1.1 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation [8210] ........... 20 3.1.2 Kalk-Pionierrasen [6110*] ....................................... 20 3.1.3 Kalk-Magerrasen [6210] .......................................... 21 3.1.4 Höhlen und Balmen [8310]...................................... 22 3.1.5 Kalkschutthalden [8160*] ........................................ 23 3.1.6 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder [9170] ............ 23 3.2 Fledermäuse ........................................................................ 24 3.3 Vögel .................................................................................... 25 3.3.1 Dohle ...................................................................... 26 3.3.2 Kolkrabe ................................................................. 26 3.3.3 Uhu ......................................................................... 27 3.3.4 Wanderfalke ........................................................... 27 3.3.5 Berglaubsänger ...................................................... 28 3.4 Reptilien ............................................................................... 28 3.4.1 Zauneidechse ......................................................... 29 3.4.2 Schlingnatter ........................................................... 29 3.5 Lebensräume und Arten im Umfeld von Felsen .................... 29 3.5.1 Waldmeister-Buchenwälder [9130] ......................... 29 3.5.2 Mitteleuropäische Orchideen-Kalk-Buchenwälder [9150] ..................................................................... 30 3.5.3 Schlucht- und Hangmischwälder [9180*]................. 30 menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 5 3.5.4 Wacholderheide [5130] ........................................... 30 3.5.5 Magere Flachland-Mähwiese [6510] ....................... 30 3.5.6 Spanische Fahne .................................................... 30 3.5.7 Alpenbock ............................................................... 30 3.5.8 Haselmaus.............................................................. 31 4 Wirkungen von Felssicherungsmaßnahmen .................... 31 4.1 Primärsicherungsmaßnahmen .............................................. 31 4.1.1 Anker/ Nägel ........................................................... 31 4.1.2 Trossensicherung ................................................... 32 4.1.3 Vernetzung ............................................................. 33 4.1.4 Spritzbetonsicherung .............................................. 34 4.1.5 Rückschnitt von Gehölzen (Stockschnitt) ................ 35 4.2 Sekundäre Sicherungsmaßnahmen ..................................... 35 4.2.1 Steinschlagschutzzaun ........................................... 35 4.2.2 Palisadenwände ..................................................... 37 4.2.3 Fangedämme, Steinschlaggalerien ......................... 37 4.3 Felsbeseitigung .................................................................... 38 4.3.1 Sprengung .............................................................. 38 4.3.2 Beräumung ............................................................. 38 4.4 Frühwarnsysteme ................................................................. 39 5 Praxiserfahrung bei Felssicherungen ............................... 40 5.1 Durchgeführte Befragung ..................................................... 40 5.2 Erkenntnisse aus bisher durchgeführten Projekten ............... 41 6 Best Practice – Methoden zur naturverträglichen Felssicherung ..................................................................... 45 6.1 Wichtige Abläufe .................................................................. 45 6.2 Screening als Leitlinie für ein konfliktfreies Vorgehen ........... 52 6.3 Vorgehen bei Sofortmaßnahmen/Gefahr im Verzug ............. 54 6.4 Bagatellfälle .......................................................................... 55 6.4.1 Problemstellung ...................................................... 55 6.4.2 Naturschutzfachliche Bagatellfälle .......................... 56 6.5 Anforderung an die geotechnischen Untersuchungen .......... 59 6.6 Naturschutzfachliche Begleitung bei der Durchführung ........ 62 6.7 Zusammenfassendes Ablaufschema .................................... 64 7 Literatur............................................................................... 66 menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 6 Anhang 1 Fragebogen zur Auswertung von Praxisbeispielen 2 Dokumentationsbogen für das Screening Datengrundlage Abbildungen und Pläne (sofern nicht abweichend gekennzeichnet): Geobasisdaten © Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, www.lgl-bw.de, Az.: 2851.9-1/19 Geofachdaten © Landesverwaltung Baden-Württemberg menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 7 1 Ausgangslage Felslandschaften sind naturgemäß durch Verwitterungsprozesse dau- ernden Veränderungen unterworfen, deren spektakulärstes Ausmaß sich in Steinschlag, Felsstürzen und ganzen Bergrutschungen zeigt. Diese natürlichen Phänomene führen in dicht besiedelten Regionen zu Gefahren für die Infrastruktur und vor allem die Verkehrsteilnehmer. Dies stellt die Landkreise in den felsreichen Regionen als Träger der Unterhaltungslast von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen vor beson- dere Herausforderungen, denn die Sicherung vor Steinschlag und Felsstürzen ist eine komplexe Spezialaufgabe und kein betrieblicher oder kleiner baulicher Unterhalt (LANDESRECHNUNGSHOF 2016, S. 207). Nach den Straßengesetzen des Bundes und der Länder haben die Straßenbaulastträger die in ihrer Zuständigkeit liegenden Straßen so zu warten und zu unterhalten, dass sie für den Verkehrsteilnehmer möglichst gefahrlos benutzt werden können. Die gesetzlich übertra- gene Verkehrssicherungspflicht endet dabei nicht an der Straßen- grundstücksgrenze, sondern beinhaltet auch Risiken und Gefahren, die von außerhalb auf den Verkehr einwirken können (z. B. kranke Bäume, Felsböschungen etc.). Dies macht eine regelmäßige Beobach- tung und Überprüfung der Straße notwendig, um entstehende Schä- den oder Gefahren zu erkennen und die erforderlichen Sicherungs- maßnahmen zu treffen. Nach der ständigen Rechtsprechung gehören auch Vorsorgemaßnah- men gegen Steinschlag an Steilhängen über Straßen zu diesen Siche- rungsaufgaben. Maßstab ist dabei das, „was ein vernünftiger Verkehrs- teilnehmer an Sicherheit erwarten darf“ bzw. für den Verkehrssiche- rungspflichtigen nach objektiven Maßstäben zur Gefahrenbeseitigung zumutbar ist. Daher muss bei der allgemeinen Streckenwartung und gezielten Spezialwartung durch den Straßenbetriebsdienst auf Geröll, Steine oder überhängende Felspartien, die locker oder bedrohlich er- scheinen geachtet werden. Sind plötzlich oder immer wiederkehrend Steine auf der Straße zu finden, ist dies ein Anlass, um der Ursache hierfür auf den Grund zu gehen (vgl. BUNDESGERICHTSHOF 1967). Das Maß des Notwendigen hängt dabei von der Risikoabschätzung anhand der örtlichen Gegebenheiten ab. Von Einfluss sind dabei die Steilheit der Hänge (ab einer Böschungsneigung von ca. 35° werden abstürzende Steine beschleunigt), der Abstand des Felsens vom Fahr- bahnrand und die Art und Beschaffenheit des vorkommenden Ge- steins. Nachdem Steinschlag nur gelegentlich auftritt und die Verkehrs- teilnehmer ohnehin nicht von jeglichen Naturgewalten geschützt wer- den können, geht es der Rechtsprechung zufolge hingegen zu weit, alle Steilhänge an Straßen auf Dauer mit Schutzeinrichtungen zu ver- sehen. Es ist also eine geordnete Kosten-/Risiko-Abwägung der zu- ständigen Fachverwaltungen gefragt. Im Mittelgebirge sind Felslandschaften aber auch herausragende Na- turphänomene und daher häufig hochgradig geschützt. Insbesondere die Felsen selbst stellen einzigartige Landschaftsbestandteile dar, die sowohl als Lebensräume für die freilebenden Tiere und Pflanzen eine menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 8 besondere Bedeutung haben, als auch den Landschaften des Mittel- gebirges eine besondere Prägung geben. Die Sicherung von Felsen kann daher zu gravierenden Konflikten zwi- schen dem Bedarf an ausreichender Verkehrssicherheit und dem Schutz seltener und gefährdeter Lebensräume oder Landschaftsbilder führen. Ein Alleinstellungsmerkmal des Biosphärengebietes Schwäbi- sche Alb sind die Hang- und Schluchtwälder am Albtrauf, die sich durch einen hohen Anteil an offenen Felsformationen auszeichnen. Der größte Teil des Albtraufs und der Talflanken der tief in die Albtafel ein- geschnittenen Täler liegen in der Pflegezone des Biosphärengebiets, ein Teil davon liegt in der Kernzone. Damit spielen internationale Schutzziele des Naturschutzes in dieser Zone eine herausragende Rolle. Hinzu kommen die speziellen Anforderungen des europäischen Schutzes der biologischen Vielfalt durch die Natura 2000-Gebiete, der besondere europäische Artenschutz auch außerhalb von Schutzgebie- ten und nicht zuletzt die nationalen Schutzbestimmungen in Natur- schutz- und Landschaftsschutzgebieten, Naturdenkmalen, Boden- schutzwäldern und besonders geschützten Biotopen. In diesem Spannungsfeld haben die Straßenbauverwaltungen der Landkreise Reutlingen, Esslingen und Alb-Donau-Kreis für ausrei- chenden Schutz vor Naturgefahren durch Steinschlag und Felsstürze zu sorgen. Die Erfahrungen aus durchgeführten Felssicherungen ha- ben gezeigt, dass für diese ungewöhnliche Aufgabe besondere Vorge- hensweisen zur Vermeidung von Konflikten etabliert werden müssen. Vor diesen Hintergrund soll das „Modellprojekt naturverträgliche Fels- sicherung im Biosphärengebiet Schwäbische Alb“ Wege aufzeigen, wie bei unausweichlichen Felssicherungsmaßnahmen eine größtmög- liche Berücksichtigung der Naturschutzbelange im besonderen Kon- text mit den internationalen und europäischen Anforderungen gewähr- leistet werden kann. Im Modellprojekt sollte insbesondere folgenden Fragen nachgegangen werden: 1. Welche Untersuchungsschritte sind für eine systematische Abar- beitung naturschutzfachlicher Belange im Kontext mit Felssiche- rungen an Straßen notwendig und wie sieht ein fachlich und zeitlich sinnvoll gestuftes Vorgehen aus? 2. Welche Anforderungen sind an die geotechnischen Analysen zu stellen, um ausreichende Informationen für eine Gefahreneinschät- zung und Abwägung bei Konfliktlagen bzw. die Diskussion von Maßnahmenalternativen zu erhalten? 3. Gibt es generell Sicherungsmaßnahmen, die aus naturschutzfach- licher Sicht mit geringeren Beeinträchtigungen einhergehen und wann sind diese einsetzbar? 4. Wie kann ein vorgezogener Ausgleich für den Verlust häufig be- troffener nicht wiederherstellbarer Lebensraumtypen aussehen und wo können entsprechende Maßnahmen – möglichst gebündelt für verschiedene Eingriffe – umgesetzt werden? Die Bearbeitung des Projektes erfolgte unter Begleitung durch eine Ar- beitsgruppe aus Vertretern der Naturschutzverwaltung, der menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 9 Straßenverwaltung, der Forstverwaltung und verschiedener Natur- schutzorganisationen. Zu geotechnischen Fragestellungen wurden auch Experten des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau und des Instituts für Geotechnik der Universität Stuttgart hinzugezo- gen. Abb. 1: Übersicht zum Modellgebiet (das Biosphärengebiet ist grün dargestellt) 2 Zu beachtende naturschutzrechtliche Bestimmungen Bei der Felssicherung können unterschiedliche naturschutzrechtliche Schutzbestimmungen betroffen sein. Im Modellgebiet gibt es folgende Schutzgebiete, deren Ge- und Verbote zu beachten sind: ▪ das Biosphärengebiet; ▪ FFH-Gebiete (insgesamt 14 Gebiete liegen zumindest teilweise im Modellgebiet); ▪ Vogelschutzgebiete (3 Gebiete); ▪ Naturschutzgebiete (39 Gebiete); ▪ Naturdenkmale; ▪ Landschaftsschutzgebiete; ▪ gesetzlich geschützte Biotope, Biotopschutzwald; ▪ Bann- oder Schonwälder; ▪ Bodenschutzwald. menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 10 Daneben gelten die Bestimmungen des europäischen Artenschutzes nach § 44 ff BNatSchG und zu Biodiversitätsschäden nach § 19 BNatSchG unabhängig von den Schutzgebieten unmittelbar. In dem vorliegenden Bericht werden über das Naturschutzrecht hin- ausgehende zulassungsrechtliche Bestimmungen nicht behandelt. Felssicherungsmaßnahmen können bauliche Anlagen darstellen, die eine straßenbaurechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Zulassung sowie der Abstimmung mit dem Grundeigentümer bedürfen. 2.1 Biosphärengebiet In der Modellregion des Biosphärengebietes soll aufgezeigt werden, wie sich Belange der Wirtschaft, der Siedlungstätigkeit und des Tou- rismus mit den Belangen von Natur und Umwelt gemeinsam weiterent- wickeln lassen. Ziel ist ein ausgewogenes Miteinander von Mensch und Natur. Der Schutz von Natur und Landschaft wird durch unter- schiedliche Konzepte und Bestimmungen gewährleistet. Dazu sind drei Schutzzonen ausgewiesen: ▪ Kernzone ▪ Pflegezone ▪ Entwicklungszone Im Rahmen der Felssicherung sind die Bestimmungen der Kern- und der Pflegezone relevant. Gemäß § 4 der Schutzgebietsverordnung sol- len sich die Kernzonen weitgehend unbeeinflusst entwickeln. Sie die- nen dem Schutz der Natur und natürlicher Prozesse sowie dem Erhalt der genetischen Vielfalt. Nutzungen sind in den Kernzonen weitgehend untersagt. Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung und nachhal- tige Beeinträchtigungen sind unzulässig. Im Hinblick auf Felssicherung einschlägig sind die Verbote: ▪ Pflanzen und Pflanzenteile einzubringen, zu entnehmen oder zu beschädigen ▪ wildlebende Tiere zu beunruhigen, zu verletzen, zu töten oder zu stören ▪ die Bodengestalt zu verändern ▪ bauliche Anlagen zu errichten oder gleichgestellte Maßnahmen durchzuführen. Für Verkehrssicherung an Wegen und an den Außenrändern der Kern- zonen gelten die Verbote nicht, wenn sie im Einvernehmen mit der Hö- heren Forstbehörde und der Höheren Naturschutzbehörde durchge- führt werden (§ 4 Abs. 6 der Biosphärengebietsverordnung). Für sämt- liche Bundes-, Landes- und Kreisstraßen greift diese Regelung bei se- kundären Schutzmaßnahmen, wenn diese Maßnahmen am Straßen- rand vorgesehen sind, denn diese Straßen liegen nicht innerhalb von Kernzonen, sondern höchstens an deren Außenrändern. Für Maßnah- men an den Felsen selbst oder mit größerem Abstand zu den klassifi- zierten Straßen sind innerhalb der Kernzonen die o. g. Schutzbestim- mungen zu beachten. Das gilt auch für einige Gemeindestraßen, die menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 11 innerhalb von Kernzonen liegen. Ausgenommen sind nach § 10 Abs. 1 „unaufschiebbare Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben von Menschen sowie für be- deutende Sachwerte“. Als unaufschiebbar sind im Rahmen der Felssi- cherung allenfalls unvorhergesehene Sofortmaßnahmen z.B. bei be- reits einsetzenden Felsstürzen anzusehen. In allen anderen Fällen muss im Konfliktfall eine Befreiung nach § 10 Abs. 2 beim Regierungspräsidium Tübingen beantragt werden. Diese kann erteilt werden, wenn a) überwiegende öffentliche Belange die Be- freiung erfordern, b) der Vollzug der Bestimmungen zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den „öffentlichen Belangen vereinbart ist“. Die Pflegezonen dienen dem Schutz artenreicher Kulturlandschaften und landschaftstypischer Lebensräume. In ihnen sind nach § 5 Abs. 2 der Schutzgebietsverordnung „Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, be- schädigen, nachhaltig stören oder die wissenschaftliche Forschung be- einträchtigen“. Im Konfliktfall gelten hinsichtlich Ausnahmen und Be- freiungen ebenfalls die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 und 2. 2.2 Natura 2000-Gebiete Für FFH- und Vogelschutzgebiete besteht ein Verschlechterungsver- bot, in dem gem. § 33 Abs. 1 BNatSchG alle Veränderungen und Stö- rungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000- Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder dem Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, für unzulässig erklärt wer- den. Prüfung der Zulässigkeit und ggf. erforderliche Ausnahmen sind in § 34 BNatSchG geregelt. Eine Übersicht zu den Schritten der Zulas- sungsprüfung gibt Abbildung 2. Gemäß § 34, Abs. 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes zu überprüfen. Ergibt diese Prüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebie- tes in seinen für die Erhaltung oder dem Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig. Abweichend davon kön- nen Ausnahmen zugelassen werden, wenn das Projekt „1. aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interes- ses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und 2. zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle, ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu errei- chen, nicht gegeben sind“ (§ 34 Abs. 3 BNatSchG). Sofern von einem Projekt prioritäre Arten oder Lebensräume der An- hänge I und II zur Richtlinie 90/43/EWG betroffen sind, „können als zwingende Gründe des überwiegend öffentlichen Interesses nur menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 12 solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öf- fentlichen Sicherheit, einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Aus- wirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden“. Die Feststellung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung von Lebens- raumtypen oder Arten ist im jeweiligen Einzelfall zu klären. Orientie- rende Hinweise, die sich in der Praxis der Beurteilung solcher Beein- trächtigungen als Fachkonvention durchgesetzt haben, gibt z.B. die Studie von LAMPRECHT & TRAUTNER (2007). Bei den im Rahmen der Felssicherung häufiger betroffenen Lebensraumtypen liegen die Er- heblichkeitsschwellen, aufgrund der geringen Größe und Verbreitung den diese Lebensräume haben, auf sehr niedrigem Niveau. Zur Ver- deutlichung seien für einige Lebensräume die Schwellen ab denen i.d.R. von erheblichen Beeinträchtigungen ausgegangen werden muss genannt LAMPRECHT & TRAUTNER (2007, S. 35 ff.): ▪ LRT 6110* Kalk-Pionierrasen: 0 m², ▪ LRT 6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen: 50 - 500 m², ▪ LRT 8160* Kalkhaltige Schutthalden: 0 m², ▪ LRT 8210 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation: 25 – 250 m², ▪ LRT 9180* Schlucht- und Hangmischwälder: 50 – 500 m². Daher ist schon bei geringen Flächeninanspruchnahmen in Natura 2000-Gebieten eine Ausnahme unter Beteiligung der Europäischen Kommission und die Durchführung von Kohärenzsicherungsmaßnah- men erforderlich. menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 13 Abb. 2: Verfahrensschritte der Zulassungsprüfung (verändert nach FGSV 2002) Verträglichkeitsprüfung nach § 34 (1) u. (2) BNatSchG § 34 (2) BNatSchG Vorhaben nach Kann Vorhaben einzeln oder in Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten zu erheblichen Beein- Prüfung der Verträglichkeit dieser Alternativen trächtigungen des Natura 2000-Gebietes führen? zulässig Ja Nein Vorhaben nach § 34 (2) BNatSchG unzulässig Ausnahmeregelung nach § 34 (3) ff. BNatSchG Alternative ist weiter Sind zumutbare Alternativen, mit denen der verfolgte Zweck ohne Beeinträchtigungen zu verfolgen erreicht werden kann, vorhanden? Nein Ja Sind zumutbare Alternativen, mit denen der verfolgte Zweck mit geringeren Beeinträch- tigungen erreicht werden kann, vorhanden? Ja Nein § 34 (2) BNatSchG Ist das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interes- Vorhaben nach unzulässig ses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art notwendig? Ja Nein Werden im Natura 2000-Gebiet prioritäre Lebensräume oder Arten erheblich beeinträchtigt? Ja Nein Liegen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit der menschlichen Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung vor oder können maßgebliche günstige Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt geltend gemacht werden? Nein Ja Stellungnahme der Europäi- Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz schen Kommission des ökologischen Netzes „Natura 2000“ § 34 (2) BNatSchG Sind diese Maßnahmen durchführbar? Vorhaben nach unzulässig Vorhaben unter Berücksichtigung der Ja Nein Stellungnahme bei Vorlage sonstiger zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur in seltenen Vorhaben zulässig, Sicherungsmaßnah- Fällen zulässig men sind durchzuführen Unterrichtung der Europäischen Kommis- sion über die getroffenen Maßnahmen menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 14 2.3 Naturschutzgebiete Naturschutzgebiete werden nach § 23 BNatSchG zum Schutz, zur Ent- wicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Le- bensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenar- ten, aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundli- chen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragender Schönheit durch Rechtsverordnung ausgewiesen. In den Schutzgebieten sind alle Handlungen, die zu einer Schädigung oder Störung des Gebietes oder seiner Bestandteile führen, nach Maß- gaben der jeweiligen Schutzgebietsverordnungen verboten. In den Verordnungen ist der Schutzzweck näher bestimmt, so ist in einigen Naturschutzgebieten innerhalb des Modellgebietes ausdrücklich der Erhalt von Felsen oder felsbewohnenden Arten als Schutzzweck ge- nannt (so z.B. in den NSG Rutschen, Oberes Lenninger Tal und Obe- res Schmiechtal). In der Regel ist das Errichten baulicher Anlagen durch die Schutzge- bietsverordnung verboten. Die Höhere Naturschutzbehörde kann Be- freiungen von den jeweiligen Schutzvorschriften nach § 54 NatSchG in Verbindung mit § 67 Abs. 1 BNatSchG erteilen, wenn ein überwiegen- des öffentliches Interesse gegeben ist oder die Durchführung der Vor- schriften im Einzelfall zu unzumutbaren Belastungen führen würde. In diesem Fall müssen die Abweichungen von den Schutzvorschriften aber mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege verein- bar sein. Die konkrete Betroffenheit der Schutzvorschriften muss jeweils im Ein- zelfall anhand der einschlägigen Schutzgebietsverordnung festgestellt werden. 2.4 Naturdenkmale Naturdenkmale werden nach § 28 BNatSchG aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ih- rer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit ausgewiesen. Felsen können als Einzelbildungen oder flächenhaft zum Naturdenkmal erklärt worden sein. Beseitigung, Schädigung oder Veränderung eines Naturdenk- mals sind nach individuellen Bestimmungen in den jeweiligen Schutz- verordnungen verboten. So kann beispielsweise neben den für Natur- schutzgebieten bereits aufgeführten Verboten auch die Veränderung des Erscheinungsbildes verboten sein, dies ist z.B. bei primären Schutzmaßnahmen von Bedeutung. 2.5 Landschaftsschutzgebiete Landschaftsschutzgebiete werden nach § 26 BNatSchG zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfä- higkeit des Naturhaushalts oder der Regenerations- und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter einschließlich des Schutzes von Le- bensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 15 besonderen naturhistorischen Bedeutung oder wegen ihrer besonde- ren Bedeutung für die Erholung ausgewiesen. Auch für sie gelten nä- here Bestimmungen nach Maßgabe der jeweiligen Schutzgebietsver- ordnung. Handlungen, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen, sind verboten. Im Konfliktfall bedarf es ei- ner Erlaubnis durch die Untere Naturschutzbehörde. In den Schutzge- bietsverordnungen stehen z.B. das Errichten baulicher Anlagen oder Zäunen sowie das Beseitigen von Felsen unter Erlaubnisvorbehalt. 2.6 Gesetzlich geschützte Biotope und Biotopschutzwälder Von Felssicherungsmaßnahmen können Biotope betroffen sein, die nach § 30 BNatSchG oder nach § 30a LWaldG gesetzlichen Schutz genießen. Dazu zählen beispielsweise: ▪ offene Felsbildungen ▪ offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden ▪ Trockenrasen ▪ Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte ▪ regional seltene, naturnahe Waldgesellschaften ▪ strukturreiche Waldränder. Zu den offenen Felsbildungen gehören nach der Kartieranleitung der Offenland-Biotoptypen sowohl natürliche offene Felsbildungen (Bio- toptyp 21.11) als auch anthropogen freigelegte Felsbildungen (Bio- toptyp 21.12) z.B. in Steinbrüchen, an Straßen- und Bahnböschungen (LUBW 2016, S. 51). Eine Zerstörung oder erhebliche Beeinträchtigungen dieser Biotope ist nach § 30 Abs. 2 BNatSchG verboten. Ausnahmen kann die Untere Naturschutzbehörde zulassen, wenn die Beeinträchtigungen ausgegli- chen werden können. Für diese Ausnahmen in Naturschutzgebieten ist die Höhere Natur- schutzbehörde zuständig. Ausnahmen für Beeinträchtigungen von Bi- otopen innerhalb der Kern- und Pflegezonen des Biosphärengebietes „Schwäbische Alb“ erteilt das Regierungspräsidium Tübingen als Hö- here Naturschutzbehörde und das Regierungspräsidium Freiburg als Höhere Forstbehörde. Für Waldbiotope kann die Untere Forstbehörde Ausnahmen zulassen, soweit die Voraussetzungen nach § 30a LWaldG vorliegen. 2.7 Bann- und Schonwälder Bann- und Schonwälder sind nach § 32 LWaldG ausgewiesene Wäl- der, in denen zur Erhaltung, Entwicklung oder Erneuerung von be- stimmten Waldgesellschaften mit ihren Tier- und Pflanzenarten forstli- che Maßnahmen unterlassen oder gezielt durchgeführt werden. Dabei sind Bannwälder Waldreservate, in denen keine Bewirtschaftung menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 16 stattfindet (Prozessschutz), während Schonwälder für ein bestimmtes Schutzziel gepflegt bzw. bewirtschaftet werden. In der jeweiligen Schutzgebietsverordnung sind die Verbote näher be- stimmt. In der Regel fällt das Errichten baulicher Anlagen unter die Ver- bote in den Waldschutzgebieten. Verkehrssicherungsmaßnahmen können in den Verordnungen von den Verboten ausgenommen sein. Die Befreiungsregelungen ergeben sich aus der jeweiligen Schutzge- bietsverordnung. 2.8 Artenschutz Grundsätzlich unterliegen alle besonders geschützten Arten den Re- gelungen des § 44 BNatSchG. Das Schutzregime unterscheidet jedoch unterschiedliche Schutzkategorien, sodass sich unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben. Die untenstehende Matrix (Tabelle 1) stellt den Zusammenhang zwischen den nach unterschiedlichen Rechtsgrundla- gen besonders geschützten Arten und den jeweils zu beachtenden ar- tenschutzrechtlichen Bestimmungen her. Tab. 1: Schutzstatus und daraus resultierende Bestimmungen des § 44 BNatSchG (rot umrandet: Prüfgegenstand der saP bei Zulassungsentscheidungen zu Eingriffen n. § 15 BNatSchG [z.B. Planfeststellung] oder Bebauungsplänen; gestrichelt: zurzeit nicht anzuwenden, da RVO nicht vorliegt) Anzuwendende Regelungen des besonderen Artenschutzes Generelle Freistellung bei n. Vorhaben n. § 18 (2) S. 11) Kein Verb. n. § 44 (1) 3. u. Standorte beschädigen od. Fortpflanzungs- u. Ruhe- 4. wenn ökolog. Funktion Töten/ Verletzen § 44 (1) § 15 zul. Eingriffen und weiterhin gewährleistet Pflanzen entnehmen, zerstören § 44 (1) 4. § 44 (5) S. 52) § 44 (5) S. 2 § 44 (1) 2. § 44 (1) 3. Störung stätte 1. Gliederung der besonders ge- schützten Arten Streng gesch. Art n. Anh. IV FFH-RL X X X X X Europäische Vogelart nach VSR X X X X Nach RVO zu § 54 (1) 2. im Bestand X X X X gefährdete Arten für die hohe Schutzverantwortung der BRD be- steht (Verantwortungsarten) Streng gesch. Art n. Anh. A EG-VO X X X X X National streng gesch. Art n. Anl. 1 X X X X X Sp. 3 BArtSchVO Arten n. Anhang B EG-VO (europa- X - X X X rechtlich besonders geschützt) Arten n. Anl. 1, Sp. 2 BArtSchVO X - X X X (national besonders geschützt) 1) Vorhaben n. § 18 (2) 1 BNatSchG: ▪ Vorhaben in geltenden Bebauungsplänen nach § 30 BauGB ▪ Vorhaben innerhalb in Aufstellung befindlicher B-Pläne nach § 33 BauGB ▪ Vorhaben im Innenbereich nach § 34 BauGB menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 17 Das strengere Schutzregime des § 44 ist auf folgende Gruppen anzu- wenden: ▪ Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie ▪ Europäische Vogelarten nach Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie ▪ Arten, die im Bestand gefährdet sind, für die die Bundesrepublik eine hohe Schutzverantwortung besitzt und die per Rechtsverord- nung nach nationalem Recht geschützt sind. Für alle weiteren besonders geschützten Arten greift die Legalaus- nahme des § 44 Abs. 5 Satz 5. Das setzt jedoch voraus, dass für diese Arten eine angemessene Berücksichtigung im Rahmen der natur- schutzrechtlichen Eingriffsregelung nach §§ 13, 14 und 15 BNatSchG stattfindet. Dies geschieht durch die indikatorische Berücksichtigung wertgebender Artengruppen und der festgestellten besonders ge- schützten Arten im Rahmen der landschaftspflegerischen Begleitpla- nung zur Eingriffsregelung. Bezüglich der Pflanzenarten nach Anhang IV b) FFH-RL ergibt sich aus § 44 Abs. 1, Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG für nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe folgendes Verbot: ▪ Beschädigen oder Zerstören von Standorten wild lebender Pflanzen oder damit im Zusammenhang stehendes vermeidbares Beeinträchtigen oder Zerstören von Exemplaren wild lebender Pflanzen bzw. ihrer Entwicklungsformen. Abweichend davon liegt ein Verbot nicht vor, wenn die ökologische Funktion des von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Stan- dortes im räumlichen Zusammenhang gewährt wird. Bezüglich der Tierarten nach Anhang IV a) FFH-RL und der Europäi- schen Vogelarten nach VS-RL ergeben sich aus § 44 Abs.1, Nrn. 1 bis 3 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG für nach § 15 BNatSchG zulässige Ein- griffe folgende Verbote: ▪ Verletzung oder Tötung von Tieren oder ihrer Entwicklungsfor- men ▪ Erhebliches Stören von Tieren während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten. Eine Störung ist erheblich, wenn Sie zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population führt. ▪ Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhe- stätten. Abweichend davon liegt ein Verbot nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fort- pflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang ge- wahrt wird. menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 18 Unter dem Aspekt der Umwelthaftung gem. Umweltschadengesetz und § 19 BNatSchG sind weitere europäisch geschützte Arten zu be- achten (z. B. Arten des Anhang II der FFH-Richtlinie). Diese Arten wer- den ebenfalls im Landschaftspflegerischen Begleitplan berücksichtigt. 2.9 Bodenschutzwald Bodenschutzwald ist Wald auf erosionsgefährdeten Standorten. In der Waldfunktionenkartierung wird der nach § 30 LWaldG geschützte Bo- denschutzwald ausgewiesen. Im Bodenschutzwald bedarf jeder Kahlhieb gemäß § 15 LWaldG der Genehmigung durch die Untere Forstbehörde, sofern keine Ausnahme nach § 15 Abs. 7 LWaldG vorliegt. 2.10 Umwelthaftung Nach Inkrafttreten des Umweltschadensgesetzes (USchadG) im Jahr 2007 besteht in Verbindung mit weiterführenden Regelungen im BNatSchG, WHG und BBodSchG die Verpflichtung zur Vermeidung von Umweltschäden, soweit diese nicht in Verbindung mit der Vorha- benszulassung zuvor ermittelt, berücksichtigt und ausdrücklich zuge- lassen wurden. Als Umweltschaden gem. § 2 USchadG gelten: ▪ Schäden an Gewässern (§ 90 WHG) ▪ Schädigungen des Bodens durch Beeinträchtigungen der Boden- funktionen, von denen Gefahren für die menschliche Gesundheit ausgehen (§ 2 Abs. 2 BBodSchG) ▪ Schäden an bestimmten Arten und natürlichen Lebensräumen (Biodiversitätsschäden) (§ 19 BNatSchG). Unter Schäden an Gewässern sind erhebliche nachteilige Auswirkun- gen auf den ökologischen oder chemischen Zustand eines oberirdi- schen Gewässers und den chemischen oder mengenmäßigen Zustand des Grundwassers zu verstehen. Nach § 19 BNatSchG sind unter dem Gesichtspunkt des Umweltscha- dens zu betrachten: ▪ Arten des Art. 4 Abs. 2 EG-VogelSchRL (Zugvögel mit besonderer Schutzerfordernis)1 ▪ Arten des Anhang I EG-VogelSchRL (also nicht alle europ. Vogel- arten) ▪ Arten der Anhänge II und IV FFH-RL ▪ Lebensräume der Arten des Anhang II FFH-RL ▪ Lebensräume der oben genannten geschützten Vogelarten ▪ Lebensräume nach Anhang I FFH-RL 1 Welche Arten dies sind, wird von den Mitgliedsstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfor- dernisse festgelegt. Für Bad.-Württ. sind die Arten durch die LUBW (2018) veröffentlicht. menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 19 ▪ Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten des Anhang IV FFH- RL. Das Umweltschadensgesetz zielt daher ausschließlich auf den Schutz von Arten und Lebensräumen ab, für die nach europäischem Recht von den Mitgliedsstaaten Vogelschutzgebiete oder FFH-Gebiete aus- gewiesen werden müssen. Dabei ist der Schutz allerdings nicht auf gemeldete oder gelistete Gebiete begrenzt, sondern besteht „ungeach- tet ihres Vorkommens innerhalb oder außerhalb eines Natura 2000- Gebietes“ (SCHUMACHER 2011). Nach § 19 Abs. 1 BNatSchG „ist jeder Schaden, der erhebliche nach- teilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des güns- tigen Erhaltungszustandes“ der oben genannten Arten und Lebens- räume hat, eine Schädigung im Sinne des Umweltschadengesetzes. Im Gegensatz zu den Regelungen des § 44 ff BNatSchG ist somit für jede Beeinträchtigung die Frage nach der Erheblichkeit zu stellen. Zur Beurteilung der Erheblichkeit sind die im Anhang I der Umwelthaf- tungsrichtlinie enthaltenen Kriterien heranzuziehen. 3 Häufig betroffene Lebensräume und Arten Bezüglich der Betroffenheit von Lebensräumen und Arten sind zwei Gruppen zu unterscheiden. Zur ersten Gruppe gehören Lebensräume und Arten, die von Primärsicherungsmaßnahmen und Felsbeseitigun- gen unmittelbar betroffen sind. Zur zweiten Gruppe gehören Lebens- räume und Arten, die im räumlichen Umfeld der Felsen liegen und dadurch v. a. bei sekundären Sicherungsmaßnahmen und hinsichtlich im Rahmen von Primärsicherungsmaßnahmen auftretender Störwir- kungen relevant sind (Tabelle 2). Im Folgenden werden nur die regel- haft von Felssicherungsmaßnahmen betroffenen Arten und Lebens- räume der ersten Gruppe detailliert beschrieben. Tab. 2: Betroffenheit von FFH-Lebensraumtypen und Tierarten in Abhängigkeit des durchgeführten Maßnahmentyps Primärsicherungsmaßnah- Sekundäre Sicherungsmaß- men und Felsbeseitigung nahmen FFH-Lebens- 8210 Kalkfelsen mit Fels- z.B. raumtypen spaltenvegetation 9130 Waldmeister-Buchen- 6110* Kalk-Pionierrasen wälder 6210 Kalk-Magerrasen 9150 Orchideen-Buchenwald 8310 Höhlen und Balmen 9180* Schlucht- und Hang- 8160* Kalk-Schutthalden mischwälder 9170 Labkraut-Eichen-Hain- 5130 Wacholderheiden buchenwälder 6510 Magere Flachland- mähwiesen Tierarten Fledermäuse z.B. Dohle Haselmaus Kolkrabe Alpenbock Uhu Spanische Fahne Wanderfalke menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 20 Berglaubsänger Europäische Vogelarten je Zauneidechse nach Lebensraumtyp Schlingnatter 3.1 FFH-Lebensraumtypen2 3.1.1 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation [8210] Zu diesem Lebensraumtyp gehören geklüftete oder gebankte Kalk- und Dolomitfelsen mit Vorkommen von Felsspaltenvegetation oder mit Moos- und Flechtenbewuchs. Zumeist handelt es sich um natürliche Felsen, die aufgrund ihrer Größe und wegen höchstens spärlicher Bo- denbildung in Felsspalten in der Regel nicht von Gehölzen bewachsen werden. Der Lebensraumtyp umfasst trockene bis frische Standorte al- ler Höhenstufen. Die Standorte unterliegen aufgrund ihrer Exposition und fehlender Bodenbildung oft extremen Temperaturschwankungen. Die an diese Standortbedingungen gebundene Vegetation setzt sich vielfach aus Flechten, Moosen und Farnen zusammen. Kennzeichnende Arten Alyssum montanum, Androsace lactea, Asplenium ruta-muraria, Asp- lenium trichomanes, Asplenium viride, Athamanta cretensis, Biscutella laevigata, Campanula cochleariifolia, Cystopteris fragilis, Dianthus gra- tianopolitanus, Draba aizoides, Galium anisophyllon, Hieracium bifi- dum, Hieracium bupleuroides, Hieracium franconicum, Hieracium humile, Hieracium wiesbaurianum, Kernera saxatilis, Saxifraga pani- culata, Saxifraga rosacea, Sedum dasyphyllum, Sesleria albicans, Va- leriana tripteris, zahlreiche Moos- und Flechtenarten. Zuordnung zu Biotoptypen Baden-Württembergs Der FFH-Lebensraumtyp ist Teilmenge der Biotoptypen Offene Fels- bildung (einschließlich Felsbänder) [21.10] und Trockenrasen [36.70]. 3.1.2 Kalk-Pionierrasen [6110*] Dieser Lebensraumtyp ist geprägt durch eine offene, lückige Vegeta- tion aus verschiedenen sukkulenten Arten der Gattung Sedum und kalkliebenden Gräsern auf Felskuppen, Felsschutt und Felsbändern. Vielfach sind auch niedrige Stauden und einjährige Kräuter anzutref- fen. Charakteristisch für diesen Lebensraumtyp sind trocken-warme Standortbedingungen in Verbindung mit feinerdearmem Untergrund. Der Lebensraumtyp ist an Extremstandorten mit großer Steilheit und Exposition zu finden. Daher können hier viele konkurrenzschwache Ar- ten leben, die sich an diese extremen Bedingungen angepasst haben und die auf anderen Standorten von konkurrenzkräftigeren Pflanzen verdrängt würden. Entscheidend ist das Vorkommen der unten ge- nannten Arten, wobei vereinzelte Vorkommen der genannten Arten in Bestandslücken nicht als Kalk-Pionierrasen zu werten sind. Der Le- bensraumtyp tritt fast immer im Komplex mit anderen Lebensraumty- pen, v.a. Kalk-Magerrasen und Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation 2 Grundlagen: LUBW (2011), LUBW (2014), LUBW (2016) menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 21 auf. Von den Kalk-Magerrasen unterscheidet er sich durch das Fehlen der typischen Trockenrasen-Vegetation, die höhere Deckungsgrade und weniger Annuelle und Sukkulenten aufweist, von der Felsspalten- vegetation durch das Vorhandensein von Rohböden auf kleineren Flä- chen in mehr oder weniger horizontaler Lage, die reichlich von Sukku- lenten oder Annuellen besiedelt werden. Die drei Lebensraumtypen treten sehr häufig miteinander vergesellschaftet auf. Kennzeichnende Arten Acinos arvensis, Allium senescens, Alyssum alyssoides, Alyssum montanum, Arabis auriculata, Cerastium brachypetalum, Cerastium glutinosum, Cerastium pumilum, Dianthus gratianopolitanus, Erophila praecox, Holosteum umbellatum, Melica ciliata, Minuartia rubra, Mi- nuartia hybrida, Poa bulbosa, Saxifraga tridactylites, Sedum acre, Se- dum album, Sedum sexangulare, Teucrium botrys, Teucrium mon- tanum, Thlaspi perfoliatum, Veronica praecox. Zuordnung zu Biotoptypen Baden-Württembergs Der FFH-Lebensraumtyp ist Teilmenge der Biotoptypen Offene Fels- bildung (einschließlich Felsbänder) [21.10] und Trockenrasen [36.70]. 3.1.3 Kalk-Magerrasen [6210] Dieser Lebensraumtyp umfasst in der Regel sehr artenreiche Trocken- und Halbtrockenrasen, die hohe Anteile submediterraner und / oder subkontinentaler Arten enthalten können. Er kommt zumeist auf flach- gründigen Böden aus kalkreichen, zumindest aber basisch verwittern- den Ausgangsgesteinen (Kalkstein, Mergel, Basalt, Löss) vor und fin- det sich oft an wärmebegünstigten Sonderstandorten in klimatisch mil- den und niederschlagsärmeren Regionen. Die Wasserversorgung die- ser Standorte ist zumeist eingeschränkt. An den edaphischen Extrem- standorten im Umfeld von Felsen handelt es sich um primäre Vorkom- men des Lebensraumtyps. Unterschiede zu den Kalk-Pionierrasen be- stehen vor allem im Zurücktreten von Annuellen und Sukkulenten, der dichtere Vegetationsschluss und die Vorkommen der erwähnten Arten. Je nach standörtlichen Gegebenheiten ist eine zeitliche bzw. räumliche Abfolge der Lebensraumtypen Pionierrasen [6110], Trockenrasen [6213] und Halbtrockenrasen [6212] festzustellen, wobei die angren- zenden Säume explizit als zu den Kalk-Magerrasen dazugehörig zu betrachten sind. Entsprechend kommen die Lebensraumtypen oftmals in enger kleinräumiger Verzahnung vor, was eine kartographische Dif- ferenzierung erschwert. In der Kartierpraxis der Managementpläne werden Kalk-Pionier- und Kalk-Magerrasen auf Felsbändern und -köp- fen in der Regel im Nebenbogen zum Lebensraumtyp Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation erfasst. Die Vorkommen sind dann aus der kar- tographischen Darstellung oftmals nicht ersichtlich. Trocken- und Halb- trockenrasen weisen eine an trockene, nährstoffarme und basenreiche Standorte angepasste Vegetation auf. menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 22 Kennzeichnende Arten Asperula cynanchica, Arabis hirsuta, Bothriochloa ischoemum, Brachypodium pinnatum, Bromus erectus, Buphthalmum salicifolium, Carex caryophyllea, Centaurea scabiosa, Eryngium campestre, Eu- phorbia cyparissias, Euphrasia salisburgensis, Festuca ovina agg., Galium glaucum, Galium verum, Helictotrichon pratense, Helian- themum-Arten, Hippocrepis comosa, Odontites luteus, Orobanche ela- tior, Orobanche lutea, Orobanche teucrii, Phleum phleoides, Polygala amarella, Polygala comosa, Potentilla neumanniana, Potentilla hep- taphylla, Pulsatilla vulgaris, Teucrium chamaedrys, Scabiosa columba- ria, Sesleria albicans, Stachys recta, Thesium linophyllon, Thymus praecox, Trifolium montanum, Trifolium ochroleucon. weiterhin kennzeichnend für Subtyp 6213 Allium senescens, Allium sphaerocephalon, Aster linosyris, Carex humilis, Coronilla vaginalis, Fumana procumbens, Globularia punctata, Leontodon incanus, Linum tenuifolium, Teucrium montanum, Trinia glauca, Veronica satureiifolia. Zuordnung zu Biotoptypen Baden-Württembergs Der FFH-Lebensraumtyp ist Teilmenge der Biotoptypen Saumvegeta- tion trockenwarmer Standorte [35.20], Magerrasen basenreicher Standorte [36.50] und Trockenrasen [36.70]. 3.1.4 Höhlen und Balmen [8310] Der Lebensraumtyp umfasst natürliche Höhlen, die weder touristisch erschlossen sind noch wirtschaftlich genutzt werden. Der Lebensraum- typ wird in erster Linie als geomorphologische Form definiert und ist durch fehlenden oder reduzierten Tageslichteinfall sowie durch ein In- nenklima mit weitgehend konstanter Temperatur und gleichbleibend hoher Luftfeuchtigkeit gekennzeichnet. Balmen sind Halbhöhlen, die für ein Pflanzenwachstum noch ausreichend mit Licht versorgt werden. Sie dienen vielfach als Lagerplatz von Wild und Vieh, wodurch es zu einer Nährstoffanreicherung der trockenen Standorte kommt. Höhlen sind das Ergebnis einer als Verkarstung bezeichneten Auflösung von Gestein im Untergrund. Verkarstung ist die chemische Auflösung lösli- cher Gesteine entlang von Klüften und Schichtfugen. Zur Verkarstung geeignete Gesteine sind in erster Linie Kalk, Gips und Salz. Überall, wo Kalkgestein ansteht, kann es Höhlen geben. Felsen kommt dabei die Funktion als Eingang zu den dahinterliegenden Höhlen zu. Für zahlreiche zum Teil hochgradig gefährdete Fledermausarten sind die unterirdischen Hohlräume als Winterquartier von großer Bedeutung. Kennzeichnende Arten (nur Balmen) Asperugo procumbens, Chenopodium hybridum, Lappula deflexa, Lappula squarrosa, Sisymbrium austriacum, Sisymbrium strictis- simum. Zuordnung zu Biotoptypen Baden-Württembergs: Der FFH-Lebensraumtyp ist Teilmenge des Biotoptyps Höhle [22.11]. menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 23 3.1.5 Kalkschutthalden [8160*] Der Lebensraumtyp umfasst natürliche oder naturnahe Schutthalden aus Kalk- oder Mergelgestein. Kalkschutthalden liegen oftmals an wär- mebegünstigten Stellen mit hoher Sonneneinstrahlung. Der Festi- gungsgrad des Kalkschutts kann variieren, bisweilen treten auch hö- here Feinerdebeimischungen auf. Der Lebensraumtyp weist eine viel- fältige Artenzusammensetzung auf. Je nach Gesteinsgröße und Nach- lieferung von weiterem Schutt durch Erosion entstehen in den Hohlräu- men mikroklimatische Bedingungen, die den Lebensraum für an- spruchsvolle und spezialisierte Arten prägen. Der Deckungsgrad der Gehölze liegt bei unter 50 Prozent. Manche Schutthalden werden nur von Moosen und Flechten besiedelt oder können aufgrund der extre- men Standortverhältnisse zum Teil auch völlig ohne Bewuchs sein. Kennzeichnende Arten: Anthriscus sylvestris subsp. stenophyllus, Anthyllis vulneraria subsp. alpestris, Calamagrostis varia, Campanula cochleariifolia, Cardami- nopsis arenosa subsp. borbasii, Carduus defloratus, Chaenorhinum minus, Cystopteris fragilis, Galeopsis angustifolia, Gymnocarpium robertianum, Leontodon hispidus subsp. hyoseroides, Leucanthemum adustum, Rumex scutatus, Sesleria albicans, Stipa calamagrostis, Teucrium botrys, Vincetoxicum hirundinaria, zahlreiche Moose und Flechten. Zuordnung zu Biotoptypen Baden-Württembergs: Der FFH-Lebensraumtyp ist Teilmenge des Biotoptyps Offene natürli- che Gesteinshalde [21.30]. 3.1.6 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder [9170] Auf den trockensten Waldstandorten des Albtraufs stocken diese nie- derwüchsigen, lichten und artenreichen Waldbestände, in der Regel in der Form des Flaumeichen-Feldulmen-Waldes auf den Hangschultern des Traufs. Die Krautschicht besteht aus Arten des Blutstorchschna- bel-Saums, dem Wald vorgelagert findet sich häufig Felsengebüsch. Zuordnung zu Biotoptypen Baden-Württembergs: Der FFH-Lebensraumtyp entspricht dem Biotoptyp Steinsamen-Trau- beneichen-Wald [53.11]. Kennzeichnende Arten: Acer campestre, Pyrus pyraster, Quercus petraea, Quercus pube- scens, Sorbus torminalis, Quercus robur, Sorbus aria, Tilia cordata, Tilia platyphyllos, Ulmus minor, Berberis vulgaris, Cornus sanguinea, Crataegus div. species, Ligustrum vulgare, Viburnum lantana, Antheri- cum ramosum, Betonica officinalis, Campanula persicifolia, Carex alba, Carex montana, Carex humilis, Coronilla coronata, Dictamnus al- bus, Geranium sanguineum, Lathyrus niger, Lithospermum purpuro- caeruleum, Polygonatum odoratum, Primula veris, Serratula tinctoria, Tanacetum corymbosum, Trifolium alpestre, Vincetoxicum hirundina- ria, Viola hirta. menz umweltplanung
Naturverträgliche Felssicherung an Straßen Seite 24 3.2 Fledermäuse Im Sommerhalbjahr werden Felsspalten in Deutschland in relativ ge- ringer Intensität durch Einzeltiere genutzt, Kolonien und Wochenstu- ben kommen von Sondersituationen abgesehen nicht vor. Umso be- deutender sind Höhlen, Stollen und Felsen in Baden-Württemberg (ins- besondere der Schwäbischen Alb) als Überwinterungsquartiere für Fledermäuse. Hier verkriechen sich die Fledermäuse in Nischen und Spalten, manche sogar unter Geröll und Schotter. Andere hängen sich an die Decke und halten hier – an einem frostsicheren Ort – ihren Win- terschlaf. Winterquartiere müssen kühl, feucht und frei von Störungen sein. Der Nachweis der Nutzung im Winterhalbjahr ist durch direkte Kontrollen kaum zu leisten, da sich die Tiere tief in die Spalten zurück- ziehen können. Eine erfolgreiche Methode stellt die Kontrolle der Fle- dermausaktivität zur Schwärmzeit in der letzten Juli- und bis in den ersten beiden Septemberdekaden dar. In dieser Zeit suchen die fels- bewohnenden Fledermäuse ihre späteren Winterquartiere auf und füh- ren hier eine stark erhöhte Flugaktivität aus. Dies kann entsprechend als Hinweis auf eine Winternutzung gewertet werden, die am stärksten beflogenen Spalten stellen in der Regel die hauptsächlichen Winter- quartiere dar. Die bedeutendsten Winterquartiere stellen die großen Höhlen der Schwäbischen Alb dar, die im Extremfall von tausenden Individuen verschiedener Arten genutzt werden. Für eine Reihe von Arten ist auch die regelmäßige Überwinterung in Felsspalten (v.a. süd- exponierter Felswände) bekannt (vgl. Tabelle 3). Tab. 3: Fledermausarten, die Felsspalten und Höhlen als Winter- quartier nutzen. Fett hervorgehoben sind Arten, die in Ba- den-Württemberg regelmäßig in Felsspalten überwintern. BNatSchG Art Rote Liste ZAK FFH BW D Mopsfledermaus Barbastella barbastellus 1 2! s II + IV LA Nordfledermaus Eptesicus nilssonii 2 G s IV N Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus 2 G s IV LB Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii 2 2! s II + IV LB Große Bartfledermaus Myotis brandtii 1 V s IV LB Wasserfledermaus Myotis daubentonii 3 * s IV Wimpernfledermaus Myotis emarginatus R 2 s II + IV LA Großes Mausohr Myotis myotis 2 V! s II + IV N Bartfledermaus Myotis mystacinus 3 V s IV Fransenfledermaus Myotis nattereri 2 * s IV LB Nymphenfledermaus Myotis alcathoe oE 1 s IV LA Kleiner Abendsegler Nyctalus leisleri 2 D s IV N Großer Abendsegler Nyctalus noctula i V? s IV Weißrandfledermaus Pipistrellus kuhlii D * s IV menz umweltplanung
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