Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...

 
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Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Biologische Vielfalt.
Für uns wichtig.
                                                  Hessischer Biodiversitäts-
                                                  bericht 2018
                                                  Bericht der Landesregierung über ergriffene
                                                  und geplante Maßnahmen zur Erhaltung der
                                                  Biologischen Vielfalt in Hessen
                                                  Berichtszeitraum Mitte 2017 bis Ende 2018
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
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       Lesenswertes kurzgefasst.
       Hintergrundinfos auf Abruf.
       Der Hessische Biodiversitätsbericht
       informiert über persönliches
       und amtliches Engagement auf allen Ebenen.

    biologischevielfalt.hessen.de
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
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Inhalt
Vorwort                                                                              4

Wirksamkeit und Sensibilisierung                                                   5—8
Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie

Kernbotschaften                                                                     10
Erläuterungen zu ausgewählten Kennzahlen

Maßnahmen zur Verbesserung der Biologischen Vielfalt im Umweltministerium           13
Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft und Naturschutz

Resümee und Ausblick                                                                18
Was muss die Hessische Biodiversitätsstrategie leisten

     Ziel I: Natura 2000
     Ausgewählte Maßnahmen zur Erfassung und Verbesserung                           20

     Ziel II: Arten und Lebensräume der Hessen-Liste
     Ausgewählte Maßnahmen zur Förderung und Entwicklung                            24

     Ziel III: Ökosystemleistungen
     Ausgewählte Maßnahmen zur Sicherung gesunder Lebensverhältnisse                28

     Ziel IV: Offenland und Landwirtschaft
     Ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung der Vielfalt                            32

     Ziel V: Wald und Forstwirtschaft
     Ausgewählte Maßnahmen zur Kartierung und Revitalisierung                       36

     Ziel VI: Gewässer
     Ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands               38

     Ziel VII: Invasive Arten
     Ausgewählte Maßnahmen zur Vermeidung möglicher Ausbreitungen                   42

     Ziel VIII: Monitoring
     Ausgewählte Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Naturschutz-Monitorings        46

     Ziel IX: Ehrenamt und Wissenschaft
     Ausgewählte Maßnahmen zu deren verstärkter Einbindung                          48

     Ziel X: Bürgerwertschätzung und -beteiligung
     Ausgewählte Maßnahmen zur Öffentlichkeitsbeteiligung                           50

     Ziel XI: Maßnahmen anderer Ressorts zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt
     Ausgewählte Maßnahmen der Hessischen Landesregierung                           54

Übersichten weiterer ausgewählter Aktivitäten zu den Zielen I bis XI                58

Abkürzungen und Begriffserklärungen                                                 58

Impressum und Bildnachweise                                                         59

Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie — Überblick                       61
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
4    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

    Vorwort

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    liebe Leserinnen und Leser,

    weltweit sind eine Million Tier- und Pflanzenarten        Grundlagenarbeit liegen uns für zahlreiche natür-
    vom Aussterben bedroht – mit dieser alarmierenden         liche Lebensräume und geschützte Arten in Hessen
    Zahl hat der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) im Mai         konkrete Informationen vor, wie diese gezielt ge-
    dieses Jahres viele Menschen bewegt und aufgerüt-         fördert werden können.
    telt. Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um
    die Biologische Vielfalt auf dem ganzen Planeten,         Besonders wichtig für den Erhalt der Biologischen
    aber auch ganz konkret vor unserer Haustür zu be-         Vielfalt ist die Förderung des Ökolandbaus. Mittler-
    wahren. Denn nicht nur am Amazonas sind Tiere und         weile wird in Hessen auf 14,7 Prozent der Fläche
    Pflanzen vom Aussterben bedroht. Auch in Hessen           ökologisch gewirtschaftet. Damit sind wir bundes-
    kämpfen Arten wie Braunkehlchen, Feldhamster              weit im Spitzenfeld. Bis 2025 sollen es 25 Prozent
    oder Schwarzer Apollo ums Überleben.                      sein. Das ist zentral, denn besonders im Agrarland
                                                              hat die Artenvielfalt abgenommen.
    Seit April 2014 arbeitet Hessen aktiv mit der Hessi-
    schen Biodiversitätsstrategie daran, dass die Vielfalt    Um gefährdete Arten zu erhalten, müssen wir auch
    an Arten und Lebensräumen in unserem Land erhal-          gezielt gegen invasive Arten vorgehen. So bedroht
    ten bleibt. Mehr als zwei Drittel der in den elf Zielen   beispielsweise der aus Nordamerika stammende
    der Hessischen Biodiversitätsstrategie aufgeführten       Signalkrebs die letzten bekannten Populationen
    Aktionen sind bereits umgesetzt. Für alle hessischen      des heimischen Stein- und Edelkrebses. Wir haben
    FFH-Gebiete wurden Maßnahmenpläne erstellt, die           deshalb die Zahl der Maßnahmen, um invasive Arten
    sich an den im Gebiet vorkommenden Tier- und              einzudämmen, stark gesteigert.
    Pflanzenarten orientieren und konkret durchzufüh-
    rende Maßnahmen zu deren Erhalt beinhalten. Zu-           Die Gesamtzahl der durchgeführten Aktivitäten und
    dem werden fortlaufend weitere Artenhilfskonzepte         Maßnahmen im Rahmen der Biodiversitätsstrategie
    für bedrohte Arten erstellt. Durch diese so wichtige      ist beachtlich. In den Schutzgebieten wurde die
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 Wirksamkeit und Sensibilisierung –
 Kennzahlen der
 Hessischen Biodiversitätsstrategie

1         Günstige Erhaltungszustände der Natura 2000-Schutzgüter in Hessen                                                                                        Ziel
                                                                                                                                                                   I, II

     a) Erhaltungszustand der relevanten                 b) Erhaltungszustand der relevanten                         c) Erhaltungszustand der relevanten
      Arten der Vogelschutz-Richtlinie                         Arten der FFH-Richtlinie                             Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie
      Angabe in Prozent
                                                                                                                           26,19
      29,03                                                        45,68
                                                                                        30,49                                                 15,22
                                                                                                      ?                                                          ?
                            25,64               ?

                   2008        2014          2020                     2007           2013          2019                         2007          2013           2019

Art. 12– Bericht (HE); nur 6-jährlich (2014, 2020, …)      Art. 17 – Bericht (HE); nur 6-jährlich (2013, 2019, …)     Art. 17 - Bericht (HE); nur 6-jährlich (2013, 2019, …)

                                                                                                                                                   Ziel
2    Bestandsentwicklung lebensraumtypischer Vogelarten in Hessen                                                                                  I, II, III, IV, V, VI

      gemäß Nachhaltigkeitsindex                                                                                                             Ziel 2020
      „Artenvielfalt und
                                                                                                                                             100 %
                                                               1994                                       Gesamt­landschaft
      Landschaftsqualität“
      Angabe in Prozent                                        84,3 %                                     2016

                                                                                                          72,8 %
  2017        ?

  2016                                                                91                                  83                                  76
                                      51

                                                                      90                                  82                                  79
  2010                                59

                                      74                              79                                  78                                 67
  2004

  1994                               104                                                                  102                                62
                                                                      58

  Teil-                           Agrarland                         Wälder                          Siedlungen                     Binnengewässer
  indikatoren:

gemäß Nachhaltigkeitsindex „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ Bestandsentwicklung repräsentativer Arten [%]
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
6
                  3     Naturschutzfinan-           Ziel                                      4     Gesamtzahl der er­­stell­ten                    Ziel
                        zierung in Hessen           I, II, III, VII, IX, X                          Arten­hilfs­konzepte in Hessen                  I, II, VII

                      in Mio. Euro                            2020      ?                        Gesamtzahl (aufsummiert)

                                                                                                                         2018

                                                 17,7        19,1                                2017
                                                                                                                                              2015
                                      11,1 9,3                                                        2016
                       8,8   9,1 10,3
                                                                                                                                2014
                                                                                                 2012              2013
                      2013       2015       2017 2018 2019

                  Naturschutzmittel in den Landeshaushaltsplänen des Um-                      alle im Auftrag der Naturschutzfachbehörden (HLNUG,
                  weltministeriums; naturschutzrelevante Haushaltsmittel des                  VSW) erstellt
                  Förderkapitels 09 22

                  5     Prozentualer Anteil der
                                                                Ziel
                                                                                              6     Umgesetzte Maß­nahmen
                        hes­si­schen Vogelschutz-                                                   pro Jahr in hessischen
                                                                I, II,                                                                               Ziel
                        gebiete, für die Maß-                                                       Natura 2000- und
                                                                VII, VIII                                                                            I, II
                        nahmenpläne vorliegen                                                       Naturschutzgebieten

                                                                                                         2017                         2018

                                                      41%
                                                                                                      6.984
                                                                                                                                      7.053
                                                                                                  2015
                                                                   2018                           5.234                                       2016
                                                                                                                                             5.779
                                                                                                 2013 3.084                                   2014
                                                                                                 2012 2.948                                   4.772
                  Im letzten Berichtszeitraum Ende 2016 lagen für alle FFH-                   Maßnahmen aus den jeweiligen Maßnahmen- bzw. Pflege-
                  Gebiete Maßnahmenpläne vor, deshalb beziehen sich die                       plänen gem. Naturschutzinformationssystem NATUREG
                  Angaben jetzt auf die Vogelschutzgebiete.

                  7     Landwirtschaftsflächen mit                 Ziel                       8    Anteil der ökologisch bewirt-                     Ziel
                        hohem Naturwert in Hessen                  IV, VIII                        schafteten Fläche in Hessen                       IV

                      16,3                                                                       2018

                                      16                                                                                        13,5 14,
                                                                                                 2017                                   7

                                                   14,5
                                                           15,1                                  2016
                                                                                                                      12,5
                                                                                                                                     %%

                                             13,5
                                                                                                 2015                     %
                                                                                                             11,5
                                                                                                 2014          %                      11,4
                                                                                                                                         %     11,4
                                       2011         2015                                         2013                                               %

                                                               2017                                                                                     11
                        2009                 2013                                                2012                                                    %

                  High Nature Value Farmland: Anteil der „Landwirtschafts-                    Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen an der lan-
                  flächen mit hohem Naturwert“ an der gesamten Landwirt-                      desweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche [%]
                  schaftsfläche [%]

9      Förderung artenreicher Agrarökosysteme                                                        10      Förderung artenreicher Grün­
       in Hessen                                                                  Ziel III, IV               land-Ökosysteme in Hessen                           Ziel III, IV

    Hektar pro Jahr             14.772           14.019            14.626         14.795                  Tausend Hektar pro Jahr
                                 13.230          12.272            12.326         12.095
                                  1.542          1.747              2.300          2.700                                                                           62,0
            2.420
 2.080                2.246
                                                                                                                                                  59,0             2018
                                                                                                                                             55,4 2017
 2012 2013 2014                                                                                         42,0                        51,5     2016
                                                                                                        2012 40,0                   2015
                                     2015          2016               2017          2018
                                                                                                             2013
                                                                                                                         37,5
                                                                                                                         2014
            HIAP                     HALM              HIAP/HALM       Greening      gesamt

Förderung 2012 bis 2014 gem. HIAP (Blüh- und Schonstreifen), ab 2015 gem. HALM (ein- und             Agrarumweltmaßnahme „Grünlandextensivierung“, Förderung 2012
mehrjährige Blühstreifen/-flächen, Ackerrandstreifen, Ackerwildkrautflächen) sowie GREENING          bis 2014 gem. HIAP B5, ab 2015 gem. HALM D1
(Ökologische Vorrangflächen Brache und Feldrandstreifen)
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
7

11      Dauerhaft ungenutzter               Ziel          12      FSC-zertifizierte Waldfläche in Hessen (Flächenanteile für                                     Ziel
        Staatswald in Hessen                III, V                Staatswald, Privatwald und Kommunalwald)                                                       V

                                                            in Prozent, Anteil von hessischer Gesamtwaldfläche
                                                                                                                                              37,0
                                                                                                                                               0,1
    7,75 %
                                                             Staatswald           Kommunalwald
                                                             Privatwald           Gesamtfläche                                                 4,5
    2014                                     2018
                                             2017                                                 14,46
                                                                                                                         17,0
                                                                                                                          0,1                          41,6
                                                                                                                                                              %
                                                                                                   0,1                    4,5
                                                                                 0,54 6,93
  3,75%
                                             2016            0,54
                                                             0,1
                                                                      0,54
                                                                      0,1        0,1  0,1          3,82                           21,6
                                             2015            2,46     2,38       2,4  3,59                 18,4                      %
  2013                                                       3,1      3,02       3,04                          %
                                                                                          10,6
  3%
                                                                                             %

  2012                                       %
                                                            2012 2013 2014               2015          2016                     2017                    2018

Flächenanteil ungenutzter Staatswaldflächen [%]           zertifizierte Flächenanteile für Staatswald, Privatwald und Kommunalwald [% der jeweiligen hessischen Gesamt-
                                                          waldfläche]

13      Ökologischer Zustand der                                      Ziel             14     Höhe der in Hessen bewilligten Fördermittel                        Ziel
        hessischen Gewässer                                           VI                      für Maßnahmen zur Gewässerentwicklung                              VI
                                                                                              und zum naturnahen Gewässerausbau
    Anteile mit „gutem“ oder „sehr gutem“ Zustand
                                                                                          in Mio. € jährlich

                             Fließgewässer                     Seen
                     Gesamt­ Teil­kompo­nente                                                                                                             2018
                    bewertung      Fische                                                                      2012
                                                                                                          11.020.180                                   11.416.950
                                                                                              2011
                                                                                           9.680.670
     2015
                                                                                                                       2013
                        4,7%        20,4 %                              %
                                                                                           2010
                                                                                                                      8.068.990
                                                                                                                                       2015
                                                                                                                                     7.618.770
                                                                                         6.965.170                                                     2017
                                                                                                                                                     6.463.520
                                                                                                                                              2016
     2009                                                                                                                                 6.417.650
                                                                                                                              2014

                        5,7%
                                                                                                                          5.050.380
                                            %                       %

Die Gesamtbewertung setzt sich aus 3 Teilkomponenten zusammen und                      Mittel aus dem „Landesprogramm für Gewässerentwicklung und Hochwasser-
richtet sich nach der schlechtesten Teilkomponente; deshalb sind Fische ge-            schutz“
sondert aufgeführt; Erhebung nur 6-jährlich (2009, 2015, 2021 …).

15     Anzahl der umgesetzten Maßnahmen pro                                            16     Anzahl der ehrenamtlichen sach-
       Jahr zur Bekämpfung von invasiven Neobiota                       Ziel                  kundigen Helfer für „geschützte                            Ziel
       in hessischen Natura 2000- und Naturschutz-                      I, VII                Konfliktarten“ in Hessen (z.B. Biber,                      II, VIII, IX
       gebieten                                                                               Luchs, Wolf)

        jährlich                                             2018
                                       2017
                                       145
                                                           147                                                                                       115
                                     2016
                             2015      93                                                                                                             2018
                    2014      80                                                             60                2016
                                                                                                                                111
                        77
      2012
       43     2013
                   41
                                                                                           2015
                                                                                                                                  2017
gem. Naturschutzinformationssystem NATUREG                                             vom Land geschulte Personen, die vor Ort ehrenamtlich Unterstützung leisten
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
8

17     Gesamtmitgliederzahl der anerkannten Naturschutz­vereinigungen                                   Ziel
       in Hessen                                                                                        IX, X

                                                                                             199.902

                                                                                   196.947
                                                 181.227          187.886
                   171.853        176.821
    168.303

     2012           2013            2014             2015             2016            2017      2018

gem. Angaben der Landesgeschäftsstellen (acht Institutionen)

18     Besucherzahlen ausgewählter hessischer Naturschutzzentren                                                                 Ziel
                                                                                                                                 X
 Nationalparkzentrum Kellerwald Edersee
 Umweltbildungszentrum Schatz­insel Kühkopf (Eröffnung 2014)

                                                                                  41.000     45.855
      40.000                             36.000                38.000               27.869                               38.780
                                                                      27.392                                                 31.134
                      33.000                   25.115
                                                                                                            29.953

      2012              2013                2014                2015                2016             2017                 2018

Personen, die Eintritt gezahlt oder dort an Veranstaltungen teilgenommen haben

19     Teilnehmertage in den hessischen Jugendwaldheimen                                                          Ziel
                                                                                                                  XI

                                                          21.380                 22.836      20.704         21.685
    18.418            17.218             17.275

      2012              2013               2014                2015                2016       2017              2018

Personen, die an Veranstaltungen teilgenommen haben
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
Hessischer Bio­­diversitäts­b
                                                                                              ­ ericht 2018   9

      „Nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass
      gefährdete Arten wie Rebhuhn, Feldhamster oder
      Arnika nicht aus Hessen verschwinden. Ehrenamt,
      Wissenschaft und Verwaltung arbeiten für den
      Erhalt der Biologischen Vielfalt Hand in Hand. Dafür
      allen Beteiligten mein herzliches Dankeschön!“ –
      Umweltministerin Priska Hinz

Zahl der umgesetzten Maßnahmen von 3.084 im              Dieser jährlich erscheinende Bericht dokumentiert
Jahr 2013 auf 7.053 in 2018 gesteigert. Das haben        den Stand der Umsetzung der Hessischen Biodiver-
vor allem Bedienstete der Kommunen und Land-             sitätsstrategie gegenüber dem Landtag und zeigt
kreise, Vertreter der Land- und Forstwirtschaft sowie    zugleich Bürgerinnen und Bürgern viele Möglich-
haupt- und ehrenamtliche Naturschützerinnen und          keiten einer aktiven Mitwirkung auf. Denn jede und
Naturschützer ermöglicht – gemeinsam haben wir           jeder kann dazu beitragen, dass auch nachfolgende
viel erreicht! Ich danke den vielen Aktiven für dieses   Generationen die Vielfalt unserer hessischen Natur
andauernde, so wichtige Engagement!                      erleben können. Engagieren Sie sich – sei es im
                                                         Naturschutzverein vor Ort oder durch blühende
Für eine gute Zukunft brauchen wir die Natur und         Wildpflanzen auf dem eigenen Balkon.
ihre Ökosystemleistungen. Frische Luft, sauberes
Wasser, Nahrung und Rohstoffe sind die Grundlagen        Ihre
unseres Lebens. Doch nur eine vielfältige Natur kann
sich an die, beispielsweise durch den Klimawandel,
stark ändernden Rahmenbedingungen anpassen
und damit auch unser Überleben sichern.

Der Erhalt der Biologischen Vielfalt hat für die Lan-
desregierung hohe Priorität. Deshalb haben wir die
allein dem Naturschutz zur Verfügung stehenden
Mittel gegenüber der vorhergehenden Legislatur-          Priska Hinz
periode im Jahr 2018 mehr als verdoppelt. 2019           Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz,
stehen 19,12 Millionen Euro zur Verfügung.               Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
10    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

     Erläuterungen
                                                                      Kernbot-
     zu ausgewählten
     Kennzahlen                                                       schaften

     Trotz zahlreicher Aktivitäten in Hessen, Deutsch-       → Steigerung der Anzahl umgesetzter Maßnahmen
     land, Europa und der Welt belegen leider auch die         gegen invasive Arten um über 250 Prozent.
     neusten internationalen Untersuchungen des Welt-
     biodiversitätsrates den global besorgniserregenden      → Überwindung der 40-Millionen-Euro-Grenze für
     Zustand der Natur.                                        im Jahr 2018 durchgeführte Agrarumwelt- und
                                                               Landschaftspflegemaßnahmen.
     Unabhängig davon sind sich führende Fachleute
     sicher:                                                 → Ausdehnung des Anteils ökologisch bewirtschaf-
     Der Rückgang der Biologischen Vielfalt ist noch auf-      teter Fläche von 11,4 Prozent auf 14,7 Prozent.
     zuhalten, wenn umgehend auf allen Ebenen aktiv            Hessen gehört damit bundesweit zu den Spitzen-
     Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, um das                 reitern.
     weitere Verschwinden von Lebensräumen, der dort
     vorkommenden Tier- und Pflanzenarten sowie deren        → Zunahme der Seen mit mindestens gutem öko-
     unterschiedlicher genetischer Ausstattungen zu ver-       logischen Zustand um über 160 Prozent.
     hindern.
                                                             → Deutlich ambitioniertere Weiterentwicklung der
     Hessen hatte schon in der letzten Legislaturperiode       Hessischen Biodiversitätsstrategie, die 2016 vom
     von 2014 bis 2018 seine Aktivitäten deutlich gestei-      Kabinett verabschiedet wurde.
     gert. Das spiegelt sich nicht nur in der Verdopplung
     der naturschutzrelevanten Haushaltsmittel in den        Der Erfolg solcher Maßnahmen zeigt sich leider
     Landeshaushaltsplänen des Umweltministeriums            (noch) nicht in der Entwicklung wichtiger, aber nur
     wider (s. S. 7 Kennzahl 3: 8,8 Millionen Euro im Jahr   periodisch erhobenen Zustandskennzahlen, wie
     2013; 17,7 Millionen Euro im Jahr 2018), sondern        zum Beispiel in den Erhaltungszuständen der
     auch im bisher Erreichten:                              Natura 2000-Schutzgüter in Hessen (s. S. 6 Kennzahl 1)
                                                             oder der Bestandsentwicklung lebensraumtypischer
     → Steigerung der in den Schutzgebieten umgesetz-        Vogelarten in Hessen (s. S. 6 Kennzahl 2 sowie u. a.
       ten Maßnahmen von 3.084 auf 7.053, weil mitt-         Erläuterungen). Bei der Verbesserung der Zustands-
       lerweile für alle FFH-Gebiete Maßnahmenpläne          kennzahl 7 (s. S. 7 Landwirtschaftsflächen mit hohem
       vorliegen und ausreichend finanzielle Mittel zur      Naturwert) könnte das anders sein.
       Verfügung stehen.
                                                             Unabhängig davon konnten seit den letzten Berich-
     → Erhöhung der dauerhaft ungenutzten Staatswald-        ten zur Kennzahl 1 Fortschritte erreicht werden, die
       flächen von 3,75 Prozent auf 8 Prozent.               zeigen, dass die deutlich verstärkte Umsetzung von
                                                             Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen
     → Zunahme der FSC-zertifizierten hessischen Ge-         erfolgreich ist. Darüber hinaus belegen zum Beispiel
       samtwaldflächen von 3,0 Prozent auf 41,6 Prozent      die Beobachtungen an 51 Monitoringstandorten auf
       (Staatswald: 1,4 auf 98,6).                           Berg-Mähwiesen (Hochrhön) die positive Wirkung.
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018          11

                 Dauerflächen                                                Dauerflächen
             im Vertragsnaturschutz                                     ohne Vertragsnaturschutz

                  25 %

                                  50 %
                  25 %

          Positive Tendenz         Negative Tendenz

          Keine Änderung

Abb. 1: Bewertung der Veränderungstendenz von Daueruntersuchungsflächen von Berg-Mähwiesen in der Hochrhön im
Hinblick auf einen guten Erhaltungszustand; Flächen im Vertragsnaturschutz (n = 36), Flächen ohne Vertragsnaturschutz
(n = 15). Aus Becker & al. 2015, verändert durch Mahn, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie
(HLNUG), Jahresbericht 2018, S. 75.

des Vertragsnaturschutzes auf die Erhaltung der Bio-         Da der Bezugszeitraum für den Hessischen Bio-
logischen Vielfalt. Mit Vertragsnaturschutz entwickel-       diversitätsbericht bis ans Jahresende verlängert
ten sich in maximal 14 Jahren mehr als doppelt so            wurde, können 2018 meist zwei neue Werte ergänzt
viele Flächen positiv oder stabilisierten sich – näm-        werden. Allerdings ermöglichte der mehrjährige
lich 75 Prozent statt 33 Prozent. Gleichzeitig traten        Erhebungsrhythmus (z. B. nach FFH-Richtlinie) keine
negative Entwicklungen mit 25 Prozent deutlich               aktuellen Werte für die Kennziffern 1, 2, 3, 7 und 13.
seltener auf als ohne Vertragsnaturschutz (67 Pro-           Mit Ausnahme der Kennzahlen 18 und 19 werden im
zent; s. Abb. 1).                                            Berichtsjahr Höchstwerte erreicht. Die Kennzahlen 4,
                                                             6 und 12 belegen die intensivierten Anstrengungen
Diese Intensivbeobachtung bestätigt, dass die Um-            bzw. erbrachten Zusatzleistungen.
setzung gezielter Maßnahmen positive Wirkung
entfaltet.                                                   Die Bestandsentwicklung lebensraumtypischer Vo-
                                                             gelarten in Hessen (s. S. 5 Kennzahl 2) musste modi-
                                                             fiziert werden, weil bestimmte Vogelarten in den
Erläuterungen zu ausgewählten                                Erhebungsgebieten nicht mehr oder nicht mehr in
                                                             ausreichendem Umfang vertreten waren. Die Werte
Kennzahlen                                                   wurden rückwirkend bis 1994 mit den Bestands-
                                                             zahlen der jetzt relevanten Arten neu berechnet.
Wie den 19 Piktogrammen mit Zielzuordnung (s. S. 5           Deshalb weichen die Werte im Piktogramm von den
— 8 blauer Kasten oben links auf den Piktogrammen)           Werten ab, die im Biodiversitätsbericht 2017 auf S. 7
zu entnehmen ist, weisen die meisten Kennzahlen              aufgeführt sind. Ein Vergleich der in beiden Auflis-
eine positive Tendenz auf. Das bestätigt auch der            tungen enthaltenen Werte für 2010 zeigt, dass die
Überblick auf der hinteren Umschlaginnenseite.               neuen Werte in allen Lebensräumen höher ausfallen.
12    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

     Trotz der tendenziellen Erhöhung bleibt aber die          Jetzt bezieht sich die Kennzahl auf die Vogelschutz-
     Grundaussage für Hessen unverändert negativ. Ins-         gebiete. Ende 2018 lagen Planungen für 41 % dieser
     besondere außerhalb des Waldes (Offenland) — und          Gebiete vor. Es ist absehbar, dass diese Maßnah-
     deshalb auch in der Gesamtlandschaft — fällt der          menplanungen frühestens 2022 abgeschlossen
     Index weiter ab. Die Ursachen dafür sind vielfältig.      werden können.
     Dem Thünen Report 65 zu den Leistungen des öko-
     logischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft ist        Mit der Förderung artenreicher Grünland-Öko-
     zu entnehmen, dass insbesondere Vogelarten, die           systeme in Hessen (s. S. 6 Kennzahl 10) beschreitet
     während der Brutzeit vorwiegend Kleininsekten und         Hessen einen erfolgreichen Weg: 2018 wurden rund
     Spinnen fressen, über 25 Jahre einen Bestandsrück-        62.000 Hektar artenreiches Grünland gefördert, was
     gang um etwa ein Drittel zeigten. Wenn nur 12 Jahre       zugleich eine wichtige Maßnahme zur Förderung
     betrachtet werden, waren davon bereits fast die           der Insekten ist. Die Studie Schuldt et al. (https://
     Hälfte der Arten betroffen. Es wird ein Zusammen-         go.nature.com/2XB0EL8) belegt, dass die Vielfalt
     hang mit Nahrungsknappheit und der flächigen An-          an Pflanzenarten die Zahl der Insektenarten und die
     wendung von hochwirksamen Insektiziden vermutet.          Höhe der Insekten-Biomasse positiv beeinflusst.
     Aber auch die zunehmende Zerschneidung und                Auch die pflanzliche Strukturvielfalt beeinflusst die
     Versiegelung der Landschaft, die Auswirkungen des         tierische Vielfalt positiv. Diese unter Führung des
     Klimawandels, die Zunahme von Luftverschmutzung           Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitäts-
     und Eutrophierung sowie die Änderungen der Be-            forschung gewonnenen Ergebnisse geben wichtige
     wirtschaftungsintensität und der Struktur im Offen-       Hinweise für die insektenfördernde Bewirtschaftung
     land tragen zum Rückgang der Insekten und damit           von Ökosystemen, insbesondere von Wiesen, Wäl-
     dem sinkenden Erfolg der Vogelbrut bei.                   dern und Waldrändern.

     Die mittlerweile 54 im Auftrag des Hessischen             Die Abbildung Ökologischer Zustand der hessischen
     Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie           Gewässer (s. S. 7 Kennzahl 13) gibt die Gesamtbe-
     (HLNUG) und der Staatlichen Vogelschutzwarte von          wertung der Seen und der Fließgewässer wieder.
     Spezialisten für Pflanzen- und Tierarten erstellten Ar-   Weil bei Fließgewässern die Gesamtbewertung
     tenhilfskonzepte (s. S. 6 Kennzahl 4) bieten wertvolle    immer schlecht wird, wenn schon eine der 3 Teilkom-
     Hintergrundinformationen über die Verbreitung und         ponenten — Fische, Nahrungstiere der Fische und
     Bestandsituation der jeweiligen Art sowie über den        Wasserpflanzen — in einem schlechten Zustand ist,
     optimalen Lebensraum. Des Weiteren werden für             waren 2015 nur 4,7 Prozent in dem gewünschten
     die jeweilige Art nicht nur die Gefährdungsursachen,      guten Zustand. Bei der Teilkomponente Fischbe-
     sondern auch geeignete Erhaltungsmaßnahmen                stände waren es dagegen schon 20,4 Prozent.
     aufgezeigt. Zusätzlich werden kurze, leicht lesbare       Unabhängig davon wurde der ebenfalls von Teil-
     „Maßnahmenblätter“ erstellt, in denen das Wich-           komponenten abhängige mindestens gute Zustand
     tigste zusammengefasst ist. Auswertungen des Na-          in über 160 Prozent mehr Seen erreicht.
     turschutzinformationssystems (NATUREG) belegen,
     dass in den Schutzgebieten deutlich mehr Maßnah-          Die Besucherzahlen ausgewählter hessischer Natur-
     men für die Zielarten geplant und umgesetzt wer-          schutzzentren erreichte im Jahr 2017 mit über 75.000
     den, wenn ein Artenhilfskonzept vorliegt. Für Vögel       Menschen einen Besucherrekord (s. S. 8 Kennzahl
     gibt es zudem die sogenannten Gebietsstammblät-           18). Während 2018 das Umweltbildungszentrum
     ter (z. B. für Kiebitz oder Braunkehlchen). Dieses Mo-    Schatzinsel Kühkopf die Besucherzahlen weiter
     dul der Artenhilfskonzepte nutzen Dritte (Verbände,       um gut 1.000 Personen steigerte, sanken diese im
     Kommune, Privatleute) als Vorlage für Maßnahmen-          Nationalparkzentrum Kellerwald-Edersee um über
     pläne. Durch diese Zusatzangebote entfalten die           7.000 Personen. Ein vergleichbar hoher Rückgang
     Artenhilfskonzepte mehrfachen Nutzen und sind für         war 2013 zu verzeichnen. Der aktuelle Rückgang
     viele Naturschützer gut praktisch umsetzbar.              lässt sich aber ganz wesentlich durch eine nur im
                                                               Jahr 2017 durchgeführte Konferenz mit mehr als
     Der Schwerpunkt der Erstellung von Maßnahmen-             4.000 Teilnehmenden und dem verregneten, norma-
     plänen (s. S. 6 Kennzahl 5) lag aufgrund der Ver-         lerweise aber sehr gut besuchten Herbstmarkt 2018
     pflichtungen aus der FFH-Richtlinie solange in den        erklären.
     FFH-Gebieten, bis diese alle Ende 2016 vorlagen.
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018       13

zur Verbesserung
der Biologischen Vielfalt
im Umweltministerium
Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft,
Wasserwirtschaft und Naturschutz
                                                           Maßnahmen
Zur besseren Umsetzung der Hessischen Biodiversi-        Die zur Förderung der Biologischen Vielfalt und ins-
tätsstrategie hat Staatsministerin Hinz im Berichts-     besondere des Insektenvorkommens im Offenland
zeitraum ganz wesentliche Verbesserungen initiiert       wichtigsten Agrarumweltmaßnahmen sind neben
und deren Realisierung ermöglicht.                       der artenreichen Grünlandbewirtschaftung (circa
                                                         62.000 Hektar) der ökologische Landbau auf über
Im Bereich Landwirtschaft wurden am Ende der             113.000 Hektar und die biodiversitätsfördernden
vorangegangenen Legislaturperiode 2013 im                Maßnahmen auf circa 35.000 Hektar Ackerflächen.
Rahmen des Programms HIAP (Hessisches Integ-             Im ökologischen Landbau gehört Hessen mit 14,7
riertes Agrarumweltprogramm) circa 25 Millionen          Prozent ökologisch bewirtschafteter Fläche bundes-
Euro zur Finanzierung von Agrarumwelt- und Land-         weit zu den Spitzenreitern.
schaftspflegemaßnahmen auf circa 145.000 Hektar
Verpflichtungsfläche abgerufen. Rund 160 Prozent         Im Bereich Forstwirtschaft sind, neben der Festle-
mehr waren es im Berichtsjahr 2018. Im Rahmen des        gung weiterer Kernflächen, die der Umsetzung der
Hessischen Programms für Agrarumwelt- und Land-          Klima- und Biodiversitätsstrategie dienende Revita-
schaftspflegemaßnahmen (HALM) wurden erstmals            lisierung der Burgwaldmoore sowie die Wiederher-
über 40 Millionen Euro auf circa 205.000 Hektar          stellung verbuschter Waldwiesen hervorzuheben.
Verpflichtungsfläche ausgezahlt. Diese Steigerung        Aufgrund einer Studie ist bekannt, dass im Burgwald
hat viele Ursachen. Sie ist sowohl auf jahrlange Bera-   ideale Voraussetzungen gegeben sind, die seit über
tungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie eine maßnah-      300 Jahren durch Entwässerung und anschließende
mengerechte Prämiengestaltung zurückzuführen als         Wiesennutzung oder Aufforstung stark verringerten
auch auf geänderte Einstellungen der Bewirtschafter      Moore zu revitalisieren. Finanziert aus Mitteln der
und die verstärkte Umsetzung der Maßnahmenpläne          Hessischen Biodiversitätsstrategie und des Inte­
in Schutzgebieten.                                       grierten Klimaschutzplans erfolgt 2017 und 2018 die
14    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

     Regeneration der Burgwaldmoore mit 140.000 Euro        eingeebnet und angrenzende Bachläufe gepflegt.
     dreigleisig:                                           Insgesamt wurden in der Pilotphase 2018 circa
                                                            87.000 Euro verausgabt.
     1. Möglichst umfassende Wiederherstellung des
        ursprünglichen Wasserregimes durch Verschluss       Für den Naturschutz leisten Synergieprojekte an
        und Verfüllung der alten Entwässerungsgräben,       Fließgewässern einen wertvollen Beitrag zur Ver-
        die nur wenige Monate nach Abschluss der Arbei-     besserung der Biologischen Vielfalt. In bestimmten
        ten im Gelände nicht mehr zu erkennen sind.         gewässerabhängigen Landschaftsbereichen – ins-
                                                            besondere den Flussauen – verfolgen nämlich die
     2. Rücknahme der Fichtenbestände auf Flächen,          Habitat- (FFH-) bzw. Vogelschutz- und die Wasserrah-
        unter denen sich bemerkenswerte Moorreste           men-Richtlinie (WRRL) das gleiche Ziel: die Erhaltung
        erhalten haben, um den Wasserverlust durch die      und Wiederherstellung ökologisch funktionsfähiger,
        Transpiration zu reduzieren und der moortypi-       natürlicher Lebensräume als Voraussetzung für die
        schen Vegetation Gelegenheit zur Ausbreitung zu     Erhaltung der Biologischen Vielfalt. Dadurch erge-
        geben.                                              ben sich Synergien bei der Planung und Umsetzung
                                                            in den gemeinsamen Zielräumen. Um diese aus-
     3. Vergrößerung des Einzugsgebiets der Moore, in-      zuschöpfen, begann Hessen bereits im Dezember
        dem durch Reduzierung des Baumbestandes die         2009 mit den konzeptionellen Vorarbeiten. Seit 2012
        Tiefenversickerung von Niederschlagswasser er-      werden Synergieprojekte durchgeführt. Viele dieser
        höht und so ein zusätzlicher Impuls für die Moor-   Projekte haben das Ziel, die Gewässerdurchgängig-
        regeneration gegeben wird.                          keit für die Tiere wiederherzustellen, zum Beispiel
                                                            durch den Rückbau von Wehren, die Herstellung von
     Im Rahmen der Naturschutzkampagne wurden im            Umgehungsgerinnen oder durch die Umwandlung
     Jahr 2018 insgesamt knapp 100 Hektar verbuschter       kleinerer Abstürze in sogenannte raue Rampen.
     Waldwiesen in 3 Pilotforstämtern wieder bewirt-        Ein herausragendes Projekt in Südhessen war die
     schaftbar gemacht und einer langfristigen Nutzung      2017 abgeschlossene Renaturierung der Weschnitz
     zugeführt. Um sie wieder instand zu setzen wurden      im Naturschutzgebiet „Weschnitzinsel von Lorsch“.
     nicht nur die Verbuschungen beseitigt und zur          Auf knapp drei Kilometer Länge wurde hier ein
     Reduzierung der Verschattung Randbäume entnom-         neues, durch Grünland mäandrierendes Flussbett
     men bzw. Äste gestutzt, sondern auch die langjäh-      geschaffen, das die parallel verlaufenden einge-
     rig entstandenen Wühlschäden der Wildschweine          deichten und befestigten Rinnen der Alten und der
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018        15

Neuen Weschnitz ersetzte. Das naturnahe Überflu-         der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im
tungsregime ermöglicht zudem wieder die Ent-             Allgemeinen und der europarechtlichen Ver-
wicklung einer artenreichen Grünlandaue. Darüber         pflichtungen aus Natura 2000 im Besonderen. Die
hinaus wurde im neuen Gewässerbett durch das Ein-        Landschaftspflegeverbände können die zustän-
bringen von Störhindernissen wieder Strukturvielfalt     digen Kreisbehörden mit Arbeitskapazität und
hergestellt. Diese wird in den kommenden Jahren          Fachwissen stärken und beispielsweise die Pflege-
zahlreichen bisher nicht oder nicht mehr im Gebiet       und/oder Vertragsnaturschutzmaßnahmen organi-
vorkommenden Arten unterschiedliche Lebens-              sieren. Dadurch werden im Offenland die Ziele zur
räume bieten. Ganz wesentlich für eine möglichst         Erhaltung der Biologischen Vielfalt eher erreicht
reibungslose Umsetzung solcher Projekte ist der          und so die Lebensgrundlagen besser gesichert.
frühzeitige, intensive Dialog mit allen betroffenen      Zudem sind alle vor Ort Beteiligten rechtzeitig
Nutzern, Eigentümern und den zahlreich zu beteili-       und aktiv eingebunden, weil in den Landschafts-
genden Behörden.                                         pflegeverbänden Landwirtinnen und Landwirte,
Ab 2012 bis einschließlich 2018 konnten so für           Naturschutzvereine und Kommunen gleichberech-
mehr als 100 abgeschlossene Maßnahmen über 12            tigt am Tisch sitzen. Die Landschaftspflegever-
Millionen Euro verausgabt (2018 wurden 10 Projekte       bände sollen darüber hinaus die Kommunen beim
abgeschlossen und insgesamt 1,5 Millionen Euro           Management der kommunalen Ausgleichs- und
ausgezahlt) werden. 53 Projekte befinden sich der-       Eingriff-Flächen unterstützen. In den Pilotkreisen
zeit in der Umsetzung (rund 17 Millionen Euro sind       werden bis Ende 2019 Erfahrungen gesammelt.
hierfür gebunden). Ohne die Synergieprojekte wäre        Zudem wird die Pilotphase evaluiert. Die seit 2018
es nicht möglich gewesen, in beiden Bereichen die        gewonnenen Ergebnisse sind sehr positiv und
Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben erfolgreich        rechtfertigen eine hessenweite Einrichtung von
voranzutreiben.                                          Landschaftspflegeverbänden.

Im Bereich Naturschutz sind exemplarisch neun          3. Die 1978 gegründete Stiftung Hessischer Natur-
Punkte zu nennen:                                         schutz feierte 2018 ihr vierzigjähriges Bestehen
1. Für das von der UNESCO anerkannte Biosphären-          und dokumentiert damit im Sinne des materiellen
   reservat Rhön wurde unter Beteiligung der Rhöner       und ideellen Schutzes der Natur eine Verstetigung
   Bevölkerung, der relevanten gesellschaftlichen         des landesweiten Engagements und die stetige
   Gruppen, Institutionen und Verwaltungen ein            Anpassung an neue Herausforderungen.
   neues Rahmenkonzept entwickelt, das ein um-
   fassendes Leitbild und Zukunftskonzept für die      4. Die neue hessische Kompensationsverordnung
   Rhön darstellt. Das erste Rahmenkonzept aus dem        vom 26.10.2018 reduziert Beeinträchtigungen der
   Jahr 1994 bedurfte einer Aktualisierung aufgrund       Natur und verbessert die Qualität von Ausgleichs-
   neuer Aufgabenstellungen für die nachhaltige,          maßnahmen. Die Wiederbesiedlung bereits
   umweltgerechte Entwicklung, wie z. B. erneuer-         gestörter Böden im Innenbereich soll Vorrang
   bare Energien, Klimaschutz und demografischer          haben vor der Neubesiedlung des Außenbe-
   Wandel sowie aufgrund der Erweiterung des              reichs. Ausgleich, der gleichzeitig der Umsetzung
   Biosphärenreservates Rhön im bayerischen Teil im       der Wasserrahmenrichtlinie dient, soll unterstützt
   Jahr 2014. Mit zahlreichen Konzepten und Pro-          werden. Die Qualität der Planungen wird durch
   jektideen gibt die Neuauflage Antworten auf die        Anforderungen an die Planer verbessert; die Flä-
   aktuellen und künftigen Herausforderungen einer        chenverfügbarkeit muss nachgewiesen werden,
   nachhaltigen, umweltgerechten Entwicklung.             ferner werden Umsetzungsfristen eingeführt. Zur
                                                          Verbesserung der Biodiversität im Offenland sind
2. Am 14.7.2017 – und damit zu Beginn der Be-             jetzt als Ausgleich auch Ökolandbau und produk-
   richtsperiode 2018 – erfolgte die Unterzeichnung       tionsintegrierte Maßnahmen anerkannt. Neu ist
   der 3-jährigen Pilotvereinbarung zur Einrichtung       auch die bessere Berücksichtigung von invasiven
   von Landschaftspflegeverbänden zwischen dem            Arten, Bodenschutz- und Klimaschutzbelangen
   Umweltministerium, dem Lahn-Dill-Kreis, dem            sowie gesetzlich geschützten Biotopen und Le-
   Landkreis Waldeck-Frankenberg und dem Wetter-          bensraumtypen bei der Wahl und Bewertung von
   aukreis. Damit beschritt Hessen neue Wege bei          Kompensationsmaßnahmen.
16    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

     5. Hessen hat die Öffentlichkeitsbeteiligung zu den        Arten weitere Lebensräume besiedeln und sich so
        Entwürfen der Maßnahmenpläne zur Bekämp-                die Situation der Feldarten insgesamt verbessert.
        fung europarechtlich festgelegter invasiver Arten       Im Juli 2017 wurde in Wiesbaden die Einrichtung
        organisiert, wodurch bundesweit Finanz- und Per-        einer Feldhamsterstation aus Überschussmitteln
        sonalressourcen eingespart und die erfolgreiche         der Umweltlotterie gefördert. Jetzt können in ihr
        Abstimmung vereinfacht und beschleunigt wurde.          gefundene, z. T. verletzte Tiere so lange gehalten
                                                                werden, bis diese zur Bestandsstützung erneut
     6. Zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt an be-          ausgewildert werden können.
        stehenden Gebäuden und bei der Füllung von              2018 konnte sogar zur Förderung der Feldar-
        Baulücken haben das Wirtschafts- und das Um-            ten eine zusätzliche Beratungskraft ausgewählt
        weltministerium im Bauvorlagenerlass festgelegt,        werden, die zunächst im Rebhuhn-Projekt Bad
        dass Hinweise auf Vorkommen geschützter Arten           Zwesten die Aufgabe hat, die Zahl der mitwirken-
        von der Bauherrschaft dem Bauantrag beizufügen          den Bewirtschafter zu erhöhen und zugleich die
        sind. Um neue Anforderungen aus Klima-, Ar-             Maßnahmen noch zielgenauer umzusetzen.
        ten- und allgemeinem Umweltschutz mit Bebau-            Ebenfalls zur Verbesserung der Biologischen Viel-
        ungsplänen umzusetzen wurden diesbezügliche             falt im Offenland wurden Betreiber von Infrastruk-
        Möglichkeiten in Fortbildungsveranstaltungen der        tureinrichtungen in Fortbildungsmaßnahmen auf
        Hessischen Landgesellschaft aber auch in Bro-           entsprechende Möglichkeiten beim Vegetations-
        schüren aufgezeigt.                                     rückschnitt entlang von Straßen und Bahnlinien
                                                                hingewiesen.
     7. Zur Verbesserung der Umsetzung der Arten-               Für Bewirtschafter von Flächen wurde darüber
        hilfskonzepte werden im Rahmen der Natur-               hinaus ein mit den Landwirtschafts- und Natur-
        schutzkampagne Experten von den zwei Fach-              schutzverbänden abgestimmter Flyer im Herbst
        behörden – dem HLNUG sowie der Staatlichen              2017 veröffentlicht, der zeigt, wie auch gezielte
        Vogelschutzwarte – beauftragt, die zuständigen          Pflegemaßnahmen auf Saumstrukturen zu dieser
        Dienststellen artspezifisch vor Ort bei der Um-         Verbesserung beitragen können.
        setzung der im Konzept vorgeschlagenen Maß-
        nahmen zu beraten. Das Angebot können auch            9. Zur Förderung der Biologischen Vielfalt in den
        ehrenamtlich Aktive in Anspruch nehmen. Dieser           28 Kommunen des Main-Kinzig-Kreises hat der
        erfolgreiche Ansatz wird sukzessive ausgebaut            Kreis 2018 das für zwei Jahre aus Landesmitteln
        und weitere Experten bestellt. Die Artenhilfskon-        (circa 200.000 Euro) finanzierte Pilotprojekt „Main
        zepte werden insbesondere für Arten erstellt, für        Kinzig blüht“ aufgelegt. Zur Durchführung zusätz-
        deren Erhaltung Hessen eine besondere Verant-            licher Maßnahmen stockte der Kreis im ersten
        wortung hat.                                             Jahr das Budget um 50.000 Euro auf. Die Gesamt-
                                                                 koordination hat der örtliche Landschaftspflege-
     8. 2018 wurde das Sonderprogramm zur Förderung              verband übernommen, die fachliche Koordination
        von Leitarten der Feldflur aufgelegt, weil Hessen        der z. T. noch ergänzend zu schulenden Bera-
        auch für den Erhalt der Biologischen Vielfalt im         tungskräfte eine Naturgarten-Expertin. Der dort
        Offenland eine besondere Verantwortung hat.              vorgesehene Einsatz von mehrjährigen Wildpflan-
        Solche Leitarten sind beispielsweise der Feld-           zen dient nicht nur wildlebenden Bestäubern und
        hamster, die Grauammer, die Feldlerche oder              anderen Insekten sondern auch der Kostensen-
        das Rebhuhn. Maßnahmen zur Verbesserung des              kung. Da die Beete nicht länger mehrfach im Jahr
        Lebensraums für eine dieser Leitarten verbessern         neu bepflanzt und bearbeitet werden müssen,
        zugleich den Lebensraum für zahlreiche andere            reduziert sich längerfristig der Arbeitsaufwand
        Arten. So profitieren nicht nur die Quellpopulatio-      deutlich.
        nen der Leitarten von zum Beispiel zusätzlichen          Das bis Ende 2019 laufende Projekt hat zum Ziel,
        Strukturelementen, Brachen oder Blühstreifen,            die Biodiversität im besiedelten Bereich insbe-
        sondern auch die anderen an diesen Lebensraum            sondere auf geeigneten öffentlichen, aber auch
        angepassten Feldarten. Es ist zu erwarten, dass          privaten Grünflächen zu erhöhen. Das bezieht sich
        durch den so bewirkten Populationsanstieg diese          sowohl auf die Vielfalt an einheimischen Pflanzen
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018           17

als auch der daran angepassten wildlebenden          Bereits jetzt ist absehbar, dass dank des großen
Insekten. Deshalb wurden die zuständigen Mit-        Engagements — insbesondere der das Projekt
arbeiter bei den Kommunen respektive bei deren       initiierenden Kreisverwaltung — alle angestreb-
Bau- bzw. Betriebshöfen fortgebildet. Sie werden     ten Ziele bis Ende 2019 erreicht werden und das
über zwei Jahre 100 Flächen im MKK exempla-          Projekt so als sehr erfolgreich bewertet werden
risch beplanen, die Planung gemeinsam umsetzen       kann. Da der Landschaftspflegeverband das
sowie die umgewandelten Flächen über ein bis         Projekt auch nach 2019 fachlich begleiten wird
zwei Jahre gemeinsam mit den Beratungskräften        und die erzielten Vorteile für alle Beteiligten offen-
vor Ort pflegen. Hierdurch sollen alle zuständigen   sichtlich sind, ist davon auszugehen, dass in den
Bearbeiter in die Lage versetzt werden, zukünf-      Folgejahren auch die angestrebte selbstständige
tig selbstständig weitere Flächen umzuwandeln        Umwandlung weiterer Flächen in den Kommunen
und dann ohne externe Anleitung fachgerecht zu       beobachtet werden kann.
pflegen. Zur Verbesserung der Breitenwirkung
und Übertragung des Ansatzes in den Privatgarten
werden außerdem stark nachgefragte Vorträge
angeboten und die Öffentlichkeit über die Presse
informiert.
18    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

                                                    Resümee und

     Was muss die Hessische
     Biodiversitätsstrategie leisten?
                                                        Ausblick

     Der neu gestaltete, sich noch auf die letzte Legis-     In der Präambel des Koalitionsvertrags für diese
     laturperiode beziehende Hessische Biodiversitäts-       Legislaturperiode wird herausgestellt, dass die
     bericht 2018 zeigt, dass in Hessen die Aktivitäten      Bewahrung der Schöpfung und der Erhalt unserer
     zur Erhaltung der Biologische Vielfalt mit großem       natürlichen Lebensgrundlagen für uns und nach-
     Engagement intensiviert wurden. Sowohl Vereine,         kommende Generationen eine der vordringlichsten
     Verbände und Behörden, aber auch viele Bürgerin-        Herausforderungen ist und bleibt. Im Koalitions-
     nen und Bürger engagierten sich verstärkt. Zusätzli-    vertrag selbst findet sich deshalb nicht nur das klare
     che Aktivitäten sind notwendig, damit sich die Arten    Bekenntnis: Die Hessische Biodiversitätsstrategie
     an die stark veränderten Rahmenbedingungen an-          werden wir umsetzen und weiterentwickeln, sondern
     passen können. Nur das Überleben möglichst vieler       an vielen Stellen dafür notwendige, konkrete Maß-
     Arten mit unterschiedlichen Genen ermöglicht diese      nahmen. So sollen der Vertragsnaturschutz weiter
     Anpassung. Die Biologische Vielfalt sichert für uns     gestärkt werden und die Ziele der Biodiversitätsstra-
     und nachfolgende Generationen die für das Leben         tegie in die Novelle des Hessischen Naturschutzge-
     aber auch für den Wohlstand und Wirtschaftserfolg       setzes einfließen.
     essenziellen Ökosystemleistungen, wie zum Beispiel
     frische Luft, sauberes Wasser, fruchtbare Böden, Roh-   Schließlich belegt die nochmalige Erhöhung der
     stoffe und Erholung.                                    Naturschutzmittel im Jahr 2019 nachdrücklich, dass
                                                             dieser Aufgabe Priorität eingeräumt wird.
     Hessen hat 2018 die Naturschutzfinanzierung deut-
     lich erhöht (s. S. 6; Kennzahl 3). Das Land konnte      Der Umsetzungsstand der den Zielen I bis X zuge-
     deshalb den vor Ort Aktiven für von der Kreisbe-        ordneten Aktionen hat sich 2018 nicht verändert,
     hörde befürwortete und vom Regierungspräsidium          auch die schwerpunktmäßig für 2018 geplanten
     genehmigte Maßnahmen zur Optimierung der Arten          Maßnahmen wurden noch nicht abgeschlossen. In
     und Lebensräume der Hessen-Liste (Ziel II) knapp        den übrigen Ressorts der Landesregierung (Ziel XI)
     650.000 Euro zur Verfügung stellen. Darüber hinaus      konnten dagegen nicht nur die für 2018 schwer-
     riefen Vereine rund 105.000 Euro Lotto- und Tronc-      punktmäßig geplanten Aktionen erfolgreich durch-
     mittel zur Förderung der Biologischen Vielfalt ab,      geführt, sondern auch weitere Maßnahmen erledigt
     davon über die Hälfte im Rahmen der Kampagne            werden. Dadurch erhöhten sich die vollständig
     „Bienenfreundliches Hessen“.                            umgesetzten Aktionen um 7 Prozentpunkte. Die als
                                                             Daueraufgaben fortzuführenden Aktionen nahmen
     Zusätzlich zahlte die im April 2016 gegründete          um 3 Prozentpunkte zu.
     Umweltlotterie nicht nur jährlich 260.000 Euro zur
     Förderung der wöchentlich in den Kreisen festgeleg-     Wie dem am 06.05.2019 verabschiedeten Bericht
     ten Umwelt- und Naturschutzprojekte aus, sondern        zur Situation der weltweiten Artenvielfalt des Welt-
     förderte 2018 auch mit circa 74.000 Euro weitere        biodiversitätsrates IPBES zu entnehmen ist, muss
     Projekte zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt aus    jede achte Tier- und Pflanzenarten weltweit als vom
     den Überschussmitteln.                                  Aussterben bedroht angesehen werden. Zusammen
                                                             betrifft das rund 1 Million Arten. Der IPBES-Vor-
                                                             sitzende betonte, dass einerseits die Menschheit
                                                             aktuell die Natur in einem nie dagewesenen Ausmaß
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018      19

zerstört und damit zugleich die Basis unserer Le-                muss daher ambitionierte Ziele und Aktionen vorge-
bensgrundlagen, unserer Lebensqualität und                       ben. Dabei müssen nicht nur Herausforderungen aus
unserer Volkswirtschaft. Andererseits könne jede                 Hessen berücksichtigt werden. Die neue Strategie
Person nicht nur durch eigenes Konsumverhalten                   muss auch gezielt zur Erreichung der im Novem-
und Handeln Druck auf Regierungen und Wirtschaft                 ber 2020 festzulegenden internationalen sowie der
ausüben, den notwendigen schnellen Wandel zu                     voraussichtlich bis Sommer 2021 verabschiedeten
bewirken. Auch eigene Maßnahmen vor Ort würden                   europäischen Vorgaben zum Erhalt und zur Verbes-
hier wertvolle Beiträge leisten und so den Wandel                serung der Biologischen Vielfalt beitragen.
beschleunigen.
                                                                 Mit einer ambitionierten Strategie ist aber noch
Für Gegenmaßnahmen sei es aber nur dann noch                     nichts erreicht. Zur erfolgreichen Umsetzung bedarf
nicht zu spät, wenn wir sofort und auf allen lokalen,            es auf allen Ebenen ausreichender Mittel und darü-
nationalen, europäischen und internationalen bzw.                ber hinaus engagierter Personen im amtlichen und
globalen Ebenen jetzt damit beginnen.                            im ehrenamtlichen Bereich. Nur dann kann es gelin-
                                                                 gen, die Biologische Vielfalt zu erhalten und künfti-
Die 2021 anstehende Aktualisierung der 2016 wei-                 gen Generationen gute Perspektiven zu eröffnen.
terentwickelten Hessischen Biodiversitätsstrategie

            Umsetzungsstand der                                       Umsetzungsstand der
            100 (Teil-)Aktionen bzgl.                                 31 (Teil-)Aktionen bzgl.
            der Ziele I – X der HBS                                   des Ziels XI der HBS
            (Stand: Herbst 2017/Herbst 2018)                          (Stand: Herbst 2018)

     a vollständig umgesetzt; b in Bearbeitung (mit gepl. Abschlussdatum) c Umsetzung geplant – schwerpunktmäßig 16/17

     d Umsetzung geplant – schwerpunktmäßig 2018; e „Daueraufgabe“
20     Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

               Ziel I: Natura 2000
                                                                                  Kennzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 15

               Stopp der Verschlechterung der relevanten Natura 2000-Lebensräume und
               -Arten und Verbesserung des Erhaltungszustandes

     Erfassungssoftware für die                              Eingabefunktionalitäten für die HLBK ergänzt wurde.
     Hessische Lebensraum- und                               Eine integrierte Erfassung von Geo- und Sachdaten
                                                             wird durch den Ansatz komplettiert, dass die erfor-
     Biotopkartierung (HLBK)                                 derlichen Kartierungsgrundlagen über Web-Dienste
                                                             bereitgestellt werden können. Geplant ist, das
     Seit 2018 steht zur Erfassung der Ergebnisse der        QGIS-Plugin über die Auftragnehmer des HLNUG
     HLBK eine Software zur Verfügung, die betriebs-         hinaus auch für Dritte, also zum Beispiel für Auftrag-
     systemunabhängig und frei verfügbar ist. Anwen-         geber wie Regierungspräsidien oder Hessen-Mobil,
     derinnen und Anwender werden bei der Erfassung          zugänglich zu machen. Deren eigene Erfassungen
     der Kartierungsergebnisse nach den Anforderungen        würden künftig nach der HLBK-Methodik mit ein-
     der HLBK-Methodik durch qualitätssichernde Funk-        heitlichen Standards erhoben und verwaltet werden,
     tionen unterstützt. Entwickelt wurde die Software       sodass Naturschutzdaten zu Lebensräumen und Bio-
     als Erweiterung (englisch: plug in) für das frei ver-   topen untereinander vergleichbar werden.
     fügbare geografische Informationssystem QGIS in
     Zusammenarbeit mit der Firma geoSYS aus Berlin. In      ■ Autor: Ingo Pfisterer, Hessisches Landesamt
     QGIS steht ein breiter Funktionsumfang zum Erstel-
     len, Editieren und Verwalten von Vektor- und Ras-       Weiterlesen: QGIS, https://www.qgis.org
     terdaten bereit, der im Plugin um die spezifischen
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018         21

Große Pflanzenfresser im                             andere Tierarten. Der Kot bietet Nahrung für Insek-
                                                     ten und Vögel. Die Nutzung der alten Kopfweiden
Naturschutzgebiet Hammer Aue                         soll ergänzend belebt werden. Die Öffentlichkeits-
                                                     arbeit des Förderkreises verweist auf die kulturhis-
                                                     torische Bedeutung der Auen und präsentiert die
Brachgefallene Flächen, die früher als Feuchtgrün-   eindrucksvollen Weidetiere als Beispiel für erfolg-
land mit Kopfweiden genutzt wurden, sind heute       reiches Schützen durch angemessenes Nutzen.
teilweise eingezäunt und werden durch Weidetiere     Trägerin des Projektes Natur- und Kulturlandschafts-
des Auerrindprojekts des Freilichtlabors Lauresham   entwicklung in der Hammer Aue ist die Gemeinde
gepflegt. Der Förderkreis Große Pflanzenfresser      Groß-Rohrheim; Kooperationspartner sind: Förder-
kümmert sich ehrenamtlich um deren Versorgung.       kreis Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e. V.,
Beratend und an der Umzäunung durch die Ge-          Freilichtlabor Lauresham (UNESCO-Welterbestätte
meinde Groß-Rohrheim auch finanziell beteiligt war   Kloster Lorsch).
die Obere Naturschutzbehörde. Es ist vorgesehen,
die Zahl der Rinder und auch das Projektgebiet zu    ■ Autorin: Henriette Wache, RP Darmstadt
vergrößern. Die Rinderherde verdrängt Brombeeren
und Brennnessel. Klauenabdrücke im Auenlehm          Weiterlesen: www.auerrind.de /
schaffen Lebensräume für die Gelbbauchunke und       www.kloster-lorsch.de / www.megaherbivoren.de
22    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

     Sandmagerrasen und Streuobst
     im FFH-Gebiet

     Zusammen mit der unteren Naturschutzbehörde Ha-
     nau und dem Forstamt Hanau-Wolfgang wurden am
     Gailenberg, Teil des FFH-Gebietes 5819-303 Ameri-
     kafeld, Schindkaute und Gailenberg bei Steinheim,
     umfangreichere Maßnahmen durchgeführt. Dabei
     wurden die Grundstückseigentümer von Anbeginn
     in Konzeption und Umsetzung einbezogen. Vorran-
     gig galt es, die hier typischen Sandmagerrasen und
     Streuobstbestände zu erhalten oder wiederherzu-
     stellen. Großflächige Rodungen von Gehölzen und
     Verwaldungen machten die alten Nutzungsgrenzen
     sichtbar. Dabei verblieben abgestorbene Obst-
     bäume als wertvolle Strukturen für Vögel, Fleder-
     mäuse, Kleinsäuger, Reptilien und Insekten auf der
     Fläche. Stark verfilztes Grünland wurde tief gemäht,
     in Teilen gemulcht, um möglichst viel Biomasse zu
     entziehen und die Vegetationsdecke zu öffnen. Ge-
     meinsam mit Eigentümern wurden mehr als 80 Obst-
     bäume gepflanzt. Der alte Streuobstbestand konnte
     über mehrere Pflegeschnitte saniert werden. Eine
     dauerhafte Schafsbeweidung ist vorgesehen. Für die
     Bevölkerung hat der Gailenberg als Naherholungs-
     gebiet sich zu einer vielfältigeren, strukturierteren
     Landschaft mit deutlich mehr Erlebnisqualität ent-
     wickelt.

     ■ Autor: André Balke, RP Darmstadt
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018    23

■ 100 Prozent Mittelfristige
Maßnahmenpläne

Für den Regierungsbezirk Gießen wurden
die Mittelfristigen Maßnahmenpläne (MMP)
für rund 140 FFH-Gebiete innerhalb von
sieben Jahren erstellt und veröffentlicht. In
Oberer Naturschutzbehörde, Forstämtern
und Ämtern für den ländlichen Raum sind
rund 63 Personen für die MMP zuständig.

■ Autorin: Bianka Lauer, RP Gießen
24    Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018

              Ziel II: Hessen-Liste
                                                                               Kennzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 16

              Sicherung und Entwicklung von Arten und Lebensräumen, für die Hessen
              eine besondere Verantwortung hat

     Ressourcenschutz — Erfolgreiche                        über 3.000 Euro an den NABU Hessen. Im Biodi-
                                                            versitätsprojekt Mäuse für den Milan verbessert die
     Handy-Sammelaktion                                     NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe die Lebens-
                                                            bedingungen für den Rotmilan im Vogelsberg.
                                                            Während der Aktion konnten Geräte über Sammel-
                                                            boxen in den Supermärkten und nach zertifiziertem
                                                            Löschen der Daten einer Weiterverwendung oder
                                                            dem Recycling zugeführt werden.

                                                            ■ Autorin: Anne-Karin Walter, Hessisches
                                                            Umweltimisterium

                                                            Weiterlesen: https://bit.ly/1P0XUd3

                                                                ■ Was kann ich selber tun?
                                                                Vor dem Kauf eines neuen Handy gut
                                                                überlegen, ob das alte nicht weitergenutzt
                                                                werden kann, um Ressourcen zu schützen.
                                                                Weitere Anregungen finden Sie unter
                                                                www.sauberhaftes-hessen.de und in den
                                                                sozialen Netzwerken: www.fb.com/
     Millionen ungenutzter Handys haben sich in den             umwelthessen, www.instagram.com/
     vergangenen Jahren bundesweit in den Privat-               umwelthessen und www.twitter.com/
     haushalten angesammelt. Rund zwei Tonnen Gold,             umwelthessen.
     20 Tonnen Silber und 720 Tonnen Kupfer könnten
     daraus zurückgewonnen werden. Die Umweltkampa-
     gne Sauberhaftes Hessen warb gemeinsam mit den
     Kooperationspartnern REWE Region Mitte, der Deut-
     schen Telekom, dem NABU Hessen und Teqcycle
     Solution für das bewusste Einkaufen und das Recy-
     cling veralteter Handys. Dieser Ressourcenschutz ist
     mit geringem persönlichen Aufwand zu realisieren.
     Mehr als 3.200 gesammelte Handys im Aktionszeit-
     raum von acht Wochen waren die Grundlage für
     eine Spende des Hessischen Umweltministeriums
Hessischer Bio­diversitäts­bericht 2018        25

Hessens Bürgerinnen und                                   Von Artenhilfskonzepten,
Bürger in Aktion — Citizen-                               Maßnahmenblättern, Gebiets-
Science-Projekt Feuersalamander                           stammblättern und Beratern

Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Amphi-              Ein Teil der in Hessen regelmäßig brütenden Vogel-
bien- und Reptilienschutz in Hessen e. V. (AGAR)          arten sind ausgestorben (24), davon bedroht (36),
und der Justus-Liebig-Universität Gießen werden           stark gefährdet (6), gefährdet (16) oder auf der Vor-
seit 2015 jährlich alle hessischen Bürgerinnen und        warnliste der Roten Liste (23). Auch die überwiegend
Bürger aufgerufen, ihre Feuersalamanderfunde zu           schlechte Bewertung der Erhaltungszustände zeigt,
melden. Mit dem Feuersalamander-Meldenetz hat             dass es großer Anstrengungen bedarf, den Negativ-
das HLNUG ein weiteres erfolgreiches Bürgerwissen-        trend umzukehren. Die Staatliche Vogelschutzwarte
schaften- bzw. Citizien-Science-Projekt etabliert. Ziel   für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland hat seit
dieser Form der Beteiligung an wissenschaftlichen         2008 in Kooperation mit Gutachtern und Fachorni-
Projekten ist die Vergrößerung der Datengrundlage         thologen 25 Artenhilfskonzepte oder Artgutachten
und die Nutzung der damit verbundenen neuen Er-           erstellt. Die darin enthaltenen detaillierten Maß-
kenntnisse in der Forschung. Das Meldenetz doku-          nahmenvorschläge und oft GIS-basierten Gebiets-
mentiert die Verbreitung der Feuersalamander in           stammblätter (Kernvorkommen der Art) erlauben
Hessen (https://bit.ly/2W75LNn) und verbessert die        eine teils parzellenscharfe Umsetzung zur Verbes-
bedarfsgerechte Naturschutzarbeit. Gerade mit Blick       serung der Situation. Unterstützt werden Behörden,
auf den Salamanderpilz ist diese Datengrundlage           Verbände und Privatleuten durch fachkundige
ausgesprochen wertvoll. Auch Sie als Leserinnen           Artberater. Ergänzend gibt es für Hessenarten Maß-
und Leser sind jetzt gefragt: Melden Sie gesichtete       nahmenblätter, die allgemein verständlich beschrei-
Feuersalamander!                                          ben, was getan werden kann. Sie halten so wertvolle
                                                          Tipps für Behörden und Privatleute bereit.
■ Autor: Christian Geske, Hessisches Landes-
amt                                                       ■ Autor: Gerd Bauschmann, Staatliche Vogel-
                                                          schutzwarte
Melden und weiterlesen: https://bit.ly/2JVih0K
                                                          Weiterlesen: https://bit.ly/2EBd1v7
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