Münchner Nomenklatur III - AG CPC
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GYNÄKOLOGISCHE ZYTODIAGNOSTIK DER ZERVIX BERUF + POLITIK Gültigkeitsbeginn Münchner Nomenklatur III Anwendung der Münchner Nomenklatur III ab 1. Juli 2014 Jahresstatistik 2014 letztmalig H. Griesser1, K. Marquardt1, B. Jordan5, W. Kühn3, K. Neis2, H. H. nach Münchner Nomenklatur II Neumann4, R. Bollmann7, B. Pöschel8, M. Steiner6, U. Schenck1 (im Hinblick auf die Abwärts kompatibilität von München III Eine Aktualisierung der in Deutschland für die gynäkologische auf München II ohne Schwierig Zytodiagnostik gebräuchlichen Münchner Nomenklatur II war keit möglich) wegen neuer Erkenntnisse zur Tumorbiologie des Zervixkarzi- Jahresstatistik ab 2015 voll noms, des gestiegenen Anspruchs an die Sensitivität sowie für ständig gemäß der Gruppenein eine verbesserte statistische Auswertung und internationale teilung in der Münchner Nomen Übersetzbarkeit erforderlich. Vertreter der an der zytologischen klatur III Diagnostik beteiligten Fachgesellschaften haben daher in Ab- stimmung mit den Berufsverbänden die Münchner Nomenklatur III für die gynäkologische Zytodiagnostik der Zervix erarbeitet. entsprechenden Berufsverbänden eine Überarbeitung der Münchner Seit 1990 ist die Münchner Nomen der Abstrichdiagnostik von Neopla Nomenklatur vorgenommen. Diese klatur II das in der Bundesrepublik sien des Zervixdrüsenepithels und – wird hier als Münchner Nomenklatur Deutschland gebräuchliche Schema bei stark gesunkener Karzinominzi III vorgestellt. einer einheitlichen Befundwiedergabe denz – ein gestiegener Anspruch an für die gynäkologische Abstrichzyto die Sensitivität für die Erfassung po Ziele und Methoden logie der Zervix (1). Verschiedene, tenzieller Karzinomvorstufen entstan mit römischen Zahlen versehene Be den. Unter dem Einfluss ausländischer In einer Koordinationskonferenz für fundkategorien spiegeln darin das Studien nahm das Bedürfnis zu, auch Zytologie haben Vertreter der betei Risiko wider, mit dem sich ein Zervix unklare Veränderungen, die weder si ligten Fachgesellschaften (Deutsche karzinom entwickeln kann oder wei cher als reaktiv eingestuft werden Gesellschaft für Zytologie, Deutsche sen darauf hin, dass es bereits vor können noch der Definition einer Dys Gesellschaft für Gynäkologie und Ge liegt. Die Anwendung dieses Befund plasie entsprechen, innerhalb einer burtshilfe sowie deren Arbeitsgemein schemas ist für die zytologischen eigenen Kategorie als Risikogruppe schaft Zervixpathologie und Kolpos Untersuchungen gesetzlich kranken mitzuteilen. Diese wird oft außerhalb kopie, Arbeitsgemeinschaft für Zyto versicherter Frauen laut Qualitäts des bestehenden Systems (z. B. als pathologie der Deutschen Gesell sicherungs-Vereinbarung Pflicht (2). IIW oder IIK) geführt, allerdings oh schaft für Pathologie) in Abstimmung ne dass hierfür eine klare Definition mit Vertretern der Berufsverbände In den letzten Jahrzehnten sind neue gegeben ist oder eine statistische (Arbeitsgemeinschaft zytologisch tä Erkenntnisse zur Tumorbiologie des Erfassung vorgesehen wäre. Zudem tiger Ärzte in Deutschland, Berufsver Zervixkarzinoms, ein größeres Be bestehen international unterschied band der Frauenärzte, Bundesverband wusstsein für die Schwierigkeiten in liche Klassifikationen, die eine Ver Deutscher Pathologen, Berufsverband gleichbarkeit der Befundkategorien zytologisch tätiger Akademiker verhindern und die Übertragbarkeit Deutschland) in mehreren Sitzungen 1 eutsche Gesellschaft für Zyto D von Studienergebnissen erheblich eine aktualisierte Fassung der Münch logie 2 Deutsche Gesellschaft für Gynäko einschränken. Nach Mehrheitsmei ner Nomenklatur verabschiedet. Durch logie und Geburtshilfe nung der Autoren der European diese Aktualisierung soll die Patien 3 Arbeitsgemeinschaft Zervixpatho Guidelines for Quality Assurance in tenversorgung verbessert werden. Die logie und Kolposkopie Cervical Cancer Screening sollten na Auswertbarkeit der Befunde sowohl 4 Deutsche Gesellschaft für Patho tionale Befundschemata für die gynä laborintern als auch für die Jahres logie, Arbeitsgemeinschaft für kologische Zytologie ins Bethesda- statistiken im Rahmen der Qualitäts Zytopathologie System übersetzbar sein (3, 4), ver sicherungs-Vereinbarung in den Bun 5 Arbeitsgemeinschaft zytologisch pflichtende Vorgaben gibt es nicht. desländern und national soll einheit tätiger Ärzte in Deutschland licher und besser, die Übersetzbarkeit 6 Berufsverband der Frauenärzte 7 Bundesverband Deutscher Patho Angesichts dieser Entwicklungen und in die Terminologie anderer Länder, neuen Herausforderungen haben die insbesondere in das Bethesda-Sys logen 8 Berufsverband zytologisch tätiger an der zytologischen Diagnostik be tem, gewährleistet und damit die Akademiker Deutschland teiligten medizinischen Fachgesell internationale Publizierbarkeit von in schaften im Einvernehmen mit den Deutschland erhobenen Daten ermög 1042 FRAUENARZT 54 (2013) Nr. 11
BERUF + POLITIK Münchner Nomenklatur III für die gynäkologische Zytodiagnostik der Zervix Korrelat im Gruppe Definition Bethesda-System 0 Unzureichendes Material → Abstrich-Wiederholung Unsatisfactory for evaluation I Unauffällige und unverdächtige Befunde → Abstrich im Vorsorgeintervall NILM II-a Unauffällige Befunde bei auffälliger Anamnese NILM → ggf. zytologische Kontrolle wegen auffälliger Anamnese (zytologischer/histologischer/kolposkopischer/ klinischer Befund) II Befunde mit eingeschränkt protektivem Wert II-p Plattenepithelzellen mit geringergradigen Kernveränderungen als bei CIN 1, auch mit koilozytärem ASC-US Zytoplasma/Parakeratose → ggf. zytologische Kontrolle unter Berücksichtigung von Anamnese und klinischem Befund (evtl. nach Entzündungsbehandlung und/oder hormoneller Aufhellung; in besonderen Fällen additive Methoden und/oder Kolposkopie) II-g Zervikale Drüsenzellen mit Anomalien, die über das Spektrum reaktiver Veränderungen hinausreichen AGC endocervical NOS → ggf. zytologische Kontrolle in Abhängigkeit von Anamnese und klinischem Befund (evtl. nach Entzündungsbehandlung; in besonderen Fällen additive Methoden und/oder Kolposkopie) II-e Endometriumzellen bei Frauen > 40. Lebensjahr in der zweiten Zyklushälfte → Klinische Kontrolle unter Endometrial cells Berücksichtigung von Anamnese und klinischem Befund III Unklare bzw. zweifelhafte Befunde III-p CIN 2/3/Plattenepithelkarzinom nicht auszuschließen → Differenzialkolposkopie, ggf. additive Methoden, ASC-H evtl. kurzfristige zytologische Kontrolle nach Entzündungsbehandlung und/oder hormoneller Aufhellung III-g Ausgeprägte Atypien des Drüsenepithels, Adenocarcinoma in situ/invasives Adenokarzinom nicht aus AGC endocervical favor zuschließen → Differenzialkolposkopie, ggf. additive Methoden neoplastic III-e Abnorme endometriale Zellen (insbesondere postmenopausal) → Weiterführende klinische Diagnostik, AGC endometrial ggf. mit histologischer Klärung III-x Zweifelhafte Drüsenzellen ungewissen Ursprungs → Weiterführende Diagnostik (z. B. fraktionierte Abra- AGC favor neoplastic sio; ggf. additive Methoden/Differenzialkolposkopie) IIID Dysplasie-Befunde mit größerer Regressionsneigung IIID1 Zellbild einer leichten Dysplasie analog CIN 1 → Zytologische Kontrolle in 6 Monaten, bei Persistenz LSIL > 1 Jahr: ggf. additive Methoden/Differenzialkolposkopie IIID2 Zellbild einer mäßigen Dysplasie analog CIN 2 → Zytologische Kontrolle in 3 Monaten, bei Persistenz HSIL > 6 Monate: Differenzialkolposkopie, ggf. additive Methoden IV Unmittelbare Vorstadien des Zervixkarzinoms Differenzialkolposkopie und Therapie IVa-p Zellbild einer schweren Dysplasie/eines Carcinoma in situ analog CIN 3 HSIL IVa-g Zellbild eines Adenocarcinoma in situ AIS IVb-p Zellbild einer CIN 3, Invasion nicht auszuschließen HSIL with features suspicious for invasion IVb-g Zellbild eines Adenocarcinoma in situ, Invasion nicht auszuschließen AIS with features suspicious for invasion V Malignome → Weiterführende Diagnostik mit Histologie und Therapie V-p Plattenepithelkarzinom Squamous cell carcinoma V-g Endozervikales Adenokarzinom Endocervical adeno carcinoma V-e Endometriales Adenokarzinom Endometrial adeno carcinoma V-x Andere Malignome, auch unklaren Ursprungs Other malignant neoplasms NILM = negative for intraepithelial lesion or malignancy CIN 1/2/3 = Cervikale Intraepitheliale Neoplasie Grad 1/2/3 ASC-US = atypical squamous cells of undetermined significance AGC endocervical NOS = atypical glandular endocervical cells not otherwise specified ASC-H = atypical squamous cells of undetermined significance cannot exclude HSIL AGC endocervical, favor neoplastic = atypical glandular endocervical cells favor neoplastic AGC endometrial: Atypical glandular endometrial cells AGC favor neoplastic = atypical glandular cells favor neoplastic LSIL = low-grade squamous intraepithelial lesion HSIL = high-grade squamous intraepithelial lesion AIS = Adenocarcinoma in situ Tab. 1: Darstellung der Münchner Nomenklatur III mit Hauptgruppen (in Fettdruck), Untergruppen mit den zugehörigen Definitionen und den korrelierenden Begriffen des Bethesda-Systems 2001. Die den Befundgruppen beigefügten allgemein gehaltenen Empfehlungen (kursiv) sind ebenfalls im Konsens der beteiligten Fachgesellschaften und Berufsverbände vereinbart worden, eine ausführliche evidenzbasierte Leitlinie für Deutschland wird zurzeit erarbeitet. FRAUENARZT 54 (2013) Nr. 11 1043
licht werden. Dabei galt es zu berück wegen eines unklaren Befundes ein in andere Klassifikationen mit zwei BERUF + POLITIK sichtigen, dass die Münchner Nomen bestellt werden müssen, beurteilen stufiger Dysplasiegrad-Einteilung ge klatur III für zytologisch tätige Ärzte ihr Risiko, an Gebärmutterhalskrebs währleistet. Die leichte Dysplasie und qualifiziertes Assistenzpersonal zu erkranken, als sehr hoch (10). Die wird demnach in IIID1 (LSIL) und die einfach zu handhaben, für die behan psychischen Belastungen gleichen mäßiggradige Dysplasie in IIID2 sub delnden Frauenärzte eindeutig in der denen tatsächlich erkrankter Frauen. gruppiert. Die Beibehaltung der über Aussage und für die Labor-EDV prob Deshalb soll ein Screening-Test ver geordneten Gruppenbezeichnung lemlos umsetzbar ist. lässlich sein – nicht nur möglichst (IIID) beugt einer Übertherapie der wenig falsch negative, sondern auch jenigen rückbildungsfähigen mäßig Ausgangsbedingungen wenig falsch positive Ergebnisse er gradigen Dysplasien vor, die, wie die für die Überarbeitung bringen. Mehrzahl leichter Dysplasien, HPV- assoziierten Epithelveränderungen In Deutschland werden pro Jahr Zer Die Zytologie besitzt einen hohen ohne kanzerogenes Potenzial ent vixabstriche von mehr als 15 Millio positiven Prädiktionswert, sodass bei sprechen. Unverändert bleiben die nen Frauen untersucht und die Be einer niedrigen Rate positiver Befun Gruppen IVa, IVb und V bestehen, funde nach der Münchner Nomenkla de eine hohe Treffsicherheit für die jeweils mit dem Suffix „-p“ zur Un tur II an die einsendenden Ärzte und Zielläsion zervikale intraepitheliale terscheidung von den glandulären Frauen übermittelt. Die Effizienz der Neoplasie (CIN) erreicht wird. Proble Neoplasien („-g“). jährlich angebotenen Vorsorgezyto matisch kann die Beurteilung gerin logie wird durch die kontinuierliche gergradiger Zellveränderungen sein. Plattenepitheliale Veränderungen, die Abnahme der Neuerkrankungsrate nicht sicher einem Karzinom oder ei dokumentiert: Von 1971 bis 2008 Inhalte der Überarbeitung ner dysplastischen Läsion zugeordnet konnte die Inzidenz von 40 auf 9,5 werden können, wurden in der pro 100.000 Frauen gesenkt werden In der Münchner Nomenklatur III Münchner Nomenklatur II entweder (5, 6). Für 2012 wurden vom Robert (s. Tab. 1 auf S. 1043) werden durch der Gruppe II zugeordnet und somit Koch-Institut 4.600 Neuerkrankun neue Unterkategorien in den Gruppen statistisch nicht von reaktiven/ent gen (9,0/100.000 Frauen) erwartet II und III unklare zytologische Be zündlichen Läsionen getrennt, oder (6). Im weltweiten Vergleich ist die funde definiert und somit statistisch in der Gruppe III untergebracht, die Inzidenzrate 2008 für Deutschland erfassbar. In der Gruppe IIID finden nur Veränderungen berücksichtigt, altersstandardisiert mit 6,9 angege sich die leichte und die mäßige Dys bei denen ein Karzinom nicht ausge ben worden (7). Die Restinzidenz plasie getrennt aufgeführt, um deren schlossen werden kann. Die neue wird zu 60 % von den Nicht-Teilneh Unterschiede in der Tumorbiologie Subgruppe II-p erfasst den Nachweis merinnen verursacht (8). Mit 2,2 % widerzuspiegeln. reifer Plattenepithelien mit Verände aller Krebsneuerkrankungen bei Frau rungen, die nicht alle Kriterien einer en gehört das Zervixkarzinom heute Plattenepitheliale Läsionen leichten Dysplasie erfüllen. Zeichen zu den seltenen Organkrebsen in In der Münchner Nomenklatur II wur einer HPV-Infektion können vorhan Deutschland (6). den leichte und mäßige Dysplasien den sein. Entzündliche, artefizielle zusammengefasst (1), im Gegensatz oder hormonell bedingte Epithelver Maßnahmen zur gynäkologischen zur Bethesda-Nomenklatur (4), die änderungen sind nicht Bestandteil Krebsvorsorge können die Lebensqua mäßiggradige und schwere Dyspla dieser Subgruppe (15), sodass die lität beeinflussen, indem sie eine sien/Carcinomata in situ als High- Fallzahlen in der Gruppe II-p im Auseinandersetzung mit dem Thema grade Squamous Intraepithelial Le Screening deutlich niedriger sein Krankheit und dadurch möglicher sion (HSIL) kategorisiert. Weniger als sollten als in der Gruppe IIID1. Das weise Ängste auslösen. Dies kann zur die Hälfte der zytologisch diagnosti Risiko, eine CIN 3+-Läsion zu entwi Ablehnung von Vorsorgeuntersuchun zierten mäßiggradigen Dysplasien ckeln, ist geringfügig erhöht und gen führen. Die meisten und die pro erweisen sich jedoch in der Nachbe erreicht bei gleichzeitig nachgewie gnostisch ungünstigen Zervixkarzino obachtung als hochgradige Dysplasie. sener Hochrisiko-HPV-Infektion nach me treten bei Frauen auf, die über Daher erscheint eine getrennte Kate fünf Jahren 6–7 % (16, 17). Ohne mehrere Jahre nicht am Screening gorisierung der zytologischen Dys Berücksichtigung der Kategorie II-p, teilgenommen haben (8). plasie-Schweregrade in drei Stufen, also bei Fehleinschätzung der Epi analog zur histologischen Einteilung thelveränderungen als reaktiv oder Zervixdysplasien sind für die Patien der CIN, sinnvoll (11–14). Damit wird bei Überbewertung von entzünd tinnen belastend (9), besonders we die Sonderstellung der mäßigen Dys lichen Epithelanomalien als zur Grup gen der meistens notwendigen Beob plasie hinsichtlich Verlauf und Nach pe II-p gehörig, wären Korrektheit achtungsdauer und mehrfacher Kon beobachtungsverfahren berücksich und Sensitivität der Zytologie beein trolluntersuchungen. Frauen, die tigt, gleichzeitig die Übersetzbarkeit trächtigt. 1044 FRAUENARZT 54 (2013) Nr. 11
Die Subkategorie III-p der Münchner BERUF + POLITIK Nomenklatur III wird vergeben, wenn unreife Plattenepithelien mit Kernver änderungen nachweisbar sind, auf Grund derer eine CIN 2-, CIN 3-Läsion oder ein Plattenepithelkarzinom nicht ausgeschlossen werden kann. Die Häufigkeit liegt bei Screening-Unter suchungen in der Literatur unter 0,3 % (18, 19). In der Gruppe III-p finden sich insbesondere bei prämenopau salen Frauen in mehr als 30 % CIN 3+-Läsionen (20), das Risiko ent spricht somit dem bei zytologisch diagnostizierter mäßiger Dysplasie (21). Abb. 1: Gynäkologisches Abstrichpräparat einer 36-jährigen Patientin mit dem zyto- Drüsenepitheliale Läsionen logischen Bild eines Adenocarcinoma in situ: Gruppe IVa-g der Münchner Nomenklatur III Die Inzidenz der endozervikalen Ade (Papanicolaou, × 400). nokarzinome ist im Gegensatz zu der von Plattenepithelneoplasien der nocarcinoma in situ (AIS) erreichen. Präparatequalität Zervix in den letzten Jahrzehnten Etwa ein Viertel dieser Fälle sind Eine Qualitätsbewertung des zyto auch nach Einführung der Vorsorge hochgradige glanduläre Läsionen logischen Präparats hinsichtlich der zytologie nicht gesunken (22). Der (AIS, invasives Adenokarzinom) und Eignung, epitheliale Läsionen zu Einsatz der Abstrichbürste hat die etwa die Hälfte hochgradige Platten diagnostizieren, ist unbedingt erfor Erfassung glandulärer Läsionen ver epithelläsionen (24). Das zytologisch derlich. Jedoch wird ihre Reprodu bessert, die Kategorisierung der po charakteristische Bild eines AIS zierbarkeit als schlecht angesehen tenziell neoplastischen drüsigen Epi (s. Abb. 1) wird in der Subgruppe (27, 28). thelveränderungen trägt zu einer IVa-g erfasst oder bei Verdacht auf erhöhten Sensitivität für die Erken ein bereits invasives Tumorwachstum Eine unzureichende Präparatequalität nung von drüsigen Zervixneoplasien in die Gruppe IVb-g subsummiert. ist auch in der Münchner Nomenkla bei. Daher ist die Etablierung ent Sollte der Verdacht auf ein extraute tur III mit Angabe der Gründe als sprechender Untergruppen in den rines Adenokarzinom bestehen (z. B. Gruppe 0 zu klassifizieren. Die Ein Gruppen II und III sinnvoll. Insge Ovarialkarzinom), wird der Befund in ordnung in die Gruppen I bis V doku samt sollten die abnormen drüsen die Gruppe III-x eingeordnet und die mentiert die Brauchbarkeit des Prä epithelialen Veränderungen in weni mögliche Herkunft der auffälligen Zel parats. Einschränkungen der Beurteil ger als 0,3 % der Ausstrichbefunde len im Befundtext festgehalten. barkeit müssen benannt werden: zu vorkommen, es verbergen sich dahin wenig Zellmaterial, unzureichende ter etwa 30 % hochgradige Läsionen Das zytologische Screening gilt der Fixierung, ausgedehnte artefizielle des Platten- und seltener des endo Prävention des Zervixkarzinoms, fin oder schwere degenerative Zellverän zervikalen Drüsenepithels, in etwa det jedoch auch Endometriumkarzi derungen, starke Zellüberlagerung 5 % invasive Karzinome (23). nome. Dabei ist die Gruppe III-e für durch Epithelzellen, Leukozyten oder die Fälle vorgesehen, die nicht be Erythrozyten. In der Untergruppe II-g werden Drü reits zytologische Kriterien eines senepithelveränderungen aufgeführt, Endometriumkarzinoms (und damit Das Vorhandensein oder Fehlen von die über das übliche Spektrum ent der Gruppe V-e) erfüllen. Auch regel Drüsenzellen und/oder Metaplasie zündlicher/reaktiver Veränderungen rechte Endometriumzellen bei über zellen ist bei allen Frauen mit einer hinausgehen, aber nicht mit Wahr 40-jährigen Frauen außerhalb der Zervix anzugeben. Das Fehlen dieser scheinlichkeit als neoplastisch einge ersten Zyklushälfte können auf eine Zellen der Transformationszone er stuft werden können. Etwa ein Drittel Läsion im Corpus uteri hinweisen laubt jedoch nicht die Klassifizierung dieser Fälle erweist sich im Verlauf als (25) und werden in die Gruppe II-e des Präparats als nicht ausreichend, hochgradige Läsion, meist des Plat eingeordnet. Erst wenn endometriale für diese Schlussfolgerung fehlt die tenepithels (24). In der Untergruppe Drüsenzellen postmenopausal exfoli Evidenz (29–31). Daher ist eine Ab III-g sind ausgeprägte Drüsenepithel iert werden, ist die Rate an Endo strich-Wiederholung allein wegen veränderungen zusammengefasst, die metriumneoplasien mit etwa 10 % fehlender „endozervikaler“ Zellen nicht ganz die Qualität eines Ade deutlich erhöht (26). nicht indiziert. Präparate mit Zell 1046 FRAUENARZT 54 (2013) Nr. 11
atypien können nicht als Gruppe 0 können die Patientin durch nachfol dächtigen Befund und wird wieder BERUF + POLITIK klassifiziert werden. gende Untertherapie oder Überthera zur häufigsten Befundgruppe. Die pie gefährden. Die Münchner Nomen Gruppe II, Befunde mit einge Auswirkungen der klatur III kann durch den Gebrauch schränkt protektivem Wert, ist nicht Nomenklatur-Überarbeitung der „neuen“ sehr restriktiv definier mit Sicherheit als unverdächtig zu ten Gruppe II und eine genauere De bewerten und kann mit einer Kon Eine – verglichen mit der Münchner finition der Gruppe III falsch nega trollempfehlung verbunden sein. Dies Nomenklatur II – vereinfachte Kom tive Befunde vermeiden. Falsch posi ist entweder begründet durch den munikation zwischen den Anwendern tive Befunde (vor allem an der Gren zytologischen Befund oder durch in der zytologischen Einrichtung und ze zur leichten Dysplasie) sollten anamnestische Angaben, wie zum den Frauenärzten in Praxis und Klinik durch die Möglichkeit der Einordnung Beispiel einen vorangegangenen auf und eine genauere statistische Er in die Gruppe II-p seltener werden. fälligen Abstrichbefund. Das Risiko fassbarkeit wird die Patientenversor Auch die getrennte Zuordnung in für das Vorliegen einer unmittelbaren gung verbessern. Die neue Klassifi Gruppe IIID1 und IIID2 kann eine Krebsvorstufe ist in der Gruppe IIID zierung mit Trennung der Gruppen I Qualitätsverbesserung hinsichtlich und III erhöht, jedoch erst die Be und II, durch Suffixe gekennzeichne der Korrelation Zytologie – Histologie funde der Gruppe IV indizieren un te Untergruppen und mit Unterschei bewirken. mittelbare Vorstadien des Zervixkar dung der Gruppen IIID1 und IIID2 zinoms. Ein Sonderfall ist die Gruppe präzisiert den zytologischen Befund In Kenntnis der durch die Münchner IVb, bei der ein invasives Karzinom und schafft eine Transparenz, die es Nomenklatur III standardisierten zy wachstum aufgrund des zytologi dem Gynäkologen ermöglicht, der tologischen Befunde, des Fehlerspek schen Bildes zu bedenken, aber nicht Patientin das mit den Zellveränderun trums der Methoden und unter Be sicher ist. Diese Subgruppe ist vor gen verbundene Risiko verständlich rücksichtigung von Empfehlungen allem bei Schwangeren von Bedeu zu machen und ihre Ängste zu redu zum Prozedere ist eine gute Patien tung. Ab Gruppe II werden die je zieren. Das gestärkte Vertrauensver tenbetreuung zu erreichen. weils betroffenen Epitheltypen durch hältnis zwischen Patientin und Arzt einen Zusatz zur Gruppenbezeich vermeidet Verunsicherungen, die zu Durch die Verwendung von drei Gra nung spezifiziert („-p“ für plattenepi Arztwechsel, Mehrfachuntersuchun den intraepithelialer Veränderungen thelial, „-g“ für Zervixdrüsenepithel, gen und komplikationsbelasteten des Plattenepithels (IIID1, IIID2 und und „-e“ für endometrial, bei Gruppe Übertherapien führen. IVa) und durch Einführung von Sub V zusätzlich mit „-x“ für die übrigen gruppen in der Münchner Nomenkla epithelialen und nichtepithelialen Während der Einsatz der Kolposkopie tur III ist die Übersetzbarkeit in das Malignome). Die Rubriken A (Qualität als Screening-Methode nicht sinnvoll Bethesda-System sichergestellt, da des Abstrichs), B (Proliferationsgrad) ist (32), kann eine Differenzialkolpo bei wird die Darstellungskonstanz mit und C (Mikroorganismen) werden bei skopie bei zytologischen Auffällig der bisher in Deutschland verwende behalten. keiten die Läsionen lokalisieren (ek ten Klassifikation erhalten. Erstmals to-/endozervikal versus vaginal), werden Daten aus Deutschland mit Die textliche Beschreibung und/oder ihre Ausdehnung feststellen und internationalen Studienergebnissen Wertung aller zytologischen Befunde zwischen „minor changes“ und „ma vergleichbar sein. bleibt wie in der Münchner Nomen jor changes“ unterscheiden (33). klatur II obligatorisch. In diesem Insbesondere bei unklaren zytologi Schlussfolgerung Zusammenhang ist darauf hinzuwei schen Befunden und bei persistieren sen, dass der zytologische Abstrich den Läsionen kann die Kolposkopie Die Münchner Nomenklatur bleibt befund kein „Testergebnis“ ist, son das Risiko verringern, ein invasives grundlegend erhalten und ist in ihrer dern eine ärztliche diagnostische Karzinom zu übersehen. Die Exzision überarbeiteten Fassung dennoch Leistung vergleichbar mit dem Be therapiebedürftiger Läsionen sollte vollständig übersetzbar in das Be fund einer feingeweblichen Analyse. wegen des Frühgeburtsrisikos (35) thesda-System 2001. Durch die klare gewebsschonend unter kolposkopi Zuordnung der leichten und mäßigen Zusammenfassend ist festzustellen, scher Sicht erfolgen (33). Dysplasien zu Gruppe IIID1 bzw. dass nach der Münchner Nomenklatur IIID2 ist die Kompatibilität sowohl III bei erhaltener Gruppeneinteilung Diskrepante zytologische und histo mit dreigliedrigen (zum Beispiel der eine der morphologischen Variations logische Diagnosen werden durch momentan gültigen WHO-Einteilung breite entsprechende und statistisch Probleme bei der Materialerfassung der zervikalen intraepithelialen Neo erfassbare Untergliederung vorgenom und bei der Interpretation der Befun plasie) als auch mit zweigliedrigen men wird, wie sie bisher lediglich in de durch Gynäkologen, Zytologen und Dysplasieeinteilungen gegeben. Die der Klartextformulierung des Zytolo Pathologen verursacht (35–37) und Gruppe I entspricht einem unver giebefundes enthalten ist. Labor FRAUENARZT 54 (2013) Nr. 11 1047
a valid diagnostic/interpretive category. conventional cervicovaginal smears. Am J spezifische, nicht klar definierte Sub BERUF + POLITIK Diagn Cytopathol. 37 (2009) 81–85. Clin Pathol 119 (2003) 367–373. gruppenbildungen werden damit 14. Guedes AC, Zeferino LC, Syrjänen KJ 29. Birdsong GG: Pap smear adequacy: is our überflüssig. Dies, ebenso wie die et al.: Short-term outcome of cervical understanding satisfactory... or limited? intraepithelial neoplasia grade 2: Con Diagn Cytopathol 24 (2001) 79–81. Kategorisierung von mehr als 95 % siderations or management strategies and 30. Bos AB, van Ballegooijen M, van den der Abstrichbefunde als Gruppe I, reproducibility of diagnosis. Anticancer Akker-van Marle E et al.: Endocervical Res 30 (2010) 2319–2324. status is not predictive of the incidence sollte zur Verminderung von Unsicher 15. 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