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6 Nachhaltigkeitsrecht 1, 6–13 (2021) NR 2021 Heft 1
https://doi.org/10.33196/nr202101000601
NR 2021, 6
FORUM
Nachhaltigkeit
Zentrales Anliegen des Klimaschutzministeriums
Das Klimaschutzministerium hat im ersten Jahr ein Rekordbudget für den Klimaschutz
sichergestellt. Alten, fossilen Heizungen wurde der Kampf angesagt und eine Förderung
für saubere Heizungssysteme auf den Weg gebracht. Anhand eines neuen Rahmen-
plans für die Bahn wird die Bahninfrastruktur ausgebaut und so der Umstieg auf klima-
freundliche Fortbewegungsmittel erleichtert. Zusätzlich soll es mit dem EAG gelingen,
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eine Million Dächer mit Photovoltaik-Anlagen auszustatten und den wichtigen Ausbau
der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Es ist jetzt an der Zeit, mit vielen Initiativen
und Maßnahmen die Weichen für eine klimaneutrale Zukunft zu stellen: Mit Nachhaltig-
keitsrecht zur österreichischen Klimaneutralität 2040.
Von Leonore Gewessler
© Verlag Österreich 2021
Verlag ÖsterreichNR 2021 Heft 1 Gewessler, Nachhaltigkeit 7
D
ie Klimakrise ist für uns alle spürbar: Im weltpolitische Maßnahmen fußen. Von Kritikerinnen
Sommer sind die Wiesen und Felder so und Kritikern wird oft ins Treffen geführt, dass Maß-
trocken, dass man sich kaum vorstellen nahmen zum Klimaschutz teuer und ineffizient wä-
kann, wo hier unsere Ernte wächst. Die ren. Außer Acht gelassen werden dabei die enor-
Sommernächte werden immer öfter so heiß wer- men Chancen, die durch die Klima-, Verkehrs- und
den, dass erholsamer Schlaf nur bedingt mög- Energiewende möglich sind. Allein die vielfältigen
lich ist. Wir spüren die drohende Klimakrise auch Beschäftigungsmöglichkeiten, aber auch Aus- und
wenn es um die Schäden an unserer Natur geht Weiterbildungschancen, die sich durch den Klima-
und sehen sie bei Hochwasser, Murenabgängen schutz hierzulande ergeben, zeigen, dass die vie-
und extremen Stürmen. Von Jahr zu Jahr spüren len auf den Weg gebrachten Klimaschutzmilliarden
wir die Folgen der Klimakrise immer stärker. Damit ein wichtiger und zentraler Hebel sind, um den
die Klimakrise nicht zur Katastrophe wird, sind vie- Wiederaufbau nach der Krise nachhaltig zu gestal-
le Maßnahmen und entsprechende Gesetze ent- ten. Denn Klimaschutz ist der absolute Job- und
scheidend. Wirtschaftsmotor.
Mit der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“
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wurden im Jahr 2015 durch die Generalversamm- Klimaneutralität bis 2040
lung der Vereinten Nationen die 17 Sustainable
Development Goals (SDGs) verabschiedet. Klima- Aktuelle Daten zu den Treibhausgasemissionen
schutz bzw Climate Action ist dabei ein übergrei- unterstreichen den notwendigen Handlungsbe-
fendes Nachhaltigkeitsziel und korreliert vielfach darf in Sachen Klimaschutz. Auch wenn 2018 die
mit anderen wichtigen SDGs. Mit dem Überein- Treibhausgasemissionen in Österreich im Vergleich
kommen von Paris von 2015 hat Nachhaltigkeit und zum Jahr 2017 leicht zurückgegangen sind, ist für
Klimaschutz zusätzlich an politischem Gewicht ge- 2019 mit einem erneuten Anstieg zu rechnen. An-
wonnen. gesichts der Corona-Krise ist von einem leichten
Nachhaltigkeit kann dabei nur durch ein Zusam- Rückgang für 2020 auszugehen. Aber Krise ersetzt
menwirken auf allen Ebenen effektiv umgesetzt keine Klimapolitik! Es sind weiterhin ambitionierte
werden. Im Umwelt- und Abfallbereich etwa, um klimapolitische Maßnahmen für die Erreichung der
eines von vielen Beispielen hervorzuheben, kön- Nachhaltigkeitsziele und der Klimaneutralität Ös-
„
nen beispielsweise Maßnahmen auf internationaler, terreichs bis 2040 erforderlich.
nationaler und kommunaler Ebene zur Reduktion
der Einwegkunststoffprodukte genannt werden. Gerade im Verkehrsbereich, dem großen
Auf EU-Ebene wurden durch die Einwegkunst-
Sorgenkind beim Klimaschutz, steigen die
stoff-Richtlinie sowohl Verbote für bestimmte Ein-
wegkunststoffprodukte vorgesehen als auch ein CO2-Emissionen weiterhin an.
Rahmen für die Mitgliedstaaten gesetzt, um Maß-
nahmen zur Erreichung der Reduktionsziele der Gerade im Verkehrsbereich, dem großen Sorgen-
Richtlinie umzusetzen. Daneben werden auf kom- kind beim Klimaschutz, steigen die CO2-Emissio-
munaler Ebene erfolgreiche Projekte zur Reduktion nen weiterhin an. Deshalb gilt es: Vermeiden – Ver-
von Kunststoffen wie zum Beispiel „Plastikfreie Ge- lagern – Verbessern. Mit einem historisch noch nie
meinde“ umgesetzt. dagewesenen Rahmenplan für die Bahn kann die
Auch im aktuellen Regierungsprogramm 2020– Bahninfrastruktur weiter ausgebaut und so der Um-
2024 nehmen Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine stieg auf klimafreundliche Fortbewegungsmittel
tragende Rolle ein. Der Begriff wird über einhun- erleichtert werden. Mit dem 1-2-3 Klimaticket wird
dert Mal verwendet und findet sich in allen Kapiteln es bereits 2021 möglich sein, mit einem Ticket alle
wieder – die Wichtigkeit des Themas für die Bun- öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, und das ös-
desregierung offenbart sich hier deutlich. terreichweit.
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Im Kampf gegen die Klimakrise und zur Erreichung Im Energiebereich und für eine nachhaltige Ener-
der Klimaneutralität für Österreich im Jahr 2040 giegewinnung ist das Erneuerbaren-Ausbau-Ge-
brauchen wir den vollen Instrumentenkoffer. Dabei setz (EAG) von wesentlicher Bedeutung. Als das
ist das Recht als Instrument zur Umsetzung politi- größte Gesetzespaket in diesem Bereich seit Jahr-
scher Ziele ein zentraler Bestandteil und sorgt für zehnten wird es die Rahmenbedingungen für den
das notwendige Gerüst, auf dem klima- und um- Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich
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schaffen. Es ist das Gesetz für die Energiewende, vom 14. Oktober 2020 war eine Beschwerde der
stellt die Weichen für 100 % sauberen Strom aus Er- Umweltorganisation Client Earth vor dem Einhal-
neuerbaren für Österreich und ist damit ein wesent- tungsausschuss der UNECE Aarhus-Konvention
liches Werkzeug auf dem Weg zur Klimaneutralität. vorangegangen. Der Einhaltungsausschuss hatte
Zudem ist es wesentlich, die Energieeffizienz zu befunden, dass der Gerichtszugang auf europä
erhöhen. Dahingehend wird im Klimaschutzmi- ischer Ebene im Hinblick auf die Anfechtung von
nisterium gegenwärtig an einem neuen Energie- Umweltrechtsakten durch Umwelt organisationen
effizienzgesetz gearbeitet, um die Erreichung der nicht ausreiche.
ambitionierten Energie- und Klimaziele sicherzu- Der Kommissionsvorschlag sieht nun vor, dass
stellen. EU-Verwaltungsakte nach einer internen Überprü-
Gleichzeitig ermöglicht es Bürgerinnen und Bür- fung durch die Kommission auch vor den europä
gern sowie Unternehmen, in Form von Energiege- ischen Gerichten überprüft werden können. Damit
meinschaften aktiv an der Energiewende teilneh- wird die Anfechtungsmöglichkeit für Umweltorga-
men zu können. Grundsätzlich baut das Konzept nisationen, EU-Verwaltungsakte auf ihre Verein-
der Energiegemeinschaften auf dem Europäischen barkeit mit EU-Umweltrecht überprüfen zu lassen,
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Clean Energy Package auf. Die darin enthaltene erweitert. Dieser Verordnungsvorschlag muss noch
Energiebinnenmarktrichtlinie und die Erneuerba- vom Rat und dem Europäischem Parlament be-
re-Energien-Richtlinie geben den Rechtsrahmen schlossen werden, damit die Änderungen in Kraft
für zwei mögliche Varianten von Energiegemein- treten können. Ziel ist es, die Annahme der Verord-
schaften vor. Beide haben eine breitere Beteiligung nung im ersten Halbjahr 2021 rechtzeitig vor dem
von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen an nächsten Vertragsparteientreffen der Aarhus-Kon-
der Energiewende und am Klimaschutz zum Ziel. vention im Oktober zu beschließen.
Neben dem Verordnungsvorschlag hat die Europä
Aarhus-Konvention ische Kommission auch eine (nicht-legislative) Mit-
teilung zur Verbesserung des Zugangs zu Gerich-
Apropos Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung – in ten in Umweltangelegenheiten in der EU und ihren
den letzten Jahren stand die Öffentlichkeitsbeteili- Mitgliedsstaaten erlassen (COM (2020) 643). Der
gung bei umweltrelevanten Genehmigungsverfah- Zugang zu Gerichten im Umweltbereich trägt nach
ren immer mehr im Fokus der juristischen Diskussi- Auffassung der Kommission auch zur Verwirkli-
on. Dabei wurde immer wieder die Unvereinbarkeit chung des Europäischen Grünen Deals („Green
mit dem österreichischen Verfahrensrecht bemän- Deal“) bei. Danach haben die Mitgliedstaaten
gelt. Wesentliche Grundlage der Beteiligung auf ebenfalls die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass
völkerrechtlicher Ebene ist die Aarhus-Konvention, Umweltorganisationen und Einzelpersonen eine
die derzeit auf Initiative der Europäischen Kommis- Klagebefugnis im Hinblick auf eine Überprüfung
„
sion überarbeitet werden soll. der Gültigkeit von EU-Akten aufgrund der Recht-
sprechung des EuGH insbesondere in den Bereich
Wasser, Naturschutz und Luftqualität haben. Als
Wesentliche Grundlage der Beteiligung auf
entscheidend wird dabei das Instrument von Vor-
völkerrechtlicher Ebene ist die Aarhus-Konvention, abentscheidungsverfahren gem Artikel 267 AEUV
die derzeit auf Initiative der Europäischen vor dem EuGH angesehen, der im Umweltbereich
weitreichende Urteile zum Gerichtszugang und zur
Kommission überarbeitet werden soll. Anwendung des EU-Umweltrechts gefällt hat. Als
Handlungsschwerpunkte werden in der Mitteilung
Die Initiative der Europäischen K
ommission b
ezieht die ordnungsgemäße Umsetzung des EU-Sekun-
sich auf die sogenannte „Aarhus-Verordnung“ (Ver- därrechts im Umweltbereich durch die Mitglieds-
ordnung (EG) Nr 1376/2006), mit der die EU die staaten und auch die Verpflichtung definiert, im
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Aarhus-Konvention umgesetzt hat. Die EU ist ne- Wege der Gerichte auf nationaler Ebene (va der
ben ihren Mitgliedstaaten auch selbst Vertragspar- Höchstgerichte) Umweltorganisationen und Einzel-
tei der Aarhus-Konvention. Damit haben die EU-Or- personen Gerichtszugang zu gewähren.
gane insbesondere auch den Artikel 9 Absatz 3 Zugleich mit der europäischen Ebene trifft die Mit-
der Konvention, der den Zugang zu Gerichten re- gliedstaaten und ihre nationale Verwaltungen die
gelt, anzuwenden. Dem Vorschlag der Kommission Verpflichtung, die Aarhus-Konvention und ihre drei
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Säulen umzusetzen: Neben dem Gerichtszugang Im besten Falle ist eine nachhaltige öffentliche
handelt es sich dabei um das jeder Person zuste- Beschaffung mit Verbesserungen in allen drei Di-
hende Recht auf Herausgabe verfügbarer Umwelt- mensionen – Umwelt, Soziales und Ökonomie –
informationen sowie das Recht der Öffentlichkeit verbunden. Ist dies nicht möglich, so ist die Min-
(unter „Öffentlichkeit“ versteht die Konvention ins- destanforderung, dass es zu positiven Effekten in
besondere Umweltorganisationen aber auch be- einer Dimension und zu keinen Verschlechterun-
troffene Einzelne oder Bürgerinitiativen), sich an gen in den beiden anderen kommt. Innovationen
umweltrelevanten Genehmigungsentscheidungen und neue Technologien sind ebenfalls zentrale
oder auch bei der Entwicklung von Plänen und Werkzeuge auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Programmen zu beteiligen. Dazu sind sowohl der Diese sind maßgeblicher Bestandteil für eine kli-
Gesetzgeber aber auch die Verwaltungen auf Bun- mafreundliche Zukunft und sorgen für mehr Le-
des- und Landesebene gefordert, die Ziele der bensqualität. Deshalb wurde 2019 der Masterplan
Konvention zu verwirklichen und umzusetzen. Umwelttechnologie (MUT) als das Strategiedoku-
ment zur Stärkung der Umwelttechnik-Wirtschaft
Nachhaltige Beschaffung und Masterplan in Österreich und Europa neu aufgelegt. Mit dem
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Umwelttechnologie MUT soll die Entwicklung, Implementierung und
weltweite Verbreitung österreichischer Umwelt-
Viele andere wesentliche Punkte des Regierungs- technologien forciert werden. Ebenso liefert dieser
programms sind ganz im Sinne der SDGs. Der Ak- einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Nach-
„
tionsplan Nachhaltige Beschaffung (NaBe) steht haltigkeitsziele der Vereinten Nationen.
für eine nachhaltige Beschaffung für Umwelt, Ge-
sellschaft und Wirtschaft in Österreich und trägt Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Verein-
wesentlich zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeits-
ziele bei. Die nachhaltigen Entwicklungsziele der
ten Nationen verdeutlichen, dass Maßnahmen zum
Vereinten Nationen verdeutlichen, dass Maßnah- Klimaschutz, menschenwürdige Arbeitsbedingungen
men zum Klimaschutz, menschenwürdige Arbeits-
und der Schutz von Leben an Land und Wasser zu
bedingungen und der Schutz von Leben an Land
und Wasser zu den größten Herausforderungen den größten Herausforderungen unserer Zeit gehören.
unserer Zeit gehören. Hierzu ist es notwendig, die
Art und Weise, wie wir produzieren und konsumie- Der Masterplan fokussiert auf die strategischen
ren, nachhaltig zu verändern. Handlungsebenen Marktdurchdringung national,
Der öffentlichen Hand kommt eine besondere Vor- Markterschließung global, Innovation & Digitalisie-
bildrolle bei der Bewältigung dieser Herausforde- rung, Qualifizierung, Bildung, Arbeitsmarkt, Unter-
rungen zu. Zur Implementierung des österreichi- nehmensgründung und -finanzierung mit 36 Maß-
schen Aktionsplans zur nachhaltigen Beschaffung nahmen. Die Schwerpunkte für 2021 sind dabei
nutzt das Klimaschutzministerium (BMK) bestehen- insbesondere die Stärkung der Internationalisie-
de Partnerschaften und Netzwerke auf allen Ebe- rung und Exportorientierung der österreichischen
nen, unter anderem mit der Bundesbeschaffung Umwelttechnik-Wirtschaft und die Umsetzung von
GmbH (BBG), der Bundesimmobiliengesellschaft Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in Öster-
(BIG), dem Bund, den Ländern, Städten und Ge- reich.
meinde sowie NGOs.
Im Rahmen einer nachhaltigen Beschaffung ist der Nachhaltigkeits- und Kreislaufwirtschafts
Kosten-Nutzen-Grundsatz zu verfolgen, dass die strategien
Beschaffung umwelt- und damit klimafreundlicher
Produkte und Leistungen den Geboten der Spar- Im Rahmen der Umsetzung des Regierungspro-
samkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gramms wird im Klimaschutzministerium derzeit
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entspricht und weiters bei deren Herstellung bzw auch eine Kreislaufwirtschaftsstrategie inklusi-
Erbringung soziale Standards eingehalten werden. ve Maßnahmenprogramm ausgearbeitet. Diese
Zugleich deckt sie auch andere Leitprinzipien der Strategie verfolgt eine Neuausrichtung der sozio-
Nachhaltigkeit ab, wie Innovation und die Stärkung ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmen-
regionaler Wirtschaftskreisläufe, wobei EU-rechtli- bedingungen sowie die Entwicklung von Transfor-
che Vorgaben einzuhalten sind. mationswegen für eine nachhaltige, klimaneutrale,
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ressourceneffiziente, wettbewerbsfähige und ro- und Reduktion von Lebensmittelabfällen. Das BMK
buste Wirtschaft und Gesellschaft. übernimmt dabei die Koordination und Vernetzung
Mit der neuen österreichischen Kreislaufwirt- von Partnerinnen und Partnern, führt Stakeholder-
schaftsstrategie sollen dabei auch die Weichen für dialoge durch und hat ein entsprechendes Aktions-
die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele 2030, programm mit den Kooperationspartnerinnen und
der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von -partnern und den Sozialpartnern erarbeitet. Das
Paris und der EU-Klimaziele sowie die Vorgaben Aktionsprogramm „Lebensmittel sind kostbar!“ sorgt
des EU Green Deals, insbesondere des neuen für eine Vermeidung und Verringerung vermeidba-
Aktionsplans Kreislaufwirtschaft, gestellt werden. rer Lebensmittelabfälle durch einen umfassenden
Der Schwerpunkt der Maßnahmen soll auf den res- Maßnahmenkatalog mit rund 60 Maßnahmen. Das
sourcenintensiven Sektoren, zum Beispiel Elektrik erstmals 2013 veröffentliche und 2019 überarbeite-
und Elektronik, Kunststoffe, Textilien, Bauen und te Programm soll zum UN-Ziel der Halbierung der
Verkehr liegen. Wichtige dazu dienliche Bausteine vermeidbaren Lebensmittelabfälle auf Einzelhan-
werden die Ökologisierung des Steuer- und Abga- dels- bzw Verbrauchsebene bzw deren Reduktion
bensystems und die Abschaffung umweltschäd- entlang der Produktions- und Lieferkette bis 2030
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licher Subventionen oder die ökologische Klassi- (SDG 12.3) beitragen. Dieses Aktionsprogramm
fizierung von Finanzanlagen (EU-Taxonomie) sein. enthält folgende Schwerpunktbereiche entlang der
gesamten Wertschöpfungskette (beginnend bei der
Schluss mit Lebensmittelverschwendung Landwirtschaft und endend bei Haushalten bzw
sozialen Einrichtungen): Bewusstseinsbildung für
In einem ganz anderen Problemfeld bewegen wir Konsumentinnen und Konsumenten sowie Mitarbei-
uns, wenn es um Lebensmittelverschwendung terinnen und Mitarbeitern, den Ausbau der Lebens-
geht, die zu einer immer größeren Herausforderung mittelweitergabe an soziale Einrichtungen, Aus- und
angewachsen ist. Rund ein Drittel der produzier- Weiterbildungen, Maßnahmen zur Optimierung des
ten Lebensmittel gehen gemäß Schätzungen der Warenangebots in allen Bereichen der Wertschöp-
Vereinten Nationen weltweit verloren, wobei die fungskette und Förderung und Forschung. Rund
Verschwendung von Lebensmitteln entlang der 100 Kooperationspartnerinnen und -partnern wir-
gesamten Wertschöpfungskette stattfindet. Wie ken engagiert bei der Umsetzung der vielen Maß-
internationale Studien belegen, ist die Abfallver- nahmen mit. Dadurch werden nicht nur Ressourcen
meidung von Lebensmittelabfällen auch ein ent- geschont, sondern durch die vermehrte kostenfreie
scheidender Schritt zum Klimaschutz. Weitergabe an soziale Einrichtungen auch ein wich-
„ Wie internationale Studien belegen, ist die
tiger Beitrag aus sozialer Verantwortung heraus zur
Armutsbekämpfung geleistet.
Im Mai 2017 wurde seitens des Ressorts ein Pakt
Abfallvermeidung von Lebensmittelabfällen auch mit dem Lebensmitteleinzelhandel geschlossen
ein entscheidender Schritt zum Klimaschutz. und eine freiwillige „Vereinbarung 2017–2030 zur
Vermeidung von Lebensmittelabfällen bei Lebens-
mittelunternehmen“ ausgearbeitet, präsentiert und
In Österreich entsorgen die Haushalte jährlich rund unterzeichnet. Erste Daten zeigen, dass die Masse
229.000 Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle der weitergegebenen Lebensmittel an soziale Ein-
über den Restmüll. Rund 86.200 Tonnen Lebens- richtungen mit 12.000 Tonnen pro Jahr seit 2013
mittelabfälle entstehen bei der heimischen Lebens- fast verdoppelt werden konnte, und mit weiteren
mittelproduktion. Weiters werden ca 35.600 Ton- 10.000 Tonnen zur Verfütterung in der Landwirt-
nen Brot und Gebäck als Retourware vom Handel schaft mehr als 20 % der Lebensmittelabfälle im
erfasst. Im Lebensmitteleinzelhandel fallen rund Handel eingespart werden konnten.
74.000 Tonnen nicht mehr marktgängige Lebens- Es bedarf jedenfalls vieler Maßnahmen auf allen
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mittel an. Weitere 175.000 Tonnen Lebensmittelab- Ebenen und die engagierte Mitwirkung aller Ak-
fälle sind der Gemeinschaftsverpflegung, Gastro- teurinnen und Akteure, um dem vielschichtigen
nomie und Hotellerie zuzurechnen. Thema der Lebensmittelverschwendung gerecht
Deshalb verfolgt das Klimaschutzministerium be- zu werden. Darum wurde im Regierungsprogramm
reits seit 2012 mit seiner Initiative „Lebensmittel und auch kürzlich im Nationalrat der Beschluss ge-
sind kostbar!“ die klare Strategie der Vermeidung fasst, einen umfassenden Aktionsplan gegen Le-
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bensmittelverschwendung in Zusammenarbeit mit programms zusätzliche Initiativen gesetzt. Dazu
den österreichischen Handelsunternehmen, Produ- zählt insbesondere die Schaffung einer nationalen
zentinnen und Produzenten und karitativen Organi- Plattform zur Grünen Chemie zwecks Erstellung
sationen zu entwickeln. eines österreichischen Maßnahmenprogrammes
„Grüne Chemie“, die Mitgestaltung an der europä
Abfallvermeidung in der Kreislaufwirtschaft ischen Liste besonders besorgniserregender Stof-
fe (SVHC), die Konzipierung eines Risikodialogs
Hinsichtlich der Kreislaufwirtschaft ist die Abfallver- im Bereich hormonell wirksamer Stoffe als Beitrag
meidung natürlich nicht wegzudenken. Die Abfall- für eine EU-weite „nicht-toxische Umwelt“, die Er-
vermeidung ist dabei ein wesentlicher Aspekt zur stellung und Umsetzung des österreichischen Ak-
Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft bzw zu einer tionsplans Nanotechnologie und die Forcierung
ressourcenschonenderen Nutzung von natürlichen des Chemikalienleasings sowie Begleitungsmaß-
Rohstoffen. Mit dem Abfallvermeidungsprogramm nahmen beim Ausstieg aus der Verwendung von
(AVP) werden für Abfallvermeidungsmaßnahmen in Mikroplastik in Produkten.
Österreich ein umweltpolitischer Rahmen und eine Mit dem Schlagwort „Grüne Chemie“ wird eine öko-
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gemeinsame Zielrichtung gegeben. logisch orientierte Chemie verbunden und werden
Das AVP aus dem Jahr 2017 sieht fünf Handlungs- davon ausgehend chemische Prozesse und Pro-
felder bzw thematische Schwerpunkte vor: Ver- dukte so gestaltet, dass die Verwendung oder die
meidung von Baurestmassen, Vermeidung von Entstehung gefährlicher Substanzen vermieden
Lebensmittelabfällen, Vermeidung von Abfällen oder deutlich reduziert wird und dabei möglichst
in Betrieben und anderen Organisationen, Ver- ressourcenschonende Verfahren angewendet wer-
meidung von Abfällen in Haushalten und Re-Use den. Dies beinhaltet insbesondere auch eine Be-
(Wiederverwendung und Vorbereitung zur Wieder- rücksichtigung der Auswirkung von Chemikalien
verwendung). Insgesamt wurden für diese Hand- in ihrem gesamten Lebenszyklus vom Rohstoff bis
lungsfelder mehr als 90 Einzelmaßnahmen identi- zum Abfall. Dadurch wird ein qualitativ hochwerti-
fiziert, die seither sukzessive umgesetzt werden. ges Recycling ermöglicht und die Nutzung von Se-
Insbesondere die Notwendigkeit der gesetzlichen kundärrohstoffen gefördert.
Verankerung der Abfallvermeidung in den ein-
schlägigen Ausbildungen und die Einbringung der
abfallwirtschaftlichen Erfordernisse in die Produkt-
„ Der Fachdialog Grüne Chemie soll dazu
entwicklung und im Produktdesign zum Schließen beitragen, Brücken sowohl zwischen als auch
der Stoffkreisläufe, wurden als zentrale Themen- innerhalb d ieser Interessensgruppen zu bauen,
bereiche ins Programm aufgenommen. Die Ab-
fallvermeidung beginnt bereits bei der Produkt- Zukunftsthemen innerhalb der Grünen Chemie
konzeption. Derzeit ist eine Evaluierung des AVP aufzugreifen, eine breite Meinungsbildung zu
im Gang, daran anschließend wird das neue Ab-
fördern und Handlungsoptionen aufzuzeigen.
fallvermeidungsprogramm erarbeitet, dessen Ver-
öffentlichung für 2022 vorgesehen ist.
Zur Unterstützung und Verbreiterung der Plattform
„Grüne Chemie“ „Grüne Chemie“ wurde auch ein Fachdialog zu
diesem Themenbereich im Rahmen des Risikodia-
Im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitszielen logs ins Leben gerufen, der ein möglichst breites
ist der nachhaltige Umgang mit Chemikalien eben- Forum zur Vernetzung und zum Informationsaus-
falls von Bedeutung. Die Regelungen auf inter- tausch zwischen Wissenschaft, Lehre, Verwaltung,
nationaler und EU-Ebene sowie entsprechende Wirtschaft, Stakeholdern und Zivilgesellschaft zu-
ergänzende Bestimmungen des österreichischen sammenbringt. Der Fachdialog Grüne Chemie soll
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Chemikalienrechts legen den Grundstein hier- dazu beitragen, Brücken sowohl zwischen als auch
für. Der Fokus dieser Regelungen liegt auf der si- innerhalb dieser Interessensgruppen zu bauen,
cheren Produktion, Weitergabe und Verwendung Zukunftsthemen innerhalb der Grünen Chemie auf-
chemischer Stoffe. Darüber hinaus hat das Klima- zugreifen, eine breite Meinungsbildung zu fördern
schutzministerium im Sinne der Nachhaltigkeitszie- und Handlungsoptionen aufzuzeigen. Angesichts
le des Green Deals und des aktuellen Regierungs- der unstrittigen gesellschaftlichen Bedeutung, die
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einem nachhaltigen Ressourcenverbrauch heu- system möglich. Werden Plastikflaschen zurück ins
te zukommt und beim Klimaschutz, in der Kreis- Geschäft gebracht, können sie danach einfacher
laufwirtschaft und dem nachhaltigen Ressour- recycelt werden. Die Recyclingquote steigt somit
cenmanagement ein breites Echo findet, soll der und die EU-Vorgaben werden eingehalten. Dar-
Fachdialog Grüne Chemie einen Beitrag zu einem über hinaus verhindert ein Pfand, dass Flaschen
verantwortlichen und zugleich innovativen Handeln und Dosen achtlos weggeworfen werden und in
im Chemiebereich leisten und in Form eines Maß- der Natur landen.
nahmenprogrammes umgesetzt werden. Im Kreislaufwirtschaftspaket der EU werden da-
rüber hinaus Recyclingquoten vorgegeben. So
Beteiligungsprozesse sieht die Verpackungs-Richtlinie unter anderem
vor, dass Kunststoffverpackungen im Jahr 2025
Alle erwähnten Strategien sowie die Programme zu 50 % und im Jahr 2030 zu 55 % zu recyceln
zur Umsetzung werden in der Regel mithilfe von sind. Diese Recyclingquote beträgt in Österreich
Beteiligungsprozessen bzw unter Mitwirkung aller derzeit 25 %. Durch die hohe Sammelquote und
relevanten Akteurinnen und Akteure erarbeitet. Da- die hochwertige Sammelware leistet ein Pfandsys-
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durch ist mithin gewährleistet, dass die wirtschaft- tem einen relevanten Beitrag auch zur Erreichung
lichen Aspekte der Maßnahmen hinsichtlich einer dieser EU-Quoten und führt letztendlich zu weniger
„
Kosten-Nutzen-Relation mitbetrachtet werden. Plastikmüll in der Natur.
Es ist notwendig, ein Pfandsystem in Österreich zu
etablieren, das möglichst gut an die österreichi-
Durch die hohe Sammelquote und die
schen Gegebenheiten angepasst ist. Aus diesem
hochwertige Sammelware leistet ein Pfandsystem Grund hat das Klimaschutzministerium über den
einen relevanten Beitrag auch zur Erreichung Sommer und Herbst 2020 hinweg alle Branchen,
die von einem Pfandsystem betroffen sein können –
dieser EU-Quoten und führt letztendlich zu von den Abfüllern über den Handel, die Entsorger,
weniger Plastikmüll in der Natur. die Sammel- und Verwertungssysteme bis hin zur
öffentlichen Hand und Vertreterinnen und Vertreter
Am nachvollziehbarsten kann dies über ein Ein- der Zivilgesellschaft – eingeladen, ihre Vorstellun-
wegpfandsystem für Österreich veranschaulicht gen für ein mögliches Pfandsystem in Arbeitskrei-
werden – ein Thema, das mir besonders am Herzen sen einzubringen. Dabei wurden nicht nur die Inte-
liegt. Zunächst ist festzuhalten, dass die gesetzli- ressensvertreterinnen und -vertreter sondern auch
che Grundlage der EU-Einwegkunststoff-Richtlinie direkt betroffene Unternehmen – von den großen
(Single Use Plastic-RL) ein wesentlicher Teil der Konzernen bis zu Betreiberinnen und Betreibern
EU-Kunststoffstrategie 2018 ist und das zentrale kleinerer Geschäfte – eingebunden.
Ziel verfolgt, das Abfallaufkommen zu verringern Um auf die Kosten-Nutzen-Relation zurückzu-
und die Vermüllung unserer Natur zu bekämpfen kommen, soll, wie in bestehenden ausländischen
(„Littering“). In Österreich fallen derzeit jährlich Pfandsystemen üblich, der Handel in Österreich
300.000 Tonnen Plastikverpackungsmüll an, davon eine sogenannte „handling fee“ erhalten. Dieser
über 50.000 Tonnen Getränkeverpackungen. Viele Beitrag deckt den mit der Rücknahme verbunde-
dieser Getränkeverpackungen landen im Restmüll nen Aufwand ab. Der Vergleich mit anderen Län-
oder sogar in unserer Natur. Am Beispiel Deutsch- dern zeigt, dass ein Pfandsystem kostenneutral
lands sieht man etwa, dass Pfand das Littering abgewickelt werden kann. Denn der Pfandschlupf,
erheblich minimiert und dass 98 % der Getränke- die Erlöse aus dem Recycling und der Beitrag der
verpackungen getrennt gesammelt werden. In Ös- Getränkehersteller finanzieren das System.
terreich beträgt die Sammelquote derzeit ca 70 %.
Gleichzeitig gibt es die EU-Vorgabe, 90 % der Ge- Mit Nachhaltigkeitsrecht zur
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tränkeverpackungen getrennt zu sammeln. Eine Klimaneutralität 2040
deutliche Steigerung ist also notwendig. Die Stu-
die, die Möglichkeiten zur Umsetzung der EU-Vor- Klimaschutz und Nachhaltigkeit berühren viele As-
gaben untersucht hat, wurde bereits im Mai 2019 in pekte unseres Alltags. In meinem ersten Jahr als
Auftrag gegeben. Das Erreichen der Getrenntsam- Klimaschutzministerin haben wir ein Rekordbudget
melquoten ist dahingehend nur mit einem Pfand- für den Klimaschutz sichergestellt. Alten, fossilen
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Heizungen haben wir den Kampf angesagt und
eine gestärkte Förderung für saubere Heizungs-
systeme auf den Weg gebracht. Wir haben mit dem
Umbau unseres Steuersystems in eine ökologische
Richtung begonnen. Und mit dem EAG schaffen
wir es, eine Million Dächer mit Photovoltaik-Anla-
gen auszustatten und den Ausbau der erneuerba-
ren Energien voranzutreiben.
Für dieses Jahr sind viele weitere Maßnahmen und
© BMK/CAJETAN PERWEIN
Initiativen geplant, die darauf abzielen, Klimaneu
tralität in Österreich 2040 zu erreichen. So werden
wir Österreich in den nächsten Jahren umbauen.
Leonore Gewessler, B.A.
All das bedeutet mehr Lebensqualität für uns alle
Bundesministerin für Klimaschutz,
– ein grüner und klimafreundlicher Umbau, den wir
Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation
alle spüren werden. Jetzt ist es also an der Zeit,
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und Technologie
weitere Weichen für eine klimaneutrale Zukunft zu
kbm@bmk.gv.at
stellen und klimafreundliches Handeln weiter zu
forcieren.
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